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Document 52011DC0885
COMMUNICATION FROM THE COMMISSION TO THE EUROPEAN PARLIAMENT, THE COUNCIL, THE EUROPEAN ECONOMIC AND SOCIAL COMMITTEE AND THE COMMITTEE OF THE REGIONS Energy Roadmap 2050
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Energiefahrplan 2050
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Energiefahrplan 2050
/* KOM/2011/0885 endgültig */
MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT, DEN RAT, DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DEN AUSSCHUSS DER REGIONEN Energiefahrplan 2050 /* KOM/2011/0885 endgültig */
1.
Einleitung
Das Wohlergehen der Menschen, die
Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und das Funktionieren der Gesellschaft
insgesamt hängen von sicherer, nachhaltiger und erschwinglicher Energie ab. Die Energieinfrastruktur für die Versorgung der
privaten Haushalte, der Industrie und des Dienstleistungssektors im
Jahr 2050 sowie die von den Menschen dann genutzten Gebäude werden jetzt
entworfen und gebaut. Die Struktur für die
Energieerzeugung und ‑nutzung im Jahr 2050 wird bereits jetzt
festgelegt. Die EU hat sich
verpflichtet, bis 2050 ihre Treibhausgasemissionen im Rahmen der
notwendigen Reduktionen der Industrieländer als Gruppe um 80-95 % unter
den Stand von 1990 zu senken[1].
In ihrem „Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO2-armen
Wirtschaft bis 2050“[2] hat die Kommission die
daraus resultierenden Folgen analysiert. In
dem „Fahrplan zu einem einheitlichen europäischen Verkehrsraum“[3]
lag der Schwerpunkt auf Lösungen für den Verkehrssektor und auf der Schaffung
eines einheitlichen europäischen Verkehrsraums. In dem vorliegenden Energiefahrplan 2050
untersucht die Kommission die mit dem EU-Dekarbonisierungsziel verbundenen
Herausforderungen, wobei dieses Ziel unter Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit
und der Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden soll. Mit diesem Fahrplan wird einer Aufforderung des
Europäischen Rates nachgekommen[4]. Die EU-Politikansätze und ‑Maßnahmen zur
Erreichung der Energie-2020-Ziele[5] und der
Energiestrategie bis 2020 sind ehrgeizig[6] . Sie werden auch nach 2020 zur Erreichung dieser
Ziele und zur Senkung der Emissionen um ca. 40 % bis 2050 beitragen. Allerdings werden sie nicht ausreichen, um das für
2050 angestrebte EU-Dekarbonisierungsziel zu erreichen, da dieses Ziel im
Jahr 2050 weniger als zur Hälfte erreicht sein wird. Dies zeigt das Ausmaß der Anstrengungen und
Veränderungen sowohl struktureller als auch gesellschaftlicher Art, die für die
Realisierung der notwendigen Emissionssenkungen unter Beibehaltung eines
wettbewerbsfähigen und sicheren Energiesektors erforderlich sind. Zurzeit ist nicht wirklich klar, welche
Richtung nach der Agenda 2020 eingeschlagen werden soll. Dadurch entsteht Unsicherheit bei Investoren,
Regierungen und Bürgern. Szenarios im
„Fahrplan für den Übergang zu einer wettbewerbsfähigen CO2-armen
Wirtschaft bis 2050“ deuten darauf hin, dass Investitionen, die auf später
verschoben werden, im Zeitraum 2011‑2050 mehr kosten und längerfristig zu
größeren Störungen führen. Für den Zeitraum
nach 2020 müssen dringend Strategien entwickelt werden. Energieinvestitionen brauchen Zeit, bis sie
Ergebnisse hervorbringen. In diesem Jahrzehnt
findet ein neuer Investitionszyklus statt, da die vor 30-40 Jahren gebaute
Infrastruktur ersetzt werden muss. Wird jetzt
gehandelt, können kostspielige Änderungen in späteren Jahrzehnten vermieden und
„Lock-in“-Effekte verringert werden. Die
Internationale Energieagentur (IEA) hat in diesem Zusammenhang auf die
entscheidende Rolle der Regierungen und auf den dringenden Handlungsbedarf
hingewiesen[7]; mit den Szenarios des
Energiefahrplans 2050 werden verschiedene mögliche Wege, die Europa
offenstehen, eingehender analysiert. Langfristige Zukunftsprognosen sind nicht
möglich. In den Szenarios dieses
Energiefahrplans 2050 werden Wege zur Dekarbonisierung des
Energiesystems untersucht. Alle setzen größere
Veränderungen etwa bei den CO2-Preisen, Technologien und Netzen
voraus. Es wurden mehrere Szenarios untersucht[8],
bei denen eine Verringerung der Treibhausgasemissionen um 80 % erreicht
werden soll, was eine Senkung der energiebezogenen CO2-Emissionen um
85 % (Verkehrssektor eingeschlossen) bedeutet. Darüber
hinaus hat die Kommission die Szenarios und Standpunkte von Mitgliedstaaten und
beteiligten Akteure analysiert[9].
Aufgrund des langen Zeithorizonts sind diese Ergebnisse natürlich mit
Unwägbarkeiten behaftet, nicht zuletzt deshalb, weil sie auf Annahmen beruhen,
die ihrerseits nicht sicher sind[10].
Es kann unmöglich vorhergesagt werden, ob das Ölfördermaximum erreicht
wird, da wiederholt neue Vorkommen entdeckt wurden, in welchem Umfang
Schiefergas in Europa wirtschaftlich sein wird, ob und wann die CCS-Technologie
(Carbon Capture and Storage, d. h. die CO2-Abscheidung und ‑Speicherung)
kommerziell ausgereift ist, welche Rolle die Kernenergie in den Mitgliedstaaten
spielen und wie sich der weltweite Klimaschutz entwickeln wird. Gesellschaftliche, technologische und
verhaltensbezogene Änderungen werden ebenfalls erhebliche Auswirkungen auf das
Energiesystem haben[11]. Die Analyse der Szenarios dient der
Veranschaulichung; in ihr werden die Folgen, Herausforderungen und Chancen
möglicher Wege zur Modernisierung des Energiesystems untersucht. Bei den Szenarios handelt es sich nicht um
Entweder-Oder-Optionen; ihr Fokus liegt vielmehr auf den sich abzeichnenden
Gemeinsamkeiten, und sie unterstützen längerfristige Investitionsansätze. Unsicherheit ist ein Haupthindernis für
Investitionen. Aus
der Analyse der Prognosen der Kommission, der Mitgliedstaaten und der
beteiligten Akteure gehen einige eindeutige Trends, Herausforderungen, Chancen
und strukturelle Änderungen in Bezug auf die politischen Maßnahmen hervor, die
notwendig sind, um geeignete Rahmenbedingungen für Investoren zu schaffen. Auf der Grundlage dieser Analyse werden in diesem
Energiefahrplan zentrale Schlussfolgerungen zu „No-regrets“-Optionen für das
europäische Energiesystem herausgestellt. Daher
ist es auch wichtig, zu einer europäischen Herangehensweise zu gelangen, bei
der alle Mitgliedstaaten von einem gemeinsamen Verständnis der wichtigsten
Merkmale eines Übergangs zu einem Energiesystem mit niedrigen CO2-Emissionen
ausgehen und die die notwendige Gewissheit und Stabilität schafft. Dieser Fahrplan ist kein Ersatz für nationale,
regionale und lokale Anstrengungen zur Modernisierung der Energieversorgung;
mit ihm wird vielmehr das Ziel verfolgt, einen langfristigen,
technologieneutralen europäischen Rahmen zu entwickeln,
innerhalb dessen diese Politikansätze eine größere Wirkung entfalten. In ihm wird von der These ausgegangen, dass eine
europäische Herangehensweise an die Herausforderung im Energiebereich die
Sicherheit und Solidarität verbessern und die Kosten gegenüber parallelen
nationalen Systemen durch die Schaffung eines umfassenderen und flexibleren
Marktes für neue Produkte und Dienstleistungen senken wird. So wären einigen beteiligten Akteuren zufolge bei
einer stärker europäisch ausgerichteten Herangehensweise an die effiziente
Nutzung erneuerbarer Energien Kosteneinsparungen von bis zu einem Viertel
möglich.
2.
Ein sicheres, wettbewerbsfähiges und dekarbonisiertes Energiesystem
im Jahr 2050 ist möglich
Der Großteil der vom Menschen verursachten
Treibhausgasemissionen entfällt auf den Energiesektor.
