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Document 52020DC0204

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT über die Erfahrungen der Mitgliedstaaten bei der Verwirklichung der in ihren nationalen Aktionsplänen festgelegten Ziele und über die Fortschritte bei der Umsetzung der Richtlinie 2009/128/EG über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden

COM/2020/204 final

Brüssel, den 20.5.2020

COM(2020) 204 final

BERICHT DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

über die Erfahrungen der Mitgliedstaaten bei der Verwirklichung der in ihren nationalen Aktionsplänen festgelegten Ziele und über die Fortschritte bei der Umsetzung der Richtlinie 2009/128/EG über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden


1.EINLEITUNG

Die Europäische Union verfügt über eines der strengsten Systeme – wenn nicht gar über das strengste – der Welt für die Genehmigung und Kontrolle der Verwendung von Pestiziden. 1 Die Richtlinie 2009/128/EG 2 über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden, die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 3 , die Verordnung (EG) Nr. 396/2005 4 , die Verordnung (EU) 2017/625 5 und die Verordnung (EG) Nr. 1185/2009 6 bilden die rechtliche Grundlage für die sichere und nachhaltige Verwendung von Pestiziden in der Europäischen Union.

Ziel dieses Regelwerks für Pestizide ist es, deren Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu minimieren, und zwar durch eine geringere Abhängigkeit und durch den verstärkten Einsatz von Pestiziden mit geringem Risiko und von nichtchemischen Pestiziden.

Die Richtlinie über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden (im Folgenden „Nachhaltigkeitsrichtlinie“) sieht eine Reihe von Maßnahmen vor, mit denen ein nachhaltiger Einsatz von Pestiziden erreicht werden soll, indem die mit ihrer Verwendung verbundenen Risiken für bzw. Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt verringert werden. Eines ihrer Schlüsselelemente ist die Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes und die Förderung alternativer Methoden oder Verfahren, um die Abhängigkeit von der Verwendung von Pestiziden zu verringern. Die derzeitige und künftige Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) umfasst mehrere Instrumente, mit denen die Umsetzung des integrierten Pflanzenschutzes durch die Verwender unterstützt wird. 7  

Da die Landwirtschaft in der EU unterschiedlich geprägt ist, basiert die Nachhaltigkeitsrichtlinie weitgehend auf Maßnahmen, die auf Ebene der Mitgliedstaaten zu ergreifen sind. Die Mitgliedstaaten müssen nationale Aktionspläne (im Folgenden NAP) mit ihren quantitativen Vorgaben, Zielen, Maßnahmen und Zeitplänen erstellen. Die vollständige Umsetzung der Nachhaltigkeitsrichtlinie würde die Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt mindern und die Abhängigkeit von Pestiziden verringern.

Gemäß Artikel 4 Absatz 3 der Nachhaltigkeitsrichtlinie muss die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die Erfahrungen der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung ihrer in den NAP aufgestellten nationalen Zielvorgaben zur Erreichung der Ziele der Richtlinie vorlegen. Darüber hinaus muss die Kommission gemäß Artikel 16 der Nachhaltigkeitsrichtlinie dem Europäischen Parlament und dem Rat regelmäßig über die Fortschritte bei ihrer Umsetzung Bericht erstatten. In dem vorliegenden Bericht geht es um die vorgeschriebene Berichterstattung.

In der Gesellschaft wächst das Bewusstsein für Fragen rund um eine nachhaltige Lebensmittelerzeugung; ein wichtiges Element ist hier die nachhaltige Verwendung von Pestiziden, wie in der Agenda 2030 der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung 8 und im Reflexionspapier der Europäischen Kommission „Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Europa bis 2030“ 9 zum Ausdruck kommt. Dieses Bewusstsein fand 2017 seinen Niederschlag in einer Europäischen Bürgerinitiative 10 , mit der die Kommission unter anderem aufgefordert wurde, für die gesamte Europäische Union verbindliche Ziele für einen geringeren Einsatz von Pestiziden festzulegen. In ihrer Reaktion 11 auf die Europäische Bürgerinitiative sagte die Kommission zu‚ diesen Bericht als Gelegenheit zur Bewertung der Frage zu nutzen, ob ausreichende Fortschritte bei der Verringerung der mit Pestiziden verbundenen Risiken erzielt wurden. Für den Fall, dass keine ausreichenden Fortschritte erzielt wurden, sagte die Kommission zu‚ die Festsetzung EU-weit verbindlicher Ziele zur Reduzierung des Risikos durch Pestizide in Betracht zu ziehen.

Darüber hinaus hat der Rechnungshof kürzlich einen Bericht über die „Nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln“ 12 veröffentlicht, in dem bewertet wird, ob die Maßnahmen der Kommission und der Mitgliedstaaten zu einer Verringerung der Risiken im Zusammenhang mit der Verwendung von Pestiziden geführt haben und ob mit den einschlägigen Rechtsvorschriften wirksame Anreize zur Verringerung der Abhängigkeit von Pestiziden geschaffen worden sind. Der Bericht enthält eine Reihe von Empfehlungen an die Kommission, unter anderem dass die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes in praktisch anwendbare Kriterien umgesetzt werden sollen und dass sowohl die Statistiken über Pestizide als auch die harmonisierten Indikatoren verbessert werden sollen.

Die biologische Vielfalt in den landwirtschaftlichen Ökosystemen ist stark zurückgegangen, was sich darin äußert, dass in Teilen der EU die Zahl der Feldvögel zurückgegangen ist und Insektenpopulationen sterben. Es wurde festgestellt, dass neben anderen Faktoren der Einsatz von Pestiziden diese Entwicklungen wesentlich antreibt.  

Die Kommission befasst sich im Rahmen des europäischen Grünen Deals 13 und insbesondere im Rahmen ihrer Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und der Biodiversitätsstrategie mit den Nachhaltigkeitsanliegen der Gesellschaft. Ziel dieser Initiativen ist die Förderung gesunder Ökosysteme und der biologischen Vielfalt, nachhaltigerer Lebensmittelerzeugungssysteme und einer gesünderen Ernährung und gleichzeitig die Gewährleistung einer nachhaltigen Existenzgrundlage für Landwirte und des Zugangs der Verbraucher zu hochwertigen und nahrhaften Lebensmitteln. Man ist sich darüber im Klaren, dass es innovative Verfahren braucht, wenn man diese Ziele erreichen will.

Dem vorliegenden Bericht liegen folgende Quellen zugrunde:

·15 überarbeitete NAP, die der Kommission bis zum 31. März 2019 übermittelt wurden und in englischer Sprache verfügbar sind; 14

·die Antworten auf ein Schreiben der Kommission vom Oktober 2017 an die einzelnen Mitgliedstaaten, in dem spezifische Mängel im jeweiligen ursprünglichen NAP dargelegt werden;

·die Audits der Kommission im Jahr 2018 in vier Mitgliedstaaten 15 und im Jahr 2019 in sieben Mitgliedstaaten 16 zu dem Zweck, die Gesamtfortschritte bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsrichtlinie zu untersuchen;

·die Antworten auf ein Schreiben der Kommission vom Oktober 2018 an vier Mitgliedstaaten 17 , in dem spezifische Mängel im jeweiligen ursprünglichen NAP erläutert werden;

·die Antworten von 24 Mitgliedstaaten 18 auf eine Erhebung der Kommission vom Dezember 2018 zu den Überprüfungen ihrer ursprünglichen NAP;

·die Informationen, die von den Mitgliedstaaten auf den von der Kommission veranstalteten Sitzungen der Arbeitsgruppe „Nachhaltige Verwendung“ (SUD Working Group) bereitgestellt wurden;

·die Ergebnisse eines Index zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften (im Folgenden „Konformitätsindex“), der von der Kommission entwickelt wurde, um die Fortschritte bei der Umsetzung der einzelnen Artikel der Nachhaltigkeitsrichtlinie durch die Mitgliedstaaten zu quantifizieren (siehe Anhang). Mit diesem Konformitätsindex kann auf der Grundlage der oben genannten Informationsquellen und der direkten Kommunikation mit den Mitgliedstaaten gemessen werden, inwieweit die einzelnen Artikel der Nachhaltigkeitsrichtlinie auf Ebene der Europäischen Union jeweils eingehalten werden.

