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Document 32008R0767

Verordnung (EG) Nr. 767/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über das Visa-Informationssystem (VIS) und den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt (VIS-Verordnung)

ABl. L 218 vom 13.8.2008, p. 60–81 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

Dieses Dokument wurde in einer Sonderausgabe veröffentlicht. (HR)

Legal status of the document In force: This act has been changed. Current consolidated version: 03/08/2023

ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2008/767/oj

13.8.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 218/60


VERORDNUNG (EG) Nr. 767/2008 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 9. Juli 2008

über das Visa-Informationssystem (VIS) und den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt (VIS-Verordnung)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 62 Nummer 2 Buchstabe b Ziffer ii und Artikel 66,

auf Vorschlag der Kommission,

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags (1),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Einrichtung des Visa-Informationssystems (VIS), die auf die Schlussfolgerungen des Rates vom 20. September 2001 und des Europäischen Rates von Laeken im Dezember 2001, Sevilla im Juni 2002, Thessaloniki im Juni 2003 und Brüssel im März 2004 gestützt ist, stellt eine der wichtigsten Initiativen im Rahmen der Maßnahmen der Europäischen Union zur Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts dar.

(2)

Mit der Entscheidung 2004/512/EG des Rates vom 8. Juni 2004 zur Einrichtung des Visa-Informationssystems (VIS) (2) wurde das VIS als System für den Austausch von Visa-Daten zwischen Mitgliedstaaten geschaffen.

(3)

Es ist nun notwendig, den Zweck, die Funktionen und die Zuständigkeiten für das VIS festzulegen sowie die Bedingungen und Verfahren für den Austausch von Visa-Daten zwischen Mitgliedstaaten festzulegen, um die Prüfung von Visumanträgen und die damit verbundenen Entscheidungen zu erleichtern; dabei sind die vom Rat am 19. Februar 2004 angenommenen Orientierungen für die Entwicklung des VIS zu berücksichtigen; ferner ist die Kommission mit der Einrichtung des VIS zu beauftragen.

(4)

Während eines Übergangszeitraums sollte die Kommission für das Betriebsmanagement des zentralen VIS, der nationalen Schnittstellen und bestimmter Aspekte der Kommunikationsinfrastruktur zwischen dem zentralen VIS und den nationalen Schnittstellen zuständig sein.

Langfristig und nach einer Folgenabschätzung, die eine eingehende Analyse der Alternativen aus finanzieller, betrieblicher und organisatorischer Sicht enthält, sowie nach entsprechenden Legislativvorschlägen der Kommission sollte eine ständige Verwaltungsbehörde eingerichtet werden, die für diese Aufgaben zuständig sein wird. Der Übergangszeitraum sollte nicht länger als fünf Jahre ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung sein.

(5)

Das VIS sollte den Zweck verfolgen, die Umsetzung der gemeinsamen Visumpolitik, die konsularische Zusammenarbeit und die Konsultation zwischen zentralen Visumbehörden zu verbessern, indem der Austausch von Daten über Anträge und die entsprechenden Entscheidungen zwischen Mitgliedstaaten erleichtert wird, um das Visaantragsverfahren zu vereinfachen, „Visum-Shopping“ zu verhindern, die Betrugsbekämpfung zu erleichtern sowie Kontrollen an den Außengrenzübergangsstellen und innerhalb des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten zu erleichtern. Das VIS sollte auch die Identifizierung von Personen, die die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder den dortigen Aufenthalt nicht bzw. nicht mehr erfüllen, und die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags (3) zuständig ist, unterstützen und zur Verhütung von Gefahren für die innere Sicherheit der einzelnen Mitgliedstaaten beitragen.

(6)

Diese Verordnung beruht auf dem Besitzstand im Bereich der gemeinsamen Visumpolitik. Welche Daten im VIS verarbeitet werden, sollte angesichts der Daten, die in dem durch die Entscheidung 2002/354/EG des Rates vom 25. April 2002 zur Anpassung von Teil III und zur Schaffung einer Anlage 16 der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion (4) geschaffenen einheitlichen Vordruck für Visumanträge vorgesehen sind, sowie angesichts der Informationen auf der Visummarke gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1683/95 des Rates vom 29. Mai 1995 über eine einheitliche Visagestaltung (5) bestimmt werden.

(7)

Das VIS sollte mit den nationalen Systemen der Mitgliedstaaten verbunden sein, damit die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten Daten über Visumanträge und erteilte, abgelehnte, annullierte, aufgehobene oder verlängerte Visa verarbeiten können.

(8)

Die Bedingungen und Verfahren für die Eingabe, Änderung, Löschung und Abfrage der VIS-Daten sollten die in der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion an die diplomatischen Missionen und die konsularischen Vertretungen, die von Berufskonsularbeamten geleitet werden (6) („Gemeinsame Konsularische Instruktion“), festgelegten Verfahren berücksichtigen.

(9)

Die technischen Funktionen des Netzes zur Konsultation der zentralen Visumbehörden gemäß Artikel 17 Absatz 2 des Übereinkommens zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (7) („Schengener Durchführungsübereinkommen“) sollten in das VIS integriert werden.

(10)

Um eine zuverlässige Verifizierung und Identifizierung von Visumantragstellern zu ermöglichen, ist es notwendig, biometrische Daten im VIS zu verarbeiten.

(11)

Es ist erforderlich, die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zu bestimmen, deren dazu ermächtigte Bedienstete die Befugnis haben, Daten für die festgelegten Zwecke des VIS gemäß dieser Verordnung einzugeben, zu ändern, zu löschen oder abzufragen, soweit dies für die Erfüllung ihrer Aufgaben nötig ist.

(12)

Jede Verarbeitung von VIS-Daten sollte in einem angemessenen Verhältnis zu den verfolgten Zielen stehen und für die Ausübung der Aufgaben der zuständigen Behörden erforderlich sein. Die zuständigen Behörden sollten bei der Nutzung des VIS sicherstellen, dass die Menschenwürde und die Integrität der Personen, deren Daten angefordert werden, geachtet werden sowie Personen nicht aufgrund des Geschlechts, der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung diskriminiert werden.

(13)

Diese Verordnung sollte durch einen gesonderten Rechtsakt über den Zugang der für die innere Sicherheit zuständigen Behörden zu VIS-Daten zur Konsultation, der gemäß Titel VI des Vertrags über die Europäische Union angenommen wird, ergänzt werden.

(14)

Die im VIS gespeicherten personenbezogenen Daten sollten nicht länger gespeichert werden, als es für die Zwecke des VIS erforderlich ist. Es ist angemessen, die Daten für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren aufzubewahren, damit Daten über frühere Anträge bei der Prüfung von Visumanträgen berücksichtigt werden können; dazu gehört die Bona-fide-Eigenschaft der Antragsteller und die Dokumentierung illegaler Einwanderer, die gegebenenfalls bereits ein Visum beantragt haben. Ein kürzerer Zeitraum würde für diese Zwecke nicht ausreichen. Die Daten sollten nach Ablauf einer Frist von fünf Jahren gelöscht werden, sofern nicht Gründe für eine frühere Löschung vorliegen.

(15)

Es sollten präzise Vorschriften hinsichtlich der Zuständigkeiten für die Einrichtung und den Betrieb des VIS und der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die nationalen Systeme sowie den Zugang zu Daten durch die nationalen Behörden festgelegt werden.

(16)

Ferner sollten Vorschriften über die Haftung der Mitgliedstaaten für Schäden aufgrund einer Verletzung dieser Verordnung erlassen werden. Die Haftung der Kommission für solche Schäden bestimmt sich nach Artikel 288 Absatz 2 des Vertrags.

(17)

Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (8) gilt für personenbezogene Daten, die von den Mitgliedstaaten in Anwendung dieser Verordnung verarbeitet werden. Es sollten jedoch bestimmte Punkte zur Verantwortung für die Verarbeitung von Daten, zum Schutz der Rechte der betroffenen Personen und zur Kontrolle des Datenschutzes klargestellt werden.

(18)

Die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (9) gilt für die Tätigkeiten der gemeinschaftlichen Organe oder Einrichtungen bei der Ausübung ihrer Aufgaben in der Verantwortung für den Betrieb des VIS. Es sollten jedoch bestimmte Punkte zur Verantwortung für die Verarbeitung von Daten und zur Kontrolle des Datenschutzes klargestellt werden.

(19)

Die gemäß Artikel 28 der Richtlinie 95/46/EG eingerichteten nationalen Kontrollstellen sollten die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Mitgliedstaaten überwachen, und der gemäß der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 eingerichtete Europäische Datenschutzbeauftragte sollte die Tätigkeiten der Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft in Bezug auf die Verarbeitung personenbezogener Daten kontrollieren. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft im Zusammenhang mit den Daten selbst nur eine beschränkte Aufgabe haben.

(20)

Der Europäische Datenschutzbeauftragte und die nationalen Kontrollstellen sollten aktiv zusammenarbeiten.

(21)

Die wirksame Überwachung der Anwendung dieser Verordnung erfordert eine regelmäßige Bewertung.

(22)

Die Mitgliedstaaten sollten Bestimmungen über Sanktionen für Verstöße gegen diese Verordnung festlegen und sicherstellen, dass sie umgesetzt werden.

(23)

Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse (10) erlassen werden.

(24)

Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden.

(25)

Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Einrichtung eines gemeinsamen Visa-Informationssystems und die Schaffung einheitlicher Pflichten, Bedingungen und Verfahren für den Austausch von Visa-Daten zwischen Mitgliedstaaten, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das zur Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

(26)

Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung, die daher für Dänemark nicht bindend oder anwendbar ist. Da diese Verordnung den Schengen-Besitzstand nach den Bestimmungen des Dritten Teils Titel IV des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ergänzt, sollte Dänemark gemäß Artikel 5 des genannten Protokolls innerhalb von sechs Monaten nach der Annahme der Verordnung beschließen, ob es sie in einzelstaatliches Recht umsetzt.

(27)

Für Island und Norwegen stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung von Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Übereinkommens zwischen dem Rat der Europäischen Union sowie der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Assoziierung dieser beiden letztgenannten Staaten bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands (11) dar, die in den in Artikel 1 Buchstabe B des Beschlusses 1999/437/EG (12) des Rates vom 17. Mai 1999 zum Erlass bestimmter Durchführungsvorschriften zu jenem Übereinkommen genannten Bereich fallen.

(28)

Es sollte eine Regelung getroffen werden, die es den Vertretern Islands und Norwegens erlaubt, an der Tätigkeit der Ausschüsse teilzunehmen, die die Kommission bei der Ausübung ihrer Durchführungsbefugnisse unterstützen. Eine solche Regelung wird in dem Abkommen in Form eines Briefwechsels zwischen dem Rat der Europäischen Union und der Republik Island und dem Königreich Norwegen über die Ausschüsse, die die Europäische Kommission bei der Ausübung ihrer Durchführungsbefugnisse unterstützen (13), das dem in Erwägungsgrund 27 genannten Übereinkommen beigefügt ist, in Betracht gezogen.

(29)

Diese Verordnung stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich das Vereinigte Königreich gemäß dem Beschluss 2000/365/EG des Rates vom 29. Mai 2000 zum Antrag des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland, einzelne Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf sie anzuwenden (14), und dem darauf folgenden Beschluss 2004/926/EG des Rates vom 22. Dezember 2004 über das Inkraftsetzen von Teilen des Schengen-Besitzstands durch das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland (15) nicht beteiligt. Das Vereinigte Königreich beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für das Vereinigte Königreich nicht bindend oder anwendbar ist.

(30)

Diese Verordnung stellt eine Weiterentwicklung der Bestimmungen des Schengen-Besitzstands dar, an denen sich Irland gemäß dem Beschluss 2002/192/EG des Rates vom 28. Februar 2002 zum Antrag Irlands auf Anwendung einzelner Bestimmungen des Schengen-Besitzstands auf Irland (16) nicht beteiligt. Irland beteiligt sich daher nicht an der Annahme dieser Verordnung, die für Irland nicht bindend oder anwendbar ist.

