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Document 52003DC0261

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Stärkung der sozialen Dimension der Lissabonner Strategie: Straffung der offenen Koordinierung im Bereich Sozialschutz

/* KOM/2003/0261 endg. */

52003DC0261

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Stärkung der sozialen Dimension der Lissabonner Strategie: Straffung der offenen Koordinierung im Bereich Sozialschutz /* KOM/2003/0261 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN - Stärkung der sozialen Dimension der Lissabonner Strategie: Straffung der offenen Koordinierung im Bereich Sozialschutz

INHALTSVERZEICHNIS

1. Einführung: Das Thema ,Sozialschutz" auf der politischen Agenda der EU

2. Das Ziel der Straffung: Stärkung der sozialen Dimension der Lissabonner Strategie

2.1. Ein Beitrag zur sozioökonomischen Governance im Anschluss an die Straffung der wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Koordinierungsprozesse

2.2. Straffung der Prozesse: Schaffung eines integrierten Rahmens für die Zusammenarbeit im Bereich Sozialschutz

2.3. Arbeitsmethoden: die offene Methode der Koordinierung und ihre Rolle innerhalb der Gesamtstrategie

Die offene Koordinierungsmethode (OKM): eine komplementäre Methode

Flexibilität und volle Wahrung der Subsidiarität

Transparenz: Einbeziehung der Akteure

Verknüpfung mit bestehenden Prozessen und Instrumenten

Rolle der Kommission

Einbeziehung des Europäischen Parlaments

3. Stärkung und Vereinfachung des Koordinierungsprozesses

3.1. Gemeinsame Ziele

3.2. Berichterstattungsmechanismen: eine neuer gemeinsamer Jahresbericht über den Sozialschutz

3.3. Indikatoren: ein wichtiger Grundpfeiler für die Straffung

3.4. Gestaltung der gestrafften offenen Koordinierungsmethode im Bereich Sozialschutz

Soziale Eingliederung

Renten

Gesundheitswesen

Gemeinsamer Sozialschutzbericht

ANHANG 1 19

ANHANG 2 21

ANHANG 3 23

1. EINFÜHRUNG: DAS THEMA ,SOZIALSCHUTZ" AUF DER POLITISCHEN AGENDA DER EU

Der Sozialschutz ist eine zentrale Komponente des europäischen Gesellschaftsmodells. Sozialschutz kann definiert werden als die Gesamtheit kollektiver Transfersysteme, die dem Zweck dienen, Menschen vor sozialen Risiken zu schützen. [1] Derzeit schlägt der Sozialschutz mit durchschnittlich etwa 27,5 % des BIP zu Buche (die Rekordmarke war im Jahr 1993 mit 29 % erreicht). [2] Auch künftig werden allein die Mitgliedstaaten für die Finanzierung und Organisation ihrer Sozialschutzsysteme verantwortlich sein. Die im Bereich Sozialschutz existierenden Rechtsvorschriften der EU haben im Wesentlichen die Anwendung von Grundprinzipien des Vertrags innerhalb der nationalen Systeme zum Gegenstand. [3]

[1] Zu den sozialen Risiken zählen üblicherweise Alter, Ruhestand und altersbedingte Abhängigkeit, Tod des Ernährers, Erwerbsunfähigkeit, Krankheit, Mutterschaft, Versorgung unterhaltsberechtigter Kinder, Arbeitslosigkeit und bisweilen auch die Betreuung gebrechlicher älterer, behinderter oder kranker Angehöriger. Sozialschutz sorgt dafür, dass diese sozialen Risiken nicht in die Armut führen und dass ein Mangel an Ressourcen nicht den Zugang zu Leistungen versperrt, die für ein menschenwürdiges Leben unverzichtbar sind.

[2] Altersrenten und Gesundheitsversorgung sind bei weitem die größten Ausgabenposten im Bereich des Sozialschutzes in der Europäischen Union und machen zusammen fast zwei Drittel der Gesamtaufwendungen aus. Europäische Kommission, ,Soziale Sicherheit in Europa 2001", veröffentlicht im Mai 2002.

[3] So wurden - gewissermaßen als ,Nebenprodukt" der Freizügigkeit - in den Verordnungen 1408/71 und 574/72 Koordinierungsmechanismen im Bereich der sozialen Sicherheit der Wanderarbeitnehmer festgelegt, die gewährleisten, dass Wanderarbeitnehmer keine Ansprüche verlieren, wenn sie von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen. In den Richtlinien 79/7/EWG und 86/378/EWG wiederum ging es um die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichstellung von Frauen und Männern in den gesetzlichen und betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit.

Mit den Verträgen von Amsterdam und Nizza wurde der Gemeinschaft die Aufgabe zugewiesen, die Tätigkeit der Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Verwirklichung verschiedener Ziele im Bereich des Sozialschutzes zu unterstützen und zu ergänzen: ,soziale Sicherheit und sozialer Schutz der Arbeitnehmer", ,Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung", ,Modernisierung der Systeme des sozialen Schutzes". Auf dieser Grundlage wurden in den vergangenen Jahren mehrere Prozesse der politischen Zusammenarbeit und Koordinierung auf den Weg gebracht, die einen Austausch von Informationen, eine Bewertung der aktuellen politischen Entwicklungen und die Ermittlung von Best Practices beinhalten. Diese Prozesse finden statt bei ausdrücklicher Anerkennung des Subsidiaritätsprinzips und der Vielfalt der nationalen Systeme. Es besteht ein Konsens darüber, dass die unterschiedlichen Systeme ein und denselben Herausforderungen gegenüberstehen (was zum Beispiel die Alterung der Bevölkerung, das Fortbestehen von Armut und sozialer Ausgrenzung, die Gefahr zunehmender Ungleichheiten, den Wandel in den gesellschaftlichen Strukturen, in den Familien und in der Welt der Arbeit anbelangt sowie die Aufgabe, einen Beitrag zu Wachstum und Arbeitsplatzschaffung zu leisten) und dass sich die Systeme angesichts dieser Herausforderungen reformieren und modernisieren müssen.

Der Umfang der Zusammenarbeit in diesem Bereich wurde erheblich ausgeweitet, als der Europäische Rat von Lissabon im März 2000 seine Vision einer integrierten sozioökonomischen Strategie für Europa - mit einem Zeithorizont bis 2010 - vorstellte. In den Lissabonner Schlussfolgerungen wird der Modernisierung und Verbesserung der Sozialschutzsysteme eine wichtige Rolle bei der Verwirklichung des allgemeinen strategischen Ziels zuerkannt. Die Auffassung, dass der Sozialschutz einen wesentlichen Beitrag zur globalen sozioökonomischen Politik leisten kann, wurde in der vom Europäischen Rat in Nizza gebilligten sozialpolitischen Agenda weiterentwickelt. Herzstück der Agenda ist das Konzept eines politischen Dreiecks, das auf einer positiven Interaktion zwischen Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialschutzpolitik basiert.

So haben auf der einen Seite makroökonomische politische Ziele und Marktliberalisierung erhebliche soziale Auswirkungen, unter anderem was die Organisation der Sozialschutzsysteme anbelangt, auf der anderen Seite müssen wirtschafts- und beschäftigungspolitische Maßnahmen, die beispielsweise auf die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung älterer Menschen abzielen, durch Reformen in verschiedenen Bereichen des Sozialschutzes gestützt werden, wie etwa bei den Renten, bei der Gesundheitsversorgung und bei den Pflegesystemen. In zunehmendem Maße wird dem Sozialschutz eine wichtige Rolle als potentieller Produktivfaktor zuerkannt, der die Gewähr dafür bietet, dass effiziente, dynamische und moderne Volkswirtschaften auf einem soliden Fundament und auf sozialer Gerechtigkeit basieren.

Die vorliegende Mitteilung enthält konkrete Vorschläge für eine effektivere Koordinierung der Politiken der Mitgliedstaaten im Bereich Sozialschutz. Damit soll ein Beitrag geleistet werden zur notwendigen Modernisierung der Sozialschutzsysteme und zur Stärkung der sozialen Dimension der Lissabonner Strategie. Wichtigstes Instrument zur Verwirklichung dieses Ziels ist die offene Koordinierungsmethode. In einigen Bereichen des Sozialschutzes wurde diese Methode bereits implementiert, doch bedarf es noch einer erheblichen Straffung und Vereinfachung, unter anderem auch einer klareren Abgrenzung ihres Anwendungsbereichs.

