Empfehlung für eine
EMPFEHLUNG DES RATES
zum nationalen Reformprogramm Italiens 2022 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Italiens 2022
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,
gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken, insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,
gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte, insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,
auf Empfehlung der Europäischen Kommission,
unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,
unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,
nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,
nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,
nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,
nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität trat am 19. Februar 2021 in Kraft. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität trägt zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen bei, die insbesondere auf die Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels ausgerichtet sind und die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken sollen. Sie wird außerdem mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen. Der maximale finanzielle Beitrag, der jedem Mitgliedstaat im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität gewährt werden kann, wurde gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2021/241 am [XX] Juni 2022 angepasst.
(2)Am 24. November 2021 nahm die Kommission den Jahresbericht zum nachhaltigen Wachstum an, mit dem das Europäische Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung 2022 eingeleitet wurde. Darin trug sie der im Mai 2021 auf dem Sozialgipfel von Porto bekräftigten gemeinsamen Verpflichtung Rechnung, die vom Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission am 17. November 2017 proklamierte europäische Säule sozialer Rechte weiter umzusetzen. Der Europäische Rat billigte die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts 2022 am 25. März 2022. Am 24. November 2021 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Italien als einer der Mitgliedstaaten genannt wurde, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 5. April 2022 vom Rat angenommen wurde, sowie den Vorschlag für den Gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2022, in dem die Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien sowie der Grundsätze der europäischen Säule sozialer Rechte analysiert werden und der am 14. März 2022 vom Rat angenommen wurde.
(3)Russlands Invasion der Ukraine, die unmittelbar nach der weltweiten Pandemie erfolgte, hat den geopolitischen und wirtschaftlichen Kontext erheblich verändert. Sie hat auch die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten in Mitleidenschaft gezogen, unter anderem die Energie- und Lebensmittelpreise steigen lassen und die Wachstumsaussichten verschlechtert. Die höheren Energiepreise belasten insbesondere die finanziell schwachen Haushalte, die von Energiearmut bedroht sind oder bereits darunter leiden. Des Weiteren erlebt die EU einen beispiellosen Zustrom von Flüchtlingen aus der Ukraine. In diesem Zusammenhang kam am 4. März 2022 erstmals die Richtlinie über vorübergehenden Schutz zur Anwendung und wurde aus der Ukraine vertriebenen Menschen das Aufenthaltsrecht in der EU sowie das Recht auf Zugang zu allgemeiner und beruflicher Bildung, zum Arbeitsmarkt, zur Gesundheitsversorgung, zu Wohnungs- und Sozialleistungen gewährt.
(4)Angesichts der sich rasch wandelnden wirtschaftlichen und geopolitischen Lage wird im Rahmen des Europäischen Semesters im Jahr 2022 die umfassende Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik weitergeführt und gleichzeitig, wie im Jahreswachstumsbericht 2022 dargelegt, den Anforderungen an die Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung getragen. Die Durchführung der angenommenen Aufbau- und Resilienzpläne ist für die Verwirklichung der politischen Prioritäten im Rahmen des Europäischen Semesters von entscheidender Bedeutung, da von diesen Plänen alle oder zumindest wesentliche Teile der einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen aus den Jahren 2019 und 2020 erfasst werden. Die länderspezifischen Empfehlungen der Jahre 2019 und 2020 bleiben auch für die Aufbau- und Resilienzpläne, die gemäß den Artikeln 14, 18 und 21 der Verordnung (EU) 2021/241 überarbeitet, aktualisiert oder geändert werden, relevant; hinzu kommen gegebenenfalls weitere länderspezifische Empfehlungen, die bis zur Vorlage des geänderten Plans formuliert wurden.
(5)Die allgemeine Ausweichklausel ist seit März 2020 aktiviert. In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 vertrat die Kommission zudem die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der EU oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Die gestiegene Unsicherheit und starke Abwärtsrisiken bei den wirtschaftlichen Aussichten angesichts des Krieges in Europa, des beispiellosen Anstiegs der Energiepreise und der fortgesetzten Unregelmäßigkeiten in den Lieferketten rechtfertigen die Verlängerung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts bis einschließlich 2023.
(6)Im Einklang mit dem Ansatz in der Stellungnahme des Rates vom 18. Juni 2021 zum Stabilitätsprogramm 2021 wird der finanzpolitische Kurs derzeit am besten als Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) ohne krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen aufgrund von COVID-19 und einschließlich der durch nicht rückzahlbare Hilfen (Zuschüsse) aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen EU-Fonds finanzierten Ausgaben im Verhältnis zum mittelfristigen Potenzialwachstum gemessen. Neben dem fiskalischen Gesamtkurs wird bei der Bewertung, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel im Einklang steht, auch der Entwicklung der national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und COVID-19-krisenbedingte befristete Sofortmaßnahmen) und Investitionen Aufmerksamkeit geschenkt.
