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Document 32016D0542

    Durchführungsbeschluss (EU) 2016/542 des Rates vom 15. Februar 2016 über einen kurzfristigen finanziellen Beistand der Union für Griechenland (2015/1181)

    ABl. L 91 vom 7.4.2016, p. 22–25 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec_impl/2016/542/oj

    7.4.2016   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    L 91/22


    DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2016/542 DES RATES

    vom 15. Februar 2016

    über einen kurzfristigen finanziellen Beistand der Union für Griechenland (2015/1181) (1)

    DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

    gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

    gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 407/2010 des Rates vom 11. Mai 2010 zur Einführung eines europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (2), insbesondere auf Artikel 3 Absatz 2,

    auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    (1)

    Griechenland hat um erneuten finanziellen Beistand aus dem europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ersucht, und es besteht ein grundsätzliches Einvernehmen, den beantragten Beistand zu gewähren.

    (2)

    Griechenland benötigt jedoch eine Brückenfinanzierung, bis dieser Beistand bereitgestellt werden kann, damit die Integrität des Euro-Währungsgebiets und die Finanzstabilität gewahrt werden und weitere Ausfälle anstehender Rückzahlungen vermieden werden. Angesichts der gravierenden wirtschaftlichen und finanziellen Störungen aufgrund außergewöhnlicher Umstände, die sich ihrer Kontrolle entziehen, hat die griechische Regierung am 15. Juli 2015 um dringlichen finanziellen Beistand der Union ersucht, um die Finanzstabilität in Griechenland, dem Euro-Währungsgebiet und der Union zu erhalten. Die Griechenland aus dem ESM zu gewährende Finanzhilfe wird zur Rückzahlung des Darlehens verwendet, das Griechenland aus dem Europäischen Finanzstabilisierungsmechanismus (EFSM) erhalten hat.

    (3)

    Das wirtschaftliche und finanzielle Anpassungsprogramm (im Folgenden „Programm“), das Griechenland der Kommission und dem Rat im Entwurf vorgelegt hat, stellt auf die Annahme einer Reihe von Reformen ab, die zur Verbesserung der Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen und der rechtlichen Rahmenbedingungen notwendig sind.

    (4)

    Die Kommission ist im Benehmen mit der Europäischen Zentralbank (EZB) zu der Einschätzung gelangt, dass Griechenland für den Monat Juli 2015 Finanzmittel in Höhe von insgesamt 7 160 Mio. EUR benötigt. Die genauen finanziellen Konditionen sollten in einer Darlehensrahmenvereinbarung niedergelegt werden.

    (5)

    Der finanzielle Beistand der Union sollte von der Kommission verwaltet werden.

    (6)

    Griechenland hat der Kommission und dem Rat das Programm vorgelegt, mit dem die Annahme einer Reihe von Reformen sichergestellt werden soll, die zur Verbesserung der Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen und der rechtlichen Rahmenbedingungen notwendig sind. Am 15. Juli 2015 wurde auf Dienststellenebene zwischen der Regierung und der Kommission eine Einigung über das Programm erzielt, das in einer Vereinbarung über spezifische wirtschaftspolitische Auflagen (im Folgenden „Vereinbarung“) niedergelegt werden soll.

    (7)

    Die Kommission sollte sich vor Ort und durch regelmäßige Berichterstattung der griechischen Behörden regelmäßig vergewissern, dass die an den Beistand geknüpften wirtschaftspolitischen Auflagen erfüllt werden.

    (8)

    Der Beistand sollte darauf abzielen, die erfolgreiche Umsetzung des Programms zu unterstützen.

    (9)

    Die dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten haben ihre Zusage bekannt gegeben, jedem nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaat den Betrag gemeinsam und zeitnah über eine besondere Vorschrift zu erstatten, den dieser nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörende Mitgliedstaat aus eigenen Mitteln geleistet hat und der der Nutzung des Gesamthaushaltsplans der Union in Fällen von Verlusten aufgrund eines finanziellen Beistands der Union für einen dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaat gemäß der Verordnung (EU) Nr. 407/2010 entspricht. Es werden auch angemessene Regelungen getroffen, um zu gewährleisten, dass bezüglich der nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörenden Mitgliedstaaten keine Überkompensation stattfindet, wenn Instrumente zum Schutz des Gesamthaushalts der Union, einschließlich der Einziehung geschuldeter Beträge, nötigenfalls durch eine im Laufe der Zeit stattfindende Aufrechnung der Forderungen mit den Zahlungen, eingesetzt werden.

