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Document 51999DC0614

    Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Die Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums

    /* KOM/99/0614 endg. */

    51999DC0614

    Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Die Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums /* KOM/99/0614 endg. */


    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT - Die Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums

    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

    Die Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums

    Einleitung

    1. Derzeit ist in Europa jeder dritte Flug unpünktlich. Die Maschinen haben im Durchschnitt eine Verspätung von 20 Minuten, in Spitzenzeiten kann die Verspätung sogar mehrere Stunden betragen. Diese Situation sorgt für Unmut bei den Fluggästen und Frustration bei den Unternehmen, bisweilen ist sogar von chaotischen Zuständen die Rede. Neben entgangenen Geschäfts abschlüssen, getrübten Urlaubsfreuden und Belastungen für die Umwelt (s. Anlage 1) verursacht diese Lage auch Kosten für die Allgemeinheit [1]. Schließlich trägt sie zur Zunahme der Besorgnisse bei, die mit den Auswirkungen des Luftverkehrs auf die Umwelt verbunden sind [2].

    [1] Wird davon ausgegangen, daß die unmittelbar mit der Überlastung des Luftraums zusammenhängenden Verspätungen gesamtwirtschaftliche Kosten in Höhe von 5 Mrd. EUR verursachen und diese Verspätungen ungefähr die Hälfte aller Verspätungen ausmachen, lässt sich der Schaden auf 10 Mrd. EUR beziffern.

    [2] Diese Problematik wird in einer gesonderten Mitteilung behandelt.

    2. Nach Meinung von Fachleuten ist auf der Grundlage realistischer Verkehrs prognosen und unter der Annahme, daß alle in Ausarbeitung befindlichen Verbesserungspläne wie vorgesehen umgesetzt werden, in den nächsten fünf Jahren sogar mit einer weiteren Verschlechterung der Lage zu rechnen.

    3. Zugegebenermassen sind mehrere Faktoren für diese Verspätungen verant wortlich. Ein Viertel der Verspätungen entfällt zwar jeweils auf die Luft fahrtgesellschaften und die Flughäfen, die Hälfte davon ist jedoch auf die Überlastung des Luftraums zurückzuführen.

    - Die Verspätungen, die auf das Konto der Luftfahrtgesellschaften gehen, sind vor allem operationeller und logistischer Art, sie können jedoch durch die Geschäftsstrategie der Luftfahrtgesellschaften verschärft werden, die dazu tendieren, bestimmte Flüge auf bestimmte Flughäfen und bestimmte Tageszeiten zu konzentrieren, um für bessere Anschlußfluege zu sorgen (s. Anlage 2).

    - Mit Ausnahme seltener Zwischenfälle operationeller Art liegt bei den Flughäfen der Hauptgrund für die Verspätungen darin, daß die Infra strukturen, deren Erweiterung häufig mit Umweltschutzauflagen nicht vereinbar ist, ihre Auslastungsgrenze erreicht haben.

    - Die Überlastung des Luftraums hängt mit der Notwendigkeit zusammen, die Flugsicherheit zu gewährleisten (s. Anlage 3). Die Flugzeugleistun gen lassen es nicht mehr zu, daß ein Pilot für sich allein die Kollisions vermeidung sicherstellt. Daher haben die Staaten im Rahmen des Abkommens von Chicago Mittel und Verfahren zur Gewährleistung der Flugsicherheit - das Luftraummanagement - geschaffen (s. Anlage 3). Die eingesetzten Verfahren können allerdings nur die Sicherheit einer begrenzten Zahl von Flugzeugen in einem bestimmten Raum gewähr leisten, wobei hierfür oft einfache Methoden verwendet werden. Die Kapazitäten des Luftraums sind somit begrenzt, so daß für die Aufrecht erhaltung eines optimalen Sicherheitsniveaus Wartezeiten am Boden oder die Umleitung von Flugzeugen erforderlich ist, wodurch Verspä tungen entstehen.

    4. Um ihre Maßnahmen in diesem Bereich abzustimmen und die Auswir kungen der mit den politischen Grenzen zusammenhängenden Unterbrechungen auf ein Mindestmaß zu verringern, haben mehrere europäische Staaten 1961 eine internationale Organisation, EUROCONTROL [3], ins Leben gerufen. Aufgabe dieser Europäischen Organisation zur Sicherung der Luftfahrt ist es, unter Wahrung der Souveränität ihrer Mitglieder die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen nationalen Stellen zu organisieren und für das Luftraummanagement in einem Teil des belgischen, deutschen, luxembur gischen und niederländischen Luftraums zu sorgen. Durch ein neues, am 27. Juni 1997 unterzeichnetes Abkommen, dessen Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft an den Beitritt der Gemeinschaft zu dieser Organisation gekoppelt ist, wird die Entscheidungsfähigkeit der EUROCONTROL-Organe gestärkt.

    [3] EUROCONTROL umfasst derzeit 29 Mitgliedstaaten, darunter die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft ohne Finnland, das Verhandlungen über seinen Beitritt führt.

    5. Sicherlich ist die Überlastung des Luftraums eine Folge des wachsenden Luftverkehrsaufkommens in einem begrenzten Raum. Auch in den Vereinig ten Staaten gibt es dieses Phänomen, und die amerikanischen Luftfahrt gesellschaften, Passagiere sowie der US-Kongreß haben ihre diesbezuegliche Unzufrieden heit zum Ausdruck gebracht. In Europa kommt jedoch zu dem überall gegebenen Infrastrukturproblem und zu den klimatischen Bedingungen das Problem bezueglich der Organisation des Luftraums hinzu. Hier machen sich die durch die nationalen Grenzen bedingte Zersplitterung des Luftraums - die Gemeinschaft war bestrebt, die der Schaffung des Binnenmarktes abträglichen Auswirkungen dieser Grenzen zu beseitigen - sowie die Schwierigkeiten bei der Optimierung der Verwendung des Luftraums durch die zivilen und militärischen Nutzer negativ bemerkbar. Die Gemeinschaft kann der Verschlechterung der Flugverkehrslage nicht gleich gültig gegenüberstehen, da sie, ohne fachliche Zuständigkeiten in diesem Bereich für sich reklamieren zu wollen, gegenüber den Bürgern und Luft raumnutzern für das Funktionieren des Binnenmarktes politisch verant wortlich ist. Angesichts der sich dann ergebenden Umweltauswirkungen muß sie desgleichen zu vermeiden suchen, daß die aufgrund des Wachstums des Luftverkehrs sich hervorgerufenen Probleme ausschließlich durch ein Anwachsen der Kapazitäten des Flugverkehrsmanagements behandelt werden.

    6. Am 17. Juni 1999 hat der Rat die Kommission ersucht, ihm eine Mitteilung über die jüngsten und in Gang befindlichen Maßnahmen zur Verringerung von Verspätungen und Überlastungen im Flugverkehr in Europa zu unterbreiten, damit der Rat die Wirkung solcher Maßnahmen bewerten und erforderlichenfalls weitere Initiativen beschließen kann [4]. Eine Analyse der Situation ist in den Anlagen zu dieser Mitteilung enthalten. Aus ihr geht hervor, daß ungeachtet aller bisher unternommenen Anstrengungen neue Maßnahmen eingeleitet werden müssen, wenn sichergestellt werden soll, daß das Flugverkehrsmanagement zur Verwirklichung der Gemein schaftspolitik insbesondere in den Bereichen funktionierender Binnenmarkt und Umweltschutz, sowie zur Verbesserung des Sicherheitsstandards der Bürger beträgt. Die Luftfahrtbranche hat zwar eine neue Strategie für die nächsten Jahre - die Strategie für das Jahr 2000 und danach [5] - ausgearbeitet, jedoch ist fraglich, ob diese Initiative, die nicht auf den herkömmlichen Arbeitsmethoden von EUROCONTROL beruht und keinen klaren Aktionsplan für die Entwicklung und Umsetzung neuer Konzepte und Verfahren für das Flugverkehrsmanagement enthält, eine geeignete Lösung darstellt, wenn auf nationaler sowie auf europäischer Ebene keine weitreichenden Strukturreformen vorgenommen werden.

    [4] Entschließung des Rates vom 17. Juni 1999.

    [5] Auf Ersuchen der Verkehrsminister der Europäischen Zivilluftfahrtkonferenz hat EUROCONTROL eine Strategie ausgearbeitet, die darauf abzielt, dem Bedarf der Nutzer in den nächsten 15 Jahren gerecht zu werden. Diese Strategie wird den Ministern auf ihrer Tagung am 28. Januar 2000 vorgestellt.

    7. Vor allem gilt es, Sofortmaßnahmen zu ergreifen, damit sich die katastro phale Lage vom Sommer 1999 nicht wiederholt, sollten sich die Mitglied staaten nicht auf eine Entscheidung verständigen können.

    I. KURZFRISTIGE MASSNAHMEN SIND DRINGEND GEBOTEN

    8. Die Erfahrung der letzten Jahre sowie die Kosovo-Krise haben erneut gezeigt, daß sich die derzeitigen Mechanismen für die Krisenbewältigung nicht eignen. Angesichts der Zahl und der Verschiedenheit der Beteiligten und des für die Umsetzung von Strukturreformen erforderlichen Zeitbedarfs ist eine chronische Luftraumüberlastung unvermeidbar. Die Entscheidungs träger müssen sich daher selbst die Mittel an die Hand geben, um die damit verbundenen Phänomene für den Endnutzer annehmbar zu gestalten. Kurz fristige Maßnahmen sind daher erforderlich:

    - Alle Beteiligten müssen unter der Federführung von EUROCONTROL eine Programmplanung erstellen mit dem Ziel, einen gemeinsa men Bezugsrahmen [6] für die Dienstebetreiber (vor allem die Kontrollstellen) und die Luftfahrtgesellschaften zu schaffen. Innerhalb von EUROCONTROL ist eine Koordinierungsstelle einzurichten, in der alle Beteiligten, auch die Luftverkehrsnutzer, vertreten sind; die von den Staaten bereitzustellenden Kapazitäten müssen jährlich Gegenstand einer förmli chen Verpflichtungserklärung sein.

    [6] EUROCONTROL hat im Rahmen seines mittelfristigen Kapzitätsplanungsmechanismus (" medium term capacity planning mechanism") Prognosemittel entwickelt, die als Grundlage für diese Programmplanung dienen können.

    - EUROCONTROL muß ferner in der Lage sein, Entlastungrouten zu konzipieren und im Krisenfall die Verwendung dieser Flugwege vorzu schreiben.

    - Schließlich muß EUROCONTROL Notfallpläne ausarbeiten und umsetzen, um Krisensituationen bewältigen zu können, die auf unvor hergesehene, mit dem System zusammenhängende Ereignisse (Witte rungsverhältnisse, Streiks usw.) oder auf Vorfälle ausserhalb des Systems wie die Balkankrise zurückzuführen sind.

    9. Nunmehr ist es angezeigt, die genannten Probleme auf der politischen Ebene zu behandeln. Die Minister der Europäischen Zivilluftfahrtkonferenz sollten auf ihrer Tagung am 28. Januar 2000 dem vorläufigen Rat von EUROCONTROL Anweisungen für die Verabschiedung solcher Sofortmaßnahmen für die nächste Sommersaison erteilen. EUROCONTROL verfügt über die hierfür erforderlichen Informationen und die gebotene Erfahrung, allerdings muß der Wille gegeben sein, die Organisation mit den entsprechenden Be fugnissen zur Durchführung dieser kurzfristigen Maßnahmen auszustatten.

    10. Darüber hinaus wird die Kommission im Jahr 2000 die Einrichtung eines Systems für die Veröffentlichung von Pünktlichkeitsindikatoren, wie es in den Vereinigten Staaten schon seit langem existiert, vorschlagen, damit die Nutzer sich selbst eine Meinung über die Entwicklung der Lage und ihre Ursachen bilden können.

    II. REFORM DES FLUGVERKEHRSMANAGEMENTS - EIN VOR RANGIGES ANLIEGEN

    11. Die Gemeinschaft muß ihrer Verantwortung gerecht werden, indem sie das Luftraummanagement mit ihrer wirtschaftlichen und politischen Integration in Einklang bringt. In einer Zeit, in der die einheitliche Währung auf den Weg gebracht wurde, die Gemeinschaft dabei ist, die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Rechts- und Polizeiwesens zu intensivieren, und schließlich die Initiativen für die Schaffung eines europäischen Verteidigungswesens ehrgeiziger werden, gelten für das Luftraummanagement in Europa überhol te Methoden und Grundsätze. Die Gemeinschaft kann nicht im europäischen Luftraum Grenzen aufrecht erhalten, die sie am Boden abgeschafft hat, und muß dafür Sorge tragen, daß der freie Personen-, Waren- und Dienstlei stungsverkehr über solche Grenzen hinaus funktioniert. Diese Aussage ist nicht als eine Infragestellung von EUROCONTROL zu verstehen, sondern als Ausdruck des Bestrebens der Kommission, aufzuzeigen, daß der politi sche Auftrag der Gemeinschaft und die speziellen Aufgaben von EUROCONTROL sich im Sinne der Ziele der Gemeinschaft und unter Wahrung der den Nicht-EU-Staaten im Rahmen des Abkommens zuerkannten Rechte gegenseitig ergänzen.

    12. Voraussetzung für die Schaffung eines einheitlichen Luftraums sind äusserst präzise Maßnahmen, wie sie auch in vielen anderen Bereichen zu finden sind, in denen die Gemeinschaft tätig wird, wenn es darum geht, Harmonisierungsmaßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, daß für alle Akteure ein gemeinsamer Rahmen gilt, wenn die Vereinbarkeit zwischen unterschiedlichen Systemen auf der Basis gemeinsamer Regeln gewährleistet oder wenn eine finanzielle Solidargemeinschaft organisiert werden soll, um die gleichzeitige Umsetzung gemeinsamer Ziele sicherstellen zu können. Das Funktionieren des Binnenmarktes - insbesondere der gemeinsamen Politik für den Lufttransport gemäß Artikel 71 EG-Vertrag und in der Form, in der sie vor allem im Rahmen der Öffnung der nationalen Märkte umgesetzt wurde - rechtfertigen auch solche Maßnahmen im Bereich des Flugverkehrs. Die Verantwortung der Gemeinschaft kann sich nicht darauf beschränken, Forschungsvorhaben zur Verbesserung des Flugverkehrsmanagements zu entwickeln, die anschließend in einem aufge teilten Luftraum umgesetzt werden.

    13. Die Kommission ist der Ansicht, daß die Schaffung eines einheitlichen europäischen Luftraums nicht nur gemeinsame technische und operationelle Lösungen, sondern ein gemeinsames Luftraumanagement im bestmöglichen Interesse aller seiner Nutzer erfordert, das eine weitreichende Neuordnung seiner Strukturen und seiner Nutzung ermöglichen soll (s. Anlage 4). Diese Neuordnung muß auf den folgenden Leitlinien beruhen:

    - Die Aufteilung der Sektoren und die Festlegung der Flugwege müssen unabhängig von nationalen Grenzen erfolgen, so daß die Luftraumnutzung künftig nach Effizienzkriterien erfolgt.