(7)Am 2. März 2022 nahm die Kommission eine Mitteilung mit allgemeinen Leitlinien für die Haushaltspolitik im Jahr 2023 an, mit der die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten unterstützt und somit die politische Koordinierung gestärkt werden soll. Ausgehend von dem makroökonomischen Ausblick der Winterprognose 2022 hält es die Kommission für angemessen, von einem insgesamt stützenden haushaltspolitischen Kurs in den Jahren 2020-2022 zu einem insgesamt weitgehend neutralen haushaltspolitischen Kurs im Jahr 2023 überzugehen, gleichzeitig aber die Bereitschaft zu erhalten, auf die sich weiterentwickelnde Wirtschaftslage zu reagieren. Die Kommission hielt fest, dass bei den haushaltspolitischen Empfehlungen für 2023 weiterhin zwischen den Mitgliedstaaten differenziert und möglichen länderübergreifenden Spillover-Effekten Rechnung getragen werden sollte. Die Kommission forderte die Mitgliedstaaten auf, diese Leitlinien in ihren Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen zu berücksichtigen. Die Kommission sicherte zu, die wirtschaftlichen Entwicklungen genau zu beobachten und ihre politischen Leitlinien bei Bedarf, spätestens jedoch im Rahmen des Frühjahrspakets des Europäischen Semesters Ende Mai 2022, anzupassen.
(8)Hinsichtlich der am 2. März 2022 vorgestellten haushaltspolitischen Leitlinien berücksichtigen die haushaltspolitischen Empfehlungen für 2023 die verschlechterten wirtschaftlichen Aussichten, die zunehmende Unsicherheit und weitere Abwärtsrisiken sowie die gegenüber der Winterprognose höhere Inflation. Vor diesem Hintergrund müssen im Rahmen der fiskalpolitischen Reaktion die öffentlichen Investitionen für den ökologischen und digitalen Wandel und die Energieversorgungssicherheit erhöht und die Kaufkraft der am stärksten gefährdeten Haushalte gestützt werden, um die Auswirkungen des Anstiegs der Energiepreise abzufedern und durch gezielte und befristete Maßnahmen dazu beizutragen, den Inflationsdruck aus Zweitrundeneffekten zu begrenzen. Die Haushaltspolitik muss flexibel bleiben, damit sie sich an die sich rasch wandelnden Rahmenbedingungen anpassen kann, und sie muss nach Ländern differenziert werden, wobei die jeweilige Haushalts- und Wirtschaftslage – auch im Hinblick auf die Anfälligkeit für die Krise und den Zustrom von Vertriebenen aus der Ukraine – zu berücksichtigen ist.
(9)Am 30. April 2021 legte Italien der Kommission gemäß Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/241 seinen nationalen Aufbau- und Resilienzplan vor. Gemäß Artikel 19 jener Verordnung hat die Kommission die Aufbau- und Resilienzpläne auf der Grundlage der in Anhang V der Verordnung enthaltenen Bewertungsleitlinien im Hinblick auf deren Relevanz, Wirksamkeit, Effizienz und Kohärenz bewertet. Am 13. Juli 2021 nahm der Rat den Durchführungsbeschluss zur Billigung der Bewertung des Aufbau- und Resilienzplans Italiens an. Die Freigabe der Tranchen erfolgt vorbehaltlich eines Beschlusses der Kommission nach Artikel 24 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2021/241, wonach Italien in zufriedenstellender Weise die einschlägigen, im Durchführungsbeschluss des Rates festgelegten Etappenziele und Zielwerte erreicht hat. Eine zufriedenstellende Erfüllung setzt immer voraus, dass von zuvor erreichten Etappenzielen und Zielwerten nicht wieder abgewichen wurde.
(10)Am 27. April 2022 übermittelte Italien sein nationales Reformprogramm 2022 und am 27. April 2022 sein Stabilitätsprogramm 2022 gemäß der in Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Frist. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet. Im Einklang mit Artikel 27 der Verordnung (EU) 2021/241 wird im nationalen Reformprogramm 2022 auch der halbjährlichen Berichterstattung Italiens über die Fortschritte bei der Durchführung seines Aufbau- und Resilienzplans Rechnung getragen.
