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Document 52022XR4332

    Entschließung des Europäischen Ausschusses der Regionen zur Lage der Regionen und Städte in der Europäischen Union

    COR 2022/04332

    ABl. C 498 vom 30.12.2022, p. 1–5 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, GA, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    30.12.2022   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 498/1


    Entschließung des Europäischen Ausschusses der Regionen zur Lage der Regionen und Städte in der Europäischen Union

    (2022/C 498/01)

    DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN (AdR),

    UNTER BEZUGNAHME AUF

    seinen EU-Jahresbericht zur Lage der Regionen und Städte, der auf einem inklusiven, faktengestützten und wissenschaftlichen Ansatz unter Mitwirkung zahlreicher Partner und Institutionen beruht (1), in den das Barometer zur Lage der Regionen und Gemeinden mit den Standpunkten lokaler und regionaler Mandatsträger eingeflossen ist und der politischen Entscheidungsträgern auf europäischer, nationaler, regionaler und lokaler Ebene Aufschluss über die dringendsten Herausforderungen für das kommende Jahr geben und grundlegende Empfehlungen dazu unterbreiten soll;

    die Ergebnisse der Konferenz zur Zukunft Europas und die zahlreichen Vorschläge, die für lokale und regionale Gebietskörperschaften als maßgebliche Akteure bei der Bereitstellung von Lösungen für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger unmittelbar relevant sind;

    die Rede der Präsidentin der Europäischen Kommission zur Lage der Union 2022 vom 14. September 2022 und die Absichtserklärung an die Präsidentin des Europäischen Parlaments und den Präsidenten des Europäischen Rates;

    IN ERWÄGUNG FOLGENDER GRÜNDE:

    Der rechtswidrige und ungerechtfertigte Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine brachte und bringt weiterhin Tod und Zerstörung; Millionen Menschen sind gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und entweder innerhalb der Ukraine oder in die Europäische Union, insbesondere in ihre östlichen Mitgliedstaaten, umzusiedeln, wo die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die erste Anlaufstelle für Hilfe sind;

    zusätzlich zu den Auswirkungen des Klimawandels, den Folgen der COVID-19-Pandemie und den Störungen im Handel entstehen durch den Krieg in der Ukraine große Belastungen für zahlreiche Haushalte, kleine und mittlere Unternehmen sowie lokale und regionale Gebietskörperschaften überall in der EU, die durch die Energie- und Lebensmittelpreise sowie die stetig steigende Inflation weiter unter Druck geraten;

    1.

    betont, dass aus dem vom AdR erstellten EU-Jahresbericht zur Lage der Regionen und Städte hervorgeht, dass in der EU ein besorgniserregendes territoriales Gefälle besteht, das infolge der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, des Krieges in der Ukraine und des immer schneller voranschreitenden Klimawandels weiter zunimmt;

    2.

    bedauert, dass die Präsidentin der Europäischen Kommission in ihrer Rede zur Lage der Union weder die aktive und zentrale Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Bewältigung dieser Herausforderungen noch die Notwendigkeit anerkannt hat, die Multi-Level-Governance in der Politikgestaltung der EU stärker zu berücksichtigen und den Zusammenhalt zum übergeordneten Ziel der EU zu machen, wie bereits im Vertrag von Maastricht vorgesehen, mit dem das Subsidiaritätsprinzip eingeführt und auch der AdR gegründet wurde;

    3.

    gibt zu bedenken, dass sich die Inflation ungleich auf die Gebiete auswirkt und die Gefahr besteht, dass sich bereits vorhandene territoriale, soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten weiter verschärfen. Die höheren Energie- und Mobilitätskosten treffen sozial schwache Bevölkerungsgruppen deutlich härter. Die Menschen in einkommensschwächeren Regionen bekommen höhere Preise für grundlegende Güter und Waren unverhältnismäßig stark zu spüren und drohen, in die Armut abzurutschen;

    4.

