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Document 31993D0247

93/247/EWG: Entscheidung der Kommission vom 12. November 1992 zur Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt (Fall IV/M. 222 - Mannesmann/Hoesch) Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (Nur der deutsche Text ist verbindlich)

ABl. L 114 vom 8.5.1993, p. 34–48 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT)

Legal status of the document In force

ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1993/247/oj

31993D0247

93/247/EWG: Entscheidung der Kommission vom 12. November 1992 zur Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt (Fall IV/M. 222 - Mannesmann/Hoesch) Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (Nur der deutsche Text ist verbindlich)

Amtsblatt Nr. L 114 vom 08/05/1993 S. 0034 - 0048


ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 12. November 1992 zur Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt (Fall IV/M. 222 - Mannesmann/Hösch) Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates (Nur der deutsche Text ist verbindlich)

(93/247/EWG)DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft,

gestützt auf die Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (1), insbesondere auf Artikel 8 Absatz 2,

im Hinblick auf den Antrag des deutschen Bundeskartellamtes vom 29. Juni 1992 auf Verweisung des Falles nach Artikel 9 Absatz 2 der genannten Verordnung,

im Hinblick auf die Entscheidung der Kommission vom 14. Juli 1992 zur Einleitung des Verfahrens in diesem Fall,

nachdem den beteiligten Unternehmen Gelegenheit gegeben wurde, zu den von der Kommission vorgebrachten Beschwerdepunkten Stellung zu nehmen,

nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (2),

in Erwägung nachstehender Gründe:

I. DAS ANGEMELDETE VORHABEN (1) Die Mannesmannröhren-Werke AG (MRW) und die Hösch AG (Hösch) beabsichtigen, ihre Geschäftsbereiche für Präzisionsstahlrohre in ein neu zu gründendes paritätisches Gemeinschaftsunternehmen, die Mannesmann Hösch Präzisrohr GmbH (MHP), einzubringen. MRW wird seine Betriebsstätten in Brackwede, Holzhausen, Remscheid und Wickede sowie seine 75%-Beteiligung an der niederländischen Robur Buizenfabriek, Helmond, einbringen. Darüber hinaus wird die Betriebsstätte für Präzisrohre der Mannesmannröhrenwerke Sachsen GmbH (MRS) im Rahmen einer Auftragsfertigung für MHP tätig werden. Hösch wird seine Betriebsstätte in Hamm sowie seine 100%ige Beteiligung an der Schulte Rohrbearbeitung GmbH in Drensteinfurt einbringen.

(2) Im Hinblick auf Nicht-Präzisionsrohre wird Hösch als Gegenleistung seine Beteiligung an seiner 100%igen Tochter, der Hösch Tubular Products Corporation, USA (HTP), auf MRW übertragen und MRW eine 50%ige Beteiligung an der im vollständigen Hösch-Besitz stehenden Tochter, der Gebr. Fuchs GmbH, Siegen (Fuchs), einräumen. Hierdurch wird Fuchs ein paritätisches Gemeinschaftsunternehmen von MRW und Hösch. Der Teil der Hösch-Betriebsstätte in Hamm, der Nicht-Präzisrohre herstellt und auf MHP übertragen wird, wird im Rahmen einer Auftragsfertigung für MRW tätig. Hösch hat keine anderen Aktivitäten im Bereich der Nicht-Präzisionsrohre.

(3) Der Geschäftsbereich Nicht-Präzisionsrohre von MRW sowie die Tochtergesellschaften in Brasilien und in der Türkei, die Stahlrohre herstellen, sind nicht Teil der Vereinbarung. MRW und Hösch (über Krupp) sind jeweils mit 11 % an dem kleinen deutschen Stahlhersteller NMH Stahlwerke GmbH beteiligt. Dieses Unternehmen hat eine Tochtergesellschaft, die Rohrwerke Neue Maxhütte GmbH [ . . .] (3). Diese Stahlrohraktivitäten werden ebenfalls nicht in das Zusammenschlußvorhaben eingebracht.

(4) Da die oben dargestellten Vorhaben jeweils einen Teil der Grundsatzvereinbarung der Parteien, ihre Stahlrohraktivitäten umzustrukturieren, bilden, von denselben Parteien durchgeführt werden und sich auf dieselben industriellen Bereiche beziehen, sind sie als einheitlicher Zusammenschluß im Sinne von Artikel 3 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89, nachstehend "Fusionsverordnung" genannt, anzusehen, der die Gründung der zwei Gemeinschaftsunternehmen, MHP und Fuchs, sowie den Erwerb der alleinigen Kontrolle von HTP durch MRW umfasst.

II. DIE PARTEIEN (5) MRW ist tätig in der Produktion, Weiterverarbeitung und dem Vertrieb von Stahlrohren. MRW ist eine 75%ige Tochtergesellschaft der Mannesmann AG. Letztere ist ein deutscher diversifizierter Konzern mit Aktivitäten im Maschinen- und Anlagenbau, in der Informations- und Elektrotechnik, in der Herstellung von Kraftfahrzeugteilen, der Herstellung, der Weiterverarbeitung und dem Handel von Eisen- und Stahlprodukten sowie den damit verbundenen Dienstleistungen. Die anderen 25 % der Anteile an MRW gehören der Thyssen Stahl AG, einem deutschen Stahlhersteller, der nicht am vorliegenden Zusammenschluß beteiligt ist.

(6) Hösch ist ebenfalls ein deutscher Hersteller von Eisen- und Stahlerzeugnissen und hat vielfältige Aktivitäten im weiteren Umfeld dieser Geschäftsbereiche. Hösch wird von der Krupp GmbH übernommen. Dieses Vorhaben wurde bereits nach dem EGKS-Vertrag freigegeben (4) und fällt hinsichtlich der Produkte, die nicht dem EGKS-Vertrag unterliegen, nicht unter die Fusionsverordnung.

III. KONZENTRATIVE GEMEINSCHAFTSUNTERNEHMEN Gemeinsame Kontrolle (7) MRW und Hösch werden jeweils 50 % der Anteile an MHP und Fuchs halten. Sie werden gleiche Stimmrechte und die gleiche Anzahl von Vertretern der Anteilseigner in den Aufsichtsräten und im Gesellschafterausschuß von MHP haben. Die Geschäftsführung jedes Gemeinschaftsunternehmens muß alle wesentlichen Geschäftsführungsmaßnahmen einschließlich der Entscheidungen über die Geschäfts-, Vertriebs- und Preispolitik sowie der Investitions-, Finanz- und Personalplanung entweder dem Aufsichtsrat (Fuchs) oder dem Gesellschafterausschuß (MHP) zur vorherigen Zustimmung vorlegen.

Aus diesen Gründen werden MHP und Fuchs im Sinne von Artikel 3 der Fusionsverordnung gemeinschaftlich kontrolliert.

Selbständige wirtschaftliche Einheit (8) MHP wird seine geschäftlichen Aktivitäten eigenverantwortlich durchführen. Die Parteien haben vereinbart, MHP im Verhältnis ihrer Anteile mit den notwendigen finanziellen Mitteln für seine Geschäftstätigkeit auszustatten, wenn das Unternehmen dies nicht mit eigenen Mitteln kann und anderweitig keine günstigere Finanzierung gefunden werden kann.

(9) Fuchs ist gegenwärtig ein Unternehmen, das alle Funktionen einer selbständigen wirtschaftlichen Einheit erfuellt. Dieses wird sich trotz der Neuordnung der Eigentümerverhältnisse nicht ändern. Die Parteien haben vereinbart, daß Fuchs weiterhin als unabhängiges Unternehmen mit einer eigenen Marktstrategie bestehen bleiben wird und daß es, ebenso wie MHP, die notwendigen finanziellen Mittel für seine Tätigkeit zur Verfügung gestellt bekommt.

(10) Die Versorgung beider Gemeinschaftsunternehmen mit Stahlvorprodukten wird nahezu vollständig von den Muttergesellschaften übernommen. Die Stahlvorprodukte machen etwa 80 % der Materialkosten und etwa 25 % bis 40 % der gesamten Produktionskosten aus. MHP wird voraussichtlich einen wesentlichen Teil seiner Verkäufe (ca. 40 %) über die Handelshäuser der Mütter abwickeln. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß Vereinbarungen über gegenseitige Auftragsfertigungen bestehen (die Nicht-Präzisrohre bei MHP werden im Auftrag für MRW gefertigt und die gesamte Produktion von Präzisrohren bei MRS, im Auftrag von MHP).

(11) Obwohl erhebliche geschäftliche Beziehungen zwischen den Müttern und ihren Gemeinschaftsunternehmen, insbesondere MHP, bestehen werden, sind diese nicht geeignet, die Gesamtbeurteilung, daß MHP und Fuchs als voll funktionsfähige Gemeinschaftsunternehmen tätig werden, zu verändern. Es ist zu berücksichtigen, daß in der Stahlindustrie eine vertikale Integration üblich und in einem gewissen Ausmaß notwendig ist. Alle grossen europäischen Wettbewerber, wie British Steel, Usinor, ILVA, sind integrierte Konzerne. Sie versorgen ihre Rohrgesellschaften mit Stahl, und sie sind auch als Stahlhändler tätig. Darüber hinaus ist die eigene Wertschöpfung der Gemeinschaftsunternehmen im Verhältnis zu der von den Müttern bereitgestellten Stahlversorgung erheblich.

(12) Da MHP und Fuchs mit wesentlichem Anlagevermögen und finanziellen Mitteln ausgestattet werden und ihre geschäftlichen Beziehungen zu ihren Müttern nicht über das in der Industrie übliche Maß hinausgehen, sind beide Gemeinschaftsunternehmen im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 als Unternehmen anzusehen, die dauerhaft alle Funktionen einer selbständigen wirtschaftlichen Einheit erfuellen.