Die Straffung der politischen Koordinierung im Bereich des Sozialschutzes soll zur Steigerung der Qualität und zur Erhöhung der Kohärenz der allgemeinen sozioökonomischen Governance der EU beitragen. Daher sollte sie in Abstimmung mit den im Vertrag verankerten Instrumenten zur Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik in der EU erfolgen und somit auch einen Beitrag leisten zu dem Bericht, der jährlich zur Vorbereitung der Frühjahrstagung des Europäischen Rates ausgearbeitet wird. Die vorliegende Mitteilung geht somit der Frage nach, wie der gestraffte politische Koordinierungsprozess die bereits auf der Grundlage des Vertrags eingeführten Verfahren und Koordinierungsprozesse [4] ergänzen und diesen einen Mehrwert verleihen kann. In Ausrichtung an dem kürzlich beschlossenen dreijährigen Zyklus für die Synchronisierung der wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Koordinierungsprozesse - zwei Hauptpfeiler der Lissabonner Strategie - wird ein Zeitplan für die Straffung des Prozesses im Bereich Sozialschutz skizziert, der im Jahr 2006 durchgeführt und mit der zweiten Runde dieser beiden - im Dreijahreszyklus durchgeführten - Koordinierungsprozesse synchronisiert werden könnte. Entsprechend würde die Einführung eines neuen, gestrafften Zielekatalogs für den Bereich des Sozialschutzes zum gleichen Zeitpunkt und in Abstimmung mit der zweiten Runde der synchronisierten Prozesse in den Bereichen Wirtschaft und Beschäftigung erfolgen.

[4] Die Rolle der offenen Koordinierungmethode im Zusammenhang mit den im Vertrag verankerten Prozessen wurde vom Ausschuss für Sozialschutz und vom Ausschuss für Wirtschaftspolitik im Kontext der Anwendung dese Methode im Rentenbereich im gemeinsamen Bericht an den Europäischen Rat von Laeken definiert. Dort wird erläutert, dass die offene Koordinierungmethode die im Vertrag verankerten Prozesse ergänzt und sich neben diese bestehenden Prozessen einreiht, die sich im Rahmen ihres umfassenderen Aktionsbereichs auch weiterhin mit bestimmten Aspekten der betreffenden Politiken befassen, und es wird eine Kohärenz mit diesen Prozessen gefordert. Siehe ,Qualität und langfristige Finanzierbarkeit der Altersversorgungssysteme - Gemeinsamer Bereich über Zielsetzungen und Arbeitsmethoden im Bereich der Renten, 10672/01 ECFIN 198 SOC 272.

In der Mitteilung wird auch die Frage aufgeworfen, wie die Zusammenarbeit im Bereich des Sozialschutzes, die sich seit Lissabon beschleunigt weiterentwickelt hat, effizienter und für die Akteure weniger aufwändig gestaltet werden kann und wie größere Synergien zwischen den verschiedenen Arbeitssträngen erreicht werden können. Vorgeschlagen werden eine Rationalisierung und Vereinfachung der Arbeiten und eine künftig stärkere Betonung des Umsetzungsaspekts.

Die vorliegende Mitteilung ist vor dem Hintergrund der Notwendigkeit zu sehen, rechtzeitig die Einbeziehung der neuen Mitgliedstaaten in die Prozesse der politischen Koordinierung im Rahmen der Lissabonner Strategie vorzubereiten, sowie der Notwendigkeit, die Synchronisierung des Prozesses im Bereich Sozialschutz mit den wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Koordinierungsprozessen im Jahr 2006 vorzubereiten. Dies wurde im Frühjahrsbericht 2003 [5] angekündigt, in dem die Kommission sich verpflichtete, eine Mitteilung vorzulegen zur ,Zusammenziehung der derzeit fragmentierten Maßnahmen in Bezug auf soziale Eingliederung und Renten und, zum gegebenen Zeitpunkt, der Zusammenarbeit bei der Gesundheitsfürsorge und der Maßnahmen mit dem Ziel, dass ,Arbeit sich wieder lohnt", in eine einzige offene Methode der Koordinierung". Ferner wird damit der an die Kommission gerichteten Aufforderung des Europäischen Rates von Brüssel entsprochen, ,über die Ratsamkeit der Vereinfachung und Straffung der verschiedenen Arbeitsstränge im Sozialschutzbereich im Sinne eines kohärenten Rahmens innerhalb der offenen Koordinierungsmethode Bericht zu erstatten".

[5] KOM(2003) 5.

2. DAS ZIEL DER STRAFFUNG: STÄRKUNG DER SOZIALEN DIMENSION DER LISSABONNER STRATEGIE

2.1. Ein Beitrag zur sozioökonomischen Governance im Anschluss an die Straffung der wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Koordinierungsprozesse

Im Zuge der Straffung der wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Koordinierungsprozesse wurde ein neuer, einheitlicher Zeitplan für die jeweils vor und nach der Frühjahrstagung des Europäischen Rates innerhalb eines Dreijahreszyklus (2003-2005) zu leistenden Arbeiten festgelegt. Die Leitlinien und Empfehlungen sollen während dieses Dreijahreszeitraums weitgehend unverändert bleiben, sodass Mitgliedstaaten und Kommission sich in den dazwischen liegenden Jahren in stärkerem Maße der Umsetzung widmen können. Die wirtschaftspolitische Koordinierung erfolgt im Rahmen der Grundzüge der Wirtschaftspolitik, der multilateralen Überwachung des Follow-ups der Grundzüge der Wirtschaftspolitik und des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Das Thema Renten wird innerhalb dieses Prozesses unter dem Gesichtspunkt der finanziellen Tragfähigkeit der Rentensysteme und der öffentlichen Finanzen insgesamt behandelt sowie unter dem Gesichtspunkt des Beitrags der Rentensysteme zur Funktion der Arbeits- und Finanzmärkte und zur globalen Wirtschaftsleistung. Der Europäische Rat von Stockholm gelangte zu dem Schluss, dass die umfassenden Strategien der Mitgliedstaaten für die Bewältigung der sich im Zuge der Bevölkerungsalterung stellenden wirtschaftlichen und finanziellen Herausforderungen gemeinsam mit den Stabilitäts-/Konvergenzprogrammen präsentiert und im Rahmen des Stabilitäts- und Wachstumspakts und im Kontext der Grundzüge der Wirtschaftspolitik geprüft werden sollten.

Die Koordinierung der Beschäftigungspolitik erfolgt im Rahmen der europäischen Beschäftigungsstrategie (EBS) und stützt sich auf mehrere Komponenten. In den beschäftigungspolitischen Leitlinien werden allgemeine Ziele und Prioritäten für die Beschäftigungspolitik der Mitgliedstaaten festgelegt, die auf nationaler Ebene im Rahmen nationaler Aktionspläne umgesetzt werden. Die nationalen Aktionspläne werden von Kommission und Rat geprüft. Kommission und Rat legen dann einen gemeinsamen Beschäftigungsbericht vor, auf dessen Grundlage - auf Vorschlag der Kommission - länderspezifische Empfehlungen ausgesprochen werden können. Die Berichterstattung erfolgt zwar auf jährlicher Basis, doch sollten die Leitlinien für einen Zeitraum von drei Jahren stabil bleiben. Neben Vollbeschäftigung und Arbeitsplatzqualität ist die Förderung des sozialen Zusammenhalts und der sozialen Integration eines der drei übergreifenden Ziele der EBS, die auch den beschäftigungspolitischen Leitlinien zugrunde liegen. Dieses Ziel wird untermauert von mehreren Prioritäten, die auf die Schaffung eines stärker integrativen Arbeitsmarktes und auf die Förderung der Beschäftigungsfähigkeit der am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen abstellen. Auch ermutigen die Leitlinien die Mitgliedstaaten, ältere Arbeitskräfte und Arbeitgeber dabei zu unterstützen, eine Erhöhung der Beschäftigungsquote bei den älteren Arbeitskräften und eine Anhebung des Renteneintrittsalters zu erreichen.