    - Die Aufteilung des Luftraums zwischen zivilen und militärischen Nutzern muß den neuen geopolitischen Gegebenheiten Rechnung tragen und in einen in sich schlüssigen und effizienten Rahmen eingebettet werden. Derzeit ist die Zusammenarbeit zwischen dem militärischen und dem zivilen Sektor in einer Weise organisiert, die mit einem effizienten Luftraummanagement nicht vereinbar ist. Ausserdem berücksichtigt die Aufteilung der einer militärischen Nutzung vorbehaltenen Zonen nicht das gemeinsame Interesse der Gemeinschaft. Die Europäische Union hat bereits unter Beweis gestellt, daß sie in der Lage ist, das Verhältnis zwischen der zivilen und der militärischen Nutzung von Technologien zu regeln; diese Erfahrung kann in diesem neuen Kontext nützlich sein.

    14. In einem so breitgefächerten und vielschichtigen Bereich wie dem Flugverkehrsmanagement hängen alle Maßnahmen und Entwicklungen vom Engagement und der Mitwirkung einer grossen Zahl von Beteiligten ab. Daher gilt es, neue Entscheidungsfindungsverfahren zu schaffen, die in geeigneter Weise für Transparenz sorgen und so zu diesem Engagement führen. Ferner müssen kollektive Entscheidungen umgesetzt werden, insbesondere bezueglich der von jedem Mitgliedstaat bereitzustellenden Kapazitäten, um das Entstehen von Engpässen zu vermeiden. Dies setzt eine Reihe von Maßnahmen, wie etwa solche voraus, auf die in Anlage 5 eingegangen wird.

    15. Die Entwicklung neuer Verfahren und Instrumente ist die Voraussetzung für ein effizientes Luftverkehrsmanagementsystem. Die Forschung und technologische Entwicklung vor allem in der Gemeinschaft (Galileo-Projekt) leisten einen wichtigen Beitrag hierzu und sind daher auszubauen und beschleunigt voranzutreiben. Erforderlich hierfür ist auch, daß die Industrie auf der Grundlage gemeinsamer operationeller Ziele an den erforderlichen Innovations- und Forschungstätigkeiten mitwirken kann und ihren Beitrag zur Ausarbeitung und Anwendung technischer Spezifikationen und Zertifizierungsverfahren leistet, die die Realisierung kompatibler Systeme gewährleisten (s. Anlage 6).

    16. Das Streben nach Effizienz bezueglich der Aufgaben des Regulierers und des Dienstebetreibers setzt die Trennung dieser beiden Tätigkeitsbereiche sowohl in den Mitgliedstaaten als auch innerhalb von EUROCONTROL voraus. Darüber hinaus kann die Anwendung der Grundprinzipien des Vertrags bezueglich der Dienstleistungsfreiheit und des Wettbewerbs zur Verbesserung der Qualität der Dienste beitragen und gleichzeitig ein hohes Sicherheits niveau gewährleisten. Die Kommission wird sich von Methoden, die bereits in anderen Bereichen - insbesondere im Telekommunikations- und Luftver kehrssektor - verwendet wurden, leiten lassen, um die zu ergreifenden Initiativen unter Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten dieses Sektors zu prüfen (s. Anlage 7).

    17. Allein schon um die erforderliche Interoperabilität sicherzustellen, versteht es sich von selbst, daß viele dieser Maßnahmen, die im Anhang näher erläutert werden, vorrangig innerhalb der Organisation EUROCONTROL, die über das erforderliche Fachwissen verfügt, angesiedelt sein sollten, sofern sie mit den ihr durch das überarbeitete Abkommen übertragenen Handlungsmitteln ausgestattet wird. Die Kommission wird dem Rat in diesem Sinne Vorschläge für Maßnahmen innerhalb von EUROCONTROL vorle gen mit dem Ziel, die Arbeitsmethoden dieser Organisation zu reformieren und die Voraussetzungen für einen einheitlichen europäischen Luftraum zu schaffen. Daß die Gemeinschaft Mitglied von EUROCONTROL wird, ist unbestritten ein Vorteil für diesen Prozeß, weshalb der Beitritt der Gemein schaft weiterhin ein vorrangiges Anliegen sein muß. Die Schaffung eines einheitlichen gemeinschaftlichen Luftraums ist nicht nur eine technische Angelegenheit. Sie ist vielmehr die Bestätigung einer politischen Entscheidung, die durch die Verträge, auf denen die Gemein schaft beruht, konkretisiert wird. Diese Entscheidung darf die Fortsetzung der notwendigen Zusammenarbeit mit den anderen europäischen Staaten, die Mitglied von EUROCONTROL und zum Teil EU-Beitrittskandidaten sind, nicht gefährden. Sie ist lediglich die Bestätigung des Bestrebens der Gemeinschaft, die solidarische Verwaltung des europäischen Luftraums schneller und weiter voranzutreiben, ohne dadurch ihre Zusammenarbeit im Rahmen bestehender Gremien in irgendeiner Weise zu gefährden.

    18. Allerdings ist nicht auszuschließen, daß die Mitgliedstaaten von EUROCONTROL, die nicht Mitgliedstaaten der Gemeinschaft sind, sich dieser Vorgehensweise nicht anschließen wollen. Auch Verzögerungen beim Inkrafttreten des überarbeiteten Abkommens und bezueglich des Beitritts der Gemein schaft können die Umsetzung der Ziele der Gemeinschaft innerhalb von EUROCONTROL behindern. In diesem Fall muß die Gemeinschaft ihrer Verantwortung gerecht werden, und wird die Kommission geeignete Vor schläge ausarbeiten, um die Ziele des Vertrags auf anderem Wege zu erreichen.

    schlußfolgerung

    19. Die Überlastung des Luftraums erfordert die kurzfristige Umsetzung nicht technischer Maßnahmen, um eine neue Krisensituation zu verhindern. In diesem Zusammenhang wird die Kommission die Ministertagung der Europäischen Zivilluftfahrtkonferenz im Januar dazu nutzen, die erforderlichen Initiativen auf den Weg zu bringen. Darüber hinaus fordert sie auch strukturelle Maßnahmen, um durch ein integriertes Luftraumanagement und die Entwicklung neuer Konzepte und Verfahren für das Flugverkehrsmanagement die Schaffung eines einheitlichen Luftraums zu ermöglichen.

    20. Die Kommission ist sich bei der Vorlage dieser Leitlinien sehr wohl der Schwierigkeiten bewusst, die bezueglich ihrer Verwirklichung auftreten werden, angefangen bei den üblichen Widerständen bis hin zu begründeten Empfindlichkeiten. Daher wird sie für ihre Arbeit zwei Instrumente ein setzen, die ihr bei der Entwicklung und Umsetzung der oben dargestellten Leitlinien helfen werden.

    - Mit den Sozialpartnern wird ein Dialog eröffnet. Schließlich sind sie diejenigen, die das Luftraummanagementsystem nutzen oder für dessen Funktionieren sorgen. Sie sind diejenigen, die den einheitlichen Luft raum nutzen und für sein Funktionieren sorgen.

    - Unter dem Vorsitz des für den Verkehrssektor zuständigen Mitglieds der Kommission wird eine hochrangige Gruppe eingesetzt. In ihr sind die für das Flugverkehrsmanagement in den Mitgliedstaaten Verantwortlichen vertreten. Sie soll die zivile und militärische Nutzung des Flugraums behandeln und gleichzeitig die Interessen der Luftverkehrsnutzer gebührend berücksichtigen. Sie soll insbesondere auf der Grundlage des in den Anlagen dieses Berichtes enthaltenen Vorschlagskatalogs arbeiten. Binnen sechs Monaten legt sie einen Bericht vor.

    21. Die Kommission ist der Ansicht, daß der vorgeschlagene Ansatz eine politische Verpflichtung auf höchster Ebene zur Förderung einer Vorgehens weise erfordert, die sich im Grunde nicht von der im Jahre 1985, als es um die Schaffung des Binnenmarktes ging, und von der im Jahre 1990 unterscheidet, als die Verwirklichung der Wirtschafts- und Währungsunion anstand. In diesen Fällen ging es immer darum, die politische Unterstützung des Europäischen Rates und des Europäischen Parlaments zu erhalten, um eine Maßnahme einzuleiten, von der man wusste, daß sie ohne Unterlaß Einsatz und Willensstärke verlangen würde, um die historischen Gegeben heiten und die vorhandenen Beharrungskräfte zu überwinden.

    22. Die Kommission wird innerhalb von sechs Monaten Bericht erstatten, um so die Weiterverfolgung der Umsetzung der in der vorliegenden Mitteilung vorgeschlagenen Leitlinien zu ermöglichen.

    ANLAGE 1

    Derzeitige Situation

    der Überlastung und der Verspätungen im Luftverkehr

    I. Bewertung der Leistung des europäischen Flugverkehrs-managementsystems (ATM)

    1. In ihrem Weißbuch über das Flugverkehrsmanagement hat die Kommission darauf verwiesen, wie schwierig es ist, umfassende und zuverlässige Angaben über die Qualität der erbrachten Dienste zu erhalten. [7] Die ATM-Gemeinschaft hat dies erkannt und im Rahmen der vorläufigen Durchführung des EUROCONTROL-Übereinkommens ein "Performance Review System"(System zur Überprüfung der Leistungsfähigkeit) eingeführt.

    [7] Anhang 2 zum Weißbuch über das Flugverkehrsmanagement: KOM(96)57 endg.

    2. Im Bericht des Ausschusses für die Überprüfung der Leistungsfähigkeit (PRC-Performance Review Commission) heisst es: "Unter diesen Umständen musste der PRC seine Untersuchungen auf die verfügbaren Informationen begrenzen. Dennoch sind die europaweit verfügbaren Informationen, insbesondere hinsichtlich der Sicherheit und des Kosten-Nutzen-Verhältnisses, unzureichend. Ein System, dessen Leistung nicht bemessen wird, ist kaum effizient zu verwalten. Daher müssen eine Reihe von Maßnahmen getroffen werden, um Qualität und Vollständigkeit künftiger Berichte über die Überprüfung der Leistungsfähigkeit zu verbessern."

    3. Die vorliegende Mitteilung fasst die vom Ausschuß für die Überprüfung der Leistungsfähigkeit ermittelten Ergebnisse zusammen.

    Sicherheit

    4. Das Fehlen zuverlässiger und verfügbarer Sicherheitsdaten in Europa hat bislang keine aufschlußreichen Schlußfolgerungen hinsichtlich der Leistungsfähigkeit der Sicherheitssysteme im ATM-Bereich zugelassen. Es ist dringend erforderlich, ein harmonisiertes Konzept für die einzelstaatliche Berichterstattung über die Sicherheit im Bereich des ATM zusammen mit einer harmonisierten Einstufung von Störfallen und einem gemeinsamen Konzept für die Behandlung vertraulicher Fragen einzuführen. Ferner muß ein Instrument geschaffen werden, mit dem sich die Ursachen von Unfällen und Störfällen im Bereich des ATM ermitteln lassen. [8]

    [8] Die Dienststellen der Kommission haben sich mit der Durchführbarkeit solcher Mitteilungssysteme im Hinblick auf einen Vorschlag für eine Richtlinie über die obligatorische Mitteilung von Störfällen befasst.

    5. Es wird allgemein anerkannt, daß nichts auf eine bedeutende Veränderung des Sicherheitsniveaus im Bereich des ATM hinweist. Dies bedeutet, daß ATM ein zufriedenstellendes Maß an Schutz im Luftverkehr bietet. Die derzeitigen Trends lassen sich am ehesten anhand des "air proximity and level bust"-Indikators im ersten Bericht der PRC von EUROCONTROL erkennen.

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    6. Laut einem Dokument von CANSO [9] besteht eines der grössten Probleme der Luftfahrtunternehmen darin, daß das Risiko einer Kollision mit dem Quadrat des Verkehrsaufkommen zunimmt und somit selbst eine bescheidene Zunahme des Luftverkehrs erhebliche Auswirkungen auf das Sicherheitsniveau haben kann. So dürfen Versuche, die Leistungsfähigkeit der europäischen ATM-Systeme zu verbessern, nicht auf Kosten der Sicherheit der europäischen Fluggäste unternommen werden.

    [9] CANSO ist der Verband der organisationsprivatisierten Flugsicherungsdienste im zivilen Luftverkehr.

    Verspätungen

    7. 1998 wurde die Hälfte aller Verspätungen durch das Flugverkehrsmanagement verursacht, wobei die "reactionary delays" (Verspätungen, die im wesentlichen mit den Flugzeugumläufen verbunden sind, z.B. das Warten auf Anschlußlandung, Cockpit- oder Kabinenpersonal) nicht berücksichtigt wurden. Auch wenn die "reactionary delays" - wie inzwischen weitestgehend akzeptiert - entsprechend ihrer wirklichen Ursachen erfasst werden, werden nach wie vor die Hälfte aller Verspätungen durch ATM verursacht. Andere Ursachen sind das Wetter, die Flugsicherungskapazität der Flughäfen, die Bodenabfertigungsdienste sowie technische und andere unverschuldete Vorkommnisse. Die Flugsicherungsdienste und die Flughäfen sind annähernd für jeweils ein Viertel der Verspätungen verantwortlich.

    8. 1998 nahm das Luftverkehrsaufkommen gegenüber 1997 um 5% zu. 17% der Flüge mit einer durchschnittlichen Verspätung von 21 Minuten waren durch die Flugsicherung verursacht. 1997 waren 15,4% der Flüge um durchschnittlich 19 Minuten verspätet. Die nachstehende Tabelle enthält Zahlenangaben zu den vergangenen drei Sommerperioden (Mai bis September):

    >PLATZ FÜR EINE TABELLE>

    Quelle: CFMU

    9. Nach Angaben des PRC sind 45% dieser Verspätungen auf eine sehr beschränkte Zahl von Flugsicherungssektoren (3%) zurückzuführen, was den Ausschuß zu der Schlußfolgerung veranlasst, daß "dies ein Beweis für die hohe Interdependenz aller Zentren ist und die Bedeutung unterstreicht, die einer gemeinsamen Form der Verwaltung des ATM-Systems auf europäischer Ebene zukommt."

    10. Die obigen Zahlen decken nur einen sehr begrenzten Zeitraum ab, da das Datenerfassungssystem von EUROCONTROL erst vor kurzem in Betrieb genommen wurde und somit keine objektive Bewertung der Lage möglich ist. So müssen zu diesem Zweck die von den Vereinigungen der Luftverkehrsunternehmen ermittelten Daten zugrundegelegt werden, wie dies die Kommission 1996 tat. Anhand dieser Angaben stellt sich die Lage wie folgt dar:

    · Der Anteil der um 15 Minuten verspäteten Flüge (von denen die Hälfte durch die Flugsicherung verursacht waren) belief sich 1986 auf 12%, 1988 auf 20%, 1989 auf 23,8%, 1993 auf 12,7%, 1996 auf 18,5% und 1998 auf 22,8% aller Flüge.

    · Rekordzahlen waren 23,6% im Juli 1988, 30,8% im Juni 1989, und 29,2% im Juni 1998. 1999 zeigen die Zahlen eine Verschlechterung. So betrafen die Verspätungen durchschnittlich 30% aller Flüge während des ersten Halbjahrs mit einem Rekord von 37,3% im Juni (Quelle: ÄA).

    11. So wird verständlich, warum der PRC in seinem ersten Bericht zu folgender Schlußfolgerung gelangte: "Es ist nicht übertrieben zu behaupten, daß die ATM-bedingten Verspätungen 1998 krisenhafte Ausmasse angenommen haben. Die Lage verschlechtert sich im Verlauf des Jahres 1999".

