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Document 32002D0781

    2002/781/EG: Entscheidung der Kommission vom 20. Dezember 2001 über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zugunsten der DaimlerChrysler AG in Kölleda gewähren will (Text von Bedeutung für den EWR.) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2001) 4480)

    ABl. L 282 vom 19.10.2002, p. 23–28 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/2002/781/oj

    32002D0781

    2002/781/EG: Entscheidung der Kommission vom 20. Dezember 2001 über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zugunsten der DaimlerChrysler AG in Kölleda gewähren will (Text von Bedeutung für den EWR.) (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2001) 4480)

    Amtsblatt Nr. L 282 vom 19/10/2002 S. 0023 - 0028


    Entscheidung der Kommission

    vom 20. Dezember 2001

    über die staatliche Beihilfe, die Deutschland zugunsten der DaimlerChrysler AG in Kölleda gewähren will

    (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2001) 4480)

    (Nur der deutsche Text ist verbindlich)

    (Text von Bedeutung für den EWR)

    (2002/781/EG)

    DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 88 Absatz 2 Unterabsatz 1,

    gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum, insbesondere auf Artikel 62 Absatz 1 Buchstabe a),

    nach Aufforderung der Beteiligten zur Stellungnahme gemäß den genannten Artikeln(1),

    In Erwägung nachstehender Gründe:

    Verfahren

    (1) Deutschland meldete das Beihilfevorhaben bei der Kommission am 29. März 2001 an. Mit Schreiben vom 17. Mai 2001 ersuchte die Kommission um zusätzliche Informationen, worauf Deutschland mit Schreiben vom 8. Juni 2001 antwortete.

    (2) Die Kommission setzte Deutschland mit Schreiben vom 30. Juli 2001 von ihrem Beschluss in Kenntnis, wegen dieser Beihilfe das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten.

    (3) Der Beschluss der Kommission über die Einleitung des Verfahrens wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht(2). Die Kommission forderte die Beteiligten zur Äußerung zu der betreffenden Beihilfe auf. Die Kommission hat keine Stellungnahmen von Beteiligten erhalten.

    (4) Mit Schreiben vom 22. August 2001 und 5. November 2001 übermittelte Deutschland seine Bemerkungen zur Einleitung des Prüfverfahrens.

    Ausführliche Beschreibung

    (5) DaimlerChrysler AG und Mitsubishi Motors Corporation planen eine gemeinsame Plattform für Kleinwagen. Diese so genannte Z-Plattform zielt auf das Marktsegment der Kleinpersonenkraftwagen ab, in dem sie mit Fahrzeugmodellen wie VW Polo, VW Lupo und Toyota Yaris konkurriert. Die Fahrzeuge sollen im NedCar-Werk in Born (Niederlande) für den europäischen Markt und in einem japanischen Werk von Mitsubishi für den japanischen und den asiatischen Markt produziert werden.

    (6) Zur Produktion der Benzinmotoren für die europäischen Fahrzeuge der Z-Plattform planen die DaimlerChrysler AG und Mitsubishi Motors Corporation die Errichtung eines völlig neuen Motorenwerks. Durch dieses Vorhaben sollen ungefähr 500 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Bei Abschluss des Projekts wird die installierte Produktionskapazität in Kölleda 300000 Motoren pro Jahr betragen, von denen 200000 Motoren an das NedCar-Werk und 100000 Motoren nach Japan geliefert werden sollen.

    (7) Empfänger der Beihilfe wäre die DaimlerChrysler AG. Mit der Gründung eines neuen Gemeinschaftsunternehmens im Jahr 2003, das sich zu jeweils 50 % im Besitz der DaimlerChrysler AG und der Mitsubishi Motors Corporation befinden und das Motorenwerk betreiben wird, sollen alle Investitionen und Beihilfen an diese neue Firma übergehen.

    (8) Laut der Anmeldung belaufen sich die Investitionen auf insgesamt 243,9 Mio. EUR (Gegenwartswert: 220,4 Mio. EUR), wovon 207,3 Mio. EUR beihilfefähig sind (Gegenwartswert: 185 Mio. EUR). Die geplante Beihilfe beträgt insgesamt 72,6 Mio. EUR (Gegenwartswert: 63,8 Mio. EUR). Deutschland gab an, dass mit dem Projekt keine erstrangigen Zulieferer im Sinne des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen in der Kfz-Industrie assoziiert sind.

