Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52004DC0261

    Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss - Die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten im Binnenmarkt (Text von Bedeutung für den EWR)

    /* KOM/2004/0261 endg. */

    52004DC0261

    Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss - Die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten im Binnenmarkt (Text von Bedeutung für den EWR) /* KOM/2004/0261 endg. */


    MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS - Die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten im Binnenmarkt (Text von Bedeutung für den EWR)

    Zusammenfassung

    Der Begriff ,Rechtewahrnehmung" bezieht sich auf die Systeme zur Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten, d. h. deren Lizenzierung, Übertragung oder Vergütung für alle Nutzungsarten. Bei der individuellen Rechtewahrnehmung handelt es sich um die Vermarktung von Rechten für die gewerbliche Nutzung durch einzelne Rechteinhaber. Beim System der kollektiven Rechtewahrnehmung verwaltet und überwacht eine Verwertungsgesellschaft als Treuhänder die Rechte mehrerer Inhaber, zieht die Entgelte ein und verteilt sie.

    Seit 1991 haben sich die Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte erheblich weiterentwickelt: Es sind sieben Richtlinien auf dem Gebiet des materiellen Urheberrechts in Kraft getreten, und im Januar 2003 legte die Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Durchsetzung von Rechten (Sanktionen und Rechtsmittel) vor. Die Rechtewahrnehmung wurde bisher nur am Rande im Acquis Communautaire behandelt und weitgehend der Rechtsetzung der Mitgliedstaaten überlassen. Zwischen 1995 und 2002 hat die Kommission umfassende Sondierungen zur Frage der Rechtewahrnehmung - sowohl der individuellen als auch der kollektiven - vorgenommen.

    Als Schlussfolgerung aus dem Sondierungsprozess, behandelt die Mitteilung sowohl die individuelle als auch die kollektive Rechtewahrnehmung sowie die Frage, ob die gegenwärtigen Formen der Rechtewahrnehmung das Funktionieren des Binnenmarktes, insbesondere im Zeitalter der Informationsgesellschaft, behindern.

    In Kapitel 1 wird die Rechtewahrnehmung einschließlich ihrer Beziehungen zum und Auswirkungen auf den Binnenmarkt beleuchtet. Zur Frage der gemeinschaftsweiten Lizenzierung bestimmter Rechte mit grenzüberschreitender Wirkung wurden verschiedene Alternativen in dieser Richtung überprüft. Hier sollte sich die Entwicklung am Markt orientieren und in erster Linie ein breiterer Konsens über die Bedingungen der kollektiven Rechtewahrnehmung angestrebt werden. Ein anderes Thema von Kapitel 1 ist die Einführung von Systemen der digitalen Rechteverwaltung (Digital Rights Management - DRM). Die Kommission ist der Meinung, dass die Entwicklung von Digital Rights Management-Systemen prinzipiell von der Akzeptanz aller Interessenträger, einschließlich der Verbraucher, sowie von der Haltung des Gesetzgebers zum Urheberrecht abhängt. Eine Grundvoraussetzung, einen gemeinschaftsweiten Zugang zu DRM-Systemen und -Dienstleistungen sowohl durch Rechteinhaber wie auch Nutzer und insbesondere Verbraucher zu gewährleisten, liegt in der Interoperabilität von DRM-Systemen und -Dienstleistungen.

    Zur individuellen Rechtewahrnehmung (Kapitel 2) kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass insgesamt eine ausreichende gemeinsame Grundlage in allen Mitgliedstaaten vorhanden ist. In der nationalen Gesetzgebung bestehende Unterschiede haben also bisher keinen ernsthaften Anlass zur Sorge hinsichtlich des Funktionierens des Binnenmarktes gegeben. Die Kommission wird die Entwicklung in den einzelnen Mitgliedstaaten weiter beobachten.

    Kapitel 3 behandelt die kollektive Rechtewahrnehmung , die in allen Mitgliedstaaten der Union fest etabliert ist. Sie ist für bestimmte Rechte zu einem wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Muss geworden, auch in den Beitrittsländern. Dabei sind Effizienz, Transparenz und Rechenschaftsfähigkeit von Verwertungsgesellschaften unerlässlich, wenn der grenzüberschreitende Handel mit Waren und Dienstleistungen, die durch das Urheberrecht oder verwandte Rechte geschützt sind, im Binnenmarkt reibungslos funktionieren soll. Ein besseres Funktionieren des Binnenmarkts in Bezug auf die kollektive Rechtewahrnehmung kann nur entstehen, wenn größere Gemeinsamkeit erzielt wird. Dies betrifft die Einrichtung und den Status von Verwertungsgesellschaften; ihre Arbeiten und ihre Rechenschaftspflicht nach den Regeln redlicher Verwaltung; sowie ihre interne und externe Kontrolle, einschließlich der Mechanismen zur Regelung von Streitigkeiten. Die Festlegung der allgemeinen Bedingungen hierfür durch eine Rahmenregelung der Gemeinschaft hätte zur Aufgabe, das in dieser Mitteilung definierte Ziel zu verwirklichen.

    Einführung

    Der Markt für Waren und Dienstleistungen, die dem Urheberrecht oder verwandten Rechten unterliegen, umfasst eine breite Palette von Produkten und Dienstleistungen. Während traditionelle analoge Güter und Dienstleistungen stets eine wichtige Rolle bei der Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten gespielt haben, eröffnet die Informationsgesellschaft neue Märkte, in denen geschützte Werke durch neue elektronische Produkte und interaktive Dienste verwertet werden können.

    Der wirtschaftliche Beitrag der Urheberrechtsbranchen in der EU liegt unionsweit bei mehr als 5% des BIP [1]. Für die meisten Formen der Verwertung ist mittlerweile der Binnenmarkt auf Grund der Größenvorteile der geeignete Rahmen. Die Grenzen für die Vermarktung von urheberrechtlich oder durch verwandte Rechte geschützten Waren und Dienstleistungen verschwinden mehr und mehr. Urheberrechtlich geschützte Waren und Dienstleistungen werden, und das ist auch wünschenswert, heutzutage europaweit angeboten, wenn es wirtschaftlich machbar ist.

    [1] Die wirtschaftliche Bedeutung von Urheberrechtsschutz und verwandten Schutzrechten in der Europäischen Union war Gegenstand einer von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenen Studie. Die Ergebnisse liegen seit November 2003 vor.

    Der Rechtsrahmen für das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte in der Europäischen Union muss dem Rechnung tragen. Die Ausgestaltung des Urheberrechts in den einzelnen Ländern orientiert sich jedoch an unterschiedlichen rechtlichen und kulturellen Traditionen. Gleichzeitig wurde in den siebziger Jahren deutlich, dass eine Harmonisierung der nationalen Urheberrechtsgesetze notwendig war für einen reibungslos funktionierenden Binnenmarkt ohne unnötige Hindernisse für den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr und ohne Wettbewerbsverzerrungen; das wurde auch in mehreren Entscheidungen des Gerichtshofs [2] hervorgehoben.

    [2] Rechtssache 158/86 Warner Brothers und Metronome Video gegen Christiansen (1988) Slg. 2605; EMI Electrola GmbH gegen Patricia Rechtssache 341/87 Slg. (1989) Seite 79.

    Zwischen 1995 und 2002 fand eine umfassende Sondierung statt; die ersten Harmonisierungsbemühungen konzentrierten sich auf das materielle Urheberrecht. Zwischen 1991 von 2001 wurden sieben Richtlinien verabschiedet [3], durch die Rechte und Ausnahmen sowie bestimmte Elemente des materiellen Urheberrechts harmonisiert wurden.

    [3] Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (ABl. L 122 vom 17.5.1991, S. 42); Richtlinie 92/100/EWG des Rates vom 19. November 1992 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (ABl. L 346 vom 27.11.1992, S. 61); Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung (ABl. L 248 vom 6.10.1993, S. 15); Richtlinie 93/98/EWG des Rates vom 29. Oktober 1993 zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte (ABl. L 290 vom 24.11.1993, S. 9); Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (ABl. L 77 vom 27.3.1996, S. 20); Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (ABl. L 167 vom 22.6.2001, S. 10); Richtlinie 2001/84/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. September 2001 über das Folgerecht des Urhebers des Originals eines Kunstwerks (ABl. L 272 vom 13.10.2001, S. 32).

    Wenn der Binnenmarkt für urheberrechtlich geschützte Waren und Dienstleistungen reibungslos funktionieren soll, brauchen wir jedoch nicht nur eine gemeinsame Grundlage für das materielle Urheberrecht, sondern auch für die verfahrensrechtlichen Vorschriften. Derzeit wird hierzu eine Richtlinie vom Gemeinschaftsgesetzgeber verabschiedet. Der verbleibende Aspekt des Urheberrechts liegt in der Rechtewahrnehmung. Jetzt, wo viele Aspekte des materiellen Urheberrechts harmonisiert worden sind, sollten auch gemeinschaftsweit gleiche Voraussetzungen durch einheitliche Regeln und Bedingungen für die Rechtewahrnehmung gewährleistet werden.

    Mit dieser Mitteilung zieht die Kommission das Fazit aus den Sondierungen der letzten Jahre und schlägt die erforderlichen weiteren Schritte vor.

