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Document 52010DC0600

    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT Auf dem Weg zu einer verstärkten europäischen Katastrophenabwehr: die Rolle von Katastrophenschutz und humanitärer Hilfe (Text von Bedeutung für den EWR)

    /* KOM/2010/0600 endg. */

    52010DC0600




    [pic] | EUROPÄISCHE KOMMISSION |

    Brüssel, den 26.10.2010

    KOM(2010) 600 endgültig

    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

    Auf dem Weg zu einer verstärkten europäischen Katastrophenabwehr: die Rolle von Katastrophenschutz und humanitärer Hilfe(Text von Bedeutung für den EWR)

    SEK(2010) 1243 SEK(2010) 1242

    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

    Auf dem Weg zu einer verstärkten europäischen Katastrophenabwehr: die Rolle von Katastrophenschutz und humanitärer Hilfe(Text von Bedeutung für den EWR)

    Einleitung

    Die Mitgliedstaaten und Organe der EU haben auf die vielen Katastrophen, die in diesem Jahr die EU und andere Teile der Welt heimgesucht haben, wirkungsvoll reagiert. Vor allem das Erdbeben in Haiti und die Überschwemmungen in Pakistan zählen zu den herausragenden Beispielen. Die Reaktion der EU auf diese Katastrophen hat sich durch Schnelligkeit, Effizienz und Großzügigkeit ausgezeichnet. Diese Qualitätsmerkmale haben den Bürgen und Mitgliedstaaten der EU den Mehrwert von EU-Maßnahmen im Bereich der Krisenreaktion deutlich vor Augen geführt.

    Da sowohl das Ausmaß als auch die Häufigkeit von Katastrophen zunehmen, werden die Katastrophenabwehrkapazitäten der EU künftig stärker beansprucht werden. Gleichzeitig sind aufgrund der derzeitigen Haushaltszwänge verstärkte Bemühungen um eine effizientere Nutzung knapper Ressourcen erforderlich.

    Vor diesem Hintergrund bietet der Lissabonner Vertrag die Möglichkeit zum Aufbau leistungsfähigerer, umfassenderer und effizienterer Krisenabwehrkapazitäten in der Europäischen Union. Die mit dem Lissabonner Vertrag eingeführten Änderungen betreffen sowohl die einzelnen Instrumente zur Katastrophenabwehr als auch die Mittel zur Gewährleistung einer kohärenten EU-Reaktion bei gleichzeitiger enger Koordinierung mit den Vereinten Nationen.

    Dem Aufbau leistungsfähigerer, kohärenterer und stärker integrierter europäischer Katastrophenabwehrkapazitäten liegt eine doppelte Zielsetzung zugrunde:

    - Stärkung der einzelnen EU-Krisenabwehrinstrumente und

    - Gewährleistung der Konsistenz und der Synergie zwischen diesen verschiedenen Instrumenten als Beitrag zur Kohärenz der internationalen Krisenabwehr.

    Im Mittelpunkt dieser Mitteilung, die auf dem Europäischen Konsens über die humanitäre Hilfe[1], und der Mitteilung „Stärkung der Katastrophenabwehrkapazitäten der Europäischen Union“[2] beruht und ideell aus dem Barnier-Bericht und der dadurch ausgelösten Debatte[3] schöpft, stehen der Katastrophenschutz und die humanitäre Hilfe - die beiden wichtigsten Instrumente, die der EU zur Verfügung stehen, um Menschen unmittelbar nach Katastrophen schnell und wirksam Soforthilfe zu leisten. Der Lissabonner Vertrag schafft für beide Instrumente eine neue Rechtsgrundlage. In dieser Mitteilung legt die Kommission ihre Vorschläge für die Umsetzung dieses neuen Rechtsrahmens vor und zeigt auf, wie diese beiden Instrumente wirksamer miteinander kombiniert werden können.

    Diese Mitteilung ist als erster Baustein in den umfassenden Bemühungen um eine verstärkte EU-Katastrophenabwehr zu betrachten. Die Arbeiten an weiteren Bausteinen, die verschiedene Aspekte der Krisenreaktion der EU sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU betreffen, sind bereits angelaufen.

    In Bezug auf Katastrophen außerhalb der Europäischen Union bietet die Einrichtung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) Möglichkeiten zur Verbesserung der Kohärenz zwischen der Katastrophenabwehr einerseits und möglichen politischen und sicherheitspolitischen Elementen der allgemeinen Krisenreaktion der EU andererseits. Dazu zählen u.a. politische und diplomatische Bemühungen in Brüssel und vor Ort, insbesondere durch die EU-Delegationen, ggf. einschließlich konsularischer Betreuung. Der EAD wird sowohl für Krisenreaktionsmaßnahmen im Rahmen des Stabilitätsinstruments (IfS) als auch für die zivile und militärische Krisenbewältigung zuständig sein, die auch humanitäre Hilfe und Rettungseinsätze umfassen kann. Dazu zählt auch die Rolle der EU als wichtiger Geber von Entwicklungshilfe in vielen Katastrophengebieten der Welt, in denen die Verbindungen zwischen Soforthilfe, Wiederaufbau und Entwicklung gestärkt werden können und müssen.

    Die Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik und die Kommission werden in Kürze ein Papier zu diesem Thema vorlegen, das sich insbesondere auf Erkenntnisse aus den Reaktionen auf das Erbeben in Haiti Anfang des Jahres stützen wird. Dieses Papier wird weitere Vorschläge im Hinblick auf die Koordinierung zwischen dem EAD und den für Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe zuständigen Stellen bei der Krisenreaktion enthalten.

    Was Katastrophen innerhalb der Europäischen Union betrifft, so sind die Vorschläge für eine verbesserte Katastrophenabwehr ein wichtiger Beitrag zur EU-Strategie der inneren Sicherheit, im deren Rahmen die Stärkung der Widerstandskraft Europas gegenüber Katastrophen zu den strategischen Zielen zählt. Auf den konsularischen Schutz bei Katastrophen wird in der Kommissionsmitteilung über den konsularischen Schutz in Drittländern eingegangen werden.

    Der Lissabonner Vertrag enthält außerdem eine neue „Solidaritätsklausel“, nach der die Mitgliedstaaten im Falle von Naturkatastrophen oder von Menschen verursachten Katastrophen in ihrem Hoheitsgebiet zur gegenseitigen Unterstützung verpflichtet sind[4]. Die Europäische Kommission und die Hohe Vertreterin werden 2011 einen Vorschlag für die Modalitäten zur Umsetzung der Solidaritätsklausel vorlegen.

