EUR-Lex Access to European Union law

Back to EUR-Lex homepage

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52006DC0181

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Auf dem Wege zu einer globalen Partnerschaft in der Informationsgesellschaft - Folgemaßnahmen nach der Tunis-Phase des Weltgipfels über die Informationsgesellschaft (WSIS)

/* KOM/2006/0181 endg. */

52006DC0181

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Auf dem Wege zu einer globalen Partnerschaft in der Informationsgesellschaft - Folgemaßnahmen nach der Tunis-Phase des Weltgipfels über die Informationsgesellschaft (WSIS) /* KOM/2006/0181 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 27.4.2006

KOM(2006) 181 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Auf dem Wege zu einer globalen Partnerschaft in der Informationsgesellschaft: Folgemaßnahmen nach der Tunis-Phase des Weltgipfels über die Informationsgesellschaft (WSIS)

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN

Auf dem Wege zu einer globalen Partnerschaft in der Informationsgesellschaft: Folgemaßnahmen nach der Tunis-Phase des Weltgipfels über die Informationsgesellschaft (WSIS) (Text von Bedeutung für den EWR)

1. EINLEITUNG

Die zweite Phase des Weltgipfels über die Informationsgesellschaft (WSIS) fand vom 16. bis 18. November 2005 in Tunis statt. Sie stellte eine Plattform dar für den Austausch zwischen einer großen Reihe von Beteiligten zu wichtigen Fragen, die der entstehenden globalen Informationsgesellschaft zugrunde liegen. Zuvor hatte die Genfer Phase des Gipfels (Dezember 2003) Grundsätze und Aktionspunkte zu allen wichtigen Fragen der Informationsgesellschaft formuliert, von Infrastrukturen bis hin zu Medienpluralismus[1]. Zwei bedeutende Themen blieben für die Debatte in Tunis: Management und Kontrolle des Internet (governance) und Finanzierungsmechanismen für die Überbrückung der digitalen Kluft . Später kamen die Umsetzung der WSIS-Verpflichtungen und Folgemaßnahmen nach dem Gipfeltreffen als weitere Fragen während des Vorbereitungsprozesses auf.

Auf dem Gipfel von Tunis billigten die führenden Politiker der Welt zwei Dokumente, die weitere Schritte für die politische Debatte über die globale Informationsgesellschaft vorgeben:

- Die Verpflichtung von Tunis [2] erinnert an die Genfer Grundsatzerklärung und den Genfer Aktionsplan und unterstützt dann Grundsätze, die der gemeinsamen Vision der Informationsgesellschaft zugrunde liegen. Die Politiker bestätigten ihren „ Wunsch und ihre Verplichtung, eine auf den Menschen konzentrierte, entwicklungsorientierte Informationsgesellschaft aufzubauen, die alle einbezieht“ [3] und die die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten wie Meinungs- und Informationsfreiheit voraussetzt.

- Die Tunis-Agenda für die Informationsgesellschaft [4] geht sogar weiter: Sie identifiziert die Hauptherausforderungen und zeigt Wege, sie anzugehen. Insbesondere anerkennt sie das Ausmaß der digitalen Kluft und die Notwendigkeit, diese durch verschiedene und komplementäre Mittel in Angriff zu nehmen. Im Hinblick auf das Management und die Kontrolle des Internet zeigt die Agenda einen Weg auf, wie die Diskussionen fortgesetzt werden können. Schließlich zeigt die Tunis-Agenda, auf welche Art und Weise Regierungen, regionale und internationale Organisationen sowie andere Beteiligte die Verpflichtungen umsetzen können, die sie auf sich genommen haben.

Diese Mitteilung enthält eine Bewertung der Hauptergebnisse des Gipfels, gibt die Prioritäten der EU an und macht Vorschläge für den Weg, den der EU-Beitrag zur Weiterverfolgung des WSIS-Prozesses nehmen kann. Die Kommission und die EU als Ganzes möchten treibende Kräfte in diesem Prozess bleiben und sich dabei auf den Erfolg stützen, der während der zweiten Phase erreicht wurde.

2. BEWERTUNG DER WSIS-ERGEBNISSE

Der Gipfel hat einen Konsens über ein Gesamtkonzept für die Informationsgesellschaft umrissen, das allen Mitgliedstaaten der UNO gemein ist und auf den beiden Abschlussdokumenten fußt (Verpflichtung von Tunis und Tunis-Agenda), die die 2003 in Genf angenommenen Dokumente ergänzen.

