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Document 31981D0738

    81/738/EWG: Entscheidung der Kommission vom 31. Juli 1981 über eine von der niederländischen Regierung geplante Beihilfe zur Schaffung neuer Produktionskapazitäten eines Unternehmens der Petrochemie (aromatische Lösemittel) (Nur der niederländische Text ist verbindlich)

    ABl. L 262 vom 16.9.1981, p. 22–24 (DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL)

    Legal status of the document In force

    ELI: http://data.europa.eu/eli/dec/1981/738/oj

    31981D0738

    81/738/EWG: Entscheidung der Kommission vom 31. Juli 1981 über eine von der niederländischen Regierung geplante Beihilfe zur Schaffung neuer Produktionskapazitäten eines Unternehmens der Petrochemie (aromatische Lösemittel) (Nur der niederländische Text ist verbindlich)

    Amtsblatt Nr. L 262 vom 16/09/1981 S. 0022 - 0024


    ENTSCHEIDUNG DER KOMMISSION vom 31. Juli 1981 über eine von der niederländischen Regierung geplante Beihilfe zur Schaffung neuer Produktionskapazitäten eines Unternehmens der Petrochemie (aromatische Lösemittel) (Nur der niederländische Text ist verbindlich) (81/738/EWG)

    DIE KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 93 Absatz 2 erster Unterabsatz,

    nach Einholung der Äusserungen der Beteiligten gemäß dem vorgenannten Artikel und im Hinblick auf diese Äusserungen,

    in Erwägung nachstehender Gründe:

    I

    Das niederländische Gesetz vom 29. Juni 1978 (1) zur Investitionslenkung und -förderung sieht in Artikel 6 eine "Zusatzprämie für Grossprojekte" vor, die für Investitionsvorhaben von mehr als 30 Millionen hfl gewährt wird und je nach der Zahl der neugeschaffenen Arbeitsplätze bis zu 4 v.H. des Investitionswerts betragen kann.

    Bei der Prüfung des niederländischen Gesetzentwurfs im Rahmen des Verfahrens gemäß Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag hat die Kommission eingewendet, daß es sich bei der Zusatzprämie für Grossprojekte um eine allgemeine Beihilferegelung handelt, da sie keine industriellen oder regionalen Zielsetzungen beinhalte und die Gewährung von Beihilfen für Investitionen ohne Ansehung der jeweiligen Unternehmen, Gebiete oder Industriezweige betrifft. Für die Regelung als solche kam daher eine Ausnahme gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a) oder c) von der Unvereinbarkeit staatlicher Beihilfen nicht in Frage. Ohne diese industriellen oder regionalen Zielsetzungen war es der Kommission nicht möglich, die Auswirkungen der Regelung auf den innergemeinschaftlichen Handel und den Wettbewerb und damit ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt zu beurteilen.

    Üblicherweise billigt die Kommission solche allgemeinen Beihilferegelungen, wenn entweder der betreffende Mitgliedstaat der Kommission einen regionalen oder sektoralen Anwendungsplan vorlegt oder, falls dies nicht möglich ist, wichtige Einzelanwendungsfälle mitteilt.

    Dementsprechend hat die Kommission verlangt, daß ihr angesichts der Höhe der davon betroffenen Investitionen vorher alle Einzelanwendungsfälle der "Zusatzprämie für Grossprojekte" rechtzeitig gemäß Artikel 93 Absatz 3 EWG-Vertrag mitgeteilt werden.

    Bei ihren Gesprächen mit den niederländischen Behörden wies die Kommission darauf hin, daß sie jeden Einzelanwendungsfall unter Berücksichtigung seiner besonderen Gegebenheiten im Hinblick auf die in Artikel 92 ff aufgestellten oder bei der Anwendung dieser Bestimmungen entwickelten Grundsätze prüfen wird ; die niederländische Regierung kann aus der Tatsache, daß die Kommission die systematische vorherige Mitteilung gefordert hat, jedoch nicht den Schluß ziehen, daß die Kommission die Regelung über die Zusatzprämie in irgendeiner Weise befürwortet.

    Die niederländische Regierung ist der Forderung der Kommission dadurch nachgekommen, daß sie das Verfahren der vorherigen Mitteilung zum Gegenstand von Kapitel V Artikel 6 Absatz 7 und Artikel 7 Absatz 3 des Gesetzes vom 29. Juni 1978 gemacht hat. (1) Wet Investeringsrekening (WIR), Staatsblad 1978, Nr. 368.

    II

    Mit Schreiben vom 21. März 1979 hat die niederländische Regierung die Kommission gemäß diesem Verfahren von ihrer Absicht unterrichtet, einem Unternehmen der Erdölchemie die "Zusatzprämie für Grossprojekte" zu gewähren.