    12. Die Zahlen für den Sommer 1999 waren letztendlich jedoch weniger katastrophal als zunächst aufgrund der vorausgegangenen Monate befürchtet worden war. Es zeigte sich auch, daß die Auswirkungen konjunktureller Faktoren, wie beispielsweise die Kosovo-Krise, unterbewertet worden waren. Dies bestätigt jedoch, daß das System an die Grenzen seiner Kapazitäten stösst und durch einen beliebigen Störfall aus der Überlastungssituation eine Krise werden kann.

    Kosten-Nutzen-Verhältnis

    13. Der Bericht betont, "daß generell europaweit unzureichende zuverlässige Informationen über die Kosten, Produktionsfaktoren (Personal, Kapital) und Pläne der Flugsicherung vorliegen, so daß der PRC keine tiefgreifende Analyse anstellen konnte". Die Prüfung der von EUROCONTROL zur Erhebung der Streckengebühren verwendeten Daten zeigt jedoch, daß sich diese Gebühren 1998 auf EUR 3,9 Mrd. beliefen. Dies entspricht einem Anstieg um 80% nach derzeitigem Kurs im Vergleich zu 1993 und um 120% gegenüber 1986. In realen Werten (inflationsbereinigt) betrug der Anstieg 45% bzw.60%.

    14. Trotz dieser erheblichen Zunahme scheint sich der relative Anteil der Streckengebühren an den Kosten der Luftfahrtunternehmen seit 1993 auf recht bescheidenen 5,6% zu stabilisieren (1986 belief sich dieser Wert auf lediglich 3,8%).

    15. Bedeutender sind jedoch die indirekten Kosten der Überlastung und der Verspätungen, allerdings fehlen auch hierfür konkrete Zahlen. In dem 1996 veröffentlichten Weißbuch über ATM wurden die Kosten, die durch von der Flugsicherung verursachte Verspätungen entstanden sind, auf 2 Mrd. ECU veranschlagt. Dieser Betrag war in einer INSTAR-Studie [10] als Kosten für die Luftfahrtunternehmen ermittelt worden, wobei die Kosten für die Fluggäste, Verlader und Volkswirtschaften in Europa noch nicht berücksichtigt worden waren. Anhand dieser Schätzwerte lassen sich die indirekten Kosten auf EUR 5,4 Mrd. [11] veranschlagen, von denen EUR 600 Mio. [12] auf die zusätzlichen direkten Betriebskosten der Luftfahrtunternehmen entfallen würden.

    [10] 1994 und 1995 von ECAC mit Unterstützung der Kommission durchgeführte "Institutional Arrangements study".

    [11] Bei der Berechnung der den Luftfahrtunternehmen insgesamt entstandenen indirekten Kosten in Höhe von f EUR 5.4 Mrd. wurden 450.000 Std. ATM-Verspätungen (Quelle: CFMU 1998) mit Kosten in Höhe von EUR 12,000 pro Stunde zugrunde gelegt (Quelle: s. Fußnote 3).

    [12] Die IATA hat Werte für die Kosten der in Europa aufgetretenen Verspätungen (am Boden und in der Luft) zugrunde gelegt, die auf den direkten Betriebskosten der Betreiber beruhen. 1997 wurden für die Kosten der ATFM-Verspätungen am Boden 22 ECU/Minute berechnet. Es ist zu beachten, daß die durch ATM in der Luft verursachten zusätzlichen Kosten unbekannt sind und daher ausgeschlossen wurden.

    Gesamteinschätzung

    16. Trotz des besorgniserregenden Mangels an Indikatoren für die Leistungsfähigkeit, mit dem sich zum Teil die Schwierigkeiten dieses Sektors erklären lassen, ist sicherlich der Schluß zulässig, daß ATM in Europa durchaus in der Lage ist, seine wichtigste Aufgabe zu erfuellen, die darin besteht, die Sicherheit des Luftverkehrs im europäischen Luftraum zu gewährleisten. Diese Aufgabe wird jedoch angesichts der Verspätungen und zusätzlich für die Luftfahrtunternehmen, Fluggäste, Verlader und Volkswirtschaften entstehenden Kosten zu einem Preis wahrgenommen, der nicht länger vertretbar ist.

    17. Ferner betonen alle betroffenen Kreise, daß die Zunahme der Flugsicherungskapazität, die im vergangenen Jahrzehnt einen Anstieg des Verkehrsaufkommens ermöglicht hat, hauptsächlich auf eine Optimierung des Systems und der Produktivität der Arbeitnehmer, insbesondere der Fluglotsen, zurückzuführen ist. Sie sind daher der Ansicht, daß das System seine Belastbarkeitsgrenze erreicht hat.

    II. Reaktion der ATM-Gemeinschaft

    18. Seit der Krise der späten 80iger Jahre ist sich die europäische ATM-Gemeinschaft durchaus der Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit der Lage bewusst. Als Folge hiervon haben die nationalen - zivilen und militärischen - ATM-Organisationen sowohl einzeln als auch zusammen innerhalb ihrer gemeinsamen Organisationen ECAC [13] und EUROCONTROL mit Unterstützung der Kommission reagiert und zahlreiche Verbesserungsmaßnahmen auf technischer, operationeller und institutioneller Ebene im Rahmen mehrerer aufeinander folgender ECAC-Strategien für die Streckenbetreuung (en-route) der Flüge (EATCHIP) und die flughafenbezogenen Flugsicherungsaspekte (APATSI) entwickelt und durchgeführt. Das EUROCONTROL-Übereinkommen wurde kürzlich überarbeitet und erweitert. Die ATM 2000+ - Strategie wurde entwickelt, um ein einheitliches europäisches ATM-Netz aufzubauen, das in der Lage ist, den bis 2015 vorhergesagten ATM-Bedarf zu decken. Hierfür ist eine allmähliche Einführung neuer operationeller Methoden nach dem "top-down"-Konzept erforderlich, mit denen die Leistungsfähigkeit des Systems gefördert wird. Ausser den technischen Aspekten umfasst die Strategie auch sicherheits-, wirtschaftlichkeits- sowie umweltschutzbezogene und institutionelle Aspekte. Die Strategie wird sämtliche Flugphasen nach einem "gate-to-gate"-Konzept (gesamter Flugzeugumlauf von Parkposition zu Parkposition) umfassen und beinhaltet ein umfangreiches Arbeitsprogramm für die Entwicklung von ATM in den kommenden 15 Jahren.

    [13] Europäische Zivilluftfahrtkonferenz.

    Technische Maßnahmen

    19. Die Grenzen des Luftraums werden derzeit durch die verwendeten Luftverkehrs-Managementmethoden und die Hoechstzahl der Flugzeuge bestimmt, die ein Fluglotse innerhalb eines bestimmten Zeitraums in einem gegebenen Segment des Luftraums kontrollieren kann. Daher setzt eine Vergrösserung der Luftraumkapazität voraus, daß entweder das gesamte Konzept geändert und den Piloten Instrumente zur Verfügung gestellt werden, mit denen sie selbst die Zusammenstoßgefahr während des Fluges vermeiden können, oder daß die Zahl der Flüge, die von einem Fluglotsen überwacht werden, erhöht wird, und ihm/ihr die entsprechenden Instrumente bereitgestellt werden, die diese Aufgabe erleichtern. Eine Kombination beider Möglichkeiten wäre ebenfalls denkbar.

    20. Der in beide Richtungen erzielte Fortschritt war bislang sehr gering und verschiedene ehrgeizige fortgeschrittene Programme haben enttäuschende Ergebnisse erbracht. Dies erklärt zum Teil, warum das System verschiedenerorts an seine Grenzen stösst. Es handelt sich hierbei nicht um ein rein europäisches Problem. In anderen Teilen der Welt, in denen die Verkehrsdichte ähnlich hoch ist wie in Europa, wie z.B. in Nordamerika, gibt es die gleichen Schwierigkeiten.

    21. Es ist immer noch ein Wunschtraum, den grossen Durchbruch zu erzielen, mit dem sich der perfekte Verkehrsfluß, wie ihn der Luftverkehr in seinen frühen Jahren kannte, erzielen ließe. Allerdings lässt der in verschiedenen Bereichen, wie z.B. der künstlichen Intelligenz, Datenübertragung, Telematik, Ortsbestimmung und Navigation erzielte technologische Fortschritt vermuten, daß dieser Durchbruch bald erzielt wird.

    22. Deswegen sind nach wie vor umfangreiche Forschungsarbeiten und technologische Entwicklungen erforderlich, um die entsprechenden Konzepte, Verfahren und Instrumente zu entwickeln und zu validieren. Ferner ist der auf dem Faktor Mensch, Erfahrung und Prinzipien beruhende Beitrag der ATM-Gemeinschaft von grundlegender Bedeutung für die Akzeptanz der neuen Technologien. Es darf jedoch nicht vergessen werden, daß der weltweite ATM-Markt trotz seiner starken Expansion weiterhin ein Nischenmarkt ist und es kann nicht davon ausgegangen werden, daß spontane Investitionen der Industrie ausreichen, um kurzfristige Ergebnisse zu erzielen. Das weltweite Marktpotential von CNS/ATM (CNS - Kommunikation, Navigation, Überwachung) wird für den Zeitraum 1997 bis 2006 auf ca. EUR 100 Milliarden geschätzt. Europa würde ¼ dieses Markte ausmachen [14].

    [14] Treaty 2 Studie - 1998.

    23. Die Gemeinschaft hat umfangreiche Mittel für Forschung und technologische Entwicklung (FTE) im ATM-Bereich bereitgestellt und ca. 120 Mio. ECU im Rahmen der ECARDA-Maßnahme (Europäischer kohärenter Ansatz für Forschung und technologische Entwicklung im Flugverkehrsmanagement) des 4. FTE-Rahmenprogramm (1994-98) ausgegeben. Es ist beabsichtigt, im 5. Rahmenprogramm (1998-2002) ungefähr die gleiche finanzielle Unterstützung bereitzustellen.

    24. EUROCONTROL seinerseits finanziert Auftragsstudien über die Entwicklung und Anpassung neuer Instrumente im Gesamtwert von jährlich EUR 45 Mio.

    25. Ferner wird geschätzt, daß europäische ATM-Organisationen durchschnittlich EUR 180 Mio. jährlich in Prüfverfahren und Studien investieren. Zahlen über weitere einzelstaatliche Investitionen für Forschung und technologische Entwicklung im ATM-Sektor liegen nicht vor, obwohl durchaus bekannt ist, daß einige europäische Länder, deren ATM-Industrie zu den weltweit führenden Industrien gehört, diesem Sektor umfangreiche Unterstützung leisten.

    Operationelle Maßnahmen

    26. Da in Kürze kaum mit einer technischen Revolution gerechnet werden kann, muß sich die ATM-Gemeinschaft mit einem schrittweisen Entwicklungsprozeß begnügen, wenn sie optimalen Nutzen aus den aktuellen Systemen und Technologien ziehen möchte. Dies erfordert individuelle und gemeinsame Investitionen der ATM-Organisationen zur Steigerung der Luftraumkapazität mittels einer Vervielfachung der Sektoren, einer Verlängerung der Betriebszeiten dieser Sektoren sowie einer erhöhten Produktivität der Fluglotsen. Zur Verwirklichung dieses Ziels sind die nachstehenden Maßnahmen erforderlich:

    - Umstrukturierung der Streckennetze und der Luftraumeinteilung;

    - Einstellung und Ausbildung neuer Fluglotsen;

    - Erweiterung und Modernisierung der Luftverkehrskontrollzentren;

    - Bereitstellung von Flugsicherungsinstrumenten, die dem neuesten Stand der Technik entsprechen;

    - Einführung zusätzlicher Kommunikations-, Navigations- und Überwachungsinstrumente.

    Einzelstaatliche Maßnahmen

    27. In Anbetracht der oben dargestellten Interdependenz aller Bestandteile des aus nationalen Systemen bestehenden europäischen Flickenteppichs, hat die ATM-Gemeinschaft 1990 beschlossen, EUROCONTROL mit der Koordinierung aller Maßnahmen zu beauftragen, die es in kohärenter Weise durchzuführen galt. Daher hat EUROCONTROL als Instrument für die gemeinsame Planung das Konvergenz- und Durchführungsprogramm (Convergence and Implementation Programme - CIP) mit gemeinsamen Zielen und einem gemeinsamen Zeitplan aufgestellt, das für jeden einzelnen Staat Angaben enthält (lokales CIP). Ziel der Maßnahme war eine Harmonisierung der europäischen Systeme bis 1998. Im Rahmen dieses Programms haben die ATM-Organisationen neues Personal eingestellt und ausgebildet und ihre Einrichtungen verbessert.

    28. Die Gemeinschaft hat über ihren Haushalt für die transeuropäischen Netze diese Vorhaben zwischen 1995 und 1998 mit insgesamt EUR 80 Mio. gefördert.

    29. EUROCONTROL hat anerkannt, daß bis Ende 1998 ca. 80% der vorgegebenen Ziele erreicht worden sind. Der Grad der Verwirklichung fällt für die einzelnen Flugverkehrskontrollzentren (ACC) sehr unterschiedlich aus und reicht von 27% bis 100%. Der in den letzten Jahren erzielte Fortschritt vollzog sich häufig langsamer als ursprünglich erwartet. Er betraf insbesondere einige Verbesserungen, die erhebliche Vorteile brachten, so z.B. die Verringerung des Flugzeugabstands, die Radarerfassung und die Verarbeitung der Flugdaten.

    30. EUROCONTROL ist der Auffassung, daß eine gute Korrelation zwischen dem Verwirklichungsgrad der CIP-Ziele und dem Verspätungsgrad besteht: die durchschnittlichen Verspätungen pro ACC nehmen proportional zum Anstieg des Verwirklichungsgrads ab (s. Schaubild unten). Bereiche mit besonders niedrigem Verwirklichungsgrad sind Griechenland [15], die Schweiz, Norditalien, Ostfrankreich und Süddeutschland.

    [15] 1999 hat sich diese Situation mit der Inbetriebnahme neuer Einrichtungen geändert.

    Bei ATFM-Verspätungen handelt es sich um die Zeit, die zwischen der zuletzt beantragten Startzeit eines Flugzeugs und der ihm vom Flugverkehrsmanagement tatsächlich zugewiesenen Startzeit liegt

    So gelangt EUROCONTROL zu dem Schluß, daß die Verzögerungen, die bei der Harmonisierung der lokalen Systeme und ihrer Anpassung an das erforderliche Betriebsniveau eingetreten sind, ernsthafte Folgen in Fällen lokaler Überlastung hatten und sich zudem negativ auf die Interoperabilität benachbarter Kontrollzentren und die Bereitstellung "nahtloser" Dienste ausgewirkt haben.

    Gemeinsame Maßnahmen

    31. In Situationen, in denen die Nachfrage die Kapazitäten übersteigt, muß das Verkehrsflußmanagement so gehandhabt werden, daß eine Überlastung der Gebiete mit hohem Verkehrsaufkommen vermieden wird und Flugzeuge in virtüllen Warteschleifen am Boden gehalten werden. Die ATM-Gemeinschaft hat schon während der ersten ATM-Krise 1988 erkannt, daß sich ein solches Management besser als gemeinsame Maßnahme für ganz Europa durchführen lässt, da es eine effizientere Nutzung der verfügbaren Kapazität zulässt, indem den Luftraumnutzern alternative Strecken vorgeschlagen werden.