    betont die Wichtigkeit der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, um die Europäische Union gesellschaftlich, wirtschaftlich und administrativ weiter zu vertiefen. Ein Drittel der EU-Bevölkerung lebt in Grenzregionen, wo größere Städte oder wirtschaftliche Zentren oft auf der anderen Seite der Grenze liegen. Dieses ungenutzte Potenzial in den Bereichen Gesundheitsversorgung, Krisenbewältigung, Energieversorgung, Mobilität, Bildung und Arbeit muss besser genutzt und gesondert gefördert werden;

    5.

    fordert die Europäische Union auf, die Städte und Regionen in der EU und in der Ukraine bei der Bewältigung der Herausforderungen zu unterstützen, die der Krieg mit sich bringt. Der Wiederaufbau der Ukraine ist für die Europäische Union eine Notwendigkeit, eine moralische Pflicht und eine Investition. Dabei muss dem Grundsatz der OECD eines besseren Wiederaufbaus („Build Back Better“) gefolgt werden. Außerdem gilt es, nachhaltige, grüne und digitale Konzepte für eine integrierte territoriale Entwicklung zum Tragen zu bringen. Sowohl der Wiederaufbau der Ukraine als auch die Bewältigung der Folgen des Krieges und der Pandemie in der EU werden eine deutliche Verlagerung der Prioritäten im Rahmen des laufenden mehrjährigen Finanzrahmens erfordern. Die Finanzlage der Gemeinden, Regionen und Mitgliedstaaten ist heute schon angespannt. Ferner muss der Wiederaufbau der Ukraine mit der Förderung der lokalen Demokratie auf der Grundlage starker Partnerschaften mit lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der Europäischen Union Hand in Hand gehen. Ein dezentralisierter Wiederaufbauprozess böte den Ukrainerinnen und Ukrainern zudem eine Perspektive für den Verbleib in ihrem Land und würde dadurch weitere Migrationsströme abschwächen; lehnt gleichzeitig Hindernisse für die Zuwanderung von Ukrainerinnen und Ukrainern ab und fordert eine möglichst baldige Überarbeitung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates (2) über vorübergehenden Schutz, um Flüchtlingen einen gesicherten Aufenthaltstitel von mehr als drei Jahren zu geben;

    6.

    ist der Auffassung, dass die Unterstützung ukrainischer Flüchtlinge den Anstoß für eine Reform des Migrations- und Asylsystems der EU geben sollte, das auf Solidarität, Anreizen für eine gerechte Lastenteilung und Achtung der Grundrechte sowie dem Schutz der Außengrenzen beruht. Dies ist umso dringlicher, als der drastische Anstieg der Lebensmittelpreise weltweit möglicherweise zu einem Zustrom von Migranten in die Städte und Regionen der EU führen wird;

    7.

    betont, dass auch die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften von den vehement steigenden Energierechnungen für öffentliche Dienstleistungen und den Auswirkungen der Inflation auf das öffentliche Beschaffungswesen und die Gehälter betroffen sind. Die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften müssen als aktive Partner bei Energiesparkampagnen, bei neuen Projekten zur Erzeugung erneuerbarer Energie und bei Notfallplänen für Unterbrechungen der Energieversorgung betrachtet werden, damit örtliche Gegebenheiten und grenzüberschreitende Lösungen berücksichtigt werden; verweist ferner auf das Potenzial der Erzeugung erneuerbarer Energien auf lokaler Ebene als Beitrag zur Diversifizierung des Energiemixes der EU und zur Verringerung unserer Abhängigkeit von Drittländern und fordert eine Anpassung der EU-Finanzierungssysteme sowie der Vergabevorschriften für öffentliche Aufträge und der Vorschriften über staatliche Beihilfen, um dafür zu sorgen, dass lokale Investitionspläne auch in Zeiten hoher Inflation durchführbar bleiben;

    8.