(31)

Für die Schweiz stellt diese Verordnung eine Weiterentwicklung von Bestimmungen des Schengen-Besitzstands im Sinne des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung dieses Staates bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands dar, die in den in Artikel 1 Buchstabe B des Beschlusses 1999/437/EG in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 1 des Beschlusses 2004/860/EG des Rates (17) genannten Bereich fallen.

(32)

Es sollte eine Regelung getroffen werden, die es den Vertretern der Schweiz erlaubt, an der Tätigkeit der Ausschüsse teilzunehmen, die die Kommission bei der Ausübung ihrer Durchführungsbefugnisse unterstützen. Eine solche Regelung wird in dem Briefwechsel zwischen der Gemeinschaft und der Schweiz, der dem in Erwägungsgrund 31 genannten Abkommen beigefügt ist, in Betracht gezogen.

(33)

Diese Verordnung stellt einen auf dem Schengen-Besitzstand aufbauenden oder anderweitig damit zusammenhängenden Rechtsakt im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2003 und des Artikels 4 Absatz 2 der Beitrittsakte von 2005 dar —

HABEN FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

In dieser Verordnung werden Zweck, Funktionen und Zuständigkeiten in Bezug auf das Visa-Informationssystem (VIS) festgelegt, das durch Artikel 1 der Entscheidung 2004/512/EG eingerichtet worden ist. Sie regelt die Bedingungen und Verfahren für den Datenaustausch zwischen Mitgliedstaaten über Anträge auf Erteilung eines Visums für einen kurzfristigen Aufenthalt und die diesbezüglichen Entscheidungen, einschließlich der Entscheidung zur Annullierung, zur Aufhebung oder zur Verlängerung des Visums, um die Prüfung dieser Anträge und die damit verbundenen Entscheidungen zu erleichtern.

Artikel 2

Zweck

Das VIS dient der Verbesserung der Durchführung der gemeinsamen Visumpolitik, der konsularischen Zusammenarbeit und der Konsultation zwischen zentralen Visumbehörden durch die Erleichterung des Datenaustauschs zwischen Mitgliedstaten über Visumanträge und die damit verbundenen Entscheidungen, um

a)

das Visumantragsverfahren zu erleichtern;

b)

die Umgehung der Kriterien zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Antragsprüfung zuständig ist, zu verhindern;

c)

die Betrugsbekämpfung zu erleichtern;

d)

Kontrollen an den Außengrenzübergangsstellen und im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu erleichtern;

e)

zur Identifizierung von Personen beizutragen, die die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder den dortigen Aufenthalt nicht bzw. nicht mehr erfüllen;

f)

die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 zu erleichtern;

g)

zur Verhinderung von Gefahren für die innere Sicherheit der einzelnen Mitgliedstaaten beizutragen.

Artikel 3

Verfügbarkeit von Daten zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten

(1)   Die benannten Behörden der Mitgliedstaaten können im Einzelfall und auf einen begründeten — schriftlichen oder elektronischen — Antrag hin auf die im VIS nach den Artikeln 9 bis 14 gespeicherten Daten zugreifen, sofern berechtigte Gründe zu der Annahme bestehen, dass die Abfrage von VIS-Daten erheblich zur Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten beitragen wird. Europol kann im Rahmen seines Mandats auf das VIS zugreifen, wenn dies zur Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlich ist.

(2)   Die Abfrage nach Absatz 1 erfolgt über zentrale Zugangsstellen, die dafür verantwortlich sind, dass die Zugangsvoraussetzungen und die Verfahren, die im Beschluss 2008/633/JI des Rates vom 23. Juni 2008 über den Zugang der benannten Behörden der Mitgliedstaaten und von Europol zum Visa-Informationssystem (VIS) für Datenabfragen zum Zwecke der Verhütung, Aufdeckung und Ermittlung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten (18) festgelegt sind, strikt eingehalten werden. Die Mitgliedstaaten können mehr als eine zentrale Zugangsstelle benennen, wenn dies ihrer Organisations- und Verwaltungsstruktur nach Maßgabe ihrer Verfassungsordnung oder ihres innerstaatlichen Rechts entspricht. In dringenden Ausnahmefällen können die zentralen Zugangsstellen schriftliche, elektronische oder mündliche Anfragen entgegennehmen und erst nachträglich prüfen, ob sämtliche Zugangsvoraussetzungen, so auch, ob ein dringender Ausnahmefall vorlag, erfüllt sind. Diese nachträgliche Prüfung erfolgt unverzüglich nach der Bearbeitung der Anfrage.

(3)   Die aus dem VIS entsprechend dem in Absatz 2 genannten Beschluss erlangten Daten dürfen nicht Drittländern oder internationalen Organisationen übermittelt oder zugänglich gemacht werden. In dringenden Ausnahmefällen dürfen solche Daten jedoch einem Drittland oder einer internationalen Organisation ausschließlich zum Zwecke der Verhütung und Aufdeckung terroristischer und sonstiger schwerwiegender Straftaten und unter den in diesem Beschluss vorgesehenen Voraussetzungen übermittelt oder zugänglich gemacht werden. Die Mitgliedstaaten sorgen nach Maßgabe ihres innerstaatlichen Rechts dafür, dass solche Übermittlungen protokolliert werden und dass diese Protokolle den nationalen Datenschutzbehörden auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden. Für die Übermittlung der Daten durch den Mitgliedstaat, der sie in das VIS eingegeben hat, gilt dessen innerstaatliches Recht.

(4)   Diese Verordnung berührt nicht die Pflichten aufgrund geltenden innerstaatlichen Rechts für die Übermittlung von Informationen über kriminelle Aktivitäten, die von den in Artikel 6 genannten Behörden in Ausübung ihrer Befugnisse aufgedeckt werden, an die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung und strafrechtlichen Verfolgung der betreffenden Straftaten.

Artikel 4

Begriffsbestimmungen

Für diese Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.

„Visum“:

a)

„Visum für einen kurzfristigen Aufenthalt“ im Sinne von Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe a des Schengener Durchführungsübereinkommens;

b)

„Durchreisevisum“ im Sinne von Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe b des Schengener Durchführungsübereinkommens;

c)

„Visum für den Flughafentransit“ im Sinne von Teil I Nummer 2.1.1 der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion;

d)

„Visum mit räumlich beschränkter Gültigkeit“ im Sinne von Artikel 11 Absatz 2, Artikel 14 und 16 des Schengener Durchführungsübereinkommens;

e)

„nationales Visum für einen längerfristigen Aufenthalt, das zugleich als Visum für einen kurzfristigen Aufenthalt gültig ist“ im Sinne von Artikel 18 des Schengener Durchführungsübereinkommens;

2.

„Visummarke“: das einheitliche Visumformat im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1683/95;

3.

„Visumbehörden“: die Behörden, die in den einzelnen Mitgliedstaaten für die Prüfung und die Entscheidung über Visumanträge bzw. die Entscheidung über die Rücknahme, den Widerruf oder die Verlängerung von Visa zuständig sind, einschließlich der für Visumfragen zuständigen zentralen Behörden sowie die Behörden, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 415/2003 des Rates vom 27. Februar 2003 für die Erteilung von Visa an der Grenze, einschließlich der Erteilung derartiger Visa an Seeleute auf der Durchreise (19) zuständig sind;

4.

„Antragsformular“: der einheitliche Vordruck für die Beantragung eines Visums nach Anlage 16 zur Gemeinsamen Konsularischen Instruktion;

5.

„Antragsteller“: jede Person, die gemäß der Verordnung (EG) Nr. 539/2001 des Rates vom 15. März 2001 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (20), der Visumpflicht unterliegt und einen Visumantrag gestellt hat;

6.

„Gruppenmitglieder“: Antragsteller, die aus rechtlichen Gründen verpflichtet sind, in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gemeinsam einzureisen bzw. gemeinsam auszureisen;

7.

„Reisedokument“: ein Reisepass oder ein anderes gleichwertiges Dokument, das seinen Inhaber zum Überschreiten der Außengrenzen berechtigt und in dem ein Visum angebracht werden kann;

8.

„verantwortlicher Mitgliedstaat“: der Mitgliedstaat, der die Daten in das VIS eingegeben hat;

9.

„Verifizierung“: der Abgleich von Datensätzen zur Überprüfung einer Identitätsangabe (1:1-Abgleich);

10.

„Identifizierung“: die Feststellung der Identität einer Person durch den Abgleich mit vielen Datensätzen in der Datenbank (1:n-Abgleich);

11.

„alphanumerische Daten“: Daten in Form von Buchstaben, Ziffern, Sonderzeichen, Leerzeichen und Satzzeichen.

Artikel 5

Kategorien von Daten

(1)   Ausschließlich folgende Kategorien von Daten werden im VIS gespeichert:

a)

alphanumerische Daten über den Antragsteller und über Visa, die gemäß Artikel 9 Nummern 1 bis 4 und den Artikeln 10 bis 14 beantragt, erteilt, abgelehnt, annulliert, aufgehoben oder verlängert wurden;

b)

Fotos gemäß Artikel 9 Nummer 5;

c)

Fingerabdruckdaten gemäß Artikel 9 Nummer 6;

d)

Verknüpfungen zu anderen Anträgen gemäß Artikel 8 Absätze 3 und 4.

(2)   Mitteilungen nach Artikel 16, Artikel 24 Absatz 2 und Artikel 25 Absatz 2, die über die Infrastruktur des VIS übermittelt werden, werden unbeschadet der Aufzeichnung der Datenverarbeitungsvorgänge gemäß Artikel 34 nicht im VIS gespeichert.

Artikel 6

Zugang zum Zwecke der Eingabe, Änderung, Löschung und Abfrage von Daten

(1)   Der Zugang zum VIS zum Zwecke der Eingabe, Änderung oder Löschung von Daten nach Artikel 5 Absatz 1 ist ausschließlich den dazu ermächtigten Bediensteten der Visumbehörden nach Maßgabe dieser Verordnung vorbehalten.

(2)   Der Zugang zum VIS zum Zwecke der Datenabfrage ist ausschließlich den dazu ermächtigten Bediensteten der Behörden der einzelnen Mitgliedstaaten vorbehalten, die für die in den Artikeln 15 bis 22 aufgeführten Zwecke zuständig sind, soweit diese Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Einklang mit diesen Zwecken erforderlich sind und der Zugang in einem angemessenen Verhältnis zu den verfolgten Zielen steht.

(3)   Die Mitgliedstaaten benennen die zuständigen Behörden, deren dazu ermächtigte Bedienstete Zugang zum Zwecke der Eingabe, Änderung, Löschung oder Abfrage von Daten im VIS haben. Jeder Mitgliedstaat übermittelt der Kommission unverzüglich eine Liste dieser Behörden, einschließlich der in Artikel 41 Absatz 4 genannten Behörden, und alle etwaigen Änderungen derselben. In dieser Liste wird angegeben, zu welchem Zweck die jeweilige Behörde Daten im VIS verarbeiten darf.

Die Kommission veröffentlicht innerhalb von drei Monaten, nachdem das VIS gemäß Artikel 48 Absatz 1 seinen Betrieb aufgenommen hat, eine konsolidierte Liste im Amtsblatt der Europäischen Union. Werden Änderungen vorgenommen, so veröffentlicht die Kommission einmal im Jahr eine aktualisierte konsolidierte Liste.

Artikel 7

Allgemeine Grundsätze

(1)   Jede gemäß dieser Verordnung zum Zugang zum VIS berechtigte zuständige Behörde stellt sicher, dass die Verwendung des VIS für die Ausübung der Aufgaben der zuständigen Behörden erforderlich, geeignet und angemessen ist.

(2)   Jede zuständige Behörde stellt sicher, dass bei der Nutzung des VIS Antragsteller und Personen mit Visa nicht aufgrund des Geschlechts, der Rasse oder der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung diskriminiert und die Menschenwürde sowie die Integrität der Antragsteller und Personen mit Visa uneingeschränkt geachtet werden

KAPITEL II

EINGABE UND VERWENDUNG VON DATEN DURCH VISUMBEHÖRDEN

Artikel 8

Verfahren für die Eingabe von Daten bei der Antragstellung

(1)   Nach Erhalt eines Antrags erstellt die Visumbehörde unverzüglich einen Antragsdatensatz durch Eingabe der in Artikel 9 aufgeführten Daten in das VIS, soweit diese Daten vom Antragsteller bereitgestellt werden müssen.