Die vorgenommene Straffung dieser Prozesse ist als großer Fortschritt zu werten. Nunmehr erhebt sich jedoch die Frage, wie die Arbeiten an den übrigen Komponenten der Lissabonner Strategie organisiert werden sollten, um den Prozess insgesamt voranzutreiben.

Dass von der Straffung auch andere Politikbereiche betroffen sind und dass hier ein gewisses Potenzial für eine umfassendere Rationalisierung vorhanden ist, wurde in der Mitteilung der Kommission vom September 2002 dargelegt, in der eine Straffung der wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Koordinierungsprozesse vorgeschlagen wurde. [6] In der Mitteilung wurde aufgezeigt, wie in jüngster Zeit die Zahl der verschiedenen Prozesse auf EU-Ebene, bei denen es mehr oder weniger um die Koordinierung der Wirtschaftspolitik mit anderen, mit ihr zusammenhängenden Politiken geht, zugenommen hat. Genannt wurden im Einzelnen der Stabilitäts- und Wachstumspakt, der Cardiff-Prozess, der makroökonomische Dialog, mehrere Benchmarking-Prozesse in verschiedenen Politikbereichen und die Anwendung der offenen Koordinierungsmethode in mehreren Bereichen, vor allem - was im vorliegenden Kontext von besonderer Relevanz ist - in den Bereichen Renten und soziale Eingliederung. Es wurde zu bedenken gegeben, dass mit jedem neu hinzukommenden Element die Gefahr größer wird, dass die Komplexität zunimmt, dass es zu Doppelarbeit kommt und dass die Hauptbotschaften nicht mehr klar zum Ausdruck kommen. Darüber hinaus wurde in der Mitteilung die Notwendigkeit herausgestellt, den Fokus stärker auf die Umsetzung zu richten, anstatt einfach immer mehr politische Leitlinien vorzugeben.

[6] KOM(2002) 487.

In der Mitteilung vom September 2002 wurde angekündigt, dass die Kommission sich in den kommenden Monaten auch damit beschäftigen werde, ,wie die offene Koordinierung im Bereich Sozialschutz - die sich derzeit auf die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung und das Rentenwesen erstreckt - gestrafft und mit dem neuen schlankeren Koordinierungsansatz verknüpft werden kann." Dies erscheint nur logisch angesichts der engen Verknüpfungen und der hohen potenziellen Synergien zwischen den Prozessen im Bereich Sozialschutz und den beiden im Vertrag verankerten Prozessen, die bereits einer Straffung unterzogen wurden. Die enge ,Dreiecksbeziehung" zwischen den betreffenden Politikbereichen tritt in aller Deutlichkeit zu Tage bei den Arbeiten im Rahmen der offenen Koordinierungsmethode im Rentenbereich. In den auf der Tagung des Europäischen Rates in Laeken vereinbarten gemeinsamen Zielen, die die Grundlage für diesen Prozess bilden sollen, wurden die Mitgliedstaaten aufgefordert, darzulegen, welchen Policymix sie zur Bewältigung der anstehenden Herausforderungen ins Auge fassen. Dabei gilt es, soziale Ziele (wie kann man weiterhin angemessene Renten garantieren? wie muss man auf den gesellschaftlichen Wandel reagieren?), arbeitsmarktpolitische Ziele (wie lässt sich die Beschäftigung, insbesondere die Beschäftigung älterer Arbeitskräfte, fördern?) und wirtschaftliche Ziele (wie lässt sich die langfristige Tragfähigkeit der Rentensysteme sicherstellen?) miteinander zu verknüpfen. Mit einer ähnlich engen Verzahnung zwischen mehreren Politikbereichen haben wir es - im Hinblick auf den Sozialschutz - beim Gesundheitswesen und bei der Altenpflege zu tun, wie dies auch in den vom Europäischen Rat in Barcelona festgelegten drei Hauptzielen zum Ausdruck kommt: Gewährleistung eines qualitativ hochwertigen Versorgungsangebots, eines gleichen Zugangs zu den Leistungen sowie der Solidarität bei den Finanzierungsmechanismen. Und schließlich geht es bei den Arbeiten im Bereich soziale Eingliederung auch um einige zentrale Fragen der Interaktion zwischen Sozialschutz- und Beschäftigungspolitiken.

Es liegt klar auf der Hand, wenn man beispielsweise die Probleme betrachtet, mit denen die nationalen Renten- und Gesundheitssysteme konfrontiert sind, dass die finanziellen Herausforderungen zwar die treibende Kraft bei den Reformanstrengungen sind, doch können die Auswirkungen der Reformen nicht ausschließlich unter finanziellen Gesichtspunkten bewertet werden. Wenn die Reformen greifen sollen, muss auch gewährleistet sein, dass die Politik weiterhin der Solidarität und den Grundwerten der Gesellschaft verpflichtet bleibt. Was die Renten betrifft, ist es beispielsweise insbesondere erforderlich, dafür zu sorgen, dass die Mitgliedstaaten in ihren Systemen auch künftig am sozialen Ziel der Angemessenheit festhalten und dass sie ihre Anstrengungen fortsetzen, um ihre Systeme an die sich wandelnden gesellschaftlichen Bedürfnisse anzupassen. Die Interdependenz zwischen finanzieller Tragfähigkeit und Angemessenheit liegt auf der Hand. Notwendige Reformen sind ohne politische Unterstützung nur schwer umzusetzen. Auch auf EU-Ebene kommt es immer mehr darauf an, für ein globales politisches Gleichgewicht zu sorgen, wenn die Lissabonner Strategie zur Koordinierung der sozioökonomischen Politik optimale Wirkung zeitigen soll. Eine Rationalisierung, die auf eine Stärkung der Sozialschutzdimension der Strategie abzielt, kann dazu beitragen, ein solches Gleichgewicht herzustellen.

Entsprechend sehen die in Teil 3 formulierten Vorschläge vor, dass die künftigen Arbeiten im Bereich Sozialschutz so ausgerichtet sein sollten, dass sie die im Vertrag verankerten Prozesse in den Bereichen Beschäftigung und makroökonomische Politik (also die Grundzüge der Wirtschaftspolitik und die EBS) stärken und ergänzen. Daraus erwächst die Notwendigkeit, den Zeitplan für den neuen, gestrafften Prozess im Bereich Sozialschutz vollständig mit dem für die beiden anderen Prozesse geltenden Zeitplan zu synchronisieren. Den Rahmen wird ein Dreijahreszyklus für die Überprüfung der Ziele und die Erstellung der wichtigen strategischen Berichte bilden. Dieser Zeitrahmen erscheint angemessen in Anbetracht des langfristigen Charakters der sozialen Entwicklungen und des sich nur allmählich vollziehenden Wandels in diesem Bereich. Doch werden die Mitgliedstaaten - im Hinblick auf die Entwicklung des Prozesses im Vorfeld der Frühjahrstagung des Europäischen Rates und auf eine bessere Sichtbarkeit des Sozialschutzes innerhalb der Lissabonner Strategie - in den dazwischen liegenden Jahren einen kurzen Abriss der wichtigsten aktuellen politischen Entwicklungen vorzulegen haben. Die Synchronisierung mit den beiden gestrafften Prozessen sollte ab 2006 erfolgen, wenn der nächste Dreijahreszyklus für die Grundzüge der Wirtschaftspolitik und die europäische Beschäftigungsstrategie beginnt.

2.2. Straffung der Prozesse: Schaffung eines integrierten Rahmens für die Zusammenarbeit im Bereich Sozialschutz

Die politische Zusammenarbeit im Bereich des Sozialschutzes ist ein gutes Stück vorangekommen, als der Europäische Rat von Lissabon seine Vision einer integrierten sozioökonomischen Strategie für Europa - mit einem Zeithorizont bis 2010 - umriss. In den Lissabonner Schlussfolgerungen wurde dem Beitrag, den die Sozialschutzsysteme zur Erreichung der neuen strategischen Ziele leisten können, große Bedeutung beigemessen: Mitgliedstaaten und Kommission wurden ausdrückliche Mandate für gemeinsame Arbeiten in den Bereichen soziale Eingliederung und Renten erteilt; als Mechanismus zur Beförderung dieser Arbeiten wurde die offene Koordinierungsmethode eingeführt; des Weiteren wurden Mechanismen festgelegt für die Lenkung und Koordinierung der Arbeiten auf dem Weg zur Implementierung der neuen Strategie, wobei der jährlichen Frühjahrstagung des Europäischen Rates eine zentrale Rolle zugewiesen wurde.