Bei einer Senkung der Treibhausgasemissionen um mehr als 80 %
bis zum Jahr 2050 wird daher ein besonderer Druck auf die
Energiesysteme entstehen. Falls die wechselseitige Abhängigkeit der
weltweiten Energiemärkte zunimmt, was wahrscheinlich ist, wird die Lage der EU
im Energiebereich unmittelbar von der Situation ihrer Nachbarn und von globalen
Energietrends beeinflusst werden. Die Ergebnisse der Szenarios hängen
insbesondere von dem Abschluss eines weltweiten Klimaschutzabkommens ab, das
auch zu einer niedrigeren weltweiten Nachfrage nach fossilen Brennstoffen und
zu niedrigeren Preisen für diese Brennstoffe führen würde. Überblick über die Szenarios[12] Aktuelle Trendszenarios ·
Referenzszenario. Das
Referenzszenario umfasst aktuelle Trends und langfristige Prognosen zur
wirtschaftlichen Entwicklung (Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um
1,7 % pro Jahr). Es schließt ebenfalls politische Konzepte ein, die bis
März 2010 verabschiedet wurden, darunter die 2020-Ziele für den Anteil der
erneuerbaren Energien und die Senkung der Treibhausgasemissionen sowie die
Richtlinie über das Emissionshandelssystem (ETS). Für die Analyse wurden
mehrere Sensitivitäten mit niedrigeren und höheren BIP-Wachstumsraten und
niedrigeren und höheren Energieimportpreisen untersucht. ·
Aktuelle politische Initiativen (API). Bei diesem Szenario werden
Maßnahmen, die z. B. nach den Ereignissen von Fukushima nach den
Naturkatastrophen in Japan verabschiedet wurden, sowie Maßnahmen, die im Rahmen
der Strategie Energie 2020 vorgeschlagen werden, aktualisiert; das
Szenario umfasst auch Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem
„Energieeffizienzplan“ und der neuen „Energiebesteuerungsrichtlinie“
vorgeschlagen wurden. Dekarbonisierungsszenarios (siehe
Abbildung 1) ·
Hohe Energieeffizienz. Politische Verpflichtung, sehr hohe
Energieeinsparungen zu erreichen; dazu gehören z. B. strengere
Mindestanforderungen an Geräte und neue Gebäude, hohe Sanierungsraten bei
bestehenden Gebäuden und die Festlegung von Energieeinsparverpflichtungen für
Energieversorgungsunternehmen. Dies führt zu einer Senkung der Energienachfrage
um 41 % bis 2050 gegenüber den Spitzen im Zeitraum 2005-2006. ·
Diversifizierte Versorgungstechnologien. Es wird keine Technologie bevorzugt. Alle Energiequellen können auf
einer Marktbasis ohne spezielle Fördermaßnahmen miteinander konkurrieren. Die
Dekarbonisierung wird durch die Festlegung eines Preises für CO2-Emissionen
vorangetrieben, wobei von der öffentlichen Akzeptanz sowohl der Kernenergie als
auch der CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage = CO2-Abscheidung
und ‑Speicherung) ausgegangen wird. ·
Hoher Anteil erneuerbarer Energien (EE). Starke Förderung der erneuerbaren Energien, die zu einem sehr hohen
Anteil erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch (75 % im
Jahr 2050) und zu einem Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch
von 97 % führt. ·
Verzögerte CCS-Technologie. Dieses Szenario ähnelt dem Szenario „diversifizierte
Versorgungstechnologien“, jedoch wird von einer Verzögerung bei der
CCS-Technologie ausgegangen, was zu einem höheren Anteil der Kernenergie führt
und bewirkt, dass die Dekarbonisierung durch die CO2-Preise statt
durch einen Technologieschub vorangetrieben wird. ·
Geringer Kernenergieanteil. Das Szenario ähnelt dem Szenario für diversifizierte
Versorgungstechnologien, allerdings mit der Annahme, dass keine neuen
Kernkraftwerke (außer den bereits im Bau befindlichen) gebaut werden, was eine
größere Verbreitung der CCS-Technologie zur Folge hat (ca. 32 % bei der
Stromerzeugung). Zehn strukturelle Änderungen für einen
Umbau des Energiesystems Aus der Kombination der Szenarios lassen sich
einige Schlussfolgerungen ziehen, die jetzt zur Gestaltung der
Dekarbonisierungsstrategien beitragen können, welche bis 2020, 2030 und darüber
hinaus ihre volle Wirkung entfalten sollen. (1) Dekarbonisierung ist möglich und
kann langfristig kostengünstiger als die aktuellen politischen Konzepte sein Die Szenarios zeigen, dass eine
Dekarbonisierung des Energiesystems möglich ist. Zudem unterscheiden sich die
Kosten für den Umbau des Energiesystems nicht wesentlich von denen des
Szenarios „aktuelle politische Initiativen“ (API-Szenario). Die Kosten des
gesamten Energiesystems (einschließlich Brennstoff-, Strom- und Kapitalkosten,
Investitionen in Ausrüstung, energieeffiziente Produkte usw.) würden nach dem
API-Szenario im Jahr 2050 etwas weniger als 14,6 % des europäischen
BIP betragen gegenüber 10,5 % im Jahr 2005. Hierbei zeigt sich eine
erhebliche Änderung der Rolle der Energie in der Gesellschaft. Die Abhängigkeit
von volatilen Preisen für fossile Brennstoffe würde in den
Dekarbonisierungsszenarios abnehmen, da die Importabhängigkeit 2050 auf 35‑45 %
gegenüber 58 % im Rahmen der aktuellen Politikansätze sinkt. (2) Höhere Investitionsausgaben und
niedrigere Brennstoffkosten Alle Dekarbonisierungsszenarios weisen einen
Übergang vom heutigen System mit hohen Brennstoff- und Betriebskosten zu einem
Energiesystem aus, das auf höheren Investitionsausgaben und niedrigeren
Brennstoffkosten beruht. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass bei einem
Großteil der derzeit vorhandenen Energieversorgungsanlagen das Ende des Lebenszyklus
erreicht ist. Allen Dekarbonisierungsszenarios zufolge wären die Kosten für den
Import fossiler Brennstoffe in die EU im Jahr 2050 deutlich niedriger als
heute. Aus der Analyse geht ebenfalls hervor,
dass allein die kumulierten Netzinvestitionskosten im Zeitraum 2011‑2050
bei 1,5 bis 2,2 Billionen EUR liegen könnten, wobei die höhere
Zahl größere Investitionen in erneuerbare Energien bedeutet. Die durchschnittlichen Kapitalkosten des
Energiesystems werden signifikant steigen - für Investitionen in Kraftwerke
und Stromnetze, in industrielle Energieanlagen, Heiz- und Kühlsysteme
(einschließlich Fernwärme und Fernkälte), intelligente Stromzähler, Dämmstoffe,
effizientere Fahrzeuge mit niedrigen CO2-Emissionen, Geräte zur
Nutzung lokaler erneuerbarer Energien (Solarwärme und Fotovoltaik), nachhaltige
Energieverbrauchsgüter usw. Diese Entwicklung
wäre für die Industrie und Dienstleistungsanbieter in Europa mit großen Chancen
verbunden, die wachsende Nachfrage zu decken, und unterstreicht die Bedeutung
von Forschung und Innovation für die Entwicklung kostengünstigerer
Technologien. (3) Strom spielt eine immer größere
Rolle Aus allen Szenarios geht hervor, dass Strom
eine viel größere Rolle spielen muss als bisher (mit 36‑39 %
wird sich sein Anteil an der Endenergienachfrage 2050 fast verdoppeln) und
einen Beitrag zur Dekarbonisierung in den Bereichen Verkehr sowie
Heizung/Kühlung leisten muss (siehe Abbildung 2). Allen
Dekarbonisierungsszenarios zufolge könnte Strom ca. 65 % der
Energienachfrage von Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen decken.
Sogar im Szenario „hohe Energieeffizienz“ steigt die Stromnachfrage. Um dies zu
erreichen, müsste das Stromerzeugungssystem strukturell geändert werden
und bereits 2030 eine nennenswerte Dekarbonisierung erreichen (57‑65 %
im Jahr 2030 und 96-99 % im Jahr 2050). Dies verdeutlicht, wie
wichtig es ist, den Übergang jetzt einzuleiten und die Signale zu setzen, die
notwendig sind, um die Investitionen in CO2-intensive Anlagen in den
nächsten beiden Jahrzehnten möglichst niedrig zu halten. (4) Die Strompreise steigen
bis 2030 und sinken danach Die meisten Szenarios deuten darauf hin, dass
die Strompreise bis 2030 steigen, danach jedoch fallen werden. Der
Großteil dieses Anstiegs erfolgt bereits im Referenzszenario und hängt damit
zusammen, dass alte, bereits vollständig abgeschriebene Erzeugungskapazität in
den nächsten zwanzig Jahren ersetzt wird. Im Szenario „hoher Anteil
erneuerbarer Energien“, bei dem davon ausgegangen wird, dass 97 % des
Stromverbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt werden, steigen die modellierten
Strompreise wegen hoher Kapitalkosten (und der Annahmen eines hohen
Bedarfs an Regelkapazität), der Speicherung und der Netzinvestitionen in
diesem Szenario mit „nahezu 100 % regenerativem Strom“ weiter, wenngleich
langsamer. So wäre die regenerative Stromerzeugungskapazität 2050 mehr als
doppelt so hoch wie die gesamte derzeitige Stromerzeugungskapazität auf Basis
aller Energiequellen. Eine erhebliche Marktdurchdringung erneuerbarer Energien
bedeutet jedoch nicht zwangsläufig hohe Strompreise. Die Szenarios „hohe
Energieeffizienz“ und „diversifizierte Versorgungstechnologien“ weisen die
niedrigsten Strompreise aus, und in ihnen werden 60‑65 % des
Stromverbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt (derzeit sind es nur
20 %). In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Preise in
einigen Mitgliedstaaten aufgrund von Preisregulierungen und Subventionen zur
Zeit künstlich niedrig sind. (5) Die Ausgaben der Privathaushalte werden steigen In allen Szenarios, auch in den aktuellen
Trendszenarios, dürften die Ausgaben für Energie und für mit Energie
zusammenhängende Produkte (Verkehr eingeschlossen) einen größeren Posten der Ausgaben
von Privathaushalten ausmachen, da sie 2030 auf ca. 16% steigen und im
Jahr 2050 auf etwas über 15 % sinken werden[13].
Dieser Trend wäre auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) erheblich.
