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Document 61987CJ0031

    Leitsätze des Urteils

    Schlüsselwörter
    Leitsätze

    Schlüsselwörter

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    1 . Rechtsangleichung - Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge - Richtlinie 71/305 - Geltungsbereich - Aufträge, die von einer dem Staat zugehörigen, aber nicht formell in dessen Verwaltung eingegliederten Einrichtung vergeben werden - Einbeziehung

    ( Richtlinie 71/305 des Rates, Artikel 1 )

    2 . Rechtsangleichung - Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge - Richtlinie 71/305 - Technische Leistungsfähigkeit des Bieters - Prüfungskriterien - Erteilung des Zuschlags - Wirtschaftlich günstigstes Angebot - Bedingung der Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen - Zulässigkeit - Voraussetzungen - Publizitätsvorschriften - Unmittelbare Wirkung der Artikel 20, 26 und 29 der Richtlinie

    ( Richtlinie 371/305 des Rates, Artikel 20, 26 und 29 )

    3 . Handlungen der Organe - Richtlinien - Durchführung durch die Mitgliedstaaten - Notwendigkeit, die Wirksamkeit der Richtlinien zu gewährleisten - Pflicht der nationalen Gerichte

    ( EWG-Vertrag, Artikel 5 und 189 Absatz 3 )

    4 . Handlungen der Organe - Richtlinien - Unmittelbare Wirkung

    ( EWG-Vertrag, Artikel 189 Absatz 3 )

    Leitsätze

    1 . Eine Einrichtung, deren Zusammensetzung und Aufgaben gesetzlich geregelt sind und die insoweit von der öffentlichen Hand abhängig ist, als diese ihre Mitglieder ernennt, die Beachtung der sich aus ihren Handlungen ergebenden Verpflichtungen gewährleistet und die von ihr vergebenen öffentlichen Aufträge finanziert, ist als dem Staat im Sinne von Artikel 1 der Richtlinie 71/305 zugehörig anzusehen; diese ist daher auf die von der genannten Einrichtung vergebenen öffentlichen Bauaufträge anwendbar .

    2 . Bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie 71/305 fallen,

    - ist das Kriterium der "für die auszuführenden Arbeiten erforderlichen spezifischen Erfahrung" im Hinblick auf die Prüfung der fachlichen Eignung der Unternehmer im Sinne der Artikel 20 und 26 der Richtlinie ein zulässiges Kriterium für die Bewertung der technischen Leistungsfähgikeit . Ist ein solches Kriterium in einer staatlichen Rechtsvorschrift vorgesehen, auf die die Bekanntmachung der Ausschreibung verweist, so ist es nach der Richtlinie besonderen Anforderungen betreffend die Veröffentlichung in der Bekanntmachung oder in den Verdingungsunterlagen nicht unterworfen;

    - kann das in einer staatlichen Rechtsvorschrift vorgesehene Kriterium des "günstigsten Angebots" mit der Richtlinie vereinbar sein, wenn es das Beurteilungsermessen zum Ausdruck bringt, über das die öffentlichen Auftraggeber verfügen, um nach objektiven Gesichtspunkten das wirtschaftlich vorteilhafteste Angebot zu ermitteln, und somit kein willkürliches Auswahlelement enthält . Aus Artikel 29 Absätze 1 und 2 der Richtlinie geht hervor, daß die öffentlichen Auftraggeber - falls sie bei der Erteilung des Zuschlags nicht ausschließlich das Kriterium des niedrigsten Preises anwenden, sondern sich auf verschiedene Kriterien stützen, um dem wirtschaftlich günstigsten Angebot den Zuschlag zu erteilen - gehalten sind, diese Kriterien entweder in der Bekanntmachung der Ausschreibung oder in den Verdingungsunterlagen anzugeben;

    - ist die Bedingung der Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen mit der Richtlinie vereinbar, wenn sie nicht unmittelbar oder mittelbar zu einer Diskriminierung der Bieter aus anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft führt . Eine solche besondere zusätzliche Bedingung muß in der Bekanntmachung der Ausschreibung angegeben werden .

    Der einzelne kann sich vor den staatlichen Gerichten auf die Artikel 20, 26 und 29 der Richtlinie 71/305 berufen .

    3 . Die sich aus einer Richtlinie ergebene Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das in dieser vorgesehene Ziel zu erreichen, sowie die Pflicht der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 5 EWG-Vertrag, alle zur Erfuellung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, obliegen allen Trägern öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten, und zwar im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auch den Gerichten . Hieraus folgt, daß die Gerichte der Mitgliedstaaten bei der Anwendung ihres heimischen Rechts, namentlich der Bestimmungen eines speziell zur Ausführung einer Richtlinie erlassenen staatlichen Gesetzes, dieses Recht im Lichte des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen haben, um das in Artikel 189 Absatz 3 des Vertrages genannte Ziel zu erreichen .

    4 . In all den Fällen, in denen Bestimmungen einer Richtlinie inhaltlich als unbedingt und hinreichend genau erscheinen, sind die einzelnen berechtigt, sich gegenüber dem Staat auf diese Bestimmungen zu berufen, wenn der Staat die Richtlinie nicht fristgemäß in nationales Recht umsetzt oder eine unzutreffende Umsetzung der Richtlinie vornimmt .

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