Keine Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens voneinander unabhängig bleibender Unternehmen (13) Hösch wird seine gesamten Aktivitäten im Präzisionsrohrgeschäft auf MHP übertragen. Im Hinblick auf Nicht-Präzisrohre wird es seine 100%ige Tochtergesellschaft HTP an MRW veräussern und MRW eine 50%ige Beteiligung an Fuchs gewähren. Nach dem Vollzug wird Hösch keine anderen Geschäftsinteressen in den Stahlrohrmärkten mehr haben als die Beteiligungen an beiden Gemeinschaftsunternehmen. Aufgrund der Interessen von Hösch an der Stahlversorgung beider Gemeinschaftsunternehmen und der bestehenden Überkapazitäten auf den Stahlmärkten ist es für Hösch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht vernünftig, auf die Märkte für Stahlrohre wieder hinzuzutreten.

(14) MRW wird auf den Märkten der Gemeinschaftsunternehmen tätig bleiben. Hinsichtlich des Nicht-Präzisrohr-Geschäftes gilt dies insbesondere deshalb, weil MRW über umfangreiche eigene Interessen ausserhalb von Fuchs verfügt. Im Hinblick auf das Präzisionsrohr-Geschäft wird MRW nur geringe eigene Interessen ausserhalb von MHP aufrechterhalten. Diese sind

- seine Produktionskapazitäten in MRS, die allerdings zur Auftragsfertigung für MHP bestimmt sind,

- seine Interessen in bezug auf das Röhrenwerk Neue Maxhütte, einem relativ unbedeutenden Produzenten, und

- seine Mehrheitsbeteiligungen an Stahlrohrherstellern in Brasilien und in der Türkei; beide tätigen vernachlässigbare Verkäufe in die EG.

(15) Die unterschiedlichen Interessenlagen von Hösch, das sich aus den Rohrmärkten zurückziehen wird, im Vergleich zu MRW, das wesentliche Interessen in diesen Märkten beibehalten wird, spiegeln sich in der Geschäftsordnung des Gesellschafterausschusses von MHP und in dem Partnervertrag zwischen MRW und Hösch in bezug auf Fuchs wider.

(16) Obwohl sowohl die Mannesmann AG als auch der zukünftige Krupp/Hösch-Konzern bedeutende Produzenten im Stahlbereich sind, kann festgestellt werden, daß erstens Mannesmann nahezu seine gesamte Produktion im eigenen Haus weiterverarbeitet und daß zweitens beide Unternehmen im wesentlichen auf verschiedenen Produktmärkten tätig sind: Mannesmann bei Röhrenrund (Vorrohre) und Krupp/Hösch bei Flachprodukten (Warmbreitband). Die wettbewerbliche Wirkung des Vorhabens auf die freien, vorgelagerten Märkte, die ohnehin wegen des Umfangs der bestehenden vertikalen Integration klein sind, ist daher unbedeutend.

(17) Die unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche der Mütter in den vorgelagerten Produktmärkten spiegeln sich auch in den Liefervereinbarungen zwischen den Müttern und den Gemeinschaftsunternehmen wider; Mannesmann wird Vorrohre und Krupp/Hösch Warmbreitband liefern.

(18) Hieraus folgt, daß die Gründung der Gemeinschaftsunternehmen nicht zu einer Koordinierung des wettbewerblichen Verhaltens zwischen voneinander unabhängig bleibenden Unternehmen im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 führt.

(19) Im Ergebnis werden daher MHP und Fuchs als konzentrative Gemeinschaftsunternehmen im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 der Fusionsverordnung angesehen.

IV. GEMEINSCHAFTSWEITE BEDEUTUNG (20) Der weltweite Gesamtumsatz der beteiligten Unternehmen überstieg im Jahr 1991 5 000 Millionen ECU (Mannesmann 13 025 Millionen ECU / Hösch 4 929 Millionen ECU). Beide Parteien haben einen gemeinschaftsweiten Umsatz von über 250 Millionen ECU und erzielen nicht mehr als zwei Drittel ihres gemeinschaftsweiten Umsatzes in ein und demselben Mitgliedstaat. Das Zusammenschlußvorhaben hat daher eine gemeinschaftsweite Bedeutung im Sinne von Artikel 1 der Verordnung.

V. VEREINBARKEIT MIT DEM GEMEINSAMEN MARKT A. Die Stahlrohrindustrie (21) Die Stahlrohrindustrie stellt eine Vielzahl unterschiedlichster Rohre nach verschiedenen Produktionsverfahren für unterschiedliche Anwendungsbereiche her. Die Grösse der Rohre beginnt mit einem Durchmesser von ca. 1 mm bis zu den Großrohren von einem Durchmesser von mehr als 1,60 m. Das Gewicht der Rohre kann dementsprechend zwischen einigen Gramm und mehr als 5 Tonnen pro Meter liegen.

(22) Stahlrohre werden im allgemeinen in zwei Hauptgruppen unterschieden, in Präzisionsrohre und Nicht-Präzisionsrohre. Letztere werden auch als Handels- und Transportrohre bezeichnet. Präzisrohre unterscheiden sich von Nicht-Präzisrohren im wesentlichen durch ihre Maßgenauigkeit. Entweder werden die notwendigen Toleranzen direkt durch das Herstellungsverfahren erreicht, oder es wird ein Nicht-Präzisionsrohr als Vorrohr weiteren Verfahrensschritten unterworfen.

(23) Die Nicht-Präzisrohre können entsprechend ihrem Verwendungszweck unterschieden werden, z. B. dienen Leitungsrohre für den Transport von Gasen und fluessigen Stoffen, Siederohre werden im wesentlichen als Konstruktionselemente im Maschinen- und Stahlbau eingesetzt, Gewinderohre vorwiegend bei der Hausinstallation, Kessel- und Apparaterohre im Kraftwerksbau sowie in der Chemie und Petrochemie, Ölfeldrohre bei der Exploration und Förderung von Öl und Gas und Hohlprofile als Konstruktionselemente im Maschinen-, Fahrzeug- und Hochbau. Für die verschiedenen Rohrarten können nahtlose oder geschweisste Stahlrohre verwendet werden. Geschweisste Rohre werden aus Flachprodukten, nahtlose Rohre hingegen aus Röhrenrund hergestellt. Geschweisste Rohre sind im allgemeinen billiger als nahtlose Rohre. Zur Zeit können bei rund 85 % der Verwendungszwecke nahtlose durch geschweisste Rohre ersetzt werden. Dieser Prozentsatz steigt stetig aufgrund des technischen Fortschritts, insbesondere bei der Schweisstechnik. Insofern erscheint es folgerichtig, daß die Parteien nicht von separaten Produktmärkten für geschweisste und nahtlose Rohre ausgehen. Bis zu einem gewissen Grad können unterschiedliche Produktions- (auch Kaltverarbeitung) und Schweißverfahren angewandt werden. Eine Vielfalt unterschiedlicher technischer Normen ist entsprechend dem vorgesehenen Anwendungsgebiet zu beachten.

B. Rohre aus Präzisstahl 1. Der relevante Produktmarkt

(24) Präzisrohre unterscheiden sich von den Nicht-Präzisrohren in vielfältiger Hinsicht; dem Produktionsprozeß (Kaltweiterverarbeitung des Vorrohres), der Toleranzeigenschaften, z. B. hinsichtlich der Maßgenauigkeit, des Einsatzgebietes und des Preises. Der Überschneidungsbereich von Präzisrohren und Nicht-Präzisrohren wird von den betroffenen Unternehmen auch auf unter 5 % des Marktvolumens für Präzisrohre geschätzt. Die Parteien sind der Auffassung, daß Präzisrohre als ganzes einen eigenständigen relevanten Markt bilden.

(25) Der Präzisrohrmarkt könnte möglicherweise entsprechend der technischen Qualitätseigenschaften weiter untergliedert werden, und zwar in

- nahtlose und geschweisste Präzisrohre mit besonderer Maßgenauigkeit (DIN 2391 und 2393),

- sonstige geschweisste Präzisrohre (DIN 2394, 2395).

(26) Trotz der bestehenden Unterschiede in den beiden Präzisrohrsegmenten wird davon ausgegangen, daß es sich um einen einheitlichen, sachlich relevanten Markt handelt. Ausschlaggebend für diese Beurteilung ist, daß die Abnehmer in beiden Märkten im wesentlichen die gleichen sind (Fahrzeug- und Maschinenbau) und diese Abnehmer auch in der Lage sind, über die Substitution von hochwertigen und einfachen Präzisrohren eigenständig zu entscheiden. Die Einbeziehung beider Segmente in einen einheitlichen Markt erscheint gerechtfertigt, da beide Segmente ohne relevante Lücken nahezu übergangslos ineinander übergehen.

(27) Die genaue sachliche Marktabgrenzung kann jedoch letztendlich offen bleiben, da bei einer engeren Marktabgrenzung die wettbewerblichen Wirkungen der benachbarten Märkte zu berücksichtigen wäre und dies im vorliegenden Fall im Ergebnis zu keiner anderen materiellen Beurteilung führen würde.

2. Der geographische Referenzmarkt

(28) Aufgrund der vorliegenden Informationen kann davon ausgegangen werden, daß es sich nahezu sicher um einen zumindest EG-weiten Markt handelt. Hierfür spricht sowohl die hohe gegenseitige Marktdurchdringung zwischen den Mitgliedsländern als auch das Fehlen von erheblichen Preisunterschieden. Diese Feststellungen scheinen, wenn auch im unterschiedlichen Umfang, für Mitgliedstaaten mit und ohne bedeutsame Stahlindustrie zu gelten.

3. Wettbewerbliche Beurteilung

(29) Auf dem Markt für Präzisrohre erreichen die am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen in der EG einen gemeinsamen Marktanteil von unter 10 %. Bei einer engeren sachlichen Marktabgrenzung, Präzisrohre mit einer besonderen Maßgenauigkeit, dürfte der Marktanteil auch EG-weit 25 % nicht übersteigen. In Deutschland erreichen beide Unternehmen einen gemeinsamen Anteil von ca. 25 % auf dem Gesamtmarkt und einen Anteil von ca. [ . . .] (5) im Segment der Präzisrohre mit besonders hoher Maßgenauigkeit.