(11)Am 23. Mai 2022 veröffentlichte die Kommission den Länderbericht für Italien 2022. Darin werden die Fortschritte Italiens bei der Umsetzung der einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen des Rates der Jahre 2019, 2020 und 2021 bewertet und der Stand der Durchführung des Aufbau- und Resilienzplans Italiens anhand des Aufbau- und Resilienzscoreboards dargestellt. Basierend auf dieser Bewertung wird im Länderbericht Handlungsbedarf in Bezug auf Herausforderungen aufgezeigt, die im Aufbau- und Resilienzplan nicht oder nur teilweise angegangen werden, und es werden neu entstandene und sich derzeit abzeichnende Herausforderungen, die sich beispielsweise aus der Invasion der Ukraine ergeben, genannt. Ferner werden in dem Bericht die Fortschritte Italiens bei der Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte, bei der Verwirklichung der Kernziele der EU in den Bereichen Beschäftigung, Qualifikationen und Armutsbekämpfung sowie im Hinblick auf die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung bewertet.
(12)Die Kommission nahm eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 für Italien vor, deren Ergebnisse am 23. Mai 2022 veröffentlicht wurden. Die Kommission stellte in Italien übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte fest. Insbesondere ist Italien weiter verwundbar im Hinblick auf einen hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand und geringe Produktivitätssteigerungen im Kontext eines anfälligen Arbeitsmarkts und einiger Schwächen im Finanzsektor.
(13)Am 23. Mai 2022 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV. In diesem Bericht wird die Haushaltslage Italiens erörtert, da sein gesamtstaatliches Defizit im Jahr 2021 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg, während die gesamtstaatliche Schuldenquote über dem im Vertrag festgelegten Referenzwert von 60 % lag und der Richtwert für den Schuldenabbau nicht eingehalten wurde. Dem Bericht zufolge wurde weder das Defizitkriterium noch das Schuldenkriterium erfüllt. Im Einklang mit der Mitteilung vom 2. März 2022 trägt die Kommission bei der Bewertung aller einschlägigen Faktoren dem Umstand Rechnung, dass die Einhaltung des Richtwerts für den Schuldenabbau eine allzu anspruchsvolle frontlastige Konsolidierungsanstrengung verlangen würde, die das Wachstum gefährden könnte. Deshalb ist die Einhaltung des Richtwerts für den Schuldenabbau aus Sicht der Kommission unter den derzeitigen außergewöhnlichen wirtschaftlichen Bedingungen nicht angezeigt. Wie angekündigt hat die Kommission nicht vorgeschlagen, im Frühjahr 2022 neue Verfahren bei einem übermäßigen Defizit einzuleiten. Sie wird im Herbst 2022 erneut prüfen, ob die Einleitung solcher Defizitverfahren geboten ist.
(14)Am 20. Juli 2020 empfahl der Rat Italien, im Einklang mit der allgemeinen Ausweichklausel in den Jahren 2020 und 2021 alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die anschließende Erholung zu fördern. Ferner empfahl er Italien, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen. Den von Eurostat validierten Daten zufolge ging das gesamtstaatliche Defizit Italiens 2021 von 9,6 % des BIP im Jahr 2020 auf 7,2 % im Jahr 2021 zurück. Die fiskalpolitische Reaktion Italiens unterstützte 2021 die wirtschaftliche Erholung mit befristeten Sofortmaßnahmen von 3,5 % des BIP (im Jahr 2020 waren es noch 4,4 %). Die von Italien 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Die von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 verabschiedeten diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen waren größtenteils befristet oder wurden durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert. Gleichzeitig waren einige der von der Regierung 2020 und 2021 ergriffenen diskretionären Maßnahmen weder befristet noch durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert, wobei es sich vor allem um eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge in ärmeren Regionen, die Ausweitung der Steuergutschriften für Arbeitseinkommen und die Einführung eines Familienbonus handelt. Nach den von Eurostat validierten Daten belief sich der gesamtstaatliche Schuldenstand 2021 auf 150,8 % des BIP.