Langfristig ist der Anstieg der Investitionskosten für effiziente Geräte,
Fahrzeuge und Dämmung weniger ausgeprägt als die Senkung der Ausgaben für Strom
und Brennstoffe. Zu den Kosten gehören Brennstoffkosten und Kapitalkosten wie
die Kosten für die Beschaffung effizienterer Fahrzeuge und Geräte und für die
Sanierung von Gebäuden. Durch den Einsatz von Regulierungsmaßnahmen, Normen
oder innovativen Mechanismen zur schnelleren Einführung energieeffizienter
Produkte und Dienstleistungen könnten die Kosten jedoch gesenkt werden. (6) Energieeinsparungen im gesamten
System sind unabdingbar Bei allen Dekarbonisierungsszenarios müssten außerordentlich
große Energieeinsparungen (siehe Abbildung 3) erzielt werden. Die Primärenergienachfrage
sinkt bis 2030 um 16 % bis 20 % und bis 2050 um 32 %
bis 41 % gegenüber Höchstwerten im Zeitraum 2005-2006. Um
erhebliche Energieeinsparungen erzielen zu können, müssen Wirtschaftswachstum
und Energieverbrauch stärker voneinander entkoppelt und entsprechende schärfere
Maßnahmen in allen Mitgliedstaaten und Wirtschaftsbranchen vorgesehen werden. (7) Erheblicher Anstieg des Anteils
erneuerbarer Energien Der Anteil erneuerbarer Energien steigt
in allen Szenarios deutlich und deckt im Jahr 2050 mindestens
55 % des Bruttoendenergieverbrauchs, was eine Zunahme um
45 Prozentpunkte gegenüber dem derzeitigen Anteil von ca. 10 %
darstellt. Der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch erreicht im
Szenario „hohe Energieeffizienz“ 64 % und im Szenario „hoher Anteil
erneuerbarer Energien“ 97 %, wobei dieses Szenario für den Ausgleich der
variablen regenerativen Versorgung sogar in nachfrageschwachen Zeiten von
erheblichen Stromspeicherkapazitäten ausgeht. (8) CO2-Abtrennung und ‑Speicherung
müssen eine zentrale Rolle beim Systemumbau spielen Die Technologie der CO2-Abtrennung
und ‑Speicherung (CCS-Technologie) wird, falls sie
kommerzialisiert wird, in den meisten Szenarios einen erheblichen Beitrag
leisten müssen; im Fall einer eingeschränkten Kernenergieerzeugung wird sie mit
einem Anteil von bis zu 32 % an der Stromerzeugung eine besonders große
Rolle spielen und in den anderen Szenarios (mit Ausnahme des Szenarios „hoher
Anteil erneuerbarer Energien“) einen Anteil von 19 % bis 24 % haben. (9) Die Kernenergie leistet einen
wichtigen Beitrag Die Kernenergie wird benötigt, um einen
erheblichen Beitrag zum Umbau des Energiesystems in den Mitgliedstaaten zu
leisten, in denen diese verwendet wird. Sie bleibt weiterhin eine zentrale
Energiequelle für die CO2-arme Stromerzeugung. Die höchste
Verbreitung der Kernenergie findet sich in dem Szenario „verzögerte CCS-Technologie“
und in dem Szenario „diversifizierte Versorgungstechnologien“ (18 % bzw.
15 % der Primärenergie), die die niedrigsten Gesamtenergiekosten
ausweisen. (10) Stärkere Interaktion zwischen
Dezentralisierung und zentralisierten Systemen Die Dezentralisierung des Stromsystems
und der Wärmeerzeugung nimmt aufgrund einer vermehrten Erzeugung aus
erneuerbaren Energien zu. Allerdings müssen, wie die Szenarios zeigen, zentralisierte
große Systeme wie Kernkraft- und Gaskraftwerke und dezentrale Systeme immer
mehr zusammenarbeiten. In dem neuen Energiesystem muss sich eine neue
Konfiguration dezentraler und zentraler Großsysteme herausbilden, die
voneinander abhängen, etwa wenn lokale Ressourcen nicht ausreichen oder
zeitlich unstet zur Verfügung stehen. Verbindung zu globalen
Klimaschutzmaßnahmen Die Ergebnisse der Dekarbonisierungsszenarios
gehen alle davon aus, dass globale Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden. Zunächst muss festgestellt werden, dass das
Energiesystem der EU selbst ohne ehrgeizige Dekarbonisierungsanstrengungen
große Investitionen benötigt. Zweitens deuten
die Szenarios darauf hin, dass die Modernisierung des Energiesystems für hohe
Investitionen in die europäische Wirtschaft sorgen wird. Drittens kann die Dekarbonisierung für Europa als
Vorreiter auf dem wachsenden weltweiten Markt für energiebezogene Waren und
Dienstleistungen ein Vorteil sein. Viertens
trägt sie dazu bei, die Importabhängigkeit und Abhängigkeit Europas von
volatilen Preisen für fossile Brennstoffe zu verringern. Fünftens führt sie zu erheblichen zusätzlichen Vorteilen in
Bezug auf die Minderung der Luftverschmutzung und im Bereich der Gesundheit. Bei der Umsetzung des Fahrplans muss die EU
jedoch die Fortschritte und konkreten Maßnahmen in anderen Ländern
berücksichtigen. Ihre Politik sollte nicht
isoliert konzipiert werden, sondern internationale Entwicklungen
berücksichtigen, die z. B. die Verlagerung von CO2-Emissionsquellen
und negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit betreffen. Die mögliche Abwägung zwischen klimaschutzpolitischen
Maßnahmen und Wettbewerbsfähigkeit ist für bestimmte Sektoren, vor allem bei
einer vollständigen Dekarbonisierung, nach wie vor ein Risiko, falls Europa
alleine handeln sollte. Europa kann die
weltweite Dekarbonisierung nicht alleine erreichen. Die
Gesamtinvestitionskosten hängen in hohem Maße von den politischen,
regulatorischen und sozioökonomischen Rahmenbedingungen und von der
Wirtschaftslage insgesamt ab. Da Europa über
eine starke industrielle Basis verfügt und diese weiter stärken muss, sollten
beim Umbau des Energiesystems Verzerrungen und Verluste in der Industrie
vermieden werden, insbesondere weil Energie weiterhin ein wichtiger
Kostenfaktor für die Industrie ist[14].
Schutzmaßnahmen gegen die Verlagerung von CO2-Emissionen
müssen in Abhängigkeit von den Anstrengungen von Drittländern genau verfolgt
werden. Je weiter Europa auf dem Weg zu mehr Dekarbonisierung voranschreitet,
desto mehr werden eine engere Zusammenarbeit mit Nachbarländern und
Nachbarregionen sowie der Bau von Verbindungsleitungen und wechselseitige
Ergänzungen erforderlich sein. Die Chancen für
Handel und Zusammenarbeit setzen gleiche Wettbewerbsbedingungen über die
europäischen Grenzen hinweg voraus.
3.
Entwicklung von 2020 bis 2050 ‑ Herausforderungen und Chancen
3.1.
Umbau des Energiesystems
(a) Energieeinsparungen und
Steuerung der Energienachfrage: eine gemeinsame Verantwortung Der primäre Fokus sollte weiter auf die Energieeffizienz
gerichtet sein. Die Verbesserung der
Energieeffizienz ist bei allen Dekarbonisierungsszenarios eine Priorität. Die aktuellen Initiativen müssen zügig umgesetzt
werden, um einen Wandel herbeizuführen. Werden
sie im breiteren Rahmen eines allgemeinen effizienten Einsatzes von Ressourcen
umgesetzt, lassen sich kosteneffiziente Ergebnisse sogar schneller erzielen. Von zentraler Bedeutung dabei ist eine hohe
Energieeffizienz bei neuen Gebäuden und im Gebäudebestand. Nahezu-Nullenergie-Gebäude sollten die Norm
werden. Gebäude ‑ auch Wohngebäude ‑
könnten mehr Energie produzieren als sie verbrauchen.
Produkte und Geräte müssen die höchsten Energieeffizienzstandards
erfüllen. Im Verkehrssektor werden effiziente
Fahrzeuge und Anreize für Verhaltensänderungen benötigt. Die Verbraucher werden durch leichter zu kontrollierende und
leichter vorhersehbare Energierechnungen davon profitieren. Durch intelligente
Zähler und intelligente Technologien wie die Heimautomatisierung werden die
Verbraucher ihre Verbrauchsmuster besser beeinflussen können. Erhebliche
Effizienzverbesserungen lassen sich durch Maßnahmen erreichen, die die
Energienutzung betreffen, wie das Recycling, die schlanke Produktion und die
Verlängerung der Produktlebensdauer[15]. Beim Umbau des Energiesystems werden die
Investitionen von Haushalten und Unternehmen eine wichtige Rolle spielen müssen. Ein umfassenderer Zugang der Verbraucher zu
Kapital sowie innovative Geschäftsmodelle sind unerlässlich. Dies setzt auch Anreize für Verhaltensänderungen
voraus, etwa in Form von Steuern, Finanzhilfen oder der Beratung durch Experten
vor Ort, sowie monetäre Anreize durch Energiepreise, die sich an den externen
Kosten orientieren. Energieeffizienz muss
generell in ein breites Spektrum von Wirtschaftstätigkeiten, z. B. von der
Entwicklung von IT-Systemen bis hin zur Erarbeitung von Normen für
Elektronikgeräte, Eingang finden. Lokale
Organisationen und Städte werden in den Energiesystemen der Zukunft eine viel
größere Rolle spielen. Es ist eine Analyse ehrgeizigerer
Energieeffizienzmaßnahmen und kostenoptimaler Politikansätze erforderlich. Energieeffizienz muss dort ansetzen, wo ein
wirtschaftliches Potenzial besteht. Die
Analyse muss Fragen einbeziehen wie die, welchen Beitrag die Stadt- und
Raumplanung mittel- und langfristig zum Energiesparen leisten kann und wie eine
kostenoptimale politische Entscheidung zwischen dem Dämmen von Gebäuden im
Interesse eines niedrigeren Heiz- und Kühlbedarfs und der systematischen
Nutzung von Abwärme bei der Stromerzeugung in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen
(KWK-Anlagen) getroffen werden kann. Stabile
Rahmenbedingungen werden voraussichtlich weitere Energiesparmaßnahmen
erfordern, insbesondere mit Blick auf 2030. (b) Umstieg auf erneuerbare
Energien Die Analyse aller Szenarios ergibt, dass 2050
der größte Anteil der Energieversorgungstechnologien auf die erneuerbaren
Energien entfällt. Somit ist die zweite
Hauptvoraussetzung für ein nachhaltigeres und sichereres Energiesystem ein höherer
Anteil erneuerbarer Energien über das Jahr 2020 hinaus. Für 2030 deuten alle Dekarbonisierungsszenarios
darauf hin, dass der Anteil der erneuerbaren Energien auf ca. 30 % des
Bruttoendenergieverbrauchs steigt. Die
Herausforderung besteht für Europa darin, es den Marktakteuren zu ermöglichen,
die Kosten für erneuerbare Energien durch bessere Forschung, die
Industrialisierung der Lieferkette und effizientere Konzepte und Fördersysteme
zu senken. Dies könnte eine größere Konvergenz
der Fördersysteme sowie eine größere Verantwortung nicht nur der Netzbetreiber,
sondern auch der Produzenten für die Systemkosten erfordern. Die erneuerbaren Energien werden in Europa ins
Zentrum des Energiemixes rücken, wobei der Weg von der technologischen
Entwicklung hin zur Massenproduktion und umfassenden Einführung, vom Einsatz im
kleinen Maßstab hin zum Einsatz im großen Maßstab ‑ unter
Einbeziehung sowohl lokaler als auch weiter entfernt gelegener Ressourcen ‑,
vom subventionierten Produkt hin zum wettbewerbsfähigen Produkt führt. Diese
Entwicklung der erneuerbaren Energien setzt parallel zu ihrem künftigen Ausbau
Änderungen in der Politik voraus. Die künftigen Anreize müssen mit einer
steigenden Erneuerbare-Energien-Quote effizienter werden, Skaleneffekte
erzielen, zu einer größeren Marktintegration und dadurch zu einer stärker
europäisch ausgerichteten Herangehensweise führen. Dabei muss auf das volle
Potenzial der bestehenden Rechtsvorschriften[16], auf den
gemeinsamen Grundsätzen der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und mit
den Nachbarländern sowie auf etwaigen weiteren Maßnahmen aufgebaut werden. Viele Technologien im Bereich der erneuerbaren
Energien müssen weiterentwickelt werden, um die Kosten zu senken. Es muss in
neue Erneuerbare-Energien-Technologien investiert werden, etwa in die
Meeresenergie, in solarthermische Kraftwerke und in Biokraftstoffe der zweiten
und dritten Generation. Ferner müssen die vorhandenen Technologien
verbessert werden, z. B. durch eine Vergrößerung der Offshore-Windturbinen
und ‑Rotoren, um mehr Wind einzufangen, und durch bessere
Fotovoltaikpanele, um die Sonnenergieausbeute zu erhöhen. Die
Speichertechnologien sind weiterhin ein kritisches Element. Die Speicherung
ist derzeit häufig teuerer als zusätzliche Übertragungskapazität und
gasgestützte Reserveerzeugungskapazität, während die herkömmliche
Wasserkraftspeicherung begrenzt ist. Effizienzsteigerungen
bei ihrer Nutzung und wettbewerbsfähige Kosten setzen eine verbesserte
Infrastruktur für die europaweite Integration voraus.