Auf dem Webportal der Kommission zum Thema befinden sich alle NAP sowohl in der Erst- als auch in der überarbeiteten Fassung ( https://ec.europa.eu/food/plant/pesticides/sustainable_use_pesticides/nap_en ). Alle Auditberichte sind abrufbar unter: http://ec.europa.eu/food/audits-analysis/audit_reports/ .

2.NATIONALE AKTIONSPLÄNE

Nach Artikel 4 der Nachhaltigkeitsrichtlinie waren die Mitgliedstaaten verpflichtet, der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten bis zum 26. November 2012 ihre NAP zu übermitteln. In diesen NAP sollten quantitative Vorgaben, Ziele, Maßnahmen und Zeitpläne zur Verringerung der Risiken und der Auswirkungen der Verwendung von Pestiziden auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt festgelegt werden. Die Mitgliedstaaten waren ferner verpflichtet, ihre NAP mindestens alle fünf Jahre zu überprüfen.

Mehr als zwei Drittel der Mitgliedstaaten haben es versäumt, die Überprüfung ihres ursprünglichen NAP innerhalb der gesetzlichen Fünfjahresfrist abzuschließen.

Acht Mitgliedstaaten haben die Überprüfung ihres ursprünglichen NAP fristgerecht abgeschlossen. 19 Sieben Mitgliedstaaten haben im Anschluss an diese Überprüfung neue NAP angenommen, Deutschland jedoch nahm keine wesentlichen Änderungen vor mit der Begründung, der ursprüngliche NAP biete ausreichend Flexibilität. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Berichts hatten 13 weitere Mitgliedstaaten 20 die Überprüfung ihres ursprünglichen NAP abgeschlossen, jedoch nicht innerhalb der Fünfjahresfrist. Die übrigen sieben Mitgliedstaaten hatten die Überprüfung ihres ursprünglichen NAP noch nicht beendigt.

Nur eine kleine Minderheit der Mitgliedstaaten nannte konkrete Beispiele für nützliche Ziele und Indikatoren, die auf die Überprüfung ihres ursprünglichen NAP zurückgehen.

Drei Mitgliedstaaten 21 haben im Rahmen der Überprüfung ihres ursprünglichen NAP nützliche Ziele ermittelt. Deutschland legte das Ziel fest, das potenzielle Umweltrisiko bis 2023 gegenüber dem Mittelwert der Jahre 1996-2005 um 30 % zu verringern. Dänemark hat sich bis Ende 2015 eine Verringerung des Indikators für Pestizidbelastung um 40 % 22 sowie eine Verringerung der Belastung durch besonders besorgniserregende Stoffe um 40 % im Vergleich zu 2011 zum Ziel gesetzt. Frankreich schließlich legte als Ziel fest, die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln bis 2020 gegenüber dem Wert von 2015 um 25 % und bis 2025 um 50 % zu verringern.

Einige Mitgliedstaaten verwiesen in ihrem ursprünglichen NAP darauf, dass Ziele im Zusammenhang mit der Schulung der Verwender und der Prüfung der Anwendungsgeräte für Pestizide (im Folgenden „Konformitätsziele“) nützlich seien. Es handele sich hier zwar um rechtliche Anforderungen, eine Festlegung als NAP-Ziel trage jedoch dazu bei, den Stellenwert der Befolgung der Nachhaltigkeitsrichtlinie in diesen Bereichen hervorzuheben.

Drei Mitgliedstaaten 23 haben auf Grundlage der Überprüfung ihres ursprünglichen NAP nützliche Indikatoren für die Risikoverringerung angegeben. Dabei handelte es sich um den SYNOPS-Risikoindikator 24 in Deutschland, den Indikator für Pestizidbelastung in Dänemark und den Risikoindex für Gesundheit und Umwelt in Schweden 25 . Andere Mitgliedstaaten bezeichneten keine Indikatoren, dafür aber andere Maßnahmen als nützlich. Dabei ging es um die NODU (Nombre de Doses Unités/Number of Dose Units) 26 ‚ Rückstände von Wirkstoffen in Lebensmitteln, den Nachweis von Wirkstoffen in Wasser, die Zahl der geschulten Personen und die Menge der in Verkehr gebrachten Pflanzenschutzmittel.

Die meisten Mitgliedstaaten haben die von der Kommission in ihren ursprünglichen NAP festgestellten Mängel in den überarbeiteten NAP nicht behoben, sodass es fast überall an Ehrgeiz und übergeordneten, ergebnisorientierten Zielen fehlt, mit denen eine Verringerung der mit Pflanzenschutzmitteln verbundenen Risiken und der Abhängigkeit davon erreicht werden könnte.

Von den 15 überarbeiteten NAP, die der Kommission bis zum 31. März 2019 übermittelt wurden‚ konzentrieren sich 13 27 auf die Risikominderung; Frankreich und Luxemburg wollen dies erreichen, indem sie den Schwerpunkt auf die Reduzierung der Gesamtnutzungsmenge legen.

Nur drei Mitgliedstaaten 28 haben klar definierte, übergeordnete und ergebnisorientierte Ziele gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Nachhaltigkeitsrichtlinie festgelegt. Dänemark hat für den Pestizidbelastungsindikator ein Ziel von 1,96 festgelegt und damit den in seinem ursprünglichen NAP festgelegten Zielwert beibehalten. Frankreich hat sich zum Ziel gesetzt, den Pflanzenschutzmittelverbrauch bis 2020 um 25 % und bis 2025 um 50 % zu senken, ohne dass sich dies negativ auf die landwirtschaftlichen Einkommen auswirkt. Luxemburg schließlich legte das übergeordnete Ziel fest, die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln bis 2030 um 50 % zu senken.

Andere Mitgliedstaaten haben entweder maßnahmen- oder konformitätsorientierte Ziele. Polen hat einen Indikator 29 auf der Grundlage der Konformitätswerte für bestimmte Aspekte der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 (z. B. Verwendung zugelassener Pflanzenschutzmittel) und der Nachhaltigkeitsrichtlinie (z. B. Einhaltung der Anforderung, dass berufliche Verwender geschult werden müssen) erstellt und ein übergeordnetes Ziel auf der Grundlage der Ergebnisse dieses Indikators festgelegt. Spanien und Belgien setzen klare Ziele, allerdings sind alle sektorspezifisch und beziehen sich auf Maßnahmen, z. B. die Zahl der Informationskampagnen pro Jahr oder die Zahl der zu errichtenden Demonstrationsbetriebe, und nicht auf quantifizierbare Wirkungen, z. B. die Zahl der beruflichen Verwender, die integrierten Pflanzenschutz durchführen. Slowenien und Finnland legen Ziele fest, bei denen es sich um bestehende rechtliche Anforderungen handelt, z. B. die Schulung aller relevanten Verwender und keine Feststellung von Pflanzenschutzmitteln mit abgelaufener Zulassung bei Inspektionen.

Das übergeordnete Ziel des NAP sollte ausreichend ambitioniert sein, aber den meisten überarbeiteten NAP fehlt es daran. Illustriert werden kann dies am Beispiel von Zypern, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Verstöße gegen die Rückstandshöchstgehalte bei im Inland erzeugten Lebensmitteln auf 3 % zu senken, und am Beispiel von Spanien, das als Mitgliedstaat mit fast einer Million landwirtschaftlicher Betriebe 30 mindestens zwei Demonstrationsbetriebe zur Förderung des integrierten Pflanzenschutzes als Zielvorgabe festgelegt hat.

Nur die Hälfte der überarbeiteten NAP nennt vorrangige Themen oder bewährte Praktiken und nur in einem wird ein Wirkstoff genannt, der besonders bedenklich ist.

Die Mitgliedstaaten sind gemäß Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe c der Nachhaltigkeitsrichtlinie dazu verpflichtet, in ihren NAP entweder vorrangige Themen oder bewährte Praktiken zu ermitteln. Beispiele für vorrangige Themen sind Wirkstoffe, Kulturpflanzen, Regionen oder Verfahren, die besondere Aufmerksamkeit erfordern. Fünf Mitgliedstaaten 31 haben in ihren überarbeiteten NAP vorrangige Wirkstoffe genannt. Mehrere Mitgliedstaaten, darunter Frankreich, Spanien und Polen‚ gaben Kleinkulturen und die Erweiterung der Schädlingsbekämpfungsverfahren für diese Kulturen als vorrangig an. Schließlich wurden in keinem überarbeiteten NAP ausdrücklich vorrangige Regionen oder bewährte Praktiken genannt.

