Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52022DC0605

Empfehlung für eine EMPFEHLUNG DES RATES zum nationalen Reformprogramm Tschechiens 2022 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Tschechiens 2022

COM/2022/605 final

Brüssel, den 23.5.2022

COM(2022) 605 final

Empfehlung für eine

EMPFEHLUNG DES RATES

zum nationalen Reformprogramm Tschechiens 2022 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Tschechiens 2022

{SWD(2022) 605 final} - {SWD(2022) 640 final}


Empfehlung für eine

EMPFEHLUNG DES RATES

zum nationalen Reformprogramm Tschechiens 2022 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Tschechiens 2022

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken 1 , insbesondere auf Artikel 9 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität 2 trat am 19. Februar 2021 in Kraft. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität trägt zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen bei, die insbesondere auf die Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels ausgerichtet sind und die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken sollen. Sie wird außerdem mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen. Der maximale finanzielle Beitrag, der jedem Mitgliedstaat im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität gewährt werden kann, [wurde] gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2021/241 am [XX]. Juni 2022 angepasst.

(2)Am 24. November 2021 nahm die Kommission den Jahresbericht zum nachhaltigen Wachstum an, mit dem das Europäische Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung 2022 eingeleitet wurde. Darin trug sie der im Mai 2021 auf dem Sozialgipfel von Porto bekräftigten gemeinsamen Verpflichtung Rechnung, die vom Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission am 17. November 2017 proklamierte europäische Säule sozialer Rechte weiter umzusetzen. Der Europäische Rat billigte die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts 2022 am 25. März 2022. Am 24. November 2021 nahm die Kommission den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Tschechien nicht als einer der Mitgliedstaaten genannt wurde, für die eine eingehende Überprüfung 3 durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch den Vorschlag für den gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2022 an, in dem die Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien und der Grundsätze der europäischen Säule sozialer Rechte analysiert wird und der am 14. März 2022 vom Rat angenommen wurde.

(3)Russlands Invasion der Ukraine, die unmittelbar nach der weltweiten Pandemie erfolgte, hat den geopolitischen und wirtschaftlichen Kontext erheblich verändert. Sie hat auch die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten in Mitleidenschaft gezogen, indem sie beispielsweise die Energie- und Lebensmittelpreise hat steigen lassen und die Wachstumsaussichten verschlechtert hat. Die höheren Energiepreise belasten insbesondere die finanziell schwachen Haushalte, die von Energiearmut bedroht oder betroffen sind. Des Weiteren erlebt die EU einen beispiellosen Zustrom von Flüchtlingen aus der Ukraine. In diesem Zusammenhang kam am 4. März 2022 erstmals die Richtlinie über vorübergehenden Schutz zur Anwendung 4 und wurde aus der Ukraine vertriebenen Menschen das Aufenthaltsrecht in der EU sowie das Recht auf Zugang zu allgemeiner und beruflicher Bildung, zum Arbeitsmarkt, zur Gesundheitsversorgung, zu Wohnungs- und Sozialleistungen gewährt. Für Tschechien wird außerordentliche Unterstützung im Rahmen der Initiative CARE (Einsatz von Kohäsionsmitteln zugunsten von Flüchtlingen in Europa) und durch zusätzliche Vorfinanzierungen im Rahmen von ReactEU (Aufbauhilfe für den Zusammenhalt und die Gebiete Europas) bereitgestellt, um den Aufnahme- und Integrationsbedarf der aus der Ukraine fliehenden Menschen schnellstmöglich decken zu können.

(4)Angesichts der sich rasch wandelnden wirtschaftlichen und geopolitischen Lage wird im Rahmen des Europäischen Semesters im Jahr 2022 die umfassende Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik weitergeführt und gleichzeitig, wie im Jahreswachstumsbericht 2022 dargelegt, den Anforderungen an die Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung getragen. Die Durchführung der angenommenen Aufbau- und Resilienzpläne ist für die Verwirklichung der politischen Prioritäten im Rahmen des Europäischen Semesters von entscheidender Bedeutung, da von diesen Plänen alle oder zumindest wesentliche Teile der einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen aus den Jahren 2019 und 2020 erfasst werden. Die länderspezifischen Empfehlungen der Jahre 2019 und 2020 bleiben auch für die Aufbau- und Resilienzpläne, die gemäß den Artikeln 14, 18 und 21 der Verordnung (EU) 2021/241 überarbeitet, aktualisiert oder geändert werden, relevant; hinzu kommen gegebenenfalls weitere länderspezifische Empfehlungen, die bis zur Vorlage des geänderten Plans formuliert wurden.

(5)Die allgemeine Ausweichklausel ist seit März 2020 aktiviert. 5 In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 6 vertrat die Kommission die Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der EU oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Die gestiegene Unsicherheit und starke Abwärtsrisiken bei den wirtschaftlichen Aussichten angesichts des Krieges in Europa, des beispiellosen Anstiegs der Energiepreise und der anhaltenden Lieferkettenprobleme rechtfertigen die Verlängerung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts bis einschließlich 2023.