Somit hat der Gipfel die grundlegende Bedeutung von Demokratie, von politischen Zielen wie nachhaltiger Entwicklung und kultureller Vielfalt sowie der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten bestätigt, einschließlich des Rechts auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung, sowie der Freiheit des Empfangens von Informationen und des Zugangs zu ihnen. Diese sind unentbehrlich, wenn Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zu wirtschaftlichem und sozialem Fortschritt in Entwicklungs- und Schwellenländern beitragen sollen.

Die Kommission begrüßt diese klare und unmissverständliche Erklärung, die ihre volle Bedeutung erst im Lichte der Vorfälle erhalten, die sich am Rande des Gipfels in Tunis abgespielt haben. Auf der Grundlage dieses globalen Konsens wird die Kommission entschlossene Bemühungen unternehmen, um aus dem Missbrauch von IKT (z. B. Repression in Datennetzen, Missachtung des Privatlebens und des Briefgeheimnisses) erwachsenden Bedrohungen der Menschenrechte sowie Gefährdungen und Einschränkungen ihrer Gültigkeit zu verhindern und ihnen entgegenzuwirken. In dieser Hinsicht verfolgt die Kommission die in den USA laufende Debatte über Wege und Mittel, Unternehmen (Internet-Zugans- und Internet-Diensteanbieter sowie Anbieter von Internet-Technologien) davon abzuhalten, repressiven Regierungen dabei zu helfen, den freien Informationsfluss über das Internet einzuschränken. Die Kommission ermutigt betroffene Unternehmen, an einem Verhaltenskodex zu dieser entscheidenden Frage zu arbeiten, in Kooperation mit Nicht-Regierungsorganisationen (NRO).

Eine ausgewogene Einigung konnte erzielt werden über den Weg zur Überbrückung der digitalen Kluft [5] und zur Unterstützung verletzbarer Gruppen, wie etwa älterer Menschen oder Personen mit speziellen Bedürfnissen. Sie regt an, Unterstützungsprogramme für Entwicklungsländer anzunehmen, damit diese die Vorteile von IKT nutzen, um die von den VN festgelegten Millenniums-Entwicklungsziele ( Millennium Development Goals , MDGs) zu erreichen. Dies muss einhergehen mit der Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen, die den Wettbewerb fördern und Anreize geben für die Investition in IKT-Infrastruktur und in die Entwicklung neuer Anwendungen und Dienste. Die Kommission unterstützt dieses Konzept auf internationaler Ebene voll.

Darüber hinaus unterstützt die Kommission eine „Agenda der digitalen Solidarität“. Diese nimmt die von Entwicklungsländern hinsichtlich des Zugangs zu Finanzierungsmöglichkeiten vorgebrachten Bedenken auf und reagiert mit einer Reihe von Programmen und Projekten, die Partnerländer einbeziehen, einschließlich Partnerschaften mit dem Privatsektor und der Zivilgesellschaft. Die EU wird dem Potential der IKT, zum Erreichen der MDGs beizutragen, größeres Gewicht geben, indem sie die Agenda der digitalen Solidarität innerhalb existierender Mechanismen thematisiert und Entscheidungsträgern in Entwicklungsländern hilft, den größten Nutzen aus diesen Instrumenten zu ziehen. Den Digitalen Solidaritätsfonds nimmt die Kommission zur Kenntnis als eine Initiative nicht intergouvernementaler Natur, die auf innovative Weise lokale Behörden und andere beteiligte Parteien in den Kampf gegen die digitale Kluft einbezieht.

Ein Kompromiss wurde auch zum Management und zur Kontrolle des Internet (governance) gefunden. Die EU war eine der wichtigsten treibenden Kräfte beim Erreichen eines Kompromisses. Der Wortlaut der EU-Vorschläge trug dazu bei, die divergierenden Positionen anderer Delegationen in Einklang zu bringen, insbesondere zu den zwei wichtigsten Fragen:

- Während des gesamten Vorbereitungsprozesses betonte die EU, dass Regierungen einen spezifischen Auftrag und eine spezifische Verantwortung gegenüber ihren Bürgern haben, und dass ihre Rolle sich auf Grundsatzfragen öffentlicher Ordnung konzentrieren sollte, ohne jegliche Beteiligung am Alltagsbetrieb des Internet. Der Gipfel hat diesen Standpunkt einbezogen und den Bedarf nach einer verstärkten Zusammenarbeit anerkannt, die es den Regierungen ermöglichen soll, gleichberechtigt ihre Rolle und Verantwortung in internationalen Fragen der öffentlichen Ordnung, die das Internet betreffen, wahrzunehmen.