    32. Deswegen wurde EUROCONTROL damit beauftragt, eine zentrale Verkehrsflußsteuerungsstelle (Central Flow Management Unit) und angeschlossene Teilsysteme wie das zentrale Flugplandatenverarbeitungssystem für den gesamten ECAC-Bereich einzurichten. Dieses Vorhaben wurde durchgeführt, indem EUROCONTROL schrittweise die bislang auf nationaler Ebene ausgeführten Funktionen übertragen wurden. Die CFMU ist seit 1997 in Betrieb. Diese zentrale Einrichtung beschäftigt 440 Mitarbeiter und ihre Kosten beliefen sich bislang auf 58 Mio. ECU. Es wird weitestgehend anerkannt, daß diese Maßnahme ein Erfolg war und erheblich zur Verbesserung der angebotenen Dienste beigetragen hat. Gleichzeitig gewährleistet sie eine faire Behandlung aller Luftraumnutzer hinsichtlich des Zugangs zur Flugsicherungskapazität.

    33. Da die Auffassung vertreten wird, daß die Fragmentierung des Luftraums und das Erbringen von Flugsicherungsdiensten durch kleine Einheiten die Ineffizienz und Starrheit des Systems fördern, haben mehrere europäische Staaten [16] beschlossen, ein gemeinsames Zentrum für die Kontrolle des oberen Luftraums mit Sitz in Wien zu gründen. Dieses Vorhaben folgt dem von EUROCONTROL mit dem Zentrum in Maastricht gesetzten Beispiel, das für Belgien, Luxemburg, die Niederlande und Nordwestdeutschland die Kontrolle des oberen Luftraums durchführt. Das sogenannte CEATS-Zentrum wird seinen Betrieb jedoch nicht vor 2006 aufnehmen können.

    [16] Österreich, Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Tschechische Republik, Ungarn, Italien, Slowenien und Slowakische Republik.

    Institutionelle Maßnahmen

    34. Die Kultur der ATM-Gemeinschaft beruht auf dem Abkommen von Chicago, dessen erster Artikel die uneingeschränkte Lufthoheit der Staaten bekräftigt. Als Folge hiervon akzeptiert die ATM-Gemeinschaft verbindliche internationale Verpflichtungen im Bereich der Interoperabilitätsnormen nur dann, wenn sie dazu dienen, die Freizuegigkeit von Luftfahrzeugen zu erleichtern und Mindestanforderungen an die Sicherheit und die Besatzung gestellt werden. Für die Bereitstellung von Luftverkehrsdiensten (die im Rahmen der ICAO in die Zuständigkeit der Staaten fällt) verfügt die ICAO - das für die Förderung einer harmonischen Entwicklung der internationalen Zivilluftfahrt zuständige Organ - lediglich über das Instrument der gemeinsamen, von politischen Verpflichtungen unterstützten Planung. Hierzu hat die ICAO ein Verfahren zur Bewertung der Nutzerbedürfnisse entwickelt, das die Staaten mit "weichen" Argumenten davon überzeugt, die geeigneten Mittel zur Befriedigung dieser Bedürfnisse bereitzustellen. Dieses Verfahren wird auf regionaler Ebene durchgeführt, indem jede Region [17] einen Plan ausarbeitet, der ab und zu aktualisiert und vom ICAO-Rat unterstützt wird.

    [17] Zu den europäischen Regionen der ICAO gehören Europa und die gesamte frühere UdSSR.

    35. Als ECAC und EUROCONTROL das Programm zur Harmonisierung und Integration der Flugsicherung in Europa (EATCHIP) aufnahmen, haben sie sich für ein ähnliches Verfahren entschieden und versucht, hierbei optimale Ergebnisse zu erzielen. In dem Bewusstsein, daß der traditionelle "weiche" Ansatz seine Grenzen hat, nahm die ATM-Gemeinschaft eine Überprüfung des EUROCONTROL-Übereinkommens mit dem Ziel vor, bessere Rechtsinstrumente zur Behandlung und Lösung der europäischen Flugsicherungsprobleme zu schaffen.

    Gemeinsame Planung

    36. Das zuvor beschriebene CIP wurde eingerichtet, um eine gemeinsame Planung zu organisieren. Ähnliche Ansätze gibt es für zahlreiche regionale Teilprogramme, mit denen die Effizienz über eine gemeinsame Planung und die gemeinsame Nutzung von Einrichtungen verbessert oder lokale Schwierigkeiten gelöst werden sollen. Hierzu gehören:

    - das skandinavische ANS-Programm, an dem Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden beteiligt sind;

    - die alpenquerende Regionalentwicklung mit Frankreich, der Schweiz und Italien;

    - die regionale Entwicklung der Ostseestaaten mit Estland, Lettland und Litauen;

    - der ÄFMP-Plan für Algerien, Frankreich, Marokko, Portugal und Spanien;

    - die Regionalentwicklung der Balkanstaaten mit Albanien, Bulgarien, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, Griechenland, der Republik Jugoslawien und Rumänien.

    37. Mit der gleichen Zielsetzung soll die Durchführung der operationellen Teile des europäischen ATM-Programms geplant werden. Hierbei handelt sich um das Nachfolgeprogramm von EATCHIP und APATSI, das auf der ATM 2000+ Strategie beruht. Dieser Plan hat die Bezeichnung Europäischer Konvergenz- und Durchführungssplan (European Convergence and Implementation Plan - ECIP).

    38. Aufgrund des weiterhin bestehenden Mißverhältnisses zwischen der von den Flugverkehrskontrollzentren (ACC) bereitgestellten Kapazität und der auf Seiten der Luftraumnutzer bestehenden Nachfrage wurde vor kurzem beschlossen, ein Instrument für die mittelfristige Kapazitätsplanung einzuführen. Das Ziel dieses von EUROCONTROL durchgeführten Vorhabens besteht darin, mit Hilfe jedes einzelnen Flugverkehrskontrollzentrtums das Verkehrsaufkommen für die nächsten 2 bis 5 Jahre zu bewerten. Hierbei sollen die verfügbaren Kenntnisse aller Luftraumnutzer und Simulationsinstrumente genutzt werden, um zu ermitteln, welche Kapazitätssteigerungsmaßnahmen seitens der Flugverkehrskontrollzentren für die Bereitstellung qualitativ hochwertiger Dienste erforderlich sind. Da es keine gemeinsam vereinbarten Einheiten zur Bemessung der Flugsicherungskapazität gibt, ist dieser empirische Ansatz eine gute leistungsorientierte Maßnahme, mit der den Diensteanbietern bei der Planung der zukünftigen Entwicklung geholfen werden kann. Die Luftraumnutzer verbinden grosse Erwartungen mit dem Einsatz dieses Instruments.

    Normung

    39. Die zwischen den nationalen Systemen fehlende Interoperabilität gilt als Ursache der Ineffizienz und des Kapazitätsverlustes im gesamten System. Da die ICAO sich nicht mit der Frage der Interoperabilität befasst, hat die europäische ATM-Gemeinschaft EUROCONTROL damit beauftragt, die notwendigen Anforderungen und Normen zu entwickeln. Ferner rechtfertigte die Verkehrsdichte im Herzen Europas neue Betriebsverfahren (verringerte Höhenstaffelung, Flächennavigation) bzw. technische Maßnahmen (8,33 Hz Kanalabstand, System zur Verhinderung von Zusammenstössen in der Luft), für die von der ICAO keine auf europäische Bedürfnisse zugeschnittenen Interoperabilitätsanforderungen aufgestellt worden waren und für die in Europa eine Initiative ergriffen werden musste.

    40. Daher hat EUROCONTROL ein Normungsverfahren für die Ausarbeitung technischer Spezifikationen (die für die Interoperabilität nützlich sind und mit Nachdruck empfohlen werden) sowie EUROCONTROL-Normen entwickelt (die für die Interoperabilität unverzichtbar und obligatorisch sind). Zwischen 1990 und 1998 hat EUROCONTROL verschiedene technische Spezifikationen erarbeitet und 7 EUROCONTROL-Normen angenommen.

    41. Um den EUROCONTROL-Normen stärkeren Rechtswert zu verleihen und die Durchsetzungsinstrumente des Vertrages zu nutzen, hat die Gemeinschaft 1993 die Richtlinie 93/65 [18] verabschiedet, mit der die Kommission ermächtigt wird, die EUROCONTROL-Normen aufzustellen und als Gemeinschaftsrecht anzunehmen, die einen Beitrag zur Harmonisierung und Integration der nationalen ATM-Systeme leisten. Die Kommission hat auf der Grundlage der Richtlinie 97/15 EG [19] lediglich 2 dieser Normen angenommen. Die übrigen fallen entweder nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/65 oder enthalten Bestimmungen über Ausnahmen oder einzelstaatliche Varianten, die sie mit einer vorschriftsmässigen Umsetzung nach gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften unvereinbar machen [20].

    [18] Richtlinie 93/65 EWG über die Aufstellung und Anwendung kompatibler technischer Spezifikationen für die Beschaffung von Ausrüstungen und Systemen für das Flugverkehrsmanagement - ABl. L 187 vom 29.7.1993.

    [19] Richtlinie des Rates 97/15 EG zur Übernahme von EUROCONTROL-Normen und zur Änderung der Richtlinie 93/65 EWG.

    [20] S. auch den Bericht der Kommission über die Anwendung der Richtlinie des Rates 93/65/EG. KOM(99) 454 vom 01.10.99.

    Anreize

    42. In Anbetracht der relativ schwachen Durchsetzungsinstrumente sowohl des ICAO-Abkommens als auch des EUROCONTROL-Übereinkommens, hat die ATM-Gemeinschaft in ihre verschiedenen Verbesserungsprogramme unterschiedliche Anreize aufgenommen.

    · Die Verbreitung optimaler Methoden durch die Annahme und Verteilung von Leitfäden sowie die Veranstaltung von Seminaren, Fortbildungskursen in zahlreichen Bereichen (Sicherheitsmanagement, flexible Nutzung des Luftraums, Humanressourcen) usw.

    · Entwicklung gemeinsamer Vorhaben: Wie schon erwähnt, ist der Markt für ATM-Produkte zwar ein Expansions- zugleich jedoch auch ein Nischenmarkt. Ferner entwerfen die ATM-Organisationen in der Regel die von ihnen benutzten Instrumente und Systeme. Folglich ist die Industrie nicht bereit, zum Nachteil der Interoperabilität und des Kosten-Nutzen-Verhältnisses in allgemeine Serienausrüstungen zu investieren. Deswegen versucht EUROCONTROL diesen Trend zu umgehen, indem es die Entwicklung und Validierung neuer Instrumente selber finanziert. Die so entwickelten Ausrüstungen können von den ATM-Organisationen zu einem günstigeren Preis gekauft werden, wobei die im Besitz von EUROCONTROL befindlichen Rechte für das geistig Eigentum jedem Mitgliedstaat, der diese benötigt, unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen von EATCHIP wurden aus dem Haushalt der transeuropäischen Netze der Gemeinschaft EUR77 Mio. in folgende Vorhaben investiert:

    - ATN und Vorhaben im Zusammenhang mit Datenverbindungen (ATIF, ACCESS, SPACE, EURO VDL2),

    - Vorhaben im Zusammenhang mit ADS (NEAN, NAAN, NUP, ADS Programm),

    - Modernisierung und Erneuerung der Radarsysteme (MSSR und Mode-S),

    - Neue Datenverarbeitungssysteme (eFDP, SACTA, FOCUS, ERATO, VAFORIT).

    · Ferner wurden Forschung und technologische Entwicklung auf dem Gebiet der Cockpitsysteme finanziert. Zukünftige Bordsysteme werden eine verbesserte Wahrnehmung der Verkehrs- und Wetterlage sowie des Geländes ermöglichen und hierdurch sowohl den Piloten als auch den Fluglotsen die Entscheidungsfindung und die operationellen Abläufe erleichtern.

    Das überarbeitete EUROCONTROL-Übereinkommen

    43 Am 17. Juni 1997 wurde nach mehreren Jahren der Verhandlung das Protokoll zur Überarbeitung des EUROCONTROL-Übereinkommens formell angenommen. Gleichzeitig haben die Vertragsparteien von EUROCONTROL beschlossen, ab dem 1. Januar 1998 vorläufig verschiedene Teile des überarbeiteten Übereinkommens anzuwenden. Die wichtigsten Merkmale dieses Protokolls lassen sich wie folgt zusammenfassen:

    · Erweiterung der Befugnisse von EUROCONTROL, so daß EUROCONTROL das Vorgehen seiner Vertragsparteien in beinahe allen Bereichen des Flugverkehrsmanagements koordinieren und Entscheidungen treffen kann, die für diese unmittelbar verbindlich sind.

    · Effizienterer Entscheidungsmechanismus, bei dem die Entscheidungen in einem auf Mehrheit anstelle von Einstimmigkeit beruhenden Abstimmungsverfahren getroffen werden, wobei die nationalen Sicherheitsinteressen mit Hilfe einer Schutzklausel gewahrt bleiben.

    · Einbeziehung aller Betroffenen in das Entscheidungsfindungsverfahren, indem eine aktive Beteiligung und Anhörung der EUROCONTROL-Gremien stattfindet.

    · Entwicklung geeigneter Hilfsmittel für die Entscheidungsfindung durch das Einsetzen von vier beratenden Gremien:

    - Ausschuß für die Überprüfung der Leistungsfähigkeit (PRC), der die Leistungsfähigkeit der nationalen ATM- und EUROCONTROL-Systeme prüft und die Zielsetzungen für ATM-Systemverbesserungen, die Entwicklung von Indikatoren für die Leistungsfähigkeit und Leitlinien für wirtschaftliche Regelungen annimmt;

    - Ausschuß für die Überprüfung der Sicherheit (SRC), der für die Sicherheitsvorschriften, die Überwachung und Zertifizierung von ATM-Systemen und -verfahren zuständig ist;

    - Ständiger Ausschuß für die Schnittstelle ziviler und militärischer Bereich (CMIC), der für alle Fragen im Zusammenhang mit dieser Schnittstelle zuständig ist;

    - Erweiterter Ausschuß für Streckengebühren mit Beratungsfunktionen in Fragen der Strecken- und Flughafengebührenpolitik.

    · Die Entwicklung eines stärker geschäftsorientierten Managements unter ausschließlicher Verantwortung des Generaldirektors mit Unterstützung der geeigneten beratenden Ausschüsse.

    · Verstärkte Koordinierung von Forschungstätigkeiten zwischen den EUROCONTROL-Mitgliedern und der Organisation. Hierzu gehören ein verbesserter Meinungs-, Informations- und Erfahrungsaustausch im Zusammenhang mit den jeweiligen Programmen, so daß eine stärkere Ergänzung stattfindet und Doppelarbeiten vermieden werden.

    44. Im Lichte der neuen Befugnisse von EUROCONTROL und der in einigen Bereichen stattfindenden Überschneidung mit den Befugnissen der Gemeinschaft, hat der Rat der Europäischen Union am 20. Juli 1998 beschlossen, daß ein Beitritt der Gemeinschaft zu EUROCONTROL die beste Möglichkeit für die Gemeinschaft bildet, ihre Zuständigkeiten im Bereich von ATM auszuüben und ihre Rolle als alleiniger Entscheidungsträger in Fragen der ATM-Politik in Europa auszubauen. Derzeit laufen Verhandlungen mit dieser Zielsetzung und es gibt allen Grund zu hoffen, daß diese Anfang nächsten Jahres zu einem erfolgreichen Abschluß kommen werden.

    ANLAGE 2

    Die Politik der gemeinschaft im Bereich des Luftverkehrs

    1. Im Laufe der letzten zehn Jahre hat die Gemeinschaft eine gemeinsame Luftverkehrspolitik ausgearbeitet, die auf den Grundsätzen des EG-Vertrags beruht und zum Ziel hat, den Bürgern, Unternehmen und Volkswirtschaften ihrer Mitgliedstaaten die Vorteile eines stärkeren Wettbewerbs, besserer Wahlmöglichkeiten und einer grösseren Kosteneffizienz zugutekommen zu lassen, wie das in allen anderen Branchen geschehen ist.