    Die Beihilfe soll einem Unternehmen ermöglichen, bis 1985 zur Schaffung einer zusätzlichen Kapazität von 230 000 Tonnen aromatischer Lösemittel in der Region Rotterdam/Pernis, einschließlich der Schaffung von 90 neuen Arbeitsplätzen, beizutragen und veraltete Anlagen zu ersetzen.

    Die Gesamtkosten der Investition werden auf 79 Millionen hfl veranschlagt ; für das Vorhaben soll im Rahmen der WIR-Regelung (Zusatzprämie für Grossprojekte) ein Zuschuß von 1,1 Millionen hfl gezahlt werden. Da das Vorhaben in der Pernis-Zone durchgeführt wird, ist eine Regionalbeihilfe nicht vorgesehen.

    Das Unternehmen, das bereits in Rotterdam/Pernis niedergelassen ist, bezweckt mit dieser Investition, eine rentable Aktion durchzuführen, die es ihm ermöglicht, die steigende Nachfrage nach dem fraglichen Erzeugnis zu befriedigen.

    III

    Die niederländische Regierung antwortete am 27. August 1979 auf die Aufforderung der Kommission nach Artikel 93 EWGV, wobei sie darauf hinwies, daß die WIR-Regelung automatisch angewandt würde und angesichts der Zweckmässigkeit der geplanten Investition keine Selektivität der Beihilfe ermögliche. Die geplante Investition diene in erster Linie zur Herstellung aromatischer Lösemittel, die in Zukunft an die Stelle der derzeit hergestellten Lösemittel treten sollten ; ein Teil dieser Investition sei dazu bestimmt, eine vorhandene Anlage zu ergänzen und eine andere zu ersetzen.

    Bei den Konsultationen der Beteiligten haben die Regierungen von zwei Mitgliedstaaten darauf hingewiesen, daß die Kapazitätsausweitung bei aromatischen Lösemitteln geeignet sei, den Handel in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise zu verändern.

    IV

    Die von der niederländischen Regierung vorgeschlagene Beihilfe ist geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und verfälscht den Wettbewerb oder droht ihn zu verfälschen, da sie das betreffende Unternehmen oder den Produktionszweig im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EWG-Vertrag begünstigt.

    Nach den Bestimmungen des Vertrages sind Beihilfen, die die in Artikel 92 Absatz 1 vorgesehenen Kriterien erfuellen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar. Die Ausnahmen von dieser Unvereinbarkeit müssen nach Artikel 92 Absatz 3 EWG-Vertrag Zielen dienen, die im Gemeinschaftsinteresse liegen und nicht solchen, die für das einzelne Unternehmen vorteilhaft sind. Diese Ausnahmebestimmungen sind bei der Prüfung regionaler und sektoraler sowie auch der Einzelanwendungsfälle allgemeiner Beihilfesysteme streng auszulegen. Insbesondere dürfen Ausnahmen nur dann gewährt werden, wenn die Kommission nachweisen kann, daß es ohne sie die Marktkräfte allein nicht ermöglichen würden, die begünstigten Unternehmen zu einem Verhalten zu bewegen, das zur Verwirklichung eines der in den Ausnahmebestimmungen vorgesehenen Ziele beiträgt.

    Würden die Ausnahmebestimmungen ohne eine solche Gegenleistung gewährt, so liefe das darauf hinaus, daß Beeinträchtigungen des Handels zwischen Mitgliedstaaten und Wettbewerbsverzerrungen und letztlich auch eine Anhäufung ungerechtfertigter Vorteile für bestimmte Mitgliedstaaten hingenommen würden, ohne daß dies durch einen Vorteil für das Gemeinschaftsinteresse ausgeglichen würde.

    Wenn die Kommission die obenerwähnten Grundsätze bei der Prüfung der Einzelanwendungsfälle der allgemeinen Beihilfesysteme anwendet, muß sie sich davon überzeugt haben, daß eine besondere Notwendigkeit besteht, die Beihilfe gerade diesem Begünstigten zu gewähren, weil sie dadurch zur Förderung eines der in Artikel 92 Absatz 3 EWGV genannten Ziele beiträgt. Kann dies nicht nachgewiesen werden, und würde insbesondere die Investition, für die die Beihilfe gewährt werden soll, auch ohne diese vorgenommen, so trägt sie offensichtlich nicht zur Erreichung der in den Ausnahmebestimmungen niedergelegten Ziele bei, sondern vergrössert die Finanzkraft des betreffenden Unternehmens.

    In diesem Einzelfall ist eine solche Gegenleistung seitens des die Beihilfe erhaltenden Unternehmens nicht erkennbar.

    Weder konnte die niederländische Regierung eine Begründung dafür geben, noch konnte die Kommission eine Rechtfertigung finden, daß die betreffende Beihilfe die Bedingungen zur Anwendung einer der in Artikel 92 Absatz 3 EWG-Vertrag vorgesehenen Ausnahmebestimmungen erfuellt.