Die NAP müssen Indikatoren zur Überwachung der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln umfassen, die besonders bedenkliche Wirkstoffe gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Nachhaltigkeitsrichtlinie enthalten. Frankreich ist der einzige Mitgliedstaat, der in seinem NAP die Überwachung der Verwendung besonders bedenklicher Wirkstoffe vorsieht. Dort werden die jährlich verkauften Mengen der als karzinogen, mutagen und reproduktionstoxisch eingestuften Wirkstoffe überwacht.

In keinem der überarbeiteten NAP werden bewährte Praktiken gemäß Artikel 15 Absatz 2 Buchstabe c der Nachhaltigkeitsrichtlinie förmlich erwähnt, allerdings enthalten alle NAP einige Maßnahmen, die als bewährte Praktiken gelten könnten. Bei den von der Kommission durchgeführten Audits wurden zahlreiche Beispiele dafür festgestellt, dass die Mitgliedstaaten über die Mindestanforderungen der Nachhaltigkeitsrichtlinie hinausgegangen sind. Diese Beispiele umfassen Folgendes:

·Dänemark, Luxemburg und Irland verlangen, dass eine geschulte und zertifizierte Person zum Zeitpunkt des Verkaufs von Pflanzenschutzmitteln an nicht berufliche Verwender zwecks Beratung zur Verfügung steht, und Frankreich hat die Selbstbedienung bei Pflanzenschutzmitteln für nicht berufliche Verwender untersagt.

·Belgien plant, den Verkauf aller chemischen Pflanzenschutzmittel an nicht berufliche Verwender (mit Ausnahme von Grundstoffen und Stoffen mit geringem Risiko) sowie die Bewerbung von Pflanzenschutzmitteln für nicht berufliche Verwender zu verbieten.

·Die Tschechische Republik will bis 2022 eine obligatorische internetgestützte Aufzeichnung sämtlicher Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln durch berufliche Verwender einführen, um damit eine gezieltere Gewässerüberwachung zu ermöglichen.

·Spanien plant die Entwicklung einer IT-Anwendung, mit der alle Pflanzenschutzmittel-Transaktionen elektronisch erfasst werden können, und setzt sich zum Ziel, dass mindestens 50 % der Händler während der Laufzeit des NAP dieses System übernehmen.

·Spanien schreibt eine häufigere Prüfung von Anwendungsgeräten für Pestizide vor‚ die Lohnunternehmern gehören, da diese Geräte wahrscheinlich öfters und in einem größeren Gebiet eingesetzt werden.

·Slowenien verlangt eine obligatorische Registrierung aller neuen Anwendungsgeräte für Pestizide‚ bei der etwaige Mängel behoben werden müssen, statt dies erst bei der ersten obligatorischen Kontrolle fünf Jahre später zu tun.

·Belgien setzt sich zum Ziel, während der Laufzeit des NAP zu erreichen, dass 100 % der Anwendungsgeräte für Pestizide mit abdriftmindernden Düsen ausgestattet sind.

·Irland verfügt über ein integriertes System öffentlich finanzierter landwirtschaftlicher Bildung, Forschung und Beratung, das dazu beiträgt, dass die Erzeuger über aktuelle, relevante Informationen zum integrierten Pflanzenschutz verfügen.

·Dänemark plant die Einrichtung einer Partnerschaft für Sprüh- und Präzisionstechnologie, um die Einführung von Instrumenten wie globalen Ortungssystemen (GPS) und Drohnen zu fördern und so zu demonstrieren, wie die Zusammenarbeit mit einer Reihe von Interessenträgern mit Blick auf die Umsetzung der Ziele der Nachhaltigkeitsrichtlinie gelingen kann.

3.HARMONISIERTE RISIKOINDIKATOREN

Die Kommission hat zwei harmonisierte Risikoindikatoren entwickelt, die zeigen, dass sich das mit den verkauften Pflanzenschutzmitteln verbundene Risiko zwar verringert hat, dass aber auch der Indikator für Notfallzulassungen seit dem Inkrafttreten der Nachhaltigkeitsrichtlinie erheblich angestiegen ist.

Wie in Artikel 15 Absatz 1 der Nachhaltigkeitsrichtlinie vorgeschrieben, wurden mit der Richtlinie (EU) 2019/782 der Kommission 32 harmonisierte Risikoindikatoren festgelegt. Dies steht auch im Einklang mit der als Reaktion auf die Europäische Bürgerinitiative „Verbot von Glyphosat und Schutz von Menschen und Umwelt vor giftigen Pestiziden“ eingegangenen Verpflichtung. Anhand dieser Indikatoren kann die Kommission den Gesamtfortschritt bei der Verringerung der Risiken im Zusammenhang mit Pflanzenschutzmitteln im Rahmen der Nachhaltigkeitsrichtlinie quantifizieren.

Der erste harmonisierte Risikoindikator basiert auf den Mengen der in den einzelnen Mitgliedstaaten in Verkehr gebrachten (verkauften) Pflanzenschutzmitteln, der zweite gründet auf der Zahl der von den einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 53 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erteilten Notfallzulassungen. Beide Indikatoren beinhalten eine Gewichtung, um die inhärenten gefährlichen Eigenschaften der darin enthaltenen Wirkstoffe widerzuspiegeln. Bei der Berechnung dieser Indikatoren sollte ein dreijähriger Referenzwert zugrunde gelegt werden, da Menge und Art der verwendeten Pflanzenschutzmittel abhängig von Ausmaß und Schwere von Schädlingsausbrüchen von Jahr zu Jahr schwanken.

Abbildung 1 Trend des harmonisierten Risikoindikators 1 (HRI 1) mit einem Referenzwert von 100 auf der Grundlage des Durchschnitts der Jahre 2011, 2012 und 2013.

Quelle: Europäische Kommission. 

Der harmonisierte Risikoindikator 1 zeigt eine Risikominderung um 20 % vom Referenzzeitraum bis 2017, obwohl die Menge der in Verkehr gebrachten Pflanzenschutzmittel in diesem Zeitraum relativ konstant geblieben war. 33 Dies deutet darauf hin, dass weniger gefährliche Stoffe eine breitere Verwendung finden. Dennoch besteht Potenzial für eine weitere Verringerung des Risikos und der Verwendung durch eine bessere Umsetzung der Nachhaltigkeitsrichtlinie und einen stärkeren Übergang zum integrierten Pflanzenschutz, einschließlich der breiteren Verwendung nichtchemischer Schädlingsbekämpfungsverfahren.



Abbildung 2 Trend des harmonisierten Risikoindikators 2 (HRI 2) mit einem Referenzwert von 100 auf der Grundlage des Durchschnitts der Jahre 2011, 2012 und 2013.

Quelle: Europäische Kommission.

Der harmonisierte Risikoindikator 2 zeigt einen Anstieg um 50 % vom Referenzzeitraum bis 2017. Dieser Indikator basiert auf der Zahl der Notfallzulassungen, gewichtet nach den inhärenten gefährlichen Eigenschaften der in den Pflanzenschutzmitteln enthaltenen Wirkstoffe. Der Umfang der einzelnen Notfallzulassungen (und damit auch die Menge der verwendeten Pflanzenschutzmittel) variiert jedoch erheblich, z. B. von wenigen Hektar bei Kleinkulturen bis hin zur weit verbreiteten Anwendung auf großflächigen Feldkulturen in anderen Fällen. Da die Mengen der verwendeten Pflanzenschutzmittel oder damit zusammenhängende Informationen nicht von allen Mitgliedstaaten‚ die im Zeitraum 2011-2017 solche Notfallzulassungen erteilt haben, in gleicher Weise erfasst wurden, war es nicht möglich, einen anspruchsvolleren Indikator zu erstellen.

Diese Zulassungen werden aus einer Vielzahl von Gründen erteilt, darunter neu auftretende Pflanzengesundheitsprobleme und geringfügige Verwendungen im Sinne des Artikels 3 Nummer 26 der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009. In einigen Fällen können sie wichtiger Bestandteil der EU-Strategie zur Bekämpfung der Ausbreitung neuer Schädlinge sein, da die Mitgliedstaaten solche Zulassungen relativ schnell nach dem Nachweis des Schädlings erteilen können. Die erheblich gestiegene Zahl dieser Zulassungen kann jedoch darauf zurückgeführt werden, dass die Mitgliedstaaten die Nachhaltigkeitsrichtlinie und die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 aus den nachstehend erläuterten Gründen nicht vollständig umgesetzt bzw. angewandt haben.