In der vom Europäischen Rat auf seiner Tagung in Nizza gebilligten sozialpolitischen Agenda wurde diese Sicht des Sozialschutzes als eines wichtigen Elements der globalen sozioökonomischen Politik weiterentwickelt. [7] Herzstück der Agenda ist das Konzept eines von Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialschutzpolitik gebildeten und als ,Circulus virtuosus" funktionierenden ,politischen Dreiecks". In der Agenda wurde das Ziel der Modernisierung und Verbesserung des Sozialschutzes bekräftigt, ,um auf den Übergang zur wissensbasierten Wirtschaft und den Wandel bei den Sozial- und Familienstrukturen zu reagieren und sich auf den Sozialschutz als produktiven Faktor zu stützen.".

[7] In Nizza wurden folgende Bereiche für die Festlegung politische Leitlinien definiert: i) Schaffung von mehr und besseren Arbeitsplätzen; ii) Antizipation und Nutzung des Wandels in der Arbeitsumwelt durch Herbeiführung eines neuen Gleichgewichts zwischen Flexibilität und Sicherheit in den Arbeitsbeziehungen; iii) Bekämpfung jeglicher Form von Ausgrenzung und Diskriminierung; iv) Modernisierung des Sozialschutzes; v) Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen; vi) Stärkung der sozialen Dimension der Erweiterung und der Außenbeziehungen der Europäischen Union;

Mit den vom Europäischen Rat auf seinen Tagungen in Lissabon und Nizza festgelegten Orientierungen wurde ein Rahmen vorgegeben für die Arbeiten, die Kommission und Mitgliedstaaten in der Folge mit dem Ziel durchführten, die Herausforderung der Modernisierung der Sozialschutzsysteme zu bewältigen. Die Hauptziele einer solchen Modernisierung wurden in den Schlussfolgerungen des Rates vom Dezember 1999 auf der Grundlage einer Mitteilung der Kommission [8] definiert: dafür sorgen, dass Arbeit sich lohnt und dass das Einkommen gesichert ist; die Renten sicher und die Rentensysteme langfristig finanzierbar machen; die soziale Eingliederung fördern; eine hohen Qualitätsansprüchen genügende und langfristig finanzierbare Gesundheitsversorgung sichern.

[8] ,Eine konzertierte Strategie zur Modernisierung des Sozialschutzes" (KOM(1999) 347 endgültig).

Diese Rahmenvorgaben wurden durch die vom Europäischen Rat in Lissabon und auf seinen späteren Tagungen formulierten Mandate bestätigt. Daraufhin wurden in zwei der vier genannten Bereiche - nämlich soziale Eingliederung und Renten - umfassende, auf der offenen Koordinierungsmethode basierende Prozesse auf den Weg gebracht. Darüber hinaus existiert eine lockerere Form der politischen Zusammenarbeit in Fragen des sozialen Schutzes, die Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege betreffen.

Der Ausschuss für Sozialschutz hat kürzlich Arbeiten zum Thema ,Arbeit lohnend machen" in Angriff genommen. Ziel ist es, zu ermitteln, welchen spezifischen Beitrag die Sozialschutzsysteme zur Erreichung dieses allgemeinen Ziels leisten können (z. B. was die in den Leistungssystemen vorgesehenen Anreizstrukturen betrifft). Bestimmte Aspekte dieses Themenkomplexes werden bereits - wie dies auch künftig der Fall sein wird - im Kontext der Grundzüge der Wirtschaftspolitik und der beschäftigungspolitischen Leitlinien aufgegriffen.

Rhythmus und Schwerpunktsetzung der Arbeiten in den verschiedenen Bereichen werden seit Lissabon durch die jeweiligen Mandate des Europäischen Rates vorgegeben. Dies hat es möglich gemacht, dass die Arbeiten in den Bereichen soziale Eingliederung und Renten zügig vorankamen und dass neue, ehrgeizige Zielsetzungen anvisiert werden konnten. Nichtsdestoweniger hat dieser Ansatz auch gewisse negative Auswirkungen. So bereitet es eine gewisse Sorge, dass aufgrund der Organisation der Arbeiten im Rahmen verschiedener Aktionsstränge das in der Mitteilung von 1999 angestrebte Ziel der Fokussierung auf eine globale Agenda für die Modernisierung und Verbesserung des Sozialschutzes etwas aus dem Blick geriet. Ferner war der Workflow insgesamt ein wenig unstrukturiert, wobei es bisweilen zu Engpässen kam. So hatten die Mitgliedstaaten im Sommer/Herbst 2002 umfangreiche Berichte über Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege und über Renten vorzulegen. Die Dienststellen der Kommission hatten anschließend die Aufgabe, zwei gemeinsame Berichte des Rates und der Kommission zu erstellen, die anschließend - im Vorfeld der Frühjahrstagung des Europäischen Rates 2003 - dem Rat zur Billigung vorgelegt wurden.

Fragen im Zusammenhang mit Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege wurden bislang nicht im Rahmen der Zusammenarbeit im Bereich Sozialschutzeingehend erörtert. Probleme der Gesundheitsversorgung sind jedoch wichtig mit Blick auf die Entwicklung des europäischen Sozialmodells und insbesondere mit Blick auf die europäische Sozial-, Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik. Gesundheitssysteme und Gesundheitspolitiken in der EU sind zudem immer stärker miteinander verflochten, als dies in der Vergangenheit der Fall war, womit zahlreiche gesundheitspolitische Fragen eindeutig eine europäische Dimension erlangen. Nichtsdestoweniger gilt, wie dies bereits im gemeinsamen Bericht über Gesundheitswesen und Langzeitpflege für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates 2003 festgestellt wurde, dass es bei der politischen Zusammenarbeit in diesem Bereich ganz spezifische Umstände und Schwierigkeiten zu berücksichtigen gilt. Mehrere gemeinsame Herausforderungen, denen die Mitgliedstaaten im Bereich Gesundheit und Gesundheitsversorgung gegenüberstehen, sind derzeit Gegenstand einer Bewertung im Rahmen der ,Reflexionsprozesses auf hoher Ebene" zu Fragen der Patientenmobilität und der Entwicklung der Gesundheitsversorgung in der EU. Auch der Europäische Konvent prüft die Frage, wie Rolle und Verantwortung der EU in diesem Bereich besser definiert werden können. Insbesondere wird es erforderlich sein, aufzuzeigen welche Methoden am besten geeignet sind, um Fragen des Sozialschutzes in Angriff zu nehmen, die folgende Bereiche betreffen: Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege (Gewährleistung des allgemeinen Zugangs zu Versorgungsleistungen, abhängig vom Bedarf und unabhängig von zur Verfügung stehenden Ressourcen, und Gewährleistung, dass Patienten oder ihre Angehörigen nicht aufgrund eines Bedarfs an Maßnahmen der Gesundheitsversorgung oder Langzeitpflege in Armut geraten), öffentliche Gesundheit und die Fortschritte in der medizinischen Versorgung und Anwendung der Grundsätze des Binnenmarktes im Bereich der Gesundheitsversorgung (Patientenmobilität, Dienstleistungsfreiheit).

Im Lichte der aus diesen Prozessen zu ziehenden Schlussfolgerungen und in Abhängigkeit von den im Rahmen der Regierungskonferenz in der Folge getroffenen Beschlüssen in Sachen Gesundheit, wird die Kommission die Modalitäten für eine Verstärkung der politischen Koordinierung in diesem Bereich im Kontext eines gestrafften Sozialschutzprozesses vorgelegt.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Arbeiten innerhalb des gesamten Prozesses von einer Rationalisierung und Vereinfachung profitieren werden.