    1. Rechtewahrnehmung im Binnenmarkt

    1.1. Rechtewahrnehmung - Hintergrund und Hauptmerkmale

    1.1.1. Arten und Verfahren der Rechtewahrnehmung

    Neben allgemeineren wirtschaftlichen Zielen wie Ankurbelung von Investitionen, Wachstum und Beschäftigung dient der Urheberrechtsschutz auch nichtwirtschaftlichen Zielsetzungen, insbesondere der Förderung von Kreativität, kultureller Vielfalt und kultureller Identität. Die Schöpfer literarischer oder künstlerischer Werke sowie die Inhaber verwandter Rechte besitzen das ausschließliche Recht, die Nutzung ihrer Werke sowie anderer Schutzgegenstände gegen Zahlung einer Gebühr bzw. Vergütung zu genehmigen oder zu verbieten. In Fällen, in denen ausschließliche Rechte nicht gegenüber dem Einzelnen durchgesetzt werden können oder eine individuelle Rechtewahrnehmung aufgrund von Zahl und Art der Nutzungen nicht angemessen wäre, wird Rechteinhabern stattdessen ein Vergütungsanspruch gewährt.

    Rechte können individuell oder kollektiv wahrgenommen werden. Ausschließliche Rechte werden in der Regel individuell von den Rechteinhabern selbst, durch Lizenzerteilung an die gewerblichen Nutzer wie Verleger oder Produzenten, oder von Mittlern wie Verlegern, Produzenten oder Vertriebsunternehmen wahrgenommen. Individuelle Rechtewahrnehmung erfolgt normalerweise über Vertragslizenzen; dabei kann es sich um ausschließliche oder nicht ausschließliche Lizenzen für eine oder für alle Nutzungsarten handeln. Vergütungsansprüche werden gewöhnlich durch Verwertungsgesellschaften wahrgenommen, die als Treuhänder der Rechteinhaber fungieren.

    1.1.2. Der bestehende Rechtsrahmen

    Auf internationaler Ebene enthalten Artikel 11bis Abs. 2 und Art. 13 Abs. 1 der Berner Übereinkunft [4] und Artikel 12 des Rom-Abkommens [5] Regelungen zur kollektiven Rechtewahrnehmung und bestimmen, dass Mitgliedstaaten die Voraussetzungen für die Ausübung bestimmter Rechte gesetzlich regeln können (vgl. oben zitierte Artikel der Berner Konvention). Artikel 2 Absatz 6 der Berner Übereinkunft berührt die Rechtewahrnehmung, denn er bestimmt, dass der Schutz ,zugunsten des Urhebers und seiner Rechtsnachfolger" besteht. Artikel 14bis Abs. 2 Buchstabe b legt fest, dass bestimmte Urheber von Filmwerken ihre Rechte nicht getrennt ausüben können.

    [4] Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 9. September 1986 (in der Pariser Fassung vom 28. September 1979).

    [5] Internationales Abkommen über den Schutz der ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern und der Sendeunternehmen vom 26. Oktober 1961.

    Auf nationaler Ebene bestehen erhebliche Unterschiede sowohl in der Gesetzgebung als auch in der Praxis. Die Gesetzgebung auf dem Gebiet der kollektiven Rechtewahrnehmung sowohl in den Mitgliedsstaaten als auch in den Beitrittsländern scheint sich in unterschiedlicher Weise weiterzuentwickeln.

    Auf Gemeinschaftsebene wurde die Thematik in beschränktem Umfang in mehreren Gemeinschaftsrichtlinien behandelt. Bezüglich der individuellen Rechtewahrnehmung bestätigen die Richtlinien in der Regel, dass wirtschaftliche Ausschließlichkeitsrechte übertragen oder abgetreten werden oder Gegenstand von Lizenzverträgen sein können; die Bedingungen der Rechtewahrnehmung als solche werden in diesen Richtlinien jedoch nicht geregelt. Was die kollektive Rechtewahrnehmung angeht, so beziehen sich die Gemeinschaftsrichtlinien häufig auf die Verwaltung durch Verwertungsgesellschaften, regeln jedoch wiederum nicht die Bedingungen der Rechtewahrnehmung als solche [6].

    [6] Vgl. Punkt 3.2.1

    1.2. Auswirkungen des Binnenmarktes auf die Rechtewahrnehmung

    1.2.1. Die territoriale Verankerung der Rechte an geistigem Eigentum

    Traditionell ist auf die Wahrnehmung der Rechte das Recht des Verwertungsortes anwendbar. Dieser Grundsatz wird in Artikel 5 Absatz 2 der Berner Übereinkunft bekräftigt und in den nationalen Gesetzen anerkannt.

    Für die Europäische Union bedeutet das, dass der Urheberrechtsschutz durch die einzelnen Mitgliedstaaten gewährt wird. Es gibt kein gemeinschaftliches Urheberrecht. Bei der Harmonisierung des materiellen Urheberrechts wurde nicht versucht, dessen territoriale Verankerung und die Möglichkeiten der Rechteinhaber zur territorialen Ausübung ihrer Rechte einzuschränken. Das Territorialitätsprinzip ist vom Gemeinschaftsgesetzgeber anerkannt und auch vom Gerichtshof bestätigt worden [7], obwohl er die Auswirkungen des Territorialitätsprinzips in gewissem Grad abgeschwächt hat. Der Gerichtshof hat seine Anwendung nur hinsichtlich der gemeinschaftsweiten Erschöpfung der Verbreitungsrechte, sofern dies in Widerspruch zum freien Warenverkehr gerät, sowie hinsichtlich von Wettbewerbsvorschriften, sofern sich dies aus wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen, aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen oder aus der missbräuchlichen Ausnutzung einer beherrschenden Stellung ergibt, eingeschränkt.

    [7] Vgl. Rechtssache 62/79, Coditel gegen Ciné-Vog Films (1980) Slg. 881; Rechtssache 262/81, Coditel gegen Ciné-Vog Films (1982) Slg. 3381. In der Rechtssache Coditel II (Absatz 14) stellte der Gerichtshof folgendes klar: "Ebenso wie sich nicht ausschließen lässt, dass bestimmte Modalitäten dieser Ausübung gegen Artikel 59 und 60 verstoßen, kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass sich Modalitäten der Ausübung als mit Artikel 85 unvereinbar herausstellen, wenn sie Gegenstand einer Kartellabsprache sind, die möglicherweise eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Markts bezweckt oder bewirkt."

    1.2.2. Grenzüberschreitende Verwertung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten

    Für die meisten Formen der Verwertung ist der Binnenmarkt, auf Grund der Größenvorteile, mittlerweile der geeignete wirtschaftliche Rahmen.

    Im digitalen Umfeld ist der grenzüberschreitende Handel mit Waren und Dienstleistungen, die dem Urheberrecht oder verwandten Rechten unterliegen, die Regel geworden, insbesondere was das Vervielfältigungsrecht, das Recht der öffentlichen Wiedergabe und das Recht der Zugänglichmachung angeht. Bei jeder digitalen Übermittlung sind diese Rechte berührt, sie wurden daher durch Richtlinie 2001/29/EG für diesen Zweck harmonisiert.

    1.2.3. Hindernisse für einen Binnenmarkt auf dem Gebiet der Rechtewahrnehmung

    Die Lizenzierung in der Offline-Welt erfolgt also zunehmend über Ländergrenzen hinweg, und die Online-Lizenzierung erlaubt per definitionem eine grenzüberschreitende Transaktion. Da jedoch für die Lizenzierung das Gesetz des Landes der Verwertung gilt, finden bei einer Verwertung in mehr als einem Mitgliedstaat unterschiedliche Vorschriften Anwendung.

    Im Falle einer individuellen Rechtewahrnehmung gibt es unterschiedliche Vorschriften über den originären Rechtserwerb und die Urheberschaft, die für Urheberrechtsverträge geltenden Bedingungen oder die Schutzkriterien. Auch die Bedingungen für die kollektive Rechtewahrnehmung sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich. Das Fehlen gemeinsamer Vorschriften über die Verwaltung von Verwertungsgesellschaften kann sowohl den Nutzern als auch den Rechteinhabern schaden, da sie in den Mitgliedstaaten jeweils unterschiedlichen Bedingungen, mangelnder Transparenz und mangelnder Rechtssicherheit ausgesetzt sein können. Je unterschiedlicher diese Vorschriften sind, desto schwieriger ist im Prinzip eine grenzüberschreitende Lizenzierung bzw. eine Lizenzierung, die sich auf mehrere oder alle Mitgliedstaaten erstreckt.

    1.2.4. Die Forderung nach gemeinschaftsweiten Lizenzen

    Eine Forderung, die im Sondierungsprozess immer wieder vorgebracht wurde, insbesondere von gewerblichen Nutzern für den wachsenden Markt in der Online-Umgebung, war die nach mehr gemeinschaftsweiter Lizenzierung [8]. In diesem Zusammenhang soll der Begriff ,gemeinschaftsweite Lizenzierung" als Oberbegriff dienen für die Erteilung einer gemeinschaftsweit gültigen Nutzungslizenz durch eine einzelne Verwertungsgesellschaft in einer einzigen Rechtshandlung.

    [8] In einem ähnlichen Zusammenhang stellt die Kommission in zunehmendem Maße eine Forderung nach Zugang zu geschützten Satellitenfernsehprogrammen fest, die von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestrahlt wird als demjenigen, in dem die Zuschauer wohnhaft sind. Derzeitige bedingte Zugangskontrolltechnologien ermöglichen es vollkommen, den Kreis der bezahlenden Zuschauer im Ausstrahlbereich des Satelliten genau zu bestimmen; hingegen führen Geschäftsmodelle und vertragliche Vereinbarungen oftmals zu gebietsbezogenen Dienstleistungsangeboten. Obwohl sich dieses Thema auf den in diesem Abschnitt behandelten Ruf nach gemeinschaftsweiter Lizenzierung bezieht, ist es eher mit Zugangskontrolle als mit Urheberrecht und verwandten Schutzrechten sowie deren Lizenzierung verwurzelt. Vgl. diesbezüglich den Bericht der Kommission über den rechtlichen Schutz elektronischer Bezahldienste, KOM (2003) 198 endg., 24.04.2003, Punkt 4.4.