(6)Im Einklang mit dem Ansatz in der Stellungnahme des Rates vom 18. Juni 2021 zum Konvergenzprogramm 2021 wird der haushaltspolitische Kurs derzeit am besten als Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) ohne durch die COVID-19-Krise bedingte befristete Sofortmaßnahmen und einschließlich der durch nicht rückzahlbaren Hilfen (Zuschüsse) aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen EU-Fonds finanzierten Ausgaben im Verhältnis zum mittelfristigen Potenzialwachstum gemessen. 7 Neben dem haushaltspolitischen Gesamtkurs wird bei der Bewertung, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel im Einklang steht, auch der Entwicklung der national finanzierten 8 laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und durch die COVID-19-Krise bedingte befristete Sofortmaßnahmen) und Investitionen Aufmerksamkeit geschenkt.

(7)Am 2. März 2022 nahm die Kommission eine Mitteilung mit allgemeinen Leitlinien für die Haushaltspolitik im Jahr 2023 an, mit der die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten unterstützt und somit die politische Koordinierung gestärkt werden soll. 9 Ausgehend von den makroökonomischen Aussichten in der Winterprognose 2022 stellte die Kommission fest, dass es angemessen wäre, im Jahr 2023 von einem insgesamt stützenden haushaltspolitischen Kurs der Jahre 2020-2022 zu einem weitgehend neutralen haushaltspolitischen Kurs überzugehen, gleichzeitig aber die Bereitschaft zu erhalten, auf die sich weiterentwickelnde Wirtschaftslage zu reagieren. Die Kommission kündigte an, dass bei den haushaltspolitischen Empfehlungen für 2023 weiterhin zwischen den Mitgliedstaaten differenziert und möglichen länderübergreifenden Spillover-Effekten Rechnung getragen werden sollte. Sie forderte die Mitgliedstaaten auf, diese Leitlinien in ihren Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen zu berücksichtigen. Die Kommission sicherte zu, die wirtschaftlichen Entwicklungen genau zu beobachten und ihre politischen Leitlinien erforderlichenfalls anzupassen, spätestens jedoch im Rahmen des Frühjahrspakets zum Europäischen Semester Ende Mai 2022.

(8)Was die haushaltspolitischen Leitlinien vom 2. März 2022 betrifft, so tragen die haushaltspolitischen Empfehlungen für 2023 den schlechteren Konjunkturaussichten, der größeren Unsicherheit und weiteren Abwärtsrisiken sowie der gegenüber der Winterprognose höheren Inflation Rechnung. Vor diesem Hintergrund müssen im Rahmen der haushaltspolitischen Reaktion die öffentlichen Investitionen für den ökologischen und digitalen Wandel und die Energieversorgungssicherheit erhöht und die Kaufkraft finanziell besonders schwacher Haushalte gestützt werden, um durch gezielte und befristete Maßnahmen die Auswirkungen des Anstiegs der Energiepreise abzufedern und dazu beizutragen, den Inflationsdruck aus Zweitrundeneffekten zu begrenzen. Die Haushaltspolitik muss flexibel bleiben, damit sie sich an die sich rasch wandelnden Rahmenbedingungen anpassen kann, und sie muss nach Ländern differenziert werden, wobei die jeweilige Haushalts- und Wirtschaftslage – auch im Hinblick auf die Anfälligkeit für die Krise und den Zustrom von Vertriebenen aus der Ukraine – zu berücksichtigen ist.

(9)Am 1. Juni 2021 legte Tschechien der Kommission gemäß Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/241 seinen nationalen Aufbau- und Resilienzplan vor. Gemäß Artikel 19 jener Verordnung hat die Kommission die Aufbau- und Resilienzpläne auf der Grundlage der in Anhang V der Verordnung enthaltenen Bewertungsleitlinien im Hinblick auf deren Relevanz, Wirksamkeit, Effizienz und Kohärenz bewertet. Am 8. September 2021 nahm der Rat den Durchführungsbeschluss zur Billigung der Bewertung des Aufbau- und Resilienzplans Tschechiens 10 an. Die Freigabe der Tranchen erfolgt vorbehaltlich eines Beschlusses der Kommission nach Artikel 24 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2021/241, wonach Tschechien in zufriedenstellender Weise die einschlägigen, im Durchführungsbeschluss des Rates festgelegten Etappenziele und Zielwerte erreicht hat. Eine zufriedenstellende Erfüllung setzt immer voraus, dass von zuvor erreichten Etappenzielen und Zielwerten nicht wieder abgewichen wurde.

(10)Am 28. April 2022 übermittelte Tschechien sein nationales Reformprogramm 2022 und am 11. Mai 2022 sein Konvergenzprogramm 2022 nach der in Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Frist. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet. Im Einklang mit Artikel 27 der Verordnung (EU) 2021/241 wird im nationalen Reformprogramm 2022 auch der halbjährlichen Berichterstattung Tschechiens über die Fortschritte bei der Durchführung seines Aufbau- und Resilienzplans Rechnung getragen.

(11)Am 23. Mai 2022 veröffentlichte die Kommission den Länderbericht für Tschechien 2022 11 . Darin werden die Fortschritte Tschechiens bei der Umsetzung der einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen des Rates der Jahre 2019, 2020 und 2021 bewertet und der Stand der Durchführung des Aufbau- und Resilienzplans Tschechiens anhand des Aufbau- und Resilienzscoreboards dargestellt. Basierend auf dieser Bewertung wird im Länderbericht Handlungsbedarf in Bezug auf Herausforderungen aufgezeigt, die im Aufbau- und Resilienzplan nicht oder nur teilweise angegangen werden, und es werden neu entstandene und sich derzeit abzeichnende Herausforderungen, die sich beispielsweise aus Russlands Invasion der Ukraine ergeben, genannt. Ferner werden in dem Bericht die Fortschritte Tschechiens bei der Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte, bei der Verwirklichung der Kernziele der EU in den Bereichen Beschäftigung, Qualifikationen und Armutsbekämpfung sowie im Hinblick auf die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung bewertet.