Entsprechend wird in Teil 3 vorgeschlagen, dass die künftigen Arbeiten und Berichte nicht wie bisher separat - getrennt nach den jeweiligen Zielen - durchgeführt werden sollten, sondern innerhalb einer vereinheitlichten Struktur, die sämtliche Aspekte des Sozialschutzes abdeckt. Die erfordert die Definition eines einzigen Satzes gemeinsamer Ziele, die sich auf eine gemeinsame europäische Vision stützen und sich im Wesentlichen den drei Pfeilern zuordnen lassen, die den drei Politikbereichen soziale Eingliederung, Renten und Gesundheit und Langzeitpflege entsprechen. Darüber hinaus werden unter Punkt 3.1 Vorschläge präsentiert, wie das Thema ,Arbeit lohnend machen" als Querschnittsthema angegangen werden kann.

2.3. Arbeitsmethoden: die offene Methode der Koordinierung und ihre Rolle innerhalb der Gesamtstrategie

Nach Auffassung des Europäischen Rates von Lissabon würde die Durchführung der Arbeiten an der Sozialschutzkomponente im Rahmen der integrierten Strategie erleichtert durch die Anwendung einer ,offenen Koordinierungsmethode". Diese Methode wurde eingeführt als ,Instrument zur Verbreitung bewährter Verfahren und zur Annäherung an die Hauptziele der EU". Angewandt werden sollte die Methode in den Bereichen, in denen die Gemeinschaft lediglich über begrenzte Befugnisse verfügt. Dies steht im Einklang mit den Bestimmungen des Artikels 137 des Vertrags, denen zufolge es Aufgabe der Gemeinschaft ist, die Tätigkeiten der Mitgliedstaaten zur Gewährleistung des Sozialschutzes zu unterstützen und zu ergänzen. Die offene Koordinierungsmethode ist als flexibles Instrument der Governance konzipiert, das die bestehende Gemeinschaftsmethode und andere im Vertrag verankerte Prozesse wie den Prozessen im Kontext der Grundzüge der Wirtschaftspolitik und der EBS, die nach wie vor die wichtigsten Instrumente bleiben, ergänzt. Sie basiert auf der konsequenten Wahrung des Subsidiaritätsprinzips und verfolgt das erklärte Ziel, die Mitgliedstaaten dabei zu unterstützen, schrittweise ihre eigenen Politiken zu entwickeln. Die Methode umfasst folgende Komponenten:

- Festlegung von Leitlinien für die Union mit einem jeweils genauen Zeitplan für die Verwirklichung der von ihnen gesetzten kurz-, mittel- und langfristigen Ziele;

- gegebenenfalls Festlegung quantitativer und qualitativer Indikatoren und Benchmarks im Vergleich zu den Besten der Welt, die auf die in den einzelnen Mitgliedstaaten und Bereichen bestehenden Bedürfnisse zugeschnitten sind, als Mittel für den Vergleich der bewährten Praktiken;

- Umsetzung dieser europäischen Leitlinien in die nationale und regionale Politik durch Vorgabe konkreter Ziele und den Erlass entsprechender Maßnahmen unter Berücksichtigung der nationalen und regionalen Unterschiede;

- regelmäßige Überwachung, Bewertung und gegenseitige Prüfung im Rahmen eines Prozesses, bei dem alle Seiten voneinander lernen.

Diese Komponenten sind als Rahmenvorgaben für die Anwendung der offenen Koordinierungsmethode in verschiedenen Bereichen zu verstehen. In Abhängigkeit vom jeweiligen Kontext ihrer Anwendung wird genauer zu definieren sein, wie sie im Einzelnen ausgestaltet wird, welche Arbeitsverfahren angewandt werden und wie die Arbeiten organisiert werden.

Die offene Koordinierungsmethode (OKM): eine komplementäre Methode

Im Weißbuch der Kommission über europäisches Regieren [9] wurden die wesentlichen Merkmale der OKM erläutert und einige Hinweise zu ihrer Anwendung gegeben:.

[9] KOM(2001) 428 vom 25. Juli 2001.

- Die offene Koordinierungsmethode wird fallweise angewandt. Sie fördert die Zusammenarbeit, den Austausch bewährter Verfahren sowie die Vereinbarung gemeinsamer Ziele und Leitlinien von Mitgliedstaaten, die manchmal wie im Falle der Beschäftigung und der sozialen Ausgrenzung durch Aktionspläne von Mitgliedstaaten unterstützt werden. Diese Methode beruht auf einer regelmäßigen Überwachung der bei der Verwirklichung dieser Ziele erreichten Fortschritte und bietet den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, ihre Anstrengungen zu vergleichen und aus den Erfahrungen der anderen zu lernen."

- In einigen Bereichen ,steht sie neben dem programmbezogenen und dem legislativen Konzept. In anderen Bereichen, in denen wenig Spielraum für legislative Lösungen besteht, bringt sie einen europäischen Zusatznutzen.

- ,Die Kommission wirkt bereits koordinierend und wird dies auch in Zukunft tun. Doch darf diese Methode das institutionelle Gleichgewicht nicht stören." Auch darf die offene Koordinierungsmethode ,nicht dazu führen, dass die gemeinsamen Vertragsziele verwässert werden." ,Insbesondere sollte das Europäische Parlament nicht aus einem europäischen Politikprozess ausgeschlossen werden. Die offene Methode sollte ein Handeln der Gemeinschaft nicht ersetzen, sondern ergänzen.

Jeder dieser verschiedenen Aspekte der OKM kommt in den laufenden Arbeiten in den Bereichen soziale Eingliederung und Renten zum Tragen. Bei einer künftigen Anwendung der OKM im Kontext sollte man sich ebenfalls an den im Weißbuch über europäisches Regieren formulierten Grundsätzen orientieren. Die Modalitäten der Implementierung der offenen Koordinierungsmethode im Sozialschutzbereich werden von den Schlussfolgerungen der bevorstehenden Regierungskonferenz abhängen.

Flexibilität und volle Wahrung der Subsidiarität

Im Bereich soziale Eingliederung wird die OKM verwendet, um eine konzertierte Fokussierung der Politik auf Ziele zu bewerkstelligen als Teil eines Prozesses, in dessen Rahmen die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, ihre nationalen Politiken zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung zu optimieren, unter anderem durch Festlegung nationaler Ziele - ganz im Sinne der Aufforderung des Europäischen Rates von Lissabon ,etwas zu unternehmen, um die Beseitigung der Armut entscheidend voranzubringen". Die Maßnahmen im Rahmen der OKM werden untermauert durch verschiedene gemeinsame Indikatoren und sind darüber hinaus eng verknüpft mit dem Aktionsprogramm der Gemeinschaft zur Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung. Zwar ist es wichtig, in diesem Bereich den Fokus auch künftig auf die politischen Ziele zu richten und die Anwendung der Methode auf andere Bereiche auszudehnen, in denen künftig von der Koordinierung des Sozialschutzes betroffen sein werden, doch kommt es auch entscheidend darauf an, dass die OKM auch künftig ihrer Flexibilität bewahrt. Sie muss unterschiedlichen Rahmenbedingungen, Ziele und Entwicklungsstadien der politische Koordinierung in den verschiedenen Politikbereichen Rechnung tragen.

Darüber hinaus sollten auch im weiteren Verlauf der Arbeiten das Prinzip der Vielfalt und die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für Planung, Organisation und Finanzierung ihrer Systeme gewahrt bleiben.

Transparenz: Einbeziehung der Akteure

Angesichts des hohen Organisationsgrads der Zivilgesellschaft mit Blick auf die Bekämpfung sozialer Ausgrenzung und angesichts der Tatsache, dass die Mitgliedstaaten in diesem Bereich die unterschiedlichsten - häufig dezentralen - Politiken verfolgen, wird im Rahmen des Prozesses starkes Gewicht auf die Einbeziehung der verschiedensten Akteure gelegt - auf die Einbeziehung der Sozialpartner wie auch auf Konsultationen mit den NRO und den Vertretern der subnationalen Regierungsbehörden. Dieser Ansatz könnte sinnvollerweise in sämtlichen Bereichen des künftigen Prozesses im Bereich Sozialschutz angewandt werden.

Verknüpfung mit bestehenden Prozessen und Instrumenten

Das zentrale Problem, das sich im Zusammenhang mit der OKM im Rentenbereich stellt, betrifft zwei der im Weißbuch über europäisches Regieren angesprochenen grundlegenden Fragen - wie lässt sich gewährleisten, dass die OKM den bestehenden gemeinschaftlichen Prozessen einen ,Mehrwert" verleiht, und wie lässt sich gewährleisten, dass das institutionelle Gleichgewicht erhalten bleibt?