    Die Betroffenen bemühen sich schon um vertragliche und technische Lösungen, die europa- oder sogar weltweit angemessenen Zugang zu geschützten Werken und anderen Schutzgegenständen gewährleisten

    Eine direkte gemeinschaftsweite Lizenzierung ermöglichte früher die Rahmenvereinbarung zwischen der Gesamtorganisation der Verwertungsgesellschaften (BIEM - Bureau International des Sociétés Gérant les Droits d'Enregistrement et de Reproduction Mécanique) und der Gesamtorganisation der Schallplattenindustrie (IFPI - International Federation of the Phonographic Industry), die BIEM/IFPI-Vereinbarung, die sich auf die Rechte der mechanischen Vervielfältigung bezieht. Hinsichtlich der elektronischen Übermittlung, einschließlich Webcasting und On-demand-Bereitstellung von Musik durch Streaming oder Download teilen Verwertungsgesellschaften seit kurzem der Kommission eine Anzahl von Vereinbarungen angesichts von Negativattesten oder einer Befreiung nach Artikel 81 EG-Vertrag mit. Entsprechend der Absicht der Beteiligten soll in der Regel die gemeinschaftsweite Lizenz von der Verwertungsgesellschaft des Landes erteilt werden, in dem der Content-Provider tätig ist. Für den Bereich der musikalischen Aufführungsrechte sind fast alle größeren Verwertungsgesellschaften, die Urheber vertreten, Vertragspartei eines Gegenseitigkeitsabkommens (des sog. ,Santiago"-Abkommens), das es jeder dieser Gesellschaften ermöglicht, das Recht der öffentlichen Aufführung im Internet über ihr Verwaltungsgebiet hinaus zu lizenzieren. Eine andere internationale Vereinbarung, das sogenannte ,Simulcasting"-Abkommen, betrifft die Vergütungsansprüche von Tonträgerherstellern für die zeitgleiche Wiedergabe von über Hörfunk- oder Fernsehen ausgestrahlten Tonaufnahmen über das Internet. Die Nutzer (in diesem Fall Sendeunternehmen, deren Sendesignale aus einem EWR-Land ausgestrahlt werden) können von jeder Verwertungsgesellschaft innerhalb des EWR eine europaweite Lizenz erhalten. Nach einer anderen Vereinbarung können gemeinschaftsweite Lizenzen für die Online-Nutzung von Werken aus dem Bereich der Kunst und der Fotografie von jeder der beteiligten Verwertungsgesellschaften zu denselben Konditionen erteilt werden (OnLineKunst-Vereinbarung).

    Die erste Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, ist, ob es dem Markt überlassen werden sollte, die gemeinschaftsweite Lizenzierung unter Wahrung der Grundregeln des Schutzes des Urheberrecht einschließlich seiner territorialen Verankerung weiterzuentwickeln, oder ob der Gemeinschaftsgesetzgeber versuchen sollte, die gemeinschaftsweite Lizenzierung voranzubringen.

    Zunächst sei darauf hingewiesen, dass eine gesetzgeberische Maßnahme, die vom Rechteinhaber verlangt, dass er eine gemeinschaftsweite Nutzungserlaubnis erteilt, einer Zwangslizenz gleichkommen könnte. Es müsste sorgfältig geprüft werden, ob eine solche Maßnahme mit den internationalen Verpflichtungen vereinbar ist, die die Gemeinschaft im Berner Übereinkommen und im Rom-Abkommen sowie, in jüngerer Zeit, im WIPO-Urheberrechtsvertrag (WCT) und im WIPO-Vertrag über Darbietungen und Tonträger (WPPT) eingegangen ist. Entsprechend müsste die Vereinbarkeit mit Artikel 295 EG-Vertrag geprüft werden. Diese Erwägungen gelten selbstverständlich unbeschadet der Kompetenzen der Kommission nach Art. 82 EG-Vertrag und in Einklang mit der bisherigen Praxis der Kommission, des Gerichts erster Instanz und des Europäischen Gerichtshofs sowie der gemeinschaftlichen internationalen Verpflichtungen.

    Eine sehr wirksame Lösung wäre eine Gemeinschaftsvorschrift, die bestimmt, dass jede Lizenz, die das Recht der öffentlichen Wiedergabe oder der Zugänglichmachung betrifft, zumindest für grenzüberschreitende Tätigkeiten, per definitionem Nutzungshandlungen in der gesamten Gemeinschaft erlaubt. Das würde bedeuten, dass die öffentliche Wiedergabe oder die Zugänglichmachung, wenn sie irgendwo in der Gemeinschaft genehmigt würde, auch in jedem anderen Mitgliedstaat erlaubt wäre. Eine solche Regelung käme der teilweisen Abschaffung des Territorialitätsgrundsatzes gleich.

    Eine weniger tief greifende Lösung wäre die Übernahme des Modells der Richtlinie 93/83/EWG für das Recht der öffentlichen Wiedergabe und der Zugänglichmachung über Satellitenrundfunk. Nach Artikel 1 Absatz 2b der Richtlinie wird davon ausgegangen, dass die entsprechende Handlung der öffentlichen Zugänglichmachung nur in dem Mitgliedstaat stattfindet, "in dem die programmtragenden Signale unter der Kontrolle des Sendeunternehmens und auf dessen Verantwortung in eine ununterbrochene Kommunikationskette eingegeben werden, die zum Satelliten und zurück zur Erde führt". Wird dieses Modell indessen ohne Einschränkung der Vertragsfreiheit der Parteien wie in Richtlinie 93/83/EWG auf das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte übertragen, führt es nicht zwangsläufig zum gewünschten Ergebnis der länderübergreifenden Lizenzierung [9], weil es lediglich das anwendbare Recht bestimmt und nicht ohne weiteres zur Ausweitung der Lizenz auf den in Frage stehenden Ausstrahlbereich führt. Alternativ könnte man versuchen, die ausschließlichen Rechte der öffentlichen Wiedergabe und der Zugänglichmachung auf einen Vergütungsanspruch zu beschränken, dessen kollektive Wahrnehmung gesetzlich vorgeschrieben ist (was ein wirksames Funktionieren der Verwertungsgesellschaften voraussetzt). Man kann indessen die Auffassung vertreten, dass diese Option nicht in Frage kommt, weil sowohl die Richtlinie 2001/29/EG als auch die WIPO-Internetverträge (WCT und WPPT), durch die diese Rechte festgelegt und harmonisiert werden, bestimmen, dass diese Rechte für Urheber, und das Recht der öffentlichen Wiedergabe auch für Inhaber von verwandten Schutzrechten, ausschließliche Rechte sind. Ein anderer Lösungsansatz bestuende darin, den gewerblichen Nutzern ein Wahlrecht dergestalt zuzugestehen, dass sie die Verwertungsgesellschaft im Europäischen Wirtschaftsraum, die die gewünschte Lizenz erteilt, frei wählen können. Ein derartiges Modell wurde durch die Simulcasting-Vereinbarung verwirklicht, welche von Verwertungsgesellschaften geschaffen wurde, die gewisse Rechteinhaber im Bereich der Online-Nutzung vertreten, wobei das Wahlrecht mit der Verpflichtung der Verwertungsgesellschaften zu einer besseren Gebührentransparenz verknüpft wurde [10].

    [9] Bericht der Europäischen Kommission über die Anwendung der Richtlinie 93/83/EWG des Rates zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung, KOM (2002) 430 endg. vom 26.7.2002.

    [10] Vgl. Punkt 3.4

    Um den Zugang zu diesen Rechten noch weiter zu verbessern, könnten die Verwertungsgesellschaften unter bestimmten Voraussetzungen den Auftrag erhalten, gemeinschaftsweite Lizenzen zu erteilen. Auch diese Lösung würde eine effiziente und rechenschaftsfähige kollektive Rechtewahrnehmung für die gesamte Gemeinschaft erfordern, einschließlich Gegenseitigkeitsvereinbarungen zwischen Verwertungsgesellschaften, die diesen ein Rechteclearing auch für andere Länder ermöglichen.

    Die am wenigsten eingreifende Option bestuende darin, Modalitäten der kollektiven Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften zu regeln, da diese in den meisten Fällen mit der Wahrnehmung der Rechte betraut sind, für die am nachdrücklichsten eine gemeinschaftsweite Lizenzierung gefordert wird. Verwertungsgesellschaften sind bereits in ihrem Land One-Stop-Shops für die Lizenzierung der Rechte am weltweiten Repertoire der von ihnen vertretenen Gruppe von Rechteinhabern. Das ist ein erheblicher Vorteil für Rechteinhaber und Nutzer gleichermaßen und sollte nicht angetastet werden. Gleichzeitig könnten zentrale Lizenzierungsvereinbarungen wie die oben Beschriebenen gefördert werden durch die Beseitigung aller Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten hinsichtlich der gesetzlichen Anforderungen an die kollektive Rechtewahrnehmung und die Einführung von Vorschriften über die redliche Verwaltung für das Funktionieren von Verwertungsgesellschaften.

    1.2.5. Digital Rights Management - (DRM-) Systeme

    In der Diskussion über die Verwaltung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten im neuen digitalen Umfeld ist die digitale Rechteverwaltung (DRM) zu einem Kernthema geworden.