(30) Auch wenn diese sehr enge sachliche und räumliche Marktabgrenzung der wettbewerblichen Beurteilung unterstellt würde, wäre eine Entstehung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung durch den Zusammenschluß nicht zu erwarten. Auf dem deutschen Markt wäre noch eine ausreichende Anzahl in- und ausländischer Anbieter vorhanden, die zumindest unter Berücksichtigung des weiteren, dann potentiellen Wettbewerbsdrucks durch weitere ausländische Anbieter und partiellen Substitutionswettbewerbs durch Präzisrohre geringerer Maßgenauigkeit in der Lage wären, den Verhaltensspielraum von MRW/Hösch in erheblicher Weise zu begrenzen.

C. Nicht-Präzisrohre ohne Leitungsrohre 1. Der relevante Produktmarkt

(31) Die Märkte für Nicht-Präzisrohre unterscheiden sich, wie oben bereits dargestellt, sowohl hinsichtlich ihres Einsatzgebiets als auch hinsichtlich ihrer Preise. In ihrer Anmeldung haben die Parteien zunächst die Ansicht vertreten, daß Handels- und Transportrohre in die folgenden sachlich relevanten Produktmärkte unterschieden werden könnten:

- Leitungsrohre,

- Gewinderohre,

- Siederohre,

- Kessel- und Apparaterohre,

- Ölfeldrohre und

- Hohlprofile.

(32) Während des Verfahrens haben sie jedoch ihre Auffassung insoweit geändert, daß sie nunmehr alle Rohre, die für den Transport von Stoffen (z. B. Wasser, Gas, Öl, Luft) genutzt werden, einem einheitlichen Markt für Transportrohre zurechnen, z. B. alle Gewinde-, Ölfeld- und Leitungsrohre sowie zum Teil Siede-, Kessel- und Apparaterohre.

(33) Inwieweit diese Rohre, wie die Leitungsrohre, einem einheitlichen relevanten Produktmarkt zugeordnet werden können, wird im einzelnen weiter unten ausgeführt.

(34) Abgesehen vom Markt für Leitungsrohre bedarf es für die anderen betroffenen Produktmärkte keiner detaillierten Analyse der Marktabgrenzung, da hiervon die materielle Beurteilung des Zusammenschlußvorhabens nicht betroffen wird. Dies gilt sowohl für den Fall einer möglicherweise weiteren Marktabgrenzung, z. B. für Hohlprofile (unter Einschluß von Konstruktionselementen aus anderen Werkstoffen) oder einer möglichen engeren Marktabgrenzung (z. B. für Kessel- und Apparaterohre hinsichtlich qualitativer Kriterien). Die genaue Abgrenzung des relevanten Produktmarktes für Handels- und Transportrohre kann insoweit auch offengelassen werden.

2. Der geographische Referenzmarkt

(35) Mit Ausnahme der Leitungsrohre gelten im Hinblick auf die Definition des geographischen Referenzmarktes für die Nicht-Präzisrohre dieselben Überlegungen wie für die Präzisrohre. Beispielsweise variieren in Deutschland, wo sich das Zusammenschlußvorhaben nur in nennenswerter Weise auswirkt, die Importquoten zwischen 28,5 % für Kessel- und Apparaterohre und 70 % für Hohlprofile. Importeure sind die grossen Stahlhersteller aus West- und Osteuropa. Der geographische Referenzmarkt ist daher nahezu sicher zumindest EG-weit (möglicherweise mit Ausnahmen der Kessel- und Apparaterohre) und für Ölfeldrohre möglicherweise weltweit.

3. Wettbewerbliche Beurteilung

(36) Auf keinem der betroffenen sachlich relevanten Märkte für Nicht-Präzisrohre (ohne Leitungsrohre) dürften die am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen einen gemeinschaftsweiten Marktanteil von 25 % überschreiten. Erhebliche Marktanteilsadditionen finden nur in Deutschland statt. Hier erreichen beide Unternehmen Anteile von über 50 % sowohl bei Ölfeldrohren als auch bei Kessel- und Apparaterohren.

(37) Die Entstehung oder Verstärkung von beherrschenden Marktpositionen kann auf diesen Märkten (ohne Leitungsrohre) jedoch ausgeschlossen werden.

(38) Dies gilt für die Ölfeldrohre auch dann, wenn sich hierdurch die letzten beiden bedeutenden deutschen Hersteller zusammenschließen; denn die internationale Ausrichtung des Geschäftes schließt auf dem deutschen Marktsegment einen unkontrollierten Verhaltensspielraum aus.

(39) Auf dem Markt für Kessel- und Apparaterohre könnten wegen spezieller technischer Sicherheitsanforderungen in Deutschland Anhaltspunkte für einen gesonderten deutschen Markt bestehen. Eine wettbewerbliche Beeinträchtigung wäre jedoch auch in einem solchen Fall auszuschließen. Die Marktstellung von MRW verbessert sich nur im unteren Marktsegment, weil Hösch gegenwärtig nur Rohre der Gütestufe I herstellt und nicht im Segment für hochwertige Kessel- und Apparaterohre tätig ist. Im unteren Marktsegment sind die Importe jedoch besonders stark auf den Markt vorgedrungen. Die Verbesserung der Marktstellung von MRW in diesem Segment wird daher seinen Verhaltensspielraum auf dem Gesamtmarkt in keinem relevanten Umfang erhöhen.

D. Gasleitungsrohre aus Stahl 1. Der relevante Produktmarkt

(40) Die Kommission bezieht in den relevanten Produktmarkt solche Produkte ein, die vom Verbraucher hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preise und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als austauschbar betrachtet werden. Dabei berücksichtigt sie auch, ob der Handlungsspielraum von Anbietern auf dem betroffenen Markt durch Maßnahmen von Anbietern auf benachbarten Produktmärkten in erheblicher Weise eingeschränkt wird.

(41) Die Kommission geht davon aus, daß ein relevanter Produktmarkt für Gasleitungsrohre aus Stahl (ohne Großrohre) vorliegt. Die Gründe hierfür sind im folgenden dargelegt.

1.1. Abgrenzung zu anderen Handels- und Transportrohren

(42) Leitungsrohre sind zunächst von den sogenannten anderen Handels- und Transportrohren abzugrenzen. Letztere erfuellen teilweise (wie z. B. Gewinderohre) zwar die gleiche Funktion, als durch sie auch fluessige oder gasförmige Stoffe fließen können. Sie sind jedoch hinsichtlich ihrer technischen Anforderungen (z. B. DIN 2440/2441/2442), ihres Einsatzgebiets (Hausinstallation), ihrer Nachfrager, der Art ihres Vertriebes und ihres Preises deutlich von den Leitungsrohren abzugrenzen.

(43) Die am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen sind der Auffassung, daß aufgrund einer Produktionsumstellungsflexibilität und einer Interdependenz der Preise ein einheitlicher Produktmarkt für Nicht-Präzisrohre unter Einschluß aller Verwendungszwecke nahe liege. Zumindest bildeten die Nicht-Präzisrohre einen einheitlichen Markt, die gleiche Funktionen erfuellten, nämlich den Transport von Medien (Wasser, Gas, Öl, Fernwärme, Luft, Feststoffe).

(44) Abgesehen davon, daß die von den Parteien vorgelegte Übersicht die zum Teil deutlichen Preisunterschiede zwischen den Handels- und Transportrohren belegt, spiegelt der Verlauf der Kurven lediglich die Preisentwicklung bei den Stahlrohrvorprodukten (hier z. B. den Coils) wider, die nach Angaben der Unternehmen ca. 60 % der Gesamtproduktionskosten ausmachen. Stellt man demgegenüber auf die hier relevante Frage ab, ob auf den betroffenen Märkten einheitliche Wettbewerbsbedingungen herrschen, so sind die Unterschiede (z. B. fehlende Austauschbarkeit aus Nachfragersicht, unterschiedliche Vertriebssysteme) evident und spiegeln sich unter anderem in den völlig unterschiedlichen Importquoten für die (Gas-) Leitungsrohre einerseits und für die übrigen Handels- und Transportrohre andererseits wider.

(45) In Übereinstimmung mit den Parteien wird davon ausgegangen, daß die sogenannten Großrohre nicht dem relevanten Produktmarkt zuzurechnen sind. Sie unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich der Grösse, sondern auch hinsichtlich ihres Einsatzgebietes (überregionaler Transport, z. B. von Sibirien nach Deutschland), ihrer Nachfrager und der Wettbewerbsbedingungen von den übrigen Leitungsrohren. Mannesmann hat diesen Geschäftsbereich schon vor über einem Jahr ausgegliedert und in das Gemeinschaftsunternehmen (zusammen mit Usinor Sacilor) Europipe GmbH eingebracht.

(46) Die Parteien rechnen dem relevanten Markt Wasserrohre zu. Diese Auffassung wird von der Kommission nicht geteilt. Wasserrohre werden nach der DIN 2460 gefertigt und sind damit für die Durchleitung von Gas nicht zugelassen. Darüber hinaus beträgt der Anteil von Wasserrohren am Gesamtvolumen für Stahlleitungsrohre (ohne Großrohre) nur ca. [ . . .] (6). Der Anteil von Wasserrohren am Gesamtumsatz mit Stahlleitungsrohren liegt bei MRW unter [ . . .] (1), bei Hösch/Fuchs unter [ . . .] (1).

1.2. Die Substitutionsbeziehung zum Rohr aus Kunststoff und aus anderen Materialien

(47) Die am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen gehen davon aus, daß in den sachlich relevanten Produktmarkt für Leitungsrohre nicht nur Rohre aus Stahl, sondern darüber hinaus Rohre aus anderen Werkstoffen (Kunststoff, Guß, Beton und Steinzeug) einzubeziehen sind. Sie begründen dies mit deren alternativer Verwendungsart und der nach ihrer Auffassung starken Substitutionsbeziehung zwischen Stahl- und Kunststoffrohren.