(15)Das den Haushaltsprojektionen des Stabilitätsprogramms 2022 zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist 2022 günstig und in der Folge realistisch. Die Regierung geht von einem Wachstum des realen BIP um 3,1 % im Jahr 2022 und um 2,4 % im Jahr 2023 aus. Im Vergleich dazu geht die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2022 von einem geringeren realen BIP-Wachstum von 2,4 % im Jahr 2022 und 1,9 % im Jahr 2023 aus, was hauptsächlich auf vorsichtigere Prognosen für die Binnennachfrage zurückzuführen ist. In ihrem Stabilitätsprogramm 2022 geht die Regierung davon aus, dass das öffentliche Gesamtdefizit 2022 auf 5,6 % des BIP und 2023 auf 3,9 % des BIP zurückgehen wird. Der Rückgang im Jahr 2022 ist in erster Linie auf das Wirtschaftswachstum und die Aufhebung der meisten Sofortmaßnahmen zurückzuführen. Dem Programm zufolge soll die gesamtstaatliche Schuldenquote 2022 auf 147,0 % sinken und 2023 weiter auf 145,2 % des BIP zurückgehen. Auf der Grundlage der zum Stichtag der Prognose bekannten politischen Maßnahmen geht die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2022 für die Jahre 2022 und 2023 von einem öffentlichen Defizit von 5,5 % bzw. 4,3 % des BIP aus. Im Vergleich mit dem Stabilitätsprogramm 2022 prognostiziert die Kommission in ihrer Prognose für 2022 fast das gleiche Defizit, für 2023 jedoch ein höheres, was in erster Linie auf ein schwächeres Wirtschaftswachstum zurückzuführen ist. Gleichzeitig sind in der Frühjahrsprognose 2022 der Kommission die im Programm angekündigten zusätzlichen Unterstützungsmaßnahmen für 2022 nicht enthalten, da vor dem Stichtag keine Einzelheiten verfügbar waren. Die Frühjahrsprognose 2022 der Kommission geht von einer höheren gesamtstaatlichen Schuldenquote von 147,9 % im Jahr 2022 und von 146,8 % im Jahr 2023 aus. Die Differenz ist auf die höheren Defizite in beiden Jahren und ein geringeres Wirtschaftswachstum zurückzuführen.
Auf Grundlage der Frühjahrsprognose 2022 der Kommission liegt das geschätzte potenzielle Wirtschaftswachstum mittelfristig (im Zehn-Jahres-Durchschnitt) bei 0,4 %. Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Italiens einen Schub verleihen können.
(16)2022 ließ die Regierung die meisten in Reaktion auf die COVID-19-Krise ergriffenen Maßnahmen auslaufen, sodass mit einem Rückgang der befristeten Soforthilfemaßnahmen von 3,5 % des BIP im Jahr 2021 auf 1,1 % im Jahr 2022 gerechnet wird. Das öffentliche Defizit wird durch die Maßnahmen belastet, die zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Anstiegs der Energiepreise ergriffen wurden; sie werden in der Frühjahrsprognose 2022 der Kommission auf 0,5 % des BIP im Jahr 2022 geschätzt und laufen 2023 aus. Bei diesen Maßnahmen handelt es sich hauptsächlich um soziale Transferleistungen für ärmere Haushalte, Kürzungen bei indirekten Steuern auf den Energieverbrauch und Zuschüssen für Energieunternehmen. Diese Maßnahmen sind laut Ankündigung befristet. Sollten die Energiepreise aber auch 2023 hoch bleiben, könnten einige dieser Maßnahmen fortgeführt werden. Einige dieser Maßnahmen sind nicht zielgerichtet, insbesondere die allgemeinen Kürzungen bei den indirekten Energieverbrauchssteuern (MwSt und feste Abgaben). Das öffentliche Defizit wird auch von den Kosten für die Gewährung vorübergehenden Schutzes für Vertriebene aus der Ukraine beeinflusst, die in der Frühjahrsprognose 2022 der Kommission für 2022 und für 2023 auf 0,1 % des BIP projiziert werden.
(17)Am 18. Juni 2021 empfahl der Rat Italien, im Jahr 2022 die Aufbau- und Resilienzfazilität zu nutzen, um zusätzliche Investitionen zur Unterstützung der Erholung zu finanzieren, und gleichzeitig eine vorsichtige Haushaltspolitik zu verfolgen. Auch die national finanzierten Investitionen sollte Spanien aufrechterhalten. Der Rat empfahl Italien ferner, den Anstieg der national finanzierten laufenden Ausgaben zu begrenzen. Überdies empfahl er Italien – wenn die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen –, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten und gleichzeitig zur Steigerung des Wachstumspotenzials die Investitionen zu erhöhen.