    (10)

    Das Darlehen des EFSM wird vom Gesamthaushalt der Union garantiert. Im Falle der Nichtrückzahlung dieses Darlehens kann die Kommission unter Einbeziehung der Kassenüberschüsse zusätzliche, über die Aktiva der Union hinausgehende Mittel abrufen, um die Schulden der Union zu bedienen. Die auf den Gesamthaushaltsplan der Union anwendbare Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) („Haushaltsordnung“) und ihre Durchführungsvorschriften sehen Instrumente zum Schutz des Unionshaushaltsplans vor, auch durch Einziehung geschuldeter Beträge, nötigenfalls durch eine im Laufe der Zeit stattfindende Aufrechnung der Forderungen mit den Zahlungen. Die Kommission wird diese Instrumente anwenden —

    HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

    Artikel 1

    (1)   Die Union gewährt Griechenland ein Darlehen über maximal 7 160 Mio. EUR mit einer Laufzeit von höchstens drei Monaten.

    (2)   Der finanzielle Beistand der Union gemäß diesem Beschluss wird nur unter der Voraussetzung bereitgestellt, dass für die Mitgliedstaaten, deren Währung nicht der Euro ist, liquide Sicherheiten in Höhe des von ihnen eingegangenen Risikos bereitgestellt wurden, wobei eine rechtsverbindliche Regelung gilt, nach der diese Sicherheiten unmittelbar an die genannten Mitgliedstaaten in dem Umfang auszuzahlen sind, der zum Ausgleich eines Haftungsfalls infolge einer vereinbarungswidrigen Nichtrückzahlung des finanziellen Beistands durch Griechenland erforderlich ist.

    (3)   Der finanzielle Beistand steht ab dem ersten Tag nach Inkrafttreten dieses Beschlusses zur Verfügung.

    (4)   Der finanzielle Beistand der Union wird Griechenland von der Kommission in bis zu zwei Tranchen zur Verfügung gestellt.

    (5)   Die Tranchen werden vorbehaltlich des Inkrafttretens der Darlehensvereinbarung und der Vereinbarung sowie der Einhaltung der einschlägigen politischen Auflagen durch Griechenland gemäß Artikel 3 freigegeben.

    (6)   Griechenland trägt die Finanzierungskosten der Union mit einem Aufschlag von zehn Basispunkten.

    (7)   Griechenland trägt die in Artikel 7 der Verordnung (EU) Nr. 407/2010 genannten Kosten.

    (8)   Um das Darlehen zeitgerecht zu finanzieren, ist die Kommission erforderlichenfalls befugt, mittels privat platzierter Wertpapiere oder anderer Finanzierungskonstruktionen, die ihr eine sehr kurzfristige Mittelbeschaffung erlauben, Darlehen aufzunehmen.

    Artikel 2

    (1)   Der Beistand wird von der Kommission in einer Weise verwaltet, die mit den Verpflichtungen Griechenlands in Einklang steht.

    (2)   In Konsultation mit der EZB vereinbart die Kommission mit den griechischen Behörden die an den finanziellen Beistand geknüpften spezifischen wirtschaftspolitischen Auflagen gemäß Artikel 3. Diese Auflagen werden in der Vereinbarung niedergelegt, die von der Kommission und der griechischen Regierung unterzeichnet wird und mit den in Absatz 1 dieses Artikels genannten Verpflichtungen in Einklang steht. Die genauen finanziellen Konditionen werden in einer mit der Kommission zu schließenden Darlehensrahmenvereinbarung niedergelegt.

    (3)   Die Kommission vergewissert sich in regelmäßigen Abständen, dass die an den Beistand geknüpften wirtschaftspolitischen Auflagen erfüllt werden, und erstattet dem Wirtschafts- und Finanzausschuss Bericht. Zu diesem Zweck arbeiten die griechischen Behörden uneingeschränkt mit der Kommission und der EZB zusammen und stellen diesen alle notwendigen Informationen zur Verfügung. Die Kommission unterrichtet den Wirtschafts- und Finanzausschuss von allen relevanten Entwicklungen.

    Artikel 3

    (1)   Das von den griechischen Behörden erstellte wirtschaftliche und finanzielle Anpassungsprogramm (im Folgenden „Programm“) wird gebilligt.

    (2)   Die Auszahlung der Hilfe wird an die Auflage geknüpft, dass Griechenland

    i)

    die in dem Programm aufgeführten Maßnahmen annimmt, wobei der 15. Juli 2015 als der letzte Annahmetermin betrachtet wird;

    ii)

    eindeutige Schritte unternimmt, um die Erfüllung der übrigen im Programm aufgeführten politischen Auflagen vorzubereiten, und

    iii)

    die grundsätzliche Zustimmung der ESM-Mitglieder zur Gewährung einer Finanzhilfe gemäß Artikel 13 Absatz 2 des Vertrags zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) erhält.