    fordert die Organe und Einrichtungen der EU und die Mitgliedstaaten auf, außerordentliche Maßnahmen zu ergreifen, um die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in ihren Bemühungen zur Abfederung der Auswirkungen der Energiekrise auf Haushalte, benachteiligte Gruppen und örtliche kleine und mittlere Unternehmen und zur Aufrechterhaltung öffentlicher Dienstleistungen zu unterstützen. Dies könnte u. a. dadurch bewerkstelligt werden, dass ihnen ein Teil der Steuereinnahmen aus Übergewinnen der Energiekonzerne zugewiesen wird;

    9.

    fordert die Europäische Kommission auf, umgehend eine EU-weite Preisobergrenze für alle Gasimporte in die Europäische Union vorzuschlagen und die Entkopplung zwischen Gas- und Energiepreisen zu unterstützen, was zur Abmilderung des Inflationsdrucks beitragen würde;

    10.

    fordert die Europäische Union auf, unter Achtung des Subsidiaritätsprinzips eine EU-Gesundheitspolitik zu konzipieren, die ihre Krisenvorsorge und ihre Fähigkeit zur Bewältigung von Gesundheitsgefahren stärkt und die Gemeinden und Regionen bei ihren Bemühungen um die Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung, die Prävention von Krankheiten und die Abwendung von Gesundheitsgefahren unterstützt;

    11.

    weist darauf hin, dass es den Städten und Regionen ermöglicht werden muss, NextGenerationEU bestmöglich zu nutzen und sich auf langfristige Investitionen zu konzentrieren. Dazu müssen die Vorschriften zur wirtschaftspolitischen Steuerung neu bewertet und der Zeitrahmen für die Aufbaumaßnahmen verlängert werden, bis die EU-Regionen wieder auf dem makroökonomischen Stand von vor der COVID-19-Krise sind;

    12.

    fordert die Europäische Kommission, den Rat und das Europäische Parlament vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie und der russischen Invasion in der Ukraine, die unsere Regionen und Städte an einer nachhaltigen Erholung hindern, nachdrücklich auf, die Haushaltsordnung dahingehend zu ändern, dass die Fristen für die Zertifizierung von REACT-EU-Projekten im Einklang mit dem Zeitplan der Aufbau- und Resilienzfazilität verlängert werden, um durch einen optimierten Einsatz der europäischen Finanzmittel eine nachhaltige Erholung unserer Gebiete zu gewährleisten;

    13.

    begrüßt vor diesem Hintergrund die Ankündigung der Präsidentin der Europäischen Kommission, eine Halbzeitüberprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens durchzuführen. Diese Halbzeitüberprüfung sollte dazu beitragen, die Kohäsionspolitik zu stärken — trotz ihrer derzeit geringen Umsetzungsquote und finanziellen Ausführung, was in erster Linie mit der COVID-19-Pandemie und der konkurrierenden Aufbau- und Resilienzfazilität zusammenhängt. Zudem sollte diese Halbzeitüberprüfung als Gelegenheit genutzt werden, einen neuen europäischen Fonds einzurichten, um unerwartete Krisen, angefangen beim Krieg in der Ukraine, nach dem Verfahren der geteilten Mittelverwaltung zu bewältigen. Denn die kontinuierliche Übertragung kohäsionspolitischer Mittel auf Notfallmaßnahmen schmälert die Fähigkeit der Kohäsionspolitik, ihre in den EU-Verträgen verankerte Aufgabe zu erfüllen;

    14.

    fordert, unverzüglich Überlegungen über die Zukunft der Kohäsionspolitik anzustellen und alle Interessenträger und Bürger im Rahmen eines inklusiven Ansatzes einzubeziehen. Dabei wird die Allianz für Kohäsionspolitik als gemeinsame Diskussions- und Austauschplattform fungieren und die EU-Institutionen in einen konstruktiven Dialog mit Städten und Regionen einbinden. Der AdR fordert, dass der Grundsatz „Dem Zusammenhalt nicht schaden“ in allen einschlägigen Politikbereichen der EU angewandt wird, und zwar unter anderem durch systematische territoriale Folgenabschätzungen und die Beseitigung von Entwicklungsdefiziten in Gebieten mit besonderen demografischen und geografischen Herausforderungen; er fordert die Europäische Kommission auf, diesen Grundsatz in enger Absprache mit dem AdR zu definieren;

