EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 11.7.2023
COM(2023) 430 final
2023/0283(NLE)
Vorschlag für einen
BESCHLUSS DES RATES
über den im Namen der Europäischen Union in der Kommission für die Fischerei im Nordostatlantik zu vertretenden Standpunkt und zur Aufhebung des Beschlusses (EU) 2019/865
BEGRÜNDUNG
1.Gegenstand des Vorschlags
Dieser Vorschlag betrifft einen Beschluss zur Festlegung des Standpunkts, der im Namen der EU in den Sitzungen der Kommission für die Fischerei im Nordostatlantik (NEAFC) im Zeitraum 2024-2028 im Zusammenhang mit der geplanten Annahme von Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen zu vertreten ist.
2.Kontext des Vorschlags
2.1.Übereinkommen über die künftige multilaterale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Fischerei im Nordostatlantik
Das Übereinkommen über die künftige multilaterale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Fischerei im Nordostatlantik (NEAFC-Übereinkommen) bezweckt durch die Einrichtung der NEAFC die langfristige Erhaltung und die optimale Nutzung der Fischereiressourcen im Übereinkommensbereich (im Folgenden der „Regelungsbereich“) zu gewährleisten. Das Übereinkommen trat am 17. März 1982 in Kraft und wurde 2004 und 2006 geändert. Die Änderung von 2006 trat offiziell am 29. Oktober 2013 in Kraft. Die Änderung von 2004 ist noch nicht in Kraft getreten.
Die EU ist Vertragspartei des NEAFC-Übereinkommens, nachdem sie es gemäß dem Beschluss 81/608/EWG des Rates genehmigt hat. Die Änderungen von 2004 und 2006 wurden mit dem Beschluss 2009/550/EG des Rates genehmigt.
2.2.Kommission für die Fischerei im Nordostatlantik
Die NEAFC ist das gemäß dem NEAFAC-Übereinkommen eingesetzte Gremium, das für die Bewirtschaftung und Erhaltung der Fischereiressourcen im Regelungsbereich zuständig ist. Sie verabschiedet Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen, um eine optimale Nutzung der Fischereiressourcen in ihrem Zuständigkeitsbereich zu erreichen.
Als Mitglied der NEAFC ist die EU berechtigt, an ihren Beschlüssen teilzuhaben und darüber abzustimmen. Die NEAFC fasst ihre Beschlüsse über Erhaltungs- und Kontrollmaßnahmen mit einer Zweidrittelmehrheit der Stimmen aller anwesenden Vertragsparteien, die Ja- oder Nein-Stimmen abgegeben haben.
2.3.NEAFC-Beschlüsse
Die NEAFC ist befugt, für die Fischereien in ihrem Zuständigkeitsbereich Erhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen zu erlassen, die für die Vertragsparteien bindend sind.
Gemäß Artikel 12 Absätze 1 und 2 des NEAFC-Übereinkommens treten die Maßnahmen 80 Tage nach dem Tag in Kraft, an dem die Vertragsparteien von der NEAFC über diese Maßnahmen unterrichtet werden. Für Vertragsparteien, die innerhalb von 50 Tagen nach der Mitteilung Einwände gegen eine Maßnahme erheben, ist diese Maßnahme nicht bindend. Wenn mehr als ein Drittel der Vertragsparteien Einspruch erhebt, sind die übrigen Vertragsparteien nicht verpflichtet, die umstrittene Maßnahme umzusetzen.
3.Im Namen der Europäischen Union zu vertretender Standpunkt
Der im Namen der EU auf den Jahrestagungen regionaler Fischereiorganisationen (RFO) zu vertretende Standpunkt wird derzeit nach einem zweistufigen Ansatz festgelegt. Ein Beschluss des Rates legt die Grundsätze des Standpunkts der EU auf Mehrjahresbasis fest. Anschließend wird der Standpunkt für jede Jahrestagung durch Non-Papers der Kommissionsdienststellen angepasst, die vom Rat gebilligt werden.