(2)   Bei der Erstellung des Antragsdatensatzes prüft die Visumbehörde gemäß Artikel 15 im VIS, ob ein früherer Antrag des betreffenden Antragstellers von einem Mitgliedstaat in das VIS eingegeben wurde.

(3)   Wurde ein früherer Visumantrag registriert, so verknüpft die Visumbehörde jeden neuen Antragsdatensatz mit dem früheren Antragsdatensatz dieses Antragstellers.

(4)   Reist der Antragsteller in einer Gruppe oder mit dem Ehegatten und/oder Kindern, so erstellt die Visumbehörde für jeden Antragsteller einen Antragsdatensatz und verknüpft die Antragsdatensätze der zusammen reisenden Personen.

(5)   Ist die Bereitstellung bestimmter Daten aus rechtlichen Gründen nicht erforderlich oder faktisch nicht möglich, so wird das jeweilige Datenfeld/werden die jeweiligen Datenfelder mit dem Eintrag „entfällt“ versehen. Im Fall von Fingerabdrücken muss das System für die Zwecke des Artikels 17 die Möglichkeit geben, zwischen den Fällen, in denen aus rechtlichen Gründen keine Fingerabdrücke abgegeben werden müssen, und den Fällen, in denen diese faktisch nicht abgegeben werden können, eine Unterscheidung zu ermöglichen; nach einem Zeitraum von vier Jahren endet diese Funktion, wenn sie nicht durch einen Beschluss der Kommission auf der Grundlage der in Artikel 50 Absatz 4 genannten Bewertung bestätigt wird.

Artikel 9

Daten bei der Antragstellung

Die Visumbehörde gibt folgende Daten in den Antragsdatensatz ein:

1.

Antragsnummer;

2.

Statusinformation, aus der hervorgeht, dass ein Visumantrag gestellt wurde;

3.

Behörde, bei der der Antrag gestellt wurde, einschließlich ihres Standorts, und Angabe, ob der Antrag bei dieser Behörde in Vertretung eines anderen Mitgliedstaats gestellt wurde;

4.

folgende Daten aus dem Antragsformular:

a)

Nachname, Geburtsname (frühere(r) Nachname(n)); Vorname(n); Geschlecht; Datum, Ort und Land der Geburt;

b)

derzeitige Staatsangehörigkeit und Staatsangehörigkeit zum Zeitpunkt der Geburt;

c)

Art und Nummer des Reisedokuments, ausstellende Behörde, Ausstellungsdatum und Ablauf der Gültigkeit;

d)

Ort und Datum der Antragstellung;

e)

beantragte Visumkategorie;

f)

folgende Angaben zu der Person, die eine Einladung ausgesprochen hat und/oder verpflichtet ist, die Kosten für den Lebensunterhalt des Antragstellers während des Aufenthalts zu tragen:

i)

bei einer natürlichen Person Nachname und Vorname sowie Anschrift der Person,

ii)

bei einem Unternehmen oder einer anderen Organisation Name und Anschrift des Unternehmens/der anderen Organisation sowie Nachname und Vorname der Kontaktperson in diesem Unternehmen/dieser Organisation;

g)

Hauptreiseziel und Dauer des geplanten Aufenthalts;

h)

Zweck der Reise;

i)

geplanter Tag der Ein- und Ausreise;

j)

geplanter Grenzpunkt der ersten Einreise oder geplante Durchreiseroute;

k)

Wohnort;

l)

derzeitige Beschäftigung und Arbeitgeber; bei Studenten: Name der Ausbildungsstätte;

m)

im Fall von Minderjährigen Nachname und Vorname(n) des Vaters und der Mutter des Antragstellers;

5.

ein Foto des Antragstellers entsprechend der Verordnung (EG) Nr. 1683/95;

6.

Fingerabdrücke des Antragstellers gemäß den maßgeblichen Bestimmungen der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion.

Artikel 10

Zusätzliche Daten bei der Visumerteilung

(1)   Ist entschieden, ein Visum zu erteilen, so ergänzt die Visumbehörde, die das Visum ausgestellt hat, den Antragsdatensatz um folgende Daten:

a)

Statusinformation, aus der hervorgeht, dass ein Visum erteilt wurde;

b)

visumerteilende Behörde, einschließlich ihres Standorts, und Angabe, ob sie das Visum im Namen eines anderen Mitgliedstaats erteilt hat;

c)

Ort und Datum der Entscheidung über die Visumerteilung;

d)

Visumkategorie;

e)

Nummer der Visummarke;

f)

gemäß den maßgeblichen Bestimmungen der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion das Gebiet, in das der Visuminhaber reisen darf;

g)

Beginn- und Ablaufdaten der Gültigkeitsdauer des Visums;

h)

Zahl der durch das Visum erlaubten Einreisen in das Gebiet, für das das Visum gilt;

i)

Dauer des durch das Visum erlaubten Aufenthalts;

j)

gegebenenfalls die Angabe, dass das Visum gemäß der Verordnung (EG) Nr. 333/2002 des Rates vom 18. Februar 2002 über die einheitliche Gestaltung des Formblatts für die Anbringung eines Visums, das die Mitgliedstaaten den Inhabern eines von dem betreffenden Mitgliedstaat nicht anerkannten Reisedokuments erteilen (21), auf einem gesonderten Formblatt erteilt wurde.

(2)   Wird ein Antrag vor der Entscheidung über die Visumerteilung vom Antragsteller zurückgezogen oder nicht weiter verfolgt, teilt die Visumbehörde, bei der der Antrag gestellt wurde, mit, dass das Antragsverfahren aus diesen Gründen eingestellt wurde, und nennt den Zeitpunkt der Einstellung des Antragsverfahrens.

Artikel 11

Zusätzliche Daten bei Nichtfortführung der Prüfung des Antrags

Ist die Visumbehörde als Vertretung eines anderen Mitgliedstaats gezwungen, nicht mit der Prüfung des Antrags fortzufahren, so ergänzt sie den Antragsdatensatz um folgende Daten:

1.

Statusinformation, aus der hervorgeht, dass die Prüfung des Antrags nicht fortgeführt wurde;

2.

Behörde, die die Prüfung des Antrags nicht fortgeführt hat, einschließlich ihres Standorts;

3.

Ort und Datum der Entscheidung über die Nichtfortführung der Prüfung;

4.

Mitgliedstaat, der für die Prüfung des Antrags zuständig ist.

Artikel 12

Zusätzliche Daten bei Ablehnung der Visumerteilung

(1)   Wurde entschieden, die Visumerteilung abzulehnen, so ergänzt die Visumbehörde, die das Visum abgelehnt hat, den Antragsdatensatz um folgende Daten:

a)

Statusinformation, aus der hervorgeht, dass die Visumerteilung abgelehnt wurde;

b)

Behörde, die die Visumerteilung abgelehnt hat, einschließlich ihres Standorts;

c)

Ort und Datum der Entscheidung über die Ablehnung der Visumerteilung.

(2)   Im Antragsdatensatz ist auch der Grund bzw. sind die Gründe für die Ablehnung der Visumerteilung anzugeben; dabei kann es sich um einen oder mehrere der folgenden Gründe handeln. Der Antragsteller

a)

hat kein gültiges Reisedokument/keine gültigen Reisedokumente;

b)

ist im Besitz eines gefälschten, totalgefälschten oder verfälschten Reisedokuments;

c)

kann Aufenthaltszweck und -bedingungen nicht belegen und wird insbesondere als ein spezifisches Risiko im Hinblick auf die illegale Zuwanderung gemäß Teil V der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion betrachtet;

d)

hat sich innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten bereits drei Monate im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufgehalten;

e)

verfügt nicht über ausreichende Mittel für die Bestreitung des Lebensunterhalts im Verhältnis zur Dauer und zu den Umständen des Aufenthalts oder für die Rückkehr in das Herkunfts- oder Transitland;

f)

ist eine Person, für die im Schengener Informationssystem (SIS) und/oder im nationalen Register ein Hinweis auf Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;

g)

wird als Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Nummer 19 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (22) betrachtet.

Artikel 13

Zusätzliche Daten bei Annullierung oder Aufhebung eines Visums bzw. bei Verkürzung seiner Gültigkeitsdauer

(1)   Wurde entschieden, ein Visum zu annullieren oder aufzuheben bzw. seine Gültigkeitsdauer zu verkürzen, ergänzt die Visumbehörde, die diese Entscheidung getroffen hat, den Antragsdatensatz um folgende Daten:

a)

Statusinformation, aus der hervorgeht, dass das Visum annulliert oder aufgehoben bzw. seine Gültigkeitsdauer verkürzt wurde;

b)

Behörde, die das Visum annulliert oder aufgehoben bzw. seine Gültigkeitsdauer verkürzt hat, einschließlich ihres Standorts;

c)

Ort und Datum der Entscheidung;

d)

gegebenenfalls das neue Datum für den Ablauf der Gültigkeitsdauer des Visums;

e)

Nummer der Visummarke, sofern die Verkürzung der Gültigkeitsdauer in Form einer neuen Visummarke erfolgt.

(2)   Im Antragsdatensatz ist auch der Grund bzw. sind die Gründe für die Annullierung oder die Aufhebung des Visums bzw. für die Verkürzung seiner Gültigkeitsdauer anzugeben; dabei kann es sich um einen oder mehrere der folgenden Gründe handeln:

a)

im Fall der Annullierung oder der Aufhebung einer oder mehrere der in Artikel 12 Absatz 2 aufgeführten Gründe;

b)

im Fall einer Entscheidung über die Verkürzung der Gültigkeitsdauer des Visums einer oder mehrere der folgenden Gründe:

i)

zum Zwecke der Ausweisung des Visuminhabers;

ii)

Fehlen ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts für die ursprünglich geplante Aufenthaltsdauer.

Artikel 14

Zusätzliche Daten bei Verlängerung eines Visums

(1)   Wurde entschieden, ein Visum zu verlängern, so ergänzt die Visumbehörde, die das Visum verlängert hat, den Antragsdatensatz um folgende Daten:

a)

Statusinformation, aus der hervorgeht, dass das Visum verlängert wurde;

b)

Behörde, die das Visum verlängert hat, einschließlich ihres Standorts;

c)

Ort und Datum der Entscheidung;

d)

Nummer der Visummarke, sofern die Verlängerung des Visums in Form eines neuen Visums erfolgt;

e)

Beginn- und Ablaufdaten der Verlängerungsfrist;

f)

verlängerte erlaubte Aufenthaltsdauer;

g)

gemäß den einschlägigen Bestimmungen der Gemeinsamen Konsularischen Instruktion das Gebiet, in das der Visuminhaber reisen darf;

h)

Kategorie des verlängerten Visums.

(2)   Im Antragsdatensatz sind auch die Gründe für die Verlängerung des Visums anzugeben; dabei kann es sich um einen oder mehrere der folgenden Gründe handeln:

a)

höhere Gewalt;

b)

humanitäre Gründe;

c)

erhebliche beschäftigungsrelevante Gründe;

d)

erhebliche persönliche Gründe.

Artikel 15

Verwendung des VIS zur Antragsprüfung

(1)   Die zuständige Visumbehörde führt zum Zwecke der Prüfung der Anträge und der Entscheidung über diese Anträge — unter anderem der Entscheidung, ob das Visum zu annullieren oder aufzuheben bzw. seine Gültigkeitsdauer zu verlängern oder zu verkürzen ist — im Einklang mit den maßgeblichen Bestimmungen eine Abfrage im VIS durch.

(2)   Sie kann für die Zwecke des Absatzes 1 eine Suche anhand eines oder mehrerer der folgenden Daten durchführen:

a)

Antragsnummer;

b)

die in Artikel 9 Nummer 4 Buchstabe a aufgeführten Daten;

c)

die in Artikel 9 Nummer 4 Buchstabe c aufgeführten Daten des Reisedokuments;

d)

Nachname, Vorname und Anschrift der natürlichen Person oder Name und Anschrift des Unternehmens/der anderen Organisation nach Artikel 9 Nummer 4 Buchstabe f;

e)

Fingerabdrücke;

f)

Nummer der Visummarke und Ausstellungsdatum etwaiger früher erteilter Visa.