(12)Am 23. Mai 2022 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 AEUV. In diesem Bericht wird die Haushaltslage Tschechiens erörtert, da sein gesamtstaatliches Defizit im Jahr 2021 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg. Dem Bericht zufolge wurde das Defizitkriterium nicht erfüllt. Im Einklang mit der Mitteilung vom 2. März 2022 hat die Kommission nicht vorgeschlagen, im Frühjahr 2022 neue Verfahren bei einem übermäßigen Defizit einzuleiten, und sie wird im Herbst 2022 erneut prüfen, ob die Einleitung solcher Defizitverfahren geboten ist.

(13)Am 20. Juli 2020 empfahl der Rat Tschechien, im Einklang mit der allgemeinen Ausweichklausel in den Jahren 2020 und 2021 alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die anschließende Erholung zu fördern. Er empfahl Tschechien ferner, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen. Den von Eurostat validierten Daten zufolge erhöhte sich das gesamtstaatliche Defizit Tschechiens 2021 von 5,8 % des BIP im Jahr 2020 auf 5,9 % im Jahr 2021 an. Die fiskalpolitische Reaktion Tschechiens unterstützte 2021 die wirtschaftliche Erholung, während die befristeten Soforthilfemaßnahmen von 3,1 % des BIP im Jahr 2020 auf 2,3 % im Jahr 2021 zurückgingen. Die von Tschechien 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Die von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen waren größtenteils befristet oder wurden durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert. Gleichzeitig waren einige der von der Regierung 2020 und 2021 ergriffenen diskretionären Maßnahmen weder befristet noch durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert, insbesondere Senkungen der Einkommenssteuer im Umfang von 1,9 % des BIP. Nach den von Eurostat validierten Daten belief sich der gesamtstaatliche Schuldenstand 2021 auf 41,9 % des BIP.

(14)Das den Haushaltsprojektionen des Konvergenzprogramms 2022 zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist 2022 verhalten und 2023 positiv. Die Regierung geht von einem Wachstum des realen BIP um 1,2 % im Jahr 2022 und um 3,6 % im Jahr 2023 aus. Im Vergleich dazu geht die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2022 von einem höheren realen BIP-Wachstum von 1,9 % im Jahr 2022 und einem geringeren realen BIP-Wachstum von 2,7 % im Jahr 2023 aus, was hauptsächlich auf unterschiedliche Annahmen hinsichtlich der Verwendung von Ersparnissen und der Lohnindexierung zurückzuführen ist. In ihrem Konvergenzprogramm 2022 geht die Regierung davon aus, dass das öffentliche Gesamtdefizit 2022 auf 4,5 % des BIP und 2023 auf 3,2 % des BIP zurückgehen wird. Dieser Rückgang ist vor allem auf das Auslaufen der meisten Sofortmaßnahmen und das hohe nominale BIP-Wachstum zurückzuführen. Dem Programm zufolge soll die gesamtstaatliche Schuldenquote 2022 auf 42,7 % und 2023 weiter auf 43,4 % des BIP steigen. Auf der Grundlage der zum Stichtag der Prognose bekannten politischen Maßnahmen geht die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2022 für die Jahre 2022 und 2023 von einem öffentlichen Defizit von 4,3 % bzw. 3,9 % des BIP aus. Dies steht für 2022 mit dem im Konvergenzprogramm 2022 projizierten Defizit im Einklang und liegt für 2023 darüber, was in erster Linie auf ein etwas weniger optimistisches makroökonomisches Szenario der Frühjahrsprognose 2022 der Kommission und auf unterschiedliche Annahmen hinsichtlich der Inflationsrate und ihrer Auswirkungen auf die Staatsausgaben zurückzuführen ist. In ihrer Frühjahrsprognose 2022 geht die Kommission von einer ähnlichen gesamtstaatlichen Schuldenquote von 42,8 % im Jahr 2022 und von 44,0 % im Jahr 2023 aus.

Auf Grundlage der Frühjahrsprognose 2022 der Kommission liegt das geschätzte potenzielle Wirtschaftswachstum mittelfristig (im Zehn-Jahres-Durchschnitt) bei 2,0 %. Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Tschechiens einen Schub verleihen können.

(15)Im Jahr 2022 ließ die Regierung die meisten in Reaktion auf die COVID-19-Krise ergriffenen Maßnahmen auslaufen, sodass mit einem Rückgang der befristeten Soforthilfemaßnahmen von 2,3 % des BIP im Jahr 2021 auf 0,1 % 2022 gerechnet wird. Das öffentliche Defizit wird durch die Maßnahmen belastet, die zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Anstiegs der Energiepreise ergriffen wurden; sie werden in der Frühjahrsprognose 2022 der Kommission mit 0,1 % des BIP im Jahr 2022 veranschlagt und sollen 2023 auslaufen. 12 Bei diesen Maßnahmen handelt es sich hauptsächlich um Kürzungen bei indirekten Steuern auf den Energieverbrauch. Diese Maßnahmen sind laut Ankündigung befristet. Sollten die Energiepreise aber auch 2023 hoch bleiben, könnten einige dieser Maßnahmen fortgeführt werden. Einige dieser Maßnahmen, insbesondere die allgemeine Senkung der Verbrauchssteuern, sind nicht zielgerichtet. Das öffentliche Defizit wird auch durch die Kosten für den vorübergehenden Schutz Vertriebener aus der Ukraine belastet, die nach der Frühjahrsprognose 2022 der Kommission im Jahr 2022 bei 0,4 % des BIP und 2023 bei 0,6 % des BIP liegen dürften. 13  

(16)Am 18. Juni 2021 empfahl der Rat Tschechien 14 , im Jahr 2022 einen stützenden finanzpolitischen Kurs einschließlich des von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehenden Impulses beizubehalten und national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten. Überdies empfahl er Tschechien – wenn die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen –, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern.