    (9) Kölleda in Thüringen ist aufgrund der von der Kommission genehmigten Fördergebietskarte für den Zeitraum 2000-2003 ein Fördergebiet im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag, in dem Großunternehmen mit Regionalbeihilfen bis zu einem Hoechstsatz von 35 % gefördert werden dürfen. Die Beihilfe soll DaimlerChrysler gemäß dem 30. Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe (GA) "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" und gemäß dem Investitionszulagengesetz 1999 gewährt werden. Die Beihilfe würde zeitlich gestaffelt je nach Fortschritt des Investitionsvorhabens ausbezahlt werden. Nach Angaben Deutschlands sind abgesehen von der Regionalbeihilfe keine Beihilfen für andere Zwecke vorgesehen.

    (10) Laut Deutschland könnte die Investition auch an einem Alternativstandort, nämlich in Nyergesujfalu in Ungarn, durchgeführt werden. Die in der ursprünglichen Anmeldung enthaltene Kosten-Nutzen-Analyse setzt die Intensität des regionalen Nachteils von Kölleda gegenüber einer vergleichbaren Investition am Standort in Nyergesujfalu in Ungarn bei 37,8 % an.

    Beschluss der Kommission zur Einleitung des Verfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag

    (11) Die Kommission hat Deutschland mit Schreiben vom 30. Juli 2001 von ihrem Beschluss in Kenntnis gesetzt, zu folgenden Punkten das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG-Vertrag einzuleiten:

    (12) Zunächst ersuchte die Kommission um Klarstellungen hinsichtlich der einzelnen beihilfefähigen Investitionen, um den Anteil des regionalen Nachteils und die Beihilfeintensität des Projekts prüfen zu können.

    (13) Außerdem hatte die Kommission Zweifel an mehreren Annahmen in der von Deutschland vorgelegten Kosten-Nutzen-Analyse, die der Praxis der Kommission nicht zu entsprechen schienen. Die Zweifel betrafen insbesondere bestimmte Risikofaktoren (z. B. aufgrund sprachlicher Schwierigkeiten) im Falle einer Produktion in Nyergesujfalu wie den Technologietransfer während der Planungs/Produktionsphase, die Unterstützung durch die ursprünglichen Hersteller der Maschinen, die Rückwirkungen auf das Markenimage oder die notwendigen Kosten des Qualitätsmanagements in Ungarn. Weitere Punkte, zu denen die Kommission Bedenken äußerte, betreffen die angenommenen Grundstückskosten an beiden Standorten, die unterschiedlichen Personalkosten, bestimmte unter der Kategorie "sonstige Kosten" angegebene Nachteile sowie die Bau- und Lagerkosten in Ungarn.

    (14) Schließlich bezweifelte die Kommission, dass die Produktionskapazität der Gruppe DaimlerChrysler/Mitsubishi, wie von Deutschland in der Anmeldung angegeben, infolge des Projekts nur um 33000 Fahrzeuge pro Jahr zunehmen würde.

    Stellungnahmen von Beteiligten

    (15) Die Kommission hat keine Stellungnahmen von Beteiligten erhalten.

    Bemerkungen von Deutschland

    (16) Mit Schreiben vom 22. August 2001 und 5. November 2001 übermittelte Deutschland seine Bemerkungen zur Einleitung des Prüfverfahrens.

    (17) Deutschland erklärte die Bedingungen, zu denen das Grundstück, auf dem das Werk in Kölleda errichtet wird, der DaimlerChrysler AG von der Stadt Kölleda angeboten wurde. Darüber hinaus wurden der Kommission weitere Unterlagen übermittelt, z. B. eine Studie, die von einem unabhängigen Gutachter zur Beurteilung des Grundstückswerts durchgeführt wurde.

    (18) Deutschland übermittelte auch ergänzende Informationen über den Umfang der beihilfefähigen Investitionskosten. In Bezug auf die Zweifel, die von der Kommission bei der Einleitung des Verfahrens zu Elementen der Kosten-Nutzen-Analyse geäußert wurden, gab Deutschland ausführlichere Erklärungen zu den Annahmen im Zusammenhang mit dem "Technologietransfer während der Planungs/Produktionsphase", der "Unterstützung durch die ursprünglichen Hersteller der Maschinen", den "Rückwirkungen auf das Markenimage", den "Personalkosten", den Nachteilen unter "sonstige Kosten", den "Baukosten" und den "Lagerkosten".

