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Document 62008CN0403

Rechtssache C-403/08: Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice (Chancery Division) (Vereinigtes Königreich), eingereicht am 17. September 2008 — The Football Association Premier League Ltd, Netmed Hellas SA, Multichoice Hellas SA/QC Leisure, David Richardson, AV Station plc, Malcolm Chamberlain, Michael Madden, SR Leisure Ltd, Phillip George Charles Houghton, Derek Owen

ABl. C 301 vom 22.11.2008, p. 19–22 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

22.11.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 301/19


Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice (Chancery Division) (Vereinigtes Königreich), eingereicht am 17. September 2008 — The Football Association Premier League Ltd, Netmed Hellas SA, Multichoice Hellas SA/QC Leisure, David Richardson, AV Station plc, Malcolm Chamberlain, Michael Madden, SR Leisure Ltd, Phillip George Charles Houghton, Derek Owen

(Rechtssache C-403/08)

(2008/C 301/34)

Verfahrenssprache: Englisch

Vorlegendes Gericht

High Court of Justice (Chancery Division)

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: The Football Association Premier League Ltd, Netmed Hellas SA, Multichoice Hellas SA

Beklagte: QC Leisure, David Richardson, AV Station plc, Malcolm Chamberlain, Michael Madden, SR Leisure Ltd, Phillip George Charles Houghton, Derek Owen

Vorlagefragen

A.   Zur Auslegung der Richtlinie 98/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. November 1998 über den rechtlichen Schutz von zugangskontrollierten Diensten und von Zugangskontrolldiensten (1)

1.   Illegale Vorrichtung

a)

Wird eine Zugangskontrollvorrichtung, wenn sie von einem Diensteanbieter oder mit dessen Zustimmung hergestellt und mit der Auflage einer beschränkten Erlaubnis dahin gehend verkauft wird, dass die Vorrichtung nur verwendet werden darf, um unter bestimmten Umständen Zugang zu dem geschützten Dienst zu erhalten, zu einer „illegalen Vorrichtung“ im Sinne von Art. 2 Buchst. e der Richtlinie 98/84/EG, wenn sie verwendet wird, um Zugang zu diesem geschützten Dienst an einem Ort, auf eine Weise oder durch eine Person zu erlangen, die nicht von der Erlaubnis des Diensteanbieters erfasst sind?

b)

Was bedeutet „dazu bestimmt oder entsprechend angepasst“ im Sinne von Art. 2 Buchst. e der Richtlinie?

2.   Anspruch

Wenn ein erster Diensteanbieter Programminhalte in verschlüsselter Form an einen zweiten Diensteanbieter überträgt, der diese Inhalte in zugangskontrollierter Form sendet:

Welche Faktoren sind zu berücksichtigen, um festzustellen, ob die Interessen des ersten Anbieters eines geschützten Dienstes im Sinne von Art. 5 der Richtlinie 98/84/EG verletzt worden sind?

Insbesondere:

Wenn ein erstes Unternehmen Programminhalte (die Bilder, Hintergrundgeräusche und englischen Kommentar umfassen) in verschlüsselter Form an ein zweites Unternehmen überträgt, das seinerseits die Programminhalte (denen es sein Firmenzeichen und bisweilen eine zusätzliche Wortkommentarspur hinzugefügt hat) an die Allgemeinheit sendet:

a)

Handelt es sich bei der Übertragung des ersten Unternehmens um den geschützten Dienst der „Fernsehsendung“ im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 98/84/EG und Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/552/EWG (2)?

b)

Muss das erste Unternehmen ein Fernsehveranstalter im Sinne von Art. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/552/EWG sein, damit davon ausgegangen werden kann, dass es den geschützten Dienst der „Fernsehsendung“ im Sinne von Art. 2 Buchst. a erster Gedankenstrich der Richtlinie 98/84/EG erbringt?

c)