In den in Laeken als Grundlage für die Umsetzungen der OKM im Rentenbereich vereinbarten gemeinsamen Zielen wurde diese Frage ausdrücklich angesprochen.

Die offene Koordinierungsmethode in Verbindung mit der Rentenpolitik reiht sich ein neben verschiedene bestehende, gut funktionierende EU-Verfahren, die sich im Rahmen ihres umfassenderen Aktionsbereichs auch mit der Rentenpolitik befassen. Es gilt, eine Kohärenz mit den bereits etablierten Verfahren herzustellen.

Im Einzelnen genannt werden die Grundzüge der Wirtschaftspolitik, der Prozess der multilateralen Überwachung (einschließlich Cardiff-Prozess), der Stabilitäts- und Wachstumspakt, die europäische Beschäftigungsstrategie und der Prozess der sozialen Eingliederung. Danach heißt es wie folgt:

Ein Ziel der vorgeschlagenen neuen Methode wird es sein, in einheitlicher Form Informationen und Analysen zu den nationalen Rentenstrategien zu liefern, was zur Kohärenz zwischen diesen Prozessen beitragen kann.

Schließlich wird festgestellt, dass ,die Ergebnisse der Beratungen (über Renten) in die Grundzüge der Wirtschaftspolitik eingehen".

Die Beziehung zwischen OKM und den bestehenden Gemeinschaftsprozessen und die Notwendigkeit, das institutionelle Gleichgewicht zu wahren, ist eine zentrale Frage mit Blick auf die Zukunft des Sozialschutzes insgesamt. Hier sollte ein ähnlicher Modus operandi gewählt werden wie bei der bestehenden OKM im Rentenbereich. Im Rahmen der künftigen Zusammenarbeit im Bereich Sozialschutz mittels der offenen Koordinierungsmethode wird eine detaillierte Analyse der Probleme vorzunehmen sein, vor denen die nationalen Systeme stehen. Insbesondere wird auf die Frage einzugehen sein, welchen Beitrag sie, wenn sie denn modernisiert und verbessert wurden, zur Lissabonner Strategie leisten können. Ergebnis sollte die Formulierung politischer Botschaften sein, die auch in die anderen Instrumente integriert werden können, also zum Beispiel Schlüsselbotschaften, die im Hinblick auf den jährlichen Synthesebericht von Relevanz sind, oder Beiträge zu Politikbereichen, die im Hinblick auf die Grundzüge der Wirtschaftpolitik und die europäische Beschäftigungsstrategie von Bedeutung sind. Stets sollte es darum gehen, die im Rahmen der Koordinierungsinstrumente entwickelten allgemeinen politischen Orientierungen zu ergänzen. Gleichzeitig sollte die Kohärenz zwischen allen sozial- und wirtschaftpolitischen Koordinierungsprozessen gewährleistet sein.

Rolle der Kommission

Sowohl im Rahmen des Prozesses im Rentenbereich als auch im Rahmen des Prozesses im Bereich soziale Eingliederung fällt der Kommission eine Initiativrolle zu. Sie fungiert als Katalysator und ist bestrebt, dafür zu sorgen, dass die mit diesen Prozessen verfolgten ambitionierten Ziele nicht aus dem Blick geraten. Die bisherige Praxis, der zufolge es Aufgabe der Kommission ist, jeweils den ersten Entwurf der gemeinsamen Berichte von Kommission und Rat auszuarbeiten, hat dazu beigetragen, dass sich die OKM, so wie sie jetzt praktiziert wird, als Arbeitsmethode als wirkungsvoller erwiesen hat, als man ursprünglich erwartet hatte. An dieser Praxis sollte folglich auch festgehalten werden.

Einbeziehung des Europäischen Parlaments

Schließlich muss festgestellt werden, dass es bislang bei keinem der Prozesse gelungen ist, das Europäische Parlament in angemessener Form einzubeziehen, wie dies im Weißbuch über europäisches Regieren vorgeschlagen wurde. Die Zunahme der Anzahl der Prozesse hat sich hier zweifelsohne als Stolperstein erwiesen. Es wird vorgeschlagen, bei der Schaffung eines gestrafften Prozesse im Bereich Sozialschutz in Anbetracht der Bedeutung dieses Prozesses im Rahmen der Lissabonner Strategie, Möglichkeiten zu prüfen, wie das Europäische Parlament in angemessener und praktikabler Form einbezogen werden kann. Geschehen könnte dies beispielsweise im Wege einer Berichterstattung an das Parlament zum Zeitpunkt der Festlegung der gemeinsamen allgemeinen Ziele - auf der Grundlage der bereits bestehenden politischen Zusammenarbeit und Koordinierung, wie dies weiter unten unter Punkt 3.1. vorgeschlagen wird, darüber hinaus jedoch auch an anderen entscheidenden Punkten des künftigen Prozesses.

3. STÄRKUNG UND VEREINFACHUNG DES KOORDINIERUNGSPROZESSES

3.1. Gemeinsame Ziele

Der erste Schritt auf dem Weg zur Rationalisierung der politischen Zusammenarbeit sollte die Definition eines integrierten, kohärenten Bündels gemeinsamer Ziele sein. Diese sollten grundsätzlich den drei Pfeilern zuzuordnen sein, die gemeinsam den Bereich des Sozialschutzes bilden, in dem eine politische Zusammenarbeit stattfindet: soziale Eingliederung, Renten und Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege. Diese Ziele sollten an die Stelle der derzeit bestehenden mehreren Zielebündel treten. Der Zielekatalog sollte im Jahr 2006 gemeinsam mit dem Leitlinienpaket zur Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik vom Rat auf Vorschlag der Kommission angenommen werden. Die Ziele sollten für einen Zeitraum von drei Jahren, also bis 2009, unverändert bleiben, sofern nicht unverhergesehene Umstände eintreten.

Das Bündel gemeinsamer Ziele wird im Rahmen der Lissabonner Strategie definiert und sollte sich in völligem Einklang mit den im Jahr 2006 zu verabschiedenden Grundzügen der Wirtschaftpolitik und beschäftigungspolitischen Leitlinien befinden und mit diesen eng verzahnt sein. Auch sollten sie die Ergebnisse der Bewertung der Erfahrungen widerspiegeln, die bis dahin mit den verschiedenen Prozessen der politischen Zusammenarbeit im Bereich Sozialschutz gemacht wurden. Entsprechend dem vom Europäischen Rat von Brüssel im März 2003 formulierten Mandat steht im Jahr 2006 eine Überprüfung der mit der offenen Koordinierungsmethode im Rentenbereich erzielten Fortschritte an. Im Rahmen dieser Überprüfung sollten auch die Fortschritte betrachtet werden, die beim Prozesses im Bereich soziale Eingliederung und beim kooperativen Austausch über das Gesundheitswesen erzielt wurden. Sie sollte Teil der Vorbereitungen für die Festlegung gemeinsamer Ziele für den neuen, gestrafften Prozess sein.

Das Bündel gemeinsamer Ziele sollte auch eine bestimmte Anzahl von Querschnittszielen enthalten. Dabei könnte es um Themen gehen, die von allgemeinerer Bedeutung für die Sozialschutzsysteme sind und nicht ohne weiteres im Rahmen eines der drei Pfeiler des neuen Kooperationsprozesses abgedeckt werden können, wie etwa die Aufgabe des Gender-Mainstreaming. Darüber hinaus könnte es um die Frage gehen, welchen Beitrag der Sozialschutz zur Realisierung des politischen Konzepts ,Arbeit lohnend machen" leisten kann, insbesondere im Hinblick auf Sozialeistungen, auf die Förderung des aktiven Alterns und auf Maßnahmen zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Der Europäische Rat hat die Kommission im März 2003 ersucht, ,rechtzeitig für die Frühjahrstagung 2004 einen Bericht über die Verbesserung des Gesamtrahmens für die Sozialschutzpolitik durch verstärkte Betonung der Wirksamkeit von Anreizen und der Ermittlung vorbildlicher Praktiken vorzulegen." [10] In diesem Zusammenhang gilt es, den bereits im Kontext der wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Koordinierungsprozesse auf den Weg gebrachten Arbeiten Rechnung zu tragen, in deren Rahmen das Ziel, ,Arbeit lohnend machen" aus der Perspektive der Wirtschaftspolitik bzw. der Beschäftigungspolitik beleuchtet wird. Im Rahmen beider Koordinierungsprozesse wird man sich mit der Frage zu beschäftigen haben, wie geeignete Anreize zur Arbeitsaufnahme, zum Verbleib im Erwerbsleben, zur Steigerung der Arbeitsleistung und zu Investitionen in allgemeine und berufliche Bildung geschaffen werden können. Dies erfordert insbesondere eine Auseinandersetzung mit den aus der Interaktion von Steuer- und Sozialleistungssystemen sowie aus den Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik resultierenden Anreizwirkungen.