- Außerdem legt die Tunis-Agenda den Grundstein zur Schaffung des Internet Governance Forum , eines neuen Forums für den politischen Dialog aller Beteiligten – ein anderes Konzept, das die EU im Vorfeld des Gipfels von Tunis vorgeschlagen hatte.

Für die EU stellt das WSIS-Ergebnis daher einen Erfolg dar . Es spiegelt die Positionen wider, die insbesondere in der letzten Mitteilung der Kommission über den EU-Beitrag zur zweiten WSIS-Phase[6], in der Entschließung des Europäischen Parlaments über die Informationsgesellschaft[7] und in den Schlussfolgerungen des Rates vom 27. Juni 2005[8] ausgedrückt wurden.

3. FOLGEMASSNAHMEN NACH DEM WSIS-PROZESS

Um die Ergebnisse der Gipfeltreffen von Genf und von Tunis umzusetzen, schlägt die Kommission vor, dass EU-Politiken die vom Gipfel formulierten Empfehlungen berücksichtigen, insbesondere in den Gebieten Informationsgesellschaft, Forschung und Entwicklung (FuE), wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit sowie Entwicklungshilfe. Dabei könnte die EU auf die Erfahrungen mit ihrem eigenen strategischen Rahmen für die Politiken der Informationsgesellschaft zurückgreifen, die i2010-Initiative.

Die i2010-Initiative [9] (Juni 2005) legt drei Haupthandlungsschwerpunkte fest, um es der EU zu ermöglichen, aus der Massenverbreitung von IKT und den letzten Wellen technologischer Konvergenz Vorteil zu ziehen und dabei Belange öffentlichen Interesses wie kulturelle Vielfalt sicherzustellen:

- Schaffung eines offenen und wettbewerbsfähigen EU-Binnenmarktes für Dienste der Informationsgesellschaft und Medien;

- beträchtliche Erhöhung der EU-Investitionen in die IKT-Forschung;

- Förderung einer europäischen Informationsgesellschaft, die alle Menschen einbezieht, wobei der Schwerpunkt auf Aktivitäten im Zusammenhang mit der digitalen Kluft liegt, in geographischer wie in sozialer Hinsicht.

3.1. Der Kampf gegen die digitale Kluft

Der Gipfel von Tunis hat die Vorteile anerkannt, die IKT den Menschen bringen können, sowie die Art und Weise, in der sie menschliche Aktivitäten transformieren können. Besonders das Internet wird ein wichtiges Element, das lokalen Gemeinschaften hilft, Unternehmen anzuziehen, medizinische Versorgung sicherzustellen sowie die Ausbildung und den Zugang zu Regierungsdiensten zu verbessern. In dieser Hinsicht wird die Kommission Versuche, die Neutralität des Internet in Frage zu stellen, mit Aufmerksamkeit verfolgen.

3.1.1. Die interne Erfahrung der EU

Die Kommission hat vor kurzem eine Mitteilung über die Überwindung der Breitbandkluft angenommen[10] , die sich auf die interne territoriale Kluft der EU konzentriert. Sie zeigt auf, dass Breitband das Wirtschaftswachstum stimuliert und dass abgelegene und ländliche Gegenden daher am meisten vom Breitbandausbau zu gewinnen haben, weil hierdurch die Nachteile niedriger Bevölkerungsdichte und geographischer Entfernung von den wirtschaftlichen Hauptzentren verringert werden.

Außerdem ist Förderung der Barrierefreiheit im Bereich der IKT (e-Accessibility) ein großes Thema unter i2010. [11] Beabsichtigte Aktionen fußen auf laufenden Aktivitäten unter e-Accessibility im FuE-Gebiet (Barrierenfreiheit des Internet, „Design für alle“ und Hilfsgerätetechniken) und thematisieren Fragen des öffentlichen Beschaffungswesens, der Zertifizierung und der Gesetzgebung im Bereich elektronische Kommunikation.