    15.

    stimmt dem Europäischen Parlament zu, dass nach dem Vorbild des Städtepakts und des künftigen Pakts für den ländlichen Raum ein Inselpakt und eine Agenda der Europäischen Union für Inseln unter Beteiligung der wichtigsten Interessenträger, d. h. der nationalen, regionalen und lokalen Behörden, wirtschaftlicher und sozialer Akteure, der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft und nichtstaatlicher Organisationen, ausgearbeitet und umgesetzt wird; weist die Kommission erneut auf die Notwendigkeit hin, eine Studie über die unterschiedliche Situation der Inselgebiete der Europäischen Union durchzuführen;

    16.

    macht deutlich, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften nach Ansicht von 43 % der europäischen Bürgerinnen und Bürger eine zentrale Rolle im Klimaschutz spielen (dieser Anteil ist zwischen 2019 und 2021 während des COVID-19-Lockdowns und des darauffolgenden Wiederaufbaus um 10 % gestiegen) und dass 160 Städte in 21 Mitgliedstaaten im Rahmen des Konvents der Bürgermeister für Klima und Energie Anpassungsaktionspläne vorgelegt haben. Der AdR ruft andere Gemeinden und Regionen auf, diesem Beispiel zu folgen;

    17.

    ist der Auffassung, dass die Anpassung an die Klimakrise und die Reaktion darauf sowie die Erhaltung und Wiederherstellung der Umwelt Schlüsselelemente für den Aufbau widerstandsfähigerer und nachhaltigerer Gesellschaften und Volkswirtschaften sind und dass Reaktionsmaßnahmen vor Ort je nach den gebietsspezifischen Bedürfnissen und Merkmalen konzipiert werden müssen. Der AdR bekräftigt daher seine Forderung, lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, die Maßnahmen im Rahmen des Grünen Deals umsetzen, den Zugang zu EU-Mitteln zu erleichtern;

    18.

    plädiert für eine Verstärkung der gemeinsamen Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels auf Ebene der Europäischen Union und der Mitgliedstaaten, zumal Naturkatastrophen fast 50 Millionen Menschen in der EU betreffen und in den vergangenen 40 Jahren zu wirtschaftlichen Verlusten in Höhe von durchschnittlich 12 Milliarden Euro pro Jahr geführt haben. Gleichzeitig wird es immer wichtiger, Klima-, Umwelt- und Sozialpolitik miteinander zu verknüpfen, um sicherzustellen, dass kein Mensch und kein Gebiet zurückbleibt, wenn der notwendige grüne Wandel schneller vorangetrieben wird; hebt in dieser Hinsicht die Notwendigkeit hervor, regionale und lokale Infrastrukturen zu schützen, zu überprüfen und anzupassen, damit sie intensiveren Klimaphänomenen, die Bürger, regionale Wirtschaften, zentrale Infrastrukturen und Lieferketten beeinträchtigen, besser standhalten;

    19.

    begrüßt die Ankündigung der Präsidentin der Europäischen Kommission in ihrer Rede zur Lage der Union, die Brandbekämpfungskapazitäten der EU zu verdoppeln;

    20.

    weist darauf hin, dass es für Städte von großem Interesse ist, sich an der EU-Mission „Klimaneutrale und intelligente Städte“ zu beteiligen, und fordert einen inklusiveren Ansatz für den digitalen Wandel und die Mobilitätswende, u. a. durch verstärkte Maßnahmen zur Förderung der Dekarbonisierung und der Verlagerung auf alternative Verkehrsträger in städtischen Gebieten sowie der Anbindung zwischen Stadt und Land, damit sich bestehende regionale Ungleichheiten nicht weiter verschärfen;

    21.