(18)Für 2022 wird laut Frühjahrsprognose der Kommission 2022 unter Berücksichtigung der im Stabilitätsprogramm Italiens 2022 enthaltenen Informationen davon ausgegangen, dass der haushaltspolitische Kurs, unterstützend bei 2,7 % des BIP liegen wird. Italien sieht weiterhin Unterstützungsmaßnahmen zur Förderung der Erholung vor und beabsichtigt gemäß der Empfehlung des Rates, zusätzliche Investitionen mithilfe der Aufbau- und Resilienzfazilität zu finanzieren. Der positive Beitrag zur Wirtschaftstätigkeit der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und andere EU-Mittel finanzierten Ausgaben wird sich im Vergleich zu 2021 voraussichtlich um 0,9 % des BIP erhöhen. Den Projektionen zufolge werden die national finanzierten Investitionen 2022 einen expansiven Beitrag von 0,3 BIP-Prozentpunkten zum fiskalischen Gesamtkurs leisten. Daher plant Italien, gemäß der Empfehlung des Rates national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten. Es wird erwartet, dass der Anstieg der national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne neue einnahmenseitige Maßnahmen) im Jahr 2022 einen expansiven Beitrag von 1,3 BIP-Prozentpunkten zum fiskalischen Gesamtkurs leisten wird. Dieser erhebliche expansive Beitrag umfasst die zusätzlichen Auswirkungen der Maßnahmen zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Anstiegs der Energiepreise (0,2 % des BIP) sowie die Kosten für den vorübergehenden Schutz für Vertriebene aus der Ukraine (0,1 % des BIP). Der Anstieg der laufenden Ausgaben spiegelt auch höhere Ausgaben für Kompensationen für öffentliche Bedienstete wider, die auf die Verlängerung der öffentlichen Aufträge für den Zeitraum 2019-2021 zurückzuführen sind, für die 2022 ein erheblicher Teil (¼ % des BIP) verbucht wird, während zusätzliche Mittel auch für den Gesundheitssektor (0,1 % des BIP) eingeplant sind. Auf der Einnahmenseite wird den Projektionen zufolge auch die Senkung der Einkommensteuern und der regionalen Steuer auf Produktionstätigkeiten (0,4 % des BIP) zum expansiven finanzpolitischen Kurs beitragen. Daher schränkt Italien den Schätzungen der Kommission zufolge das Wachstum der nationalen Nettoausgaben im Jahr 2022 nicht ausreichend ein.
(19)Für 2023 wird der haushaltspolitische Kurs in der Frühjahrsprognose 2022 der Kommission unter der Annahme einer unveränderten Politik mit -1,2 % des BIP veranschlagt. Es wird davon ausgegangen, dass Italien im Jahr 2023 weiterhin die Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzt, um zusätzliche Investitionen zur Unterstützung der Erholung zu finanzieren. Der positive Beitrag zur Wirtschaftstätigkeit der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und andere EU-Mittel finanzierten Ausgaben wird sich im Vergleich zu 2022 voraussichtlich um 0,7 BIP-Prozentpunkte erhöhen. Den Projektionen zufolge werden die national finanzierten Investitionen 2023 einen expansiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten zum fiskalischen Gesamtkurs leisten. Gleichzeitig wird erwartet, dass der Anstieg der national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne neue einnahmenseitige Maßnahmen) im Jahr 2023 einen weitgehend neutralen Beitrag von ‑0,2 Prozentpunkten zum haushaltspolitischen Gesamtkurs leisten wird. Dabei sind auch die Auswirkungen des Auslaufens der Maßnahmen zur Bewältigung der gestiegenen Energiepreise (0,5 % des BIP) berücksichtigt. Gleichzeitig dürften auch ein Anstieg bei den Sozialleistungen (0,4 % des BIP) aufgrund ihrer Indexierung mit der Inflationsrate des Vorjahres und zusätzliche Mittel für das Gesundheitswesen (0,1 % des BIP), denen keine Ausgleichsmaßnahmen gegenüberstehen, zu einem Anstieg der laufenden Nettoausgaben beitragen. Daher hängt der weitgehend neutrale Beitrag national finanzierter laufender Ausgaben davon ab, dass die Maßnahmen, die den Auswirkungen des derzeitigen Anstiegs der Energiepreise entgegenwirken sollen, wie geplant auslaufen.
(20)Dem Stabilitätsprogramm 2022 zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2024 schrittweise auf 3,3 % des BIP und bis 2025 auf 2,8 % des BIP zurückgehen. Daher soll das gesamtstaatliche Defizit bis 2025 die Marke von 3 % des BIP unterschreiten. Diese Projektionen gehen von einem Rückgang der Gesamtausgaben um rund 3 BIP-Prozentpunkte und von einem Rückgang der Gesamteinnahmen um rund 2 BIP-Prozentpunkte zwischen 2023 und 2025 aus. Dem Programm zufolge soll die gesamtstaatliche Schuldenquote bis 2025 sinken, und zwar 2024 auf 143,4 % zurückgehen und 2025 weiter auf 141,4 % fallen. Nach Analyse der Kommission scheinen die Risiken für die Schuldentragfähigkeit mittelfristig hoch zu sein.