In der Absicht, Aktionen zur Frage der Kenntnisse in elektronischer Datenverarbeitung (e-Skills) anzustiften, hat die Kommission das Europäische e-Skills - Forum eingerichtet, um einen offenen Dialog zwischen interessierten Parteien zu fördern sowie Partnerschaften und Initiativen aller Beteiligten zu unterstützen[12].

3.1.2. EU-Aktivitäten auf internationaler Ebene

Auf internationaler Ebene teilt die EU ihre interne Erfahrung im Rahmen ihrer externen Politik wirtschafts- und entwicklungspolitischer Zusammenarbeit.

Die gegenwärtigen Dialoge im Bereich Informationsgesellschaft mit Lateinamerika (@LIS)[13], mit den Nachbarschaftsstaaten einschließlich des Mittelmeerraums (EUMEDIS)[14] sowie den Schwellenländern (Brasilien, China, Indien, Südafrika) stellen Foren dar, in denen die EU sich gegebenenfalls für die WSIS-Empfehlungen einsetzen wird. Die nächste Gelegenheit bietet sich beim Treffen zwischen EU- sowie lateinamerikanischen und karibischen Ländern, das in Lissabon stattfinden wird.[15]

Eine große Innovation in den Außenbeziehungen der EU ist eine Infrastruktur-Partnerschaft, die von der „neuen Strategie für Afrika“ [16] vorgeschlagen wird. Mit Unterstützung von Mitteln des 10. Europäischen Entwicklungsfonds (EEF), Entwicklungsbanken und dem Privatsektor wird diese Infrastruktur-Partnerschaft elektronische Kommunikation auf pan-afrikanischem Niveau in ländlichen Gebieten, in Post-Konflikt-Situationen, für grenzüberschreitende Kommunikation und andere Fälle, in denen der Markt keine befriedigenden Ergebnisse liefert, abdecken.

Diese EU-Afrika-Partnerschaft wird auf dem Eigentümer-Prinzip basieren und könnte insbesondere folgendes umfassen:

- Strategie und Regulierung: Unterstützungsmaßnahmen für den Übergang zu liberalisierten Telekommunikationsmärkten, um Netzzusammenschaltung und Dienste-Interoperabilität zu erleichtern; gleichzeitig soll die Reduzierung der Telekommunikationskosten und die Einführung neuer Technologien gefördert werden. Solche Maßnahmen würden Ausbildungsaktivitäten, technische Unterstützung und den Austausch guter Praktiken für regionale Entscheidungsträger und Regulierungsstellen umfassen.

- Technologieneutrale Breitband-Telekommunikationsnetze, wie sie von der Kommission der Afrikanischen Union (AUC) der Neuen Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas (NEPAD) vorgeschlagen wurden.

- Entwicklung nicht-kommerzieller pan-afrikanischer elektronischer Dienste wie elektronische Regierungsdienste zwischen der AUC, den Verwaltungen ihrer Mitgliedstaaten und den regionalen Wirtschaftsgemeinschaften, elektronische Bildungsdienste, elektronische Gesundheitsdienste.

- Forschungs- und Ausbildungsnetze: das Ziel wäre, die Zusammenschaltung afrikanischer nationaler Forschungs- und Ausbildungsnetze zu verbessern und sie mit dem GÉANT2-Projekt der EU zu verbinden. Dies würde afrikanische Forscher in globale Forschungsgemeinschaften integrieren und so die Abwanderung von Fachkräften (brain drain) begrenzen.

Die Infrastrukturpartnerschaft wird unter dem 9. EEF durch ein IKT-Programm für die AKP-Staaten vorbereitet, das € 20 Millionen bereitstellt, um die Umsetzung von Rechtsrahmen, die Integration von IKT in anderen Sektoren und den Aufbau von Humankapazitäten zu unterstützen.

Außerdem spielen Humankapazitäten eine wichtige Rolle im Kampf gegen die digitale Kluft. Während des Gipfeltreffens in Tunis hat die Kommission zusammen mit Unternehmen ein erfolgreiches Symposium über e-Skills veranstaltet, um Partnerschaften zwischen allen Beteiligten und den Erwerb der notwendigen Kenntnisse zu fördern. Es ist eine Vorbedingung für die lokale wirtschaftliche Entwicklung, die Menschen durch Kenntnisse in elektronischer Datenverarbeitung zu befähigen.