(48) Nach den durchgeführten Ermittlungen bei Verbänden, Wettbewerbern und Abnehmern von Gasleitungsrohren und unter Berücksichtigung des Gutachtens der Parteien werden nach Auffassung der Kommission die zugrundeliegenden Ursachen für die Substitutionsbeziehungen zwischen Gasleitungsrohren aus Stahl und aus Kunststoff im wesentlichen durch die technischen Substitutionsmöglichkeiten, die (nationalen) Sicherheitsbestimmungen, die vorhandenen Gasnetze der Versorgungsunternehmen und die Käuferpräferenzen geprägt.

(49) Der theoretische Grad der Substituierbarkeit hängt von dem betroffenen Segment des Marktes für Gasleitungsrohre ab. Entsprechend einer branchenüblichen Unterteilung werden folgende Segmente unterschieden:

- Niederdruckrohre (& le; 4 bar), die im wesentlichen zur Verteilung von Gas auf kommunaler Ebene eingesetzt werden;

- Mitteldruckrohre ( > 4 bar bis & le; 16 bar), die im wesentlichen zur Verteilung auf regionaler Ebene eingesetzt werden und

- Hochdruckrohre ( > 16 bar), die u. a. auch in regionalen Netzen Verwendung finden.

- Niederdruckrohre (& le; 4 bar)

(50) Niederdruckrohre aus Kunststoff (da diese aus Polyethylen sind, werden Sie auch als PE-Rohre bezeichnet) sind im Hinblick auf ihre Zulassung für den Druckbereich bis 4 bar mit Stahlrohren technisch austauschbar.

(51) Der Gutachter der beteiligten Unternehmen hat hierzu ausgeführt:

"Die einem Leitungsbau zugrundeliegenden technisch/wirtschaftlichen Planungen sind relativ komplex. In erster Linie sind hier als Parameter zu nennen:

- aktuelle Gasabsatzmengen und geschätzte Entwicklung,

- Varianten in der Trassenführung mit vielfältiger Relevanz für die Kosten der Tiefbau- und Oberflächenarbeiten,

- Druckstufe,

- Rohrwerkstoff.

Gegebenenfalls unter Berücksichtigung von technischen Restriktionen durch das vorgelagerte bzw. zu erweiternde Netz oder die zu erneuernde Leitung hinsichtlich der Druckstufe oder des Rohrmaterials gilt es, u. a. eine kostengünstige Kombination von Rohrmaterial und Leitungsdimensionierung zu finden, die die geforderte Fortleitungskapazität unter Einschluß einer als ausreichend eingeschätzten Reserve aufweist.

Bei einer Betrachtung der Austauschbeziehungen zwischen Rohren aus Stahl und PE-HD bestehen solche Restriktionen bei eng vermaschten Verteilungsnetzen darin, daß man aus technischer Sicht eine kleinräumige Durchmischung des Netzes mit verschiedenen Rohrwerkstoffen mit dem Ziel zu vermeiden sucht, die Zahl der potentiell schadensanfälligeren Werkstoffübergangsverbindungen gering zu halten. Üblicherweise erfolgt daher im Rahmen einer Vorplanung eine Aufteilung des Netzes in Bezirke, für die jeweils auf der Grundlage technisch/wirtschaftlicher Betrachtungen das Material für kleinere Erweiterungsmaßnahmen oder Leitungserneuerungen festgelegt wird.

Praktisch keine darartigen Restriktionen bestehen hingegen beim Aufbau neuer Verteilungsnetze oder bei Leitungen über 1 bar, so daß hier in objektbezogener Planung die kostengünstigste Kombination von Rohrwerkstoff und Leitungsdimensionierung zur Erzielung der erforderlichen Fortleitungskapazität gewählt wird."

(52) Auch nach dem Gutachten der Parteien bestehen daher technische Beschränkungen bei der Wahl des Rohrmaterials bei dichten Verteilernetzen (Druckstufe bis 1 bar), und es wurde bestätigt, daß diese Wahl in der Vorplanungsphase getroffen wird. Nach Statistiken des BGW (Bundesverbandes des Gas- und Wasserfaches) sind im Jahr 1990 98 % der Kunststoffrohre in dieser Druckstufe eingesetzt worden und nur 2 % in der Druckstufe von 1 bis 4 bar, in der - nach Auffassung des Gutachtens - solche Beschränkungen nicht bestehen.

(53) Darüber hinaus bestätigt das Gutachten auch grosse Preisunterschiede zwischen Stahl- und Kunststoffrohren im Hinblick auf das Rohrmaterial und die Verlegungskosten. Diese Preisunterschiede hängen im wesentlichen vom Rohrdurchmesser ab (7,6 bis 50,6 % bei Netzen bis 1 bar und 14,7 bis 61,8 % in Netzen bis 4 bar). Noch wichtiger ist jedoch der Umstand, daß der Rohrhersteller nur auf eine Kostenkomponente, die reinen Materialkosten, Einfluß nehmen kann. Wollte ein Stahlrohrhersteller ein für das Gasversorgungsunternehmen günstigeres Angebot vorlegen, müsste er nicht nur seinen Nachteil beim Rohr ausgleichen, sondern darüber hinaus auch noch die höheren Verlegungskosten des Stahlrohres. Im Beispielsfall eines 1-bar-Netzes müsste er so einen Preisnachlaß zwischen 13,8 und 66,4 % gewähren.

(54) Stahl- und Kunststoffrohre für den Niederdruckbereich sind damit nicht einem einheitlichen Produktmarkt zuzuordnen. Der Entscheidungsprozeß zwischen einem Stahl- und PE-Rohr findet im wettbewerblichen Vorfeld statt. Der Preiserhöhungsspielraum eines Stahlrohranbieters, der eine beherrschende Stellung innehätte, würde jedenfalls nicht in erheblicher Weise von PE-Rohranbietern eingeschränkt werden.

- Mitteldruckrohre (4 bar bis & le; 16 bar)

(55) Für Mitteldruckrohre besteht nur eine eingeschränkte technische Substitutionsmöglichkeit zwischen Stahl- und PE-Rohren. Derzeit können PE-Rohre aus technischen Gründen nur bis zu einem Druck von 10 bar eingesetzt werden. Mögliche Materialentwicklungen führen zu der Erwartung, daß PE-Rohre in einigen Jahren zu ersten Testzwecken auch für einen Druck von bis zu & le; 16 bar eingesetzt werden.

(56) Bei einer wettbewerblichen Beurteilung der Substitutionsbeziehungen sind jedoch nicht nur die technischen Gegebenheiten zu berücksichtigen, sondern auch die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie der zeitliche Aspekt einer tatsächlichen Substitution.

(57) So kann z. B. festgestellt werden, daß British Gas sein regionales Netz auf einen Betriebsdruck von 7 bar beschränkt hat, um PE-Rohre einzusetzen, und in Frankreich und Belgien Teilnetze bis zu diesem Druckbereich betrieben werden. In Deutschland beträgt hingegen der maximal zugelassene Betriebsdruck für PE-Rohre 4 bar. Der Einsatz von PE-Rohren ist damit in Deutschland zur Zeit grundsätzlich in regionalen Verteilernetzen ausgeschlossen, weil diese Netze typischerweise mit einem Betriebsdruck zwischen 4 und 16 bar arbeiten.

(58) Es wird auch nicht erwartet, daß in Deutschland eine Zulassung für die Erweiterung des Druckbereichs für PE-Rohre vor Ende 1994 erfolgt. Damit ist nicht davon auszugehen, daß der Handlungsspielraum der Stahlrohranbieter für diesen Druckbereich in einem erheblichen Masse von PE-Rohren eingeschränkt werden könnte, jedenfalls nicht in dem genannten Zeitraum. Eine isolierte Änderung der nationalen Normen ist während der Harmonisierungsphase auf europäischer Ebene nicht zu erwarten.

(59) Auf die vom Gutachten der Parteien belegten erheblichen Preisnachteile des PE-Rohres in diesem Druckbereich sei ergänzend hingewiesen.

(60) Die Kommission schließt hieraus, daß in der Bundesrepublik Deutschland (siehe hierzu unten zur Abgrenzung des geographischen Referenzmarktes) PE-Rohre nicht in den relevanten Produktmarkt einbezogen werden können.

- Hochdruckrohre ( > 16 bar)

(61) Für Hochdruckrohre besteht derzeit keine technische Möglichkeit, Stahlrohre durch PE-Rohre zu ersetzen. Dies gilt für die absehbare Zukunft. Daher können PE- und Stahlrohre auch in diesem Druckbereich nicht dem gleichen Produktmarkt zugerechnet werden.

- Ergebnis

(62) Gasleitungsrohre aus Stahl und aus Kunststoff können nicht als zum gleichen relevanten Produktmarkt zugehörig angesehen werden.

1.3. Der Markt für Gasleitungsrohre aus Stahl

(63) Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, sind Gasleitungsrohre aus technischen Gründen nach den verschiedenen Druckstufen auszuwählen. Obwohl drei verschiedene Druckstufen existieren, werden Gasleitungsrohre aus Stahl (jedenfalls in Deutschland) im wesentlichen nach zwei verschiedenen technischen Standards, d. h. der DIN 2470, Teil 1 und Teil 2, produziert. Teil 1 deckt alle Rohre bis 16 bar ab (weil hier keine technischen Unterschiede zwischen Gasleitungen für den Nieder- und Mitteldruckbereich bestehen), Teil 2 den Druckbereich über 16 bar (Hochdruck).

(64) Des weiteren ist zu berücksichtigen, daß eine grosse Anzahl der Kunden mindestens im Nieder- und Mitteldruckbereich oder im Mitteldruck- und Hochdruckbereich nachfragt. Dies spricht für einheitliche Wettbewerbsbedingungen in den verschiedenen Segmenten, weil die Preisfestsetzung in einem Segment nicht stattfinden könnte, ohne daß der mögliche Effekt auf die nach Abmessungen ineinander übergehenden anderen Segmente berücksichtigt wird. Es kann letztlich jedoch offengelassen werden, ob ein einheitlicher Markt besteht oder ob unterschiedliche Marktsegmente nach Druckstufen bestehen.