(21)Nach den Kriterien des Artikels 19 Absatz 3 Buchstabe b und des Anhangs V Abschnitt 2.2 der Verordnung (EU) 2021/241 umfasst der Aufbau- und Resilienzplan eine Vielzahl sich gegenseitig verstärkender Reformen und Investitionen, die bis 2026 durchgeführt werden sollen. Diese führen dazu, alle oder einen wesentlichen Teil der wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen zu bewältigen, die der Rat in den Jahren 2019 und 2020 im Rahmen des Europäischen Semesters in seinen Empfehlungen an Italien sowie gegebenenfalls in weiteren bis zur Annahme des Plans abgegebenen länderspezifischen Empfehlungen dargelegt hat. Insbesondere die wirksame und zügige Umsetzung des Plans birgt das Potenzial, dauerhafte strukturelle Veränderungen herbeizuführen und sich somit dauerhaft auf die italienische Wirtschaft und Gesellschaft auszuwirken. Es wird erwartet, dass ein breites Spektrum von Reformen in wichtigen Politikbereichen die seit Langem bestehenden Hindernisse für das Wirtschaftswachstum beseitigen wird. Im Plan sind insbesondere Reformen enthalten, die darauf abzielen, strukturelle Veränderungen in der Funktionsweise der öffentlichen Verwaltung und des Justizsystems zu fördern und das allgemeine Unternehmensumfeld zu verbessern. Geplante Reformen und Investitionen in den Bereichen Bildung, Kompetenzentwicklung und Forschung haben das Potenzial, das Humankapital und die Forschungskapazitäten langfristig zu stärken. Die geplanten Arbeitsmarktreformen und Investitionen zur Verbesserung der Beschäftigungsaussichten, insbesondere für junge Menschen und Frauen, haben das Potenzial, das Arbeitskräfteangebot zu erhöhen, den gleichberechtigten Zugang zu Qualifikationen zu gewährleisten und letztlich das Wirtschaftswachstum zu fördern. Reformen in Sektoren wie Verkehr und Wasserwirtschaft dürften die wirtschaftliche Effizienz strukturell verbessern, unter anderem durch einen systematischeren Rückgriff auf wettbewerbliche Verfahren für die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen.
(22)Der Aufbau- und Resilienzplan Italiens fördert voraussichtlich den ökologischen und digitalen Wandel. Der Betrag, der Maßnahmen zur Verwirklichung der Klimaschutzziele zugewiesen wird, entspricht 37,5 % der Gesamtmittelausstattung des Plans Italiens, während die Maßnahmen zur Unterstützung der Ziele im Digitalbereich 25 % ausmachen. Die vollständige Durchführung des Aufbau- und Resilienzplans gemäß den einschlägigen Etappenzielen und Zielwerten wird Italien dabei helfen, die Folgen der COVID-19-Krise rasch zu überwinden und gleichzeitig seine Resilienz zu stärken. Die systematische Einbeziehung der Sozialpartner und anderer einschlägiger Interessenträger ist für die erfolgreiche Durchführung des Aufbau- und Resilienzplans sowie anderer, nicht im Plan enthaltener wirtschafts- oder beschäftigungspolitischer Maßnahmen nach wie vor wichtig, da nur so ein umfassendes Engagement für das politische Gesamtkonzept gewährleistet werden kann.
(23)Italien hat die kohäsionspolitischen Programmplanungsdokumente für die Partnerschaftsvereinbarung am 17. Januar 2021 vorgelegt und der Europäischen Kommission seine ersten Programme vorgelegt. Entsprechend der Verordnung (EU) 2021/1060 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 wird Italien die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen bei der Programmplanung 2021–2027 der Kohäsionsfondsmittel berücksichtigen. Dies ist unabdingbar, um die Wirksamkeit der finanziellen Unterstützung aus den Kohäsionsfonds zu verbessern, ihren Mehrwert zu maximieren und dabei gleichzeitig die Koordinierung, Komplementarität und Kohärenz zwischen diesen Fonds und anderen Unionsinstrumenten und -mitteln zu fördern. Die erfolgreiche Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität und der kohäsionspolitischen Programme setzt zudem voraus, dass die Engpässe bei den Investitionen zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels und der ausgewogenen territorialen Entwicklung beseitigt werden.
(24)Neben den wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, die mit dem Aufbau- und Resilienzplan angegangen werden, sieht sich Italien mit einer Reihe zusätzlicher Herausforderungen konfrontiert, die das Steuersystem betreffen. Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz des Steuersystems können dazu beitragen, seit Langem bestehende makroökonomische Ungleichgewichte zu beseitigen. Mittel- und langfristig würde ein wachstumsfreundlicheres und effizienteres Steuersystem dazu beitragen, den hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand zu verringern, die Produktivitätssteigerung zu fördern und die Schaffung von Arbeitsplätzen, insbesondere für Frauen, anzukurbeln.