Ähnliche Aktivitäten werden für die Karibik und die pazifische Region erwogen, da der Anschluss an Kommunikationsinfrastruktur und die Verwendung von IKT für die Wirtschaftstätigkeit beider Regionen sehr gewinnbringend sein können.

3.1.3. Die internationale Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung

Die Bedeutung der FuE wird in den WSIS-Dokumenten mehrfach hervorgehoben. In ihren vorherigen Mitteilungen hat die Kommission den Bedarf an der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der IKT betont, um Entwicklungsländern leichteren Zugang zu neuen Technologien zu verschaffen. Die letzte Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen im Rahmen des Sechsten FuE-Rahmenprogramms hat die internationale Zusammenarbeit zum Thema.[17]

Unter dem kommenden Rahmenprogramm für Europäische FuE (2007-2013) wird internationale Zusammenarbeit beträchtlich gestärkt durch die Öffnung aller Aktivitäten für Forscher aus Drittländern, und durch spezielle Koordinierungsaktionen, die spezifische Länder oder Ländergruppen anvisieren. Dies sollte wesentliche neue Möglichkeiten bieten. Mögliche Felder der Zusammenarbeit könnten sein: Frühwarn-Systeme, Reaktionsmechanismen in Unglücks- und Krisenfällen, der IKT-Beitrag zur Armutsbekämpfung durch preiswerte Technologien, prioritäre Anwendungen und Systemintegration.

3.2. Fragen im Zusammenhang mit dem Internet

3.2.1. Management und Kontrolle des Internet (governance)

In Anlehnung an die von der Arbeitsgruppe zur Internet Governance ausgeführte Arbeit gibt die TAIG eine Arbeitsdefinition von Internet Governance[18]. Außerdem hebt die TAIG eine Reihe von Schlüsselfragen der öffentlichen Ordnung hervor, die auf globaler Ebene thematisiert werden müssen, von einer Reihe von Fragen im Zusammenhang mit Entwicklung bis hin zur Anerkennung, dass alle Regierungen befähigt werden müssen, gleichberechtigt am Manangement und der Kontrolle des Internet teilzunehmen, um die Stabilität, die Sicherheit und die Kontinuität des Internet zu wahren. Unter anderem merkt die Agenda ausdrücklich an, dass es mehrere Fragen der öffentlichen Ordnung gibt, die Aufmerksamkeit erfordern und von gegenwärtigen Mechanismen nicht angemessen behandelt werden; zudem anerkennt die Agenda den Bedarf nach zukünftiger verstärkter Zusammenarbeit , um diesen Schwachpunkt anzugehen. Eine solche verstärkte Zusammenarbeit wird versuchen sicherzustellen, dass Regierungen gleichberechtigt ihre Rolle und Verantwortung in internationalen Fragen der öffentlichen Ordnung wahrnehmen können. Die Kommission unterstreicht die entscheidende positive Rolle, die die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) bis jetzt für den Alltagsbetrieb des Internet hatte. Die Kommission unterstützte die Gründung und die Arbeit von ICANN nachdrücklich.

Gemäß der TAIG hat der VN-Generalsekretär das erste Treffen eines neuen Internet Governance Forum (IGF) einberufen, um den Dialog aller Beteiligten zu fördern und zu erleichtern. Es wird vom 30. Oktober bis zum 2. November 2006 in Athen stattfinden. Das Treffen wird von einer Beratenden Gruppe vorbereitet, die der Generalsekretär noch benennen muss aus Vertretern, die zur Hälfte Regierungen und zur Hälfte die Zivilgesellschaft und den Privatsektor repräsentieren. Das erste Treffen der Beratenden Gruppe ist für den 22./23. Mai in Genf vorgesehen. Es muss betont werden, dass das IGF weder irgendwelche bestehenden Vereinbarungen ersetzen noch es irgendeine Aufsichtfunktion haben wird.