Der Trend des harmonisierten Risikoindikators 2 zeigt, dass alternative Verfahren zur Verhütung von Schädlingsausbrüchen, mit denen die die Abhängigkeit von Pflanzenschutzmitteln gesenkt werden soll, entweder noch nicht verfügbar sind oder nicht ausreichend angewandt werden. Ferner lässt sich daran ablesen, dass die Mitgliedstaaten ihren rechtlichen Verpflichtungen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 hinsichtlich der Einhaltung der Entscheidungsfristen für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln nachkommen müssen und die in Artikel 51 der Verordnung vorgesehenen Möglichkeiten für geringfügige Verwendungen (Ausweitung des Geltungsbereichs von Zulassungen für geringfügige Verwendungen) in vollem Umfang nutzen müssen. Dies würde dazu beitragen, die Bandbreite der den Erzeugern zur Verfügung stehenden regulär zugelassenen Pflanzenschutzmittel zu erweitern, wie in der REFIT-Evaluierung der EU-Vorschriften über Pflanzenschutzmittel und Pestizidrückstände (Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 und Verordnung (EG) Nr. 396/2005) festgestellt wurde. 34

Die Mitgliedstaaten müssen sowohl den harmonisierten Risikoindikator 1 als auch den harmonisierten Risikoindikator 2 berechnen, um Trends bei der Verwendung bestimmter Wirkstoffe und vorrangige Themen zu ermitteln, wie Wirkstoffe, Kulturpflanzen, Regionen oder Praktiken, die besondere Aufmerksamkeit erfordern, oder bewährte Praktiken. Außerdem müssen sie die Ergebnisse dieser Bewertungen der Kommission und den anderen Mitgliedstaaten mitteilen und diese Informationen der Öffentlichkeit zugänglich machen. Bislang haben zwanzig Mitgliedstaaten die harmonisierten Risikoindikatoren 1 und 2 berechnet und veröffentlicht, aber Trends bei der Verwendung bestimmter Wirkstoffe, vorrangige Themen oder bewährte Praktiken wurden nur von wenigen Mitgliedstaaten ermittelt. 35  

Bei den harmonisierten Risikoindikatoren 1 und 2 handelt es sich um übergeordnete Indikatoren‚ und im Einklang mit Artikel 15 der Nachhaltigkeitsrichtlinie können die Mitgliedstaaten vorhandene nationale Indikatoren weiterhin verwenden oder zusätzlich andere geeignete Indikatoren festlegen, die die Trends bei den für ihr Hoheitsgebiet relevanten Risiken besser widerspiegeln.

Schließlich hat sich die Kommission verpflichtet, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten an der Entwicklung weiterer harmonisierter Risikoindikatoren zu arbeiten und dabei neue Datenquellen zu berücksichtigen, um die Entwicklung der Risiken im Zusammenhang mit der Verwendung und der Abhängigkeit von Pflanzenschutzmitteln besser messen zu können. Die Kommission hat insbesondere festgestellt, dass als oberste Priorität in diesem Bereich eine Alternative zum harmonisierten Risikoindikator 2 entwickelt werden muss, um die Risiken im Zusammenhang mit Notfallzulassungen besser widerzuspiegeln. Dazu würde die Entwicklung eines neuen Indikators auf der Grundlage der Zahl solcher Zulassungen, des Umfangs der sich aus den Einzelzulassungen ergebenden Verwendung (z. B. Zahl der behandelten Hektarflächen) und der Eigenschaften der verwendeten Pflanzenschutzmittel gehören, der dann die Risiken im Zusammenhang mit den Notfallzulassungen besser widerspiegeln würde.

Eine detailliertere Analyse der harmonisierten Risikoindikatoren ist abrufbar unter

4.UMSETZUNG DER RICHTLINIE INSGESAMT

Trotz der weitverbreiteten Verzögerungen bei der Überarbeitung der NAP und des Fehlens übergeordneter, ergebnisorientierter Ziele in den meisten überarbeiteten NAP haben die Mitgliedstaaten in den letzten beiden Jahren Fortschritte bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsrichtlinie erzielt. In Fällen, in denen die Fortschritte nicht zufriedenstellend waren, erwägt die Kommission derzeit eine Reihe von Maßnahmen, darunter Vertragsverletzungsverfahren.

In ihrem Bericht aus dem Jahr 2017 36 hat die Kommission die beträchtlichen Fortschritte anerkannt, ist aber zu dem Schluss gekommen, dass die Mitgliedstaaten mehr tun müssen, um die Nachhaltigkeitsrichtlinie umzusetzen‚ damit die angestrebten Verbesserungen in den Bereichen Umwelt und Gesundheit erreicht werden. In dem Bericht wurden die Kontrolle von Anwendungsgeräten für Pestizide, Informationen über Pestizidvergiftungen und die Bewertung der Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes als konkrete Bereiche mit Verbesserungsbedarf genannt.

 

Es wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass die Mitgliedstaaten ihre NAP überprüfen und verbessern müssen, indem sie im Rahmen einer langfristigen Strategie zur Verringerung der Risiken und Auswirkungen der Pestizidverwendung spezifische und messbare Zielvorgaben und Indikatoren festlegen. Diese Vorgaben würden es den Mitgliedstaaten dann erlauben, die Fortschritte bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsrichtlinie zu überwachen und die Strategie bei Bedarf anzupassen.

Die Kommission verfolgt einen vielschichtigen Ansatz, um diese Mängel bei der Umsetzung durch die Mitgliedstaaten zu beheben. So hat die Kommission im Oktober 2017 individuelle Schreiben an alle Mitgliedstaaten gerichtet, die sich auf eine eingehende Überprüfung des jeweiligen ursprünglichen NAP beziehen und dessen spezifische Schwächen herausstellen. Die Mitgliedstaaten wurden aufgefordert, über diese Fragen im Hinblick auf eine mögliche Überarbeitung ihres NAP nachzudenken.

Auf der Grundlage der Antworten auf diese Schreiben führte die Kommission eine Reihe gezielter Audits durch, um die Umsetzung der Nachhaltigkeitsrichtlinie in elf Mitgliedstaaten zu bewerten, und sie richtete außerdem ein Schreiben an vier Mitgliedstaaten, um bestimmte Umsetzungsaspekte zu klären.

Schließlich hat die Kommission einen Index zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften (Konformitätsindex) entwickelt, um die Fortschritte bei der Umsetzung der einzelnen Artikel der Nachhaltigkeitsrichtlinie durch die Mitgliedstaaten zusammenzufassen. Dieser Index zeigt, dass sich die Umsetzung der Richtlinie im Zeitraum 2017-2019 insgesamt um 10 % verbessert hat (siehe Anhang).

Auf der Grundlage der Antworten auf den genannten Schriftverkehr, der Ergebnisse der Audits und der durch den Indikator belegten Fortschritte stellt die Kommission fest, dass bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsrichtlinie seit 2017 weitere Fortschritte erzielt wurden. So gibt es beispielsweise immer weniger Flächen, die von Luftfahrzeugen aus gespritzt oder besprüht werden, die meisten Mitgliedstaaten haben umfassende Systeme für die Schulung und Zertifizierung der Verwender und die Kontrolle von Anwendungsgeräten für Pestizide eingerichtet sowie Maßnahmen zum Schutz der aquatischen Umwelt und zur Gewährleistung der sicheren Lagerung und Handhabung von Pestiziden getroffen.

In einigen Mitgliedstaaten sind jedoch nach wie vor spezifische Mängel bei der Umsetzung mancher Aspekte der Nachhaltigkeitsrichtlinie festzustellen. Am häufigsten kommen Verzögerungen bei der Überprüfung der NAP, Verzögerungen bei der Kontrolle von Anwendungsgeräten für Pestizide und Mängel bei den Kontrollen der Mitgliedstaaten zur Bewertung der Umsetzung der Nachhaltigkeitsrichtlinie vor, z. B. im Zusammenhang mit dem integrierten Pflanzenschutz. In Fällen, in denen die Fortschritte nicht zufriedenstellend waren, erwägt die Kommission derzeit eine Reihe von Maßnahmen, darunter Vertragsverletzungsverfahren.