    (19) Bezüglich der Veränderung der Produktionskapazität gab Deutschland an, dass insbesondere die vorgesehene Steigerung der jährlichen Produktionskapazität um 140000 Fahrzeuge (durch den Kauf bestehender Kapazität von Volvo im NedCar-Werk) nicht von beihilfekontrollrechtlicher Bedeutung ist, da diese Erhöhung das Ergebnis eines getrennten Rechtsgeschäftes, nämlich des Ankaufs eines bestehenden Werks, ist. Diese Transaktion würde zudem die gesamte Produktionskapazität der europäischen Automobilindustrie nicht erhöhen. Die geplante Beihilfe für das Motorenwerk in Kölleda hänge weder direkt noch indirekt mit dem Erwerb einer Beteiligung an NedCar durch die DaimlerChrysler AG zusammen. Weiterhin gibt Deutschland an, dass kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Beihilfe für das Motorenwerk in Kölleda und der vorübergehenden Steigerung der jährlichen Produktionskapazität im NedCar-Werk um 33000 Fahrzeuge aufgrund der Auslaufmodelle von Volvo und Mitsubishi bestehe.

    Würdigung der Beihilfe

    (20) Die von Deutschland angemeldete Maßnahme zugunsten der DaimlerChrysler AG stellt eine staatliche Beihilfe im Sinne des Artikels 87 Absatz 1 EG-Vertrag dar. Sie würde vom Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährt werden. Durch den erheblichen Beitrag, den sie zur Finanzierung des Projekts leistet, droht sie den Wettbewerb in der Gemeinschaft zu verfälschen, indem sie der DaimlerChrysler AG einen Vorteil gegenüber den Mitbewerbern einräumt, die keine staatliche Beihilfe erhalten. Schließlich besteht in der Automobilindustrie eine umfassender Handelsaustausch zwischen Mitgliedstaaten.

    (21) Die Beihilfe ist für ein Unternehmen bestimmt, das Fahrzeuge herstellt und montiert und somit im Sinne des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen in der Kfz-Industrie(3) (im Folgenden: "Kfz-Gemeinschaftsrahmen") in der Kraftfahrzeugindustrie tätig ist.

    (22) Nach dem Kfz-Gemeinschaftsrahmen muss eine Beihilfe, die die staatlichen Behörden für ein Einzelprojekt im Rahmen einer genehmigten Beihilferegelung zugunsten eines in der Kfz-Industrie tätigen Unternehmens zu gewähren beabsichtigen, vorher angemeldet werden, wenn eine der folgenden Schwellen überschritten wird: a) die Gesamtkosten des Vorhabens betragen 50 Mio. EUR, b) der Bruttogesamtbetrag aller Beihilfen, die aus staatlichen Mitteln oder im Rahmen der Finanzierungsinstrumente der Gemeinschaft für das Projekt bereitgestellt werden, entspricht 5 Mio. EUR. Sowohl die Gesamtkosten des Projekts als auch die Behilfehöhe liegen über dem Schwellenwert für die Anmeldung. Somit ist Deutschland mit der Anmeldung der vorgeschlagenen Beihilfe an die DaimlerChrysler AG seiner Verpflichtung gemäß Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag nachgekommen.

    (23) In Anbetracht der Art und des Zwecks der Beihilfe sowie des Standorts des Investitionsvorhabens vertritt die Kommission die Ansicht, dass Artikel 87 Absatz 2 Buchstaben a), b) und c) EG-Vertrag nicht anwendbar sind. Artikel 87 Absatz 3 EG-Vertrag sieht andere Arten der Beihilfe vor, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können. Die Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt ist für die gesamte Gemeinschaft und nicht allein auf nationaler Ebene zu beurteilen. Die Freistellungsmöglichkeiten nach Artikel 87 Absatz 3 EG-Vertrag sind im Interesse des reibungslosen Funktionierens des Gemeinsamen Marktes und vor dem Hintergrund der in Artikel 3 Buchstabe g) EG-Vertrag formulierten Zielsetzung restriktiv auszulegen. In Hinblick auf die Freistellungsbestimmungen von Artikel 87 Absatz 3 Buchstaben b) und d) EG-Vertrag ist klar, dass die betreffende Beihilfe weder für ein Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben Deutschlands noch zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes bestimmt ist. In Bezug auf die Freistellungsbestimmungen von Artikel 87 Absatz 3 Buchstaben a) und c) EG-Vertrag stellt die Kommission fest, dass das Investitionsvorhaben in einer Region Thüringens ausgeführt wird, die für eine Förderung im Sinne von Buchstabe a) in Betracht kommt. Gemäß der neuen Fördergebietskarte Deutschlands, die von der Kommission am 29. Juli 1999 für die Fördergebiete im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag genehmigt wurde, liegt das Projekt in einem Gebiet, für das ein regionaler Förderhöchstbeitrag von 35 % des Bruttosubventionsäquivalents für Großunternehmen festgelegt wurde.