(3)   Ergibt die Suche anhand eines oder mehrerer der Daten nach Absatz 2, dass Daten über den Antragsteller im VIS gespeichert sind, so erhält die zuständige Visumbehörde ausschließlich für die Zwecke nach Absatz 1 Zugang zu dem Antragsdatensatz/den Antragsdatensätzen und dem/den damit verbundenen Antragsdatensatz/-datensätzen nach Artikel 8 Absätze 3 und 4.

Artikel 16

Verwendung des VIS zur Konsultation und zur Anforderung von Dokumenten

(1)   Zum Zwecke der Konsultation zwischen zentralen Visumbehörden über Anträge gemäß Artikel 17 Absatz 2 des Schengener Durchführungsübereinkommens werden Ersuchen um Konsultation und Antworten auf diese Ersuchen gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels übermittelt.

(2)   Der für die Antragsprüfung zuständige Mitgliedstaat übermittelt das Konsultationsersuchen mit der Antragsnummer an das VIS und gibt dabei an, welcher Mitgliedstaat oder welche Mitgliedstaaten zu konsultieren sind.

Das VIS leitet das Ersuchen an den bezeichneten Mitgliedstaat bzw. die bezeichneten Mitgliedstaaten weiter.

Der konsultierte Mitgliedstaat bzw. die konsultierten Mitgliedstaaten übermitteln die Antwort an das VIS, das diese an den ersuchenden Mitgliedstaat weiterleitet.

(3)   Das Verfahren nach Absatz 2 kann auch für die Übermittlung von Informationen über die Erteilung von Visa mit räumlich beschränkter Gültigkeit und sonstige Mitteilungen im Rahmen der konsularischen Zusammenarbeit sowie für die Übermittlung von Anforderungen von Kopien von Reisedokumenten und anderen dem Antrag beigefügten Unterlagen bei der zuständigen Visumbehörde und für die Übermittlung von Kopien dieser Dokumente in elektronischer Form verwendet werden. Die zuständigen Visumbehörden entsprechen derartigen Ersuchen unverzüglich.

(4)   Die nach Maßgabe dieses Artikels übermittelten personenbezogenen Daten dürfen nur zur Konsultation der zentralen Visumbehörden und für die konsularische Zusammenarbeit verwendet werden.

Artikel 17

Verwendung von Daten zur Erstellung von Berichten und Statistiken

Die zuständigen Visumbehörden können zum Zwecke der Erstellung von Berichten und Statistiken, ohne dass ihnen die Identifizierung einzelner Antragsteller ermöglicht wird, ausschließlich folgende Daten abfragen:

1.

Statusinformationen;

2.

die zuständige Visumbehörde, einschließlich ihres Standorts;

3.

derzeitige Staatsangehörigkeit des Antragstellers;

4.

Grenze der ersten Einreise;

5.

Datum und Ort des Antrags oder der Entscheidung über das Visum;

6.

Kategorie des beantragten oder erteilten Visums;

7.

Art des Reisedokuments;

8.

Gründe für Entscheidungen in Bezug auf das Visum oder den Visumantrag;

9.

die zuständige Visumbehörde, einschließlich ihres Standorts, die den Visumantrag abgelehnt hat, und das Datum der Ablehnung;

10.

die Fälle, in denen derselbe Antragsteller bei mehreren Visumbehörden ein Visum beantragt hat, mit Angabe dieser Visumbehörden, ihres Standorts und der Daten der Ablehnung;

11.

Zweck der Reise;

12.

die Fälle, in denen die in Artikel 9 Nummer 6 aufgeführten Daten gemäß Artikel 8 Absatz 5 Satz 2 faktisch nicht bereitgestellt werden konnten;

13.

die Fälle, in denen die in Artikel 9 Nummer 6 aufgeführten Daten gemäß Artikel 8 Absatz 5 Satz 2 aus rechtlichen Gründen nicht bereitgestellt werden mussten;

14.

die Fälle, in denen einer Person, die die in Artikel 9 Nummer 6 aufgeführten Daten gemäß Artikel 8 Absatz 5 Satz 2 faktisch nicht bereitstellen konnte, ein Visum verweigert wurde.

KAPITEL III

ZUGANG ZU DATEN DURCH ANDERE BEHÖRDEN

Artikel 18

Zugang zu Daten für Verifizierungen an Außengrenzübergangsstellen

(1)   Ausschließlich zum Zwecke der Verifizierung der Identität des Visuminhabers und/oder der Echtheit des Visums und/oder zur Klärung der Frage, ob die Voraussetzungen für eine Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 5 des Schengener Grenzkodex erfüllt sind, können die für Kontrollen an den Außengrenzübergangsstellen im Einklang mit dem Schengener Grenzkodex zuständigen Behörden vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 eine Abfrage mit der Nummer der Visummarke in Kombination mit einer Verifizierung der Fingerabdrücke des Visuminhabers durchführen.

(2)   Während eines Zeitraums von höchstens drei Jahren nach der Aufnahme des Betriebs des VIS kann die Abfrage nur mit der Nummer der Visummarke durchgeführt werden. Ein Jahr nach der Aufnahme des Betriebs kann der Zeitraum von drei Jahren für die Luftgrenzen gemäß dem im Artikel 49 Absatz 3 genannten Verfahren verkürzt werden.

(3)   Für Visuminhaber, deren Fingerabdrücke nicht genutzt werden können, ist die Suche nur anhand der Nummer der Visummarke durchzuführen.

(4)   Ergibt die Suche anhand der Daten nach Absatz 1, dass Daten über den Visuminhaber im VIS gespeichert sind, kann die zuständige Grenzkontrollbehörde ausschließlich für die in Absatz 1 genannten Zwecke die folgenden Daten im Antragsdatensatz sowie in einem oder mehreren damit verbundenen Antragsdatensatz/-datensätzen nach Artikel 8 Absatz 4 abfragen:

a)

Statusinformation und Daten aus dem Antragsformular nach Artikel 9 Nummern 2 und 4;

b)

Fotos;

c)

jene Daten, die nach den Artikeln 10, 13 und 14 in Bezug auf ein oder mehrere früher erteilte(s), annullierte(s) oder aufgehobene(s) Visa/Visum bzw. in Bezug auf ein oder mehrere Visa, deren Gültigkeitsdauer verlängert oder verkürzt wurde, eingegeben wurden.

(5)   Ist die Verifizierung des Visuminhabers oder des Visums nicht erfolgreich oder bestehen Zweifel an der Identität des Visuminhabers, der Echtheit des Visums und/oder des Reisedokuments, so haben die dazu ermächtigten Bediensteten dieser zuständigen Behörden Zugang zu Daten gemäß Artikel 20 Absätze 1 und 2.

Artikel 19

Zugang zu Daten für Verifizierungen im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten

(1)   Ausschließlich zum Zwecke der Verifizierung der Identität des Visuminhabers und/oder der Echtheit des Visums und/oder zur Klärung der Frage, ob die Voraussetzungen für eine Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder den dortigen Aufenthalt erfüllt sind, können Behörden, die im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten dafür zuständig sind, zu kontrollieren, ob die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder den dortigen Aufenthalt erfüllt sind, mit der Nummer der Visummarke in Kombination mit einer Verifizierung der Fingerabdrücke des Visuminhabers oder nur mit der Nummer der Visummarke eine Abfrage durchführen.

Für Visuminhaber, deren Fingerabdrücke nicht genutzt werden können, ist die Suche nur anhand der Nummer der Visummarke durchzuführen.

(2)   Ergibt die Suche anhand der Daten nach Absatz 1, dass Daten über den Visuminhaber im VIS gespeichert sind, kann die zuständige Behörde ausschließlich für die in Absatz 1 genannten Zwecke die folgenden Daten im Antragsdatensatz sowie in einem oder mehreren damit verbundenen Antragsdatensatz/-datensätzen nach Artikel 8 Absatz 4 abfragen:

a)

Statusinformation und Daten aus dem Antragsformular nach Artikel 9 Nummern 2 und 4;

b)

Fotos;

c)

jene Daten, die nach den Artikeln 10, 13 und 14 in Bezug auf ein oder mehrere früher erteilte(s), annullierte(s) oder aufgehobene(s) Visa/Visum bzw. in Bezug auf ein oder mehrere Visa, deren Gültigkeitsdauer verlängert oder verkürzt wurde, eingegeben wurden.

(3)   Ist die Verifizierung des Visuminhabers oder des Visums nicht erfolgreich oder bestehen Zweifel an der Identität des Visuminhabers, der Echtheit des Visums und/oder des Reisedokuments, so haben die dazu ermächtigten Bediensteten der zuständigen Behörden Zugang zu Daten gemäß Artikel 20 Absätze 1 und 2.

Artikel 20

Zugang zu Daten zur Identifizierung

(1)   Ausschließlich zum Zwecke der Identifizierung einer Person, die die Voraussetzungen für eine Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder den dortigen Aufenthalt nicht oder nicht mehr erfüllt, können Behörden, die an den Außengrenzübergangsstellen im Einklang mit dem Schengener Grenzkodex oder im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten dafür zuständig sind, zu kontrollieren, ob die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder den dortigen Aufenthalt erfüllt sind, mit den Fingerabdrücken der Person eine Abfrage durchführen.

Falls die Fingerabdrücke dieser Person nicht verwendet werden können oder die Abfrage anhand der Fingerabdrücke nicht erfolgreich ist, ist die Abfrage mit den in Artikel 9 Nummer 4 Buchstaben a und/oder c aufgeführten Daten durchzuführen; diese Abfrage kann in Kombination mit den in Artikel 9 Nummer 4 Buchstabe b aufgeführten Daten durchgeführt werden.

(2)   Ergibt die Suche anhand der Daten nach Absatz 1, dass Daten über den Antragsteller im VIS gespeichert sind, kann die zuständige Behörde ausschließlich für die in Absatz 1 genannten Zwecke die folgenden Daten im Antragsdatensatz sowie in einem oder mehreren damit verbundenen Antragsdatensatz/-datensätzen nach Artikel 8 Absätze 3 und 4 abfragen:

a)

Antragsnummer, Statusinformation und Behörde, bei der der Antrag gestellt wurde;

b)

die in Artikel 9 Nummer 4 aufgeführten Daten aus dem Antragsformular;

c)

Fotos;

d)

jene Daten, die nach den Artikeln 10 bis 14 in Bezug auf ein erteiltes, abgelehntes, annulliertes oder aufgehobenes Visum bzw. in Bezug auf ein Visum, dessen Gültigkeitsdauer verlängert oder verkürzt wurde, oder in Bezug auf Anträge, deren Prüfung nicht fortgeführt wurde, eingegeben wurden.

(3)   Wenn die Person im Besitz eines Visums ist, können die zuständigen Behörden Zugang zum VIS erst in Übereinstimmung mit den Artikeln 18 oder 19 erhalten.

Artikel 21

Zugang zu Daten zur Bestimmung der Zuständigkeit für Asylanträge

(1)   Ausschließlich zum Zwecke der Bestimmung des Mitgliedstaats, der gemäß den Artikeln 9 und 21 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 für die Prüfung eines Asylantrags zuständig ist, können die zuständigen Asylbehörden mit den Fingerabdrücken des Asylbewerbers eine Abfrage durchführen.

Falls die Fingerabdrücke dieser Person nicht verwendet werden können oder die Abfrage anhand der Fingerabdrücke nicht erfolgreich ist, ist die Abfrage mit den in Artikel 9 Nummer 4 Buchstaben a und/oder c aufgeführten Daten durchzuführen; diese Abfrage kann in Kombination mit den in Artikel 9 Nummer 4 Buchstabe b aufgeführten Daten durchgeführt werden.