    Das Angebot von DRM-Diensten über eine technologische Infrastruktur zur Verwaltung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten ist sowohl für die individuelle als auch für die kollektive Rechtewahrnehmung von Belang.

    DRM-Systeme können für Rechteclearing, für die Sicherstellung der Bezahlung, für die Rückverfolgung von Handlungen und für die Rechtedurchsetzung eingesetzt werden. Deshalb sind diese Systeme unverzichtbar für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, die sich durch hohes Volumen und niedrige Transaktionswerte auszeichnen; dazu zählen die Erhebung von Gebühren für Zugang, Nutzung und den Dienst selbst sowie Abonnementsmodelle, Werbefinanzierung, Kreditverkäufe oder Abrechnungssysteme. DRM-Systeme sind Mittel zum Zweck und als solche ein wichtiges, wenn nicht das wichtigste Instrument der Rechtewahrnehmung für die neuen digitalen Dienste im Binnenmarkt.

    Den Rechtsrahmen für die Verwaltung von DRM-Systemen liefert die Richtlinie 2001/29/EG. Durch den gesetzlichen Schutz von technischen Maßnahmen und von Informationen über die Wahrnehmung der Rechte, mit denen die Rechteinhaber ihre geschützten Inhalte versehen können, hat der Gemeinschaftsgesetzgeber die rechtlichen Parameter von DRM-Systemen festgelegt und die Grundlage für ihre Weiterentwicklung geschaffen. Der Schutz von technischen Maßnahmen und Informationen über die Wahrnehmung der Rechte wird in Artikel 6 und 7 sowie in mehreren Erwägungsgründen behandelt.

    Mitgliedsstaaten müssen bei der Festlegung des gerechten Ausgleichs im Zusammenhang mit der nach Artikel 5 Abs. 2b vorgesehenen Ausnahmeregelung zur Nutzung zum privaten Gebrauch auch die Anwendung oder Nichtanwendung, d. h. den Grad des Einsatzes (Erwägungsgrund 35) von technischen Maßnahmen berücksichtigen. Die Richtlinie verpflichtet die Mitgliedsstaaten zu einer in sich geschlossenen Anwendung der Ausnahmen. Inwieweit dieses Ziel bezogen auf die Anwendung der Vorschrift über den gerechten Ausgleich erreicht wurde, wird im Rahmen der Überprüfung der die Richtlinie umsetzenden Vorschriften beurteilt werden. Eine derartige Überprüfung wird insbesondere die Kriterien beinhalten, die die Mitgliedsstaaten anwenden oder anwenden werden, um bei der Festlegung der Vergütungssysteme im Rahmen der Ausnahmeregelung für die Privatkopie die Anwendung oder Nichtanwendung von technischen Maßnahmen zu berücksichtigen. Die Kommission hat diesen konkreten Überprüfungsauftrag im Rahmen des nach Artikel 12 eingesetzten Kontaktausschusses inne. Ein größeres Angebot an DRM-Systemen und -Diensten vermag nur dann für Rechteinhaber und Verbraucher von zusätzlichem Nutzen zu sein, wenn es zum Angebot geschützten Inhalts beiträgt und den Zugang von Endnutzern zum geschützten Inhalt ermöglicht. Von daher müssen Transparenz und Klarheit hinsichtlich der Kriterien und Elemente, die Mitgliedsstaaten im Rahmen der Berücksichtigung der Anwendung oder Nichtanwendung von technischen Maßnahmen nutzen oder nutzen werden, über entsprechende Umsetzungsmaßnahmen sichergestellt werden.

    Der weitverbreitete Einsatz von DRMs als eine Möglichkeit, einen gerechten Ausgleich zu erzielen, könnte gegebenenfalls bereits existierende Vergütungssysteme (z. B. Abgabe für das Anfertigen von Privatkopien) überfluessig werden lassen und damit deren Abbau oder sogar völlige Abschaffung rechtfertigen. Andererseits bieten DRMs zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine politische Lösung zur Gewährleistung eines angemessenen Gleichgewichts der beteiligten Interessen, nämlich der Interessen der Urheber und anderer Rechteinhaber oder derjenigen der rechtmäßigen Nutzer, Verbraucher und anderer beteiligter Dritter (Bibliotheken, Service-Provider, Urheber geschützter Inhalte...). DRM-Systeme sind nämlich nicht ohne weiteres eine Alternative zur Politik des Urheberrechts, Parameter in Bezug auf den Schutz des Urheberrechts, seiner Ausnahmen und seiner Beschränkungen aufzustellen, die seit jeher von der Gesetzgebung angewendet werden. Diesbezüglich ist die Kommission auch verpflichtet, im Rahmen des Kontaktausschusses nach Artikel 12 zu überprüfen, ob sich der Einsatz von wirksamen technischen Maßnahmen nachteilig auf gesetzlich zulässige Handlungen auswirkt (sog. Lock up-Techniken).

    Bezüglich der in DRM-Systemen angewandten Technologien wird in Richtlinie 2001/29/EG festgestellt, dass die technische Entwicklung die Verbreitung geschützter Inhalte, insbesondere über Netze, erleichtern wird. Es wird aber auch eingeräumt, dass Unterschiede bei den technischen Maßnahmen dazu führen könnten, dass innerhalb der Gemeinschaft Systeme angewandt werden, die nicht kompatibel sind.

    Obwohl die Wahl des geeigneten Geschäftsmodells bei den Rechteinhabern und den gewerblichen Nutzern verbleibt und die Nutzung von DRM-Systemen freiwillig und marktgetrieben bleibt, muss der bestehende Rechtsrahmen offenbar durch eine globale, interoperable technische Infrastruktur für DRM-Systeme ergänzt werden, die sich auf einen Konsens der Beteiligten stützt und eine Grundvoraussetzung für wirksame Verbreitung und Zugang zu geschütztem Inhalt im Binnenmarkt darstellt.

    Die Schaffung eines Binnenmarkts wird dem Allgemeininteresse besser Rechnung tragen. Hierzu wurden Forschungsprojekte und auf "Open Standards" gerichtete Standardisierungsbemühungen auf EU-Ebene unterstützt; ihre Ergebnisse haben zum Nachweis dazu beigetragen, dass eine interoperable Infrastruktur errichtet werden kann. Der CEN/ISSS-Bericht über Standardisierung und Interoperabilität von DRM zeigt gewerblich angebotene Lösungen auf, die bereits im Markt zum Einsatz gekommen sind, obwohl deren Interoperabilität eine in Angriff zu nehmende Aufgabe bleibt. In Ermangelung eines signifikanten Fortschrittes bei der Einführung von interoperablen DRM-Systemen und -Diensten in nächster Zukunft ist eine Empfehlung vorstellbar, die das Erfordernis der Interoperabilität von DRM-Systemen und -Diensten unterstreichen soll. Eine derartige Empfehlung würde die Veröffentlichung von verfügbaren "Open Standards" umfassen, auf deren Grundlage globale und interoperable DRM-Systeme und -Dienste geschaffen werden können; dies mit dem Ziel, eine Verfestigung der bereits begonnenen Zersplitterung des Marktes zu verhindern. Zweifel verschiedener Interessenträger an der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der angebotenen Technologien sind laut geworden und haben die Nutzung von DRM-Systemen gebremst. Wie bei allen geschützten technischen Systemen und Vorrichtungen kann auch bei DRM-Systemen das Risiko von Umgehungsversuchen nicht völlig ausgeschlossen werden. Der Schutz von DRM-Systemen gegen Umgehung, gegen die Herstellung und den Vertrieb von Umgehungsvorrichtungen und der Schutz von Urheber- und Leistungsschutzrechten gegen jede Form der Piraterie ist deshalb eine unerlässliche Voraussetzung, um dieses Risiko auf ein Minimum zu beschränken und die legale Nutzung von geschütztem Inhalt sowie die Akzeptanz auf Seiten der Rechteinhaber, der gewerblichen Nutzer und der Verbraucher gleichermaßen zu gewährleisten. Die Verbraucherakzeptanz ist der eigentliche Schlüssel zum Erfolg der DRM-Systeme, und sie muss erst noch auf einer breiteren Basis geschaffen werden. Rechteinhaber, gewerbliche Nutzer und Regierungen haben begonnen, und sollten fortfahren, den Verbraucher zu informieren sowie auf ein Umdenken hinzuwirken, was die Verknüpfung von Bereitstellungsmedium und Preis angeht, und eine Lizenzierungskultur hinsichtlich geschützter digitaler Inhalte zu fördern, die sich der Auffassung entgegenstellt, dass im Internet angebotene geschützte Inhalte zwangsläufig kostenlos seien. Bei dieser Vorgehensweise werden sowohl Wahlrecht (hinsichtlich Ausstattung, Netzwerk, Dienste und Inhalt) als auch zugleich der Schutz der Privatsphäre (einschließlich die Gewährleistung von Sicherheit), mithin die beiden wesentlichen Gesichtspunkte, die das Vertrauen des Verbrauchers stärken, aufrechterhalten. Obwohl beide, DRM-Systeme und Vergütungssysteme für die Verwaltung und die Erleichterung des Zugangs zu geschützten Inhalten konzipiert sind, haben sie unterschiedliche Funktionen und Ausgangsbasen. Vergütungssysteme, die von effizient arbeitenden Verwertungsgesellschaften als Treuhänder der Rechteinhaber angewandt werden, sollten potentiellen Endnutzern Zugang zu den geschützten Werken bieten und gleichzeitig die wirtschaftlichen Interessen aller Rechteinhaber, einschließlich kleiner Unternehmen und Privatpersonen, wahren. Von einzelnen Rechteinhabern eingesetzte DRM-Systeme bieten Werkzugang lediglich nach deren Ermessen (oder ihrer Lizenznehmer), denn Anwendungsgrundlage sind hier ausschließliche Rechte (zur Genehmigung oder Untersagung der Nutzung).