[10] Z. B. Leistungssysteme, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Maßnahmen für ältere Menschen.

3.2. Berichterstattungsmechanismen: eine neuer gemeinsamer Jahresbericht über den Sozialschutz

Das zentrale Instrument des neuen, gestrafften Prozesses wird ein gemeinsamer Sozialschutzbericht sein, der die Fortschritte in sämtlichen von den gemeinsamen Zielen abgedeckten Bereichen dokumentieren und bewerten wird. Der Bericht wird gemeinsam von Kommission und Rat auf der Grundlage eines von der Kommission ausgearbeiteten Entwurfs erstellt. Da der gemeinsame Bericht zeitgleich mit den anderen Berichten im Vorfeld der Frühjahrstagung des Europäischen Rates erstellt wird, ist davon auszugehen, dass er neues, nützliches Material für die Ausarbeitung des jährlichen Syntheseberichts liefern wird. Die Ergebnisse der von der Kommission durchgeführten Analyse werden in den jährlichen Synthesebericht für den Frühjahrsgipfel einfließen. Es ist eine Kohärenz mit den parallel laufenden Arbeiten im Rahmen der EBS und der Grundzüge der Wirtschaftspolitik anzustreben. Die Synchronisierung wird deutlich bessere Voraussetzungen schaffen für die Gewährleistung einer solchen Kohärenz. Der gemeinsame Bericht wird eine wichtige Grundlage bilden für sozialschutzbezogene Beiträge des Rates ,Beschäftigung und Sozialpolitik" zum Frühjahrsgipfel.

Der neue gemeinsame Sozialschutzbericht wird den bisher - gemäß dem Beschluss über die Einsetzung des Ausschusses für Sozialschutz - vorgelegten Bericht über die soziale Sicherheit in Europa" ersetzen. Diese Änderung wird bereits im Jahr 2005 in Kraft treten. [11] Der Bericht wird auch den gemeinsamen Bericht über die soziale Eingliederung und den gemeinsamen Rentenbericht ersetzen und die Aufgabe erfuellen, die in der politischen Zusammenarbeit im Bereich der Gesundheitsversorgung und der Langzeitpflege erzielten Fortschritte zu bilanzieren.

[11] Nähers zur Übergangszeit siehe weiter unten Ziffer 2.4 sowie Anhänge.

Ab 2006 werden die Mitgliedstaaten ihren Beitrag zur Ausarbeitung des gemeinsamen Sozialschutzberichts leisten, indem sie in nationalen Berichten ihre jeweilige Strategie zur Erreichung der zuvor für das betreffende festgelegten gemeinsamen Ziele darlegen. Die nationalen Berichte 2006 werden umfassend sein und alle drei Pfeiler abdecken, und sie werden zukunftsorientiert sein.

In den Jahren 2007 und 2008 werden die Mitgliedstaaten erheblich kürzere Berichte vorlegen, in denen im Wesentlichen die Fortschritte bei der Umsetzung der im Jahr 2006 eingeführten Strategien und wichtige aktuelle politische Entwicklungen dargestellt werden.

Die Berichte sollten auf gemeinsam vereinbarten Indikatoren beruhen, um Fortschritte im Hinblick auf die gemeinsamen Ziele deutlich zu machen.

Die nationalen Sozialschutzberichte werden ab 2006 der einzige Beitrag der Mitgliedstaaten zu dem Prozess sein. Sie werden somit sowohl die NAP (Eingliederung) als auch die nationalen Rentenstrategieberichte ersetzen.

So wird der gemeinsame Sozialschutzbericht innerhalb des dreijährigen Zyklus unterschiedlich ausfallen: alle drei Jahre wird ein umfassender, zukunftsgerichteter Bericht erstellt, in den Jahren dazwischen knappe Aktualisierungen.

Die hier vorgestellte Struktur der Berichterstattung bedeutet eine wesentliche Änderung des Ansatzes gegenüber den derzeitigen Berichterstattungsverfahren. Der Fokus wird künftig auf der Umsetzung liegen, wie dies auch bei der beschäftigungs- und wirtschaftspolitischen Koordinierung der Fall ist. Im Hinblick auf das angestrebte Ziel, dem Beitrag der Sozialschutzpolitiken zur Lissabonner Strategie stärkeres Gewicht und eine größere Sichtbarkeit zu verleihen, ist dies eindeutig eine begrüßenswerte Entwicklung.

Die Aufgabe der Prüfung der nationalen Berichte, die Förderung einer politischen Debatte über die Umsetzung der Politiken und Strategien, unter anderem durch Peer-Review-Verfahren, und die Ausarbeitung des gemeinsamen Sozialschutzberichts erfordern eine regelmäßige enge Zusammenarbeit zwischen den auf EU-Ebene zuständigen Ausschüssen für Sozialschutz, Beschäftigung, wirtschaftspolitische Koordinierung und Gesundheitswesen.

3.3. Indikatoren: ein wichtiger Grundpfeiler für die Straffung

Eine besondere Herausforderung für den neuen, gestrafften Prozess im Bereich Sozialschutz besteht darin, dass es möglich sein sollte, die Fortschritte im Bereich Sozialschutz im Hinblick auf die vereinbarten gemeinsamen Ziele in einer Weise nachzuhalten, die transparent ist und effektiv genutzt werden kann, um die politischen Reformen weiter voranzutreiben. Die Entwicklung eines Satzes gemeinsam vereinbarter Indikatoren zu vollständigen Abbildung des Grads der Realisierung der gemeinsamen allgemeinen Ziele ist eine notwendige Voraussetzung, um diesem Erfordernis gerecht zu werden. Zur Bewältigung dieser Aufgabe sollten vorhandene Sätze gemeinsamer Indikatoren herangezogen werden: Indikatoren, die für den Bereich soziale Eingliederung entwickelt wurden, für den Bereich Renten derzeit entwickelt werden und im Rahmen der wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Koordinierungsprozesse bereits verwendet werden. Es besteht dabei jedoch die Notwendigkeit, den Erfassungsbreite der Indikatoren im Bereich Renten zu erweitern. Und Sozialschutz-Indikatoren über Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege werden im Zug der Intensivierung der Zusammenarbeit in diesen Bereichen festzulegen sein. Daher ist von zentraler Bedeutung, dass die bereits laufenden Arbeiten der Untergruppe ,Indikatoren" des Ausschusses für Sozialschutz forciert werden.

Auch wenn bei der Entwicklung von Indikatoren ein immer weiteres Feld abzudecken ist, muss dennoch sichergestellt werden, dass die Gesamtzahl der Indikatoren so gering wie möglich gehalten wird. Gegenwärtig tendiert man eher dazu, die Zahl der Indikatoren immer weiter zu erhöhen, um unterschiedlichen Ansätzen in den einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen. Ein solches Vorgehen ist nicht geeignet, die Zahl zusammenfassender Indikatoren so gering zu halten, dass der jährliche Bericht seinen Hauptzweck erfuellen kann.

Das neue Verfahren wird auch den Sozialstatistiken auf EU-Ebene größere Außenwirkung verleihen und höhere Anforderungen an Verlässlichkeit, Vergleichbarkeit und Zeitnähe stellen. Dies zu erreichen setzt die Entschlossenheit der Mitgliedstaaten voraus, so wichtige Instrumente weiterzuentwickeln wie ESSPROSS, bei dem es um Finanzierung und Ausgaben in verschiedenen Zweigen des Sozialschutzes weiterzuentwickeln geht, oder wie SILC, die jährliche EU-weite Erhebung über Einkommen und Lebensbedingungen der Haushalte, oder wie das System of Health Accounts (SHA). Auch bedarf es einer besseren Verknüpfung der laufenden Arbeiten an der Entwicklung solcher statistischen Instrumente (unter Einbindung der Kommission und der nationalen statistischen Ämter) mit dem gestrafften Prozess im Bereich Sozialschutz.