(65) Die Parteien haben das Volumen des Marktes für Gasleitungsrohre in Deutschland auf 142 Millionen ECU geschätzt (Umsätze 1991). Das von der Kommission festgestellte Marktvolumen für das Jahr 1991 belief sich auf 128,1 Millionen ECU, wovon 75,1 Millionen ECU auf den Druckbereich bis 16 bar und 53 Millionen ECU auf den Druckbereich über 16 bar entfielen.

1.4. Angebotsumstellungsflexibilität

(66) Die Substitutionsmöglichkeiten der Angebotsseite, d. h. die Produktions- oder Angebotsumstellungsflexibilität, kann bei der Abgrenzung des relevanten Produktmarktes nur berücksichtigt werden, wenn Hersteller von anderen als den betroffenen Produkten schnell und verhältnismässig leicht auf die Produktion der letztgenannten umstellen können.

(67) Wie von den Parteien vorgetragen worden ist, gehen sie davon aus, daß die Produktionsumstellung allenfalls mit relativ geringen Kosten und geringem Zeitaufwand betrieben werden kann.

(68) Die Kommission hält demgegenüber an ihrer Auffassung fest, daß andere Stahlrohrhersteller ihre Produktion nicht schnell und verhältnismässig leicht auf Gasleitungsrohre und insbesondere auf Hochdruckrohre umstellen können. Die Unterschiede in der Beurteilung liegen im wesentlichen darin, daß die Kommission

- den Umfang der technischen Produktionsunterschiede höher einschätzt;

- den Zeitbedarf deutlich höher einschätzt, da eine ausreichende Planungsphase, Bestellphase für die Anlagen, Aufbau- und Probephase für die Anlagen, Zulassungsverfahren beim TÜV für den Hersteller, für seine Produktion und für die Ausbildung und Prüfung seiner Mitarbeiter zu veranschlagen sind.

(69) Letztendlich kann die Frage einer vorhandenen oder fehlenden ausreichenden Produktionsumstellungsflexibilität dahingestellt bleiben. Jedenfalls fehlt es bereits an einer ausreichenden Anzahl von potenten Wettbewerbern, die bisher nur einfache Handels- und Transportrohre hergestellt haben und aufgrund einer angenommenen Produktionsumstellungsflexibilität auf den Markt hinzutreten könnten und hierdurch einheitliche Wettbewerbsbedingungen auf dem unterstellten einheitlichen Markt für einfache Handels- und Transportrohre und Gasleitungsrohre herstellen könnten. Da alle Hersteller von Gasleitungsrohren auch heute schon Hersteller von einfachen Handels- und Transportrohren sind und wie dargelegt trotzdem deutlich unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen zumindest zwischen Gasleitungsrohren einerseits und den übrigen Handels- und Transportrohren andererseits bestehen geblieben sind, ist nicht zu erkennen, daß irgendein unabhängiger Hersteller von einfachen Rohren in einem erheblichen Ausmaß diese strukturellen Unterschiede, selbst bei einer deutlich höheren als von der Kommission angenommenen Produktionsumstellungsflexibilität, in signifikanter Weise verändern könnte. Im Hinblick auf die Fähigkeit von Herstellern, die gegenwärtig beide Rohrtypen - einfache Rohre und Gasleitungsrohre - herstellen, ihre bestehenden Kapazitäten für ihre Produktion von Gasleitungsrohren zu erhöhen, ist festzustellen, daß dies kein Problem ist, das sich auf die Marktabgrenzung bezieht, sondern eine Frage der potentiellen Nutzung der Kapazitäten der aktuellen Wettbewerber.

1.5. Schlußfolgerung

(70) Die Kommission ist daher der Auffassung, daß ein sachlich relevanter Produktmarkt für Gasleitungsrohre aus Stahl (ohne Großrohre) besteht (im folgenden kurz als Gasleitungsrohre bezeichnet). Ob ein einheitlicher Markt für Gasleitungsrohre besteht oder dieser in weitere Segmente, je nach Druckbereich, aufzuteilen ist, kann wegen der vergleichbaren Marktstellung der Parteien in den Segmenten letztlich dahinstehen.

2. Der geographische Referenzmarkt

(71) Unter Berücksichtigung der unten dargelegten strukturellen Gesichtspunkte und wettbewerblichen Rahmenbedingungen geht die Kommission davon aus, daß sich die Wettbewerbsbedingungen in der Bundesrepublik Deutschland gegenwärtig in erheblicher Weise von denen in anderen Mitgliedstaaten unterscheiden, aber daß sich dies aufgrund der dynamischen Entwicklungen mit dem Ziel der Schaffung eines EG-weiten Marktes ändern wird. Diese Veränderungen werden sich jedoch nur schrittweise vollziehen, so daß hieraus zu folgern ist, daß sich nicht in unmittelbarer Zukunft ausreichend homogene Wettbewerbsbedingungen überall im Gemeinsamen Markt herausbilden werden. Folglich ist es sachgerecht, die Beurteilung der Auswirkungen des vorliegenden Zusammenschlußvorhabens auf den geographischen Referenzmarkt, der dem Gebiet Deutschlands entspricht, zu beziehen.

2.1. Die gegenwärtige Marktsituation

- Marktanteilsunterschiede als Indikatoren

(72) Auf der Grundlage der Ermittlungsergebnisse der Kommission werden MRW und Hösch mit einem wertmässigen Marktanteil von unter 40 % zum grössten Anbieter in der Gemeinschaft. Die ILVA-Gruppe folgt mit einem Anteil von 25 bis 35 %; die drei Unternehmen British Steel, Hoogovens und Tubos Reunidos erzielen in der EG jeweils zwischen 5 und 10 % Marktanteil.

(73) Gegenwärtig ist jedoch die gegenseitige Durchdringung der nationalen Märkte noch begrenzt. In allen grossen Mitgliedstaaten mit eigener Stahlrohrproduktion haben die nationalen Anbieter von Gasleitungsrohren den grössten Marktanteil. In Deutschland liegen die Importe derzeit um 10 %. In Italien erzielt der nationale Hersteller etwa 90 % und in Spanien über 70 %. In Frankreich und im Vereinigten Königreich sind die Importe wesentlich höher.

- Arten und Merkmale des Produktes

(74) Der Markt für Gasleitungsrohre wird im wesentlichen auch durch die technischen Rahmenbedingungen geprägt. Diese technischen Rahmenbedingungen sind in der EG noch nicht harmonisiert. Es scheint, daß in Deutschland, Frankreich und Großbritannien die jeweiligen nationalen Normen ausschließlich angewandt werden, wogegen in Italien, Spanien und den Benelux-Ländern die ISO- bzw. die DIN-Standards auch benutzt werden können.

(75) Gesetzesgrundlagen für die technischen Anforderungen an Gasleitungsrohre und deren Produzenten in Deutschland sind zunächst das Energiewirtschaftsgesetz - im Nieder- und Mitteldruckbereich - und die Verordnung über Gashochdruckleitungen im Hochdruckbereich. Keiner der Gesetzestexte enthält explizite Anforderungen an die Rohre; beide verlangen allerdings die Beachtung der "allgemeinen anerkannten Regeln der Technik" und verweisen diesbezueglich auf das Regelwerk des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches e. V. (DVGW).

In den DVGW-Arbeitsblättern G462, Teil 1 und 2 (Nieder- und Mitteldruckbereich), und G463 sind die technischen Anforderungen für Gasleitungen aus Stahl festgelegt, bezueglich der Lieferbedingungen für die Rohrleitungsteile wird auf DIN 2470 Teil 1 und 2, verwiesen. Die DIN 2470 enthält eine Vielzahl von detaillierten Standards hinsichtlich der Werkstoffe, des Herstell- und des Prüfverfahrens. Die Kunststoff-Ummanteilung der Leitungsrohre kann separat von einem anderen Hersteller vorgenommen werden, allerdings in Deutschland kaum vorkommt. In jedem Fall muß der Ausführende die Anforderungen entsprechender anderer DIN-Standards erfuellen, wie z. B. DIN 30670 für Polyethylen-Ummantelung.

(76) Des weiteren benötigt der Produzent von Gasleitungsrohren die Zulassung vom TÜV (Technischer Überwachungsverein) oder der MPA (Materialprüfungsanstalt), die sich auf das Herstell- und integrierte Prüfverfahren sowie die Qualifikation des Personals (z. B. Schweisser) bezieht. Diese Prüfverfahren sind in den AD-Merkblättern der Arbeitsgemeinschaft Druckbehälter niedergelegt. Alle grossen westeuropäischen Stahlhersteller haben zumindest partielle TÜV-Zulassungen für die Produktion von Gasleitungsrohren aus Stahl.

- Struktur der Nachfrageseite

(77) Ein wichtiges Element zur Beurteilung bestehender Unterschiede in den Wettbewerbsbedingungen der einzelnen Mitgliedstaaten ist die Struktur der Nachfrage. Hierzu kann festgestellt werden, daß sich die Nachfrageseite in Deutschland von der in den anderen grossen Mitgliedstaaten mit einem hohen Gasverbrauch deutlich unterscheidet:

- Im Vereinigten Königreich hat British Gas, abgesehen von dem Gasrohrbedarf für den Off-shore-Bereich, fast eine Monopolstellung.

- In Frankreich werden ca. 90 % der nationalen und lokalen Netze von Gaz de France betrieben.

- In Italien besitzt SNAM rund 90 % des nationalen Netzes und über die Tochter Italgas ca. 50 bis 60 % der lokalen Versorgung.

- In Deutschland gibt es prinzipiell je ein Unternehmen für das Fernnetz in Westdeutschland (Ruhrgas) und in Ostdeutschland (VNG). Es existieren mehr als 30 regionale Verteiler und mehr als 500 kommunale Gasversorgungsunternehmen. die Grösse der regionalen und kommunalen Gasversorger variiert beträchtlich.