4.1INTEGRIERTER PFLANZENSCHUTZ

Die Bewertung der Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes durch die Mitgliedstaaten stellt nach wie vor den am weitesten verbreiteten Mangel bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsrichtlinie dar.

In Artikel 3 Nummer 6 der Richtlinie ist integrierter Pflanzenschutz definiert als „die sorgfältige Abwägung aller verfügbaren Pflanzenschutzmethoden und die anschließende Einbindung geeigneter Maßnahmen, die der Entstehung von Populationen von Schadorganismen entgegenwirken und die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln und anderen Abwehr- und Bekämpfungsmethoden auf einem Niveau halten, das wirtschaftlich und ökologisch vertretbar ist und Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt reduziert oder minimiert“. Die Kommission betrachtet den integrierten Pflanzenschutz als einen der Eckpfeiler der Nachhaltigkeitsrichtlinie und hält eine vollständige Umsetzung für notwendig, um die Abhängigkeit von der Pestizidverwendung zu verringern.

Die acht allgemeinen Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes sind in Anhang III der Nachhaltigkeitsrichtlinie aufgeführt, allerdings wird in der Richtlinie nicht festgelegt, wie diese Grundsätze in der Praxis anzuwenden sind, sondern dies wird den Mitgliedstaaten überlassen. Im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip müssen diese Kriterien auf nationaler oder sogar regionaler Ebene festgelegt werden, da die Landwirtschaft in den verschiedenen Mitgliedstaaten sowie innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten hinsichtlich Klima, angebauter Kulturen und Produktionsverfahren unterschiedlich geprägt ist. Die Mitgliedstaaten haben die allgemeinen Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes jedoch nicht in von den Verwendern zu befolgende verbindliche und bewertbare Kriterien umgewandelt. Daher verfügen die zuständigen Behörden nicht über verbindliche und bewertbare Kriterien, anhand derer sie die Einhaltung des integrierten Pflanzenschutzes feststellen könnten, sodass es nur wenige Belege dafür gibt, dass der integrierte Pflanzenschutz systematisch angewandt wird.

Nach den geltenden und vorgeschlagenen GAP-Rechtsvorschriften müssen die Mitgliedstaaten ein System für die Beratung der Begünstigten in Fragen der Bodenbewirtschaftung und der Betriebsführung einrichten und insbesondere die Anforderung gemäß Artikel 14 der Nachhaltigkeitsrichtlinie zum integrierten Pflanzenschutz erfüllen. Im Rahmen des genannten Systems können sich Begünstigte und Landwirte auf freiwilliger Basis zur guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft, einschließlich des integrierten Pflanzenschutzes, beraten lassen.

In allen Mitgliedstaaten werden einige Maßnahmen zur Förderung des integrierten Pflanzenschutzes getroffen‚ aber bei der öffentlichen Finanzierung von Forschungsarbeiten zu ihrer Anwendung in der Landwirtschaft gibt es beträchtliche Unterschiede zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten. Außerdem ist in vielen Mitgliedstaaten die Vernetzung von Forschern und Landwirten nicht gut genug, um den Landwirten die von ihnen benötigte praktische Beratung zuteilwerden zu lassen.

Um den im Bericht der Kommission von 2017 hervorgehobenen Mangel bei der Bewertung der Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes zu beheben, hat die Kommission eine Reihe von BTSF-Kursen (Better Training for Safer Food – Bessere Schulung für sicherere Lebensmittel) und einen eintägigen Workshop zum integrierten Pflanzenschutz veranstaltet, um den Mitgliedstaaten ein Rahmenkonzept für die Festlegung verbindlicher und bewertbarer Kriterien zur Bewertung der Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes zu bieten. 

Es gibt zwar zahlreiche gute Beispiele für die Erforschung und Förderung des integrierten Pflanzenschutzes durch die Mitgliedstaaten, und dennoch stellt die Bewertung der Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes nach wie vor den häufigsten Mangel bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsrichtlinie dar. Den Mitgliedstaaten ist es folglich nicht gelungen, das beträchtliche Potenzial für eine umfassendere Einführung des integrierten Pflanzenschutzes, einschließlich einer breiteren Anwendung nichtchemischer Schädlingsbekämpfungsverfahren, zu nutzen.

5.MANAHMEN DER KOMMISSION ZUR UNTERSTÜTZUNG DER UMSETZUNG DER RICHTLINIE

In diesem Abschnitt wird eine Reihe von Maßnahmen beschrieben, die die Kommission – auch als Reaktion auf die Forderungen des Parlaments – ergriffen hat, um die Umsetzung der Richtlinie zu unterstützen.

 

Im Anschluss an die Vorstellung des Berichts der Kommission von 2017 auf der Tagung des Rates (Landwirtschaft und Fischerei) vom 6. November 2017 erkannten die zuständigen Ministerinnen und Minister an, wie wichtig es ist‚ die Ziele der Nachhaltigkeitsrichtlinie zu erreichen und die Umsetzung der Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes zu beschleunigen. 37 Als wichtige Bereiche für eine bessere Umsetzung der Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes legten sie fest: Pflanzenschutzmittel mit geringem Risiko, Schädlingsbekämpfungssysteme, finanzielle Unterstützung, nichtchemische Bekämpfungsmethoden und harmonisierte Risikoindikatoren.

Erst kürzlich, nämlich im Februar 2019, hat das Europäische Parlament eine nichtlegislative Entschließung zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsrichtlinie angenommen. 38 Darin wird bedauert, dass der Gesamtfortschritt der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung nicht ausreicht ist, um die durch die Verwendung von Pestiziden verursachten Risiken und gleichzeitig die Abhängigkeit von Pestiziden zu verringern. Das Parlament fordert dazu auf, einen größeren Schwerpunkt auf die Verringerung des Risikos zu legen, und hebt hervor, dass die Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes, etwa durch nichtchemische Alternativen und Pflanzenschutzmittel mit geringem Risiko, bei den Bemühungen um die vollständige Umsetzung der Richtlinie besonders wichtig ist. Abschließend werden die Kommission und die Mitgliedstaaten aufgefordert, eine Reihe von Maßnahmen zu ergreifen, um die Umsetzung der Richtlinie zu verbessern. Dazu gehören die Erstellung von Leitlinien für die Beurteilung der Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes, der Schutz gefährdeter Personengruppen und der Allgemeinheit, ein stärkerer Schwerpunkt auf der Entwicklung alternativer Pflanzenschutzmittel mit geringem Risiko sowie die Förderung der Entwicklung präzisionslandwirtschaftlicher und digitaler landwirtschaftlicher Technologien als Mittel zur Verringerung des Pestizidrisikos.

5.1BESSERE SCHULUNG FÜR SICHERERE LEBENSMITTEL (BTSF) 39

Die Kommission hat die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsrichtlinie durch BTSF-Kurse unterstützt.

Zwischen 2015 und 2018 veranstaltete die Kommission eine Reihe von zwölf BTSF-Kursen zu Anwendungsgeräten für Pestizide‚ an denen mehr als 200 Beamte aus allen 28 Mitgliedstaaten teilnahmen. In diesen Kursen wurden den Mitgliedstaaten die Kenntnisse vermittelt, die sie benötigen, um ihren Verpflichtungen zur Kontrolle der Anwendungsgeräte für Pestizide nachzukommen.

Darüber hinaus bot die Kommission eine zweite Reihe von BTSF-Kursen zu Anwendungsgeräten für Pestizide an‚ die im dritten Quartal 2019 angelaufen sind. Bei diesen sechs Kursen liegt der Schwerpunkt auf Kontroll- und Kalibrierungsverfahren, und es wird von etwa 120 Teilnehmern ausgegangen.

Außerdem hat die Kommission eine Reihe von BTSF-Kursen zur Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes organisiert. Diese 14 Kurse sind 2018 angelaufen und laufen bis 2020. Sie sind auf die verschiedenen Kulturpflanzen und die EU-weit unterschiedlichen agronomischen Verfahren zugeschnitten. Mit dem bei diesen Kursen erworbenen Wissen dürften die Mitgliedstaaten über das Handwerkszeug verfügen, das sie benötigen, um die Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes in landwirtschaftlichen Betrieben zu bewerten.

5.2GENEHMIGUNG VON WIRKSTOFFEN

Die Zahl der Genehmigungen von nichtchemischen Wirkstoffen, Wirkstoffen mit geringem Risiko und Grundwirkstoffen nimmt stetig zu.