3.4. Gestaltung der gestrafften offenen Koordinierungsmethode im Bereich Sozialschutz

Wie bereits im Vorangehenden ausgeführt, wird vorgeschlagen, den hier umrissenen gestrafften Ansatzes im Jahr 2006 einzuführen. Die Jahre 2003-2006 sollten genutzt werden, um die Bedingungen für den Start des neuen Prozesses zu schaffen - unter Berücksichtigung der verschiedenen auf dem Frühjahrsgipfel von Brüssel formulierten Mandate betreffend Renten, Gesundheitswesen und Anreizstrukturen in den Leistungssystemen. [12]

[12] Siehe insbesondere Ziffern 49 bis 52 der Schlussfolgerungen des Vorsitzes.

Auch ist es von zentraler Bedeutung, darüber nachzudenken, wie sich die Erweiterung auf die laufenden Prozesse auswirken wird, und dafür zu sorgen, dass die neuen Mitgliedstaaten so rasch wie möglich nach ihrem Beitritt einbezogen werden. Es sei daran erinnert, dass die Kommission seit dem Frühjahr 2002 mit den zuständigen nationalen Behörden aller Bewerberländer [13] darauf hingearbeitet hat, einen Kooperationsprozess in Gang zu setzen, der darauf abzielt, den Weg für ihre volle Teilnahme an der offenen Koordinierungsmethode in den Bereichen soziale Eingliederung und Renten nach dem Beitritt zu bereiten. Im Jahr 2003 wird der Prozess des Abschlusses der Joint Inclusion Memoranda (JIMs, gemeinsame Memoranden zur sozialen Eingliederung) zwischen der Kommission und den zehn Beitrittsländern beendet sein, wodurch es diesen ermöglicht wird, sich mit den wichtigsten Aspekten im Zusammenhang mit der Ausarbeitung der NAP (Eingliederung) vertraut zu machen.

[13] Sämtlicher Bewerberländer mit Ausnahme der Türkei.

Im Jahr 2003 wird auch ein Kooperationsprozess zwischen der Kommission und den einzelnen Bewerberländern im Rentenbereich in Gang gesetzt, in dessen Rahmen verschiedene nationale Seminare stattfinden werden.

Während des Übergangszeitraums 2003-2006 werden folgende Initiativen auf den Weg gebracht, die dazu dienen, die politische Zusammenarbeit fortzusetzen und die Straffung der offenen Koordinierung im Bereich Sozialschutz vorzubereiten:

Soziale Eingliederung

Gemäß einem bereits vom Rat gefassten Beschluss werden die Mitgliedstaaten im Juli 2003 ihre NAP(Eingliederung) für den Zeitraum 2003-2005 vorlegen. Kommission und Rat werden dann im Frühjahr 2004 dem Europäischen Rat einen gemeinsamen Bereicht über die soziale Eingliederung unterbreiten.

Im Jahr 2004 werden die neuen Mitgliedstaaten ihre ersten Aktionspläne zur sozialen Eingliederung für den Zeitraum 2004-2006 vorlegen. Sie werden sich dabei auf die Gemeinsamen Memoranden zur Eingliederung (JIM) stützen, die in Abstimmung mit der Kommission im Jahr 2003 festgelegt wurden.

Renten

Bis Mitte 2005 werden die neuen Mitgliedstaaten nationale Rentenstrategieberichte vorlegen, die eine Analyse der Situation in ihrem jeweiligen Land enthalten. Sie werden darin den Stand der Reform ihrer Rentensysteme darlegen im Lichte der mit Blick auf die offene Koordinierungsmethode im Bereich Renten vereinbarten gemeinsamen Ziele.

Gleichzeitig werden die jetzigen Mitgliedstaaten Durchführungsberichte für die Zeit ab 2002 unterbreiten und ihre nationalen Strategieberichte für 2002 aktualisieren, wobei sie den Schwerpunkt auf die wichtigsten politischen Entwicklungen legen werden.

Mitgliedstaaten und Kommission werden mit dem Ziel zusammenarbeiten, bis 2005 neue demografische und finanzielle Projektionen zu erstellen, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen, ihre Strategieberichte rechtzeitig für die Vorlage bis Mitte 2005 auszuarbeiten. Darüber hinaus arbeiten die Ausschüsse weiterhin an der Festlegung eines konsolidierten Satzes gemeinsamer Indikatoren, der sämtliche Teilaspekte der politischen Koordinierung im Bereich Sozialschutz abdeckt.

Gesundheitswesen

Der Europäische Rat hat die Kommission um Ausarbeitung einer Mitteilung ersucht, in der sie weitere Vorschläge für die Intensivierung des kooperativen Austauschs im Bereich Gesundheitsversorgung und Altenpflege formuliert. Dies wird ein erster Schritt sein zur Erforschung von Möglichkeiten, den Prozess der politischen Zusammenarbeit im Bereich des Gesundheitswesens durch Austausch von Informationen und bewährten Verfahren und durch Entwicklung vergleichbarer Indikatoren voranzubringen. Inhaltliche Gestaltung und Zeitplanung werden von den Ergebnissen des Europäischen Konvents und der Regierungskonferenz abhängen, sowie von den Schlussfolgerungen der hochrangige Reflexionsgruppe für Fragen der Patientenmobilität und der Gesundheitsversorgung die aller Voraussicht nach gegen Ende des Jahres 2003 vorliegen werden.

Gemeinsamer Sozialschutzbericht

Dieses neue Instrument wird erstmals im Jahr 2005 in einer Übergangsform erscheinen. Ziel ist es, die Ausarbeitung des Syntheseberichts durch die Kommission besser vorzubereiten und für eine stärkere Kohärenz der zentralen Botschaften des Rates ,Beschäftigung und Sozialpolitik" an den Frühjahrsgipfel in Sachen Sozialschutz.

Im Jahr 2005 wird der Schwerpunkt des neuen gemeinsamen Bericht auf der sozialen Eingliederung liegen, gestützt auf die bis 2004 von den neuen Mitgliedstaaten vorzulegenden NAP (Eingliederung). Im Jahr 2006 wird der Schwerpunkt sich dann auf die Renten verschieben. Im Jahr 2007 wird der Bericht seine endgültige Form gefunden haben und den neuen, gestrafften Ansatz widerspiegeln, der drei Bereiche abdeckt: soziale Eingliederung, Renten und Gesundheitsversorgung.

Als Ergebnis dieser Aktivitäten werden Kommission und Mitgliedstaaten besser in der Lage sein, im Jahr 2006 die Fortschritte im Rahmen der offenen Koordinierungsmethode zu überprüfen in den Bereichen Renten, wie auf der Tagung des Europäischen Rates in Brüssel gefordert, und soziale Eingliederung sowie im politischen Austausch im Bereich der Gesundheitsversorgung. Diese Bewertung wird die Situation in den neuen Mitgliedstaaten einschließen. Sie wird die Grundlage bilden für die Orientierungen, die die Kommission im Jahre 2006 mit Blick auf die Festlegung in sich schlüssiger gemeinsamer Ziele für die Anwendung der offenen Koordinierungsmethode im Bereich Sozialschutz vorgeben wird.

Anhang 1 gibt einen Überblick darüber, welche Schritte in der Übergangszeit bis zur Straffung der Prozesse im Jahr 2006 zu unternehmen sind. Anhang 2 gibt einen Überblick über die Umsetzung in den Jahren 2006-2009. In Anhang 3 wird dargestellt, wie der gestraffte Prozess im Bereich Sozialschutz parallel zu den gestrafften Grundzügen der Wirtschaftspolitik und einer gestrafften europäische Beschäftigungsstrategie ab dem Jahr 2006 funktionieren wird.

ANHANG 1

Übergangszeit 2003-2005

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

ANHANG 2

Vollständige Straffung 2006-2009

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

ANHANG 3

Vollständige Straffung 2006-2008: Erweiterung der sozioökonomischen Governance und gestraffte GWP und EBS.

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

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