Ist Art. 5 der Richtlinie 98/84/EG so auszulegen, dass er dem ersten Unternehmen einen zivilrechtlichen Anspruch in Bezug auf illegale Vorrichtungen einräumt, die Zugang zu dem Programm, wie es von dem zweiten Unternehmen gesendet wird, ermöglichen, entweder

i)

weil bei derartigen Vorrichtungen davon auszugehen ist, dass sie über das Sendesignal einen Zugang zu dem eigenen Dienst des ersten Unternehmens ermöglichen, oder

ii)

weil das erste Unternehmen der Anbieter eines geschützten Dienstes ist, dessen Interessen durch eine Zuwiderhandlung verletzt worden sind (weil derartige Vorrichtungen einen unerlaubten Zugang zu dem geschützten Dienst ermöglichen, den das zweite Unternehmen anbietet)?

d)

Spielt es für die Antwort auf Buchst. c eine Rolle, ob der erste und der zweite Diensteanbieter unterschiedliche Entschlüsselungssysteme und Zugangskontrollvorrichtungen verwenden?

3.   Gewerbliche Zwecke

Bezieht sich „Besitz zu gewerblichen Zwecken“ in Art. 4 Buchst. 1 der Richtlinie nur auf den Besitz zum Zwecke des gewerblichen Handelns mit illegalen Vorrichtungen (beispielsweise deren Verkauf),

oder erstreckt sich diese Wendung auf den Besitz einer Vorrichtung durch einen Endnutzer im Rahmen einer geschäftlichen Tätigkeit gleich welcher Art?

B.   Zur Auslegung der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (3)

4.   Vervielfältigungsrecht

Wenn Sequenzteile eines Films, eines musikalischen Werks oder von Tonaufnahmen (in diesem Fall: Ausschnitte digitaler Video- und Audioaufnahmen) (i) im Speicher eines Decoders oder (ii) — im Fall eines Films –auf dem Fernsehbildschirm erzeugt werden und das gesamte Werk vervielfältigt wird, falls die Sequenzteile in ihrer Gesamtheit betrachtet werden, jedoch nur eine begrenzte Zahl von Teilen zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhanden ist,

a)

ist dann die Frage, ob diese Werke in ihrer Gesamtheit oder zu einem Teil vervielfältigt worden sind, nach den Vorschriften des nationalen Urheberrechts hinsichtlich einer Verletzungshandlung durch Vervielfältigung eines urheberrechtlich geschützten Werks zu beurteilen oder ist dies eine Sache der Auslegung von Art. 2 der Richtlinie 2001/29/EG?

b)

Sofern dies eine Sache der Auslegung von Art. 2 der Richtlinie 2001/29/EG ist: Sollte das nationale Gericht sämtliche Teile jedes Werks in ihrer Gesamtheit oder lediglich die begrenzte Zahl von Teilen in Betracht ziehen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhanden sind? Im Fall des Letzteren, welchen Prüfungsmaßstab sollte das nationale Gericht dann für die Frage anwenden, ob die Werke im Sinne dieses Artikels teilweise vervielfältigt worden sind?

c)

Erstreckt sich das Recht zur Vervielfältigung nach Art. 2 auf das Erzeugen flüchtiger Bilder auf einem Fernsehbildschirm?

5.   Eigenständige wirtschaftliche Bedeutung

a)

Sind flüchtige Vervielfältigungen eines Werks, die in einer Satellitenfernsehen-Decoderbox oder am auf einem mit der Decoderbox verbundenen Fernsehbildschirm erzeugt werden und deren einziger Zweck darin besteht, eine nicht anderweitig gesetzlich beschränkte Nutzung des Werks zu ermöglichen, als von „eigenständiger wirtschaftlicher Bedeutung“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG anzusehen, weil derartige Vervielfältigungen die einzige Grundlage sind, auf der die Rechteinhaber eine Vergütung für die Nutzung ihrer Rechte erzielen können?