(25)Italiens Steuerlast für den Faktor Arbeit ist hoch, und das Profil der effektiven Grenzsteuersätze auf das persönliche Einkommen ist durch starke Diskontinuitäten gekennzeichnet. Ende 2021 hat Italien Schritte unternommen, um diese Herausforderungen anzugehen, insbesondere durch die Einführung eines universellen Kindergeldes und die Senkung der Einkommensteuer. Diese Maßnahmen dürften das Arbeitskräfteangebot, insbesondere bei Frauen, moderat erhöhen. Die Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeit ist im Vergleich zu anderen EU-Mitgliedstaaten auf allen Einkommensniveaus nach wie vor sehr hoch. Gleichzeitig werden andere Einnahmequellen, die weniger wachstumsschädlich sind, nicht ausreichend genutzt, sodass Spielraum bleibt, um die steuerliche Belastung des Faktors Arbeit auf haushaltsneutrale Weise weiter zu verringern. Die Katasterwerte, die als Grundlage für die Berechnung der Grundsteuer herangezogen werden, sind weitgehend veraltet. Anzahl und Umfang der Steuerausgaben, auch im Bereich der Mehrwertsteuer, sind hoch, und es sollten Maßnahmen mit Blick auf eine Straffung dieser Ausgaben ergriffen werden. Schließlich wird trotz der relativ hohen Einnahmen aus Energiesteuern in Italien der Übergang zu saubereren Technologien nicht ausreichend gefördert, was auch auf die umfangreiche Nutzung umweltschädlicher Subventionen zurückzuführen ist. Diese verschiedenen Dimensionen werden durch das von der Regierung Ende 2021 vorgelegte Ermächtigungsgesetz für die Steuerreform abgedeckt, das nach der Annahme durch gesetzesvertretende Dekrete umgesetzt werden müsste.
(26)Im Anschluss an den Auftrag, den die Staats- und Regierungschefs der EU in der Erklärung von Versailles formuliert haben, wurde der REPowerEU-Plan aufgestellt, um die Abhängigkeit der Europäischen Union von Einfuhren fossiler Brennstoffe aus Russland so bald wie möglich zu beenden. Zu diesem Zweck werden im Dialog mit den Mitgliedstaaten optimal geeignete Projekte, Investitionen und Reformen auf nationaler, regionaler und Unionsebene ermittelt. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen insgesamt zu verringern und fossile Brennstoffe zunehmend von anderen Exportländern als Russland zu beziehen.
(27)Italien ist, insbesondere in Bezug auf Gas, in hohem Maße von Energieimporten aus Russland abhängig, da 43 % seines Erdgases aus Russland (leicht unter dem EU-Durchschnitt von 44 %) importiert werden, wobei der Energiemix des Landes zu 42 % aus Erdgases besteht. Die Abhängigkeit von Rohöl aus Russland ist mit 11 % geringer als im EU-Durchschnitt, der bei 26 % liegt (Öl macht 32 % des italienischen Energiemix aus). Obwohl Italien angesichts seiner beträchtlichen Speicherkapazität und der Pipelineverbindungen nach Nordafrika und Aserbaidschan kurzfristig keine erheblichen Probleme bei der Erdgasversorgungssicherheit hat, kann die Invasion Russlands in die Ukraine mittel- und langfristig Herausforderungen mit sich bringen. Italien verfügt über Spielraum, um Engpässe zu überwinden, um die Energieübertragungskapazität sowohl innerhalb des Landes als auch in die Nachbarländer zu erhöhen. Es wird empfohlen, neue Gasinfrastruktur- und Netzinvestitionen nach Möglichkeit zukunftssicher zu gestalten, damit sie sich auch für nachhaltige Energieträger eignen und somit langfristig nachhaltig sind. Italien betreibt derzeit eine Diversifizierung seines Energiemix durch Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien, insbesondere dank Solar- und Windenergie sowie Wasserstoff und nachhaltigem Biomethan. Auch angesichts der potenziellen Herausforderungen, die sich aus der derzeitigen geopolitischen Lage ergeben, besteht dennoch Spielraum für eine Beschleunigung und Ausweitung des Ausbaus erneuerbarer Energiequellen, wie sie im nationalen Energie- und Klimaplan (NECP) festgelegt sind. Italien hat weiteren Spielraum, um Maßnahmen zur Erleichterung der Genehmigung von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien zu ergreifen. Darüber hinaus reichen die Energieeffizienzziele Italiens möglicherweise weder dazu, diese Herausforderungen zu bewältigen, noch die Ziele des „Fit-für-55“-Pakets zu erreichen. Die Energieeffizienzstrategie für den Gebäudesektor stützt sich hauptsächlich auf befristete Maßnahmen und sollte durch eine mittel- und langfristige Strategie ergänzt werden, die strengere Energieeffizienzmaßnahmen in Unternehmen, insbesondere in der Industrie, umfasst. Darüber hinaus muss die Dekarbonisierung des Verkehrssektors stärker vorangetrieben werden, unter anderem durch die beschleunigte Errichtung von Ladestationen für Elektrofahrzeuge und die Förderung wichtiger Projekte in den Bereichen Eisenbahn, Radverkehr und öffentlicher Verkehr. Italiens Zielsetzungen im Hinblick auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen sowie die Steigerung des Anteils der aus erneuerbaren Quellen gewonnenen Energie und der Energieeffizienz müssen ambitionierter gestaltet werden, um den Zielen des Pakets „Fit für 55“ zu entsprechen.