Die Kommission hat eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Verfahren für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln mit geringem Risiko zu beschleunigen. Dazu gehört vorrangig die Aktualisierung der Datenanforderungen und Bewertungsmethoden für Mikroorganismen bis Ende 2020 und das Anbieten einer BTSF-Schulung im Jahr 2020, um die Expertise der Mitgliedstaaten in der Bewertung von Anträgen auf Zulassung von Mikroorganismen und anderen biologischen Pestiziden zu stärken. 

Die Zahl der genehmigten nichtchemischen Wirkstoffe, der Wirkstoffe mit geringem Risiko und der Grundwirkstoffe ist kontinuierlich gestiegen, und zwar von weniger als 60 im Jahr 2009 auf fast 120 im Jahr 2019. Mit diesen Wirkstoffen können die Landwirte Schädlinge bekämpfen und gleichzeitig die Risiken im Zusammenhang mit Pflanzenschutzmitteln verringern.

Darüber hinaus werden die gefährlichsten Wirkstoffe aus dem Pflanzenschutzmittelangebot gestrichen, wie in der REFIT-Evaluierung der EU-Vorschriften über Pflanzenschutzmittel und Pestizidrückstände (Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 und Verordnung (EG) Nr. 396/2005) beschrieben wird.

Man ist sich jedoch bewusst, dass die Bandbreite der genehmigten nichtchemischen Wirkstoffe, der Wirkstoffe mit geringem Risiko und der Grundwirkstoffe erweitert werden muss, um die den Landwirten zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Schädlingsbekämpfung zu erweitern und so ihre Abhängigkeit von den gefährlichsten Wirkstoffen zu verringern.

5.3FORSCHUNG UND INNOVATION

Die Kommission unterstützt eine Reihe von Forschungsprojekten zur Erweiterung des Spektrums alternativer Schädlingsbekämpfungsstrategien, -instrumente und -technologien und zur Feststellung der Auswirkungen des Pestizideinsatzes auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit.

Über das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizont 2020“ unterstützt sie Forschungs- und Innovationstätigkeiten, die zum Ziel haben, nachhaltigere Schädlingsbekämpfungsstrategien, -instrumente und -technologien zur Unterstützung des integrierten Pflanzenschutzes zu entwickeln, z. B. neue Produkte mit geringem Risiko, biologische Bekämpfung, Entscheidungshilfesysteme und die Feststellung der Auswirkungen des Pestizideinsatzes auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit. 40  

Im Rahmen der Gesellschaftlichen Herausforderung 2 hat die Kommission 159 Mio. EUR 41 bereitgestellt‚ um die Erforschung des integrierten Pflanzenschutzes, von neu auftretenden Pflanzengesundheitsrisiken, Alternativen zu chemischen Pestiziden und Entscheidungshilfesystemen zu unterstützen. Darüber hinaus ist im Rahmen dieses Arbeitsprogramms für 2020 die Finanzierung einer Koordinierungs- und Unterstützungsmaßnahme für ein europaweites Netz von Demonstrationsbetrieben für den integrierten Pflanzenschutz mit 6 Mio. EUR vorgesehen. 42 Neben dem integrierten Pflanzenschutz und der Pflanzengesundheit unterstützt die Kommission auch die Forschung zu ökologischen Ansätzen und dem ökologischen/biologischen Landbau, um die Widerstandsfähigkeit der Landwirtschaft zu stärken. 43

Darüber hinaus bringt die Europäische Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ 44 (EIP-AGRI) im Rahmen von Horizont 2020 finanzierte europäische Forschungs- und Innovationsprojekte mit kleineren operationellen Gruppen 45 in Kontakt, die auf nationaler und regionaler Ebene im Bereich der Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums tätig sind. Das von der EIP-AGRI geförderte interaktive Innovationskonzept unterstützt nach dem so genannten Multi-Akteur-Ansatz die Zusammenarbeit zwischen Akteuren mit unterschiedlichen, aber sich ergänzenden Kenntnissen (Forscher, Landwirte, Berater, Unternehmen, NRO und andere) und trägt so dazu bei, die Lücke zwischen Forschung und Praxis zu schließen und die Einführung von Innovationen in der Praxis zu fördern, insbesondere im Bereich des Pflanzenschutzes und des integrierten Pflanzenschutzes.

5.4ARBEITSGRUPPE „NACHHALTIGE VERWENDUNG“

Die von der Kommission ausgerichteten Sitzungen der Arbeitsgruppe „Nachhaltige Verwendung“ bieten den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die Umsetzung der Nachhaltigkeitsrichtlinie zu erörtern und bewährte Verfahren auszutauschen.

Die Kommission richtet zweimal jährlich eine Sitzung der Arbeitsgruppe „Nachhaltige Verwendung“ der Mitgliedstaaten aus, in der die Umsetzung der Richtlinie erörtert wird und bewährte Verfahren ausgetauscht werden. Darüber hinaus haben einschlägige Interessenträger wie das PAN (Pesticide Action Network Europe), der ECPA (Europäischer Pflanzenschutzverband) und die SPISE-Arbeitsgruppe (Standardisiertes Verfahren für die Inspektion von Spritz- und Sprühgeräten in Europa) ihre Arbeit in den jüngsten Sitzungen der Arbeitsgruppe vorgestellt.

Die Kommission veranstaltete im Mai 2019 eine gemeinsame Sitzung der Arbeitsgruppen „Nachhaltige Verwendung“ und „Durchsetzung der Rechtsvorschriften über Pflanzenschutzmittel“, um Fragen von beiderseitigem Interesse in Verbindung mit einem Workshop zum integrierten Pflanzenschutz zu behandeln. Zweck des Workshops war es, die Mitgliedstaaten – aufbauend auf den Erfahrungen aus den BTSF-Kursen zum integrierten Pflanzenschutz – bei der Bewertung der Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes in landwirtschaftlichen Betrieben zu unterstützen.

Die letzte Sitzung der Arbeitsgruppe „Nachhaltige Verwendung“ fand im November 2019 als gemeinsame Sitzung mit der Arbeitsgruppe „Agrarumweltstatistik“ statt, in der Fragen von beiderseitigem Interesse behandelt wurden, insbesondere im Zusammenhang mit der Entwicklung sinnvollerer harmonisierter Risikoindikatoren.

5.5WEBPORTAL „NACHHALTIGE VERWENDUNG“

Das Webportal „Sustainable use of pesticides“ erleichtert den Austausch relevanter Informationen über die nachhaltige Verwendung und den integrierten Pflanzenschutz unter den Mitgliedstaaten.

Im Jahr 2017 hat die Kommission eigens für den Bereich „Nachhaltige Verwendung“ das Webportal https://ec.europa.eu/food/plant/pesticides/sustainable_use_pesticides_en eingerichtet, das von der 2016 unter dem Vorsitz der Niederlande eingesetzten Expertengruppe für nachhaltigen Pflanzenschutz vorgeschlagen wurde, um den Austausch relevanter Informationen über die nachhaltige Verwendung und den integrierten Pflanzenschutz zu erleichtern.

27 Mitgliedstaaten 46 haben insgesamt 240 Links zu Websites bereitgestellt, die sowohl nach Thema als auch nach Mitgliedstaat durchsucht werden können, um den Austausch einschlägiger Informationen zwischen den interessierten Kreisen einfacher zu gestalten.

5.6NACHHALTIGE VERWENDUNG VON PESTIZIDEN IM RAHMEN DER DERZEITIGEN UND KÜNFTIGEN GEMEINSAMEN AGRARPOLITIK

Im Rahmen der GAP und auch der künftigen GAP-Strategiepläne werden zahlreiche Aspekte der nachhaltigen Verwendung von Pestiziden unterstützt.