Mit ausreichenden Verbindungskapazitäten und intelligenteren Netzen
können Schwankungen der Wind- und der Solarstromerzeugung in einigen Gebieten
auch durch erneuerbare Energien in anderen Gegenden Europas ausgeglichen
werden, was den Bedarf an Speicher-, Reserve-
und Grundlastkapazität verringern könnte. In naher Zukunft kann Windenergie von den
nördlichen Meeren und dem atlantischen Meeresbecken erhebliche Strommengen zu
sinkenden Kosten liefern. Bis 2050 wird
laut dem Szenario „hoher Anteil erneuerbarer Energien“ die Windenergie mehr
Strom als alle anderen Technologien liefern. Mittelfristig
kann Meeresenergie einen erheblichen Beitrag zur Stromversorgung leisten.
Desgleichen könnte in den Mittelmeerländern Strom in erheblichem Umfang aus
Wind- und Sonnenenergie erzeugt werden. Die
Möglichkeit des Imports von regenerativ erzeugtem Strom aus Nachbarregionen
wird bereits durch Strategien zur Nutzung des komparativen Vorteils von
Mitgliedstaaten (z. B. von Griechenland), in denen große
Solarenergieprojekte entwickelt werden, ergänzt. Die
EU wird die Entwicklung erneuerbarer und CO2-armer Energiequellen im
südlichen Mittelmeerraum und von Verbindungsleitungen zu europäischen
Verteilernetzen weiter fördern und erleichtern. Der
Ausbau der Verbindungsleitungen zu Norwegen und der Schweiz wird auch weiterhin
von entscheidender Bedeutung sein. Die EU wird
sich ebenfalls damit befassen, welches Potenzial Länder wie Russland und die
Ukraine im Bereich der erneuerbaren Energien (insbesondere der Biomasse)
bieten. Heizung und Kühlung auf der Basis
erneuerbarer Energien sind für die Dekarbonisierung
entscheidend. Der Energieverbrauch muss hin zu
CO2-armer und lokal erzeugter Energie (einschließlich Wärmepumpen
und Speicherheizungen) und erneuerbaren Energien (z. B. Solarthermie,
Geothermie, Biogas, Biomasse), auch im Rahmen von Fernheizsystemen, verlagert
werden. Die Dekarbonisierung setzt große Mengen an Biomasse
für Heizung, Strom und Verkehr voraus. Im
Verkehrssektor wird ein Mix unterschiedlicher alternativer Kraftstoffe als
Ersatz für Erdöl mit speziellen Anforderungen für die verschiedenen
Verkehrsträger benötigt. Biokraftstoffe werden
wahrscheinlich eine Hauptoption für die Luftfahrt, den
Langstreckenstraßenverkehr und den Schienenverkehr, wo keine Elektrifizierung
möglich ist, sein. An der Sicherung der
Nachhaltigkeit (z. B. in Bezug auf indirekte Flächennutzungsänderungen)
wird gearbeitet. Die Marktakzeptanz neuer Bioenergie, die die Nachfrage nach
Flächen, die für die Nahrungsmittelproduktion notwendig sind, senkt und die
Nettotreibhausgaseinsparungen erhöht (z. B. Biokraftstoffe auf der Basis
von Abfällen, Algen, forstwirtschaftlichen Rückständen), sollte weiter
gefördert werden. Je stärker die Technologien ausgereift sind,
desto mehr werden die Kosten sinken und kann die finanzielle Förderung
verringert werden. Der Handel zwischen den
Mitgliedstaaten sowie Importe aus Drittländern könnten mittel- bis langfristig
zu einer Kostensenkung beitragen. Die für
erneuerbare Energien vorhandenen Zielvorgaben scheinen im Hinblick auf die
Planungssicherheit für Investoren sinnvoll zu sein, gleichzeitig fördern sie
eine europäische Herangehensweise und die Integration der erneuerbaren Energien
in den Markt. (c) Gas spielt beim Umbau eine
Schlüsselrolle Gas wird für den Umbau des Energiesystems
von entscheidender Bedeutung sein. Die kurz- bis mittelfristige Substitution von Kohle
(und Erdöl) durch Gas könnte dazu beitragen, die Emissionen mit Hilfe der
vorhandenen Technologien bis mindestens 2030 oder 2035 zu senken. Wenngleich die Gasnachfrage z. B. im
Wohngebäudesektor wegen einer Reihe von Energieeffizienzmaßnahmen bis 2030 um
ein Viertel zurückgehen könnte[17], wird sie in anderen
Sektoren wie dem Stromsektor über einen längeren Zeitraum hoch bleiben. Im Szenario „diversifizierte
Versorgungstechnologien“ zum Beispiel werden im Jahr 2050
ca. 800 TWh Strom in Gaskraftwerken erzeugt ‑ etwas mehr als
derzeit. Wenn sich die Technologien
weiterentwickeln, könnte Gas künftig eine größere Rolle spielen. Der Gasmarkt benötigt mehr Integration, mehr
Liquidität, eine größere Diversifizierung der Versorgungsquellen und größere
Speicherkapazitäten, um seinen Wettbewerbsvorteil als Brennstoff für die
Stromerzeugung zu behaupten. Langfristige
Gasversorgungsverträge sind für Investitionen in Infrastruktur für die
Erdgasgewinnung und ‑fernleitung möglicherweise weiterhin notwendig. Die Preisformeln müssten flexibler werden und von
der reinen Kopplung an den Ölpreis abgehen, wenn Gas ein wettbewerbsfähiger
Brennstoff für die Stromerzeugung bleiben soll. Die weltweiten Gasmärkte ändern sich, vor
allem durch die Entwicklung von Schiefergas in Nordamerika. Mit Flüssigerdgas (LNG) sind die Märkte immer
globaler geworden, da der Transport von den Erdgasleitungen unabhängiger
geworden ist. Schiefergas und andere Quellen nicht
konventionellen Gases sind zu potenziell wichtigen neuen Versorgungsquellen
in oder um Europa geworden. Zusammen mit der
Binnenmarktintegration könnten diese Entwicklungen Bedenken hinsichtlich der
Gasimportabhängigkeit entgegenwirken. Da sich
die nicht konventionellen Ressourcen jedoch noch im frühen Explorationsstadium
befinden, ist unklar, ob sie eine wesentliche Bedeutung erlangen werden. Mit dem Rückgang der Gewinnung von konventionellem
Gas wird sich Europa zusätzlich zur Erdgasgewinnung und zur potenziellen
Schiefergasnutzung in der EU in erheblichem Umfang auf Gasimporte stützen
müssen. Die Szenarios sind, was die Rolle von Gas
angeht, relativ konservativ. Die derzeitigen
wirtschaftlichen Vorteile von Gas bieten den Investoren eine relative
Sicherheit in Bezug auf die Rendite, außerdem geringe Risken und daher Anreize
für Investitionen in Gaskraftwerke. Bei
Gaskraftwerken sind die im Voraus zu tätigenden Investitionen geringer, sie
können ziemlich schnell gebaut werden und sind relativ flexibel in der Nutzung.
Außerdem können sich die Investoren gegen die Risiken von Preisschwankungen
absichern, da Gaskraftwerke vielfach den Stromgroßhandelspreis bestimmen.