    (24) In Bezug auf den Verkauf des Grundstücks, auf dem das Vorhaben durchgeführt werden soll, durch die Stadt Kölleda an die DaimlerChrysler AG übermittelte Deutschland weitere Unterlagen und erklärte in seinen Bemerkungen zur Einleitung des Verfahrens die Bedingungen, zu denen das Grundstück verkauft wurde. Laut den Angaben Deutschlands wurde in den letzten drei Jahren das Land im angrenzenden Industrie- und Geschäftsgebiet zu einem durchschnittlichen Preis von 11 DEM/m2 an Unternehmen verkauft, die dort Betriebe errichteten. Eine Beurteilung des Grundstückswerts wurde von einem unabhängigen Gutachter vorgenommen, wie es gemäß den deutschen Vorschriften (§ 192 Baugesetzbuch) vorgesehen ist. Dieses Gutachten, in dem der Wert des Grundstücks auf 11,80 DEM/m2 geschätzt wird, wurde der Kommission übermittelt. Deutschland gab an, dass das fragliche Grundstück DaimlerChrysler für 12 DEM/m2 angeboten wurde. Die Kommission vertritt daher die Ansicht, dass die DaimlerChrysler AG keinerlei Beihilfe für den Kauf dieses Grundstücks erhält.

    (25) Um feststellen zu können, ob eine Regionalbeihilfe nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, muss die Kommission prüfen, ob die im Kfz-Gemeinschaftsrahmen festgelegten Bedingungen erfuellt sind.

    (26) Um einer Beihilfe in Anwendung des Kfz-Gemeinschaftsrahmens zustimmen zu können, prüft die Kommission, ob die betreffende Region für eine Förderung nach dem Gemeinschaftsrecht in Betracht kommt und ob der Investor einen Alternativstandort für sein Vorhaben hätte wählen können, um das Erfordernis der Beihilfe insbesondere im Hinblick auf die Standortungebundenheit des Vorhabens nachzuweisen.

    (27) Die Kommission hat die Standortungebundenheit des Vorhabens untersucht. In diesem Zusammenhang muss der Automobilkonzern, für den die Beihilfe geplant ist, klar und überzeugend belegen, dass es einen wirtschaftlich gesunden Alternativstandort für sein Vorhaben gibt. Die Kommission stellt fest, dass nach der Entscheidung, einen völlig neuen Produktionsstandort zu suchen, externe Berater (A. T. Kearney) für die DaimlerChrysler AG eine Auswahlstudie durchführten, bei der 50 Standorte in sieben europäischen Ländern verglichen wurden. Aufgrund der Studie wurden unter Berücksichtigung der technischen, quantitativen und qualitativen Beurteilung sowie der Risikobewertung Kölleda (Thüringen) und Nyergesujfalu (Ungarn) als die beiden besten Standortalternativen ermittelt. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich bei dem Investitionsvorhaben um ein Projekt an einem völlig neuen Standort handelt, und aufgrund der von Deutschland übermittelten Unterlagen (z. B. Standortstudien, Korrespondenz mit ungarischen Behörden) wird Nyergesujfalu als wirtschaftlich gesunder Alternativstandort zu Kölleda betrachtet. Die Kommission kommt daher zu dem Schluss, dass das Vorhaben standortungebunden ist und für Regionalbeihilfen in Betracht kommt, da diese als Anreiz für die Investition in diesem Fördergebiet erforderlich sind.

    (28) Regionalbeihilfen für Modernisierungs- und Rationalisierungszwecke, die in der Regel standortgebunden sind, werden im Kfz-Sektor nicht genehmigt. Das in Rede stehende Vorhaben betrifft jedoch eine völlig neue Produktionsstätte an einem nicht erschlossenen Standort und wird daher als Umstellung angesehen, die für eine Regionalbeihilfe in Betracht kommt.