(17)Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2022 der Kommission und unter Berücksichtigung der im Konvergenzprogramm Tschechiens 2022 enthaltenen Informationen wird der haushaltspolitische Kurs 2022 den Projektionen zufolge mit +0,1 % des BIP in etwa neutral sein, während der Rat einen stützenden Kurs empfohlen hatte 15 . Tschechien sieht weiterhin Unterstützungsmaßnahmen zur Förderung der Erholung vor und beabsichtigt gemäß der Empfehlung des Rates, zusätzliche Investitionen mithilfe der Aufbau- und Resilienzfazilität zu finanzieren. Der positive Beitrag zur Wirtschaftstätigkeit der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und andere EU-Mittel finanzierten Ausgaben wird sich im Vergleich zu 2021 voraussichtlich um 1,0 BIP-Prozentpunkte erhöhen. Den Projektionen zufolge werden die national finanzierten Investitionen 2022 einen kontraktiven Beitrag von 0,6 Prozentpunkten zum haushaltspolitischen Kurs leisten. 16 Daher plant Tschechien nicht, die national finanzierten Investitionen aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig dürfte der Anstieg der national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne Berücksichtigung neuer einnahmenseitiger Maßnahmen) 2022 einen kontraktiven Beitrag von 0,7 BIP-Prozentpunkten zum fiskalischen Gesamtkurs leisten. Dies schließt die zusätzlichen Auswirkungen von Maßnahmen zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Anstiegs der Energiepreise (0,03 % des BIP) sowie die Kosten für vorübergehenden Schutz für Vertriebene aus der Ukraine (0,4 % des BIP) ein.

(18)Für 2023 wird der haushaltspolitische Kurs in der Frühjahrsprognose 2022 der Kommission unter der Annahme einer unveränderten Politik mit +0,1 % des BIP veranschlagt. 17 Es wird davon ausgegangen, dass Tschechien im Jahr 2023 weiterhin die Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzt, um zusätzliche Investitionen zur Unterstützung der Erholung zu finanzieren. Der positive Beitrag zur Wirtschaftstätigkeit der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und andere EU-Mittel finanzierten Ausgaben wird sich im Vergleich zu 2022 voraussichtlich um 0,1 BIP-Prozentpunkte erhöhen. Den Projektionen zufolge werden die national finanzierten Investitionen 2023 einen expansiven Beitrag von 0,2 BIP-Prozentpunkten zum fiskalischen Gesamtkurs leisten. 18 Gleichzeitig dürfte der Anstieg der national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne Berücksichtigung neuer einnahmenseitiger Maßnahmen) 2023 einen kontraktiven Beitrag von 0,4 BIP-Prozentpunkten zum fiskalischen Gesamtkurs leisten. Dazu gehören auch die Auswirkungen des Auslaufens der Maßnahmen zur Bewältigung des Anstiegs der Energiepreise (0,1 % des BIP) sowie weitere Kosten für den vorübergehenden Schutz von Vertriebenen aus der Ukraine (0,2 % des BIP).

(19)Dem Konvergenzprogramm 2022 zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit schrittweise zurückgehen: im Jahr 2023 auf 3,2 % des BIP, 2024 auf 2,9 % und bis 2025 auf 2,7 % des BIP. Daher soll das gesamtstaatliche Defizit bis 2024 die Marke von 3 % des BIP unterschreiten. Diese Projektionen beruhen auf der Annahme, dass sich die öffentlichen Ausgaben – einschließlich Arbeitnehmerentgelten, Intermediärverbrauch und Sozialleistungen in Sachform – verhaltener entwickeln als die Einnahmen und das nominale BIP. Ein Rückgang der öffentlichen Investitionen als Anteil des BIP ist nach dem Höhepunkt im Jahr 2023 ebenfalls vorgesehen. Dem Programm zufolge soll die gesamtstaatliche Schuldenquote bis 2025 ansteigen, und zwar auf 44,4 % im Jahr 2024 und auf 45,4 % im Jahr 2025. Nach Analyse der Kommission scheinen die Risiken für die Schuldentragfähigkeit mittelfristig moderat zu sein.