    Anpassung der verfügbaren Instrumente an eine sich verändernde Welt

    2010 wurden Europa und seine unmittelbaren Nachbarn von einer Reihe besonders schwerer Katastrophen heimgesucht - von den Sturzfluten und schweren Stürmen in Westeuropa über die großen Überschwemmungen in Mitteleuropa und die Aschewolke nach dem Ausbruch des Vulkans Eyjafjallajökull bis hin zu den beispiellosen Waldbränden in Russland.

    In diesem Jahr erlebte die Welt zudem zwei der schlimmsten Naturkatastrophen der letzten Jahre: das Erdbeben in Haiti und die Überschwemmungen in Pakistan. Beide verursachten hohe Verluste an Menschenleben und große Zerstörungen. Zu den weiteren Katastrophen zählten die Explosion auf der Bohrinsel Deepwater Horizon im Golf von Mexiko, die die schlimmste Ölpest der Geschichte nach sich zog, und die schweren Dürren in der Sahelzone.

    Bei den Zahlen für das Jahr 2010 handelt es sich nicht um einen statistischen Ausreißer. Weltweit hat sich die Zahl der Katastrophen zwischen 1975 und heute um das Fünffache - von 78 auf knapp 400 - erhöht. Die jährlichen durchschnittlichen Verluste entsprechen rund einem Viertel des weltweiten BIP. In den letzten 20 Jahren waren allein in Europa[5] mehr als 29 Millionen Menschen von Naturkatastrophen betroffen, die insgesamt fast 90 000 Menschenleben forderten und wirtschaftliche Verluste in Höhe von 211 Mrd. EUR verursachten.

    Dieser Trend ist in erster Linie auf den Klimawandel, ein mit zunehmender Verstädterung einhergehendes Bevölkerungswachstum und weitere Faktoren wie steigende industrielle Aktivität und wachsende Umweltzerstörung zurückzuführen. Auch der Terrorismus stellt nach wie vor eine erhebliche Sicherheitsbedrohung für die Bürger Europas dar. Aufgrund dieser Faktoren werden die Häufigkeit und Intensität von Katastrophen voraussichtlich weiter zunehmen. Daher hat die EU allen Grund, ihre Katastrophenabwehrkapazitäten zu stärken.

    Durch eine wirksam umgesetzte, angemessene Katastrophenabwehr können die Zahl der Todesopfer und der Umfang der Schäden verringert werden. Da die Risiken, vor denen wir stehen, weiter zunehmen und immer deutlicher zutage treten, ist eine Stärkung der lokalen, nationalen und europäischen Strategien zur Bewältigung solcher Bedrohungen unabdingbar. Mittel und Wege zur Verbesserung des bestehenden Systems müssen aufgezeigt und umgesetzt werden, um die Reaktionsfähigkeit bei künftigen Großkatastrophen zu steigern.

    Der Schutz seiner Bürger ist die Uraufgabe eines jeden Staates und die Zuständigkeit für Katastrophenvorsorge und -abwehr liegt in erster Linie bei den nationalen Regierungen. Doch im Falle einer Großkatastrophe, die die nationalen Kapazitäten überfordert, ist ein gemeinsames europäisches Vorgehen wirksamer als autonomes Handeln einzelner Mitgliedstaaten. Durch ein gemeinsames Vorgehen lassen sich zusätzliche Kapazitäten mobilisieren. Außerdem fördert die Maximierung der Komplementarität zwischen den nationalen Katastrophenabwehrkapazitäten auch die Kostenwirksamkeit. Die Zusammenarbeit auf EU-Ebene ist ein sichtbares Zeichen für die Solidarität der Mitgliedstaaten miteinander und mit Drittstaaten. Eine verstärkte Kooperation auf EU-Ebene kann auch zu einer wirksameren und besser abgestimmten Katastrophenabwehr unter Leitung der Vereinten Nationen beitragen.

    Die Bedeutung der Zusammenarbeit ist den Bürgern Europas bewusst. Rund 90 % erwarten von der EU, dass sie mehr tut, um ihnen im Katastrophenfall zu helfen[6]. Ähnlich hoch ist der Anteil der Bürger, die humanitäre Maßnahmen der EU außerhalb der EU befürworten[7].

    Die EU verfügt über verschiedene Instrumente zur Katastrophenabwehr. Bei Katastrophen innerhalb der EU erleichtert das Katastrophenschutzverfahren die Koordinierung der Sachhilfe der Mitgliedstaaten[8]. Das Verfahren dient auch zur Koordinierung der Sachhilfe bei Katastrophen außerhalb der EU[9].

    Die EU (Kommission und Mitgliedstaaten zusammen) ist der weltweit größte Geber von humanitärer Hilfe in den Entwicklungsländern. Die Hilfsgelder fließen an Partnerorganisationen (vor allem UN-Organisationen, Rotes Kreuz/Roter Halbmond und humanitäre NRO), die den Großteil der Soforthilfe zugunsten der bedürftigen Menschen vor Ort leisten.

    Vorkehrungen wurden auch getroffen, um den Einsatz von militärischen Mitteln der Mitgliedstaaten zu erleichtern, sollte dies als Teil der EU-Katastrophenabwehr erforderlich sein[10].

    Beim Erdbeben in Haiti reagierte die EU schnell und wirkungsvoll. Allerdings deuten die ersten Lehren aus dieser und anderen Katastrophen der jüngsten Zeit darauf hin, dass es im Hinblick auf die Effektivität und Effizienz (Schnelligkeit des Einsatzes und Angemessenheit des Handelns), die Kohärenz (operative und politische Koordinierung) und die Sichtbarkeit der EU-Katastrophenabwehr noch Raum für weitere Verbesserungen gibt. Voraussetzung für eine verbesserte EU-Katastrophenabwehr außerhalb der EU ist allerdings das Vorhandensein leistungsfähiger und effizienter Katastrophenschutzkapazitäten in den Mitgliedstaaten. Ausgangspunkt für eine verstärkte Katastrophenabwehrfähigkeit der EU muss daher die Verbesserung der Katastrophenabwehrkapazitäten innerhalb der EU sein.