(2)   Ergibt die Suche anhand der Daten nach Absatz 1, dass ein Visum mit einem Ablaufdatum von nicht mehr als sechs Monaten vor dem Datum des Asylantrags und/oder ein Visum, dessen Ablaufdatum auf nicht mehr als sechs Monate vor dem Datum des Asylantrags verlängert wurde, im VIS gespeichert ist, kann die zuständige Asylbehörde ausschließlich für die in Absatz 1 genannten Zwecke die folgenden Daten des Antragsdatensatzes und — bezüglich der Daten nach Buchstabe g — die Daten des Ehegatten und der Kinder gemäß Artikel 8 Absatz 4 abfragen:

a)

Antragsnummer und visumerteilende oder -verlängernde Behörde sowie Angabe, ob sie das Visum als Vertretung eines anderen Mitgliedstaats erteilt hat;

b)

Daten aus dem Antragsformular nach Artikel 9 Nummer 4 Buchstaben a und b;

c)

Visumkategorie;

d)

Gültigkeitsdauer des Visums;

e)

Dauer des geplanten Aufenthalts;

f)

Fotos;

g)

Daten nach Artikel 9 Nummer 4 Buchstaben a und b aus dem/den damit verbundenen Antragsdatensatz/-datensätzen über den Ehegatten und die Kinder.

(3)   Die Abfrage des VIS gemäß den Absätzen 1 und 2 des vorliegenden Artikels erfolgt ausschließlich durch die benannten nationalen Behörden gemäß Artikel 21 Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003.

Artikel 22

Zugang zu Daten zur Prüfung eines Asylantrags

(1)   Ausschließlich zum Zwecke der Prüfung eines Asylantrags können die zuständigen Asylbehörden im Einklang mit Artikel 21 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 mit den Fingerabdrücken des Asylbewerbers eine Abfrage durchführen.

Falls die Fingerabdrücke dieser Person nicht verwendet werden können oder die Abfrage anhand der Fingerabdrücke nicht erfolgreich ist, ist die Abfrage mit den in Artikel 9 Nummer 4 Buchstaben a und/oder c aufgeführten Daten durchzuführen; diese Abfrage kann in Kombination mit den in Artikel 9 Nummer 4 Buchstabe b aufgeführten Daten durchgeführt werden.

(2)   Ergibt die Suche anhand der Daten nach Absatz 1, dass ein erteiltes Visum im VIS gespeichert ist, kann die zuständige Asylbehörde ausschließlich für die in Absatz 1 genannten Zwecke die folgenden Daten des Antragsdatensatzes sowie in einem oder mehreren damit verbundenen Antragsdatensatz/-datensätzen des Antragstellers nach Artikel 8 Absatz 3 und — bezüglich der Daten nach Buchstabe e — des Ehegatten und der Kinder gemäß Artikel 8 Absatz 4 abfragen:

a)

Antragsnummer;

b)

die in Artikel 9 Nummer 4 Buchstaben a, b und c aufgeführten Daten aus dem Antragsformular;

c)

Fotos;

d)

jene Daten, die nach den Artikeln 10, 13 und 14 in Bezug auf ein erteiltes, annulliertes oder aufgehobenes Visum bzw. in Bezug auf ein Visum, dessen Gültigkeitsdauer verlängert oder verkürzt wurde, eingegeben wurden;

e)

Daten nach Artikel 9 Nummer 4 Buchstaben a und b aus dem/den damit verbundenen Antragsdatensatz/-datensätzen über den Ehegatten und die Kinder.

(3)   Die Abfrage des VIS gemäß den Absätzen 1 und 2 des vorliegenden Artikels erfolgt ausschließlich durch die benannten nationalen Behörden gemäß Artikel 21 Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 343/2003.

KAPITEL IV

SPEICHERUNG UND ÄNDERUNG DER DATEN

Artikel 23

Aufbewahrungsfrist für die Datenspeicherung

(1)   Die Antragsdatensätze werden unbeschadet der Löschung nach den Artikeln 24 und 25 und der Führung von Aufzeichnungen nach Artikel 34 höchstens fünf Jahre im VIS gespeichert.

Diese Frist beginnt

a)

im Falle der Ausstellung eines Visums mit dem Ablauftag seiner Gültigkeit;

b)

im Falle der Verlängerung eines Visums mit dem Ablauftag seiner neuen Gültigkeit;

c)

im Falle der Rücknahme des Antrags oder der Einstellung oder Nichtfortführung der Prüfung eines solchen mit Erstellung des Antragsdatensatzes im VIS;

d)

im Falle der Ablehnung, Annullierung, Verkürzung der Gültigkeitsdauer oder Aufhebung eines Visums mit der entsprechenden Entscheidung der Visumbehörde.

(2)   Mit Ablauf der in Absatz 1 genannten Frist werden der Antragsdatensatz und die Verknüpfung(en) zu diesem Datensatz nach Artikel 8 Absätze 3 und 4 automatisch im VIS gelöscht.

Artikel 24

Änderung von Daten

(1)   Nur der verantwortliche Mitgliedstaat hat das Recht, Daten, die er an das VIS übermittelt hat, durch Korrektur zu ändern oder zu löschen.

(2)   Verfügt ein Mitgliedstaat über Anhaltspunkte, die nahelegen, dass im VIS verarbeitete Daten unrichtig sind oder unter Verletzung dieser Verordnung im VIS verarbeitet wurden, teilt er dies unverzüglich dem verantwortlichen Mitgliedstaat mit. Die Mitteilung kann über die Infrastruktur des VIS übermittelt werden.

(3)   Der verantwortliche Mitgliedstaat überprüft die betreffenden Daten und berichtigt oder löscht sie gegebenenfalls unverzüglich.

Artikel 25

Vorzeitige Löschung von Daten

(1)   Erlangt ein Antragsteller vor Ablauf der Frist nach Artikel 23 Absatz 1 die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats, werden seine Antragsdatensätze und die auf ihn bezogenen Verknüpfungen nach Artikel 8 Absätze 3 und 4 von dem Mitgliedstaat, der die entsprechenden Antragsdatensätze und Verknüpfungen erstellt hat, unverzüglich aus dem VIS gelöscht.

(2)   Die Mitgliedstaaten unterrichten den/die verantwortlichen Mitgliedstaat/en unverzüglich, wenn ein Antragsteller ihre Staatsangehörigkeit erlangt. Die Mitteilung kann über die Infrastruktur des VIS übermittelt werden.

(3)   Wurde die Ablehnung eines Visums von einem Gericht oder einer Beschwerdeinstanz aufgehoben, so löscht der Mitgliedstaat, der das Visum abgelehnt hat, die Daten nach Artikel 12 unverzüglich, sobald die Entscheidung, die Ablehnung des Visums aufzuheben, rechtskräftig wird.

KAPITEL V

BETRIEB UND ZUSTÄNDIGKEITEN

Artikel 26

Betriebsmanagement

(1)   Nach einem Übergangszeitraum ist eine Verwaltungsbehörde (die „Verwaltungsbehörde“), die aus dem Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union finanziert wird, für das Betriebsmanagement des zentralen VIS und der nationalen Schnittstellen zuständig. Die Verwaltungsbehörde gewährleistet in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, dass für das zentrale VIS und die nationalen Schnittstellen vorbehaltlich einer Kosten-Nutzen-Analyse jederzeit die beste verfügbare Technologie eingesetzt wird.

(2)   Die Verwaltungsbehörde ist ferner für die folgenden Aufgaben im Zusammenhang mit der Kommunikationsinfrastruktur zwischen dem zentralen VIS und den nationalen Schnittstellen zuständig:

a)

Kontrolle;

b)

Sicherheit;

c)

Koordinierung der Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und dem Betreiber.

(3)   Die Kommission ist für alle anderen Aufgaben im Zusammenhang mit der Kommunikationsinfrastruktur zwischen dem zentralen VIS und den nationalen Schnittstellen zuständig, insbesondere für

a)

Aufgaben, die sich aus der Ausführung des Haushaltsplans ergeben;

b)

Erwerb und Ersetzung;

c)

vertragliche Fragen.

(4)   Bis die Verwaltungsbehörde ihre Aufgaben wahrnimmt, ist während einer Übergangszeit die Kommission für das Betriebsmanagement des VIS zuständig. Die Kommission kann die Wahrnehmung dieser Aufgabe sowie der Haushaltsvollzugsaufgaben gemäß der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (23) nationalen öffentlichen Stellen in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten übertragen.

(5)   Jede nationale öffentliche Stelle nach Absatz 4 muss folgende Auswahlkriterien erfüllen:

a)

sie muss über umfassende Erfahrung mit dem Betrieb eines großen Informationssystems verfügen;

b)

sie muss über bedeutende Sachkenntnis hinsichtlich der Betriebs- und Sicherheitsanforderungen eines großen Informationssystems verfügen;

c)

sie muss über eine angemessene Zahl von erfahrenen Mitarbeitern mit den notwendigen fachlichen und sprachlichen Kenntnissen für die Arbeit im Bereich der internationalen Zusammenarbeit, wie sie für das VIS erforderlich sind, verfügen;

d)

sie muss über eine sichere und auf die Aufgaben zugeschnittene Infrastruktur verfügen, die insbesondere in der Lage sein muss, den ununterbrochenen Betrieb großer Informationssysteme zu unterstützen und sicherzustellen, und

e)

ihr administratives Umfeld muss es ihr ermöglichen, ihre Aufgaben in zufrieden stellender Weise auszuführen und Interessenkonflikte zu vermeiden.

(6)   Vor einer Zuständigkeitsübertragung gemäß Absatz 4 und in regelmäßigen Abständen danach unterrichtet die Kommission das Europäische Parlament und den Rat über die Bedingungen der Zuständigkeitsübertragung, den genauen Umfang der übertragenen Zuständigkeit und die Stellen, denen Aufgaben übertragen wurden.

(7)   Überträgt die Kommission ihre Zuständigkeit in der Übergangszeit gemäß Absatz 4, so muss sie gewährleisten, dass dabei in vollem Umfang die Grenzen gewahrt bleiben, die sich aus dem mit dem Vertrag geschaffenen institutionellen System ergeben. Sie gewährleistet insbesondere, dass sich dies nicht nachteilig auf die nach dem Gemeinschaftsrecht geltenden Kontrollmechanismen — sei es des Gerichtshofs, des Rechnungshofs oder des Europäischen Datenschutzbeauftragten — auswirkt.

(8)   Das Betriebsmanagement des VIS umfasst alle Aufgaben, die erforderlich sind, um das VIS im Einklang mit dieser Verordnung 24 Stunden am Tag und 7 Tage in der Woche betriebsbereit zu halten; dazu gehören insbesondere die Wartungsarbeiten und technischen Anpassungen, die erforderlich sind, um sicherzustellen, dass das System mit befriedigender Betriebsqualität arbeitet, insbesondere was die Frist betrifft, in der eine Abfrage der zentralen Datenbank durch konsularische Vertretungen erfolgen kann, die so kurz wie möglich sein sollte.

(9)   Unbeschadet des Artikels 17 des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften, das in der Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 (24) niedergelegt ist, wendet die Verwaltungsbehörde geeignete Regeln für die berufliche Schweigepflicht bzw. eine vergleichbare Geheimhaltungspflicht auf all diejenigen ihrer Mitarbeiter an, die mit VIS-Daten arbeiten. Diese Pflicht besteht auch nach dem Ausscheiden dieser Mitarbeiter aus dem Amt oder Dienstverhältnis oder der Beendigung ihrer Tätigkeit weiter.

Artikel 27

Standort des zentralen Visa-Informationssystems (CS-VIS)

Das für die technische Überwachung und das Management zuständige Haupt-CS-VIS befindet sich in Straßburg (Frankreich); ein Backup-CS-VIS, das alle Funktionalitäten des Haupt-CS-VIS bei einem Ausfall des Systems übernehmen kann, befindet sich in Sankt Johann im Pongau (Österreich).

Artikel 28

Verbindung zu den nationalen Systemen

(1)   Das VIS ist über die nationale Schnittstelle im jeweiligen Mitgliedstaat mit dem nationalen System der einzelnen Mitgliedstaaten verbunden.

(2)   Jeder Mitgliedstaat benennt eine nationale Behörde, die den Zugang der in Artikel 6 Absätze 1 und 2 aufgeführten zuständigen Behörden zum VIS gewährleistet, und verbindet diese nationale Behörde mit der nationalen Schnittstelle.