Die derzeitige GAP umfasst mehrere Instrumente, die bereits jetzt und in Zukunft in noch stärkerem Maße für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden und den integrierten Pflanzenschutz relevant und wirksam sind. Ein Schlüsselbeispiel hierfür ist die Art und Weise, in der die GAP zum ökologischen/biologischen Landbau beigetragen hat, der so stark gewachsen ist, dass im Jahr 2018 7,5 % der landwirtschaftlich genutzten Flächen auf diese Weise bewirtschaftet wurden; im Jahr 2000 waren es nur 2 %. 47  

Die für die Zukunft vorgeschlagene Konditionalität 48 wird die wichtigsten Bestandteile der Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes beinhalten, insbesondere Fruchtfolge und Anforderungen an den Mindestanteil der landwirtschaftlichen Fläche für nichtproduktive Landschaftselemente, sowie die anderen einschlägigen Bestimmungen der Nachhaltigkeitsrichtlinie. Was wichtig ist: Die Kommission schlägt auch eine bessere Integration des Systems zur Beratung der Landwirte und eine bessere Verknüpfung mit Forschung und Wissenstransfer aus den GAP-Netzen vor. Darüber hinaus werden in dem Vorschlag die derzeitigen Zahlungen für Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen beibehalten, die den Anreiz dafür schaffen sollen, dass die Landwirte alternative (z. B. biologische) Schädlingsbekämpfungsverfahren anwenden. Die derzeitige GAP beinhaltet Ökologisierungsmethoden im Wege von Direktzahlungen an Landwirte, und in Zukunft werden die Mitgliedstaaten mehr Spielraum bei der Festlegung sogenannter Öko-Regelungen haben, auch zur Förderung von Alternativen zu Pestiziden. Hinsichtlich dieser finanziellen Anreize, die über die rechtsverbindlichen Anforderungen hinausgreifen, ist es von entscheidender Bedeutung, dass die verbindlichen Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes klar und deutlich festgelegt werden.

Wichtig ist, dass die Mitgliedstaaten nun in ihren GAP-Strategieplänen darlegen müssen, wie diese Pläne zu den langfristigen nationalen Zielen im Rahmen der Umwelt- und Klimavorschriften, einschließlich der Nachhaltigkeitsrichtlinie, beitragen werden. Dies betrifft auch die NAP gemäß der Richtlinie mit ihren quantitativen Zielen, Vorgaben, Maßnahmen, Zeitplänen und Indikatoren zur Verringerung der Risiken und Auswirkungen der Pestizidverwendung auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt. Die Ergebnisse der Umsetzung der GAP-Pläne der Mitgliedstaaten werden überwacht, und die Auswirkungen werden anhand der festgelegten Indikatoren gemessen. Auf diese Weise wird unter Aufsicht der Kommission sichergestellt, dass im Rahmen der GAP landwirtschaftliche Verfahren für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden entsprechend den Bedürfnissen und im Einklang mit den Leitlinien des Grünen Deals unterstützt werden.

 

5.7ÜBERARBEITUNG DER RICHTLINIE

Angesichts verschiedener Mängel, die bei der Umsetzung der Richtlinie festgestellt wurden, und in Anbetracht der beträchtlichen Bedenken, die von Interessenträgern hinsichtlich der Verwendung von Pestiziden angemeldet wurden, wird die Kommission bewerten, inwieweit die mit der Richtlinie angestrebten Ziele erreicht worden sind. Die Ergebnisse der Bewertung werden in künftige Maßnahmen zur Verringerung des Einsatzes und des Risikos chemischer Pestizide im Rahmen der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und der Biodiversitätsstrategie einfließen und als Faktengrundlage für die Ausarbeitung und Untermauerung künftiger politischer Optionen dienen, die auch die Überarbeitung der Nachhaltigkeitsrichtlinie umfasst.

6.    SCHLUSSFOLGERUNGEN

Nicht einmal ein Drittel der Mitgliedstaaten hat die Überprüfung des jeweiligen ursprünglichen NAP innerhalb der gesetzlichen Fünfjahresfrist abgeschlossen. Bei den überarbeiteten NAP wurde es in den meisten Fällen versäumt, die von der Kommission im ursprünglichen NAP festgestellten Mängel zu beheben, denn in nur 20 % der überarbeiteten NAP wurden übergeordnete, ergebnisorientierte Ziele als Bestandteil einer längerfristigen Strategie zur Verringerung der Risiken und Auswirkungen der Pestizidverwendung gesetzt. Trotz dieser Mängel in den NAP haben die Mitgliedstaaten Fortschritte bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitsrichtlinie erzielt. Die meisten Mitgliedstaaten haben umfassende Systeme für die Schulung und Zertifizierung von Verwendern sowie eine Reihe von Maßnahmen für den Gewässerschutz und die sichere Handhabung und Lagerung von Pestiziden eingeführt. Die Durchsetzung des integrierten Pflanzenschutzes hingegen ist gering, und es gibt nur wenige Belege dafür, dass dessen Grundsätze systematisch angewandt werden.

Der harmonisierte Risikoindikator 1 zeigt, dass das Risiko für die menschliche Gesundheit und die Umwelt durch die in der Europäischen Union verkauften Pflanzenschutzmittel seit dem Inkrafttreten der Nachhaltigkeitsrichtlinie gesunken ist. Gleichzeitig blieb die Menge der verkauften und verwendeten Pflanzenschutzmittel relativ konstant, was das veränderte Profil der in der Europäischen Union verkauften und verwendeten Pestizide widerspiegelt. Allerdings zeigt der harmonisierte Risikoindikator 2 einen Anstieg im Zusammenhang mit Notfallzulassungen. Das Potenzial für eine weitere Risikominderung durch eine umfassendere Umsetzung der Nachhaltigkeitsrichtlinie ist jedoch beträchtlich, insbesondere durch eine breitere Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes, wozu auch ein breiterer Einsatz nichtchemischer Schädlingsbekämpfungsverfahren gehört. Die Kommission ist im Einklang mit den jüngsten Empfehlungen des Rechnungshofs entschlossen, weitere Indikatoren zu entwickeln, um die Entwicklung der Pestizidverwendung und die damit verbundenen Risiken, insbesondere im Zusammenhang mit Notfallzulassungen, besser widerspiegeln zu können.

Im Wege der laufenden Arbeiten der Kommission in Form der oben beschriebenen Maßnahmen sowie durch Audits, Überwachung und Schulungen konnte eine bessere Umsetzung der Nachhaltigkeitsrichtlinie und wohl auch eine bessere Qualität der NAP erreicht werden. In den Fällen, in denen die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen aus der Richtlinie nicht nachkommen‚ erwägt die Kommission derzeit weitere Schritte, einschließlich etwaiger Vertragsverletzungsverfahren. In Verbindung mit der Bewertung wird die Kommission einen Legislativvorschlag zur Überarbeitung der Nachhaltigkeitsrichtlinie ausarbeiten.

Schließlich wird die Kommission im Rahmen der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und der Biodiversitätsstrategie Maßnahmen ergreifen, um die Verwendung und das Risiko chemischer Pestizide bis 2030 um 50 % und den Einsatz von Pestiziden mit höherem Risiko bis 2030 um 50 % zu verringern. Zu diesem Zweck wird die Kommission die Nachhaltigkeitsrichtlinie überarbeiten, die Bestimmungen über den integrierten Pflanzenschutz ausbauen und den verstärkten Einsatz alternativer Methoden zum Schutz der Ernten vor Schädlingen und Krankheiten fördern.

 

(1)

     Der Begriff „Pestizid“ bezeichnet im Kontext dieses Berichts Pflanzenschutzmittel im Sinne des Artikels 3 Absatz 10 Buchstabe a der Richtlinie 2009/128/EG.

(2)

     Richtlinie 2009/128/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden (ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 71).

(3)

     Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. L 309 vom 24.11.2009, S. 1).

(4)

     Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Februar 2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs und zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates (ABl. L 70 vom 16.3.2005, S. 1).

(5)

     Verordnung (EU) 2017/625 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 über amtliche Kontrollen und andere amtliche Tätigkeiten zur Gewährleistung der Anwendung des Lebens- und Futtermittelrechts und der Vorschriften über Tiergesundheit und Tierschutz, Pflanzengesundheit und Pflanzenschutzmittel, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 999/2001, (EG) Nr. 396/2005, (EG) Nr. 1069/2009, (EG) Nr. 1107/2009, (EU) Nr. 1151/2012, (EU) Nr. 652/2014, (EU) 2016/429 und (EU) 2016/2031 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Verordnungen (EG) Nr. 1/2005 und (EG) Nr. 1099/2009 des Rates sowie der Richtlinien 98/58/EG, 1999/74/EG, 2007/43/EG, 2008/119/EG und 2008/120/EG des Rates und zur Aufhebung der Verordnungen (EG) Nr. 854/2004 und (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 89/608/EWG, 89/662/EWG, 90/425/EWG, 91/496/EEG, 96/23/EG, 96/93/EG und 97/78/EG des Rates und des Beschlusses 92/438/EWG des Rates (Verordnung über amtliche Kontrollen) (ABl. L 95 vom 7.4.2017, S. 1).