    Was die in Artikel 92 Absatz 3 Buchstaben a) und c) enthaltenen Ausnahmebestimmungen für Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftsgebiete betrifft, so ist festzustellen, daß Rotterdam/Pernis kein Gebiet ist, in dem die Lebenshaltung "aussergewöhnlich niedrig" ist oder in ihm eine "erhebliche" Unterbeschäftigung herrscht im Sinne der Ausnahmebestimmungen von Buchstabe a). Was die Ausnahmebestimmung von Buchstabe c) betrifft, so hat sie die niederländische Regierung nicht zu den Gebieten gerechnet, die besondere Anstrengungen im Bereich der Regionalentwicklung verdienen. Die niederländische Regierung hat in ihren Äusserungen, die sie der Kommission übermittelt hat, selbst festgestellt, daß die "Zusatzprämie für Grossprojekte" nicht aus regionalen Gründen gewährt wird.

    Zu einer etwaigen Anwendung der Ausnahmebestimmungen von Buchstabe b) des Artikels 92 Absatz 3 ist zu sagen, daß die Investitionen im allgemeinen durch die normalen Marktkräfte veranlasst werden. Ausserdem weist die fragliche Investition keine besonderen Merkmale auf, die es ermöglichen würden, sie als ein Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Staates anzusehen, dessen Förderung eine Ausnahme nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe b) EWGV vom allgemeinen Beihilfeverbot von Artikel 92 Absatz 1 erlaubt. Bei ihrer Stellungnahme gegenüber der WIR-Regelung erinnerte die Kommission daran, daß die Niederlande zu den Zentralregionen der Gemeinschaft gerechnet werden müssen, d.h. denjenigen Gebieten, die im Gemeinschaftszusammenhang die schwersten sozialen und wirtschaftlichen Probleme nicht kennen, obwohl in diesen Gebieten die Gefahr von Beihilfeueberbietungen am grössten ist. In diesen Gebieten wäre jede Beihilfe geeignet, die Handelsbeziehungen zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Andererseits lassen die verfügbaren sozio-ökonomischen Daten nicht darauf schließen, daß eine beträchtliche Störung im Sinne des Vertrages der Wirtschaft der Niederlande vorliegt. Die "Zusatzprämie für Grossprojekte", die als solche in konkreten Fällen gewährt wird, hat nicht zum Ziel, einer solchen Lage zu begegnen. Jede andere Haltung würde bedeuten, daß die Niederlande in der gegenwärtigen, durch verringertes Wachstum und eine hohe Arbeitslosigkeit der gesamten Gemeinschaft gekennzeichnete Situation in die Lage versetzt würden, für andere sich in noch schlechterer Lage befindliche Mitgliedstaaten geplante Investitionen zu ihren Gunsten umzulenken. Die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in der letzten Zeit in der Gemeinschaft rechtfertigt die Beibehaltung des Standpunktes gegenüber der Prämie selbst sowie auch gegenüber möglichen konkreten Anwendungsfällen.

    Was schließlich die Ausnahmebestimmungen des Artikels 92 Absatz 3 Buchstabe c) für "Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige" betrifft, so zeigt die Prüfung der Entwicklung des Sektors "aromatische Lösemittel" insbesondere unter Berücksichtigung der vorgelegten Schätzungen über die Nachfrage nach dem betreffenden Erzeugnis, daß die Marktkräfte auch allein und ohne staatliche Intervention eine ausreichende Weiterentwicklung gewährleisten dürften. Ausserdem lässt sich aufgrund der Tatsache, daß die vorgesehene Mehrproduktion höchst wahrscheinlich in andere Mitgliedstaaten ausgeführt werden soll - und dies auf einem Markt mit einer lebhaften Konkurrenz -, nicht die Auffassung vertreten, daß die Handelsbedingungen durch eine solche Beihilfe nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändert würden.

    Nach alledem erfuellt das niederländische Beihilfevorhaben nicht die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme einer der Ausnahmevorschriften von Artikel 92 Absatz 3 EWG-Vertrag -

    HAT FOLGENDE ENTSCHEIDUNG ERLASSEN:

    Artikel 1

    Das Königreich der Niederlande darf sein Vorhaben, das der Kommission mit Schreiben seines Aussenministers vom 21. März 1979 mitgeteilt wurde und dem zufolge einem niederländischen Unternehmen der Petrochemie für seine in Rotterdam/Pernis getätigten Investitionen die "Zusatzprämie für Grossprojekte" gewährt werden soll, nicht durchführen.

    Artikel 2

    Das Königreich der Niederlande unterrichtet die Kommission innerhalb von zwei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung über die Maßnahmen, die es getroffen hat, um dieser Entscheidung nachzukommen.

    Artikel 3

    Diese Entscheidung ist an das Königreich der Niederlande gerichtet.

    Brüssel, den 31. Juli 1981

    Für die Kommission

    Frans ANDRIESSEN

    Mitglied der Kommission

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