    (29) In Bezug auf die beihilfefähigen Kosten hat die Kommission nur diejenigen Kosten berücksichtigt, die im Fördergebiet anfallen. Von den gesamten nominalen Kosten des Vorhabens in Höhe von 243,9 Mio. EUR stellen 36,6 Mio. EUR Investitionen in die Ausstattung der Zulieferer an Standorten außerhalb des Fördergebiets dar. Daher betragen die beihilfefähigen Kosten, die von der Kommission berücksichtigt werden, 207,3 Mio. EUR (Gegenwartswert: 185 Mio. EUR).

    (30) Die Kommission hat mit Unterstützung durch ihren externen Kfz-Sachverständigen die in der Anmeldung enthaltene Kosten-Nutzen-Analyse daraufhin geprüft, ob die vorgesehene Regionalbeihilfe in einem angemessenen Verhältnis zu den mit der Beihilfe zu lösenden regionalen Probleme steht. Nach der Einleitung des Verfahrens erklärte Deutschland einige Elemente der Kosten-Nutzen-Analyse, an denen Zweifel bestanden (wie das Ausmaß der beihilfefähigen Investition, die Annahmen über Arbeits- und Baukosten und die erforderliche Grundstücksgröße an beiden Standorten). Der Hauptgrund für den Nachteil von Kölleda sind die erheblich höheren Arbeitskosten in Deutschland.

    (31) Dennoch konnten die Zweifel der Kommission über bestimmte Risikofaktoren des "Nyergesujfalu-Szenarios" nicht ausgeräumt werden. Diese hängen insbesondere mit den sprachlichen Schwierigkeiten in Ungarn und anderen Faktoren wie dem Technologietransfer während der Planungs/Produktionsphase und der schwierigeren Unterstützung in Ungarn durch die ursprünglichen Hersteller der Maschinen zusammen. Die Kommission vertritt die Ansicht, dass in Ungarn ein sehr umfassendes Schulungsprogramm, einschließlich Sprachkurse, notwendig wäre. In den Bemerkungen zur Eröffnung des Verfahrens führte Deutschland an, dass diese Kosten unter den Kategorien "sprachliche Ausbildung", "technische Ausbildung bei Lieferanten" "Schulung am Arbeitsplatz", "Arbeitnehmer im Auslandsdienst" und "berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen" in Höhe von 6,93 Mio. EUR (gegenüber 3,29 Mio. EUR in Kölleda) vorgesehen wurden. Deutschland gab an, dass der daraus resultierende Nachteil von 3,64 Mio. EUR ausreicht, um alle Risikofaktoren zu berücksichtigen.

    (32) Die Kommission hält es nicht für plausibel, dass ein Nachteil in Höhe von 3,64 Mio. EUR ausreichend hoch ist. Ungarn ist ein Land, in dem die DaimlerChrysler AG bisher keine Erfahrungen im Bereich der Kfz-Produktion gemacht hat. Die Kommission hält es für sehr wahrscheinlich, dass der sprachliche Vorteil, die geografische Nähe zur zentralen Motorplanung von DaimlerChrysler in Stuttgart sowie das Markenimage entscheidende Faktoren für eine Standortentscheidung DaimlerChryslers zugunsten von Kölleda sind. Im Fall von Nyergesujfalu bestuende insbesondere die reale Gefahr einer langsameren Anlaufphase der Produktion mit der Folge von Produktionsausfällen. Der geografisch abgelegenere Standort von Nyergesujfalu und die folglich kompliziertere logistische Struktur führen auch zu höheren logistischen Risiken (z. B. zur Vermeidung von Produktionsunterbrechungen bei Transportproblemen, Streiks usw.), insbesondere da die meisten Bauteile laut den Angaben Deutschlands von Lieferanten außerhalb Ungarns geliefert werden müssten.

    (33) Zur Berücksichtigung dieser Faktoren hat die Kommission nach Konsultation ihres externen Kfz-Sachverständigen als vorsichtige Schätzung statt den angemeldeten 3,64 Mio. EUR einen Betrag von 14,49 Mio. EUR in der Kosten-Nutzen-Analyse vorgesehen. Dies stellt 1 % des gesamten Umsatzes (Anzahl der produzierten Motoren multipliziert mit dem entsprechenden Stückpreis ab Werk) in einem Beurteilungszeitraum von fünf Jahren dar.