b)

Spielt es für die Antwort auf Frage 5 a) eine Rolle, (i) ob die flüchtigen Vervielfältigungen einen ihnen innewohnenden Wert haben, (ii) ob sie einen kleinen Teil einer Sammlung von Werken und/oder anderen Schutzgegenständen bilden, die sonst ohne Urheberrechtsverletzung genutzt werden können, oder (iii) ob der ausschließliche Lizenznehmer des Rechteinhabers in einem anderen Mitgliedstaat für die Nutzung des Werks in diesem Mitgliedstaat bereits eine Vergütung erhalten hat?

6.   Drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe

a)

Wird ein urheberrechtlich geschütztes Werk im Sinne von Art. 3 der Richtlinie 2001/29/EG drahtgebunden oder drahtlos öffentlich wiedergegeben, wenn eine Satellitenübertragung in gewerblich genutzten Räumen (beispielsweise einer Bar) empfangen und wiedergegeben oder dort über einen einzelnen Fernsehbildschirm und Lautsprecher der sich in diesen Räumen aufhaltenden Öffentlichkeit gezeigt wird?

b)

Spielt es für die Antwort auf Frage 6 a) eine Rolle, ob

i)

die anwesende Öffentlichkeit eine neues Publikum darstellt, das das Sendeunternehmen nicht in Betracht gezogen hat (in diesem Fall deshalb, weil eine inländische Decoderkarte für den Einsatz in einem Mitgliedstaat für eine gewerbliche Vorführung vor Zuschauern in einem anderen Mitgliedstaat genutzt wird),

ii)

die Öffentlichkeit nach nationalem Recht kein zahlendes Publikum ist,

iii)

das Fernsehsendesignal über eine terrestrische Antenne oder eine Satellitenschüssel auf dem Dach oder in der Nähe der Räume empfangen wird, in denen sich das Fernsehgerät befindet?

c)

Falls einer der Teile unter b) zu bejahen ist: Welche Faktoren sollten berücksichtigt werden, um festzustellen, ob eine Übertragung des Werks erfolgt, die von einem Ort ausgeht, an dem das Publikum sich nicht aufhält?

C.   Zur Auslegung von Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung (4) sowie der Art. 28 EG, 30 EG und 49 EG

7.   Verteidigungsvorbringen auf der Grundlage der Richtlinie 93/83

Ist es mit der Richtlinie 93/82 EWG oder mit den Art. 28 EG, 30 EG oder 49 EG vereinbar, wenn nationales Urheberrecht vorsieht, dass dann, wenn flüchtige Vervielfältigungen von in einer Satellitenübertragung enthaltenen Werken in einer Satelliten-Decoderbox oder auf dem Fernsehbildschirm erzeugt werden, ein Urheberrechtsverstoß nach dem Recht des Landes vorliegt, in dem die Sendung empfangen wird? Fällt die Antwort anders aus, wenn die Sendung mit Hilfe einer Satellitendecoderkarte entschlüsselt wird, die von dem Anbieter eines Satellitenrundfunkdienstes in einem anderen Mitgliedstaat unter der Bedingung ausgegeben worden ist, dass die Satellitendecoderkarte nur in diesem anderen Mitgliedstaat verwendet werden darf?

D.   Zur Auslegung der Bestimmungen des Vertrags über den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr nach den Art. 28 EG, 30 EG und 49 EG im Kontext der [Zugangskontrollrichtlinie]

8.   Verteidigungsvorbringen auf der Grundlage von Art. 28 EG und/oder Art. 49 EG

a)

Wird Frage 1 dahin beantwortet, dass eine von einem Diensteanbieter oder mit dessen Zustimmung hergestellte Zugangskontrollvorrichtung zu einer „illegalen Vorrichtung“ im Sinne von Art. 2 Buchst. e der Richtlinie 98/84/EG wird, wenn sie in einer Weise verwendet wird, die nicht von der Erlaubnis des Diensteanbieters, Zugang zu einem geschützten Dienst zu ermöglichen, gedeckt ist, was ist dann der spezifische Gehalt des Rechts im Hinblick auf seine ihm von der Richtlinie eingeräumte wesentliche Funktion?