Allerdings könnten die Betriebskosten künftig höher als bei CO2-freien
Optionen und ihre Betriebszeiten weniger lang sein. Falls die Technologie der CO2-Abtrennung
und ‑Speicherung (CCS-Technologie) verfügbar ist und in großem Umfang
eingesetzt wird, könnte Gas sich zu einer CO2-armen Technologie
entwickeln. Ohne CCS könnte sich die Rolle von Erdgas allerdings darauf
beschränken, als flexibler Reservebrennstoff zu dienen und Ausgleichskapazität
bereitzustellen, wo die Versorgung durch erneuerbare Energien schwankend ist. Für alle fossilen Brennstoffe gilt, dass die CO2‑Abtrennung
und ‑Speicherung ab ca. 2030 im Stromsektor eingesetzt
werden muss, um die Dekarbonisierungsziele zu erreichen. Die
CCS-Technologie ist außerdem eine wichtige Option zur Dekarbonisierung mehrerer
Schwerindustriezweige; in Kombination mit Biomasse könnte sie zu „negativen“ CO2-Werten
führen. Die Zukunft der CCS-Technologie hängt ganz entscheidend von der
öffentlichen Akzeptanz und von angemessenen CO2-Preisen ab. Es muss hinreichend
nachgewiesen werden, dass sich diese Technologie in großem Maßstab
verwirklichen lässt, die entsprechenden Investitionen müssen in diesem
Jahrzehnt gewährleistet und die Technologie muss ab 2020 eingesetzt werden,
damit sie bis 2030 in großem Stil verwendet werden kann. (d) Wandel bei anderen
fossilen Brennstoffen Kohle leistet in
der EU einen Beitrag zu einem diversifizierten Energiemix und zur
Versorgungssicherheit. Mit der Entwicklung der
CCS-Technologie und anderen neu entstehenden, umweltfreundlichen Technologien
könnte die Kohle weiterhin eine wichtige Rolle für eine künftige nachhaltige
und sichere Versorgung spielen. Öl dürfte sogar
2050 noch Bestandteil des Energiemixes sein und vor allem für den
Langstreckenpersonen- und ‑güterverkehr verwendet werden. Die
Herausforderung für den Ölsektor besteht in der Anpassung an eine veränderte
Ölnachfrage infolge der Umstellung auf erneuerbare und alternative Brennstoffe
und an Unwägbarkeiten hinsichtlich künftiger Lieferungen und Preise. Weiterhin
auf dem globalen Erdölmarkt und im europäischen Raffineriesektor Präsenz zu
zeigen (eine Präsenz, bei der die Kapazitäten jedoch an die
wirtschaftlichen Gegebenheiten eines reifen Marktes angepasst werden können),
ist wichtig für die Wirtschaft der EU, für Sektoren, die wie die petrochemische
Industrie auf Raffinerieprodukte als Ausgangsstoffe angewiesen sind, und für
die Versorgungssicherheit. (e) Die Kernenergie als
wichtiger Faktor Die Kernenergie ist eine
Dekarbonisierungsoption, die derzeit den Großteil des in der EU
verbrauchten CO2-arm erzeugten Stroms liefert. Einige Mitgliedstaaten halten die mit der
Kernenergie verbundenen Risiken für inakzeptabel. Seit
dem Unfall von Fukushima hat sich die staatliche Kernenergiepolitik mancher Mitgliedstaaten
geändert, während in anderen die Kernenergie weiter als sichere, zuverlässige
und erschwingliche Quelle der CO2-armen Stromerzeugung angesehen
wird. Die Kosten für die Sicherheit[18],
die Stilllegung vorhandener Kraftwerke und die Abfallentsorgung werden
voraussichtlich steigen. Neue
Kernenergietechnologien könnten dazu beitragen, Bedenken in Bezug auf die
Abfälle und Sicherheit entgegenzuwirken. Die Analyse der Szenarios zeigt, dass die Kernenergie
zu niedrigeren Systemkosten und Strompreisen beiträgt. Die Kernenergie wird als großmaßstäbliche CO2-arme
Option in der EU weiterhin einen Platz im Stromerzeugungsmix haben. Die Kommission wird den Rahmen für die Sicherheit
und Gefahrenabwehr im Nuklearbereich weiter fördern und dadurch dazu beitragen,
gleiche Ausgangsbedingungen für Investitionen in den Mitgliedstaaten zu
schaffen, die bereit sind, die Kernenergie als Option für ihren Energiemix
beizubehalten. Auch in
Zukunft müssen die höchsten Standards für die Sicherheit und die Gefahrenabwehr
in der EU und weltweit gewährleistet werden, was nur möglich ist, wenn
Kompetenz und Technologieführerschaft in der EU aufrechterhalten werden. Darüber hinaus wird in der Perspektive
bis 2050 klarer werden, welche Rolle die Fusionsenergie spielen kann. (f) Intelligente
Technologie, Speicherung und alternative Brennstoffe Ganz gleich, welcher Entwicklungsweg
betrachtet wird, zeigen die Szenarios, dass der Brennstoffmix sich im Laufe der
Zeit erheblich verändert könnte. Viel hängt von einer Beschleunigung der technologischen
Entwicklung ab. Welche technologischen Optionen in welchem Tempo und mit
welchen Folgen und Wirkungen entstehen könnten, ist unklar. Klar ist
allerdings, dass neue Technologien neue Optionen für die Zukunft mit sich
bringen. Technologie ist ein wesentlicher
Faktor für die Bewältigung der Dekarbonisierungsherausforderung. Technologische
Fortschritte können erhebliche Kostensenkungen und wirtschaftliche Vorteile
hervorbringen. Die Schaffung von Energiemärkten, die ihren Zweck erfüllen,
setzt neue Netztechnologien voraus. Forschung und Demonstration sollten im
industriellen Maßstab gefördert werden. Auf europäischer Ebene sollte die EU direkt zu
wissenschaftlichen Projekten und Forschungs- und Demonstrationsprogrammen
beitragen und dabei auf dem Strategieplan für Energietechnologie (SET-Plan), auf
dem nächsten mehrjährigen Finanzrahmenund insbesondere auf Horizont 2020
aufbauen, um in Partnerschaften mit der Industrie und den Mitgliedstaaten zu
investieren mit dem Ziel, neue, hocheffiziente Energietechnologien zu
demonstrieren und im großen Maßstab einzuführen. Ein verstärkter SET-Plan
könnte in Zeiten knapper Haushaltsmittel der Mitgliedstaaten kostenoptimale
europäische Forschungscluster entstehen lassen. Die Vorteile der Zusammenarbeit
sind erheblich und gehen über die finanzielle Unterstützung und den Aufbau auf
einer besseren Koordinierung in Europa hinaus. Ein immer
wichtigeres Merkmal der benötigten technologischen Änderungen ist die Nutzung
von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in den Bereichen Energie
und Verkehr und für intelligente urbane Anwendungen. Dies
führt zu einer Konvergenz der industriellen Wertschöpfungsketten für
intelligente städtische Infrastruktur und Anwendungen, die gefördert werden
müssen, um die Industrieführerschaft zu sichern. Die
digitale Infrastruktur, mit der die Netze intelligent gemacht werden sollen,
muss ebenfalls auf EU-Ebene durch Normungsarbeit und Forschung und Entwicklung
im Bereich der IKT gefördert werden. Ein weiterer,
besonders wichtiger Bereich betrifft die Umstellung auf alternative
Kraftstoffe, einschließlich Elektrofahrzeuge. Sie muss auf europäischer
Ebene durch regulierungsbezogene Entwicklungen, Normung, Infrastrukturpolitik
und weitere Anstrengungen auf dem Gebiet der Forschung und Demonstration (vor
allem in den Bereichen Batterien, Brennstoffzellen und Wasserstoff) gefördert
werden, durch die die Vorteile der Elektromobilität sowohl für die
Dekarbonisierung des Verkehrswesens als auch für den Ausbau der erneuerbaren
Energien in Verbindung mit intelligenten Netzen vervielfacht werden können. Die
anderen Hauptoptionen bei alternativen Kraftstoffen sind Biokraftstoffe,
synthetische Kraftstoffe, Methan und Flüssiggas.
3.2.
Die Energiemärkte neu denken
(a) Neue Wege des
Strommanagements Für die Wahl des nationalen Energiemixes sind
nationale Bedingungen maßgeblich. Gemeinsame
Aufgabe der EU ist es, dafür zu sorgen, dass nationale Entscheidungen sich
gegenseitig unterstützen und negative Spillover-Effekte vermieden werden. Die grenzüberschreitenden Auswirkungen auf den
Binnenmarkt erfordern erneute Aufmerksamkeit. Sie
stellen Strommärkte, die sich im Stadium des Übergangs zu einem CO2‑armen
System befinden, das ein hohes Maß an Energieversorgungssicherheit und eine
erschwingliche Stromversorgung bietet, vor neue Herausforderungen. Der Binnenmarkt sollte mehr als je zuvor im vollen
Umfang genutzt werden, da er die beste Antwort
auf die mit der Dekarbonisierung verbundenen Herausforderungen darstellt. Eine Herausforderung betrifft die Notwendigkeit,
im Stromsystem über flexible Ressourcen zu verfügen (z. B.
Flexibilität bei Erzeugung, Speicherung und Nachfragemanagement), da der Anteil
der ungleichmäßig zur Verfügung stehenden erneuerbaren Energien an der
Stromerzeugung zunimmt. Die zweite Herausforderung
betrifft die Auswirkungen der Erzeugung dieser Energien auf die
Großhandelspreise. Bei Wind- oder Solarstrom
sind die Grenzkosten niedrig oder gleich Null; mit ihrer zunehmenden
Verbreitung im System könnten die Spotpreise auf den
Großhandelsmärkten sinken und über einen längeren Zeitraum auf einem
niedrigen Stand bleiben[19].