    Aus diesem Grund wird in dieser Mitteilung eine Strategie dargelegt, die dazu dienen soll, durch Bündelung der auf lokaler, nationaler und EU-Ebene vorhandenen Fachkenntnisse und Ressourcen das Katastrophenabwehrsystem der EU zu stärken. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Soforthilfe in der ersten Notfallphase . Die politischen und sicherheitspolitischen Komponenten der Katastrophenabwehr und die Krisenreaktion im Rahmen des IfS und der mittel- und langfristigen Hilfe werden - wie auch die Frage, wie beides besser mit der Soforthilfe koordiniert werden können - Gegenstand getrennter Vorschläge sein.

    Als Eckpfeiler dieser Strategie wird einerseits der Aufbau einer Europäischen Notwehrabwehrkapazität auf der Grundlage der in den Mitgliedstaaten vorhandenen Ressourcen und andererseits die Einrichtung eines Europäischen Notfallabwehrzentrums vorgeschlagen. Auch in den Bereichen Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe werden Maßnahmen vorgeschlagen.

    Leitprinzipien

    Die Arbeiten zur Stärkung der Katastrophenabwehrkapazitäten der EU sollten sich an folgende Leitprinzipien ausrichten:

    - Die EU sollte in der Lage sein, wirkungsvoll und im Geiste der Solidarität auf Katastrophen innerhalb und außerhalb der EU zu reagieren.

    - Die Katastrophenabwehrkapazitäten der EU sollten zur Bewältigung jeder Art von Katastrophe (d.h. Naturkatastrophen und von Menschen verursachte Katastrophen außer bewaffneten Konflikten) eingesetzt werden, die die nationalen Abwehrkapazitäten überfordert und damit Hilfe der EU erforderlich macht.

    - Voraussetzung für ein kohärentes Vorgehen bei Katastrophen außerhalb der EU ist die Zusammenführung der je nach Art der Krise verschiedenen verfügbaren Instrumente : Katastrophenschutz, humanitäre Hilfe, Krisenreaktion im Rahmen des IfS, geographische Instrumente der Außenhilfe (unter Verwendung flexibler Verfahren in Krisensituation und Notfällen) sowie zivile und militärische Krisenbewältigung im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP). Ziel sollte es sein, die zur Bewältigung einer bestimmten Katastrophe am besten geeigneten Instrumente zu ermitteln und einzusetzen, wobei auf den bestehenden Funktionen, Aufgaben und Kapazitäten aufgebaut und gewährleistet werden sollte, dass kritischen „Lücken“ und Engpässen Rechnung getragen wird.

    - Bei der Abdeckung des durch Katastrophen außerhalb der EU verursachten humanitären Bedarfs ist die EU gehalten, ihre Hilfe an international vereinbarten Grundsätzen (Menschlichkeit, Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit)[11] und Leitlinien auszurichten. Eine verbesserte EU-Koordinierung wird zur Stärkung der zentralen Koordinierungsrolle der UN bei Notfällen in Drittländern beitragen.

    - Ein Ansatz, der ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Katastrophenabwehr einerseits und Katastrophenvorbeugung und -vorsorge andererseits sicherstellt, ist das beste Mittel zur Bewältigung der zunehmenden von Katastrophen ausgehenden Bedrohungen. In dieser Mitteilung liegt das Schwergewicht zwar auf der Katastrophenabwehr, doch die Katastrophenvorsorge bildet den eigentlichen Eckpfeiler der EU-Strategie zum Katastrophenmanagement[12]. Maßnahmen zur Stärkung der Katastrophenabwehr und verstärkte Maßnahmen der Katastrophenvorsorge werden sich gegenseitig ergänzen. Zu diesem Ansatz gehört auch die Maximierung der Synergien zwischen den Bereichen Katastrophenvorsorge und Anpassung an den Klimawandel, damit zum Beispiel die finanzielle Unterstützung für Maßnahmen in den Bereichen Prävention, Erholung und Wiederaufbau zur Stärkung der Widerstandskraft gegenüber künftigen Krisen beitragen.

    - Voraussetzung für eine verbesserte Kostenwirksamkeit ist eine erhöhte Effizienz bei der Leistung von Hilfe. Dies lässt sich durch eine bessere gemeinsame Nutzung von Ressourcen erreichen. Dadurch werden Kosten gesenkt und Doppelarbeit vermieden. In geeigneten Fällen sollten die Mitgliedstaaten auf gemeinsame Ressourcen zurückgreifen. Bei neuen Initiativen (z.B. gemeinsame Bereitstellung von Transportmitteln) sollte gewährleistet werden, dass die Effizienzgewinne die etwaigen Kosten übersteigen und dass die nationale Zuständigkeit für die Katastrophenvorsorge und –abwehr nicht untergraben wird. Die EU sollte es außerdem vermeiden, neue Strukturen oder zusätzliche Bürokratie zu schaffen.

    Eine effektivere und effizientere europäische Katastrophenabwehr

    Aufbau einer europäischen Notfallabwehrkapazität auf der Grundlage im Voraus bereitgestellter Ressourcen der Mitgliedstaaten und im Voraus vereinbarter Notfallpläne

    Derzeit stützt sich die Katastrophenabwehr der EU auf Ad-hoc-Hilfsangebote der Mitgliedstaaten. Ein solches System erschwert die Vorausplanung von Soforthilfemaßnahmen und bietet keine Gewähr dafür, dass in jedem Fall angemessene und ausreichende Ressourcen zur Verfügung stehen. Die EU muss von der Ad-hoc-Koordinierung auf ein System umstellen, das durch vorausschauende Planung die Verfügbarkeit wichtiger Ressourcen sicherstellt, die auch sofort eingesetzt werden können.

    Zur verbesserten Planung von EU-Katastrophenschutzmaßnahmen schlägt die Kommission Folgendes vor:

    - Entwicklung von Referenzszenarien für die wichtigsten Arten von Katastrophen [13] innerhalb und außerhalb der EU;

    - Ermittlung und Inventarisierung wichtiger vorhandener Ressourcen, die von den Mitgliedstaaten für EU-Krisenabwehrmaßnahmen auf der Grundlage dieser Szenarien zur Verfügung gestellt werden könnten;

    - Entwicklung von Notfallplänen für den Einsatz dieser Ressourcen, einschließlich Transportmittel, und Überprüfung der Pläne anhand der Erfahrungen mit neuen Notfällen und Notfallübungen;

    - Ermittlung und Förderung von Synergien zwischen der Sachhilfe der Mitgliedstaaten und der von der EU finanzierten humanitären Hilfe.

