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Document 52006XC1208(04)

Erlass und Ermäßigung von Geldbußen: Kronzeugenregelung für Kartellsachen

Erlass und Ermäßigung von Geldbußen: Kronzeugenregelung für Kartellsachen

 

ZUSAMMENFASSUNG DES DOKUMENTS:

Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen

WAS IST DER ZWECK DIESER BEKANNTMACHUNG?

  • Mit der Mitteilung sollen den Antragstellern mehr Leitlinien zur Verfügung gestellt und die Transparenz der Kronzeugenregelung der Europäischen Kommission in Bezug auf die Berichterstattung durch Unternehmen von Kartellen*, an denen sie sich beteiligt haben, erhöht werden.
  • Die Kronzeugenregelung ermöglicht es der Kommission, einen vollständigen Erlass oder eine Ermäßigung von Geldbußen anzubieten, die einem Kartellmitglied sonst im Austausch für die Offenlegung von Informationen über das Kartell und die Zusammenarbeit mit der Untersuchung auferlegt worden wären.

WICHTIGE ECKPUNKTE

Erlass von Geldbußen

  • Ein Unternehmen, das ein Kartell melden möchte, an dem es beteiligt ist, kann einen vollständigen Erlass von Geldbußen beantragen, wenn es das erste Unternehmen ist, das der Kommission seine Beteiligung an einem bestimmten Kartell mitteilt und solche Nachweise vorlegt, die es der Kommission ermöglichen, entweder gezielte Untersuchungen durchzuführen oder die Existenz des Kartells festzustellen.
  • Mit der Mitteilung werden die Art und der Grad des Nachweises festgelegt, die zur Gewährung des Erlasses erforderlich sind.
  • Die Kommission kann einen Antrag auf Erlass der Geldbuße auch auf der Grundlage begrenzter Informationen akzeptieren. Die Kommission kann daher einen Marker gewähren, der den Platz eines Antragstellers auf Erlass von Geldbußen in der Warteschlange schützt (d. h., der Antragsteller gibt als Erster seine Teilnahme bekannt und beansprucht sein Recht auf Erlass), um das Sammeln der erforderlichen Informationen und Beweise zu ermöglichen.
  • Einem Unternehmen, das andere Unternehmen zur Aufnahme oder Weiterführung der Beteiligung an einem Kartell gezwungen hat, kann die Geldbuße auch weiterhin nicht vollständig erlassen werden.

Ermäßigung von Geldbußen

  • Ein Unternehmen, das keinen Anspruch auf vollständigen Erlass der Geldbuße hat, kann jedoch eine Ermäßigung von Geldbußen beantragen, wenn es seine Beteiligung am Kartell offenlegt und Beweismittel vorlegt, die gegenüber den bereits im Besitz der Kommission befindlichen Beweismitteln einen erheblichen Mehrwert darstellen.
  • Die Mitteilung gibt den relativen Beweiswert* zur Beurteilung des erheblichen Mehrwerts an. Bei sonst gleichen Voraussetzungen sind beispielsweise direkte Beweise wertvoller als indirekte Beweise, aktuelle Beweise sind wertvoller als Beweise, die die Tatsachen rekonstruieren, zwingende Beweise (Beweise, die nicht bestätigt werden müssen) haben mehr Wert als Beweise, die erst bestätigt oder gesichert werden müssen.
  • Dem ersten Unternehmen, das diese Bedingungen erfüllt, wird eine Ermäßigung der andernfalls verhängten Geldbuße um 30 bis 50% gewährt, dem zweiten eine Ermäßigung um 20 bis 30% und den anderen eine Ermäßigung um bis zu 20 %.
  • Zusätzlich zu den oben genannten Ermäßigungen werden zwingende Beweise, die es den Ermittlern ermöglichen, zusätzliche Tatsachen nachzuweisen, die die Schwere oder die Dauer der Zuwiderhandlung erhöhen, belohnt, indem dieser erschwerende Faktor bzw. diese konkrete Dauer von der Berechnung der gegen das Unternehmen, das sie vorgelegt hatte, zu verhängenden Geldbuße ausgeschlossen werden.