    (3)   Griechenland ergreift rechtzeitig die nachstehend aufgeführten Maßnahmen:

     

    MwSt.-System

    Annahme eines Gesetzes zur Reform des MwSt.-Systems bis 15. Juli 2015. Mit der Reform ist ein Netto-Einnahmenzuwachs von 1 % des BIP pro Jahr mittels parametrischer Änderungen anzustreben. Das neue MwSt.-System sollte Folgendes vorsehen: i) einen einheitlichen Regelsatz von 23 %, auch für Restaurants und Catering, einen ermäßigten Satz von 13 % für Grundnahrungsmittel, Energie, Hotels und Wasser (ohne Abwasserbeseitigung) sowie einen Niedrigsteuersatz von 6 % für Arzneimittel, Bücher und Theaterveranstaltungen; ii) Straffung der Ausnahmeregelungen, um die Steuerbasis zu verbreitern, und Anhebung der Versicherungssteuer; und iii) Abschaffung der Steuerermäßigungen für Inseln, beginnend mit den Inseln mit höheren Einkommen, die ein besonders hohes Fremdenverkehrsaufkommen aufweisen, mit Ausnahme der entlegensten Inseln. Die Reform ist bis Ende 2016 abzuschließen; ferner sind angemessene und gezielte haushaltsneutrale Maßnahmen festzulegen, mit denen ein Ausgleich für besonders bedürftige Einwohner geschaffen wird. Die neuen MwSt.-Sätze für Hotels und Inseln sind ab 1. Oktober 2015 anzuwenden.

     

    Renten

    Annahme eines Gesetzes, mit dem der monatliche nominale Höchstbetrag der garantierten beitragsabhängigen Rente bis 2021 eingefroren wird;

    Annahme eines Gesetzes, damit Menschen, die nach Inkrafttreten der einschlägigen griechischen Gesetzgebung in den Ruhestand treten, erst bei Erreichen des gesetzlichen Renteneintrittsalters von derzeit 67 Jahren die Grund-, die garantierte beitragsabhängige und die einkommensabhängige Rente erhalten;

    Anhebung des Krankenversicherungsbeitrags für Rentner von 4 % auf durchschnittlich 6 % und Ausweitung der Beitragspflicht auf Zusatzrenten;

    Annahme eines geeigneten Rechtsinstruments, mit dem sämtliche Pensionsfonds angewiesen werden, das Gesetz 3863/2010 auf ab 1. Januar 2015 vorgelegte neue Rentenanträge anzuwenden.

     

    Rechtsrahmen für öffentliche Statistiken

    Annahme von Rechtsvorschriften zur Stärkung der Leitungsstruktur, Rolle und Unabhängigkeit (Governance) der griechischen statistischen Behörde (ELSTAT). Die zu erlassenden Rechtsvorschriften müssen Folgendes umfassen: i) Rolle und Struktur der Beratungsgremien des griechischen statistischen Systems (ELSS), einschließlich der Umwandlung des Rates des ELSS in einen beratenden Ausschuss, und die Rolle des GPAC (Good Practice Advisory Committee — Beratender Ausschuss für bewährte Praktiken); ii) das Verfahren zur Einstellung des ELSTAT-Präsidenten, damit gewährleistet ist, dass der Präsident höchsten fachlichen Anforderungen genügt und seine Ernennung im Wege transparenter Verfahren und anhand transparenter Auswahlkriterien erfolgt; iii) die Einbeziehung von ELSTAT — sofern angezeigt — in die Ausarbeitung von Gesetzesvorschlägen oder anderen Vorschlägen rechtlicher Natur, die statistische Fragen betreffen; iv) sonstige Aspekte, die sich auf die Unabhängigkeit von ELSTAT auswirken, wie seine Finanzautonomie, die Ermächtigung von ELSTAT zur Neuzuweisung bestehender Planstellen und — soweit erforderlich — zur Einstellung neuer Mitarbeiter, insbesondere wissenschaftlicher Fachkräfte, sowie die Einstufung des Amts als Haushaltsorgan nach dem kürzlich verabschiedeten Gesetz 4270/2014; Aufgaben und Befugnisse der Bank von Griechenland im Statistikbereich im Einklang mit den Rechtsvorschriften der Union.

     

    Umsetzung des Vertrags über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (SKS-Vertrag)

    Griechenland setzt bis zum 15. Juli 2015 die einschlägigen Bestimmungen des SKS-Vertrags um.

    Artikel 4

    Für die Verwaltung des finanziellen Beistands der Union eröffnet Griechenland ein Sonderkonto bei der Bank von Griechenland.

    Artikel 5

    Dieser Beschluss wird durch seine Bekanntgabe wirksam.

    Artikel 6

    Dieser Beschluss ist an die Hellenische Republik gerichtet.

    Artikel 7

    Dieser Beschluss wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

    Geschehen zu Brüssel am 15. Februar 2016.

    Im Namen des Rates

    Der Präsident

    M.H.P. VAN DAM


    (1)  Dieser Rechtsakt wurde ursprünglich nur in englischer Sprache erlassen und im ABl. L 192 vom 18.7.2015, S. 15 veröffentlicht.

    (2)  ABl. L 118 vom 12.5.2010, S. 1.

    (3)  Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates (ABl. L 298 vom 26.10.2012, S. 1).


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