    Die Inventarisierung der Kapazitäten, die für EU-Katastrophenschutzmaßnahmen auf der Grundlage im Voraus definierter Katastrophenszenarien zur Verfügung stehen, würde wesentlich zur Stärkung der Katastrophenabwehrkapazitäten der EU beitragen. Sie würde die Kommission und die Mitgliedstaaten in die Lage versetzen, den größtmöglichen Nutzen aus den Komplementaritäten und den Modalitäten für die gemeinsame Nutzung von Ressourcen zu ziehen, und damit die Kostenwirksamkeit steigern.

    Im Rahmen der Vorbereitenden Maßnahme für einen Krisenreaktionsmechanismus der EU wurden verschiedene Modalitäten zur Verbesserung der Verfügbarkeit wichtiger Ressourcen gestestet. Dazu zählen Bereitschaftsregelungen für Feldlazarette, Notunterkünfte, Hochleistungspumpen, Wasserreinigungsanlagen und weitere Ressourcen, die in den meisten Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen. Auf der Grundlage dieser ersten Erfahrungen schlägt die Kommission Folgendes vor:

    - Schaffung einer Europäischen Notfallabwehrkapazität in Form eines Pools an im Voraus festgelegten Katastrophenschutzressourcen, die freiwillig von den am Katastrophenschutzverfahren beteiligten Mitgliedstaaten für EU-Katastrophenabwehrmaßnahmen innerhalb und außerhalb der EU bereitgestellt werden.

    Die Mitgliedstaaten, die sich bereit erklärt haben, zu diesem Pool beizutragen, sollten ihre Ressourcen auf eine entsprechende Aufforderung hin für EU-Katastrophenabwehrmaßnahmen zur Verfügung stellen, es sei denn, diese Ressourcen werden zur Bewältigung von Notfällen im eigenen Land benötigt. Diese Ressourcen würden weiterhin nationalen Kommando- und Kontrollstrukturen unterliegen. Der Pool sollte groß genug sein, um jederzeit die Verfügbarkeit kritischer Abwehrkapazitäten zu gewährleisten. Die Bereitstellung von Ressourcen für den Pool sollte auf Freiwilligkeit beruhen und die betreffenden Ressourcen werden weiterhin uneingeschränkt den jeweiligen Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen, sollten sie nicht für EU-Maßnahmen in Anspruch genommen werden. Einzelne Mitgliedstaaten können auch gemeinsam multinationale Module für den Pool bereitstellen[14]. Auch Drittländer, vor allen die Länder des Europäischen Wirtschaftsraums und die EU-Kandidatenländer, sollten sich an diesen Regelungen beteiligen können.

    Im Falle einer Großkatastrophe wird die Kommission auf ein entsprechendes Hilfeersuchen hin unverzüglich einen Notfallabwehrplan vorschlagen, der dem Bedarf vor Ort Rechnung trägt und auf den im Voraus erarbeiteten Szenarien beruht. Dabei wird sie die entsprechenden Mitgliedstaaten zur Bereitstellung der benötigten Module auffordern.

    Der Einsatz der bereitgestellten Ressourcen wird vor Ort von den jeweiligen Mitgliedstaaten gesteuert werden. Die Koordinierung zwischen den verschiedenen EU-Modulen vor Ort und ggf. deren Integration in das Cluster-System der UN wird von EU-Experten (aus Kommission und Mitgliedstaaten) gewährleistet werden, die vom Notfallabwehrzentrum entsandt werden.

    Da die meisten Katastrophenschutzmodule der Mitgliedstaaten bereits für die nationale Katastrophenabwehr zur Verfügung stehen, wird davon ausgegangen, dass bei diesem System keine größeren zusätzlichen Kosten für den Aufbau und die Bereitstellung solcher Module anfallen werden. Im Gegenteil – der Aufbau einer gemeinsamen Notfallabwehr wird voraussichtlich zu Effizienzgewinnen und zu erhöhter Kostenwirksamkeit bei EU-Katastrophenabwehrmaßnahmen führen.

    Regelmäßige EU-Schulungen und –Übungen sollten durchgeführt werden, um die Interoperabilität beim Einsatz dieser Ressourcen zu gewährleisten. Die Interoperabilitätsanforderungen werden noch genauer ausgearbeitet werden.

    Diese abrufbereiten Ressourcen würden das Kernstück aller EU-Katastrophenschutzmaßnahmen bilden. Sie würden durch Ressourcen ergänzt werden, die die Mitgliedstaaten nach den derzeit üblichen Verfahren der Katastrophenhilfe bereitstellen. Bei Katastrophen außerhalb der EU würden sich diese abrufbereiten Ressourcen und die humanitäre Hilfe der EU gegenseitig ergänzen, wobei zur Verstärkung ggf. auch die Ressourcen der zivilen und militärischen EU-Krisenbewältigung auf der Grundlage entsprechender Vereinbarungen in Anspruch genommen werden könnten.

    Als weiteren Schritt schlägt die Kommission Folgendes vor:

    - Nutzung von Notfallplanungsübungen zur Feststellung möglicher Lücken in den in den Mitgliedstaaten verfügbaren Katastrophenabwehrkapazitäten, die durch ergänzende EU-finanzierte Ressourcen geschlossen werden könnten.

    Durch Lastenteilung und die gemeinsame Nutzung von Ressourcen lassen sich erhebliche Effizienzgewinne erzielen. Dies gilt insbesondere für Ressourcen, die für horizontale Koordinierung, Lagebeurteilung und Logistik (z.B. Einsatz von Überwachungsflugzeugen zur Lagebeurteilung) benötigt werden, aber auch für bestimmte hochwertige Ressourcen.

    Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten hat die Kommission eine Reihe erfolgreicher Pilotprojekte durchgeführt, um eine mögliche EU-Unterstützung bei der Bereitstellung verschiedener Ausrüstungen für die Notfallreaktion zu prüfen. Schwerpunkt dieser Projekte war die Bereitstellung von Flugzeugen für die Waldbrandbekämpfung und von Teams für technische Hilfe und Unterstützung (TAST), doch könnte dieses Konzept auch auf anderer Ressourcen wie z.B. Such- und Rettungsdienste auf See oder spezielle medizinische Einrichtungen angewandt werden.