    Die Entscheidung, welchem Rechtewahrnehmungssystem der Vorzug gebührt, sollte prinzipiell den Beteiligten und den Entwicklungen am Markt überlassen werden und wird gegebenenfalls auf die Politik des Urheberrechts gegründet sein. In dieser Hinsicht ist eine genaue Beobachtung der Marktentwicklungen ausschlaggebend, um den Schutz des öffentlichen Interesses zu gewährleisten.

    1.3. Fazit

    Ausgangspunkt der Überlegungen über die Rechtewahrnehmung im Binnenmarkt sollten die dem Schutz des geistigen Eigentums innewohnenden Grundsätze sein. Ein funktionierender Rahmen für die individuelle und kollektive Verwaltung und Vermarktung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten ist eine der Voraussetzungen für den Schutz und die Weiterentwicklung der Möglichkeiten, die das Konzept des geistigen Eigentums für die Kreativität, die wirtschaftliche Entwicklung, das Funktionieren des Binnenmarktes und für die Gesellschaft insgesamt eröffnet.

    Die Gesetzgebung der gegenwärtigen und künftigen EU-Mitgliedstaaten in diesem Bereich entwickelt sich parallel zum technischen Wandel und dem Entstehen neuer Märkte weiter. Der Acquis communautaire, d. h. der geltende Rechtsrahmen der Gemeinschaft, auf dem Gebiet des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte geht zwar auf die Rechtewahrnehmung ein, enthält aber keine eigenen Vorschriften für diesen Bereich. Da es kein gemeinschaftliches Urheberrecht gibt, wird der Urheberrechtsschutz für den einzelnen Mitgliedstaat gewährt und durchgesetzt. Dennoch wird die Rechtewahrnehmung zunehmend zu einer grenzüberschreitenden Tätigkeit.

    Auch die Entwicklung von Systemen der digitalen Rechteverwaltung (DRM) sollte grundsätzlich an die Akzeptanz aller Beteiligter, einschließlich Verbraucher, ebenso wie an die Politik des Gesetzgebers im Bereich des Urheberrechts geknüpft sein. Eine Grundvoraussetzung der Gewährleistung gemeinschaftsweiter Zugänglichkeit zu DRM-Systemen und -Diensten für Rechteinhaber, Nutzer und im besonderen Verbraucher liegt in der Interoperabilität von DRM-Systemen und -Diensten. Eine genaue Überwachung der Marktentwicklungen, insbesondere durch Befragung der Beteiligten, bleibt unerlässlich.

    2. Individuelle Rechtewahrnehmung

    2.1. Hauptmerkmale

    Die individuelle Rechtewahrnehmung wird auch in gewissem Umfang in den geltenden Gemeinschaftsrichtlinien behandelt. So wird in Erwägungsgrund 30 der Richtlinie 2001/29/EG bekräftigt, dass die ausschließlichen Rechte, die die Vervielfältigung, die öffentliche Wiedergabe einschließlich der Zugänglichmachung und der Verbreitung (für Urheber) betreffen, unbeschadet der einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte übertragen oder abgetreten werden oder Gegenstand vertraglicher Lizenzen sein können. Ähnliche Vorschriften enthalten Artikel 2 Absatz 4, Artikel 7 Absatz 2 und Artikel 9 Absatz 4 der Richtlinie 92/100/EWG über das ausschließliche Recht, die Vermietung und das Verleihen bzw. die Vervielfältigung und die Verbreitung zu genehmigen oder zu verbieten. Darüber hinaus beinhalten Artikel 2 Absätze 5 und 6 der Richtlinie 92/100/EWG besondere Vorschriften über die Vermutung der Rechtsabtretung.

    2.2. Zu klärende Fragen

    2.2.1. Originärer Rechtserwerb

    Grundlage der individuellen Rechtewahrnehmung ist die originäre Zuordnung der Rechte:das Urheberrecht an einem Werk steht grundsätzlich der natürlichen Person zu, die das Werk geschaffen hat. In einigen Rechtssystemen kann es auch juristischen Personen zustehen.

    Hinsichtlich der speziellen Thematik der Urheberschaft an audiovisuellen Werken ist auf Gemeinschaftsebene ein gewisses Maß an Harmonisierung erzielt worden. Zum Beispiel wird in allen Mitgliedstaaten zumindest der Regisseur eines solchen Werkes als einer der Werkurheber angesehen. Ausführlicher wird diese Frage im Bericht der Kommission vom 6. Dezember 2002 [11] behandelt.

    [11] Bericht der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Frage der Urheberschaft von Filmwerken oder audiovisuellen Werken in der Gemeinschaft, KOM (2002) 691 endg. vom 6.12.2002.

    2.2.2. Gesetzliche Regelung der Rechteübertragung

    Bei der Rechteübertragung geht es um die Übertragung von Vermögensrechten des Urhebers oder ausübenden Künstlers (als originärem Erwerber des Rechts) auf einen Dritten durch Abtretung oder Lizenzerteilung [12]. Die Urheberrechtsgesetze der meisten Mitgliedstaaten schränken die Freiheit der Vertragsparteien bei der Rechteübertragung in einigen Punkten hinsichtlich des Geltungsumfangs ein (z. B. hinsichtlich der Beschränkung der Übertragung von Rechten für Nutzungsarten, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Urheberrechtsvertrags nicht bekannt oder nicht vorhersehbar waren, oder hinsichtlich der Vorschriften über die Kündigung von Verträgen). Solche Bedingungen sind von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedlich ausgestaltet.

    [12] Abtretung ist die Rechteübertragung in ausschließlicher und endgültiger Weise. Lizenzerteilung ist die Erlaubnis, eine Handlung durchzuführen, die ohne diese Erlaubnis eine Verletzung des Urheberrechts oder eines verwandten Schutzrechtes darstellen würde. Eine Lizenz kann ausschließlich oder nicht-ausschließlich sein.

    Auch unterliegen in den meisten Mitgliedstaaten Abtretung und Lizenzierung Formerfordernissen (normalerweise ist die Schriftform vorgeschrieben).

    2.2.3. Inhalt und Auslegung von Verträgen

    Die Rechtsvorschriften vieler Mitgliedstaaten schreiben eine einschränkende Auslegung von Urheberrechtsverträgen vor: die Übertragung von Rechten ist eng auszulegen, im Einklang mit dem Übertragungszweck und, in einigen Mitgliedstaaten, im Zweifelsfall zu Gunsten des Urhebers oder ausübenden Künstlers.

    Was die Höhe der Vergütung angeht, überlassen die meisten Mitgliedstaaten die Festsetzung der an den Urheber oder ausübenden Künstler zu zahlenden Vergütung generell den Vertragsparteien. Einige Mitgliedstaaten schreiben jedoch vor, dass die Vergütung als proportionaler Anteil berechnet werden bzw. angemessen sein muss. Der Vertrag kann Änderungen unterworfen sein, wenn die vereinbarte Vergütung in einem groben Missverhältnis zu den Erträgen aus der Nutzung des Werkes steht (z. B. ,Bestsellerklausel" oder Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben).

    2.3. Fazit

    In einer Reihe von Punkten auf dem Gebiet der individuellen Rechtewahrnehmung scheinen die Mitgliedstaaten und auch die Beitrittsländer weitgehend ähnliche Ansätze zu verfolgen.

    Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist der Grad an Gemeinsamkeit zwischen den Mitgliedstaaten beim Urhebervertragsrecht offenbar ausreichend, sodass kein unmittelbarer Handlungsbedarf auf Gemeinschaftsebene besteht. Bisher haben die Entwicklungen auf einzelstaatlicher Ebene keinen besonderen Anlass zur Besorgnis im Hinblick auf das Funktionieren des Binnenmarktes gegeben, die Kommission wird jedoch die Frage weiterverfolgen müssen.

    3. Kollektive Rechtewahrnehmung

    3.1. Funktionen der kollektiven Rechtewahrnehmung

    3.1.1. Entstehungsgeschichte

    Wie bereits aufgezeigt, war aufgrund der Zahl der Nutzungen und der Nutzer sowie der Rechteinhaber eine individuelle Lizenzierung nicht praxisgeeignet. Dies gilt insbesondere für die Vergütungsansprüche. Daher haben die Rechteinhaber Dritte mit der gemeinsamen Lizenzierung ihrer Werke beauftragt. Entsprechend haben die Nutzer eine einzige Anlaufstelle sowohl für den Erwerb einer Lizenz als auch für die Bezahlung vorgezogen.

    Auf Grund der ihr unterstellten Vorteile bei der Wahrnehmung von Vergütungsansprüchen ist die kollektive Rechtewahrnehmung, d. h. die Wahrnehmung der Rechte durch Verwertungsgesellschaften, in mehreren Ländern gesetzlich vorgeschrieben.

    3.1.2. Hauptmerkmale der kollektiven Rechtewahrnehmung

    Normalerweise werden von der Verwertungsgesellschaft, einem Treuhänder, die Rechte einer ganzen Gruppe von Rechteinhabern verwaltet und überwacht und die Nutzungsentgelte eingezogen und verteilt, und zwar auf der Grundlage nationaler Rechtsvorschriften für das Hoheitsgebiet ihres Landes.