Dadurch werden die Erlöse aller Erzeuger geschmälert, auch jener, die
gebraucht werden, um für eine zur Nachfragedeckung ausreichende Kapazität zu
sorgen, wenn Wind- oder Solarstrom nicht zur Verfügung stehen. Wenn die Preise in solchen Zeiten nicht relativ
hoch sind, könnten diese Anlagen unrentabel sein. Dies
wiederum lässt Befürchtungen in Bezug auf die Preisvolatilität und die Rückgewinnung
der Kapitalkosten und festen Betriebskosten durch die Investoren aufkommen. Eine Marktordnung, die kosteneffiziente
Lösungen zur Bewältigung dieser Herausforderungen bietet, wird immer wichtiger
werden. Für flexible Energielieferungen jeder
Art, für flexibles Nachfragemanagement und für die flexible Speicherung und
Erzeugung muss der Marktzugang gewährleistet werden, und diese
Flexibilität muss am Markt belohnt werden. Für
alle Kapazitätsarten (variable Kapazität, Grundlastkapazität, flexible
Kapazität) muss eine angemessene Kapitalrendite absehbar sein. Allerdings muss dafür Sorge getragen werden, dass politische
Entwicklungen in den Mitgliedstaaten nicht neue Hindernisse für die Strom-
bzw. Gasmarktintegration hervorbringen[20]. Ob es sich um den Energiemix, die Marktordnung,
langfristige Verträge, die Förderung der CO2‑armen
Stromerzeugung, CO2‑Mindestpreise usw. handelt, in allen
Fällen müssen die Auswirkungen auf den Binnenmarkt, von dem sie alle zunehmend
abhängig sind, in Betracht gezogen werden. Mehr
als je zuvor besteht jetzt Koordinierungsbedarf. Die
energiepolitischen Entwicklungen müssen die Art und Weise, in der sich
Entscheidungen in Nachbarländern auf die einzelnen nationalen Stromsysteme
auswirken, in vollem Umfang berücksichtigen. Die
Zusammenarbeit wird kostendämpfend wirken und die Versorgungssicherheit
gewährleisten. Die Kommission wird aufbauend auf dem dritten
Energiebinnenmarktpaket und mit der Unterstützung der Agentur für die
Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (ACER) weiter dafür sorgen, dass
der Regulierungsrahmen die Marktintegration fördert, Anreize für ausreichende Kapazität
und Flexibilität gesetzt werden und die Markordnung für die mit
der Dekarbonisierung verbundenen Herausforderungen gerüstet ist. Die Kommission prüft zurzeit die Wirksamkeit
verschiedener Marktmodelle für die Vergütung von Kapazität und Flexibilität und
wie diese im Rahmen zunehmend integrierter Großhandels- und Regelenergiemärkte
interagieren. (b) Integration lokaler
Ressourcen und zentralisierter Systeme Die Entwicklung neuer, flexibler
Infrastruktur ist eine „No-regrets“-Option und könnte
über verschiedene Wege erfolgen. Da in fast allen Szenarios der Stromhandel und
die Verbreitung erneuerbarer Energien bis 2050 zunehmen, wird eine
angemessene Verteilungs-, Verbindungs- und Langstreckenübertragungsinfrastruktur
dringend benötigt. Bis 2020 muss die
Verbindungskapazität mindestens entsprechend den aktuellen Ausbauplänen erhöht
werden. Die Verbindungskapazität muss bis 2020
um insgesamt 40 % gesteigert und danach weiter ausgebaut werden. Für eine erfolgreiche weitere Integration
nach 2020 muss die EU Energieinseln in der EU bis 2015 vollständig
beseitigen; außerdem müssen die Netze ausgebaut werden und im Laufe der Zeit
Synchronverbindungen zwischen dem europäischen Festland und dem Ostseeraum
hergestellt werden. Die Umsetzung der vorhandenen politischen
Konzepte für den Energiebinnenmarkt sowie neuer Konzepte, etwa der Verordnung
über die Energieinfrastruktur[21], kann der EU bei der
Bewältigung dieser Herausforderung helfen. Die
europäische 10-Jahresplanung des Infrastrukturbedarfs durch die beiden
ENTSO[22] und die ACER enthält
bereits ein längerfristiges Zukunftsbild für die Investoren und soll eine
stärkere regionale Zusammenarbeit bewirken. Die
aktuellen Planungsmethoden müssen über einen potenziell längeren Zeitraum auf
eine vollständig integrierte Netzplanung für die (Onshore- und
Offshore-)Übertragung, Verteilung und Speicherung sowie Stromautobahnen
ausgedehnt werden. Es wird CO2-Infrastruktur
(derzeit nicht vorhanden) benötigt werden, weshalb die diesbezüglichen
Planungen bald anlaufen sollten. Um die regenerative Stromerzeugung lokal ins
Netz einspeisen zu können, muss das Verteilernetz intelligenter werden, um der
variablen Erzeugung aus vielen dezentralen Quellen, insbesondere Fotovoltaikzellen,
und auch der zunehmenden Verbreitung der „Demand Response“ Rechnung tragen zu
können. Mit einer vermehrt dezentralen
Erzeugung, intelligenten Netzen, neuen Netznutzern (z. B.
Elektrofahrzeuge) und Demand-Response-Konzepten müssen Übertragung, Verteilung
und Speicherung stärker unter dem Aspekt der Integration betrachtet werden. Um regenerativen Strom aus der Nordsee und dem
Mittelmeer nutzen zu können, ist erhebliche zusätzliche Infrastruktur,
insbesondere unter dem Meersboden, erforderlich. ENTSO-Strom
führt im Rahmen der Offshore-Netzinitiative der Nordseeländer bereits
Netzstudien für Nordwesteuropa mit einem Zeithorizont bis 2030 durch. Diese sollten in die Arbeiten von ENTSO-Strom an
einem modularen Entwicklungsplan für ein gesamteuropäisches Stromautobahnsystem
bis 2050 einfließen. Um die Dekarbonisierung der Stromerzeugung zu
fördern und die erneuerbaren Energien zu integrieren, müssen flexible
Gaskapazitäten zu wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung stehen. Neue Gasinfrastrukturen, die den Binnenmarkt
entlang der Nord-Süd-Achse verbinden und Europa über den südlichen Korridor an
neue, diversifizierte Versorgungsquellen anbinden, sind unerlässlich, um die
Schaffung gut funktionierender Gasgroßhandelsmärkte in der gesamten EU zu
fördern.
3.3.
Mobilisierung von Investoren - ein einheitlicher
und wirksamer Ansatz für Anreize im Energiesektor
Bis 2050 müssen in der gesamten Wirtschaft
Infrastruktur und Kapitalgüter im großen Stil ersetzt werden, darunter auch
Verbrauchsgüter privater Haushalte. Dabei
handelt es sich um ganz erhebliche, im Voraus zu tätigende Investitionen, bei
denen sich die Renditen über einen langen Zeitraum erstrecken. Es sind frühzeitige Anstrengungen in den Bereichen Forschung
und Innovation notwendig. Förderlich für
solche Bemühungen wäre ein einheitlicher Politikrahmen, der alle Instrumente
von der Forschungs- und Innovationspolitik bis hin zu Politikmaßnahmen, die die
Einführung von Technologien betreffen, aufeinander abstimmen würde. Es sind massive Investitionen in die Infrastruktur
erforderlich. Die durch Verzögerungen, vor
allem in den späteren Jahren entstehenden zusätzlichen Kosten müssen
herausgestellt werden, wobei eingeräumt werden muss, dass die endgültigen
Investitionsentscheidungen vom wirtschaftlichen und finanziellen Gesamtklima
beeinflusst werden[23].
Der öffentliche Sektor könnte Investitionen in die Energierevolution
erleichtern. Die derzeitige Ungewissheit im
Markt führt zu einer Erhöhung der Kapitalkosten für Investitionen in CO2-arme
Technologien. Die EU muss jetzt tätig
werden und damit beginnen, die Bedingungen für die Finanzierung im
Energiesektor zu verbessern. Die Bepreisung von CO2-Emissionen
kann einen Anreiz für die Einführung effizienter, CO2-armer
Technologien in ganz Europa sein. Das
Emissionshandelssystem ETS ist die zentrale Säule der europäischen
Klimapolitik. Es ist von seiner Konzeption her
technologieneutral, kosteneffizient und uneingeschränkt mit dem
Energiebinnenmarkt vereinbar und muss künftig
eine größere Rolle spielen. Die Szenarios
zeigen, dass die CO2‑Bepreisung neben Instrumenten existieren
kann, die zur Erreichung spezifischer energiepolitischer Ziele, vor allem zur
Förderung von Forschung und Innovation, der Energieeffizienz und des Ausbaus
erneuerbarer Energien, konzipiert wurden[24]. Damit das davon ausgehende Preissignal richtig
funktioniert, muss für eine größere Kohärenz und Stabilität der
EU-Politikansätze und der nationalen Politik gesorgt werden. Ein höherer CO2-Preis schafft
stärkere Anreize für Investitionen in CO2-arme Technologien, er kann
jedoch das Risiko einer Verlagerung der CO2-Emissionen erhöhen. Eine solche Verlagerung von CO2‑Emissionen
berührt insbesondere die Industriebranchen, die dem weltweiten Wettbewerb und
globalen Preisentwicklungen ausgesetzt sind. In
Abhängigkeit von den Anstrengungen, die von Drittländern unternommen werden,
sollte ein gut funktionierendes System für die Bepreisung der CO2-Emissionen
weiterhin Mechanismen umfassen wie Anreize für kosteneffiziente
Emissionssenkungen außerhalb Europas sowie auf Benchmarks beruhende kostenfreie
Zertifikate, um den erheblichen Risiken einer Verlagerung von CO2-Emissionen
vorzubeugen. Die Investitionsrisiken müssen von den
privaten Investoren getragen werden, es sei denn, klare Gründe sprechen
dagegen. Bestimmte Investitionen in das
Energiesystem haben Gemeinwohlcharakter. Daher
kann eine gewisse Unterstützung für Akteure, die eine Vorreiterrolle spielen,
gerechtfertigt sein (z. B. Elektrofahrzeuge, saubere Technologien). Die Entwicklung einer umfassenderen und stärker
maßgeschneiderten Finanzierung durch öffentliche Finanzinstitute wie die
Europäische Investitionsbank (EIB) oder die Europäische Bank
für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) sowie die Mobilisierung des
kommerziellen Bankensektors in den Mitgliedstaaten könnten ebenfalls zum Erfolg