Die EU überzeugte mit Erfolg ihre Partner, in der Tunis-Agenda die wichtigsten Prioritäten der öffentlichen Ordnung wie die Meinungsfreiheit und Freiheit des Zugangs, Datenschutz, Sicherheit und den Kampf gegen Spam hervorzuheben. Die Agenda stellt klar, dass zur Gewährleistung der Stabilität und Sicherheit des Internet sowie zur Bekämpfung von Netzkriminalität und Spam unternommene Maßnahmen die Grundsätze der Vertraulichkeit und des Rechts auf freie Meinungsäußerung achten müssen. Die Kommission wird diese Ziele weiterhin aktiv verfolgen und insbesondere die beiden oben erwähnten neuen Prozesse unterstützen und fördern:

- Hinsichtlich des IGF würde die EU eine klar definierte Zuständigkeit begrüßen. Spam und relevante Aspekte der Sicherheit sowie Mehrsprachigkeit wären angemessene und substantielle Themen für das erste Treffen. Aus Sicht der EU sind diese Themen für alle Länder von Bedeutung, ungeachtet ihres wirtschaftlichen Entwicklungsgrads. Diese Themen wurden auch von vielen anderen Beteiligten vorgeschlagen. Mit Blick auf das Gewicht, das der Gipfel in Tunis auf die Bekämpfung der digitalen Kluft legt, würde die EU es begrüßen, wenn Entwicklungsländern die Initiative ergriffen, zusätzliche, für sie besonders bedeutende Themen vorzuschlagen. Darüber hinaus ist eine breite Beteiligung von europäischen Akteuren beim ersten Treffen des IGF ein wichtiges Ziel für die EU.

- Verstärkte Zusammenarbeit ist eines der entscheidendsten und schwierigsten Themen der TAIG, wie es der Zeitraum beweist, den der UN-Generalsekretär für die Erfüllung seines Auftrags aus der Agenda benötigt. In der internationalen Gemeinschaft existiert ein breites Spektrum von Auffassungen, von denen, die eine direktere Einbeziehung der Regierungen befürworten, bis hin zu denen, die sich damit zufrieden geben, dass Regierungen mehr Raum in existierenden relevanten Organisationen bekommen, die sich auf die Kernfunktionen des Management und der Kontrolle des Internet beziehen. Die EU hat ihren Standpunkt zu den Hauptgebieten für verstärkte Zusammenarbeit bereits in den AStV-Schlussfolgerungen vom 9. November 2005 festgelegt; insbesondere sollte die Zusammenarbeit eine leichte und effiziente Struktur darstellen. Die Kommission wird auch künftig mit den EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um weitere konkrete Vorschläge zu identifizieren, die in den Prozess eingebracht werden können. Die Vereinigten Staaten scheinen den Konsens von Tunis hingegen enger auszulegen als die EU.

3.2.2. Sicherheit und Stabilität des Internet und anderer IKT-Netze

Die Sicherheit und Stabilität des Internet und anderer IKT-Netze stellen einen wichtigen Schwerpunkt der Tunis-Agenda dar. Die bestehende Zusammenarbeit zwischen Regierungen in Gebieten wie Spam[19] könnte davon profitieren, wenn Spam im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit auf globaler Ebene behandelt würde. Um Vertrauen und Sicherheit bei der Nutzung von IKT aufzubauen, fordert die Tunis-Agenda eine globale Kultur der Computer- und Netzsicherheit. Sie identifiziert die Notwendigkeit, ein gemeinsames Verständnis der Internet-Sicherheit zu entwickeln und weitere Zusammenarbeit zu betreiben, um die Tragweite der Maßnahmen, das Sammeln und die Verbreitung sicherheitsbezogener Informationen sowie den Austausch guter Praxis unter allen Beteiligten zu erleichtern.

Dieses Thema ist Teil der politischen Prioritäten, die von der i2010-Initiative vorgegeben werden. Im Jahre 2004 beschloss die EU die Einrichtung der Europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA), um zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarktes auf diesem Gebiet beizutragen. Die Kommission ist der Ansicht, dass ENISA sich zu einem nützlichen Zentrum für Zusammenarbeit und für den Austausch von Informationen und empfehlenswerten Praktiken entwickeln wird, sowohl innerhalb Europas als auch und zwischen Europa und anderen Staaten.

Darüber hinaus wird diese Frage von der Kommission in einer ganzen Reihe von für 2006 geplanten Strategiepapieren thematisiert werden, einschließlich einer Strategie für erhöhte Sicherheit in elektronischer Kommunikation, der voraussichtlich eine spezifische Initiative über Spam, Spyware und Malware folgen wird. Eine getrennte Mitteilung der Kommission wird Datennetzkriminalität (cyber-crime) behandeln.