    Zwischen der Europäischen Notfallabwehrkapazität und dem EAD werden enge Arbeitsbeziehungen aufgebaut werden, um die Komplementarität zu gewährleisten und mögliche Synergien zwischen den Managementverfahren für die Katastrophenhilfe einerseits und der zivilen und militärischen Krisenbewältigung andererseits zu nutzen.

    Vorhaltung (Pre-positioning) von Ressourcen für die Katastrophenabwehr

    Um die Wirksamkeit der Katastrophenhilfe zu gewährleisten, sollten die Hilfsgüter so nah wie möglich an der Katastrophenzone vorgehalten werden, wobei nach Möglichkeit auf lokale und regionale Ressourcen zurückgegriffen werden sollte. Aus diesem Grund haben die internationalen humanitären Organisationen (z.B. Welternährungsprogramm und der Internationale Verband der nationalen Gesellschaften des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds) mit erheblicher finanzieller Unterstützung durch die EU ihre Kapazitäten für die Vorhaltung von Hilfsgütern ausgebaut. Auch innerhalb der EU halten Mitgliedstaaten an strategischen Orten Ressourcen für die nationale Katastrophenhilfe und –abwehr vor. Wie jüngste Erfahrungen zeigen, kann dadurch die Reaktion auf Katastrophen erheblich beschleunigt werden. Der Aufbau eines weltweiten Netzes von regionalen Lagern/Drehscheiben könnte die schnelle Mobilisierung der Hilfe erleichtern.

    Um die zügige Bereitstellung von Ressourcen für humanitäre Organisationen bei Notfällen außerhalb der EU zu fördern, wird die Kommission

    - die Erfahrungen aus der einschlägigen Zusammenarbeit der EU mit wichtigen humanitären Partnern - vor allem WEP und IFRC – auswerten und Möglichkeiten zur Weiterentwicklung dieses Konzepts prüfen und

    - versuchen, die Vorhaltungssysteme zu nutzen, die einige Mitgliedstaaten bereits in Drittländern eingerichtet haben.

    Verbesserte Bedarfsermittlung

    Eine rechtzeitige und genaue Bedarfsermittlung ist für fundierte Entscheidungen über die Katastrophenhilfe von entscheidender Bedeutung. Im Falle von Katastrophen außerhalb der EU spielen die ECHO-Experten vor Ort und die EU-Katastrophenschutzteams mit ihren Ratschlägen und Informationen eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Reaktion der EU. Sie unterstützen auch die Arbeit der UN in den Bereichen Beurteilung und Koordinierung. Die Ermittlung des humanitären Bedarfs in den ersten Phasen der Katastrophenhilfe und den Bedarfsermittlungen in den Erholungs- und Entwicklungsphasen, wie z.B. der PNDA (Bedarfsermittlung nach einer Katastrophe), sollten besser mit einander verknüpft werden.

    Die Kommission wird

    - die Entwicklung gemeinsamer, sektorübergreifender und vergleichbarer Bedarfsermittlungen unter Leitung der UN unterstützen,

    - EU-Experten einsetzen, die als Verbindungsbeamten zum UN-System dienen,

    - die Kapazitäten der EU-Bedarfsermittlungsteams ausbauen, damit sie größere Gebiete erfassen und erforderlichenfalls auch Lücken in den UN-Kapazitäten schließen können und

    - für eine ausreichende Beteiligung von Experten, die an der hilfebezogenen Bedarfsermittlung und an der Durchführung von humanitären Maßnahmen mitwirken, an der PDNA sorgen.

    Eine gemeinsame, effektivere und kostenwirksamere Logistik

    Zurzeit besteht ein Nebeneinander verschiedener nationaler und europäischer Strukturen für die Logistik in Katastrophenzonen in Drittländern. Aufgrund dieser verschiedenen Strukturen muss jeder Akteur seine Logistik vor Ort selber planen und einrichten. In manchen Fällen fehlt es dann an einer wirksamen Kommunikation zwischen diesen Logistikzentren. Dies beeinträchtigt die operative Effizienz, die Kostenwirksamkeit und die Sichtbarkeit der EU.

    Horizontale Aufgaben wie die Logistik lassen sich effizienter auf EU-Ebene wahrnehmen. In Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten hat die Kommission spezielle Einheiten (Teams für technische Hilfe und Unterstützung - TAST) aufgebaut, die als mobile Logistikzentren dienen. Die Kommission schlägt Folgendes vor:

    - systematischen Einsatz der Teams für technische Hilfe und Unterstützung, vor allem dort, wo die lokale Infrastruktur zusammengebrochen ist, und Entwicklung vertraglicher Regelungen zur Gewährleistung ihrer Verfügbarkeit;

    - Entwicklung - gemeinsam mit dem EAD - von Konzepten darüber, wie diese Teams EU-Delegationen, konsularische Stellen und weitere EU- und internationale Akteure bei Großkatastrophen außerhalb der EU besser unterstützen können;

    - Weiterentwicklung dieser Regelungen bis hin zur Einrichtung eines EU-Zentrums für Vor-Ort-Koordinierung, das mit dem UN-System verzahnt werden kann.

    Koordinierter und kostenwirksamer Transport

    Die EU verfügt über die Möglichkeit zur Kofinanzierung des Transports von Sachhilfe. Um die Beseitigung von Transportengpässen zu gewährleisten, sollte diese Kofinanzierung verstärkt werden. Die Lieferung von Hilfsgütern in die betroffenen Länder, einschließlich der Logistik und der lokalen Lieferung dorthin, wo die Hilfe dringendsten benötigt wird, muss verbessert werden.

    Die Kommission schlägt Folgendes vor:

    - Vereinfachung und Verstärkung der bestehenden Regelungen für die Zusammenlegung und Kofinanzierung von Transportmitteln;

    - Diskussionen mit dem Privatsektor über Möglichkeiten zur kommerziellen Bereitstellung von Transportmitteln und Logistikleistungen bei Katastrophen;

    - volle Ausschöpfung der durch den Allgemeinen Rahmen für den Einsatz der militäreigenen oder vom Militär gecharterten Transportmittel der Mitgliedstaaten sowie der ESVP-Koordinierungsinstrumente zur Unterstützung des EU-Katastrophenschutzes gebotenen Möglichkeiten;

    - Fortsetzung ihrer Unterstützung für die Entwicklung geeigneter (strategischer und taktischer) Lufttransport-/Transportkapazitäten durch humanitäre Organisationen und die UN.