der Umstellung beitragen. Bei einem marktorientierten Ansatz für die
Energiepolitik sind die privaten Investoren weiterhin am wichtigsten. Künftig könnte sich die Rolle der
Versorgungsbetriebe drastisch ändern, insbesondere im Hinblick auf die
Investitionen. Während in der Vergangenheit
viele Investitionen in die Erzeugung von den Versorgungsunternehmen allein
getätigt werden konnten, wird jetzt gelegentlich vorgebracht, dass dies wegen
der Größenordnung der Investitionen und des Innovationsbedarfs künftig weniger
wahrscheinlich sein dürfte. Neue langfristige Investoren
müssen einbezogen werden. Institutionelle
Anleger könnten bei der Finanzierung von Energieinvestitionen an Bedeutung
gewinnen. Die Verbraucher werden ebenfalls eine
wichtigere Rolle spielen, was Zugang zu Kapital zu angemessenen Kosten
voraussetzt. Fördermaßnahmen
(z. B. Energiesubventionen) könnten auch nach 2020 notwendig sein, um
sicherzustellen, dass der Markt die Entwicklung und Einführung neuer
Technologien unterstützt, und müssen mit zunehmender Reife der Technologien und
Lieferketten und dem Beheben von Marktversagen schrittweise auslaufen. Die öffentlichen Fördersysteme in den
Mitgliedstaaten sollten sehr gezielt ausgerichtet, berechenbar, vom
Geltungsbereich her begrenzt sowie angemessen sein und Bestimmungen über ihr
Auslaufen enthalten. Alle Fördermaßnahmen
müssen in Einklang mit den Binnenmarkt- und den einschlägigen
EU-Beihilfevorschriften umgesetzt werden. Der
Reformprozess muss zügig fortgesetzt werden, um effektivere Fördersysteme
sicherzustellen. Auf längere Sicht werden CO2-arme
Technologien mit hohem Mehrwert, bei denen Europa führend ist, positive
Auswirkungen auf Wachstum und Beschäftigung haben. 3.4 Die Einbeziehung der
Öffentlichkeit ist von entscheidender Bedeutung. Der sozialen Dimension des
Energiefahrplans kommt eine große Bedeutung zu. Der Umbau wird sich auf die
Beschäftigung und die Arbeitsplätze auswirken und Aus- und
Weiterbildungsmaßnahmen sowie einen lebhafteren sozialen Dialog erfordern. Um
den Wandel effizient bewältigen zu können, müssen die Sozialpartner in Einklang
mit den Grundsätzen eines gerechten Übergangs und menschenwürdiger Arbeit auf
allen Ebenen eingebunden werden. Es werden Mechanismen benötigt, die
Arbeitnehmern, die mit einem Arbeitsplatzwechsel konfrontiert sind, helfen,
ihre Beschäftigungsfähigkeit weiterzuentwickeln. Es müssen neue Kraftwerke und erheblich mehr
Anlagen für erneuerbare Energien gebaut werden. Neue Speicheranlagen, auch für
CCS, mehr Strommasten und mehr Übertragungsleitungen sind erforderlich. Gerade
für die Infrastruktur sind effiziente Genehmigungsverfahren unabdingbar, da
Infrastruktur die Voraussetzung für die Änderung der Versorgungssysteme und die
Entwicklung hin zur Dekarbonisierung ist. Der aktuelle Trend, nach dem nahezu
jede Energietechnologie umstritten ist und ihre Nutzung oder Einführung
verzögert wird, wirft für Investoren gravierende Probleme auf und gefährdet die
Änderungen des Energiesystems. Ohne Technologie und Infrastruktur lässt sich
Energie nicht bereitstellen. Außerdem hat umweltfreundlichere Energie einen
Preis. Neue Preisbildungsmechanismen und Anreize könnten erforderlich sein,
jedoch sollten Maßnahmen getroffen werden, um sicherzustellen, dass die
Preisbildungssysteme für die Endverbraucher transparent bleiben und
verständlich sind. Die Bürger müssen informiert und in den Entscheidungsprozess
eingebunden werden, bei technologischen Entscheidungen muss das lokale Umfeld
berücksichtigt werden. Die Instrumente, mit denen durch eine
verbesserte Energieeffizienz und Senkung des Verbrauchs auf Preissteigerungen
reagiert werden kann, müssen insbesondere mittelfristig eingeführt sein, wenn
die Preise unabhängig von der verfolgten Politik voraussichtlich steigen
werden. Während eine größere Kontrolle über die Energiekosten und deren Senkung
einen Anreiz bilden könnten, sind der Zugang zu Kapital und neue Formen von
Energiedienstleistungen ausschlaggebend. Insbesondere
für schutzbedürftige Verbraucher könnte eine spezielle Unterstützung notwendig
sein, damit sie die Investitionen finanzieren können, die für die Senkung des
Energieverbrauchs notwendig sind. Wenn der
Umbau des Energiesystems konkret Gestalt annimmt, wird diese Aufgabe noch an
Bedeutung gewinnen. Ein gut funktionierender
Binnenmarkt und Energieeffizienzmaßnahmen sind für die Verbraucher besonders
wichtig. Schutzbedürftige Verbraucher werden vor Energiearmut am besten dadurch
geschützt, dass die Mitgliedstaaten die vorhandenen EU-Rechtsvorschriften im
Energiebereich vollständig durchführen und von innovativen
Energieeffizienzlösungen Gebrauch machen. Da Energiearmut eine der Ursachen für
Armut in Europa ist, sollten die sozialen Aspekte der Festlegung von
Energiepreisen in der Energiepolitik der Mitgliedstaaten berücksichtigt werden. 3.5 Förderung des Wandels auf
internationaler Ebene Für die Übergangszeit bis 2050 muss
Europa seine Versorgung mit fossilen Brennstoffen sichern und diversifizieren
und gleichzeitig die Zusammenarbeit ausbauen, um internationale
Partnerschaften auf breiterer Basis aufzubauen. In
dem Maße, in dem die Energienachfrage Europas weniger auf fossile Brennstoffe
ausgerichtet ist und die Energieproduzenten diversifizierte
Einsparmöglichkeiten entwickeln, muss im Rahmen integrierter Strategien mit den
derzeitigen Lieferanten auf die Vorteile einer Zusammenarbeit in anderen
Bereichen wie erneuerbare Energien, Energieeffizienz und anderen CO2-armen
Technologien eingegangen werden. Die EU sollte
diese Gelegenheit nutzen, um die Zusammenarbeit mit ihren internationalen
Partnern entsprechend der im September 2011 festgelegten neuen Agenda[25]
zu stärken. Der Übergang muss im Rahmen einer
engen Partnerschaft mit den Energiepartnern der EU gestaltet werden, vor allem
mit unseren Nachbarn wie Norwegen und der Russischen Förderation, mit der
Ukraine, Aserbaidschan und Turkmenistan, den Maghreb- und den Golfstaaten,
wobei schrittweise neue Energie- und Industriepartnerschaften aufgebaut werden
sollten. Dieses Ziel wird zum Beispiel mit dem
Energiefahrplan EU-Russland 2050 verfolgt. Energie
leistet auch durch seinen Multiplikatoreffekt in Bezug auf die
Volkswirtschaften der Entwicklungsländer einen wichtigen Beitrag zur
Entwicklungspolitik; am universellen Zugang zu Energie muss weltweit
weitergearbeitet werden[26]. Die EU muss die Verbindungen zwischen dem
europäischen Netz und den Nachbarländern mit besonderem Schwerpunkt auf
Nordafrika (mit Blick auf die bestmögliche Erschließung des
Solarenergiepotenzials der Sahara) ausbauen und diversifizieren. Außerdem muss sich Europa mit dem Import CO2‑intensiver
Energie, insbesondere von Strom, befassen. Die
Zusammenarbeit bei der Schaffung gleicher Ausgangsbedingungen für die Markt-
und die CO2-Emissionsregulierung, insbesondere im Stromsektor, muss
in dem Maße, in dem der Handel zunimmt und das Thema CO2-Verlagerung
in den Vordergrund rückt, verbessert werden.
4.
Das weitere Vorgehen
Der Energiefahrplan 2050 zeigt, dass die Dekarbonisierung
des Energiesystems möglich ist. Unabhängig davon, welches Szenario
gewählt wird, gibt es eine Reihe von „No-regrets“-Optionen, die die Emissionen
auf effektive und wirtschaftlich tragfähige Weise senken können. Der Umbau des europäischen Energiesystems ist
aus Gründen des Klimaschutzes, der Sicherheit und aus wirtschaftlichen Gründen
zwingend erforderlich. Entscheidungen, die
jetzt getroffen werden, formen das Energiesystem des Jahres 2050. Damit der notwendige Umbau des Energiesystems
rechtzeitig erfolgt, müssen in der EU die politischen Ambitionen viel größer
und das Bewusstsein für die Dringlichkeit stärker ausgeprägt sein. Die Kommission wird auf der Grundlage dieses
Fahrplans Gespräche mit anderen EU-Organen, den Mitgliedstaaten und beteiligten
Akteuren führen. Die Kommission wird ihn regelmäßig
aktualisieren und dabei prüfen, welche Maßnahmen in Anbetracht der
erzielten Fortschritte und eingetretenen Änderungen angebracht sind. Sie plant
einen iterativen Prozess zwischen den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer
nationalen Politikansätze und der EU, der zu raschen Maßnahmen für den Umbau
des Energiesystems führt, mit dem die Ziele Dekarbonisierung, größere
Versorgungssicherheit und mehr Wettbewerbsfähigkeit zum Vorteil aller erreicht
werden. Die Gesamtsystemkosten für den Umbau des
Energiesystems sind in allen Szenarios ähnlich. Eine
gemeinsame Herangehensweise der EU kann zur Kostendämpfung beitragen. Die Energiepreise steigen weltweit. Im Fahrplan wird gezeigt, dass es zwar bis ungefähr
2030 einen Preisanstieg geben wird, neue Energiesysteme jedoch danach
Preissenkungen zur Folge haben können. Verzerrungen
des Energiebinnenmarkts, auch durch künstlich niedrige, regulierte Preise,
sollten vermieden werden, da diese falsche Signale an die Märkte senden und die
Anreize für Energieeinsparungen und andere CO2-arme Investitionen
beseitigen würden, was die Änderungen aufhalten würde, die letzten Endes die
Preise langfristig sinken lassen. Die Gesellschaft muss auf eine Erhöhung der
Energiepreise in den nächsten Jahren vorbereitet werden und sich darauf
einstellen. Schutzbedürftige Kunden und energieintensive Branchen benötigen