3.3. Folgemaßnahmen

Der WSIS-Prozess hat einen breiten Dialog zwischen allen Beteiligten angestiftet und die Aufmerksamkeit des UN-Systems auf IKT gelenkt, insbesondere im Zusammenhang mit Entwicklungspolitik.

3.3.1. Einbeziehung aller Beteiligten

Die Beteiligung des Privatsektors ist von herausragender Bedeutung, um die Ziele des Gipfels zu erreichen, z. B. durch öffentlich-private Partnerschaften. Dies spiegelt die dynamische Beteiligung der Unternehmen, insbesondere der europäischen IKT-Industrie, am WSIS-Prozess wider, sowohl durch Beiträge zur politischen Debatte als auch durch starke Präsenz an den IKT-Ausstellungen, die die Gipfeltreffen begleiteten.

Es liegt jetzt an den Unternehmen, die Gelegenheit zu nutzen, zum Erreichen der WSIS-Ziele beizutragen. Ihre Beteiligung würde lokalen Bevölkerungen in Entwicklungsgebieten helfen, in den Genuss der wirtschaftlichen und sozialen Vorteile zu kommen, die IKT bieten können; gleichzeitig würde sie neue Geschäftsgelegenheiten eröffnen. Die Umsetzung der WSIS-Ziele bringt daher allen beteiligt Parteien Gewinn. Die Kommission wird ihren regelmäßigen Dialog mit dem Privatsektor fortführen, um diesen Prozess zu unterstützen[20].

Eine große Zahl von Organisationen der Zivilgesellschaft hat am aktiv am WSIS teilgenommen, was neue Normen für die breite Einbeziehung interessierter Parteien in UNO-Prozessen gesetzt hat. Der Input der Zivilgesellschaft war entscheidend insbesondere für Themen wie schwache Bürgergruppen, die Entwicklungsdimension der IKT und die Rolle der Menschenrechte in der Informationsgesellschaft. Die Kommission möchte den Dialog aufrechterhalten, da der Folgeprozess weitere Gelegenheiten für Gedankenaustausch bieten wird. Darüber hinaus hat das Europäische Parlament ausgezeichnete Beziehungen mit der Zivilgesellschaft entwickelt, und es wäre der Mühe wert, diese fortzusetzen.

Schließlich hat er der WSIS-Prozess mehrere thematisch verbundene Initiativen ins Leben gerufen. Lokale Behörden haben den Weltgipfel über die Informationsgesellschaft und die Rolle von lokalen Behörden lanciert, der 2003 in Lyon und 2005 in Bilbao stattgefunden hat. Diese Treffen haben die aktive Rolle hervorgehoben, die Gemeindeverwaltungen spielen können, um ihre Bürger in den Genuss der Vorteile der IKT zu bringen.

3.3.2. Institutioneller Folgemechanismus innerhalb des UNO-Systems

Die Tunis-Agenda umreißt auch ausführliche Umsetzungs- und Folgemaßnahmen und gibt vor, dass der UNO-Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) diesen Prozess beaufsichtigen sollte. In einem Anhang enthält sie auch eine Liste mit Hinweischarakter, die anführt, welche UNO-Agenturen als Moderatoren/Förderer dienen könnten, um die Umsetzung des Genfer Aktionsplans zu überwachen. Die Kommission begrüßt die Initiative, die die jeweiligen UNO-Agenturen ergriffen haben, um ihre Aktivitäten innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs zu umreißen. Große Konferenzen können eine Gelegenheit für Reflexion und für die Annahme von Beschlüssen zur Unterstützung der WSIS-Umsetzung sein, wie etwa die Welt-Telekommunikationsentwicklungs-Konferenz (Doha, März 2006).

Im Rahmen der anfänglichen Diskussionen über das Mandat für Moderatoren der Aktionslinien hat die EU ihre Präferenz für einen offenen Prozess zum Ausdruck gebracht. Die Kommission ist der Auffassung, dass der Anhang zur Tunis-Agenda als flexible Liste verstanden werden sollte, die es allen Beteiligten erlaubt, sich gemäß ihren politischen und geschäftlichen Prioritäten einzubringen. Die Kommission teilt darüber hinaus die vom Privatsektor und Entwicklungsländern vorgebrachten Bedenken über die verfügbaren Finanzmittel und betont daher die Bedeutung einer leichten Struktur.