    Nutzung von militärischen Mitteln der Mitgliedstaaten und Möglichkeiten der GSVP zur Unterstützung der EU-Katastrophenabwehr

    Zivile und militärische Kapazitäten, die im Rahmen der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU entwickelt wurden, können vor allem bei schweren Naturkatastrophen in Anspruch genommen werden, um den Katastrophenschutz und die humanitäre Hilfe zu unterstützen.

    Der Einsatz von militärischen Mitteln bei der Reaktion auf Naturkatastrophen in Drittländern wird durch die so genannten Osloer Leitlinien geregelt[15]. Diese Leitlinien wurden auf UN-Ebene vereinbart und durch die EU in dem Europäischen Konsens über die humanitäre Hilfe[16] gebilligt. In den Osloer Leitlinien ist festgelegt, dass militärische Mittel nur dann eingesetzt werden sollten, wenn es keine zivile Möglichkeit zur rechtzeitigen Deckung des dringenden humanitären Bedarfs gibt.

    Einige Mitgliedstaaten verfügen über nationale Systeme zur Verwendung militärischer Transportmittel oder anderer militärischer Mittel bei der Katastrophenhilfe außerhalb der EU. Militärische Mittel dieser Art, die über die Katastrophenschutzbehörden der Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt werden, können einen Teil der Sachhilfe bilden, die die EU derzeit über das im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens eingerichteten Beobachtungs- und Informationszentrums (MIC) bereitstellt. Wie die Reaktion auf das Erdbeben und den Tsunami im Indischen Ozean im Dezember 2004 und auf die Überschwemmungen in Pakistan in diesem Jahr zeigen, können militärische Mittel verwendet werden, um kritische Kapazitätslücken in Bereichen wie Transport, Logistikunterstützung, Technik oder medizinische Versorgung abzudecken.

    Die EU hat bereits einen Rahmen für militärische Unterstützung bei der EU-Katastrophenreaktion entwickelt, der die Verwendung der militäreigenen oder vom Militär gecharterten Transportmittel der Mitgliedstaaten sowie der ESVP-Koordinierungsinstrumente abdeckt[17]. Standardverfahren wurden entwickelt und bereits bei der Reaktion auf Großkatastrophen erfolgreich angewandt, so beispielweise bei den Überschwemmungen in Pakistan in diesem Jahr, als die Kommission über das MIC Hilfsflüge unterstützte, die von der innerhalb des EU-Militärstabs angesiedelten EU-Planungszelle für Transport und Bewegung von Kräften organisiert wurden. Diese Flüge ergänzten die zivilen Hilfsflüge, die im Rahmen des Katastrophenschutzverfahrens organisiert und kofinanziert wurden.

    Die Hohe Vertreterin und die Europäische Kommission werden getrennte Vorschläge für die verbesserte Verwendung von zivilen und militärischen Mittel der GSVP im Rahmen der EU-Katastrophenabwehr, insbesondere für die Stärkung der Kohärenz und der Synergien mit EU-Maßnahmen in den Bereichen humanitäre Hilfe und Katastrophenschutz, vorlegen.

    Es besteht die Notwendigkeit,

    - ein Europäisches Notfallabwehrzentrum als operative Schnittstelle zwischen der Katastrophenhilfe der Kommission und den Koordinierungsinstrumenten der GSVP aufzubauen, damit die Bereitstellung von Krisenmanagementressourcen durch die Mitgliedstaaten besser auf den humanitären Bedarf vor Ort abgestimmt werden kann.

    Eine kohärentere Reaktion

    Aufbau eines Notfallabwehrzentrums

    Der Katastrophenschutz und die humanitäre Hilfe stellen die wichtigsten operativen Instrumente der EU zur sofortigen Reaktion auf Katastrophen dar. Nach der Zusammenführung dieser beiden Instrumente unter der Verantwortung einer einzigen Generaldirektion (GD ECHO) besteht die Möglichkeit zum Aufbau eines verstärkten Notfallabwehrzentrums, das sich auf Informationen und Sachverstand aus beiden Bereichen stützt und in der Lage ist, eine wirksame Verbindung – auf europäischer Ebene – zwischen den Katastrophenschutz- und den für die humanitäre Hilfe zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten herzustellen.

    Die Krisenstellen von ECHO und des MIC werden zusammengelegt werden, um ein Notfallabwehrzentrum zu schaffen, das rund um die Uhr einsatzfähig ist und die Verantwortung für die Koordinierung der zivilen EU-Katastrophenabwehr trägt. Dies setzt einen inhaltlichen Übergang von dem reinen Informationsaustausch und der Reaktion auf Katastrophen hin zu einer proaktiveren Rolle bei Planung, Überwachung, Vorbereitung, operativer Koordinierung und Logistikunterstützung voraus. Zu diesem Zweck wird das Zentrum eine integrierte Überwachungskapazität aufbauen, die sich u.a. auf die GMES-Dienste stützt. Das Zentrum wird für einen kontinuierlichen Informationsaustausch mit den für Katastrophenschutz und humanitäre Hilfe zuständigen Behörden über den Hilfsbedarf und die Hilfsangebote der Mitgliedstaaten und anderer Akteure sorgen. Damit soll gewährleistet werden, dass die Mitgliedstaaten fundierte Entscheidungen über Finanzierungsfragen und über zusätzliche Hilfsangebote treffen können. Außerdem wird das Zentrum Referenzszenarien für die wichtigsten Arten von Katastrophen innerhalb und außerhalb der EU entwickeln.

    Bei Katastrophen außerhalb der EU sollte das Notfallabwehrzentrum die Aufgabe haben, Informationen über sämtliche in der EU verfügbare Sachhilfe zu sammeln und die Kohärenz dieser Hilfe gegenüber dem UN-Koordinierungssystem und dem betroffenen Land zu gewährleisten.