(20)Tschechien ist mittel- und langfristig mit Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen konfrontiert. Dies ist auf die ungünstige Ausgangslage und die Alterungskosten zurückzuführen. Die Ausgangslage wird durch die in den vergangenen zwei Jahren eingeführten dauerhaften Steuerermäßigungen belastet (wovon sich die größte aus der Verringerung der Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer ergibt). Da diese Maßnahmen nicht durch entsprechende Ausgabenkürzungen ausgeglichen wurden, hat sich das strukturelle Defizit erhöht. Mittel- bis langfristig werden die Kosten der Bevölkerungsalterung zu zusätzlichem Druck führen. Die erwartete Verdoppelung des Altersabhängigkeitsquotienten (gemäß dem Bericht der Kommission über die Bevölkerungsalterung 2021) und die Begrenzung des Renteneintrittsalters bestätigen den erwarteten Anstieg der Rentenausgaben von 8,8 % des BIP im Jahr 2030 auf 11,4 % bis 2050. Darüber hinaus werden die öffentlichen Ausgaben für Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege im Zuge der Alterung der Bevölkerung bis 2070 voraussichtlich um 0,9 bzw. 1,7 Prozentpunkte des BIP steigen. Während die Fragmentierung der Verwaltung und Finanzierung der Langzeitpflege bereits im Aufbau- und Resilienzplan berücksichtigt ist, wird es von entscheidender Bedeutung sein, die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Alterung der Bevölkerung weiter anzugehen, um die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen wiederherzustellen. Zu den politischen Optionen gehören die Anhebung des Renteneintrittsalters entsprechend der steigenden Lebenserwartung, die Anpassung der Rentenindexierungsraten unter Wahrung der finanziellen Tragfähigkeit des Rentensystems, Anreize für eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Menschen über 60 Jahren sowie andere Maßnahmen zur Stärkung des Arbeitskräfteangebots.

(21)Nach den Kriterien des Artikels 19 Absatz 3 Buchstabe b und des Anhangs V Abschnitt 2.2 der Verordnung (EU) 2021/241 umfasst der Aufbau- und Resilienzplan eine Vielzahl sich gegenseitig verstärkender Reformen und Investitionen, die bis 2026 durchgeführt werden sollen. Diese tragen dazu bei, alle oder einen wesentlichen Teil der wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen zu bewältigen, die der Rat in den Jahren 2019 und 2020 im Rahmen des Europäischen Semesters in seinen Empfehlungen an Tschechien sowie gegebenenfalls in weiteren bis zur Annahme des Plans abgegebenen länderspezifischen Empfehlungen dargelegt hat. Im Einzelnen beabsichtigt Tschechien im Energiebereich, gestützt auf die Aufbau- und Resilienzfazilität die Nutzung erneuerbarer Energiequellen, insbesondere von Photovoltaik, auszuweiten, die Energieeffizienz von Wohngebäuden und öffentlichen Gebäuden zu verbessern und den Austausch von Kohlekesseln in Haushalten zu fördern. Nachhaltiger Verkehr wird durch Investitionen in die Eisenbahninfrastruktur, sauberen Stadtverkehr und Anreize für die Nutzung emissionsarmer Fahrzeuge gefördert. Die Empfehlungen im Bereich Forschung und Entwicklung werden durch Investitionen zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen öffentlichem und privatem Sektor, durch Unterstützung des Innovationsrahmens sowie finanzielle/nichtfinanzielle Maßnahmen zur Förderung innovativer Unternehmen umgesetzt. Die Rahmenbedingungen für Unternehmen werden durch verschiedene E-Government-Maßnahmen, Reformen zur Korruptionsbekämpfung sowie eine umfassende Reform des Verfahrens für die Erteilung von Baugenehmigungen verbessert, die bis dato große Investitionshemmnisse in Tschechien darstellen. Zu den wichtigsten Maßnahmen für die Umsetzung der arbeitsmarktbezogenen Empfehlungen gehören Weiterbildungs- und Umschulungsprogramme zur Vorbereitung der Arbeitskräfte auf den ökologischen und digitalen Wandel sowie neue Kinderbetreuungseinrichtungen für Kinder unter drei Jahren, damit mehr Frauen arbeiten oder eine Arbeit suchen. Im Bildungsbereich zielt der Plan darauf ab, die digitalen Kompetenzen von Schülern und Lehrkräften zu fördern, Schulen mit digitaler Ausrüstung auszustatten und gleichzeitig durch Unterstützung benachteiligter Schulen und Tutoring eine inklusive Bildung zu gewährleisten. Die Empfehlungen in Bezug auf das Gesundheitswesen werden durch eine verstärkte Krebsvorsorge und Rehabilitation, die Entwicklung eines elektronischen Gesundheitsportals zur Förderung integrierter Pflegedienste und die Unterstützung der Bildung im Gesundheitsbereich umgesetzt. Ergänzend dazu können beispielsweise Maßnahmen zur Verbesserung der Langzeitpflege durchgeführt werden.

(22)Mit der Durchführung des Aufbau- und Resilienzplans Tschechiens dürften der ökologische und der digitale Wandel weiter gefördert werden. Der Betrag, der Maßnahmen zur Verwirklichung der Klimaschutzziele in Tschechien zugewiesen wird, entspricht 42 % der Gesamtmittelausstattung des Plans, während die Maßnahmen zur Unterstützung der Ziele im Digitalbereich 22 % ausmachen. Die vollständige Durchführung des Aufbau- und Resilienzplans gemäß den einschlägigen Etappenzielen und Zielwerten wird Tschechien dabei helfen, die Folgen der COVID-19-Krise rasch zu überwinden und gleichzeitig seine Resilienz zu stärken. Die systematische Einbeziehung der Sozialpartner und anderer einschlägiger Interessenträger ist für die erfolgreiche Durchführung des Aufbau- und Resilienzplans sowie anderer, nicht im Plan enthaltener wirtschafts- oder beschäftigungspolitischer Maßnahmen nach wie vor wichtig, da nur so ein umfassendes Engagement für das politische Gesamtkonzept gewährleistet werden kann.