    Verwertungsgesellschaften nehmen Rechte an Werken der Musik und Literatur, dramatischen Werken, audiovisuellen Werken, Produktionen und Darbietungen wie das Recht der öffentlichen Wiedergabe und der Kabelweiterverbreitung von Rundfunkprogrammen, der mechanischen Vervielfältigung und der Reprografie, das Verleihrecht für öffentliche Einrichtungen, das Folgerecht der Künstler sowie das Recht zur Vervielfältigung zum Privatgebrauch oder für bestimmte Unterrichtszwecke wahr.

    Aus Sicht der Nutzer fällt Verwertungsgesellschaften deshalb eine Schlüsselrolle bei der Lizenzierung bestimmter Rechte zu, soweit sie Zugang zu einem weltweiten Rechtekatalog bieten. In diesem Sinne fungieren Verwertungsgesellschaften als One-Stop-Shop für die Lizenzierung. Die kollektive Rechtewahrnehmung erlaubt auch einzelnen Rechteinhabern, Unternehmen und Einzelpersonen, die sich auf weniger lukrativen Märkten oder auf Nischenmärkten bewegen oder deren Verhandlungsposition nicht stark genug ist, ihre Rechte effizient wahrzunehmen. In dieser Hinsicht tragen Verwertungsgesellschaften die soziale Verantwortung dafür, dass alle von ihnen vertretenen Rechteinhaber ihre Rechte am geistigen Eigentum zu erschwinglichen Kosten wahrnehmen können.

    3.2. Der Rechtsrahmen

    3.2.1. Kollektive Rechtewahrnehmung im Acquis communautaire

    Die Gemeinschaftsrichtlinien über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte enthalten häufig Verweise auf die Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften. Im Zusammenhang mit der Harmonisierung des Anspruchs auf eine angemessene Vergütung wird in Artikel 4 Absätze 3 und 4 der Richtlinie 92/100/EWG die Rechtewahrnehmung durch eine Verwertungsgesellschaft als Möglichkeit genannt. Artikel 9 der Richtlinie 93/83/EWG schreibt für die Kabelweiterverbreitung die Rechtewahrnehmung durch eine Verwertungsgesellschaft vor. Artikel 1 Absatz 4 dieser Richtlinie enthält eine Definition der ,Verwertungsgesellschaft" [13].

    [13] Artikel 1 Absatz 4 der Kabel- und Satellitenrichtlinie lautet: ,Für die Zwecke dieser Richtlinie bedeutet ,Verwertungsgesellschaft" jede Organisation, die Urheber- oder verwandte Schutzrechte als einziges Ziel oder als eines ihrer Hauptziele wahrnimmt oder verwaltet."

    Im verfügenden Teil der Richtlinie 2001/29/EG über das Urheberrecht in der Informationsgesellschaft wird die kollektive Rechtewahrnehmung nicht erwähnt. Jedoch wird in Bezug auf das Recht der Zugänglichmachung in Erwägungsgrund 26 festgestellt, dass es wünschenswert sei, Vereinbarungen über Sammellizenzen zu fördern, um das Rechteclearing für Radio- und Fernsehproduktionen, die Musik aus gewerblichen Tonträgern enthalten und von den Sendeunternehmen auf Abruf angeboten werden, zu erleichtern. Schließlich ergibt sich auch aus den Erwägungsgründen 17 und 18, dass die kollektive Rechtewahrnehmung für die Anwendung der Richtlinie wichtig ist [14].

    [14] Erwägungsgrund 17: ,Insbesondere aufgrund der durch die Digitaltechnik bedingten Erfordernisse muss sichergestellt werden, dass die Verwertungsgesellschaften im Hinblick auf die Beachtung der Wettbewerbsregeln ihre Tätigkeit stärker rationalisieren und für mehr Transparenz sorgen." Erwägungsgrund 18: ,Diese Richtlinie berührt nicht die Regelungen der betroffenen Mitgliedstaaten für die Verwaltung von Rechten, beispielsweise der erweiterten kollektiven Lizenzen."

    Sie scheint auch die De-facto-Grundlage für die Wahrnehmung des Folgerechts von Künstlern nach Richtlinie 2001/84/EG zu sein, auch wenn sie nicht verbindlich vorgeschrieben wird. Die geltenden Gemeinschaftsrichtlinien überlassen die Regelung der Tätigkeit von Verwertungsgesellschaften den Mitgliedstaaten, und nur die beiden jüngsten Richtlinien, 2001/29/EG und 2001/84/EG, enthalten die Aufforderung, für mehr Transparenz und Effizienz bei der Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften zu sorgen.

    3.2.2. Kollektive Rechtewahrnehmung im einzelstaatlichen Recht

    Die kollektive Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften ist in den meisten Mitgliedstaaten mehr oder weniger stark gesetzlich geregelt. Erhebliche Unterschiede gibt es indessen sowohl in der Gesetzgebung als auch in der Praxis. Außerdem entwickelt sich die Gesetzgebung der Mitgliedstaaten und Beitrittsländer über die kollektive Rechtewahrnehmung weiter. In Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Luxemburg und Portugal beispielsweise sind neue Gesetze verabschiedet oder eingebracht worden, die die Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften transparenter machen und Letztere einer strengeren Rechenschaftspflicht unterwerfen sollen. Es hat den Anschein, dass diese Rechtsfortbildung nicht zwangsläufig überall nach dem gleichen Muster oder mit den gleichen Zielen erfolgt.

    3.3. Sondierungen über kollektive Rechtewahrnehmung im Binnenmarkt

    Seit Beginn der Diskussion auf Gemeinschaftsebene über das Urheberrecht in der Informationsgesellschaft in den 90er Jahren stand die Rechtewahrnehmung im allgemeinen und die kollektive Rechtewahrnehmung im besonderen im Mittelpunkt des Interesses und wurde auf jeder der vier von der Kommission veranstalteten internationalen Urheberrechtskonferenzen erörtert [15].1996 stellte die Kommission in ihrer Mitteilung über Initiativen zum Grünbuch aus dem Jahr 1995 erste Überlegungen zu dieser Thematik an. Darüber hinaus veranstaltete die Kommission im November 2000 eine zweitägige Anhörung ausschließlich zum Thema kollektive Rechtewahrnehmung.

    [15] Florenz (1996), Wien (1998), Straßburg (2000) und Santiago de Compostela (2002)

    Er führte zu drei allgemeinen Schlussfolgerungen. Erstens: Es herrscht generell Einigkeit darüber, dass ein Binnenmarkt für Rechte und Ausnahmen nicht ohne eine hinreichende gemeinsame Basis hinsichtlich der Form der Rechtewahrnehmung geschaffen werden kann. Zweitens: Die kollektive Rechtewahrnehmung in einigen Marktsegmenten liegt sowohl im Interesse der Rechteinhaber als auch der Nutzer. Die meisten Betroffenen stellen die wirtschaftliche, kulturelle und soziale Funktion von Verwertungsgesellschaften nicht in Frage. Drittens: Es gibt eine weit verbreitete Forderung nach mehr Einheitlichkeit bei den Bedingungen, unter denen die Verwertungsgesellschaften arbeiten, um sie effizienter zu machen und einen besseren Zugang zu Lizenzen zu gewährleisten, vor allem auf Gemeinschaftsebene. Die Kommission stellt jedoch fest, dass die kollektive Rechtewahrnehmung von gewerblichen Nutzern, Verbrauchern und den Rechteinhabern sehr unterschiedlich wahrgenommen wird. Das hat zu relativ unterschiedlichen Haltungen in den Mitgliedstaaten und auch auf Gemeinschaftsebene geführt.

    Die Kritik der Nutzer hat sich gegen die Gebührensätze, die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften sowie die Rechtsweggarantie oder den Zugang zu Schiedsstellen gerichtet. In jüngster Zeit standen auch die Verwaltungsgebühren, die die Verwertungsgesellschaften berechnen, die lange Dauer der Verhandlungen, angebliche Defizite ihrer internen Entscheidungsprozesse und ein offensichtlicher Transparenzmangel bei der Preispolitik im Brennpunkt der Kritik. Auch bestimmte Rechteinhaber üben Kritik an der kollektiven Rechtewahrnehmung. Diejenigen, die sich in einer hinreichend starken Verhandlungsposition befinden, beispielsweise große Tonträgerhersteller, versuchen in zunehmendem Maße, von Verwertungsgesellschaften für die Wahrnehmung ihrer Rechte unabhängig zu sein. Aus ihrer Sicht hat die Digitalisierung mit Watermarking, Identifizierung und Rückverfolgung der Werknutzung die Rechteinhaber prinzipiell in die Lage versetzt, die Lizenzierung und die Bezahlung von Nutzungsgebühren selbst zu kontrollieren, sodass die Rolle der kollektiven Rechtewahrnehmung in Frage gestellt wird.

    Rechteinhaber mit weniger Verhandlungsmacht teilen diese Auffassung nicht unbedingt, denn sie können bestimmte Rechte nur über Verwertungsgesellschaften wahrnehmen und befürworten daher in der Regel die kollektive Rechtewahrnehmung. Allerdings würden sich die meisten Rechteinhaber von den Verwertungsgesellschaften mehr Flexibilität hinsichtlich der Abtretung von Rechten und für sich selbst mehr Einfluss bei der Verteilung der Entgelte wünschen. Darüberhinaus gibt es, was Gegenseitigkeitsvereinbarungen angeht, unter den Rechteinhabern von verwandten Schutzrechten Bedenken, dass das System der sogenannten B-Verträge, wonach keine Geldtransfers stattfinden, sondern vielmehr jede Gesellschaft die Entgelte für ihr Verwaltungsgebiet einzieht und nur an ihre eigenen Rechteinhaber ausschüttet, nicht ordnungsgemäß zwischen den Verwertungsgesellschaften, die verwandte Schutzrechte verwalten, funktioniert [16].