Für die NEAFC wird dieser Ansatz durch den Beschluss (EU) 2019/865 des Rates vom 14. Mai 2019 umgesetzt, in dem der Standpunkt der EU in der NEAFC für den Zeitraum 2019-2023 dargelegt wird. Der Beschluss enthält allgemeine Grundsätze, berücksichtigt jedoch so weit wie möglich auch die Besonderheiten der NEAFC. Außerdem wird das Standardverfahren für die Festlegung des Standpunkts der EU Jahr nach Jahr beschrieben, wie es die Mitgliedstaaten gefordert haben.
Der Beschluss (EU) 2019/865 übernimmt die Grundsätze der neuen Gemeinsamen Fischereipolitik gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates und berücksichtigt auch die in der Mitteilung der Kommission über die externe Dimension der Gemeinsamen Fischereipolitik festgelegten Ziele. Darüber hinaus passte er den Standpunkt der EU an den Vertrag von Lissabon an.
Der Beschluss (EU) 2019/865 des Rates sieht eine Bewertung und gegebenenfalls Überarbeitung des Standpunkts der EU vor der Jahrestagung im Jahr 2024 vor. Dieser Vorschlagt enthält daher den von der Union in der NEAFC im Zeitraum 2024‑2028 zu vertretenden Standpunkt und ersetzt damit den Beschluss (EU) 2019/865 des Rates.
Der vorliegende Vorschlag berücksichtigt in Bezug auf die Fischerei den europäischen Grünen Deal, insbesondere die Biodiversitätsstrategie, die Strategie zur Anpassung an den Klimawandel und die Strategie „Vom Hof auf den Tisch“. Er trägt auch der Strategie für Kunststoffe und dem Null-Schadstoff-Aktionsplan Rechnung. Darüber hinaus wird auch die Gemeinsame Mitteilung zur internationalen Meerespolitik berücksichtigt.
4.Rechtsgrundlage
4.1.Verfahrensrechtliche Grundlage
Grundsätze
Nach Artikel 218 Absatz 9 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) werden die „Standpunkte, die im Namen der Union in einem durch eine Übereinkunft eingesetzten Gremium zu vertreten sind, sofern dieses Gremium rechtswirksame Akte, mit Ausnahme von Rechtsakten zur Ergänzung oder Änderung des institutionellen Rahmens der betreffenden Übereinkunft, zu erlassen hat“, mit Beschlüssen festgelegt.
„Rechtswirksame Akte“ umfassen Akte, die aufgrund der Regeln des Völkerrechts, die für das betreffende Gremium maßgeblich sind, Rechtswirkung entfalten, und Instrumente, die völkerrechtlich nicht verbindlich sind, aber geeignet sind, „den Inhalt der vom Unionsgesetzgeber... erlassenen Regelung maßgeblich zu beeinflussen“.
Anwendung auf diesen Fall
Die NEAFC ist ein im Rahmen des NEAFC-Übereinkommens eingerichtetes Gremium.
Die Akte, die die NEAFC zu erlassen hat, sind rechtswirksame Akte. Diese müssen gemäß Artikel 12 des NEAFC-Übereinkommens völkerrechtlich bindend sein und sind geeignet, den Inhalt des EU-Rechts maßgeblich zu beeinflussen, unter anderem der
·Verordnung (EG) Nr. 1005/2008 des Rates über ein Gemeinschaftssystem zur Verhinderung, Bekämpfung und Unterbindung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischerei,
·der Verordnung (EG) Nr. 1224/2009 des Rates zur Einführung einer gemeinschaftlichen Kontrollregelung zur Sicherstellung der Einhaltung der Vorschriften der gemeinsamen Fischereipolitik und
·der Verordnung (EU) 2017/2403 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 über die nachhaltige Bewirtschaftung von Außenflotten.
Der institutionelle Rahmen des NEAFC-Übereinkommens wird durch die vorgesehenen Beschlüsse weder ergänzt noch geändert.
Somit ist Artikel 218 Absatz 9 AEUV die verfahrensrechtliche Grundlage für den vorgeschlagenen Beschluss.