(3)   Jeder Mitgliedstaat verwendet automatisierte Verfahren für die Datenverarbeitung.

(4)   Jeder Mitgliedstaat ist verantwortlich für

a)

die Entwicklung des nationalen Systems und/oder seine Anpassung an das VIS gemäß Artikel 2 Absatz 2 der Entscheidung 2004/512/EG;

b)

den Aufbau, die Verwaltung, den Betrieb und die Wartung seines nationales Systems;

c)

die Verwaltung und die Regelung des Zugangs der dazu ermächtigten Bediensteten der zuständigen nationalen Behörden zum VIS im Einklang mit dieser Verordnung und die Erstellung und regelmäßige Aktualisierung eines Verzeichnisses der Bediensteten und ihres jeweiligen Profils;

d)

die Tragung der Kosten für die nationalen Systeme und ihre Verbindung zur nationalen Schnittstelle, einschließlich der Kosten für Einrichtung und Betreibung der Kommunikationsinfrastruktur zwischen der nationalen Schnittstelle und dem nationalen System.

(5)   Die Bediensteten der Behörden mit Zugangsberechtigung zum VIS erhalten eine angemessene Schulung über die Vorschriften betreffend Datensicherheit und Datenschutz und werden über alle einschlägigen Straftaten und Strafen informiert, bevor sie ermächtigt werden, im VIS gespeicherte Daten zu verarbeiten.

Artikel 29

Verantwortlichkeit für die Verwendung von Daten

(1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Daten rechtmäßig verarbeitet werden und insbesondere, dass nur die dazu ermächtigten Bediensteten Zugriff auf die im VIS verarbeiteten Daten zum Zwecke der Erfüllung ihrer Aufgaben im Einklang mit dieser Verordnung haben. Der verantwortliche Mitgliedstaat stellt insbesondere sicher, dass

a)

die Daten rechtmäßig erhoben werden;

b)

die Daten rechtmäßig an das VIS übermittelt werden;

c)

die Daten richtig und aktuell sind, wenn sie an das VIS übermittelt werden.

(2)   Die Verwaltungsbehörde stellt sicher, dass das VIS im Einklang mit dieser Verordnung und ihren Durchführungsbestimmungen nach Artikel 45 Absatz 2 betrieben wird. Insbesondere ist es Aufgabe der Verwaltungsbehörde,

a)

unbeschadet der Verantwortlichkeiten der Mitgliedstaaten die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit des zentralen VIS und der Kommunikationsinfrastruktur zwischen dem zentralen VIS und den nationalen Schnittstellen zu gewährleisten;

b)

sicherzustellen, dass nur die dazu ermächtigten Bediensteten Zugriff auf die im VIS verarbeiteten Daten zum Zwecke der Erfüllung der Aufgaben der Verwaltungsbehörde im Einklang mit dieser Verordnung haben.

(3)   Die Verwaltungsbehörde unterrichtet das Europäische Parlament, den Rat und die Kommission über die Maßnahmen, die sie gemäß Absatz 2 ergreift.

Artikel 30

Speicherung von VIS-Daten in nationalen Dateien

(1)   Daten aus dem VIS dürfen unter Berücksichtigung des Zwecks des VIS und in Übereinstimmung mit den einschlägigen rechtlichen Regelungen einschließlich derjenigen zum Datenschutz in nationalen Dateien nur gespeichert werden, wenn und solange es im Einzelfall erforderlich ist.

(2)   Absatz 1 berührt nicht das Recht eines Mitgliedstaats, Daten, die dieser Mitgliedstaat in das VIS eingegeben hat, in nationalen Dateien zu speichern.

(3)   Jede Verwendung von Daten, die den Bestimmungen nach Absatz 1 und 2 widerspricht, ist als Missbrauch gemäß den nationalen gesetzlichen Vorschriften des Mitgliedstaats anzusehen.

Artikel 31

Übermittlung von Daten an Drittstaaten oder internationale Organisationen

(1)   Daten, die im VIS in Anwendung dieser Verordnung verarbeitet werden, werden Drittstaaten oder internationalen Organisationen nicht übermittelt oder zur Verfügung gestellt.

(2)   Abweichend von Absatz 1 können die Daten nach Artikel 9 Nummer 4 Buchstaben a, b, c, k und m Drittstaaten oder den im Anhang aufgeführten internationalen Organisationen nur übermittelt oder zur Verfügung gestellt werden, wenn dies im Einzelfall zum Zwecke des Nachweises der Identität eines Drittstaatsangehörigen — auch zum Zwecke der Rückführung — notwendig ist und die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)

die Kommission hat eine Entscheidung über die Angemessenheit des Datenschutzniveaus in diesem Drittstaat gemäß Artikel 25 Absatz 6 der Richtlinie 95/46/EG erlassen, oder es ist ein Rückübernahmeabkommen zwischen der Gemeinschaft und diesem Drittstaat in Kraft, oder es gilt Artikel 26 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie 95/46/EG;

b)

der Drittstaat oder die internationale Organisation stimmt zu, die Daten nur zur Erfüllung des Zwecks, zu dem sie Verfügung gestellt wurden, zu verwenden;

c)

die Daten werden gemäß den einschlägigen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts, insbesondere Rückübernahmeabkommen, und dem nationalen Recht des Mitgliedstaats, der die Daten übermittelt oder zur Verfügung gestellt hat, einschließlich der rechtlichen Bestimmungen über die Datensicherheit und den Datenschutz, übermittelt oder zur Verfügung gestellt; und

d)

der/die Mitgliedstaat(en), der/die die Daten in das VIS eingegeben hat/haben, hat/haben seine/ihre Zustimmung gegeben.

(3)   Eine solche Übermittlung personenbezogener Daten an Drittstaaten oder internationale Organisationen berührt nicht die Rechte von Flüchtlingen und Personen, die um internationalen Schutz ersuchen, insbesondere hinsichtlich der Nichtzurückweisung.

Artikel 32

Datensicherheit

(1)   Der verantwortliche Mitgliedstaat gewährleistet die Datensicherheit vor und während der Übermittlung an die nationale Schnittstelle. Die Mitgliedstaaten gewährleisten die Sicherheit der Daten, die sie aus dem VIS erhalten.

(2)   Die Mitgliedstaaten treffen in Abhängigkeit von ihrem nationalen System die erforderlichen Maßnahmen, die einen Sicherheitsplan einschließen, um

a)

die Daten physisch zu schützen, auch durch Aufstellung von Notfallplänen für den Schutz kritischer Infrastrukturen;

b)

Unbefugten den Zugang zu nationalen Einrichtungen zu verwehren, in denen die Mitgliedstaaten Tätigkeiten im Einklang mit den Zwecken des VIS durchführen (Zugangskontrollen zu diesen Einrichtungen);

c)

das unbefugte Lesen, Kopieren, Ändern oder Entfernen von Datenträgern zu verhindern (Datenträgerkontrolle);

d)

die unbefugte Dateneingabe und die unbefugte Kenntnisnahme, Veränderung oder Löschung von gespeicherten personenbezogenen Daten zu verhindern (Speicherkontrolle);

e)

die unbefugte Verarbeitung von Daten im VIS und die unbefugte Änderung oder Löschung von Daten, die im VIS verarbeitet wurden, zu verhindern (Kontrolle der Dateneingabe);

f)

sicherzustellen, dass die zum Zugang zum VIS berechtigten Personen nur mittels einer persönlichen und eindeutigen Benutzerkennung und vertraulicher Zugriffsverfahren ausschließlich auf die ihrer Zugriffsberechtigung unterliegenden Daten zugreifen können (Zugriffskontrolle);

g)

zu gewährleisten, dass alle zum Zugang zum VIS berechtigten Behörden Profile mit einer Beschreibung der Aufgaben und Zuständigkeiten der Personen erstellen, die berechtigt sind, die Daten zu lesen, einzugeben, zu aktualisieren, zu löschen und in den Daten zu suchen, und diese Profile den nationalen Kontrollstellen nach Artikel 41 auf deren Anfrage unverzüglich zur Verfügung stellen (Personalprofile);

h)

zu gewährleisten, dass überprüft und festgestellt werden kann, welchen Stellen personenbezogene Daten durch Einrichtungen zur Datenübertragung übermittelt werden können (Übermittlungskontrolle);

i)

sicherzustellen, dass überprüft und festgestellt werden kann, welche Daten wann, von wem und zu welchem Zweck im VIS verarbeitet wurden (Kontrolle der Datenaufzeichnung);

j)

das unbefugte Lesen, Kopieren, Verändern oder Löschen von personenbezogenen Daten während der Übermittlung von personenbezogenen Daten an das oder aus dem VIS oder während des Transports von Datenträgern zu verhindern, insbesondere durch geeignete Verschlüsselungstechniken (Übertragungskontrolle);

k)

die Wirksamkeit der in diesem Absatz genannten Sicherheitsmaßnahmen zu überwachen und die erforderlichen organisatorischen Maßnahmen bezüglich der internen Überwachung zu treffen, um die Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung sicherzustellen (Eigenkontrolle).

(3)   Die Verwaltungsbehörde ergreift die erforderlichen Maßnahmen, um die in Absatz 2 genannten Ziele hinsichtlich des Betriebs des VIS zu erreichen, einschließlich der Verabschiedung eines Sicherheitsplans.

Artikel 33

Haftung

(1)   Jede Person oder jeder Mitgliedstaat, der/dem durch eine rechtswidrige Verarbeitung oder durch andere gegen diese Verordnung verstoßende Handlungen ein Schaden entsteht, hat das Recht, von dem für den Schaden verantwortlichen Mitgliedstaat Schadensersatz zu verlangen. Dieser Mitgliedstaat wird teilweise oder vollständig von seiner Haftung befreit, wenn er nachweist, dass er für den Umstand, durch den der Schaden eingetreten ist, nicht verantwortlich ist.

(2)   Verursacht eine Verletzung der in dieser Verordnung festgelegten Pflichten durch einen Mitgliedstaat einen Schaden am VIS, haftet dieser Mitgliedstaat für den entstandenen Schaden, sofern und soweit es die Verwaltungsbehörde oder ein anderer Mitgliedstaat nicht versäumt haben, angemessene Maßnahmen zur Verhütung des Schadens oder zur Verringerung seiner Auswirkungen zu ergreifen.

(3)   Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach den Absätzen 1 und 2 gegen einen Mitgliedstaat unterliegt dem innerstaatlichen Recht des beklagten Mitgliedstaats.

Artikel 34

Führen von Aufzeichnungen

(1)   Die Mitgliedstaaten und die Verwaltungsbehörde führen Aufzeichnungen über alle Datenverarbeitungsvorgänge im Rahmen des VIS. Diese Aufzeichnungen enthalten den Zweck des Zugriffs nach Artikel 6 Absatz 1 und nach Artikel 15 bis 22, Datum und Uhrzeit, die Art der übermittelten Daten gemäß den Artikeln 9 bis 14, die Art der für die Abfrage verwendeten Daten gemäß Artikel 15 Absatz 2, Artikel 17, Artikel 18 Absätze 1 bis 3, Artikel 19 Absatz 1, Artikel 20 Absatz 1, Artikel 21 Absatz 1 und Artikel 22 Absatz 1 sowie den Namen der Behörde, die Daten eingegeben oder abgefragt hat. Darüber hinaus führen die Mitgliedstaaten Aufzeichnungen über die zur Eingabe oder Abfrage der Daten ermächtigten Bediensteten.

(2)   Diese Aufzeichnungen dürfen nur zur datenschutzrechtlichen Kontrolle der Zulässigkeit der Datenverarbeitung sowie zur Gewährleistung der Datensicherheit verwendet werden. Die Aufzeichnungen werden in geeigneter Weise vor unbefugtem Zugriff geschützt und nach einer Frist von einem Jahr nach Ablauf der Frist für die Speicherung der Daten nach Artikel 23 Absatz 1 gelöscht, sofern sie nicht für bereits eingeleitete Kontrollverfahren erforderlich sind.