    dringt darauf, dass die subnationalen Gebietskörperschaften über die Mitglieder des AdR vollständig in die EU-Delegation für die 27. Vertragsstaatenkonferenz (COP 27) der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) und für die 15. Vertragsstaatenkonferenz (COP 15) der UN-Biodiversitätskonvention (CBD) einbezogen werden. Die COP 27 wird Gelegenheit bieten, die Bedeutung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften für die Erreichung ehrgeizigerer Ziele und ein rascheres Handeln für den Klimaschutz, die Anpassung an den Klimawandel und die Klimaschutzfinanzierung offiziell anzuerkennen, und bekräftigt seine Forderung, lokale und regionale Beiträge als Ergänzung zu den national festgelegten Beiträgen zu berücksichtigen;

    22.

    spricht sich für eine gründliche Überarbeitung der Verordnung über das Governance-System der Energieunion aus, um die Grundlage für eine systematische Einbeziehung der Städte und Regionen in die Planung und Umsetzung der nationalen Energie- und Klimapläne zu legen. Eine solche Überarbeitung sollte auch dazu genutzt werden, einen umfassenden EU-Rahmen zur Bekämpfung von Energie- und Mobilitätsarmut zu schaffen;

    23.

    unterstreicht die Bedeutung der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität für die Unterstützung des grünen und des digitalen Wandels und für die Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele. Da fast 75 % des Energieverbrauchs und 70 % der CO2-Emissionen weltweit, 70 % der Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels und 90 % der Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel auf Städte zurückgehen und sich immer mehr lokale und regionale Gebietskörperschaften engagieren wollen, müssen sie vollwertige Partner bei der Entwicklung und Umsetzung von Initiativen im Rahmen des Grünen Deals werden, insbesondere in Politikbereichen wie Wohnungsbau, Gebäuderenovierung, erneuerbare Energien, nachhaltige Mobilität oder Begrünung von Städten und bei Initiativen wie dem Neuen Europäischen Bauhaus;

    24.

    bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Forderung nach einer europäischen Wohnraumstrategie, die darauf abzielt, mehr erschwinglichen, nachhaltigen, sozialen Wohnraum und Notunterkünfte zu schaffen. Im Rahmen dieser Strategie, die mit dem Subsidiaritätsprinzip im Einklang stehen muss, sollte insbesondere in das Europäische Semester und die nationalen Reformprogramme ein quantitatives nationales Ziel für öffentliche Investitionen in erschwinglichen, nachhaltigen, sozialen Wohnraum und Notunterkünfte in allen EU-Mitgliedstaaten aufgenommen werden, außerdem soll sie den Zugang zu privaten Investitionen erleichtern, indem erschwinglicher, sozialer Wohnraum und Notunterkünfte in die künftige soziale Taxonomie der EU aufgenommen werden;

    25.

    bekräftigt, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften auch deshalb in die Bewertung und Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität und der nationalen Aufbau- und Resilienzpläne einbezogen werden müssen, damit sichergestellt ist, dass die Aufbaumittel im Einklang mit den europäischen Struktur- und Investitionsfonds eingesetzt werden. Auch wenn die Rechtsgrundlage des Instruments in der Kohäsionspolitik liegt, hat sich diese Einbeziehung in zahlreichen Mitgliedstaaten als viel zu begrenzt erwiesen, was einer wirksamen Umsetzung im Weg steht und die Gefahr birgt, dass Synergien zwischen den auf nationaler Ebene festgelegten Plänen und regionalen bzw. lokalen Prioritäten und Entwicklungsstrategien ausbleiben;

    26.

    verweist auf das anhaltende und erhebliche Innovationsgefälle. Von den 20 Regionen mit den höchsten Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) sind 19 stärker entwickelt, während zwei Drittel der 50 Regionen mit den niedrigsten Ausgaben weniger entwickelt sind. Der AdR unterstreicht das große Potenzial der Pilotaktion „Partnerschaften für regionale Innovation“, um die Entwicklung ortsbezogener Lösungen und die Schaffung basisgestützter „territorialer Missionen“ im Rahmen der neuen Innovationsagenda der EU zu unterstützen, und bekräftigt die Bedeutung der Hubs des Europäischen Forschungsraums (EFR);