- Kriterien für die Einkaufsentscheidung

(78) Die Einkaufspolitik der deutschen Nachfrager ist gegenwärtig national orientiert. Nach den Ermittlungen der Kommission haben die Einkaufskriterien

- Liefersicherheit,

- Paßfähigkeit zum vorhandenen Netz,

- langfristige Lieferantenbeziehung,

- technische Beratung/Unterstützung,

- Eingehen auf unternehmensspezifische Bedürfnisse

einen erheblichen Einfluß auf die Einkaufsentscheidung deutscher Gasversorgungsunternehmen. Die Kriterien, die das Einkaufsverhalten bestimmen, fördern daher einen nationalen Einkauf insoweit, als es den heimischen Anbietern bei wirtschaftlicher Betrachtung gegenwärtig leichter fällt, diesen objektiven Anforderungen zu genügen.

2.2. Die zukünftige Marktsituation - Dynamische Entwicklungen

- Harmonisierung der technischen Normen

(79) Eine Harmonisierung der in Europa geltenden Normen für den Betrieb von Gasleitungssystemen und der Materialanforderungen wird derzeit im Rahmen des Europäischen Komitees für Normung (CEN) angestrebt. Im CEN arbeiten derzeit 18 Staaten bzw. die Interessenvertreter der anerkannen Industrieverbände an einer Vereinheitlichung der Normen.

(80) Innerhalb von CEN wird die Tätigkeit von verschiedenen technischen Komitees (TC) organisiert und wahrgenommen. Die TC können wiederum spezielle Aufgaben an Arbeitsgruppen delegieren. Die Vorbereitung der europäischen Normen für Gasleitungsrohre obliegt dem TC 234 und seinen sechs Arbeitsgruppen. Das TC 234 wurde 1990 eingerichtet und hat seine formelle Arbeit 1992 aufgenommen; es ist speziell für die Festsetzung funktionsfähiger Anforderungen an den Transport und die Distribution von Gas zuständig. Unter anderem wird TC 234 prüfen, ob die von anderen TCs erstellten Normen diesen Anforderungen genügen und gegebenenfalls Änderungen vornehmen. In bezug auf Stahlleitungsrohre kann sich TC 234 auf die Entwürfe der Normen stützen, die bereits von dem TC 29 der ECISS (European Committee for Iron and Steel Standardization) erstellt wurden, namentlich auf die "prEN 10208/2": Stahlrohre für Leitungen für brennbare Flüssigkeiten - Technische Lieferbedingungen - Teil 2 (Rohre der Bedingungen Klasse B).

(81) Die Kommission bereitet im Rahmen der Richtlinie 89/106/EWG des Rates (7) über Bauprodukte (CPD) ein Mandat für CEN zur Entwicklung europäischer Normen für Gasleitungsrohre vor. Wenn Einigung über diese europäische Norm erzielt ist, wird sie im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften als Norm in Unterstützung der CPD veröffentlicht. Im Rahmen der Ausschreibungsregeln ist vorgeschrieben, europäische Normen zu benutzen, sofern sie vorhanden sind.

(82) Nach CEN wird die Mehrheit der europäischen Normen des TC 234 erst 1996 verfügbar sein. Die vom TC 29 erstellten Normen für Stahlrohre werden voraussichtlich 1994 in Kraft treten. Sie sind nicht deckungsgleich mit DIN 2470, Teil 1 und 2, weil sie z. B. nicht das Zulassungsverfahren beim TÜV enthalten, aber sie decken z. B. die wichtigen DIN-Normen 1626 und 1629 ab.

(83) Solange die Harmonisierung nicht abgeschlossen ist, bilden die derzeitigen DIN-Normen eine formale Marktzutrittsbarriere und eine wirtschaftliche Barriere, denn die ausländischen Unternehmen müssen insoweit bei der Produktion und den Testverfahren die Bedingungen der DIN-Normen erfuellen. Die Bedeutung dieser Barriere ist im wesentlichen von der Höhe des Produktionsvolumens abhängig. Je höher das erreichte Auftragsvolumen ist, desto geringer sind die negativen Kosteneffekte aus der Anpassung des Produktionsprozesses, um die deutschen DIN-Normen zu erfuellen.

(84) Hieraus kann geschlossen werden, daß einerseits Unterschiede bei den technischen Normen in den grossen Mitgliedstaaten bestehen bleiben und von unmittelbaren Veränderungen nicht auszugehen ist. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß die meisten ausländischen Wettbewerber bereits über zumindest teilweise TÜV-Zulassungen verfügen. Darüber hinaus können fehlende Zulassungen, die zur Abdeckung der vollen Produktpalette nach den Anforderungen gemäß DIN 2470 erforderlich sind, relativ leicht von Herstellern erreicht werden, die gegenwärtig bereits Gasleitungsrohre nach anderen Normen herstellen. Dies gilt insbesondere für westeuropäische Stahlhersteller.

- Die EG-Ausschreibungsrichtlinie

(85) Die Ausschreibungsgewohnheiten von Gasversorgungsunternehmen unterscheiden sich gegenwärtig in verschiedener Hinsicht. In einigen Mitgliedstaaten sind sie Gegenstand bestehender nationaler, öffentlicher Ausschreibungsregeln, wohingegen in anderen eigene interne Regeln für den Einkaufsvorgang aufgestellt werden. In Deutschland schreiben die Gasversorgungsunternehmen ihre Angebote im allgemeinen nicht öffentlich aus, weil sie meinen, wie von nahezu allen Befragten bestätigt wird, daß sie diejenigen Anbieter, die technisch und kaufmännisch zufriedenstellende Angebote machen können, bereits kennen.

(86) Daher werden die EG-Ausschreibungsregeln (Richtlinien 90/531/EWG des Rates (8) und 92/13/EWG des Rates (9)), die am 1. Januar 1993 in Kraft treten werden, dazu beitragen, die nationalen Märkte durch transparentere und nicht-diskriminierende Verfahren zu öffnen. Andererseits besteht keine Gewähr dafür, daß Stahlrohrproduzenten anderer Mitgliedstaaten sofort in der Lage sein werden, die dadurch eröffneten Möglichkeiten zu nutzen; aber nichtsdestoweniger wird die Marktöffnung schrittweise erfolgen.

(87) Das wichtigste Hindernis für eine volle Wirksamkeit der EG-Ausschreibungsregeln ist, daß die technischen Normen noch nicht harmonisiert sind. Angebote, die ausgeschrieben werden, können demnach derzeit auf nationalen Normen basieren. Die volle Wirksamkeit der EG-Ausschreibungsrichtlinie wird daher erreicht werden, wenn eine Einigung über wichtige Teile (z. B. die TC 29 in 1994) oder die Mehrheit der relevanten technischen Normen (z. B. die TC 234 in 1996) erzielt worden ist.

(88) Wenn 1993 die EG-Ausschreibungsregeln in Kraft treten, wird ihre Wirksamkeit von dem Anteil der nationalen Ausschreibungen abhängen, der das Mindesteinkaufsvolumen von 400 000 ECU erreicht und damit einer gemeinschaftsweiten Ausschreibung unterliegt. Je höher dieser Anteil liegt, um so attraktiver - bei wirtschaftlicher Betrachtung - wird es für ausländische Hersteller sein, auch nach den DIN-Normen zu produzieren, auch wenn der technische Harmonisierungsprozeß noch nicht abgeschlossen ist.

Es wird geschätzt, daß ein bedeutender Anteil (möglicherweise 50 % oder mehr) der deutschen Aufträge für Gasleitungsrohre das Mindesteinkaufsvolumen der Richtlinie erreichen wird. Unter Berücksichtigung des langfristigen wirtschaftlichen Interesses an der Versorgung des deutschen Marktes, z. B. wegen der bestehenden Überkapazitäten, der absoluten Grösse des deutschen Marktes und des aussergewöhnlich hohen Niveaus der Nachfrage in den folgenden Jahren aufgrund der Vereinigung Deutschlands und insbesondere der Sicherheit, daß in absehbarer Zeit auch die verbleibenden technischen Schranken entfallen werden, ist zu erwarten, daß direkt mit dem Inkrafttreten der EG-Ausschreibungsrichtlinie ausländische Hersteller versuchen werden, Lieferbeziehungen auf dem deutschen Markt zu entwickeln, da sie auf die weitere Öffnung des Marktes im Hinblick auf die technischen Normen vertrauen können.

2.3. Schlußfolgerung

(89) Die Kommission ist daher der Auffassung, daß aufgrund der oben dargelegten strukturellen Elemente auf dem Markt für Gasleitungsrohre gegenwärtig noch deutlich unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den übrigen Mitgliedstaaten bestehen. Die erkennbaren dynamischen Impulse, insbesondere die Harmonisierung der technischen Normen und die EG-Ausschreibungsrichtlinie, werden jedoch zur Öffnung des national geprägten Marktes beitragen. Da diese Änderungen erst im Laufe der Zeit eintreten werden und nicht sofort, sondern sich eher schrittweise entwickeln werden, erscheint es angemessen, die Beurteilung der Auswirkungen des Zusammenschlußvorhabens auf den deutschen Markt zu beziehen und die Auswirkungen in der Übergangsphase der Marktöffnung des deutschen Marktes bei der Beurteilung der Marktbeherrschung zu berücksichtigen.

3. Marktbeherrschung

(90) Bei der Beurteilung der Marktbeherrschung berücksichtigt die Kommission sowohl die gegenwärtige Marktstellung der betroffenen Unternehmen und die übrigen strukturellen Elemente, die die gegebenen Wettbewerbsbedingungen begründen, als auch die strukturellen Elemente, die im Hinblick auf die besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls die bestehenden Wettbewerbsbedingungen in einem angemessenen zeitlichen Rahmen verändern werden.

3.1. Marktanteile

(91) Marktanteile kennzeichnen die jeweilige Marktstellung eines Unternehmens. Hohe Marktanteile sind ein gewichtiger Faktor beim Nachweis des Vorliegens einer beherrschenden Stellung, vorausgesetzt, daß sie nicht nur die gegenwärtigen Bedingungen widerspiegeln, sondern auch ein verläßlicher Indikator für die zukünftigen Bedingungen sind. Falls keine anderen strukturellen Einflußfaktoren erkennbar sind, die in einem angemessenen Zeitrahmen geeignet sind, die bestehenden Wettbewerbsbedingungen zu verändern, sind Marktanteile als ein verläßlicher Indikator für die zukünftigen Bedingungen anzusehen.