    2. Die Öffnung des Binnenmarks für alle Luftverkehrsgesellschaften der Gemeinschaft trägt laut den Berichten der Kommission über die Auswirkungen des dritten Pakets von Maßnahmen zur Liberalisierung des Luftverkehrs zu entnehmen ist [21], bereits Früchte. Die Zahl der Gesellschaften, die Linienverkehrsdienste anbieten, ist zwischen 1993 und 1998 um 24%, die Zahl der bedienten Strecken zwischen 1996 und 1997 um 30% gestiegen, und die Zahl der von mehr als zwei Gesellschaften bedienten Strecken hat sich im gleichen Zeitraum von 4% auf 9% mehr als verdoppelt, was über 25% aller innerhalb der Gemeinschaft beförderten Passagiere ausmacht. Im gleichen Zeitraum hat sich die Spanne der angebotenen Tarife erweitert, und die meisten Passagiere fliegen heute zu Sondertarifen.

    [21] KOM(96) 514 endg. und KOM(99) 182 endg.

    3. Um diese Ergebnisse zu erzielen, mussten sich die Fluggesellschaften an das neue Wettbewerbsumfeld anpassen, und in den letzten zehn Jahren hat sich ihr Verhalten erheblich geändert. Es besteht eindeutig die Tendenz,

    · kleinere Flugzeuge einzusetzen - die von neuen Marktteilnehmern leichter gefuellt werden können und hinsichtlich der Strecken und der Flughäufigkeit etablierter Fluggesellschaften eine grössere Flexibilität bieten,

    · die Bedienungshäufigkeit auf den Strecken zu erhöhen, um alle Segmente des Marktes besser erfassen zu können,

    · eine geringere Auslastung auf Strecken mit starkem Wettbewerb (für gewöhnlich die Strecken mit dem grössten Verkehrsaufkommen) hinzunehmen, um die Nachfrage des Marktes befriedigen zu können,

    · konzentrierte Drehkreuze mit zahlreichen Anschlußfluegen zu Knotenzeiten zu entwickeln und die Marktpräsenz in immer grösseren Einzugsgebieten zu verstärken.

    4. Dies führt zu einem stetigen Anwachsen des Flugverkehrs. Ausserdem ist eine Konzentration des Luftverkehrsaufkommens zu den günstigsten Tages- oder Wochenzeiten oder zu den Anschlußzeiten der Drehkreuze zu beobachten, was die Nachfrage nach Spitzenkapazität noch erhöht.

    5. Daher hängt der weitere Erfolg der Politik der Gemeinschaft im Bereich des Flugverkehrs sehr stark davon ab, ob die Luftverkehrsinfrastruktur, und insbesondere die des Luftverkehrsmanagements in der Lage ist, diesen sich verändernden Erfordernissen gerecht zu werden, damit die Luftverkehrs gesellschaften zu Bedingungen in den Markt eintreten können, die sie im Wettbewerbs bestehen lassen und es den Endbenutzern ermöglichen, Vorteile aus diesem verstärkten Wettbewerb zu ziehen.

    ANLAGE 3

    Flugverkehrsmanagement

    1. Dank des technischen Fortschritts können Flugzeuge immer schneller, über grössere Entfernungen und unter fast allen Witterungsbedingungen fliegen. Aufgrund des zunehmenden Verkehrsaufkommens und solange die direkten Informationen nicht über die Cockpit-Systeme übermittelt wurden, erwies sich die Einführung des Luftraummanagements, das die Piloten bei der Auswahl und Einhaltung der Strecken unterstützt und Kollisionen mit anderen Flugzeugen oder dem Boden vermeiden hilft, als erforderlich. Daher haben die einzelnen Staaten, die für die Sicherheit ihrer Bürger sowohl an Bord des Flugzeugs als auch auf dem Boden verantwortlich sind, Luftverkehrs-Managementsysteme (ATM) eingerichtet, die in erster Linie den Nutzern des Luftraums dabei behilflich sind, angemessene Abstände sowohl zwischen den einzelnen Flugzeugen als auch zwischen den Flugzeugen und dem Boden einzuhalten.

    2. Die eingesetzten Techniken reichen von der Verkehrstrennung durch Zuweisung unterschiedlicher Abschnitte des Luftraums auf mehr oder weniger permanenter Basis (militärischer Luftraum, Streckenstruktur, Warteplätze, Flugflächen, usw.) - als Luftraummanagement bezeichnet - bis zur Echtzeit-Überwachung durch einen Fachmann, den Fluglotsen, der mögliche Konflikte erkennt und den Piloten entsprechende Anweisungen zu deren Vermeidung gibt - als Flugsicherung [22] bezeichnet.

    [22] Eine Beschreibung des Flugverkehrsmanagements ist dem Anhang 1 des Weißbuchs der Kommission über das Flugverkehrsmanagement "Für einen grenzenlosen Himmel in Europa" (KOM(96) 57 endg.) zu entnehmen.

    3. Durch diese Techniken und insbesondere die Flugsicherung, die sehr stark von der individuellen Leistung der Fluglotsen abhängt, werden der Zahl der Flugzeuge, die gleichzeitig in einem bestimmten Bereich fliegen können, Grenzen gesetzt, so daß die Aufnahmefähigkeit des Luftraums für Luftverkehrszwecke begrenzt ist. Übersteigt die Nachfrage der Luftraumnutzer diese Aufnahmefähigkeit, führt das zu Verspätungen wie auf Autobahnen zu Stoßzeiten. Da Warteschlangen oder Warteschleifen in der Luft zu mehr Umweltverschmutzung führen, zusätzliche Verkehrsüberlastungen in benachbarten Bereichen verursachen und sogar gefährlich werden könnten, werden soweit wie möglich virtülle Warteschlangen am Boden organisiert. Dies wird mit Verkehrsflußsteuerung bezeichnet.

    4. Zwar konnte die Internationale Zivilluftfahrt-Organisation sicherstellen, daß Flugzeug- und nationale Flugverkehrsmanagementsysteme kompatibel sind, so daß ein Flugzeug, das nur über eine Art von Ausrüstung und Verfahren verfügt, überallhin in der Welt fliegen kann, es ist ihr jedoch nicht gelungen, die einzelnen Staaten zu veranlassen, die Aufnahmefähigkeit ihres Luftraums an die tatsächlichen Erfordernisse der Nutzer anzupassen. Daher sehen die europäischen ATM-Systeme wie ein Flickenteppich aus, in dem schwächere Bereiche nachteilige Auswirkungen auf das gesamte System haben und zu künstlichen Begrenzungen oder einer unvollständigen Ausnutzung der Aufnahmefähigkeit des Luftraums ihrer Nachbarn führen.

    ANLAGE 4

    Luftraummanagement

    1. Der Luftverkehr setzt sich in erster Linie aus dem operationellen Flugverkehr (OAT) im militärischen Bereich und dem allgemeinen Flugverkehr (GAT) zusammen. Der Anteil des OAT am gesamten Verkehrsaufkommen beträgt zwar weniger als 5%, er beansprucht jedoch grosse Anteile des Luftraums, in denen die Militärflugzeuge das Abfangen, Bombardieren, usw. trainieren können. Das GAT umfasst alle anderen Bewegungen, im allgemeinen von Flugzeugen, die von einem Punkt zu einem anderen Punkt fliegen und geschützte Korridore brauchen. Der GAT schließt ferner andere Nutzungsformen ein, wie Freizeit- und Trainingsfluege, Arbeitsfluege sowie Testfluege, deren Erfordernisse mit denen des OAT vergleichbar sind. Alle diese Verkehrsarten konkurrieren bei der Nutzung einer knappen Ressource, dem Luftraum.

    2. Es ist die Rolle des Luftraummanagements, den Nutzern diese Ressource so zuzuweisen, daß jeder einen angemessenen Anteil erhält, damit er seine Aufgaben erfuellen und erfolgreich arbeiten kann.

    3. Ursprünglich geschah dies durch die Aufteilung des Luftraums auf mehr oder weniger dauerhafter Grundlage nach gewissen Strukturen, die sich aus Strecken, vorbehaltenen Bereichen, Wartepunkten usw. zusammensetzten und bei denen weiterhin zwischen zivilem und militärischem Luftraum unterschieden wurde (siehe beiliegende Karte).

    4. Da die für den GAT am leichtesten zu erschließende Kapazitätsreserve aus einer besseren Zuweisung des Luftraums besteht, gibt es starke Bestrebungen, die Art und Weise, wie der Luftraum verwaltet und zugewiesen wird, zu ändern. Dies stösst jedoch in einigigen Ländern, in denen Nutzer des militärischen Bereichs an ihrer Vorzugsbehandlung bei der Aufteilung des Luftraums festhalten wollen, auf ernsthaften Widerstand.

    5. EUROCONTROL hat daher ein flexibleres Konzept gewählt und seinen Mitgliedern empfohlen. Bei diesem Konzept wird ein Teil des militärischen Luftraums für zivile Zwecke zur Verfügung gestellt, wenn dieser von seinen Hauptnutzern nicht gebraucht wird. In diesen Fällen wird der GAT je nach Land entweder von militärischen oder von zivilen Fluglotsen überwacht. Diese flexible Nutzung des Luftraums wurde inzwischen in den meisten europäischen Ländern eingeführt. Das Management erfolgt allerdings auf nationaler Ebene, wobei die Entscheidung zwischen zivilen und militärischen Prioritäten im Ermessen jedes Landes liegt.

    6. Nur wenige Länder haben eine neutrale und unabhängige Schlichtungsstelle eingesetzt, um einen Ausgleich zwischen diesen divergierenden Interessen zu schaffen. Die Art der Entscheidungsfindung ist kaum transparent, und zivile Luftraumnutzer sind durchaus nicht überzeugt, daß ihre Interessen angemessen verteidigt werden. Darüber hinaus wird - wie die Kommission bereits in ihren früheren Mitteilungen über ATM betont hatte - bei diesem Konzept dem paneuropäischen Charakter des ATM nicht vollständig Rechnung getragen.

    7. Es ist zwar legitim, daß die einzelnen Staaten den Erfordernissen ihrer nationalen Sicherheit und Verteidigung Rechnung tragen, sie haben aber auch Verpflichtungen gegenüber ihren Bürgern wahrzunehmen und ihre sonstigen Interessen zu schützen. Ferner haben sie in diesen Bereichen internationale Vereinbarungen getroffen, etwa in bezug auf die Luftverkehrspolitik der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft, nach denen sie verpflichtet sind, darüber hinaus die Interessen ihrer europäischen Partner zu berücksichtigen.

    8. Ein anderes Problem besteht darin, daß die Struktur des Luftraums für die zivile Nutzung derzeit auf nationaler Ebene entschieden wird, ohne daß dabei die Möglichkeiten und Zwänge der Nachbarländer genügend berücksichtigt werden. Auch Landesgrenzen spielen eine Rolle; mitunter lehnen die Staaten Änderungen ab, um die Verkehrsströme in ihrem eigenen Luftraum zu behalten und in den Genuß der damit verbundenen Gebühren zu gelangen. Aufgrund dieser Praktiken war eine Optimierung des Streckennetzes sowie der damit verbundenen ausschließlich im Interesse des Gemeinwohls erfolgenden Aufteilung in Sektoren unmöglich.

    9. Aus diesen Gründen hatte die Kommission bisher immer argumentiert, daß es sich bei dem Luftraummanagement um eine Regelungsfunktion handelt, die vorbehaltlich entsprechender Maßnahmen zum Schutz der äusseren Sicherheit so weit wie möglich auf paneuropäischer Ebene ausgeuebt werden sollte.

    Aktion: Der Luftraum ist ein Gemeingut, das als Kontinuum gemein sam ohne Rücksicht auf Landesgrenzen verwaltet werden muß, um alle seine - zivilen und militärischen - Nutzer zufriedenzustellen und das Luftverkehrsmanagement zu optimieren.

    10. Zur Erreichung dieses Ziels sollte eine zentrale Einrichtung ermächtigt werden, strategische und taktische Entscheidungen beim Luftraummanagement zu treffen.

    - Dazu sollten die allgemeine Struktur des Luftraums, das Streckennetz, die wichtigsten vorbehaltenen Zonen, die Zugangsregeln und die flexible Nutzung des Luftraums gehören, mit Ausnahme einiger Bereiche mit geringer Verkehrsdichte und des unteren Luftraums, in denen ein lokales Management als angemessen und mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang stehend angesehen werden könnte. Diese Regeln sollten Sicherheitsvorkehrúngen für dringende Fälle oder Krisensituationen einschließen. Die Aufteilung des Luftraums in Sektoren für die Zwecke des Luftverkehrsmanagement kann zwar als Zuständigkeit eines Diensteanbieters gesehen werden, es könnte sich jedoch als notwendig erweisen, daß eine zentrale Einrichtung im Fall von Meinungsverschiedenheiten zwischen zwei oder mehreren ATM-Organisationen über die optimale Aufteilung an ihren Landesgrenzen eine Schlichtungsfunktion ausübt. Dies könnte auch beinhalten, daß ein Staat verpflichtet wird, die Übertragung von Luftverkehrsdiensten auf einen anderen Staat zu akzeptieren, wenn dadurch die Leistungsfähigkeit der ATM-Systeme insgesamt gesteigert wird. Sämtliche Entscheidungen über diese Elemente der strategischen Phase des Luftraummanagements sollten für alle Staaten verbindlich sein.

    - Was die taktische Phase angeht, so sollte die selbe zentrale Einrichtung befugt sein, ihren verschiedenen Nutzern auf der Grundlage der auf strategischer Ebene festgelegten Regeln Luftraum zuzuweisen. Die diesbezueglichen Entscheidungen sollten für die Mitgliedstaaten unmittelbar verbindlich sein, damit sie rechtzeitig und mit dem nötigen Nachdruck umgesetzt werden können.

    Aktion: Die volle Verantwortung für das Management des europäischen Luftraums sowohl auf strategischer als auch auf taktischer Ebene sollte einer zentralen Einrichtung übertragen werden.

    11. EUROCONTROL, das bereits über Erfahrungen mit dem Management knapper Ressourcen verfügt, könnte die oben beschriebene Rolle übernehmen. Das revidierte Übereinkommen bietet eine ausreichende Rechtsgrundlage dafür. Gegebenenfalls könnte dies durch eine förmliche Entscheidung auf der Grundlage von Artikel 2.1.s des Übereinkommens bestätigt werden.