4.2.Materielle Rechtsgrundlage
Grundsätze
Die materielle Rechtsgrundlage für einen Beschluss nach Artikel 218 Absatz 9 AEUV hängt in erster Linie vom Ziel und Inhalt des vorgesehenen Rechtsakts ab, zu dem ein im Namen der EU zu vertretender Standpunkt festgelegt wird. Liegt dem Beschluss ein doppelter Zweck oder Gegenstand zugrunde und ist einer davon der wesentliche und der andere von untergeordneter Bedeutung, muss er nach Artikel 218 Absatz 9 AEUV auf eine einzige materielle Rechtsgrundlage gestützt werden, nämlich auf diejenige, die der wesentliche oder vorrangige Zweck oder Gegenstand verlangt.
Anwendung auf diesen Fall
Hauptzweck und Inhalt des vorgesehenen Rechtsakts betreffen die Fischerei. Die Rechtsgrundlage mit den Grundsätzen, die sich in diesem Standpunkt widerspiegeln müssen, ist die Verordnung (EU) Nr. 1380/2013.
Somit ist Artikel 43 Absatz 2 AEUV die materielle Rechtsgrundlage für den vorgeschlagenen Beschluss. Der Beschluss wird den Beschluss (EU) 2019/865 des Rates ersetzen, der für den Zeitraum 2019-2023 gilt.
4.3.Fazit
Die Rechtsgrundlage für den vorgeschlagenen Beschluss sollte Artikel 43 Absatz 2 AEUV in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 9 AEUV sein.
2023/0283 (NLE)
Vorschlag für einen
BESCHLUSS DES RATES
über den im Namen der Europäischen Union in der Kommission für die Fischerei im Nordostatlantik zu vertretenden Standpunkt und zur Aufhebung des Beschlusses (EU) 2019/865
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 43 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 218 Absatz 9,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Mit dem Beschluss 81/608/EWG des Rates schloss die Union das Übereinkommen über die künftige multilaterale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Fischerei im Nordostatlantik (NEAFC-Übereinkommen), mit dem die Kommission für die Fischerei im Nordostatlantik (NEAFC) eingerichtet wurde. Die Änderungen des NEAFC-Übereinkommens von 2004 und 2006 wurden mit dem Beschluss 2009/550/EG des Rates vom 5. März 2009 genehmigt. Die Änderungen traten am 29. Oktober 2013 förmlich in Kraft, jedoch wurde im Einklang mit der Londoner Erklärung vom 18. November 2005 vereinbart, dass die Änderungen ab ihrer Annahme bis zu ihrem Inkrafttreten vorläufig anzuwenden waren.
(2)Die NEAFC erlässt Maßnahmen, die die langfristige Erhaltung und optimale Nutzung der Fischereiressourcen im NEAFC-Übereinkommensbereich (im Folgenden „Regelungsbereich“) sicherstellen. Diese Maßnahmen können für die Union verbindlich werden.
(3)Gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates muss die Union sicherstellen, dass Fischerei- und Aquakulturtätigkeiten langfristig umweltverträglich sind und auf eine Art und Weise durchgeführt werden, die mit den Zielen der Erreichung eines wirtschaftlichen, sozialen und beschäftigungspolitischen Nutzens und eines Beitrags zum Nahrungsmittelangebot vereinbar ist. Die Verordnung schreibt ferner vor, dass die Union bei der Bestandsbewirtschaftung den Vorsorgeansatz anwenden und bei der Nutzung der biologischen Meeresressourcen darauf abzielen muss, die Populationen fischereilich genutzter Arten in einem Umfang wiederherzustellen und zu erhalten, der oberhalb des Niveaus liegt, das den höchstmöglichen Dauerertrag ermöglicht. Ferner ist vorgesehen, dass die Union auf der Grundlage der besten verfügbaren wissenschaftlichen Gutachten Bewirtschaftungs- und Erhaltungsmaßnahmen ergreift, um die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Kenntnisse und Gutachten zu unterstützen, die Rückwürfe schrittweise einzustellen und Fangmethoden zu fördern, die zu einem selektiveren Fischfang, zur Vermeidung und größtmöglichen Reduzierung unerwünschter Beifänge sowie zu einem schonenden Fischfang mit geringen Folgen für das Meeresökosystem und die Fischereiressourcen beitragen. Außerdem sieht die Verordnung (EU) Nr. 1380/2013 ausdrücklich vor, dass die Union diese Ziele und Grundsätze im Rahmen ihrer externen Fischereibeziehungen anwendet.