(23)Tschechien hat die Partnerschaftsvereinbarung am 16. Dezember 2021 vorgelegt und im Dezember 2021 und Januar 2022 sieben Programme übermittelt 19 . Das Programm für einen gerechten Übergang wurde am 16. März 2022 vorgelegt. Entsprechend der Verordnung (EU) 2021/1060 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 wird Tschechien die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen bei der Programmplanung 2021-2027 der Kohäsionsfondsmittel berücksichtigen. Dies ist unabdingbar, um die Wirksamkeit der finanziellen Unterstützung aus den Kohäsionsfonds zu verbessern, ihren Mehrwert zu maximieren und dabei gleichzeitig die Koordinierung, Komplementarität und Kohärenz zwischen diesen Fonds und anderen Unionsinstrumenten und -mitteln zu fördern. Die erfolgreiche Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität und der kohäsionspolitischen Programme setzt zudem voraus, dass die Engpässe bei den Investitionen zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels und einer ausgewogenen territorialen Entwicklung beseitigt werden.

(24)Neben den wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, die mit dem Aufbau- und Resilienzplan angegangen werden, sieht sich Tschechien mit einer Reihe zusätzlicher Herausforderungen in Bezug auf den Wohnungssektor konfrontiert. In Tschechien zählte die Erschwinglichkeit von Wohnraum in den vergangenen fünf Jahren zu den niedrigsten in der EU. Darüber hinaus kann der geringe Bestand an Sozialwohnungen die Nachfrage vonseiten der einkommensschwachen und anfälligen Haushalte nicht decken (Sozialwohnungen machten im Jahr 2019 nur 0,4 % des gesamten Wohnungsbestands aus, während der EU-Durchschnitt bei 7-8 % liegt), und die bestehenden Wohnbeihilfen werden nicht ausreichend in Anspruch genommen. In den vergangenen Jahren wurden im Rahmen der Kohäsionspolitik Investitionen in neue Sozialwohnungen gefördert, und im neuen Programmplanungszeitraum wird die soziale Inklusion, unter anderem durch sozialen Wohnungsbau, weiter gefördert. Tschechien verfügt weder über Rechtsvorschriften zum sozialen Wohnungsbau noch über einen umfassenden Rahmen. Dies beeinträchtigt die Koordinierung der fragmentierten Wohnungspolitik und die Festlegung der Zuständigkeiten zwischen nationalen und regionalen Stellen. Durch die Pandemie und den Zustrom von Menschen aus der Ukraine haben sich diese bereits bestehenden Herausforderungen weiter verschärft.

(25)Im Anschluss an den Auftrag, den die Staats- und Regierungschefs der EU in der Erklärung von Versailles formuliert haben, wurde der REPowerEU-Plan aufgestellt, um die Abhängigkeit der Europäischen Union von Einfuhren fossiler Brennstoffe aus Russland so bald wie möglich zu beenden. Zu diesem Zweck werden im Dialog mit den Mitgliedstaaten optimal geeignete Projekte, Investitionen und Reformen auf nationaler, regionaler und Unionsebene ermittelt. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen insgesamt zu verringern und fossile Brennstoffe zunehmend von anderen Exportländern als Russland zu beziehen.

(26)Umfang und Tempo der ökologischen Energiewende in Tschechien sind unzureichend. Um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, einschließlich Erdgas, zu verringern, muss der Ausbau erneuerbarer Energien und insbesondere von Solar- und Windkraftanlagen sowie Wärmepumpen beschleunigt werden. Die Erteilung von Genehmigungen für neue Anlagen sollte vereinfacht und beschleunigt und der begleitende Regulierungsrahmen verbessert werden. In Anbetracht der Tatsache, dass die Energieintensität Tschechiens doppelt so hoch ist wie der EU-Durchschnitt, würde Tschechien auch von vorgezogenen Energieeinsparungen durch Unterstützung umfassender Renovierungen profitieren. Ein weiteres Schlüsselelement ist die Beschleunigung der Investitionen in die Dekarbonisierung des Wärme- und Industriesektors. Damit Tschechien das Ziel „Fit für 55“ erfüllt, müssen die Zielsetzungen im Hinblick auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen sowie die Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz noch ambitionierter gestaltet werden.