    >VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD>

    ANLAGE 5

    GEMEINSAME VERPFLICHTUNG

    1. Das Flugverkehrsmanagementsystem ist ein komplexes System, an dem verschiedene Akteure beteiligt sind:

    - die Luftraummanager, die den Luftraumnutzern den Luftraum zuweisen, indem sie Luftraumstruktur, Streckennetze, Gebiete mit Flugbe schränkungen, Flughöhen usw. und die damit zusammenhängenden Nutzungsbedingungen entwickeln, um eine flexible Nutzung unter Echtzeit-Bedingungen sicherzustellen,

    - die Verkehrsflußregler, die den (hauptsächlich zivilen) Nutzern durch die strategische Verkehrsflussplanung und die Echtzeit-Regelung von Abflugzeitnischen Flugverkehrskontrollkapazitäten zuweisen,

    - die Luftfahrtgesellschaften, die ihre Luftfahrzeuge ausrüsten, geeignete operative Verfahren konzipieren und die Flugbesatzungen ausbilden,

    - die Flugbesatzungen, die die Verfahren in Echtzeit anwenden und den sicheren Flugbetrieb gewährleisten,

    - die Betreiber von Flugverkehrsdiensten, die geeignete Geräte und Gebäude beschaffen, warten und betreiben, operative Verfahren entwickeln, Flugverkehrslotsen, Ingenieure und sonstige Mitarbeiter rekrutieren und ausbilden,

    - die Flugverkehrslotsen, die die Verfahren in Echtzeit anwenden und die korrekte Staffelung zwischen den Flugzeugen sowie zwischen diesen und dem Boden sicherstellen,

    - die Hersteller, die geeignete Arbeitsmittel und Systeme konzipieren, entwickeln und fertigen.

    2. Damit das Flugverkehrsmanagementsystem gut funktioniert, müssen alle Beteiligten ihren Part in abgestimmter und konsequenter Weise spielen, um angesichts der Vielzahl der europäischen Systeme neuralgische Problemstellen zu vermeiden. Darüber hinaus ist für jegliche Änderung ein "top-down"-Ansatz für die Entwicklung und Vereinbarung operativer Konzepte und Anforderungen erforderlich, von denen wiederum Impulse für die benötigten neuen Ausrüstungen und Verfahren ausgehen. Zur Unterstützung dieser Verfahren der Zusammenarbeit und zur Erwirkung der erforderlichen Zusagen wird in den Fachkreisen des Flugverkehrsmanagements traditionell das Mittel der gemeinsamen Planung verwendet.

    3. Wie die EATCHIP-Ergebnisse [23] zeigen, wird inzwischen weitgehend die Auffassung vertreten, daß dieser Ansatz an seine Grenzen gekommen ist und neue Methoden gefunden werden müssen, die über das hinausgehen, was im Nachfolgeprogramm EATMP [24] vorgesehen ist.

    [23] Europäisches Programm zur Harmonisierung und Integration der Flugverkehrskontrolle (European Air Traffic Control Harmonisation and Integration Programme, EATCHIP) (s. Anlage 1).

    [24] EUROCONTROL-Flugverkehrsmanagementprogramm (EUROCONTROL Air Traffic Management Programme).

    I. Kapazitätsplanung

    4. Vor kurzem hat EUROCONTROL eine Bewertung des Kapazitätsbedarfs unter der Bezeichnung "mittelfristige Kapazitätsplanung" eingeleitet mit dem Ziel, die Flugverkehrsdienstebetreiber davon zu überzeugen, ihre materiellen und personellen Investitionen so zu planen, daß der Verkehrsnachfrage Rechnung getragen wird.

    5. Da es keine allgemein vereinbarten quantifizierbaren Indikatoren für die Messung von Kapazitäten gibt, werden die Zielvorgaben als Prozentsatz des zusätzlichen Verkehrsaufkommens ausgedrückt, das jedes Flugverkehrskontrollzentrum in den nächsten zwei bis fünf Jahren bewältigen sollte. Dieser pragmatische Ansatz gilt als derzeit einziges, für den kurzfristigen Zeithorizont verfügbares Verfahren und ist daher zu befürworten, da die gemeinsame Planung ein Schwachpunkt zu sein scheint, der vielen Flugverkehrsmanagement-Organisationen gemein ist.

    6. In letzter Zeit hat die Erfahrung jedoch gezeigt, daß eine Reihe von Flugverkehrsdienstebetreibern in den Teilen Europas mit der grössten Flugverkehrsdichte nicht in der Lage waren, die für 1999 vereinbarten Ziele zu erreichen. Dies wirft die Frage auf, welchen Status solche Ziele innerhalb des EUROCONTROL-Systems haben. Zur Zeit werden sie auf der Ebene der Luftfahrtnavigationsdirektoren erörtert, wobei zunächst ein Konsens herbeizuführen ist, bevor sie vom EUROCONTROL-Rat gebilligt werden. Unklar ist überdies, ob eine solche Billigung derartigen Zielen verbindlichen Charakter verleiht. Jedenfalls hat EUROCONTROL gegen die Staaten, die die Zielvorgaben nicht erfuellt haben, keine Maßnahmen auf der Grundlage der im EUROCONTROL-Abkommen festgelegten Konfliktlösungsbestimmungen eingeleitet.

    Maßnahme: Mangels anderer Maßnahmen ist die mittelfristige Kapazitätsplanung zu fördern. Gezielte Kapazitätszuwächse sind gemäß den Bestimmungen des überarbeiteten EUROCONTROL-Abkommens zu beschließen und verbindlich vorzuschreiben.

    7. Gleichwohl ist davon auszugehen, daß sich die Durchsetzung solcher Beschlüsse äusserst schwierig gestalten wird und längerfristig andere Maßnahmen erforderlich sind.

    II. Regulierung

    8. Das wirkungsvollste Mittel, um die beteiligten Akteure in die Pflicht zu nehmen, besteht darin, Regulierungsmaßnahmen vorzusehen, die ihnen klare Verpflichtungen auferlegen und im Gegenzug bestimmte Rechte einräumen. Bereits in ihrem Weißbuch zum Luftverkehrsmanagement hatte sich die Kommission bezueglich des Betriebs von Flugverkehrsdiensten für einen durchsetzbaren Regulierungßrahmen ausgeprochen.

    Regulierungsumfang

    9. Bei genauerer Betrachtung der verschiedenen Akteure und ihrer Aufgaben ließe sich der Regulierungsumfang wie folgt festlegen:

    - Luftraummanagement: Diese Tätigkeit, die in der Verwaltung eines knappen Gutes im bestmöglichen Interesse aller Beteiligten besteht, ist eine Regulierungsaufgabe, auf die in einer speziellen Anlage eingegangen wird.

    - Verkehrsflußregelung: Es ist fraglich, ob es sich bei dieser Tätigkeit um eine Regulierungsufgabe oder um das Betreiben eines Dienstes handelt. Wird sie unter dem Aspekt betrachtet, daß sie die Betreiber von Flugkontrolldiensten vor Überlastung schützt, könnte sie als ein für diese durchgeführter Dienst angesehen werden. Andererseits kann sie auch als Regelung und Steuerung von Angebot und Nachfrage durch verschiedene Mittel betrachtet werden, die von vorgeschriebenen Regulierungsmaßnahmen (Flugverkehrskontroll freigaben, Streckenführung usw.) bis zu gemeinsamen Entscheidungen reichen. In ihren früheren Mitteilungen zu diesem Thema hat die Kommission daher abschließend die Meinung vertreten, daß es sich bei dieser Tätigkeit, die in vielerlei Hinsicht polizeilichen Charakter hat, um eine Regulierungsaufgabe handelt. Unbeschadet weiterer diesbezueglicher Debatten herrscht weitgehend die Auffassung vor, daß diese Aufgabe zentral für Gesamteuropa ausgeuebt werden sollte, was in der Gründung der Abteilung für die zentrale Verkehrsflußreglung ("Central Flow Management Unit") zum Ausdruck gekommen ist. Ferner wird allgemein anerkannt, daß in Anbetracht der Auswirkungen, die die Verkehrsflußregelung auf die Einnahmen der Diensteanbieter sowie auf die Gesamtkosten und die Wettbewerbsfähigkeit der Luftraumnutzer haben kann, für solche Tätigkeiten ein durchsetzbarer Regulierungsrahmen erforderlich ist.

    Maßnahme: Es müssen auf hoher Ebene Regeln für die Verkehrsfluß regelung unter gebührender Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten ausgearbeitet werden.

    - Luftfahrtbetrieb: Der Luftfahrtbetrieb unterliegt staatlichen Vorschriften, die das Mitführen bestimmter Ausrüstungen mit einem bestimmten Funktionsumfang und bestimmten Leistungen sowie die Einhaltung der veröffentlichten Verfahren vorschreiben. Durch die Lizenzerteilung wird ferner staatlicherseits sichergestellt, daß der maßgebliche Personenkreis über eine angemessene Ausbildung für die Verwendung der Ausrüstung und die Einhaltung der Verfahren verfügt. Allerdings hat der in den meisten Staaten festzustellende Trend, den für die Flugverkehrsdienste zuständigen Organisationen die Regulierung der Flugverkehrsmana gement-Aspekte des Luftfahrtbetriebs zu übertragen, einen ausgewo genen Dialog zwischen diesen und ihren Kunden nicht erleichtert.

    Maßnahme: Der für die Flugverkehrsmanagement-Aspekte des Luftfahrtbetriebs zuständige Regulierer muß von den Flugverkehrs dienstebetreibern unabhängig sein.

    - Flugverkehrsdienste: Da diese Dienste traditionell von staatlichen Stellen betrieben wurden, unterlagen sie keiner Regulierung, da die einzelnen Staaten sicherstellen sollten, daß sie den Anforderungen im Zusammenhang mit der Erfuellung ihrer internationalen Verpflichtungen nachkommen. Zwar wurden im Rahmen einer Selbstregulierung das in puncto Sicherheit und Betriebsleistungen erwartete Niveau erreicht, aus der ausführlichen Analyse der derzeitigen Situation [25] geht jedoch hervor, daß dies hinsichtlich der Interoperabilität der nationalen Systeme und des Standards der angebotenen Dienste nicht der Fall ist. Mit der privatrechtlichen Organisation oder Privatisierung von Dienstebetreibern wird inzwischen weitgehend die Ansicht vertreten, daß der Betrieb von Flugverkehrsdiensten reguliert werden sollte. Eine solche Regulierung sollte auch die Befähigung der Betreiber und ihrer Mitarbeiter zur Bereitstellung sicherer und interoperabler Dienste abdecken. Ferner sollte sie für Dienste mit Monopolcharakter beinhalten, daß - wie bei allen regulierten öffentlichen Versorgungsunternehmen - ein bestimmter Qualitätsstandard (ausgedrückt als bewältigtes Flugverkehrsaufkommen und durchschnittliche Verspätung) sowohl für normale als auch für Krisensituationen vorgeschrieben wird.

    [25] S. Anlage 1.

    Maßnahme: Für den Betrieb von Luftverkehrsdiensten sind Regulierungsmaßnahmen erforderlich, um zu gewährleisten, daß diese den erforderlichen Sicherheits- und Interoperabilitätsstandard erreichen. Für den Fall, daß diese auf Monopolbasis betrieben werden, ist für sie auch eine wirtschaftliche Regulierung vorzusehen, um die vereinbarten Standards in Bezug auf die operationellen Leistungen oder Dienste sicherzustellen.

    - Ausrüstungen und Systeme für das Flugverkehrsmanagement: Für die betreffenden Ausrüstungen gelten Regulierungsvorschriften, wenn sie sich an Bord von Luftfahrzeugen befinden, nicht jedoch, wenn sie von Betreibern von Flugverkehrsdiensten betrieben werden, was zum Teil die grosse Vielfalt der verwendeten Ausrüstungen sowie die Tatsache erklärt, daß sie häufig nicht miteinander kompatibel sind. Hier ist auch der Grund für viele Schwierigkeiten im Bereich der Interoperabilität zu finden, da es selbst im Fall, daß gemeinsame Anforderungen vereinbart wurde, keine Handhabe gibt, ihre Durchsetzung sicherzustellen (s. auch Anlage über die Systemauslegung).

    Maßnahme: Für die Ausrüstungen und Systeme für das Flugverkehrs management müssen geeignete Regulierungsvorschriften auf hoher Ebene gelten.

    Ausübung der Regulierungsfunktion

    10 Ein wesentlicher Grundsatz ist der, daß der Regulierer nicht mit denen, die er reguliert, identisch ist und er selbst kein persönliches Interesse an dem von ihm regulierten Sektor hat.

    - Die erste Etappe besteht daher darin, daß die Staaten neutrale und unabhängige Regulierer benennen. Da Luftverkehrsdienste und Luftfahrtbetrieb eng miteinander verbunden sind, wird weitgehend davon ausgegangen, daß es im öffentlichen Interesse läge, für die Regulierung dieser beiden Bereiche ein und den selben Regulierer zu haben.

    - Allerdings ist noch unklar, ob ein und derselbe Regulierer alle Regulierungsbefugnisse auf sich vereinigen sollte. Einiges deutet im Gegenteil darauf hin, daß das öffentliche Interesse besser gewahrt würde, wenn zumindest der Regulierer für Sicherheitsfragen nicht mit dem Regulierer identisch ist, der sich mit der Qualität der Dienste und den Leistungen befasst, so daß das Abwägen zwischen wirtschaftlicher Effizienz und Sicherheit auf der richtigen politischen Ebene erfolgt.

    Maßnahme: Die einzelnen Staaten müssen einen Regulierungsrahmen für das Betreiben von Flugverkehrsdiensten festlegen. Die Regulierer müssen von den Dienstebetreibern unabhängig sein. Die für Sicherheitsfragen zuständigen Regulierer dürfen nicht mit den für Wirtschaftsfragen zustän digen Regulierern identisch sein.

    11. Da alle nationalen Systeme europaweit miteinander betrieben werden und verbunden sein müssen, ist die Zusammenarbeit aller nationaler Regulierer erforderlich, um die für ein nahtloses System wesentlichen Elemente zu gewährleisten. Dies setzt gemeinsame Anforderungen und Umsetzungsverfahren in den Bereichen Sicherheit, Interoperabilität, operationelle Leistungen, Umfang und Qualität der Dienste sowie Umweltschutz voraus. Die Realisierung soll nach einem gestrafften Verfahren für die Ausarbeitung der Regeln erfolgen, das unabhängige Initiativen und eine transparente Erörterung der Vorschläge ermöglicht und so die gemeinsamen Interessen widerspiegelt und die politische Verantwortlichkeit der Entscheidungsträger stärkt.

    12. Diese Aufgabe könnte EUROCONTROL gemäß dem überarbeiteten Abkommen zukommen, sofern diese Organisation als Stelle angesehen wird, die von den Interessen an dem Bereich, an dessen Regulierung sie mitwirkt, unabhängig ist und diesbezueglich unabhängig agiert. Ihre Rolle bei der Bereitstellung von Diensten sowie ihre Einstellungspolitik, aufgrund der sie ihr Management aus den Mitarbeitern der nationalen Behörden oder Flugvekehrsmanagement-Einrichtungen rekrutieren und die Dauer ihrer Abordnung begrenzen muß, haben viele Aussenstehende dazu bewogen, diese Unabhängigkeit in Frage zu stellen.

    13. Deshalb beschlossen die vertragsschließenden Parteien im Zuge der vorläufigen Durchführung des überarbeiteten Abkommens, die Kommission für die Leistungsüberprüfung ("Performance Review Commission", PRC) und die Kommission für die Regulierung auf dem Gebiet der Sicherheit ("Safety Regulation Commission", SRC) durch unabhängige Referate zu unterstützen, die nicht dem Generaldirektor der Agentur unterstellt sind. Die Folge davon sind erhebliche Beschränkungen des Initiativrechts der Agentur in wesentlichen Zuständigkeitsbereichen der Organisation.

    Maßnahme: In allen erforderlichen Bereichen sind gemeinsame Regeln auszuarbeiten und zu verabschieden.

    Maßnahme: Die Regulierungsaufgaben und die Aufgaben im Zusammenhang mit dem Betreiben von Diensten sind klar voneinander zu trennen und die Rekrutierungspolitik zu reformieren, damit die Agentur als starker, neutraler und unabhängiger Sachwalter des gemeinsamen öffentlichen Interesses fungieren kann.