Artikel 35

Eigenkontrolle

Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass jede Behörde mit Zugriffsberechtigung zu den Daten des VIS die erforderlichen Maßnahmen zur Einhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung trifft und erforderlichenfalls mit der nationalen Kontrollstelle zusammenarbeitet.

Artikel 36

Sanktionen

Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherstellen, dass jeder Missbrauch von in das VIS eingegebenen Daten nach nationalem Recht mit wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Sanktionen, einschließlich verwaltungs- und/oder strafrechtlicher Sanktionen, geahndet wird.

KAPITEL VI

DATENSCHUTZRECHTE UND KONTROLLE DES DATENSCHUTZES

Artikel 37

Recht auf Auskunft

(1)   Die Antragsteller und die in Artikel 9 Nummer 4 Buchstabe f genannten Personen werden von dem zuständigen Mitgliedstaat informiert

a)

über die Identität des nach Artikel 41 Absatz 4 für die Verarbeitung Verantwortlichen, einschließlich seiner Kontaktangaben;

b)

über die Zwecke der Datenverarbeitung im Rahmen des VIS;

c)

über die Kategorien von Datenempfängern und die in Artikel 3 genannten Behörden;

d)

über die Aufbewahrungsfrist der Daten;

e)

darüber, dass die Erhebung der Daten für die Prüfung des Antrags vorgeschrieben ist;

f)

über das Bestehen eines Auskunftsrechts bezüglich sie betreffender Daten und über das Recht zu beantragen, dass sie betreffende unrichtige Daten berichtigt oder sie betreffende unrechtmäßig verarbeitete Daten gelöscht werden, einschließlich des Rechts, Informationen über die Verfahren zur Ausübung dieser Rechte und die Kontaktangaben der nationalen Kontrollstellen nach Artikel 41 Absatz 1 zu erhalten, die Beschwerden hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten entgegennehmen.

(2)   Die Informationen nach Absatz 1 werden dem Antragsteller bei Aufnahme der Daten aus dem Antragsformular, des Fotos und der Fingerabdruckdaten nach Artikel 9 Nummern 4, 5 und 6 schriftlich mitgeteilt.

(3)   Die Informationen nach Absatz 1 werden den in Artikel 9 Nummer 4 Buchstabe f genannten Personen in den Formularen mitgeteilt, die sie zum Nachweis einer Einladung, Kostenübernahme und Unterkunft unterzeichnen müssen.

Liegen keine von diesen Personen unterzeichneten derartigen Formulare vor, so werden diese Informationen gemäß Artikel 11 der Richtlinie 95/46/EG erteilt.

Artikel 38

Recht auf Auskunft, Berichtigung und Löschung

(1)   Unbeschadet der Pflicht, andere Informationen gemäß Artikel 12 Buchstabe a der Richtlinie 95/46/EG zu erteilen, hat jede Person das Recht auf Auskunft über sie betreffende im VIS gespeicherte Daten und den Mitgliedstaat, der sie an das VIS übermittelt hat. Diese Datenauskunft wird nur von einem Mitgliedstaat erteilt. Jeder Mitgliedstaat führt Aufzeichnungen über diesbezügliche Anträge auf Auskunft.

(2)   Jede Person kann beantragen, dass sie betreffende unrichtige Daten berichtigt und unrechtmäßig gespeicherte Daten gelöscht werden. Der verantwortliche Mitgliedstaat führt die Berichtigung und Löschung unverzüglich entsprechend seinen Rechts- und Verfahrensvorschriften durch.

(3)   Wird der Antrag nach Absatz 2 bei einem anderen als dem verantwortlichen Mitgliedstaat gestellt, so kontaktieren die Behörden des Mitgliedstaats, an den der Antrag gerichtet wurde, die Behörden des verantwortlichen Mitgliedstaats innerhalb von 14 Tagen. Der verantwortliche Mitgliedstaat überprüft die Richtigkeit der Daten und die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung im VIS innerhalb eines Monats.

(4)   Stellt sich heraus, dass im VIS gespeicherte Daten unrichtig sind oder unrechtmäßig gespeichert wurden, so berichtigt oder löscht der verantwortliche Mitgliedstaat die Daten gemäß Artikel 24 Absatz 3. Der verantwortliche Mitgliedstaat bestätigt der betroffenen Person unverzüglich schriftlich, dass er Maßnahmen zur Berichtigung oder Löschung der sie betreffenden Daten ergriffen hat.

(5)   Ist der verantwortliche Mitgliedstaat nicht der Ansicht, dass die im VIS gespeicherten Daten unrichtig sind oder unrechtmäßig gespeichert wurden, so teilt er der betroffenen Person unverzüglich schriftlich mit, warum er nicht zu einer Berichtigung oder Löschung der sie betreffenden Daten bereit ist.

(6)   Der verantwortliche Mitgliedstaat teilt der betroffenen Person ebenfalls mit, welche Schritte sie unternehmen kann, wenn sie diese Erklärung nicht akzeptiert. Dies beinhaltet Informationen darüber, wie bei den zuständigen Behörden oder Gerichten dieses Mitgliedstaats Klage erhoben oder Beschwerde eingelegt werden kann, und darüber, ob gemäß den Rechts- und Verfahrensvorschriften dieses Mitgliedstaats eine Unterstützung, unter anderem von den in Artikel 41 Absatz 1 genannten nationalen Kontrollstellen, vorgesehen ist.

Artikel 39

Zusammenarbeit zur Gewährleistung der Datenschutzrechte

(1)   Die Mitgliedstaaten arbeiten aktiv zur Durchsetzung der in Artikel 38 Absätze 2, 3 und 4 aufgeführten Rechte zusammen.

(2)   Die nationale Kontrollstelle jedes Mitgliedstaats unterstützt und berät auf Antrag die betroffene Person bei der Ausübung ihres Rechts auf Berichtigung oder Löschung der sie betreffenden Daten gemäß Artikel 28 Absatz 4 der Richtlinie 95/46/EG.

(3)   Die nationale Kontrollstelle des verantwortlichen Mitgliedstaats, der die Daten übermittelt hat, sowie die nationalen Kontrollstellen der Mitgliedstaaten, bei denen der Antrag gestellt wurde, arbeiten zu diesem Zweck zusammen.

Artikel 40

Rechtsbehelfe

(1)   In allen Mitgliedstaaten haben alle Personen das Recht, eine Klage oder Beschwerde bei den zuständigen Behörden oder Gerichten des betreffenden Mitgliedstaats zu erheben, der das in Artikel 38 Absätze 1 und 2 festgelegte Auskunftsrecht oder Recht auf Berichtigung oder Löschung der sie betreffenden Daten verweigert.

(2)   Die Unterstützung durch die nationalen Kontrollstellen nach Artikel 39 Absatz 2 bleibt während der gesamten Verfahren bestehen.

Artikel 41

Kontrolltätigkeit der nationalen Kontrollstelle

(1)   Die in jedem Mitgliedstaat benannte(n) und mit den Befugnissen nach Artikel 28 der Richtlinie 95/46/EG ausgestattete(n) Behörde(n) (die „nationale Kontrollstelle“) überwacht/überwachen unabhängig die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Artikel 5 Absatz 1 durch den betreffenden Mitgliedstaat, einschließlich der Übermittlung an das und von dem VIS.

(2)   Die nationale Kontrollstelle gewährleistet, dass mindestens alle vier Jahre die Datenverarbeitungsvorgänge im nationalen System nach einschlägigen internationalen Prüfungsstandards überprüft werden.

(3)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass ihre nationale Kontrollstelle über ausreichende Mittel zur Wahrnehmung der Aufgaben verfügt, die ihr gemäß dieser Verordnung übertragen werden.

(4)   Im Hinblick auf die Verarbeitung personenbezogener Daten im VIS benennt jeder Mitgliedstaat die Behörde, die als für die Verarbeitung Verantwortlicher nach Artikel 2 Buchstabe d der Richtlinie 95/46/EG zu betrachten ist und die die zentrale Zuständigkeit für die Verarbeitung der Daten durch diesen Mitgliedstaat hat. Er teilt der Kommission diese Behörde mit.

(5)   Jeder Mitgliedstaat liefert den nationalen Kontrollstellen alle von ihnen erbetenen Informationen, insbesondere zu den Tätigkeiten, die gemäß Artikel 28 und Artikel 29 Absatz 1 durchgeführt wurden, und gewährt ihnen Zugang zu den Verzeichnissen nach Artikel 28 Absatz 4 Buchstabe c und zu seinen Aufzeichnungen nach Artikel 34 sowie jederzeit Zutritt zu allen seinen Gebäuden.

Artikel 42

Kontrolle durch den Europäischen Datenschutzbeauftragten

(1)   Der Europäische Datenschutzbeauftragte überwacht, dass die Tätigkeiten der Verwaltungsbehörde zur Verarbeitung personenbezogener Daten im Einklang mit der vorliegenden Verordnung durchgeführt werden. Die Bestimmungen über die Aufgaben und Befugnisse nach den Artikeln 46 und 47 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 finden entsprechend Anwendung.

(2)   Der Europäische Datenschutzbeauftragte gewährleistet, dass mindestens alle vier Jahre die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Verwaltungsbehörde nach einschlägigen internationalen Prüfungsstandards überprüft wird. Ein Bericht über die Überprüfung wird dem Europäischen Parlament, dem Rat, der Verwaltungsbehörde, der Kommission und den nationalen Kontrollstellen übermittelt. Die Verwaltungsbehörde erhält vor der Annahme des Berichts Gelegenheit zu Anmerkungen.

(3)   Die Verwaltungsbehörde liefert die vom Europäischen Datenschutzbeauftragten verlangten Informationen, gewährt ihm Zugang zu allen Dokumenten und zu den Aufzeichnungen nach Artikel 34 Absatz 1 und ermöglicht ihm jederzeit Zutritt zu allen ihren Gebäuden.

Artikel 43

Zusammenarbeit zwischen den nationalen Kontrollstellen und dem Europäischen Datenschutzbeauftragten

(1)   Die nationalen Kontrollstellen und der Europäische Datenschutzbeauftragte arbeiten im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten aktiv zusammen und sorgen für eine koordinierte Überwachung des VIS und der nationalen Systeme.

(2)   Im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten tauschen sie einschlägige Informationen aus, unterstützen sich gegenseitig bei Überprüfungen und Inspektionen, prüfen Schwierigkeiten bei der Auslegung oder Anwendung dieser Verordnung, gehen Problemen bei der Wahrnehmung der unabhängigen Überwachung oder der Ausübung der Rechte betroffener Personen nach, arbeiten harmonisierte Vorschläge im Hinblick auf gemeinsame Lösungen für etwaige Probleme aus und fördern erforderlichenfalls das Bewusstsein für die Datenschutzrechte.

(3)   Die nationalen Kontrollstellen und der Europäische Datenschutzbeauftragte treffen zu diesem Zweck mindestens zweimal jährlich zusammen. Die Kosten und die Ausrichtung dieser Sitzungen übernimmt der Europäische Datenschutzbeauftragte. Beim ersten Treffen wird eine Geschäftsordnung angenommen. Weitere Arbeitsmethoden werden in Abhängigkeit vom Bedarf gemeinsam entwickelt.

(4)   Ein gemeinsamer Tätigkeitsbericht wird dem Europäischen Parlament, dem Rat, der Kommission und der Verwaltungsbehörde alle zwei Jahre übermittelt. Dieser Bericht enthält ein Kapitel jedes Mitgliedstaats, das von der nationalen Kontrollstelle des jeweiligen Mitgliedstaats vorbereitet wurde.

Artikel 44

Datenschutz während der Übergangszeit

Sollte die Kommission ihre Zuständigkeiten während der Übergangszeit gemäß Artikel 26 Absatz 4 der vorliegenden Verordnung einer oder mehreren anderen Stelle(n) übertragen, so sorgt sie dafür, dass der Europäische Datenschutzbeauftragte das Recht und die Möglichkeit hat, seinen Aufgaben uneingeschränkt nachzukommen; hierzu gehört auch die Möglichkeit, Überprüfungen vor Ort vorzunehmen oder von sonstigen Befugnissen Gebrauch zu machen, über die er aufgrund von Artikel 47 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 verfügt.