    [16] Nebenbemerkung : A-Verträge sehen den wechselseitigen Transfer eingezogener Vergütungen ohne jegliche Fristen für Anspruch oder Transfer vor.

    3.4. Kollektive Rechtewahrnehmung und Wettbewerb

    Die Anwendung von EU-Wettbewerbsrecht auf Verwertungsgesellschaften hat den Gerichtshof wie auch die Kommission seit jeher zu Stellungnahmen zu drei großen Themengebieten veranlasst: a) das Verhältnis zwischen Verwertungsgesellschaften und ihrer Mitglieder, b) das Verhältnis zwischen Verwertungsgesellschaften und Nutzern sowie c) das wechselseitige Verhältnis der einzelnen Verwertungsgesellschaften untereinander. Neuere technische Entwicklungen wie z. B. im Bereich des Internets haben aus Sicht der Kommission eine Neubewertung einiger für den analogen Bereich vormals geltenden Grundsätze erforderlich gemacht.

    a) Verwertungsgesellschaften handeln aus Sicht der Rechteinhaber als ihre Treuhänder, die ihre Rechte und Interessen verwalten. Der allgemeine Rahmen des Verhältnisses zwischen Verwertungsgesellschaften und ihrer Mitglieder wird in den drei GEMA-Entscheidungen [17] der Kommission aufgezeigt; diese Entscheidungen nehmen insbesondere auch dazu Stellung, inwieweit es mit Artikeln 81 und 82 EG-Vertrag vereinbar ist, dass Verwertungsgesellschaften die Übertragung von Rechten auf sie durch ihre Mitglieder in Bezug auf sämtliche Nutzungsarten eines Musikwerks verlangen. Die Kommission vertritt den Standpunkt, dass es angesichts der technischen Entwicklung (z. B. Online-Services) möglicherweise erforderlich ist, die in den 70er Jahren aufgestellten "GEMA-Kategorien" neu zu überdenken. In einer neueren Entscheidung hat die Kommission die Auffassung vertreten, dass eine derartige zwingende Vorschrift in der Satzung einer Verwertungsgesellschaft, wonach alle Rechte eines Urhebers einschließlich ihrer Online-Nutzung auf erstere übertragen werden, vor dem Hintergrund, dass eine derartige Praxis einer unangemessenen Handelsbedingung gleichkommt, auf eine missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung im Sinne von Artikel 82 Buchstabe a hinausläuft [18]. Zur Mitgliedschaft in einer Verwertungsgesellschaft hat die Kommission auch ausgeführt, dass eine Verwertungsgesellschaft in einer beherrschenden Stellung nicht dazu befugt ist, Rechteinhaber aus anderen Mitgliedsstaaten von einer Mitgliedschaft auszunehmen [19].

    [17] GEMA I, Entscheidung vom 20.06.1971, ABl. L 134, S. 15; GEMA II, Entscheidung vom 06.07.1972, ABl. L 166, S. 22; GEMA III, Entscheidung vom 04.12.1981, ABl. L 94, S. 12

    [18] Banghalter und Homem Christo gegen Sacem (sog. "Draftpunk"-Entscheidung), COMP/C2/37.219, Entscheidung vom 06.08.2002, http://europa.eu.int/comm/competition/ antitrust/cases/decisions/37219/fr.pdf

    [19] GEMA I, Entscheidung vom 20.06.1971, ABl. L 134, S. 15; GVL, Entscheidung vom 29.10.1981, ABl. L 370, S. 49

    b) Das Verhältnis zwischen Verwertungsgesellschaften und Nutzern hat im Wesentlichen drei Fragen aufgeworfen: Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedsstaaten, sachlicher Anwendungsbereich von auf Nutzer übertragene Lizenzen und die Höhe der den Lizenznehmern in Rechnung gestellten Gebühren. Beispielsweise kann eine Verwertungsgesellschaft als ein beherrschendes (oft sogar monopolistisches) Unternehmen nach Artikel 82 einem Nutzer die Lizenzerteilung in ihrem eigenen Land nicht ohne berechtigten Grund verweigern. Der Gerichtshof legte dar, dass sich Verwertungsgesellschaften nicht an einer konzertierten Aktion beteiligen dürfen, die bewirkt, dass einem im Ausland wohnenden Nutzer der direkte Zugang zu ihrem Repertoire systematisch verweigert wird; eine mögliche Begründung für eine derartige Weigerung ist in der Undurchführbarkeit des Aufbaus eines Überwachungssystems im Ausland zu sehen [20]. Zu den Gebührensätzen führte der Gerichtshof aus, dass einer der signifikantesten Unterschiede zwischen den Verwertungsgesellschaften in den Mitgliedsstaaten in der Höhe der Betriebsausgaben besteht. Seiner Auffassung nach ist nicht auszuschließen, dass der fehlende Wettbewerb auf diesem Markt für hohe Verwaltungskosten und hohe Nutzungsgebühren verantwortlich zeichnet [21]. Nach Aussage des Gerichtshofs ist Artikel 82 des Vertrags auch dahingehend zu interpretieren, dass eine Verwertungsgesellschaft in einem bestimmten Mitgliedsstaat ihre beherrschende Stellung missbräuchlich ausnutzt, wenn sie gegenüber ihren Handelspartnern unangemessene Bedingungen durchsetzt, insbesondere durch Festlegung von im Vergleich zu anderen Mitgliedsstaaten weitaus höheren Vergütungsätzen, solange diese Unterschiede nicht durch objektive und wichtige Faktoren gerechtfertigt sind [22].

    [20] Ministère Public gegen Tournier, 395/97, 13.07.1989, Slg. 1989, Seite 2521.

    [21] Vgl. vorhergehende Fn.

    [22] Lucazeau gegen SACEM, Fälle 110/88, 241/88 und 242/88, 13. Juli 1989, Slg. 1989, Seite 2811

    c) Die Gegenseitigkeitsvereinbarungen zwischen Verwertungsgesellschaften hat der Gerichtshof in den Entscheidungen "Tournier" und "Lucazeau" aus dem Jahr 1989 [23] behandelt und geschlussfolgert, dass die von Verwertungsgesellschaften in Europa geschlossenen Gegenseitigkeitsvereinbarungen nicht ohne weiteres unter Artikel 81 fallen, wenn sie nachweislich keine abgestimmten Vorgehensweisen oder Ausschließlichkeitsregelungen enthalten. Entsprechend erschienen Gegenseitigkeitsvereinbarungen dort als wirtschaftlich gerechtfertigt, wo die Kontrolle von urheberrechtlich geschützter Nutzung vor Ort erforderlich war. Die recht neue Kommissionsentscheidung "Simulcasting" [24] passt die existierenden Vorschriften der Online-Umgebung an und führt eine Neubewertung der im Rahmen der Rechtewahrnehmung anfallenden Tätigkeiten unter dem Blickwinkel der gemeinschaftlichen Wettbewerbsvorschriften durch. Das durch Internet und Digitalformat von Produkten bedingte Fehlen von gebietsmäßiger Begrenzung in der Online-Umgebung ermöglicht Nutzern bei der Frage der Erteilung der Lizenz die Wahl jeder Verwertungsgesellschaft im Europäischen Wirtschaftsraum, die ein Mitglied des One-Stop-Shops ist. Darüber hinaus verpflichteten sich die Parteien zu einer besseren Gebührentransparenz durch klares Aufsplitten in den Gebührenteil, der die Nutzungsvergütung betrifft, und denjenigen, der die Verwaltungskosten abdeckt. Bei dieser Vorgehensweise werden die gewerblichen Nutzer in die Lage versetzt, die am effizientesten arbeitenden Verwertungsgesellschaften im Europäischen Wirtschaftsraum zu erkennen und ihre Lizenzen bei den preislich günstigeren Verwertungsgesellschaften zu beantragen.

    [23] Siehe oben.

    [24] COMP/C2/38.014 IFPI Simulcasting, Entscheidung vom 08.12.2002, ABl. Vom 30.04.2003, L 107, S. 58

    3.5. Fragen, die gesetzgeberische Maßnahmen erfordern

    Die Wettbewerbsvorschriften sind zwar nach wie vor ein wirksames Instrument zur Regulierung des Marktes und des Verhaltens der Verwertungsgesellschaften, ein Binnenmarkt für die kollektive Rechtewahrnehmung kann aber am besten dann geschaffen werden, wenn die Überwachung von Verwertungsgesellschaften unter dem Blickwinkel der Wettbewerbsvorschriften durch die Schaffung eines gesetzlichen Rahmens zur redlichen Verwaltung ergänzt wird.

    Das Ergebnis des Sondierungsprozesses legt auf die urheberrechtsbezogenen Regeln und Prinzipien des Binnenmarktes gestützte gesetzgeberische Maßnahmen nahe, die das Funktionieren des Binnenmarktes im Bereich der kollektiven Rechtewahrnehmung für alle Beteiligten sicherstellen würden.