    Anwendung gemeinsamer Regeln

    14. Die Organisation EUROCONTROL ist mit sehr schwachen Mitteln zur Durchsetzung ihrer Entscheidungen seitens der vertragschließenden Parteien ausgestattet, wie dies in traditionellen multilateralen Einrichtungen häufig der Fall ist. Daher wurde befürwortet, daß EUROCONTROL - wie die Gemeinschaft - unmittelbar geltende Befugnisse erhalten sollte. Dieser Ansatz ist sicherlich zu ehrgeizig, insbesondere bei einer Organisation, die sich mit militärischen Belangen befasst. Ausserdem würde er eine vollständige Überarbeitung des Abkommens erforderlich machen, um die politische Kontrolle der Organisation zu stärken und eine gewisse rechtliche Kontrolle einzuführen.

    15. Ein pragmatischerer Ansatz bestuende einfach darin, daß die Gemeinschaft selbst die erforderlichen Vorschriften im Rahmen ihrer internen Rechtsordnung erlässt, um so gegenüber ihren Mitgliedstaaten und den Staaten, die durch bilaterale/multilaterale Vereinbarungen mit ihr verbunden sind, ihre eigenen Durchsetzungsmittel einsetzen zu können.

    Maßnahme: Die Gemeinschaft muß ihre Befugnisse in allen Bereichen ausüben, in denen gemeinsame Regeln erforderlich sind.

    16. Da EUROCONTROL derzeit über das Fachwissen und die einschlägigen Mittel verfügt, kann diese Organisation die Gemeinschaft unterstützen. Hierzu müsste sie "harte" Rechtsvorschriften ausarbeiten, die so abgefasst sind, daß sie im Rahmen der internen Rechtsordnung ihrer vertragschließenden Parteien unmittelbar gelten, d. h. sie müssten klar und eindeutig sein und nicht von weiteren Maßnahmen abhängen. Dadurch würden nicht nur ihre Umsetzung durch die vertragschließenden Parteien und die Überwachung der tatsächlichen Anwendung durch EUROCONTROL erleichtert, sondern hätten die Beteiligten auch die Möglichkeit, die Anwendung auf dem innerstaatlichen Rechtsweg durchzusetzen.

    Maßnahme: EUROCONTROL muß ein geeignetes Verfahren für die Ausarbeitung von Regeln entwickeln, das die erforderliche Transparenz und demokratische Kontrolle gewährleistet.

    17. Eine Möglichkeit, dafür zu sorgen, daß gemeinsame Regeln tatsächlich und einheitlich Anwendung finden, könnte darin bestehen, gemeinsame Zertifizierungssysteme für globale Systeme wie das GNSS zu entwickeln, wodurch überdies die übertriebene Kumulierung von Zertifizierungsverfahren und die damit verbundene Belastung der Hersteller und Betreiber vermieden würde.

    III. Anreize

    18. Der Erlaß von Rechtsvorschriften ist jedoch nicht der einzige Weg, um dem Erfordernis bindender Zusagen Rechnung zu tragen. Nicht in allen Fällen sind verbindliche Vorgaben und Durchsetzungsmaßnahmen möglich. Keiner kann dazu gezwungen werden, nichtvorhandenes Geld auszugeben. Für die Erreichung gemeinsam vereinbarter Ziele sind freiwillige Verhaltensweisen und Motivation häufig weitaus bessere Mittel.

    19. Zusätzlich zur erforderlichen Transparenz und zur demokratischen Beteiligung der Interessengruppen am Entscheidungsfindungsprozeß gilt es daher, "weiche" Mittel zu finden, um die Umsetzung jener Entscheidungen zu erleichtern, die nicht die Form rechtsverbindlicher Anforderungen annehmen können.

    20. Die wechselseitige Abhängigkeit der Elemente der europäischen Flugverkehrs management-Systeme sind allenthalben bekannt, vor allem die Tatsache, daß die Effizienz des gesamten Systems von der Effizienz seiner schwächsten Komponenten stark beeinflusst wird. Daher spricht, wie beim transeuropäischen Netz, einiges dafür, daß alle Beteiligten gemeinsam zur Beseitigung neuralgischer Problemstellen beitragen, gegebenenfalls unter Verwendung eines Fonds, durch den für sich betrachtet ertragsarme, für das Gesamtsystem jedoch wirtschaftlich äusserst nützliche Investitionen mitfinanziert werden.

    Maßnahme: Einrichtung eines Fonds für die Finanzierung gemeinsamer Projekte, die für die Leistung des europäischen Netzes wesentlich sind.

    21. Weitere Maßnahmen sollten entwickelt werden, um diejenigen zu belohnen, die am meisten zum effizienten Betrieb des Systems beitragen. So ließe sich die Preisgestaltung dahingehend verändern, daß die Dienstebetreiber Gewinne machen können, wenn die Qualität ihrer Dienste überdurchschnittlich ist, oder wäre es denkbar, daß Luftfahrtgesellschaften je nach dem Umfang der in Anspruch genommenen Dienste oder der von ihnen verwendeten Ausrüstung unterschiedliche Preise in Rechnung gestellt werden. Auch die Luftraum nutzung könnte dergestalt angepasst werden, daß die Berechtigung zum Zugang an den Umfang der genutzten Dienste und die bordseitige Ausrüstung gekoppelt wird.

    Maßnahme: Entwicklung neuer, auf Belohnungen bzw. Strafen basierender Anreize, durch die die freiwillige Einhaltung gemeinsamer Zusagen gefördert werden soll.

    ANLAGE 6

    Systemauslegung

    1. Es wird weitgehend anerkannt, daß die für das Luftverkehrsmanagement derzeit verwendeten Konzepte, Instrumente und Verfahren an ihrer Grenzen stossen und neue Mittel konzipiert und angewandt werden müssen, damit mehr Luftfahrzeuge in ein und demselben Luftraum betrieben werden können.

    2. Da in der nahen Zukunft durch die Weiterentwicklung des gegenwärtigen Systems lediglich marginale Verbesserungen zu erwarten sein dürften, ist fraglich, ob dies ausreichen wird, um der Spitzennachfrage, mit der die meisten Luftraumnutzer rechnen, gerecht zu werden. Daher muß eine neue Lösung gefunden, eine weitreichende konzeptionelle und technologische Entwicklung herbeigeführt werden, die sorgfältig zu validieren ist, um sicherzustellen, daß sie von allen beteiligten Interessengruppen angenommen und der Übergang in einer Art und Weise bewältigt wird, die einen sicheren Flugverkehr gewährleistet.

    3. An der gegenwärtigen Praxis wird kritisiert, daß sie zu sehr technologieorientiert ist und die Ansichten und Bedürfnisse der Nutzer nicht ausreichend berücksichtigt. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, bei der Systemauslegung zunächst von einem "Top-down"-Ansatz auszugehen, bei dem operationelle Konzepte und Anforderungen entwickelt und vereinbart werden, die ihrerseits die Impulse für die erforderlichen Ausrüstungen und Verfahren geben.

    4. Gleichzeitig besteht zwischen den verschiedenen nationalen Systemen eine so grosse wechselseitige Abhängigkeit, daß die einzelnen Staaten abgesehen von der gemeinsamen Nutzung des Luftraums und der Neueinteilung der Luftverkehrskontrollsektoren wenig unternehmen können, um ihre Luftraumkapazität auszubauen. Deshalb bedarf es einer zwischengeschalteten, als treibende Kraft wirkenden Stelle, die eine Art hochrangige Regulierungsfunktion ausübt, um einen gemeinsamen Konsens über machbare und nützliche Änderungen herbeizuführen und ihre Umsetzung zu koordinieren. Die Aufgabe dieser Stelle wird in diesem Zusammenhang für die Zukunft der Luftfahrt von grundlegender Bedeutung sein.

    5. Wenngleich allgemein akzeptiert wird, daß EUROCONTROL - zumindest für Europa - diese Stelle sein soll, sind viele Interessengruppen der Ansicht, daß die bei EUROCONTROL und den Behörden, die darin Mitglieder sind, aktuell festzustellende Tendenz, sowohl als Gesetzgeber, Kunde, Systementwickler, Zertifizierer und Betreiber tätig zu sein, zu einer unübersichtlichen Situation führt, die Intessenskonflikte entstehen lässt.

    Maßnahme: Es gilt, einen neuen Ansatz für die Systemauslegung zu entwickeln, der eine ausgewogene Beteiligung aller Interessengruppen ermöglicht mit dem Ziel, kreative Lösungen und die gemeinsame Teilhabe an Wissen und Erfahrung sowie das gemeinsame Tragen von Risiken zu fördern.

    I. Forschung und technologische Entwicklung

    6. Es versteht sich von selbst, daß die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten darauf ausgerichtet werden müssen, den entscheidenden operationellen Durchbruch bei einem Luftverkehrsmanagement-System der nächsten Generation zu erzielen, das mittel- bis langfristig zum Einsatz kommen kann. Charakteristisch für diesen Durchbruch wird die Realisierung speziell für Flugverkehrsmanagement-Anwendungen konzipierter Technologien für die digitale Datenübertragung sein, die zusammen mit genaueren Navigationssystemen dazu führen, daß das Flugzeug seine Position ermitteln und sie genau und zuverlässig an andere Luftfahrzeuge und an das Flugverkehrsmanagement-System am Boden übermitteln kann. Darüber hinaus ermöglichen diese Technologien die Übermittlung anderer Echtzeit-Daten, z. B. bezueglich des beabsichtigten Flugprofils, durch die die Flugbahn- und Konfliktvorhersage verbessert wird, die für die Genauigkeit der Arbeitsmittel der Fluglotsen von entscheidender Bedeutung und die Basis für eine weitergehende Automatisierung sind.

    7. Diese technologische Verbesserungen müssen durch die Realisierung eines kooperativen Flugverkehrsmanagements durch die Piloten, Fluglotsen, Luftfahrtgesellschaften, Flughäfen und Betreiber von Flugverkehrsmanagementdiensten ergänzt werden. Die Rolle des Fluglotsen im künftigen Flugverkehrsmanagement-System wird sich wandeln; die Automatisierungsmittel werden in der taktischen Phase einen grösseren Einfluß haben, sich so auf die Aufgaben der Fluglotsen auswirken und allmählich einen Übergang der Verantwortung für die Staffelung auf das Luftfahrzeug zur Folge haben. Luftfahrzeuge, die über eine geeignete Ausrüstung verfügen, sollten von Anfang an bei der Luftraumzuteilung bevorzugt behandelt werden, damit die operationellen Vorteile unverzueglich erzielt werden können und die Verwendung der Systeme in allen Luftfahrzeugen beschleunigt werden kann.

    8. Forschung und technologische Entwicklung können zu eher kurzfristigen Verbesserungen beitragen, ihre Hauptaufgabe besteht jedoch darin, längerfristige Verbesserungen zu ermöglichen, die zu einem signifikanten Kapazitätsausbau führen. Kurzfristig sollten die operationellen Verfahren dergestalt geändert werden, daß die vorhandenen Möglichkeiten der Luftfahrzeuge voll genützt werden, insbesondere bezueglich der vom Flugverkehrsmanagement gestützten Anfluege, der versetzten Landeschwellen und einer besseren Rollfeldüberwachung, um die Kapazitäten unter allen Witterungsbedingungen beizubehalten. Mittelfristig sollten Forschung und technologische Entwicklung der Entwicklung von Fluglotsenarbeitsmitteln zugute kommen, die die Konfliktvermeidung mit einem Vorlauf von bis zu 30 Minuten sowie eine direkte Streckenführung ermöglichen. Die Arbeitsbelastung der Fluglotsen sollte ebenfalls dadurch verringert werden, daß eine relativ begrenzte Zahl von Flugverkehrskontrollfreigaben per Datenübetragungskanal übermittelt werden. Allerdings sollte dies nur als ein erster Schritt betrachtet werden, da der Kapazitätsausbau längerfristig vor allem durch die Umsetzung von Flugverkehrsmanagementkonzepten wie dem ADS-B (Automatic Dependant Surveillance-Broadcast, automatische Flugüberwachung) erfolgen sollte, das es dem Luftfahrzeug ermöglicht, über eine bordseitige Verkehrslagenanzeige zu verfügen, und selbst in einem Flugraum mit hoher Verkehrsdichte eine direkte Streckenführung sowie ein gewisses Maß an eigenständige Staffelungssicherheit unterstützt.

    Maßnahme: Es sind in ausreichendem Maß sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene Anstrengungen im Bereich der Forschung und technologischen Entwicklung zu unternehmen, um die Entwicklung des Flugverkehrsmanagement-Systems der nächsten Generation zu beschleunigen.

    II. Systemauslegung

    9. Die Flugverkehrsmanagement-Fachkreise müssen aus der auf dem Sektor der luftgestützten Ausrüstung gemachten Erfahrung lernen, in dem die Industrie mit der Unterstützung der Regulierungsbehörden selbst die Initiative übernommen hat. Die Organisationen RTCA [26] in den Vereinigten Staaten und EUROCÄ [27] in Europa verfügen bereits über Erfahrung mit der - häufig in Zusammenarbeit erfolgten - Ausarbeitung von Spezifikationen für Ausrüstungen und Systeme. Unlängst hat die US-Bundesluftfahrtbehörde (American Federal Aviation Administration, FAA) die Ausdehnung des RTCA-Aufgabenbereichs auf das Flugverkehrsmanagement befürwortet und die Organisation darum gebeten, Vorschläge für neue, auf dem Grundsatz der autonomen Flugdurchführung ("free flight") beruhende Konzepte vorzulegen.

    [26] Radio Technical Commission for Äronautics, ein von der FAA unterstützter Verband von Herstellern und Luftfahrtgesellschaften ohne Erwerbscharakter.

    [27] Europäische Organisation für die Ausrüstung der Zivilluftfahrt.

    10. In Europa werden innerhalb des europäischen Flugverkehrsmanagement-Programms ähnliche Arbeiten von EUROCONTROL durchgeführt, wobei fraglich ist, ob es sich hierbei um Regierungsaufgaben handelt. Ausserdem ist zu bedenken, daß in vielen Fällen nur die nationalen Behörden und Flugverkehrsdienste an den Arbeiten von EUROCONTROL mitwirken und die Industrie und Luftfahrtgesellschaften zu wenig daran beteiligt sind. Den Programmen, die ausgearbeitet werden, kommt daher das Wissen und die Erfahrung dieser Akteure nicht im möglichen Ausmaß zugute, und sie spiegeln nicht immer die vorbildlichen Verfahren, die Möglichkeiten der Branche oder die Nutzeranforderungen wider. Eine Folge davon ist, daß es in der Vergangenheit bei Programmen in den Bereichen Basis-Flächennavigation (Basic Area Navigation, BRNAV), Kollisionsverhütungssysteme (ACAS), neuer Kanalabstand (8,33 kHz) und elektronische Flugdatenverarbeitungssysteme Umsetzungsschwierigkeiten gegeben hat.

    11. Um diesbezueglich Abhilfe zu schaffen, wäre es durchaus sinnvoll, eine Erweiterung des Aufgabenbereichs von EUROCÄ in Betracht zu ziehen, vor allem bezueglich der Tätigkeiten, die mit der Auslegung neuer operationeller Konzepte und Anforderungen zusammenhängen. Wie bereits im Weißbuch zum Flugverkehrsmanagement dargelegt, würde dies eine angemessene Beteiligung der Branche an der Systemauslegung und aufgrund der Zusammenarbeit zwischen EUROCÄ und RTCA ihre weitere Präsenz auf dem weltweiten Markt des Flugverkehrsmanagements gewährleisten.