(92) Die Kommission hat die Umsätze der Anbieter von Gasleitungsrohren in Europa für die letzten drei Jahre, d. h. für 1989, 1990 und 1991, ermittelt. Nach diesen Ermittlungen ergeben sich für den deutschen Markt für Gasleitungsrohre und in den Marktsegmenten für Nieder- und Mitteldruckleitungen einerseits und Hochdruckleitungen andererseits die folgenden Marktanteile:

/* Tabellen: S. ABl. */

(93) Nach dem Zusammenschluß werden MRW/Hösch zusammen einen Marktanteil von fast [ . . .] (10) erreichen, der im Marktsegment für Hochdruckrohre sogar [ . . .] (1) übersteigt und auch im Nieder- und Mitteldrucksegment noch [ . . .] (1) beträgt. Der gemeinsame Marktanteil der Parteien betrug im Durchschnitt der drei Jahre [ . . .] (1). Die Parteien haben die Marktanteilsberechnung der Kommission angegriffen. Nach ihren eigenen Schätzungen beträgt ihr gemeinsamer Marktanteil im Jahr 1991 [ . . .] (1), und er ist in den zwei vorausgegangenen Jahren sogar noch niedriger.

(94) Borusan und Rautaruukki sind wie British Steel durch den Erwerb von Mannstädt von Klöckner vor kurzem auf den deutschen Markt hinzugetreten. Klöckner ist anschließend durch den Erwerb des ostdeutschen Rohrwerks Muldenstein in den Markt wiedereingetreten.

3.2. Andere Wettbewerbsparameter

- Das Produktionsprogramm

(95) Die am Zusammenschluß beteiligten Parteien verfügen über die gesamte Produktpalette für Gasleitungsrohre. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Druckstufen als auch der Rohrdurchmesser. Da normalerweise nicht die gesamte Produktpalette von ein und demselben Gasversorgungsunternehmen nachgefragt wird, stellt das Fehlen eines kompletten Produktionsprogramms keinen entscheidenden Wettbewerbsnachteil dar. Das wurde von den befragten Gasversorgungsunternehmen bestätigt.

- Der Vertrieb

(96) In Deutschland erfolgt der Absatz von Gasleitungsrohren überwiegend über Projektausschreibungen. Diese Projekte wurden nach Auffassung der Beteiligten in der Vergangenheit primär von den Rohrherstellern abgedeckt, wogegen geringer Reparaturbedarf über den Handel beschafft wurde. Den Parteien zufolge soll sich der Rohrhandel in zunehmender Weise auch an den Projektausschreibungen beteiligen.

(97) In Deutschland haben sich im Direktgeschäft, mit einer Ausnahme, nur die deutschen Anbieter betätigt. Die Ausnahme ist Rautaruukki. British Steel (Mannstädt) verkauft seine Gasleitungsrohre weiterhin über den vorherigen Eigentümer Klöckner und den Händler Löwe & Jägers, der zum VIAG/Klöckner-Konzern gehört. Usinor hat den deutschen Röhrenhersteller Homburger Röhrenwerke erworben. Dieses Unternehmen stellt keine Gasleitungsrohre her und besitzt daher auch kein Vertriebsnetz für diese Rohre. Soweit andere ausländische Anbieter in Deutschland tätig waren (wie Arfa, Arbed, Borusan, Hoogovens und ILVA), haben sie sich nur über deutsche Händler am Markt beteiligt.

(98) Im Hinblick auf den Vertrieb verfügen die am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen und die anderen deutschen Hersteller insoweit über einen Wettbewerbsvorteil im Vergleich zu ihren ausländischen Wettbewerbern, die keinen eigenen Vertrieb für Gasleitungsrohre in Deutschland unterhalten.

- Vertikale Integration

(99) Die am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen sind beide vertikal vollständig integriert, und zwar von der Stahlproduktion bis zur Kunststoffummantelung. Dies hat jedoch keine erheblichen Vorteile.

(100) Hinsichtlich der Versorgung mit Stahlvorprodukten, was für Gasleitungsrohre im wesentlichen Warmbreitband ist, bestehen für die Parteien gegenüber deutschen Wettbewerbern keine nennenswerten Wettbewerbsvorteile. Klöckner ist selbst Stahlproduzent, und Flender stehen ausreichende und wettbewerbsfähige Bezugsalternativen zur Verfügung. Die Vorteile gegenüber den ausländischen Wettbewerbern, die auch überwiegend über eine eigene Stahlversorgung verfügen, liegen nicht in der Versorgungsquelle an sich, sondern in dem Umstand, daß die deutschen Hersteller bereits den Stahl nach den in Deutschland üblichen Spezifikationen herstellen. Andererseits ist zu berücksichtigen, daß die wichtigen EG-Normen des TC 29, die die Herstellung von Stahlrohren betreffen, 1994 in Kraft treten werden.

(101) Die deutschen Anbieter verfügen hinsichtlich der Kunststoffummantelung über Wettbewerbsvorteile gegenüber ihren ausländischen Wettbewerbern. Die deutschen Unternehmen verfügen alle, mit Ausnahme von British Steel (Mannstädt) und NMH, über entsprechende Anlagen, wohingegen im Ausland nur ILVA, Hoogovens/VBF und British Steel solche Anlagen besitzen.

Die Parteien bestreiten das Bestehen dieser Wettbewerbsvorteile. Sie haben auf eine Reihe ausländischer "job coater" aufmerksam gemacht. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, daß auch die Ummantelung nach deutschen DIN-Normen zu erfolgen hat.

- Transportkosten

(102) Transportkostenunterschiede sind für die Wettbewerber innerhalb Deutschlands ohne Bedeutung. Für Anbieter aus den Nachbarländern Deutschlands dürften sie keine relevante Marktzutrittsbarriere darstellen. Einige ausländische Wettbewerber haben erklärt, daß sie die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens auf dem deutschen Markt herabsetzen. Für alle weiter entfernten Wettbewerber, z. B. aus Spanien, Griechenland oder der Türkei, wurde deren Transportkostennachteil bei Rohren von einem Durchmesser ab DN 200 von den Wettbewerbern auf über 10 % geschätzt. Zusammenfassend lässt sich sagen, daß Transportkosten nicht entscheidend sind, jedoch für kleine Bestellmengen und geographisch entfernt liegende Wettbewerber ein spezifisches Handicap darstellen können.

3.3. Potentieller Wettbewerb

(103) Die Kommission ist der Auffassung, daß sich die Wettbewerbsbedingungen, die gegenwärtig auf dem deutschen Markt für Gasleitungsrohre bestehen und die zu der beschriebenen Marktstellung der Parteien mit einem sehr hohen gemeinsamen Marktanteil geführt haben, in einem angemessenen Zeitrahmen wesentlich verändern werden, und zwar aufgrund des potentiellen Wettbewerbs, der durch die festgestellten dynamischen Impulse hervorgebracht wird.

(104) Auf dem deutschen Markt für Gasleitungsrohre sind drei wesentliche mögliche Arten von potentiellem Wettbewerb zu berücksichtigen. Dies sind: die Ausweitung der Produktpalette aktueller Wettbewerber, der Marktzutritt bzw. eine signifikante Verstärkung der bestehenden Teilnahme am Marktgeschehen der westeuropäischen Anbieter und der Marktzutritt osteuropäischer Wettbewerber.

(105) Die Wahrscheinlichkeit für eine Verstärkung des Wettbewerbsdrucks durch eine Ausweitung der Produktpalette der aktuellen Wettbewerber wird als gering angesehen. Nur Klöckner hat gegenwärtig infolge des Erwerbs der ostdeutschen Produktionsstätte Muldenstein Investitionen in das Gasleitungsrohrgeschäft getätigt. Für alle anderen Wettbewerber wird die Ausweitung der Produktpalette, insbesondere im Hinblick auf den Rohrdurchmesser, als teuer und wegen der bestehenden Überkapazitäten aus wirtschaftlichen Gründen als nicht wahrscheinlich angesehen.

(106) Die Anreize für einen Marktzutritt oder für eine verstärkte Teilnahme am Marktgeschehen müssen für westeuropäische Anbieter als erheblich angesehen werden, da

- überall in Europa grosse Überkapazitäten für Stahl und alle Arten von Stahlröhren bestehen;

- starker Wettbewerbsdruck auf Stahlrohrmärkten, insbesondere für einfache Handels- und Transportrohre, besteht;

- der deutsche Markt der grösste europäische Markt für Gasleitungsrohre ist und gegenwärtig wegen der deutschen Vereinigung ein sehr hohes Nachfrageniveau aufweist;

- die Grundlagen für den Binnenmarkt gelegt sind; die ersten praktischen Schritte werden am 1. Januar 1993 mit der EG-Ausschreibungsrichtlinie in Kraft treten und werden schrittweise mit dem technischen Harmonisierungsprozeß weitergehen.

(107) Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls ist es erforderlich, die Zeitspanne, die als angemessen für die Beurteilung der Auswirkungen des potentiellen Wettbewerbs auf den Handlungsspielraum der Parteien angesehen wird, einer besonderen und eingehenden Betrachtung zu unterziehen.

Im Hinblick auf die Beurteilung der zeitlichen Komponenten des potentiellen Wettbewerbs sind drei Zeitpunkte in bezug auf die bestehenden rechtlichen und technischen Schranken von Bedeutung. Dies sind das Jahr 1993 mit der Umsetzung der Ausschreibungsrichtlinie, das Jahr 1994 mit der erwarteten Harmonisierung der Produktion von Stahlrohren und das Jahr 1996, wenn die Mehrheit der Normen für Gasleitungsrohre in Kraft treten wird.