(27)Laut Daten für 2020 stammen die gesamten Erdgaseinfuhren Tschechiens aus Russland (100 % gegenüber 44 % im EU-Durchschnitt), und auch bei Rohöl (49 % gegenüber 26 %) und Kohle (70 % gegenüber 54 %) liegt die Abhängigkeit von Russland deutlich über dem EU-Durchschnitt 20 . Der Anteil von Erdgas und Öl am Energiemix liegt mit 17,7 % gegenüber 24,4 % bzw. 20,9 % gegenüber 32,7 % unter dem EU-Durchschnitt, während der Kohleanteil in Tschechien höher ist als im EU-Durchschnitt (29,6 % gegenüber 10,8 %). Der Anteil der Kernenergie am Energiemix beträgt 18,2 % gegenüber 13,1 % im EU-Durchschnitt, während erneuerbare Energien und Biokraftstoffe einen Anteil von 13,4 % ausmachen. Tschechien visiert gegenwärtig für 2030 für erneuerbare Energien einen Anteil von 22 % an, und während der Aufbau- und Resilienzplan Investitionen für den Zubau von mindestens 270 MW an installierter Photovoltaikleistung vorsieht, macht dies nur einen kleinen Teil der gesamten installierten Kapazitäten zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen aus. Tschechien wird den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen müssen, insbesondere durch die Verbesserung des Regulierungs- und Genehmigungsrahmens. Dazu könnten beispielsweise einfachere Genehmigungsverfahren für erneuerbare Energien mit einer zentralen Anlaufstelle, höhere Schwellen für Ausnahmen von Baugenehmigungen und die obligatorische Registrierung der Eigentümer von Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien als Unternehmer sowie ein leichterer Zugang zu verfügbaren Netzkapazitäten beitragen. Nützlich wären zudem beispielsweise eine Überprüfung der Rechtsvorschriften für Energie und erneuerbare Energien sowie der entsprechenden Förderregelungen (z. B. Anreize für Energiegemeinschaften, tarifliche Unterstützung für Kleinanlagen zur Erzeugung erneuerbare Energie, Auktionen für neue Anlagen, neue Förderregelungen für sektorspezifische Ziele, erneuerbare Energien für die Wärme- und Kälteerzeugung sowie gezielte Förderung von Wärmepumpen, Erdwärme, erneuerbarem Wasserstoff und nachhaltigem Biomethan). Auch die Digitalisierung und Modernisierung des Stromnetzes wäre ratsam, damit das Netz in Verbindung mit Investitionen in Energiespeicheranlagen einen höheren Anteil fluktuierender erneuerbarer Energie aufnehmen kann. Die Nutzung des bestehenden Gasverbundnetzes und der verfügbaren Speicherkapazitäten kann entscheidend dazu beitragen, den Anteil der Erdgaseinfuhren aus Russland zu reduzieren. Es wird empfohlen, neue Gasinfrastruktur- und Netzinvestitionen nach Möglichkeit zukunftssicher zu gestalten, damit sie sich auch für nachhaltige Energieträger eignen und somit langfristig nachhaltig sind.

(28)Wenngleich der Aufbau- und Resilienzplan und die Kohäsionsfondsprogramme 2021-2027 bereits umfangreiche Investitionen in die Gebäuderenovierung vorsehen, werden weitere Anstrengungen erforderlich sein, um den überdurchschnittlichen Wärmeverbrauch pro Einheit im tschechischen Gebäudesektor zu senken. Es besteht Spielraum zur Beschleunigung und Intensivierung der energetischen Renovierung von Gebäuden, zur konsequenten Anwendung des Grundsatzes „Energieeffizienz an erster Stelle“, bei Investitionen in erneuerbare Wärmequellen, bei der Ausarbeitung einer nationalen Strategie zur Verringerung der CO2-Emissionen der Wärmeversorgung des Gebäudebestand, mit Blick auf die Einrichtung einer Agentur für nachhaltige Energie auf nationaler Ebene sowie die Einführung eines Systems zur Förderung von Energieeffizienzmaßnahmen in der Industrie und bei Kleinunternehmen. Die Gebäude und die Wärmenetze, die an kohlebasierte Fernwärme angeschlossen sind, müssen so schnell wie möglich nach den höchsten Energieeffizienzstandards renoviert werden, um einen kosteneffizienten Kohleausstieg zu gewährleisten.

(29)Der beschleunigte Übergang zur Klimaneutralität mit der Abkehr von fossilen Brennstoffen wird zwar in einigen Sektoren erhebliche Restrukturierungskosten verursachen, doch kann Tschechien im Rahmen der kohäsionspolitischen Programmplanung den Mechanismus für einen gerechten Übergang nutzen, um die sozioökonomischen Auswirkungen des Übergangs in den am meisten betroffenen Regionen zu verringern. Darüber hinaus kann Tschechien den Europäischen Sozialfonds Plus nutzen, um die Beschäftigungsmöglichkeiten zu verbessern und den sozialen Zusammenhalt zu stärken.

(30)Vor dem Hintergrund der Bewertung der Kommission hat der Rat das Konvergenzprogramm 2022 geprüft; seine Stellungnahme 21 hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

EMPFIEHLT, dass Tschechien 2022 und 2023

1.dafür sorgt, dass der Anstieg der national finanzierten laufenden Ausgaben 2023 mit einem weitgehend neutralen politischen Kurs im Einklang steht, unter Berücksichtigung der fortgesetzten befristeten und gezielten Unterstützung für die vom Energiepreisanstieg besonders betroffenen Haushalte und Unternehmen sowie die aus der Ukraine flüchtenden Menschen; die laufenden Ausgaben an die sich wandelnde Situation anpasst; die öffentlichen Investitionen für den ökologischen und den digitalen Wandel sowie die Energiesicherheit ausweitet, unter anderem durch Inanspruchnahme der Aufbau- und Resilienzfazilität, von RePowerEU und anderen EU-Mitteln; für die Zeit nach 2023 eine Finanzpolitik verfolgt, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen; Maßnahmen ergreift, um die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen, einschließlich der Tragfähigkeit des Rentensystems, sicherzustellen;

2.seinen Aufbau- und Resilienzplan gemäß den im Durchführungsbeschluss des Rates vom 8. September 2021 festgelegten Etappenzielen und Zielwerten weiter durchführt; die Verhandlungen mit der Kommission über die Programmunterlagen der Kohäsionspolitik für 2021-2027 rasch abschließt, um mit deren Umsetzung beginnen zu können;

3.die Bereitstellung von Sozialwohnungen und erschwinglichem Wohnraum erhöht, unter anderem durch die Annahme eines spezifischen Rechtsrahmens für sozialen Wohnungsbau und eine bessere Koordinierung zwischen den verschiedenen öffentlichen Stellen;

4.die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen insgesamt verringert und seine Einfuhren fossiler Brennstoffe diversifiziert; den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigt, die Genehmigungsverfahren strafft und den Netzzugangs erleichtert; die Energieeffizienz von Fernwärmesystemen und des Gebäudebestands durch Anreize für umfassende Renovierungen und erneuerbare Wärmequellen erhöht.