    Maßnahme: Die Branche - Hersteller, Dienstebetreiber, Luftraumnutzer - müssen bei der Systemauslegung die Führung übernehmen und daher eine dafür geeignete Einrichtung schaffen.

    III. Normung von Systemen

    12. Ein weiteres wichtiges Element der Systemauslegung ist die Ausarbeitung technischer Spezifikationen. EUROCONTROL hat ein Normungsverfahren geschaffen, die Ausarbeitung von Normen und technischen Spezifikationen erfolgt jedoch sehr langsam. Dies lässt sich sicherlich darauf zurückführen, daß die EUROCONTROL-Normen zu detailliert sind, wobei fraglich ist, ob technische Spezifikationen von einer zwischenstaatlichen Organisation festgelegt werden müssen. Das EUROCONTROL-Verfahren ist mit den gleichen Schwierigkeiten konfrontiert, die die Gemeinschaft dazu veranlasst haben, ihren Ansatz im Bereich der Normung zu überarbeiten und das "Neue Konzept" einzuführen.

    13. Der Flugverkehrsmanagement-Sektor sollte sich diese Erfahrung zunutze machen und die Rolle des Staates darauf ausrichten, wesentliche Anforderungen festzulegen, die in allgemeinen Vorschriften verankert werden. Alleiniger Zweck derartiger Vorschriften sollte es sein, für einen hohen Standard der Systeme und Ausrüstung hinsichtlich Sicherheit, Betriebsleistungen, Funktionalitäten und Interoperabilität zu sorgen. Sie sollten überdies die technischen Optionen offen lassen, damit die Branche auch in diesem Bereich in einen Wettbewerb treten kann, wodurch kreative und innovative Lösungen ermöglicht werden.

    14. In diesem Zusammenhang könnte die Branche beschließen, technische Spezifikationen - gegebenenfalls unter Einbeziehung von EUROCÄ und in Zusammenarbeit mit den europäischen Normungsgremien - in Anlehnung an die europäischen Normen auszuarbeiten, aus deren freiwillige Anwendung durch die Hersteller oder Dienstebetreiber sich die Übereinstimmung mit den allgemeinen Vorschriften ableiten lässt. Dadurch könnte der Flugverkehrsmanagement-Sektor die Rolle spielen, die er in allen anderen Bereichen spielt und für eine bessere Verfügbarkeit von Standardausrüstungen und -systemen sorgen, was ihre Kosten sowie die grössten Risiken im Zusammenhang mit ihrer Entwicklung verringern würde. Die genannten Risiken sind ein wesentliches Merkmal dieser Branche und haben die rechtzeitige Inbetriebnahme vieler neuer Flugverkehrskontrollzentren erheblich beeinträchtigt.

    Maßnahme: Für die Normung auf dem Gebiet des Flugverkehrsmanagements ist ein neuer, auf den einschlägigen Grundprinzipien der Gemeinschaft beruhender Ansatz festzulegen.

    IV. Zertifizierung von Systemen

    15. Ein weiteres wesentliches Element der Auslegung von Systemen ist die Zertifizierung ihrer Komponenten. Während bei der Zertifizierung auf der Basis von Sicherheitsanforderungen voraussichtlich von dem in der Luftfahrt allgemein üblichen Ansatz auszugehen sein wird, setzt eine Konformitätsbescheinigung auf der Basis leistungs- und interoperabilitätsbezogener Anforderungen voraus, daß ein entsprechendes Zertifizierungssystem geschaffen wird, da es auf diesem Gebiet noch kein derartiges System gibt. Innerhalb von EUROCONTROL gab es hierzu bereits einschlägige Arbeiten, da Hersteller und Abnehmer gleichermassen ein Interesse daran haben, daß die angebotenen Geräte tatsächlich den EUROCONTROL-Normen und -Spezifikationen entsprechen.

    16. Allerdings gibt es Bedenken, daß EUROCONTROL seine Rolle nicht auf die einer als treibende Kraft wirkenden, zwischengeschalteten Stelle beschränkt, sondern selbst an der Konformitätsbewertung mitwirkt, von der die Gemeinschaft meint, daß sie eine kommerzielle und keine aufsichtsrechtliche Aufgabe ist. Dies könnte zu Interessenkonflikten führen und steht im Widerspruch zur herrschenden Politik der Gemeinschaft. Daher wäre es eher angezeigt, ein Zertifizierungssystem einzuführen, das auf der von den Staaten und der Gemeinschaft geschaffenen, vorhandenen Infrastruktur beruht, um so auch vom System der gegenseitigen Anerkennung profitieren zu können, das weit über Europa hinaus geht und den Zugang zu fremden Märkten erleichtern kann.

    Maßnahme: Schaffung eines Zertifizierungssystems für das Flugverkehrsmanagement, das auf den im Rahmen des globalen Zertifizierungskonzeptes der Gemeinschaft geschaffenen, vorhandenen Zertifizierungsstrukturen aufbaut.

    ANLAGE 7

    KOSTENEFFIZIENZ

    1. Luftraumnutzer haben Zweifel daran laut werden lassen, daß die Flugverkehrsdienstebetreiber unter den derzeitigen organisatorischen Rahmenbedingungen kosteneffizient arbeiten können. In ihrem Weißbuch zum Flugverkehrsmanagement hat die Kommission die gleichen Vorbehalte geltend gemacht. Desgleichen enthielt die INSTAR-Studie eine Schätzung, derzufolge die Kosten um bis zu 600 Mio. EUR, d. h. um beinahe ein Viertel der Gesamtkosten reduziert werden könnten, wenn alle Flugverkehrsdienstebetreiber in puncto Wirtschaftlichkeit mit dem zweitbesten Betreiber gleichziehen könnten. Obwohl auf die Flugverkehrsdienste nur 5,6 % der Kosten im Luftverkehr entfallen, würde eine 25 %ige Einsparung in diesem Bereich 1,4 % dieser Kosten ausmachen, und dies in einer Branche, in der die Gewinnspannen in der gleichen Grössenordnung liegen. Dies erklärt, weshalb es sich hier um ein heikles Thema handelt und weitere Maßnahmen notwendig sind.

    2. Das Problem ist sicherlich im gemeinwirtschaftlichen Charakter dieses Bereichs begründet, der davon geprägt ist, daß die einschlägigen Dienstebetreiber lange Zeit Behörden waren, die mit der Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgabe Flugsicherung betraut waren und sich daher als Regulierer und nicht als kundenorientierte Dienstebetreiber verstanden.

    3. Zur weiteren Verschärfung dieser Situation trug eine international vereinbarte Gebührenpraxis bei, die die Staaten berechtigte, unabhängig von der gebotenen Leistung oder der Kundenzufriedenheit 100 % ihrer Kosten von den Nutzern wieder hereinzuholen. Diesbezueglich ist zu sagen, daß diese Praxis zum damaligen Zeitpunkt von den Luftraumnutzern unterstützt wurde, die diesen Grundsatz dem Risiko vorzogen, unfreiwillig andere verdeckte staatliche Ausgaben zu subventionieren.

    4. Inzwischen herrscht weitgehend die Auffassung vor, daß Änderungen erforderlich sind, sofern die Dienstebetreiber zur unternehmerischen Unabhängigkeit finden und Verantwortung übernehmen sollen, um den Anforderungen ihrer Kunden gerecht zu werden und ihre Mitarbeiter zu motivieren.

    - Ein erster wesentlicher Schritt besteht darin, das Betreiben von Diensten und die Regulierungsaufgaben klar voneinander zu trennen. Die Dienstebetreiber hätten so die Möglichkeit, sich auf ihre unternehmerischen Aufgaben zu konzentrieren, und es würde verhindert, daß sie ihre Regulierungsbefugnisse dazu verwenden, den Kunden ihre Ansichten aufzuoktroyieren. Ferner würden dadurch die Beziehungen zwischen Betreibern und Kunden gestärkt und ein differenziertes Verhältnis zwischen der Qualität der Dienste und deren Kosten erleichtert.

    - In diesem Zusammenhang und um sicherzustellen, daß das Abwägen zwischen sicherheitsbezogenen und wirtschaftlichen Zielen auf der richtigen politischen Ebene erfolgt, wird übereinstimmend die Auffassung vertreten, daß hierfür - zumindest auf der nationalen Ebene - die Regulierung auf dem Gebiet der Sicherheit unbedingt von der wirtschaftsbezogenen Regulierung zu trennen ist und von dieser unabhängig sein muß.

    Maßnahme: Es ist auf nationaler und europäischer Ebene eine klare Trennung zwischen Regulierungsaufgaben und Aufgaben im Zusammenhang mit dem Betreiben von Diensten herbeizuführen.

    Es ist sicherzustellen, daß die Regulierung auf dem Gebiet der Sicherheit von der wirtschaftsbezogenen Regulierung unabhängig ist.

    5. Ein zweiter Schritt besteht sicherlich in einer Anpassung der Gebührenpraxis. Wenn die Nutzer legitimerweise für einen in Anspruch genommenen Dienst zahlen, sollte es auch möglich sein, die diesbezuegliche Zufriedenheit in einem bestimmtem Umfang dergestalt zu berücksichtigen, daß den Dienstebetreibern ein Anreiz dafür geboten wird, ihre Dienste zu verbessern.

    6. Parallel dazu sollten die Staaten Überlegungen darüber anstellen, in welcher Weise das Betreiben von Diensten dahingehend organisiert werden kann, daß der Zugang zu den Kapitalmärkten erleichtert und im Hinblick auf die Motivation und die leistungsgerechte Entlohnung der Mitarbeiter für eine ausreichende Flexibilität gesorgt wird. In diesem Zusammenhang ist anzuerkennen, daß nennenswerte Änderungen bereits im Gange sind. Mehrere europäische Länder haben ihre Betreiber von Flugverkehrsmanagementdiensten (ATM-Betreiber) in organisationsprivatisierte Unternehmen umgewandelt; ferner wurden die EUROCONTROL-Grundsätze für die Gebührenerhebung für Flugbegleitungsdienste dergestalt angepasst, daß seitens der Dienstebetreiber eine gewisse Risikomarge eingeführt wurde. Dies hat zur Folge, daß die in organisationsprivatisierte Unternehmen umgewandelte Dienstebetreiber nach neuen Wegen zur Leistungsverbesserung suchen und hierzu vor allem ihre Mitarbeiter aktiv an der Ausarbeitung und Bereitstellung von Lösungen für das Flugverkehrsmanagement beteiligen, die dem Nutzerbedarf gerecht werden.

    Maßnahme: Reform der Gebührenerhebungspraxis dahingehend, daß die Kundenzufriedenheit belohnt wird.

    7. Allerdings könnte durchaus noch mehr unternommen werden, da der Betrieb der Flugverkehrsdienste nach wie vor nicht im Einklang mit den Bestimmungen des EG-Vertrags bezueglich der Dienstleistungsfreiheit erfolgt. Für die Kommission besteht kein Zweifel daran, daß sich das Flugverkehrsmanagement überwiegend aus kommerziellen Diensten zusammensetzt, für die der EG-Vertrag gilt, wenn auch mit Maßgabe bestimmter aufsichtsrechtlicher Vorgaben, durch die zu gewährleisten ist, daß ihre Bereitstellung sicher, interoperabel und umweltgerecht ist und den nationalen Anforderungen auf dem Gebiet der Sicherheit und in anderen Politikbereichen entspricht.

    8. Daher muß jede Einrichtung, die die Voraussetzungen dafür erfuellt, einen dieser Dienste im Einklang mit den nötigen aufsichtsrechtlichen Vorgaben zu betreiben, das Recht haben, auf dem Markt bzw. um den Marktzugang zu konkurrieren, je nachdem, ob der betreffende Dienst unter Wettbewerbsbedingungen betrieben werden kann oder nicht.

    9. Bei näherer Betrachtung steht zweifelsfrei fest, daß Dienste in den Bereichen Kommunikation, Navigation, Überwachung, Flugberatung und Flugdatenverarbeitung wettbewerbsorientiert betrieben werden könnten. Mehrere Betreiber könnten auf dem Markt miteinander konkurrieren und dabei sogar unterschiedliche Technologien einsetzen, sofern diese interoperabel sind. Diese Aufgliederung ist möglicherweise nicht der beste Weg, bestimmte dieser Dienste oder alle Dienste zu betreiben, wofür der Nachweis allerdings erst noch erbracht werden müsste, da in diesem Bereich noch nie ernsthafte Studien durchgeführt wurden, nicht einmal in den Ländern, in denen eine Privatisierung der Flugverkehrsdienstebetreiber erwogen wird. In der gegenwärtigen Situation ist es daher durchaus möglich, daß die den Flugverkehrsdienstebetreibern gewährten ausschließlichen Rechte den Anforderungen von Artikel 86 EG-Vertrag nicht genügen.

    Maßnahme: Die Kommission prüft die Aufgliederung der Flugverkehrsdienste auf ihre technische und wirtschaftliche Machbarkeit.

    10. In bezug auf die Flugverkehrskontrolle dürfte ein allgemeiner Konsens darüber bestehen, daß es sich hierbei in Anbetracht des derzeitigen Standes der Technik um ein natürliches Monopol handelt, da nur ein Fluglotse für die Staffelung aller in einem bestimmten Teil des Luftraums befindlichen Luftfahrzeuge sorgen kann. In diesem Fall sollten geeignete und kompetente Anbieter - wiederum unter der Voraussetzung, daß bestimmte legitime Anforderungen der einzelnen Staaten beachtet werden - gleichermassen zum Betreiben dieses Dienstes berechtigt sein. Dies gilt auch unbeschadet der Notwendigkeit, für solche Monopole wirtschaftliche Regulierungsmaßnahmen vorzusehen, durch die der Mißbrauch ihrer marktbeherrschenden Stellung vermieden und sichergestellt wird, daß ein vereinbarter Umfang an Diensten zu einem erschwinglichen Preis bereitgestellt wird. Durch zeitlich begrenzte Konzessions-/Franchisesysteme könnte die Wahrung des Grundsatzes der Dienstleistungsfreiheit gewährleistet werden. Auch in diesem Bereich hat kein Staat eine derartige Möglichkeit ernsthaft in Erwägung gezogen.

    Maßnahme: Für Dienste mit Monopolcharakter müssen einer wirtschaftlichen Regulierung unterliegen, um sicherzustellen, daß sie einen vereinbarten quantitativen und qualitativen Standard zu einem erschwinglichen Preis bieten.

    11. Gegenwärtig findet der Gedanke, in diesem Bereich eine Liberalisierung herbeizuführen, wie sie in nahezu allen anderen Sektoren bereits verwirklicht wurde, grossen Anklang. Falls die Staaten nicht von sich aus in dieser Richtung tätig werden, könnte es sein, daß Nutzer und Dienstebetreiber die Kommission auffordern, mit rechtlichen Mitteln dafür zu sorgen, daß die Grundsätze des Vertrags ordnungsgemäß Anwendung finden, wie dies vor fünfzehn Jahren im Luftverkehrssektor der Fall war.

    Maßnahme: Die Kommission wird prüfen, ob die derzeitige Form des Betriebs von Flugverkehrsdiensten mit den Vorschriften des EG-Vertrags bezueglich Wettbewerb und Dienstleistungsfreiheit vereinbar ist, und gegebenenfalls rechtliche Maßnahmen ergreifen, um im Falle etwaiger Verstösse für Abhilfe zu sorgen.

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