KAPITEL VII

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 45

Durchführung durch die Kommission

(1)   Das zentrale VIS, die nationale Schnittstelle in jedem Mitgliedstaat und die Kommunikationsinfrastruktur zwischen dem zentralen VIS und den nationalen Schnittstellen werden von der Kommission baldmöglichst nach Inkrafttreten dieser Verordnung aufgebaut, einschließlich der Funktionen für die Verarbeitung der biometrischen Daten nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c.

(2)   Die erforderlichen Maßnahmen zur technischen Umsetzung des zentralen VIS, der nationalen Schnittstellen und der Kommunikationsinfrastruktur zwischen dem zentralen VIS und den nationalen Schnittstellen werden gemäß dem in Artikel 49 Absatz 2 genannten Verfahren angenommen, insbesondere im Hinblick auf

a)

die Dateneingabe und die Verknüpfung der Antragsdatensätze gemäß Artikel 8;

b)

den Datenzugang gemäß Artikel 15 sowie Artikel 17 bis 22;

c)

die Änderung, Löschung und vorzeitige Löschung von Daten gemäß Artikel 23 bis 25;

d)

das Führen von und den Zugriff auf Aufzeichnungen gemäß Artikel 34;

e)

den Konsultationsmechanismus und die Verfahren nach Artikel 16.

Artikel 46

Integration der technischen Funktionen des Schengener Konsultationsnetzes

Der Konsultationsmechanismus nach Artikel 16 ersetzt das Schengener Konsultationsnetz ab dem Zeitpunkt, der gemäß dem in Artikel 49 Absatz 3 genannten Verfahren festgelegt wird, sobald alle diejenigen Mitgliedstaaten, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung das Schengener Konsultationsnetz nutzen, gemäß Artikel 17 Absatz 2 des Schengener Durchführungsübereinkommens mitgeteilt haben, dass sie die rechtlichen und technischen Vorkehrungen für den Einsatz des VIS zum Zwecke der Konsultation zwischen zentralen Visumbehörden zu Visumanträgen getroffen haben.

Artikel 47

Beginn der Übermittlung

Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission mit, dass sie die erforderlichen technischen und rechtlichen Vorkehrungen zur Übermittlung der Daten nach Artikel 5 Absatz 1 an das zentrale VIS über die nationale Schnittstelle getroffen haben.

Artikel 48

Aufnahme des Betriebs

(1)   Die Kommission bestimmt den Zeitpunkt, zu dem das VIS seinen Betrieb aufnimmt, sobald

a)

die Maßnahmen nach Artikel 45 Absatz 2 angenommen worden sind;

b)

die Kommission den erfolgreichen Abschluss eines umfangreichen Tests des VIS festgestellt hat, der von der Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten durchzuführen ist;

c)

die Mitgliedstaaten — nach Absicherung der technischen Vorkehrungen — der Kommission mitgeteilt haben, dass sie die erforderlichen technischen und rechtlichen Vorkehrungen zur Erhebung und Übermittlung der Daten nach Artikel 5 Absatz 1 an das VIS für sämtliche Antragsdatensätze in der ersten gemäß Absatz 4 bestimmten Region getroffen haben, einschließlich Vorkehrungen für die Erhebung und/oder Übermittlung von Daten im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats.

(2)   Die Kommission informiert das Europäische Parlament über die Ergebnisse des gemäß Absatz 1 Buchstabe b durchgeführten Tests.

(3)   Die Kommission legt für jede andere Region den Zeitpunkt fest, ab dem die Übermittlung der Daten nach Artikel 5 Absatz 1 zwingend wird, sobald die Mitgliedstaaten der Kommission mitgeteilt haben, dass sie die erforderlichen technischen und rechtlichen Vorkehrungen zur Erhebung und Übermittlung der Daten nach Artikel 5 Absatz 1 an das VIS für sämtliche Antragsdatensätze in der betreffenden Region getroffen haben, einschließlich Vorkehrungen für die Erhebung und/oder Übermittlung von Daten im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats. Vor diesem Zeitpunkt kann jeder Mitgliedstaat den Betrieb in jeder dieser Regionen aufnehmen, sobald er der Kommission mitgeteilt hat, dass er die erforderlichen technischen und rechtlichen Vorkehrungen zur Erhebung und Übermittlung zumindest der Daten nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a und b an das VIS getroffen hat.

(4)   Die in den Absätzen 1 und 3 genannten Regionen werden gemäß dem Verfahren nach Artikel 49 Absatz 3 bestimmt. Die Kriterien für die Bestimmung dieser Regionen sind das Risiko illegaler Immigration, Gefahren für die innere Sicherheit der Mitgliedstaaten und die Durchführbarkeit der Erfassung biometrischer Daten an allen Orten dieser Region.

(5)   Die Kommission veröffentlicht die Termine für die Aufnahme des Betriebs in den einzelnen Regionen im Amtsblatt der Europäischen Union.

(6)   Ein Mitgliedstaat ist nicht berechtigt, die von anderen Mitgliedstaaten an das VIS übermittelten Daten abzufragen, bevor er oder ein anderer Mitgliedstaat stellvertretend für diesen Mitgliedstaat gemäß den Absätzen 1 und 3 mit der Dateneingabe beginnt.

Artikel 49

Ausschuss

(1)   Die Kommission wird von dem Ausschuss nach Artikel 51 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) (25) unterstützt.

(2)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 4 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG.

Die in Artikel 4 Absatz 3 des Beschlusses 1999/468/EG vorgesehene Frist beträgt zwei Monate.

(3)   Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten die Artikel 5 und 7 des Beschlusses 1999/468/EG.

Die in Artikel 5 Absatz 6 des Beschlusses 1999/468/EG vorgesehene Frist beträgt zwei Monate.

Artikel 50

Überwachung und Bewertung

(1)   Die Verwaltungsbehörde stellt sicher, dass Verfahren vorhanden sind, um die Funktionsweise des VIS im Hinblick auf seine Ziele hinsichtlich der Leistung, Kostenwirksamkeit, Sicherheit und Qualität des Dienstes zu überprüfen.

(2)   Zum Zwecke der technischen Wartung hat die Verwaltungsbehörde Zugang zu den erforderlichen Informationen über die Verarbeitungsvorgänge im VIS.

(3)   Zwei Jahre, nachdem der Betrieb des VIS aufgenommen wurde, und danach alle zwei Jahre übermittelt die Verwaltungsbehörde dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission einen Bericht über die technische Funktionsweise des VIS einschließlich der Sicherheit des Systems.

(4)   Drei Jahre, nachdem der Betrieb des VIS aufgenommen wurde, und danach alle vier Jahre erstellt die Kommission eine Gesamtbewertung des VIS. Dabei misst sie die Ergebnisse an den Zielen, überprüft, ob die grundlegenden Prinzipien weiterhin Gültigkeit haben, bewertet die Anwendung dieser Verordnung in Bezug auf das VIS, die Sicherheit des VIS und die Anwendung der in Artikel 31 erwähnten Bestimmungen und zieht alle gebotenen Schlussfolgerungen für den künftigen Betrieb. Die Kommission legt die Bewertung dem Europäischen Parlament und dem Rat vor.

(5)   Vor dem Ende der in Artikel 18 Absatz 2 erwähnten Zeiträume berichtet die Kommission über den technischen Fortschritt bei der Verwendung von Fingerabdrücken an Außengrenzen und seine Auswirkungen auf die Dauer von Abfragen mit der Nummer der Visummarke in Kombination mit einer Verifizierung der Fingerabdrücke des Visuminhabers und beantwortet die Frage, ob die absehbare Dauer solcher Abfragen zu übermäßigen Wartezeiten an den Grenzübergangsstellen führt. Die Kommission legt die Bewertung dem Europäischen Parlament und dem Rat vor. Auf der Grundlage dieser Bewertung kann das Europäische Parlament oder der Rat die Kommission ersuchen, gegebenenfalls geeignete Änderungen dieser Verordnung vorzuschlagen.

(6)   Die Mitgliedstaaten stellen der Verwaltungsbehörde und der Kommission die für die Ausarbeitung der Berichte nach den Absätzen 3, 4 und 5 erforderlichen Informationen zur Verfügung.

(7)   Die Verwaltungsbehörde stellt der Kommission die für die Erstellung der Gesamtbewertungen nach Absatz 4 erforderlichen Informationen zur Verfügung.

(8)   Bis die Verwaltungsbehörde ihre Tätigkeit aufnimmt, ist während der Übergangszeit die Kommission für die Erstellung und Vorlage der Berichte gemäß Absatz 3 zuständig.

Artikel 51

Inkrafttreten und Anwendung

(1)   Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

(2)   Sie gilt ab dem in Artikel 48 Absatz 1 genannten Zeitpunkt.

(3)   Die Artikel 26, 27, 32, 45, Artikel 48 Absätze 1, 2 und 4 und Artikel 49 gelten ab dem 2. September 2008.

(4)   Während der Übergangszeit nach Artikel 26 Absatz 4 gelten Bezugnahmen in dieser Verordnung auf die Verwaltungsbehörde als Bezugnahmen auf die Kommission.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu Straßburg am 9. Juli 2008.

Im Namen des Europäischen Parlaments

Der Präsident

H.-G. PÖTTERING

Im Namen des Rates

Der Präsident

J.-P. JOUYET


(1)  Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 7. Juni 2007 (ABl. C 125 E vom 22.5.2008, S. 118) und Beschluss des Rates vom 23. Juni 2008.

(2)  ABl. L 213 vom 15.6.2004, S. 5.

(3)  ABl. L 50 vom 25.2.2003, S. 1.

(4)  ABl. L 123 vom 9.5.2002, S. 50.

(5)  ABl. L 164 vom 14.7.1995, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 (ABl. L 363 vom 20.12.2006, S. 1).

(6)  ABl. C 326 vom 22.12.2005, S. 1. Zuletzt geändert durch den Beschluss 2006/684/EG des Rates (ABl. L 280 vom 12.10.2006, S. 29).

(7)  ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1987/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 381 vom 28.12.2006, S. 4).

(8)  ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 (ABl. L 284 vom 31.10.2003, S. 1).

(9)  ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.

(10)  ABl. L 184 vom 17.7.1999, S. 23. Geändert durch den Beschluss 2006/512/EG (ABl. L 200 vom 22.7.2006, S. 11).

(11)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 36.

(12)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 31.

(13)  ABl. L 176 vom 10.7.1999, S. 53.

(14)  ABl. L 131 vom 1.6.2000, S. 43.

(15)  ABl. L 395 vom 31.12.2004, S. 70.

(16)  ABl. L 64 vom 7.3.2002, S. 20.

(17)  Beschluss 2004/860/EG vom 25. Oktober 2004 über die Unterzeichnung — im Namen der Europäischen Gemeinschaft — des Abkommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Assoziierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstands und die vorläufige Anwendung einiger Bestimmungen dieses Abkommens (ABl. L 370 vom 17.12.2004, S. 78).

(18)  Siehe Seite 129 dieses Amtsblatts.

(19)  ABl. L 64 vom 7.3.2003, S. 1.

(20)  ABl. L 81 vom 21.3.2001, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1932/2006 (ABl. L 405 vom 30.12.2006, S. 23).

(21)  ABl. L 53 vom 23.2.2002, S. 4.

(22)  ABl. L 105 vom 13.4.2006, S. 1. Geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 296/2008 (ABl. L 97 vom 9.4.2008, S. 60).

(23)  ABl. L 248 vom 16.9.2002, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1525/2007 (ABl. L 343 vom 27.12.2006, S. 9).

(24)  ABl. L 56 vom 4.3.1968, S. 1. Zuletzt geändert durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 337/2007 (ABl. L 90 vom 30.3.2007, S. 1).

(25)  ABl. L 381 vom 28.12.2006, S. 4.


ANHANG

Liste der in Artikel 31 Absatz 2 genannten internationalen Organisationen

1.

VN-Organisationen (wie UNHCR);

2.

Internationale Organisation für Migration (IOM);

3.

das Internationale Komitee vom Roten Kreuz.


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