Der Abbau dieser Schranken wird erhebliche Wirkung auf die Marktzutritte haben, da die wichtigen Wettbewerber der Gemeinschaft die fortschreitenden strukturellen Veränderungen im Markt zu antizipieren haben. Aufgrund der aussergewöhnlichen Umstände dieses Falls, wie sie unten ausgewiesen sind, ist es vernünftig, wegen des fortschreitenden Charakters der zukünftigen Entwicklungen diese über einen längeren Zeitraum zu berücksichtigen, als dies unter anderen Umständen angemessen wäre.

(108) Im Hinblick auf die bestehenden rechtlichen und technischen Hindernisse ist in der vorangegangenen Analyse festgestellt worden, daß die Ausschreibungsrichtlinie in wenigen Monaten in Kraft treten wird. Sie wird ihre volle Wirksamkeit entfalten, wenn die Harmonisierung der technischen Normen abgeschlossen ist. Das Ziel, die Schaffung eines einheitlichen europäischen Marktes, wird folglich schrittweise erreicht, auch wenn seine Realisierung noch einige Jahre entfernt ist. Im vorliegenden Fall wird die Harmonisierung der Normen für Gasleitungsrohre zwischen zwei und vier Jahren dauern. Ihr Eintritt ist jedoch sicher, und es bestehen, wie oben dargelegt, für die westeuropäischen Hersteller bereits erhebliche Anreize für einen Marktzutritt.

(109) Bis jetzt haben die grossen westeuropäischen Hersteller wie British Steel, Usinor und ILVA noch keinen oder keinen wesentlichen Anteil auf dem deutschen Markt für Gasleitungsrohre, und sie haben kein eigenes Vertriebsnetz aufgebaut; sie haben auch in keinem wesentlichen Umfang Gebrauch von den unabhängigen Händlern gemacht. Aufgrund der Sicherheit in den neuen Rahmenbedingungen für den zukünftigen Wettbewerb und der unmittelbar bevorstehenden Umsetzung der Ausschreibungsrichtlinie werden diese grossen Hersteller jedoch die vollständige Harmonisierung der Normen antizipieren und versuchen, zunehmend Vorteile aus den sich bietenden Möglichkeiten zu ziehen.

(110) Aufgrund der besonderen Umstände des Falls ist die Kommission der Auffassung, daß gewichtige Anhaltspunkte vorhanden sind, daß eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, daß hiervon sogar vor der Beendigung des Harmonisierungsprozesses eine spürbare Wirkung auf den deutschen Markt ausgehen wird. Die Gründe für diese Beurteilung sind die folgenden:

- Erstens sind die potentiellen Wettbewerber wie ILVA, British Steel und Usinor-Sacilor unter den grössten Stahlherstellern zu finden. Sie selbst haben gute Möglichkeiten, sofort die - wenn auch noch unvollkommenen - Gelegenheiten zu nutzen, die durch die Ausschreibungsrichtlinie eröffnet werden. Dies gilt insbesondere deshalb, weil sie in Deutschland bereits auf benachbarten Rohrmärkten tätig sind, wesentliche einmalige Fixkosten für den Marktzutritt ( "sunk costs") nicht zu bestehen scheinen und sie schon für einen Teil ihrer Produktpalette TÜV-Zulassungen besitzen und für den fehlenden Teil diese - im Hinblick auf die erforderliche Zeit und die zu erwartenden Kosten - relativ leicht erhalten können.

- Zweitens bestehen, wie oben dargestellt, starke Anreize für einen Marktzutritt.

- Drittens unterliegt, auch wenn die Nachfrage in Deutschland fragmentiert ist, ein wesentlicher Teil des deutschen Marktes für Gasleitungsrohre der Ausschreibungsrichtlinie.

- Letztlich ist es vernünftig, davon auszugehen, daß die deutschen Gasversorgungsunternehmen, insbesondere die grösseren Kunden, versuchen werden, die grossen westeuropäischen Anbieter in den Wettbewerbsprozeß auf dem deutschen Markt einzubeziehen. Einerseits haben sie bei dem sehr hohen gemeinsamen Marktanteil von MRW/Hösch einen rationalen Anreiz, alternative Bezugsquellen zu suchen, andererseits haben sie die rechtliche Verpflichtung, den Anforderungen der Ausschreibungsrichtlinie zu genügen, und die grossen westeuropäischen Anbieter verfügen über eine rechtliche Handhabe, wenn sie diesen Verpflichtungen nicht nachkommen.

(111) Die Partien haben auch auf das schnelle Anwachsen der Importe aus Osteuropa bei Halbfertigprodukten aus Stahl und einfachen Transportrohren hingewiesen. Insbesondere haben sie auf die vergleichsweise geringen Lohnkosten im Vergleich zu den Herstellern in der Gemeinschaft Bezug genommen und darauf hingewiesen, daß einige dieser Hersteller schon über die notwendige TÜV-Zulassung verfügen. Die osteuropäischen Anbieter mögen alleine nicht in der Lage sein, den Handlungsspielraum von MRW/Hösch zu beschränken. Jedenfalls bleiben sie - zusätzlich zu dem erwarteten aktiven Wettbewerb westeuropäischer Anbieter - eine mögliche Quelle für potentiellen Wettbewerb.

3.4. Schlußfolgerungen

(112) Bei dem hohen gemeinsamen Marktanteil von MRW/Hösch auf dem deutschen Markt für Gasleitungsrohre in Verbindung mit ihren wettbewerblichen Vorteilen im Vergleich zu den verbleibenden deutschen und ausländischen Wettbewerbern besteht ein starkes Indiz dafür, daß die betroffenen Parteien zum Zeitpunkt des Vollzugs des Zusammenschlusses über einen Handlungsspielraum verfügen könnten, der nicht unmittelbar von den vorhandenen Wettbewerbern vollständig kontrolliert wird.

(113) Bei der Beurteilung, ob die Marktstellung von MRW/Hösch dergestalt ist, daß der Wettbewerb auf dem Gemeinsamen Markt im Sinne von Artikel 2 Absatz 3 der Fusionsverordnung wesentlich beeinträchtigt wird, ist zu berücksichtigen, daß die grössten westeuropäischen Wettbewerber, namentlich ILVA, British Steel und Usinor Sacilor, gegenwärtig entweder nicht oder nur in einem sehr geringen Umfang auf dem deutschen Markt tätig sind. Nichtsdestoweniger bestehen grosse Anreize für einen Marktzutritt nicht nur für westeuropäische Wettbewerber, sondern auch für osteuropäische Hersteller von Stahlrohren.

(114) Die EG-Ausschreibungsrichtlinie, die in nur wenigen Monaten in Kraft treten wird, wird die Möglichkeiten für ausländische Unternehmen, auf den Markt hinzuzutreten, strukturell verändern. Die Wirkung der EG-Ausschreibungsrichtlinie wird sich schrittweise verstärken und mit dem Vollzug des technischen Harmonisierungsprozesses ihre volle Wirksamkeit entfalten. Da andere wesentliche Marktzutrittsschranken fehlen, wird davon ausgegangen, daß, selbst dann, wenn zu Beginn des Zusammenschlußvorhabens eine beherrschende Stellung entstehen würde, diese Marktstellung nur für eine begrenzte Zeit erhalten bliebe; denn es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, daß der neue Wettbewerb die Stellung von MRW/Hösch auf dem deutschen Markt für Gasleitungsrohre schnell aushöhlen wird.

VI. GESAMTWÜRDIGUNG (115) Das angemeldete Zusammenschlußvorhaben begründet daher nach Auffassung der Kommission keine beherrschende Stellung auf den verschiedenen vom Zusammenschlußvorhaben betroffenen sachlichen und geographischen Rohrmärkten, durch die in einem wesentlichen Teil des Gemeinsamen Marktes wirksamer Wettbewerb erheblich behindert würde -

HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Das angemeldete Vorhaben von Mannesmannröhren-Werke AG und Hösch AG wird als vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt.

Artikel 2

Die Entscheidung ist gerichtet an

Mannesmannröhren-Werke AG

c/o Bruckhaus Westrick Stegemann

Freiligrathstrasse 1

D-W-4000 Düsseldorf

z. Hd. von Herrn Rechtsanwalt Moosecker

Telefax-Nr. 0049-211-49 79 103;

Hösch AG

c/o Bruckhaus Westrick Stegemann

Freiligrathstrasse 1

D-W-4000 Düsseldorf

z. Hd. von Herrn Rechtsanwalt Moosecker

Telefax-Nr. 0049-211-49 79 103.

Brüssel, den 12. November 1992

Für die Kommission

Leon BRITTAN

Vizepräsident

(1) ABl. Nr. L 395 vom 30. 12. 1989, S. 1, in der im ABl. Nr. L 257 vom 21. 9. 1990, S. 13, veröffentlichten berichtigten Fassung.

(2) ABl. Nr. C 128 vom 8. 5. 1993, S. 3.

(3) In der veröffentlichten Fassung dieser Entscheidung wurden gemäß Artikel 17 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 über die Nichtweitergabe von Geschäftsgeheimnissen einige Informationen ausgelassen. Zum besseren Verständnis des Textes werden jedoch in einer Fußnote einige allgemeine Informationen gegeben, sofern dies ohne eine Verletzung der Pflicht zur Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen möglich ist.

(4) Entscheidung der Kommission vom 15. Mai 1992 (unveröffentlicht).

(5) Zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen wird die im Originaltext angegebene Zahlenangabe in der veröffentlichten Fassung ersetzt durch: "deutlich höher als 25 %".

(6) Zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen wird die im Originaltext angegebene Zahlenangabe in der veröffentlichten Fassung ersetzt durch: "geringfügig".

(7) ABl. Nr. L 40 vom 11. 2. 1989, S. 12.

(8) ABl. Nr. L 297 vom 29. 10. 1990, S. 1.

(9) ABl. Nr. L 76 vom 23. 3. 1992, S. 14.

(10) In der veröffentlichten Fassung dieser Entscheidung wurden gemäß Artikel 17 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 über die Nichtweitergabe von Geschäftsgeheimnissen einige Informationen ausgelassen.

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