(6)

     Verordnung (EG) Nr. 1185/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 über Statistiken zu Pestiziden (ABl. L 324 vom 10.12.2009, S. 1).

(7)

     Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds.

Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds.

Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik.

COM(2018) 392, Vorschlag für eine Verordnung mit Vorschriften für die Unterstützung der von den Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu erstellenden Strategiepläne (GAP-Strategiepläne).

(8)

     Abrufbar unter: https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=A/RES/70/1&Lang=E .

(9)

     Abrufbar unter: https://ec.europa.eu/commission/files/reflection-paper-towards-sustainable-europe_de .

(10)

     Abrufbar unter: https://ec.europa.eu/citizens-initiative/public/initiatives/successful/details/2017/000002 .

(11)

     Abrufbar unter: https://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/3/2017/EN/C-2017-8414-F1-EN-MAIN-PART-1.PDF .

(12)

     Abrufbar unter: https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR20_05/SR_Pesticides_DE.pdf .

(13)

     COM(2019) 640 final, Der europäische Grüne Deal.

(14)

     Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, Litauen, Luxemburg, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik und Zypern.

(15)

     Bulgarien, Frankreich, Spanien und Ungarn.

(16)

     Griechenland, Irland, Litauen, Portugal, Rumänien, Österreich und Zypern.

(17)

     Luxemburg, Malta, Rumänien und Zypern.

(18)

     Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakische Republik, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn und Vereinigtes Königreich.

(19)

     Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Litauen, Luxemburg, Österreich und Spanien.

(20)

     Estland, Finnland, Irland, Lettland, Malta, Polen, Portugal, Rumänien, Slowenien, Schweden, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern.

(21)

     Dänemark, Deutschland und Frankreich.

(22)

     Im dänischen NAP wird der Indikator für Pestizidbelastung als Indikator für die potenzielle Gesamtbelastung von Gesundheit und Umwelt anhand der Umwelt- und Gesundheitsmerkmale von Pestiziden, berechnet auf der Grundlage von Verkaufsdaten, definiert.

(23)

     Dänemark, Deutschland und Schweden.

(24)

     Beim SYNOPS-Risikoindikator handelt es sich um ein Modell zur Bewertung des potenziellen Risikos von Pflanzenschutzmitteln, https://www.nap-pflanzenschutz.de/en/practice/assessment-of-pesticide-use/risk-analysis-synops/ . 

(25)

     Der Indikator wird im NAP Schwedens beschrieben, der unter folgender Adresse abrufbar ist: https://ec.europa.eu/food/sites/food/files/plant/docs/pesticides_sup_nap_swe_en.pdf . 

(26)

     Die NODU wird auf der Grundlage von Verkaufsdaten berechnet und entspricht einer Anzahl durchschnittlicher Behandlungen, die jährlich bei allen Kulturen auf nationaler Ebene in Frankreich durchgeführt werden, https://agriculture.gouv.fr/quest-ce-que-le-nodu .

(27)

     Belgien, Dänemark, Finnland, Irland, Litauen, Malta, Österreich, Polen, Portugal, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik und Zypern.

(28)

     Dänemark, Frankreich und Luxemburg.

(29)

     Abrufbar unter: https://ec.europa.eu/food/sites/food/files/plant/docs/pesticides_sup_nap_pol-rev-2018_en.pdf . 

(30)

     Abrufbar unter: https://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.do?dataset=ef_m_farmleg&lang=de . 

(31)

     Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg und Slowenien. 

(32)

     Richtlinie (EU) 2019/782 der Kommission vom 15. Mai 2019 zur Änderung der Richtlinie 2009/128/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf die Festlegung harmonisierter Risikoindikatoren, C/2019/3580 (ABl. L 127 vom 16.5.2019, S. 4).

(33)

     Abrufbar unter: http://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.do?dataset=aei_fm_salpest09&lang=de . 

(34)

     Abrufbar unter: https://ec.europa.eu/food/plant/pesticides/refit_en

(35)

     Die für jeden Mitgliedstaat relevanten Informationen sind abrufbar unter https://ec.europa.eu/food/plant/pesticides/sustainable_use_pesticides/harmonised-risk-indicators/trends-hri-ms_en . 

(36)

     Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die nationalen Aktionspläne der Mitgliedstaaten und die Fortschritte bei der Umsetzung der Richtlinie 2009/128/EG über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden — COM(2017) 587, abrufbar unter: https://ec.europa.eu/food/sites/food/files/plant/docs/pesticides_sup_report-overview_de.pdf . 

(37)

     Abrufbar unter: https://www.consilium.europa.eu/de/meetings/agrifish/2017/11/06/ . 

(38)

     Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Februar 2019 zur Umsetzung der Richtlinie 2009/128/EG über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden ( 2017/2284 (INI) )‚ abrufbar unter:  https://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//TEXT+TA+P8-TA-2019-0082+0+DOC+XML+V0//DE .

(39)

     „Bessere Schulung für sicherere Lebensmittel“ (BTSF) ist eine Schulungsinitiative der Kommission in den Bereichen Lebensmittel- und Futtermittelrecht, Tiergesundheit und Tierschutz sowie Pflanzengesundheitsvorschriften. Weitere Informationen: https://ec.europa.eu/food/safety/btsf_en (Englisch).

(40)

     Abrufbar unter: Gesellschaftliche Herausforderung 2 – Arbeitsprogramm 2016-2017, https://ec.europa.eu/research/participants/data/ref/h2020/wp/2016_2017/main/h2020-wp1617-food_en.pdf und Gesellschaftliche Herausforderung 2 – Arbeitsprogramm 2018-2020 (SFS-04, SFS-05 und SFS-6) https://ec.europa.eu/research/participants/data/ref/h2020/wp/2018-2020/main/h2020-wp1820-food_en.pdf .

(41)

     Abrufbar unter: https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/food-farming-fisheries/farming/documents/factsheet-agri-plant-health_en.pdf . 

(42)

     Abrufbar unter: SFS-6-2018-2020 in https://ec.europa.eu/research/participants/data/ref/h2020/wp/2018-2020/main/h2020-wp1820-food_en.pdf .

(43)

     Abrufbar unter: https://ec.europa.eu/information_society/newsroom/image/document/2018-18/agri_factsheets_07_ecological-approaches_ok_1545C778-C5D7-AA24-163D1DD06A4CDF2F_51894.pdf .

(44)

     Abrufbar unter: https://ec.europa.eu/eip/agriculture/en . 

(45)

     Abrufbar unter: https://ec.europa.eu/eip/agriculture/en/about/operational-groups . 

(46)

         Bulgarien hat noch keine Links auf dem Webportal bereitgestellt.

(47)

     Abrufbar unter: https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Organic_farming_statistics . 

(48)

     Bei den derzeitigen Cross-Compliance-Regelungen und den für die Zukunft vorgeschlagenen Konditionalitätssystemen bildet die Einhaltung einer Reihe von grundlegenden Vorschriften in den Bereichen Umwelt und öffentliche Gesundheit die Voraussetzung dafür, dass Landwirte die GAP-Unterstützung in voller Höhe erhalten. 

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Brüssel, den 20.5.2020

COM(2020) 204 final

ANHANG

des

BERICHTS DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

über die Erfahrungen der Mitgliedstaaten bei der Verwirklichung der in ihren nationalen Aktionsplänen festgelegten Ziele und über die Fortschritte bei der Umsetzung der Richtlinie 2009/128/EG über die nachhaltige Verwendung von Pestiziden


ANHANG

Fortschritte bei der Umsetzung der Richtlinie 2009/128/EG

Abbildung 1: Umsetzung ausgewählter Anforderungen der Richtlinie 2009/128/EG auf EU-Ebene in den Jahren 2017 und 2019 in %

Quelle: GD Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.

Abbildung 2: Umsetzung ausgewählter Anforderungen der Richtlinie 2009/128/EG auf EU-Ebene 2017-2019, Veränderung in %

Quelle: GD Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.

Abbildung 3: Umsetzung der Richtlinie 2009/128/EG insgesamt in den einzelnen Mitgliedstaaten, Veränderung 2017-2019

Quelle: GD Gesundheit und Lebensmittelsicherheit.

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