    Ein konsolidiertes Notfallabwehrzentrum wird auch die operative Koordinierung mit anderen EU-Akteuren erleichtern[18]. Zu dieser Koordinierung würden u.a. der Austausch von Informationen und Analysen mit den geographischen Abteilungen des EAD (ggf. einschließlich des Lagerzentrums) und die Zusammenarbeit mit den Krisenbewältigungsstrukturen des EAD in den Fälle gehören, in denen der Einsatz von zivilen und/oder militärischen EU-Mittel im Rahmen der EU-Katastrophenabwehr erwogen wird. Das Zentrum sollte außerdem als Verbindungsstelle zu relevanten Teilen des EAD dienen, insbesondere bei GASP oder ESVP-Missionen in Drittländern. Durch Verbindung mit den Lagebeurteilungskapazitäten, die im Rahmen die Strategie der inneren Sicherheit aufgebaut werden, wird das Zentrum auch zur Stärkung der Widerstandskraft Europas gegenüber Katastrophen beitragen.

    Es werden keine neuen überwölbenden Strukturen vorgeschlagen. Mit der Entwicklung spezialisierter Drehscheiben/Plattformen wird die Schaffung von Arbeitsbeziehungen zu anderen Stellen einhergehen, die den systematischen Austausch von Informationen gewährleisten.

    Die Kommission wird

    - durch die Zusammenlegung der Krisenstellen des MIC und der GD ECHO ein rund um die Uhr einsatzfähiges Europäisches Notfallabwehrzentrum aufbauen, das mit anderen einschlägigen Dienststellen, einschließlich der für die Strategie der inneren Sicherheit zuständigen Stelle, eng zusammenarbeiten wird,

    - das Notfallabwehrzentrum mit der Zeit weiterentwickeln, damit es zu einer Plattform wird, die andere an der Bewältigung von Großkatastrophen beteiligte Dienste unterstützt,

    - Arbeitsbeziehungen zum EAD (Zentrale und EU-Delegationen) aufbauen. Dies kann u.a. regelmäßige Treffen, den befristeten Austausch von Verbindungsbeamten, gemeinsame Übungen und Fortbildung umfassen.

    Verstärkte Koordinierung

    Bei Katastrophen in Drittländern unterstützt die EU tatkräftig die zentrale Koordinierungsrolle der Vereinten Nationen und insbesondere des UN-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten. Eine verbesserte EU-Koordinierung wird auch die Rolle der UN stärken, weil sie einen kohärenteren Beitrag der EU zu den von den UN geleiteten Hilfsmaßnahmen gewährleistet.

    Die Kommission wird

    - die EU-Unterstützung der UN bei der lokalen Koordinierung der humanitären Hilfe (Cluster-System, UN–Koordinator für humanitäre Hilfe) u.a. durch die Entsendung von humanitärem Verbindungspersonal der EU und die Abordnung von EU-Personal an das lokale UN-Koordinierungssystem verstärken,

    - das Notfallabwehrzentrum nutzen, um den Informationsfluss zwischen EU und UN über die Hilfsmaßnahmen der EU zu straffen,

    - die Berichterstattung des UN-Finanzüberwachungsdiensts über die von der EU insgesamt geleistete Katastrophenhilfe verbessern.

    Die Zusammenführung von humanitärer Hilfe und Katastrophenschutz unter der Verantwortung eines einzigen Kommissionsmitglieds bietet Möglichkeiten für gemeinsame Analysen, gemeinsame Informationserfassung, vereinfachte Beiträge zum Cluster-Koordinierungssystem und für eine verbesserte EU-Koordinierung vor Ort. Um die Kohärenz der europäischen Katastrophen- und Soforthilfe zu verbessern, wird die Kommission

    - die Benennung von Kontaktstellen für humanitäre Hilfe in den Mitgliedstaaten vorschlagen, die jederzeit für einen Informationsaustausch zur Verfügung stehen sollen. Diese Kontaktstellen werden mit den nationalen Kontaktstellen für das EU-Katastrophenschutzverfahren verbunden werden, um ein abgestimmtes Vorgehen zu gewährleisten,

    - ein internetbasiertes Informationswerkzeug (auf der Grundlage des derzeitigen 14-Punkte-Systems für die humanitäre Hilfe und des CECIS-Systems[19] für die Katastrophenhilfe) entwickeln. Dieses Werkzeug wird die Echtzeit-Kommunikation über die humanitäre Hilfe und Sachhilfe der EU (27 Mitgliedstaaten und die Kommission) ermöglichen,

    - die Mitgliedstaaten auffordern, rechtzeitig über ihre Beiträge zur humanitären Hilfe zu informieren.

    Eine sichtbarere Katastrophenabwehr

    Die Sichtbarkeit der EU ist kein Selbstzweck. Die Öffentlichkeit der EU hat ein Recht auf genaue, umfassende Informationen über die Reaktion der EU auf Katastrophen. Die EU ist derzeit der weltweit größte Geber von humanitärer Hilfe, doch sind ihre Hilfsmaßnahmen trotz ihrer anerkannten Wirksamkeit nicht immer sichtbar für die EU-Bürger, die begünstigten Entwicklungsländer oder die internationalen Partner der EU. Dadurch werden im Zeitalter der Globalisierung die Glaubwürdigkeit und die Verhandlungsposition der EU auf internationaler Ebene erheblich geschwächt. Auch für die Kommunikation muss daher ein wirksames Konzept der Szenarioplanung entwickelt werden. Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten müssen die EU-Institutionen eine Kommunikationsstrategie entwickeln, die die Sichtbarkeit der EU-Katastrophenabwehr verbessern wird.

    Wichtig ist auch, dass die Finanzierung von Hilfsmaßnahmen durch die EU über internationale und lokaler Partner sowohl vor Ort als auch im Internet angemessen herausgestellt und sichtbar gemacht wird (außer in Fällen, in denen die Präsenz von EU-Symbolen die Hilfe erschweren würde).

    Die Kommission wird

    - statt jeweils getrennter Summen für die EU und die Mitgliedstaaten die Gesamtsumme der EU-Katastrophenhilfe (Finanz- und Sachhilfe) präsentieren - bei voller Würdigung der bilateralen Hilfe,

    - darauf hinarbeiten, dass bei allen Katastrophenabwehrmaßnahmen und bei sämtlichem dabei eingesetzten Personal der Kommission und der Mitgliedstaaten neben nationalen Symbolen auch Symbolen der EU zur Anwendung kommen,

    - prüfen, wie Partnerorganisationen für eine ausreichende Sichtbarkeit der von der EU finanzierten Katastrophenhilfe sorgen können (z.B. EU-Logo oder doppeltes Logo auf Hilfsgütern),

    - die Einhaltung der bestehenden Finanzierungsbedingungen strenger überwachen,

    - Überlegungen über die Schaffung eines angemessenen Markenprofils für eine verstärkte EU-Katastrophenabwehr anstellen.