Geschehen zu Brüssel

   Im Namen des Rates

   Der Präsident

(1)    ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.
(2)    Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).
(3)    Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).
(4)    Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 des Rates vom 4. März 2022 zur Feststellung des Bestehens eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2001/55/EG und zur Einführung eines vorübergehenden Schutzes, ABl. L 71 vom 4.3.2022, S. 1.
(5)    Mitteilung der Kommission an den Rat über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts, Brüssel (COM(2020) 123 final vom 20.3.2020).
(6)    Mitteilung der Kommission an den Rat – Ein Jahr nach dem Ausbruch von COVID-19 – die fiskalpolitische Reaktion, Brüssel (COM(2021) 105 final vom 3.3.2021).
(7)    Bei den Schätzungen zum haushaltspolitischen Kurs und seinen Komponenten in dieser Empfehlung handelt es sich um Schätzungen der Kommission, die auf den Annahmen beruhen, die der Frühjahrsprognose 2022 der Kommission zugrunde liegen. Die von der Kommission vorgenommenen Schätzungen des mittelfristigen Potenzialwachstums lassen die positiven Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum einen Schub verleihen könnten.
(8)    Nicht durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität oder anderen EU-Mitteln finanziert.
(9)    Mitteilung der Kommission an den Rat: Haushaltspolitische Leitlinien für 2023, Brüssel (COM(2022) 85 final vom 2.3.2022).
(10)    Durchführungsbeschluss des Rates vom 8. September 2021 zur Billigung der Bewertung des Aufbau- und Resilienzplans Tschechiens (ST 11047/21; ST 11047/21 ADD 1; ST 11047/21 COR 1).
(11)    SWD(2022) 605. 
(12)    Die Zahlen geben die Höhe der jährlichen Haushaltskosten für die seit Herbst 2021 ergriffenen Maßnahmen wieder, einschließlich laufender Einnahmen und Ausgaben sowie gegebenenfalls Investitionsausgaben.
(13)    Die Gesamtzahl der Vertriebenen aus der Ukraine dürfte in der EU bis Ende 2022 allmählich die Marke von 6 Millionen erreichen. Ihre geografische Verteilung wird auf der Grundlage der Größe der bestehenden Diaspora, der relativen Bevölkerung des Aufnahmemitgliedstaats und der tatsächlichen Verteilung der Vertriebenen aus der Ukraine in der gesamten EU ab März 2022 geschätzt. Für die Haushaltskosten pro Person basieren die Schätzungen auf dem Euromod-Mikrosimulationsmodell der Gemeinsamen Forschungsstelle der Kommission, wobei sowohl etwaige zustehende Geldleistungen als auch Sachleistungen wie Bildung und Gesundheitsversorgung berücksichtigt werden.
(14)    Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Konvergenzprogramm Tschechiens 2021 (ABl. C 304 vom 29.7.2021, S. 10).
(15)    Ein negatives (positives) Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben über (unter) dem mittelfristigen Wirtschaftswachstum liegt, was auf eine expansive (kontraktive) Haushaltspolitik hinweist.
(16)    Von sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben wird ein expansiver Beitrag von 0,3 BIP-Prozentpunkten erwartet.
(17)    Ein negatives (positives) Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben über (unter) dem mittelfristigen Wirtschaftswachstum liegt, was auf eine expansive (kontraktive) Haushaltspolitik hinweist.
(18)    Von sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben wird ein neutraler Beitrag erwartet.
(19)    Verordnung (EU) 2021/1060 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 mit gemeinsamen Bestimmungen für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds Plus, den Kohäsionsfonds, den Fonds für einen gerechten Übergang und den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds sowie mit Haushaltsvorschriften für diese Fonds und für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, den Fonds für die innere Sicherheit und das Instrument für finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik (ABl. L 231 vom 30.6.2021, S. 159).
(20)    Eurostat (2020), Anteil der russischen Einfuhren an den Gesamteinfuhren von Erdgas, Rohöl und Steinkohle. Für den EU27-Durchschnitt werden die Gesamteinfuhren der EU27 aus Drittländern herangezogen. Für Tschechien umfassen die Gesamteinfuhren auch Einfuhren aus Mitgliedstaaten. Rohöl umfasst keine raffinierten Erdölerzeugnisse. Tschechien ist durch den EU-Binnenhandel indirekt von russischen Einfuhren abhängig. Unter Berücksichtigung der sekundären Abhängigkeit von russischer Steinkohle, die sich aus den Einfuhren aus anderen Mitgliedstaaten ergibt, ist Tschechien zu schätzungsweise 70 % von Steinkohleeinfuhren aus Russland abhängig.
(21)    Nach Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates.
Top