Der Folgemechanismus des WSIS wird die Informationsgesellschaft zu einem wichtigen Kapitel in den Beziehungen der EU zum UN-System machen. Entsprechend sollte die EU weiterhin Anwesenheit und aktive Beteiligung zeigen sowie gemeinsame Standpunkte einbringen, insbesondere im ECOSOC, in der ITU, der UNESCO und im UNDP. Dies sollte auch im Bereich Management und Kontrolle des Internet angestrebt werden, in Hinsicht auf die von Mitgliedstaaten in internationalen Organisationen vertretenen Positionen.

4. SCHLUSSFOLGERUNG

Der Einfluss der EU auf den Inhalt der Abschlussdokumente beruhte größtenteils auf ihrer Fähigkeit, mit einer Stimme zu sprechen. Der WSIS-Prozess hat auch gezeigt, dass die Prioritäten, die in der i2010-Initiative identifiziert werden, ein nützliches Instrument für die Thematisierung ähnlicher politischer Fragen außerhalb der EU sind.

Bei der Umsetzung der Empfehlungen von Genf und von Tunis sollte die EU jetzt danach streben, auf diesen Errungenschaften aufzubauen. Dies kann in den EU-Programmen getan werden, die zum Kampf gegen die digitale Kluft beitragen, oder durch Förderung der FuE-Zusammenarbeit mit Drittländern, oder durch die Schaffung neuer Partnerschaften im IKT-Bereich. Eine weitere Lektion des WSIS ist, dass die Informationsgesellschaft in die breitere wirtschafts- und entwicklungspolitische Zusammenarbeit integriert werden sollte, weil IKT nicht mehr nur eine wirtschaftliche oder soziale Priorität sind, sondern auch zunehmend eine Vorbedingung für die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sind.

Die EU sollte die Dynamik der vielfältigen Dialoge aufrechterhalten, die mit anderen Institutionen und Organisationen eingerichtet worden sind. Diese Dialoge haben es der EU ermöglicht, zu heiklen Fragen wie dem Management und der Kontrolle des Internet oder der Finanzierung der Informationsgesellschaft in Entwicklungsländern eine einheitliche Position zu vertreten. Die EU wird weiterhin eine aktive und positive Rolle in den Debatten über die Internet Governance spielen, durch ihre Teilnahme am IGF und an der bevorstehenden verstärkten Zusammenarbeit.

[1] Vgl. die Abschlussdokumente des Genfer Gipfels: Grundsatzerklärung und Aktionsplan, www.itu.int/wsis/documents/index1.html.

[2] www.itu.int/wsis/documents/index2.html.

[3] Verpflichtung von Tunis, Abs. 2.

[4] www.itu.int/wsis/documents/index2.html.

[5] Global gesehen hat sich die digitale Kluft verringert, aber viel bleibt noch zu tun. Neueste Statistiken zeigen, dass 2004 in Entwicklungsländern auf 100 Einwohner 13 Festnetzanschlüsse und 19 Mobilfunknutzer kamen (im Vergleich zu 4 bzw. 0 im Jahre 1994). Die Internet-Durchdringung in Afrika lag bei 2,6%, aber der Kontinent beherbergte nur 0,1% der Breitbandnutzer weltweit (Europa: 27,7 %). Der Anteil Afrikas an globalen Investitionen im Telekommunikationssektor lag bei nur 4%. (Quelle: ITU World Telecommunitation/ICT Development Report 2006 ).

[6] Auf dem Weg zu einer globalen Partnerschaft in der Informationsgesellschaft: Der Beitrag der EU zur zweiten Phase des Weltgipfels der Informationsgesellschaft (WSIS), KOM(2005) 234 vom 2.6.2005.

[7] P6_TA (2005) 0260, Bericht A6-0172/2005 vom 23.6.2005.

[8] Vgl. Dokument 10285/05 (Presse 156).

[9] europa.eu.int/information_society/eeurope/i2010/index_en.htm.

[10] KOM(2006) 129 vom 20.3.2006.

[11] Vgl. die Mitteilung zu diesem Thema, KOM(2005) 425 vom 13.9.2005.

[12] europa.eu.int/comm/enterprise/ict/policy/ict-skills.htm.

[13] europa.eu.int/comm/europeaid/projects/alis/index_en.htm.

[14] www.eumedis.net/.

[15] Viertes ministerielles Forum EU

Top