während eines Übergangszeitraums möglicherweise Unterstützung. Die eindeutige
Botschaft ist, dass sich die Investitionen im Hinblick auf Wachstum,
Beschäftigung, größere Energieversorgungssicherheit und niedrigere
Brennstoffkosten rentieren werden. Der Umbau schafft ein neues Umfeld
für die europäische Industrie und kann die Wettbewerbsfähigkeit verbessern. Um dieses neue Energiesystem verwirklichen zu
können, müssen zehn Bedingungen erfüllt werden: (1)
Die vollständige Umsetzung der Energiestrategie 2020
der EU hat unmittelbare Priorität. Alle
vorhandenen Rechtsvorschriften müssen angewandt und die Vorschläge insbesondere
zur Energieeffizienz, Infrastruktur, Sicherheit und internationalen
Zusammenarbeit, die derzeit erörtert werden, zügig verabschiedet werden. Der Weg zu einem neuen Energiesystem hat auch eine
soziale Dimension; die Kommission wird den sozialen Dialog und die
Einbeziehung der Sozialpartner weiter fördern, um zu einem gerechten Übergang
und zu einer effizienten Bewältigung des Wandels beizutragen. (2)
Das Energiesystem und die Gesellschaft insgesamt
müssen wesentlich energieeffizienter gestaltet sein. Die zusätzlichen
Vorteile, die sich aus dem Erreichen von Energieeffizienz im Rahmen einer
breiter gefassten Agenda für Ressourceneffizienz ergeben, sollten dazu
beitragen, die Ziele schneller und kosteneffizient zu erreichen. (3)
Dem Ausbau der erneuerbaren Energien sollte
weiterhin besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Ihre Ausbaurate, ihre
Auswirkungen auf den Markt und ihr schnell wachsender Anteil an der Deckung der
Energienachfrage machen eine Modernisierung des politischen Rahmens
erforderlich. Das EU-Ziel einer Erneuerbare-Energien-Quote von 20 % hat
sich bislang als wirksamer Treiber beim Ausbau der erneuerbaren Energien in der
EU erwiesen; Optionen für Meilensteine bis 2030 sollten rechtzeitig in
Betracht gezogen werden. (4)
Größere öffentliche und private Investitionen in Forschung,
Demonstration und technologische Innovation sind für eine schnellere
Vermarktung aller CO2-armen Lösungen ausschlaggebend. (5)
Die EU hat sich verpflichtet, bis 2014 einen
vollständig integrierten Markt zu realisieren. Neben den bereits aufgezeigten
technischen Maßnahmen gibt es regulierungsbezogene und strukturelle Defizite,
die angegangen werden müssen. Gut konzipierte Marktstrukturinstrumente und neue
Formen der Zusammenarbeit sind die Voraussetzung dafür, dass der
Energiebinnenmarkt sein volles Potenzial entfalten kann, wenn neue
Investitionen in den Energiemarkt fließen und sich der Energiemix ändert. (6)
Die Energiepreise müssen die Kosten besser
widerspiegeln, insbesondere die Kosten der neuen, im
gesamten Energiesystem benötigten Investitionen. Je früher die Preise sich an
den Kosten orientieren, desto leichter wird der Umbau auf lange Sicht sein. Besondere
Aufmerksamkeit sollte den am meisten schutzbedürftigen Gruppen gewidmet
werden, für die die Bewältigung des Umbaus des Energiesystems eine
Herausforderung darstellen wird. Zur Vermeidung von Energiearmut sollten
besondere Maßnahmen auf nationaler und lokaler Ebene festgelegt werden. (7)
Es muss ein neues Bewusstsein für die gebotene
Dringlichkeit und für die kollektive Verantwortung bei der Entwicklung neuer
Energieinfrastrukturen und Energiespeicherkapazitäten in ganz Europa und in
den Nachbarländern zum Tragen kommen. (8)
Bei der Sicherheit und Gefahrenabwehr werden weder
bei konventionellen noch bei neuen Energiequellen Abstriche gemacht. Die EU
muss den Rahmen für Sicherheit und Gefahrenabwehr weiter stärken und die
internationalen Anstrengungen in diesem Bereich anführen. (9)
Ein breiter gefasster und stärker koordinierter
EU-Ansatz für die internationalen Energiebeziehungen muss zur Norm
werden, wozu auch die Intensivierung der Arbeiten für stärkere internationale
Klimaschutzmaßnahmen gehört. (10)
Die Mitgliedstaaten und Investoren brauchen konkrete
Meilensteine. Im Fahrplan für den Übergang
zu einer CO2-armen Wirtschaft sind bereits Meilensteine für die
Treibhausgasemissionen festgelegt. Der nächste
Schritt ist die Festlegung des Politikrahmens bis 2030, einem
einigermaßen vorhersehbaren Zeithorizont, der im Fokus der meisten derzeitigen
Anleger steht. Die Kommission wird auf dieser Basis weiterhin
Initiativen vorstellen, angefangen bei umfassenden Vorschlägen für den
Binnenmarkt, erneuerbare Energien und nukleare Sicherheit im kommenden Jahr. [1] Europäischer Rat, Oktober 2009. [2] KOM(2011) 112 vom 8. März 2011. [3] KOM(2011) 144 vom 28. März 2011. [4] Außerordentliche Tagung des Europäischen Rates vom
4. Februar 2011. [5] Europäischer Rat vom 8./9 März 2007: Bis 2020
Verringerung der Treibhausgasemissionen um 20 % gegenüber 1990 (um
30 %, wenn die entsprechenden internationalen Voraussetzungen gegeben
sind, Europäischer Rat vom 18./11. Dezember 2009), Einsparung von
20 % des EU-Energieverbrauchs gegenüber den Prognosen für 2020; Anteil
erneuerbarer Energien am EU-Energieverbrauch von 20 %, Anteil von
10 % im Verkehrssektor. [6] Siehe auch „Energie 2020 - Eine Strategie für
wettbewerbsfähige, nachhaltige und sichere Energie“, KOM(2010) 639, vom
November 2010. [7] IEA (2011), World Energy Outlook 2011. [8] Hierfür wurde das PRIMES-Energiesystemmodell verwendet. [9] Siehe Anhang: „Ausgewählte Stakeholder-Szenarios“
u. a. mit Szenarios der Internationalen Energieagentur, von
Greenpeace/EREC, der European Climate Foundation und von Eurelectric. Weitere
Studien und Berichte wurden sorgfältig analysiert, darunter der unabhängige
Bericht der Ad-hoc-Beratungsgruppe zum Energiefahrplan 2050. [10] Zu diesen Unwägbarkeiten gehören u. a. das Tempo des
Wirtschaftswachstums, das Ausmaß der globalen Anstrengungen zur Begrenzung des
Klimawandels, geopolitische Entwicklungen, die Höhe der weltweiten
Energiepreise, die Dynamik der Märkte, die Entwicklung künftiger Technologien,
die Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen, gesellschaftliche Veränderungen und
die öffentliche Wahrnehmung. [11] Die europäischen Gesellschaften müssen möglicherweise neu
darüber nachdenken, wie Energie verbraucht wird, z. B. durch eine Änderung
der Städteplanung und der Verbrauchsmuster. Siehe Fahrplan für ein
ressourcenschonendes Europa (KOM(2011) 571). [12] Einzelheiten zu den Szenarios können der Folgenabschätzung
entnommen werden. [13] Die aktuellen Energiesystemkosten lassen sich mit jenen
des Jahres 2050 nicht direkt vergleichen. Während die Sanierungskosten in
vollem Umfang in die Kostenrechnung eingehen, beziehen sich steigende
Immobilienwerte auf Vermögenswerte und Kapitalstockerwägungen, die nicht
Bestandteil der Energieanalyse sind. Da bei den erfassten Kraftfahrzeugkosten
nicht zwischen energiebezogenen und sonstigen Kosten unterschieden werden kann,
stellen sie einen oberen Schätzwert dar. [14] So wird z. B. geschätzt, dass die Strompreise in
Europa 21 % höher als in den Vereinigten Staaten von Amerika oder
197 % höher als in China sind. [15] So könnten in der EU mehr als 5000 Petajoule an
Energie (mehr als der Energieverbrauch Finnlands in drei Jahren) eingespart
werden (SEK(2011) 1067). [16] Richtlinie 2009/28/EG zur Förderung der Nutzung von
Energie aus erneuerbaren Quellen. [17] Andererseits kann eine Beheizung mit Gas effizienter als
die Beheizung mit Strom oder anderen fossilen Brennstoffen sein, was bedeutet,
dass es für Gas in einigen Mitgliedstaaten im Wärmesektor ein
Wachstumspotenzial geben könnte. [18] Einschließlich der Kosten, die sich aus der Notwendigkeit
ergeben, die Widerstandsfähigkeit gegen natürliche und vom Menschen verursachte
Katastrophen zu stärken. [19] Diese Situation wird in den Szenarios nicht behandelt: Bei
der Modellierung wurde der Preisfestsetzungsmechanismus so konzipiert, dass die
Investoren vollständig entgolten werden (vollständige Rückgewinnung des
investierten Kapitals über die Strompreise), was langfristig zu einem Anstieg
der Strompreise führt. [20] Vollständige Marktintegration bis 2014 gemäß dem
Beschluss des Europäischen Rates vom 4. Februar 2011 mit Hilfe des
Infrastrukturausbaus und technischer Arbeiten zu Rahmenleitlinien und
Netzkodizes. [21] Vorschlag für eine Verordnung zu Leitlinien für die
transeuropäische Energieinfrastruktur (KOM(2011) 658) und Vorschlag für
eine Verordnung zur Schaffung der Fazilität „Connecting Europe“
(KOM(2011) 665). [22] ENTSO-Strom (Europäischer Verbund der
Übertragungsnetzbetreiber) und ENTSO-Gas (Europäischer Verbund der
Fernleitungsnetzbetreiber). [23] Aus den Szenarios für den Fahrplan für den Übergang zu
einer CO2-armen Wirtschaft vom März 2011 gehen die zusätzlichen
Kosten eines verzögerten Handelns hervor. Auch im „World Energy Outlook 2011“
der IEA wird behauptet, dass weltweit betrachtet für jeden US-Dollar an
Investitionen, die im Stromsektor vor 2020 nicht getätigt werden, weitere 4,3 USD
nach 2020 aufgewandt werden müssten, um die erhöhten Emissionen auszugleichen. [24] Das API-Szenario weist einen CO2-Wert von ca.
50 EUR im Jahr 2050 aus, während die Dekarbonisierungsszenarios von
einem deutlich höheren Preis ausgehen. [25] Mitteilung zur Energieversorgungssicherheit und
internationalen Zusammenarbeit (KOM(2011) 539. [26] „Für eine EU-Entwicklungspolitik mit größerer Wirkung:
Agenda für den Wandel“ (KOM(2011) 637 vom 13. Oktober 2011).