    Schlussfolgerung

    Die in dieser Mitteilung dargelegte Strategie bildet den ersten Schritt zur Entwicklung einer verstärkten Katastrophenabwehrkapazität der EU. Sie wird dazu beitragen, die Wirkung von EU-Maßnahmen zur Linderung des Leids von Katastrophenopfern in der EU und der Welt zu maximieren. Zur Umsetzung der wichtigsten Vorschläge wird die Kommission 2011 Gesetzgebungsvorschläge vorlegen.

    [1] Europäischer Konsens über humanitäre Hilfe, Dezember 2007.

    [2] Kommissionsmitteilung „Stärkung der Katastrophenabwehrkapazitäten der Europäischen Union“ vom 5. März 2008. KOM(2008) 130 endg.

    [3] Bericht von Michel Barnier 'For a European civil protection force: europe aid'. http://ec.europa.eu/archives/commission_2004-2009/president/pdf/rapport_barnier_en.pdf

    [4] Artikel 222 AEUV.

    [5] Daten des Centre for Research on the Epidemiology of Disasters (CRED). Das CRED definiert Katastrophen als Situationen oder Ereignisse, die die lokalen Kapazitäten überfordern und damit ein Ersuchen an die nationale oder internationale Ebene um externe Hilfe erforderlich machen. www.cred.be Diese Mitteilung befasst sich in erster Linie mit Katastrophen, die ein Ersuchen um internationale Hilfe erforderlich machen.

    [6] http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/ebs/ebs_328_de.pdf.

    [7] http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/ebs/ebs_328_de.pdf.

    [8] Im ersten Jahr nach seiner Einrichtung (2002) kam das Verfahren drei Mal zur Anwendung. Im Jahr 2009 waren es bereits 27 Mal. Bei rund der Hälfte dieser Anwendungsfälle handelte es sich um die Katastrophenabwehr innerhalb der EU.

    [9] In allen Fällen muss der Anwendung des Verfahrens ein Ersuchen des von einer Katastrophe betroffenen Landes bzw. der von einer Katastrophe betroffenen Länder vorausgehen. Handelt es sich dabei um Drittstaaten, so wird die Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik gemäß der Gemeinsamen Erklärung des Rates und der Kommission über die Anwendung des Gemeinschaftsverfahren für den Katastrophenschutz (Dok. 10639/03) umgehend konsultiert, um zu klären, ob die Anwendung des Verfahrens in den Aufgabenbereich der GSVP-Krisenbewältigung fällt.

    [10] Zu den einschlägigen Dokumenten, die zwischen 2003 und 2006 vom Rat erarbeitet wurden, zählen der „Allgemeine Rahmen für den Einsatz der militäreigenen oder vom Militär gecharterten Transportmittel der Mitgliedstaaten sowie der ESVP-Koordinierungsinstrumente zur Unterstützung des EU-Katastrophenschutzes“ und „Militärische Unterstützung für die EU-Katastrophenreaktion: Ermittlung und Koordinierung verfügbarer Mittel und Fähigkeiten“ (siehe die Dokumente 10639/03, 6644/4/04, 8976/06, 9462/3 REV3 und 14540/06 + COR1).

    [11] Europäischer Konsens über die humanitäre Hilfe http://ec.europa.eu/echo/files/policies/consensus/consensus_de.pdf.

    [12] 2009 nahm die Kommission die Mitteilung „Ein Gemeinschaftskonzept zur Verhütung von Naturkatastrophen und von Menschen verursachten Katastrophen“ (KOM(2009) 82 endg.) und die „EU-Strategie zur Unterstützung der Katastrophenvorsorge in Entwicklungsländern“ (KOM(2009) 84 endg.) an. Der Aktionsplan zur Umsetzung der Strategie steht kurz vor der Annahme. Derzeit laufen Arbeiten zur Entwicklung einer EU-weiten Risikoübersicht und die Kommission prüft Verfahren zur regelmäßigen Überprüfung der Politik der Mitgliedstaaten im Bereich Katastrophenvorbeugung und –vorsorge. Erhebliche EU-Mittel stehen für die Katastrophenvorbeugung bereit, werden aber nach wie vor nur begrenzt in Anspruch genommen. Mittel werden auch über das 7. Rahmenprogramm für Forschung und Entwicklung (Themenbereiche Raumfahrt und Sicherheit) zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus bemüht sich die EU darum, ihre Unterstützung für Projekte der Katastrophenvorbeugung in Drittländern auszubauen, praxisbewährte Methoden zu ermitteln und auszutauschen und innovative Finanzierungsmöglichkeiten zu prüfen. Diese Arbeiten sollten mit den Bemühungen der EU um Anpassung an den Klimawandel verknüpft werden. Die Umsetzung und Weiterentwicklung des EU-Solidaritätsfonds könnte weitere Möglichkeiten zur Stärkung des EU-Katastrophenmanagements bieten.

    [13] Einschließlich CBRN und grenzübergreifender Terroranschläge.

    [14] Mit der Unterstützung der Kommission haben Estland, Lettland und Litauen ein gemeinsames Modul für Hochleistungspumpen („Balt Flood Combat“) entwickelt, das erfolgreich zur Bekämpfung der Überschwemmungen in Polen und der Republik Moldau eingesetzt wurde.

    [15] Leitlinien für den Einsatz von militärischen Mitteln und Zivilschutzmitteln bei der Katastrophenhilfe – „Osloer Leitlinien“ (im November 2006 vom Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der Vereinten Nationen wieder aufgegriffen).

    [16] Siehe insbesondere Absatz 61.

    [17] Siehe die in der Fußnote 11 genannten Dokumente.

    [18] Die Kommission wird das ARGUS-System (siehe KOM(2005)662) und damit verbundene Verfahren weiterhin zur Bewältigung sektorübergreifender Krisen und zur Koordinierung der Kommissionsdienststellen verwenden und weiterentwickeln.

    [19] Common Emergency Communication and Information System – ein sicheres System, das eine Verbindung zwischen den am EU-Katastrophenschutzverfahren beteiligten Katastrophenschutzbehörden und der Kommission herstellt.

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