    Um einheitliche Bedingungen im Bereich der kollektiven Rechtewahrnehmung im Binnenmarkt zu erreichen, ist Einheitlichkeit in Bezug auf folgende Merkmale erforderlich:

    3.5.1. Gründung und Status von Verwertungsgesellschaften

    Es existieren unterschiedliche Anforderungen und eine Reihe von Modellen für die Gründung einer Verwertungsgesellschaft. Was den Status angeht, so kann es sich bei Verwertungsgesellschaften um Kapitalgesellschaften, gemeinnützige Einrichtungen, Einrichtungen mit und Einrichtungen ohne Gewinnzweck handeln. Der Sondierungsprozess bewies, dass die Effizienz einer Verwertungsgesellschaft offensichtlich nicht mit ihrer Rechtsform zusammenhängt. Eine Verwertungsgesellschaft kann in der Rechtsform ihrer Wahl oder der im innerstaatlichen Recht vorgeschriebenen Rechtsform ordnungsgemäß errichtet werden, solange sie die einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften erfuellt und die betreffenden nationalen Gesetze keine diskriminierende Wirkung haben. Ebenso müssen Artikel 82 und 86 EG-Vertrag beachtet und angewendet werden, wenn die Verwertungsgesellschaft als ein gesetzliches Monopol errichtet ist oder besondere Rechte nach nationalem Recht gewährt werden.

    Da indessen Verwertungsgesellschaften auf Grund ihrer besonderen wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Funktion in der Eigenschaft als Treuhänder der Rechteinhaber besondere Verantwortung tragen, sollten in allen Mitgliedstaaten für die Gründung einer Verwertungsgesellschaft ähnliche Voraussetzungen gelten. Im Interesse verantwortungsvoller Verwaltung erscheint eine gemeinschaftsweite Angleichung der Anforderungen geboten hinsichtlich der Personen, die eine Gesellschaft gründen können, des Status' der Gesellschaft, des Nachweises der Leistungsfähigkeit, der Rechnungslegungspflichten und der Mindestzahl vertretener Rechteinhaber.

    3.5.2. Die Beziehung zwischen Verwertungsgesellschaften und Nutzern

    Normalerweise vertreten Verwertungsgesellschaften ein breites, wenn nicht sogar ein weltweites Repertoire und sind als einzige in ihrem Tätigkeitsfeld befugt, die betreffenden Rechte wahrzunehmen. Diese Ausschließlichkeit verschafft ihnen eine starke Position gegenüber den Nutzern. Das wird von den meisten geschätzt, weil es den Verwertungsgesellschaften ermöglicht, als One-Stop-Shops für die Lizenzierung zu fungieren. Allerdings haben Nutzer gewisse Vorbehalte gegenüber der kollektiven Rechtewahrnehmung geäußert; diese betreffen insbesondere die Lizenzgebühren und die Lizenzierungsbedingungen. Verwertungsgesellschaften sollten verpflichtet werden, ihre Gebührensätze zu veröffentlichen und Lizenzen zu angemessenen Bedingungen zu erteilen. Weiterhin ist es für die Nutzer von zentraler Bedeutung, dass sie die Gebührensätze anfechten können, entweder vor Gericht oder vor speziell dafür eingerichteten Schiedsstellen bzw. mit Unterstützung der für die Verwertungsgesellschaften zuständigen Aufsichtsbehörden.

    Was die Gültigkeit von Lizenzierungsbedingungen angeht, so sei darauf hingewiesen, dass in einigen Mitgliedstaaten die Pflicht der Verwertungsgesellschaften zur Erteilung von Lizenzen mit der Auflage verknüpft ist, dies zu angemessenen Bedingungen zu tun. Umgekehrt sollte die Nutzung ohne Bezahlung nicht gestattet werden. Einige Mitgliedstaaten haben Vorschriften, wonach potenzielle Nutzer, die die Gebührensätze der Verwertungsgesellschaft anfechten, die Rechte nur weiter nutzen dürfen, wenn sie bei der Verwertungsgesellschaft einen bestimmten Betrag hinterlegt haben.

    Es sollte eine gemeinschaftsweite Anwendung dieser Grundsätze geschaffen werden, um den Zugang zu geschützten Werken und anderen Schutzgegenständen zu angemessenen Bedingungen zu fördern oder sicherzustellen.

    3.5.3. Die Beziehung zwischen Verwertungsgesellschaften und Rechteinhabern

    Normalerweise ist nur eine Verwertungsgesellschaft für eine Gruppe von Rechteinhabern auf dem jeweiligen Hoheitsgebiet treuhänderisch tätig; sie ist der einzige Wächter ihres Markts in Bezug auf die kollektive Wahrnehmung ihrer Rechte. Die Grundsätze der redlichen Verwaltung, der Nichtdiskriminierung, der Transparenz und der Rechenschaftspflicht der Verwertungsgesellschaften gegenüber ihren Rechteinhabern sind deshalb besonders wichtig. Diese Grundsätze sollten für den Erwerb von Rechten (den Wahrnehmungsauftrag), die Bedingungen der Mitgliedschaft (einschließlich der Beendigung der Mitgliedschaft), der Vertretung und die Position der Rechteinhaber innerhalb der Gesellschaft (Zugang der Rechteinhaber zu internen Dokumenten und Rechnungslegungsunterlagen über Lizenzeinnahmen, Ausschüttungen und Abzügen, echter Einfluss der Rechteinhaber auf den Entscheidungsprozess wie auch auf soziale und kulturelle Politik ihrer Gesellschaft) gelten. Der Wahrnehmungsauftrag sollte Rechteinhabern ein angemessenes Maß an Flexibilität im Hinblick auf Laufzeit und Umfang anbieten. Zudem sollten Rechteinhaber angesichts der zunehmenden Verbreitung von Systemen der digitalen Rechteverwaltung zumindest prinzipiell, und solange das Gesetz nichts anderes vorschreibt, die Möglichkeit haben, bestimmte Rechte individuell wahrzunehmen, wenn sie das wünschen.

    3.5.4. Die externe Kontrolle der Verwertungsgesellschaften

    In einigen Mitgliedstaaten unterliegen Verwertungsgesellschaften der staatlichen Aufsicht bzw. einer besonderen Kontrolle, dies allerdings nach Umfang und Wirksamkeit sehr uneinheitlich. Die externe Kontrolle umfasst das Verhalten der Gesellschaften, ihre Funktionsweise, die Kontrolle der Gebührensätze und Lizenzierungsbedingungen und auch die Regelung von Streitigkeiten. Aus Binnenmarktsicht sind die bestehenden Unterschiede bei der Kontrolle von Verwertungsgesellschaften beträchtlich und können nicht ignoriert werden. Von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat unterschiedliche Vorschriften über die Kontrolle der Gesellschaften errichten Schranken für die Wahrung der Interessen der Rechteinhaber und Nutzer gleichermaßen angesichts der Ausschließlichkeitsstellung der meisten Verwertungsgesellschaften und ihres Netzes von Gegenseitigkeitsvereinbarungen. Folglich sollten in allen Mitgliedstaaten geeignete externe Kontrollmechanismen zur Verfügung stehen.

    Aus Binnenmarktperspektive wäre es nützlich, eine gemeinsame Grundlage für bestimmte Parameter der externen Kontrolle zu schaffen und bestimmte Behörden (z. B. besondere Gerichte, Verwaltungsbehörden oder Schiedsstellen) in allen Mitgliedstaaten einzuführen sowie eine gemeinsame Grundlage für ihre Zuständigkeiten, ihre Zusammensetzung und den Status ihrer Entscheidungen (bindend oder nicht bindend) zu schaffen.

    3.6. Fazit

    Um einen echten Binnenmarkt sowohl für die Offline- als auch für die Online-Verwertung geistigen Eigentums zu erzielen, ist mehr Gemeinsamkeit bei mehreren Merkmalen der kollektiven Rechtewahrnehmung erforderlich. Dies würde gewährleisten, dass sie gemeinschaftsweit funktioniert und eine wertvolle Alternative für die Wahrnehmung von Rechten bleibt, die sowohl für die Rechteinhaber wie auch für die Nutzer Vorteile bietet. Das Bemühen um mehr Gemeinsamkeit bei der kollektiven Rechtewahrnehmung sollte von den Grundsätzen des Urheberrechts und den Bedürfnissen des Binnenmarktes geleitet werden. Es sollte zu mehr Effizienz und Transparenz und einheitlichen Voraussetzungen für bestimmte Merkmale der kollektiven Rechtewahrnehmung führen. Der vollständige Verzicht auf gesetzgeberische Maßnahmen scheint keine Lösung mehr. ,Weiches Recht", beispielsweise von den Marktteilnehmern vereinbarte Verhaltenskodizes, erscheint nicht als geeignetes Instrument. Das Ergebnis des Sondierungsprozesses hat bestätigt, dass in den Fragen der kollektiven Rechtewahrnehmung, die den grenzüberschreitenden Handel betreffen und bei denen sich gezeigt hat, dass sie die Entfaltung des Binnenmarktpotenzials behindern, zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind. Eine derartige Initiative würde den Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachten und bestimmte Merkmale der kollektiven Rechtwahrnehmung harmonisieren. Um die in dieser Mitteilung dargestellten Ziele zu erreichen, beabsichtigt die Kommission ein Rechtsinstrument vorzuschlagen, das bestimmte Aspekte der kollektiven Rechtewahrnehmung und die redliche Verwaltung von Verwertungsgesellschaften regelt. Diese Initiative, die Gegenstand einer öffentlichen Konsultation sein wird, wird den jüngsten Entwicklungen des Marktes und der Gesetzgebung der gegenwärtigen und neuen Mitgliedstaaten Rechnung tragen.

    Top