Bedingungen für den Erlass bzw. die Ermäßigung der Geldbuße

  • Die Geldbuße kann nur unter der Bedingung erlassen oder ermäßigt werden, wenn das Unternehmen während des gesamten Verfahrens in vollem Umfang, kontinuierlich und zügig zusammenarbeitet. Darüber hinaus muss die Zusammenarbeit des Unternehmens ebenfalls ehrlich und aufrichtig erfolgen. Das Unternehmen ist gehalten, genaue, nicht irreführende und vollständige Informationen zu geben.
  • Ferner muss das Unternehmen seine Beteiligung an dem Kartell unmittelbar beendet haben. Das gilt nicht für jene notwendigen Kartellaktivitäten, die nach Auffassung der Kommission im Interesse des Erfolgs der Nachprüfungen besser weitergeführt werden.
  • Außerdem darf ein Unternehmen, wenn es die Stellung eines Antrags auf Kronzeugenregelung in Erwägung zieht, Beweise für das Kartell nicht vernichtet, verfälscht oder unterdrückt haben.

Unternehmenserklärungen*

In der Mitteilung der Kommission über die Kronzeugenregelung wird ein Verfahren zum Schutz von Unternehmenserklärungen vor Offenlegung in Zivilschadensverfahren festgelegt.

Kronzeugenregelungsprogram des Netzwerks der europäischen Wettbewerbsbehörden (ECN)

  • Das ECN ist ein Netzwerk, das die Kommission sowie die nationalen Wettbewerbsbehörden in jedem der EU-Länder umfasst. Es hat ein Modellprogramm zur Kronzeugenregelung geschaffen, das ein System aus einer Hand darstellt.
  • Sein Zweck besteht darin sicherzustellen, dass potenzielle Antragsteller auf Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen von der Antragstellung nicht entmutigt werden infolge von Unstimmigkeiten zwischen den bestehenden Programmen der Kronzeugenregelung im Rahmen des ECN. Mit dem Modellprogramm wird daher die Behandlung festgelegt, die ein Antragsteller nach der Angleichung aller Programme im Rahmen jedweder gerichtlichen Zuständigkeit des ECN erwarten kann.
  • Die Mitteilung der Kommission über die Kronzeugenregelung geht konform mit dem Modellprogramm des ECN.

WANN TRITT DIE MITTEILUNG IN KRAFT?

Sie ist seit 8. Dezember 2006 in Kraft.

HINTERGRUND

  • Laut der Kommission hat sich ihr Programm der Kronzeugenregelung als besonders wirksam für die Aufdeckung, Unterminierung und Beendigung von Kartellen herausgestellt. Da Kartelle geheim sind, ist ihre Aufdeckung und Untersuchung ohne Mitwirkung Beteiligter äußerst schwierig.
  • Wirtschaftlich gesehen und auch für die Verbraucher überwiegt eindeutig das Interesse an der Beseitigung von Kartellen gegenüber dem Interesse an Geldbußen für Unternehmen, die mit den Wettbewerbsbehörden zusammengearbeitet haben.
  • Weiterführende Informationen:

SCHLÜSSELWÖRTER

Kartell: Ein Kartell ist eine Gruppe ähnlicher, unabhängiger Unternehmen, die sich zusammenschließen, um Preisabsprachen zu treffen, Produktionsbeschränkungen zu vereinbaren oder Märkte oder Kunden untereinander aufzuteilen.
Beweiswert: ein Beweisstück, das in der Lage ist, einen relevanten umstrittenen Punkt mehr oder weniger wahr zu machen.
Unternehmenserklärungen: eine freiwillige Vorlage von oder im Namen eines Unternehmens bei der Kommission über die Kenntnis des Unternehmens über ein Kartell und seine Rolle darin, die speziell für die Einreichung im Rahmen dieser Bekanntmachung vorbereitet wurde. Jede in Bezug auf diese Mitteilung gegenüber der Kommission abgegebene Erklärung ist Teil der Akte der Kommission und kann daher als Beweismittel verwendet werden.

HAUPTDOKUMENTE

Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. C 298 vom 8.12.2006, S. 17-22)

Mitteilung der Kommission – Änderung der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. C 256 vom 5.8.2015, S. 1)

VERBUNDENE DOKUMENTE

Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. C 210 vom 1.9.2006, S. 2-5)

Letzte Aktualisierung: 20.05.2020

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