b)

Stehen die Art. 28 EG oder 49 EG der Durchsetzung einer Vorschrift des nationalen Rechts in einem ersten Mitgliedstaat entgegen, die es verbietet, Satellitendecoderkarten einzuführen oder zu verkaufen, die von einem Anbieter eines Satellitenrundfunkdienstes in einem anderen Mitgliedstaat unter der Bedingung ausgegeben worden ist, dass die Satellitendecoderkarte nur in diesem anderen Mitgliedstaat verwendet werden darf?

c)

Fällt die Antwort anders aus, wenn die Satellitendecoderkarte nur privat und im Inland in diesem anderen Mitgliedstaat verwendet werden darf, aber in dem erstgenannten Mitgliedstaat gewerblich genutzt wird?

9.   Zu der Frage, ob der der Hymne gewährte Schutz weiter reichen kann als der für den übrigen Teil der Sendung

Stehen die Art. 28 EG, 30 EG oder 49 EG der Durchsetzung einer Vorschrift des nationalen Urheberrechts entgegen, die es verbietet, in der Öffentlichkeit ein Musikstück aufzuführen oder zu spielen, wenn dieses Werk in einem geschützten Dienst enthalten ist, zu dem der Zugang ermöglicht wird und das öffentlich abgespielt wird, indem eine Satellitendecoderkarte benutzt wird, wenn diese Karte von dem Diensteanbieter in einem anderen Mitgliedstaat unter der Bedingung ausgegeben worden ist, dass sie nur in diesem anderen Mitgliedstaat verwendet werden darf? Fällt die Antwort anders aus, wenn das musikalische Werk ein unbedeutender Bestandteil des geschützten Dienstes in seiner Gesamtheit ist und das öffentliche Zeigen oder Abspielen der anderen Bestandteile des Dienstes nach nationalem Urheberrecht nicht verboten ist?

E.   Zur Auslegung der wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen des Vertrags in Art. 81 EG

10.   Verteidigungsvorbringen nach Art. 81 EG

Wenn ein Anbieter von Programminhalten eine Reihe von exklusiven Lizenzen jeweils für das Gebiet eines oder mehrerer Mitgliedstaaten erteilt, denen zufolge das Fernsehunternehmen die Programminhalte nur in diesem Gebiet (einschließlich über Satellit) senden darf, und jede Lizenz eine vertragliche Verpflichtung enthält, wonach das Fernsehunternehmen zu verhindern hat, dass seine Satellitendecoderkarten, die den Empfang des lizenzierten Programminhalts ermöglichen, außerhalb des Lizenzgebiets verwendet werden, welchen Prüfungsmaßstab sollte das nationale Gericht anlegen und welche Umstände sollte es berücksichtigen, wenn es darüber zu befinden hat, ob die vertragliche Beschränkung gegen das von Art. 81 Abs. 1 aufgestellte Verbot verstößt?

Insbesondere:

a)

Ist Art. 81 Abs. 1 so auszulegen, dass er für diese Verpflichtung nur insofern gilt, als für sie davon ausgegangen wird, dass sie eine Verhinderung, eine Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken?

b)

Wenn dies der Fall ist: Muss auch nachgewiesen werden, dass die vertragliche Verpflichtung in spürbarer Weise den Wettbewerb verhindert, eingeschränkt oder verfälscht, damit sie unter das von Art. 81 Abs. 1 aufgestellte Verbot fällt?


(1)  ABl. L 320, S. 54.

(2)  Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit (ABl. L 298, S. 23).

(3)  ABl. L 167, S. 10.

(4)  ABl. L 248, S. 15.


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