    (34) Diese Änderung der Kosten-Nutzen-Analyse führte zu einem Ergebnis, das sich von dem ursprünglich in der Anmeldung angegebenen unterscheidet. Der Gegenwartswert des regionalen Nachteils beträgt in Kölleda 59,07 Mio. EUR, während sich der Gegenwartswert der behilfefähigen Kosten in Kölleda auf 185 Mio. EUR beläuft, was eine Intensität des Nachteils des Vorhabens gegenüber Nyergesujfal von 31,93 % ergibt.

    (35) Schließlich untersucht die Kommission, da es sich bei der Kfz-Industrie um einen sensiblen Wirtschaftszweig handelt, auch die Frage eines "Beihilfezu-/-abschlags" (so genannter "top-up"), durch den sich die zulässige Beihilfeintensität zwischen -2 und +4 Prozentpunkten nach Maßgabe der Auswirkungen des Investitionsvorhabens auf den Wettbewerb, insbesondere durch die Veränderung der Produktionskapazität des betreffenden Gruppe in dem fraglichen Markt, und des Status der Region als Fördergebiet erhöht oder verringert. Eine erhebliche Auswirkung auf die Branche entspricht dem Verhältnis der Division aus der Kapazität nach der Investition (C(f)) und der Kapazität vor der Investition (C(i)), das größer als oder gleich 1,01 ist. Da die meisten Kfz-Hersteller auch selbst Motoren herstellen, ist die Kommission der Ansicht, dass der Fahrzeugmarkt, für den die Motoren bestimmt sind, auch als der entsprechende Markt für die Motorenproduktion des Fahrzeugherstellers anzusehen ist. Die Motoren im Werk von Kölleda werden für Personenkraftfahrzeuge hergestellt.

    (36) Deutschland legte widersprüchliche Informationen über die Kapazität des NedCar-Werks in Born (Niederlande) vor. Während in der ursprünglichen Anmeldung von Deutschland angegeben wurde, dass die Kapazität 280000 Fahrzeuge pro Jahr vor der Investition und 313000 Fahrzeuge pro Jahr nach der Investition betrage, hieß es im Schreiben Deutschlands an die Kommission vom 5. November 2001, dass die Kapazität nach der Investition in das Werk nur 215000 Fahrzeuge betrage. Dies wurde durch notwendige Schulungsmaßnahmen sowie durch die für den Aufbau der Fertigungslinien für die neuen Modelle erforderlichen Umbaumaßnahmen erklärt. Dennoch ist die Kommission nach Konsultation ihres externen Kfz-Sachverständigen der Auffassung, dass die plausible Produktionskapazität (vor und nach der Investition) im NedCar-Werk 280000 Fahrzeuge beträgt.

    (37) Deutschland argumentiert auch, dass die Steigerung der Produktionskapazität von DaimlerChrysler und Mitsubishi um 140000 Fahrzeuge pro Jahr nicht das Ergebnis der Förderung des Motorenwerks, sondern des Erwerbs eines Anteils an einem bestehenden Kfz-Werk sei(4). Da dieser Erwerb unabhängig von der Investition in das Motorenwerk stattfinde und nicht durch eine staatliche Beihilfe gefördert werde und da sich die gesamte Produktionskapazität der Kfz-Industrie in Europa infolge dieser Transaktion nicht verändere, argumentiert Deutschland, dass die Kapazitätssteigerung um 140000 Einheiten bei der Analyse der Auswirkungen auf den Markt ("top-up") nicht berücksichtigt werden sollte.

    (38) Die Kommission stimmt diesem Argument Deutschlands nicht zu. Nach dem Kfz-Gemeinschaftsrahmen ist zu untersuchen, "wie sich die Produktionskapazitäten des betreffenden Konzerns in dem fraglichen Markt entwickeln". In diesem Zusammenhang ist es nicht relevant, ob eine Kapazitätssteigerung auf die Errichtung eines neuen Werks oder den Kauf von Anteilen an einem bestehenden Werk zurückzuführen ist. Beide Arten der Kapazitätssteigerung haben vergleichbare Auswirkungen auf den Wettbewerb.