(4)Im Einklang mit der Biodiversitätsstrategie, der Strategie zur Anpassung an den Klimawandel und der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ ist es von entscheidender Bedeutung, die Natur zu schützen und die Verschlechterung der Ökosysteme umzukehren. Die Risiken, die sich aus dem Klimawandel und dem Verlust der biologischen Vielfalt ergeben, dürfen die Verfügbarkeit der Waren und Dienstleistungen, die gesunde Meeresökosysteme für Fischer, Küstengemeinschaften und die Menschheit insgesamt bereitstellen, nicht gefährden.
(5)Die Kunststoffstrategie bezieht sich auf spezifische Maßnahmen zur Verringerung der Kunststoffabfälle und der Meeresverschmutzung sowie des Verlusts oder der Aufgabe von Fanggeräten auf See. Darüber hinaus zielt der Null-Schadstoff-Aktionsplan darauf ab, Kunststoffabfälle im Meer um 50 % und die Freisetzung von Mikroplastik in die Umwelt um 30 % zu verringern.
(6)Gemäß der Gemeinsamen Mitteilung zur internationalen Meerespolitik gehören der Schutz und die Erhaltung der biologischen Vielfalt der Meere zu den wichtigsten Prioritäten des auswärtigen Handelns der EU. Die EU ist weltweit die wichtigste Akteurin in regionalen Fischereiorganisationen (RFO) und Fischereigremien. In deren Rahmen fördert sie die Nachhaltigkeit der Fischbestände, setzt sich für eine transparente Entscheidungsfindung auf der Grundlage fundierter wissenschaftlicher Gutachten ein, verbessert die Forschung und stärkt die Einhaltung der Vorschriften.
(7)Es ist zweckmäßig, den im Namen der Union in den Sitzungen der NEAFC für den Zeitraum 2024-2028 zu vertretenden Standpunkt festzulegen, da die Bestandserhaltungs- und Durchsetzungsmaßnahmen der NEAFC für die Union bindend sein werden und den Inhalt des Unionsrechts, insbesondere der Verordnung (EU) 2017/2403 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnungen (EG) Nr. 1005/2008 und (EG) Nr. 1224/2009 des Rates maßgeblich beeinflussen können.
(8)Derzeit ist der Standpunkt, der im Namen der Union in den Sitzungen der NEAFC zu vertreten ist, mit dem Beschluss (EU) 2019/865 des Rates festgelegt. Es ist angezeigt, diesen Beschluss aufzuheben und einen neuen Beschluss, für den Zeitraum 2024-2028 anzunehmen.
(9)Da die Fischbestände im Regelungsbereich (internationale Gewässer unter der Zuständigkeit der NEAFC) in der Entwicklung begriffen sind und die Union daher bei ihrem Standpunkt den neuen Entwicklungen einschließlich neuer wissenschaftlicher und sonstiger sachdienlicher Informationen, die vor oder in den Sitzungen der NEAFC vorgelegt werden, Rechnung tragen muss, sollten Verfahren für die jährliche Festlegung des Standpunkts der Union für den Zeitraum 2024-2028 festgelegt werden. Diese Standpunkte sollten mit dem in Artikel 13 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen den Organen der Union im Einklang stehen —
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Der im Namen der Union in den Sitzungen der Kommission für die Fischerei im Nordostatlantik (NEAFC) zu vertretende Standpunkt ist in Anhang I dieses Beschlusses festgelegt.
Artikel 2
Die jährliche Festlegung des Standpunkts der Union in den Sitzungen der NEAFC erfolgt gemäß Anhang II.
Artikel 3
Der in Anhang I dargelegte Standpunkt der Union wird spätestens für die Jahrestagung der NEAFC im Jahr 2029 auf Vorschlag der Kommission vom Rat überprüft und erforderlichenfalls geändert.
Artikel 4
Der Beschluss (EU) 2019/865 wird aufgehoben.
Artikel 5
Dieser Beschluss ist an die Kommission gerichtet.
Geschehen zu Brüssel am […]
Im Namen des Rates
Der Präsident /// Die Präsidentin