(28)Der beschleunigte Übergang zur Klimaneutralität mit der Abkehr von fossilen Brennstoffen wird zwar in einigen Sektoren erhebliche Restrukturierungskosten verursachen, doch kann Italien im Rahmen der kohäsionspolitischen Programmplanung den Mechanismus für einen gerechten Übergang nutzen, um die sozioökonomischen Auswirkungen des Übergangs in den am meisten betroffenen Regionen zu verringern. Darüber hinaus kann Italien den Europäischen Sozialfonds Plus nutzen, um die Beschäftigungsmöglichkeiten zu verbessern und den sozialen Zusammenhalt zu stärken.
(29)Vor dem Hintergrund der Bewertung der Kommission hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2022 geprüft; seine Stellungnahme hierzu spiegelt sich in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.
(30)Angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und ihres kollektiven Beitrags zur Funktionsweise der Wirtschafts- und Währungsunion empfahl der Rat den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets, unter anderem im Rahmen ihrer Aufbau- und Resilienzpläne Maßnahmen zu ergreifen, um die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets umzusetzen. Für Italien spiegelt sich dies insbesondere in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 2 wider.
(31)Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung analysierte der Rat das nationale Reformprogramm 2022 und das Stabilitätsprogramm 2022. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 2 wider. Die Empfehlungen 1 und 2 tragen auch zur Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, insbesondere der ersten, zweiten und vierten Euro-Währungsgebiet-Empfehlung bei. Die in Empfehlung 1 genannten haushaltspolitischen Maßnahmen tragen unter anderem dazu bei, die mit einem hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand verbundenen Ungleichgewichte anzugehen. Die in Empfehlung 2 genannten Maßnahmen tragen unter anderem dazu bei, Ungleichgewichte im Zusammenhang mit dem hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand und der anhaltend schwachen Produktivitätsdynamik vor dem Hintergrund der Anfälligkeit des Arbeitsmarkts und des Bankensektors anzugehen —
EMPFIEHLT, dass Italien 2022 und 2023
1.im Jahr 2023 für eine vorsichtige Haushaltspolitik sorgt, insbesondere indem das Wachstum der national finanzierten laufenden Ausgaben unter dem mittelfristigen potenziellen Wirtschaftswachstum gehalten werden, unter Berücksichtigung der fortgesetzten befristeten und gezielten Unterstützung für die vom Energiepreisanstieg besonders betroffenen Haushalte und Unternehmen sowie die aus der Ukraine flüchtenden Menschen; in Bereitschaft bleibt, die laufenden Ausgaben an die sich wandelnde Situation anzupassen; die öffentlichen Investitionen für den ökologischen und den digitalen Wandel sowie die Energiesicherheit ausweitet, auch durch Inanspruchnahme der Aufbau- und Resilienzfazilität, von REPowerEU und anderen EU-Mitteln; für die Zeit nach 2023 eine Haushaltspolitik verfolgt, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und durch eine schrittweise Konsolidierung, Investitionen und Reformen einen glaubwürdigen und schrittweisen Schuldenabbau und mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten; das Ermächtigungsgesetz für die Steuerreform verabschiedet und angemessen umsetzt, um die Besteuerung des Faktors Arbeit weiter zu senken und die Effizienz des Systems zu erhöhen, insbesondere durch die Überprüfung der effektiven Grenzsteuersätze, die Anpassung der Katasterwerte an aktuelle Marktwerte, die Straffung und Verringerung der Steuerausgaben unter anderem für die Mehrwertsteuer und umweltschädliche Subventionen bei gleichzeitiger Gewährleistung von Gerechtigkeit und durch die Verringerung der Komplexität der Abgabenordnung.
2.seinen Aufbau- und Resilienzplan gemäß den im Durchführungsbeschluss des Rates vom 13. Juli 2021 festgelegten Etappenzielen und Zielwerten weiter durchführt; die Verhandlungen mit der Kommission über die Programmunterlagen der Kohäsionspolitik für 2021–2027 rasch abschließt, um mit deren Umsetzung beginnen zu können.
3.die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringert und seine Energieimporte diversifiziert; Engpässe beseitigt, um die Kapazität der internen Gasfernleitung zu erhöhen, Stromverbindungsleitungen ausbaut, den Ausbau zusätzlicher Kapazitäten für erneuerbare Energien beschleunigt und Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Förderung einer nachhaltigen Mobilität ergreift.
Geschehen zu Brüssel am […]
Im Namen des Rates
Der Präsident