    (39) Deutschland trägt vor, dass der Kauf des Volvo-Anteils an NedCar durch Mitsubishi unabhängig vom Motorenprojekt von DaimlerChrysler/Mitsubishi in Kölleda betrachtet werden sollte. Es ist jedoch offensichtlich, dass zusätzliche Produktionskapazitäten in der Motorenerzeugung nicht notwendig wären, wenn es nicht beim Fahrzeugbau im NedCar-Werk ebenfalls eine Kapazitätssteigerung gäbe. Tatsächlich beträgt nach Beendigung des Projektes die installierte Kapazität der Motorenherstellung in Kölleda 300000 Motoren pro Jahr, von denen 200000 im NedCar-Werk für die Produktion von Personenkraftwagen für den europäischen Markt verwendet werden. Während die Produktionskapazität von Mitsubishi für Personenkraftwagen im NedCar-Werk gegenwärtig 140000 Einheiten pro Jahr beträgt, so steigt diese Kapazität um zusätzliche 140000 Einheiten pro Jahr nach der Investition in Kölleda. Außerdem wird die Kapazität von Volvo, dessen Anteil am NedCar-Werk an Mitsubishi verkauft wird, nicht verschwinden, sondern in das Volvo-Werk in Gent (Belgien) verlagert, welches seinerseits seine Kapazität ebenfalls deutlich steigert.

    (40) Bei einer Ausweitung um 140000 Stück käme es zu einer beachtlichen Kapazitätssteigerung des Konzerns. Die Produktionskapazität der Gruppe DaimlerChrysler/Mitsubishi in Europa beträgt vor der Investition 1602080 und danach 1742080 Fahrzeuge (Zunahme um 9 %).

    (41) Unter Berücksichtigung des Status der Region als Fördergebiet im Sinne von Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag und der "erheblichen" Auswirkungen der Veränderung der Produktionskapazität der Gruppe reduzierte die Kommission die zulässige Beihilfehöchstintensität des Projekts um einen Prozentpunkt auf 30,93 % für das Investitionsvorhaben in Kölleda.

    Schlussfolgerung

    (42) Die Kommission vertritt die Ansicht, dass das Projekt standortungebunden und die Beihilfe für seine Durchführung notwendig ist. Der Gegenwartswert der geplanten Beihilfe an DaimlerChrysler für das Projekt in Kölleda beträgt 63,8 Mio. EUR mit einer geplanten Beihilfeintensität von 34,5 % Bruttosubventionsäquivalent. Auch wenn dieses Verhältnis niedriger ist als der regionale Förderhöchstsatz von 35 % Bruttosubventionsäquivalent, liegt die vorgesehene Beihilfeintensität dennoch über dem in der Kosten-Nutzen-Analyse errechneten Anteil des regionalen Nachteils, der nach Abzug des Beihilfeabschlags 30,93 % der beihilfefähigen Investitionen beträgt.

    (43) Folglich kann die Kommission nur eine Beihilfe in Höhe von 30,93 % der beihilfefähigen Investition von 185 Mio. EUR (Gegenwartswert) genehmigen, was einem Betrag von 57,22 Mio. EUR entspricht (Gegenwartswert). Die geplante Beihilfe in Höhe von 6,58 Mio. EUR (Gegenwartswert) ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar -

    HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

    Artikel 1

    (1) Die staatliche Beihilfe in Höhe von 57,22 Mio. EUR, die Deutschland zugunsten der DaimlerChrysler AG für ihr Investitionsvorhaben in Kölleda gewähren will, ist gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe a) EG-Vertrag mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

    (2) Die staatliche Beihilfe, die Deutschland zugunsten der DaimlerChrysler AG für ihr Investitionsvorhaben in Kölleda in Höhe von 6,58 Mio. EUR gewähren will, ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und darf nicht gewährt werden.

    Artikel 2

    Diese Entscheidung ist an die Bundesrepublik Deutschland gerichtet.

    Brüssel, den 20. Dezember 2001

    Für die Kommission

    Mario Monti

    Mitglied der Kommission

    (1) ABl. C 263 vom 19.9.2001, S. 13.

    (2) Siehe Fußnote 1.

    (3) ABl. C 279 vom 15.9.1997, S. 1.

    (4) Dabei handelt es sich um das NedCar-Werk in Born (Niederlande), das zu jeweils 50 % im Eigentum von Volvo und Mitsubishi steht und eine Kapazität von 280000 Fahrzeugen/pro Jahr aufweist. Mitsubishi wird den 50%igen Anteil von Volvo übernehmen.

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