    27.

    betont die Rolle des digitalen Wandels als übergreifender Aspekt bei der Überwindung der Kluft in Europa sowie die Notwendigkeit des digitalen Zusammenhalts. Im Rahmen des neuen missionsgeleiteten Konzepts der Politikgestaltung muss die Kohäsionspolitik auch künftig langfristige Ziele (EU-Ziele) unterstützen. Die Überwindung der digitalen Kluft durch umfassende und inklusive Strategien, an denen alle Regierungs- und Verwaltungsebenen beteiligt sind, ist die notwendige Voraussetzung für einen nachhaltigen Wiederaufbau und widerstandsfähige Gesellschaften;

    28.

    hebt hervor, dass die durchschnittliche Arbeitslosenquote unter jungen Menschen in der EU im Alter von 15 bis 29 Jahren 2021 bei 13 % lag und somit im Vergleich zu 2020 um 0,9 Prozentpunkte zurückgegangen ist, wobei erhebliche regionale Unterschieden bestehen und die Jugendarbeitslosigkeit in Spanien, Griechenland und Italien höher ist. Angesichts dessen fordert der AdR die Europäische Kommission auf, Vorschläge zur Bekämpfung der Langzeit- und Jugendarbeitslosigkeit vorzulegen, die beide durch die Krise verschärft wurden. Ebenso betont er, dass das geschlechtsspezifische Beschäftigungsgefälle dringend angegangen werden muss, und warnt vor dem zunehmenden Armutsrisiko, auch bei Kindern;

    29.

    begrüßt die Forderung der Präsidentin der Europäischen Kommission nach mehr Solidarität zwischen den Generationen und betont die führende Rolle des AdR bei der Zusammenarbeit mit jungen Menschen und Jugendorganisationen, um die Zukunft Europas zu gestalten, insbesondere durch die Entwicklung einer EU-Charta für Jugend und Demokratie;

    30.

    nimmt zur Kenntnis, dass der Anteil von Frauen unter den gewählten Mandatsträgern auf allen politischen Ebenen von der lokalen bis zur nationalen im Zeitraum 2011-2020 zugenommen hat, bedauert jedoch, dass sie nach wie vor insgesamt nur ein Drittel der politischen Funktionen auf allen Ebenen innehaben. Im Jahr 2021 war das Geschlechterverhältnis unter den gewählten Vertretern in nur 16 von 285 Regionalparlamenten in der EU ausgewogen. Der AdR räumt ein, dass auch seine Zusammensetzung bei Weitem kein ausgewogenes Verhältnis zwischen Frauen und Männern widerspiegelt, und erwartet von den Mitgliedstaaten, sich dieses Problems anzunehmen; der AdR wird daher Überlegungen darüber anstellen, wie die Beteiligung von Frauen an seiner Arbeit und ihr Anteil an seinen Führungspositionen und seiner Zusammensetzung erhöht werden kann, und fordert die Mitgliedstaaten auf, Initiativen zur Stärkung von Frauen in der Kommunal- und Regionalpolitik auf den Weg zu bringen, um die Diskriminierung in der Politik zu überwinden und Hindernisse, mit denen Frauen auf ihrem Lebensweg konfrontiert sind (u. a. klischeehafte Vorstellungen), zu bekämpfen;

    31.

    fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, unter umfassender Einbeziehung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um das in der EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt festgelegte Ziel rasch zu erreichen; betont ebenso, wie wichtig es ist, dass alle EU-Mitgliedstaaten das Übereinkommen von Istanbul ratifizieren, d. h. das Übereinkommen des Europarats, mit dem ein umfassender Rahmen auf gesamteuropäischer Ebene geschaffen werden soll, um Frauen vor allen Formen von Gewalt zu schützen und Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu verhindern, strafrechtlich zu verfolgen und zu beseitigen;

    32.

    verweist auf den entscheidenden Beitrag, den die Gemeinden und Regionen in ihrer Rolle sowohl als Arbeitgeber als auch als Erbringer und Auftraggeber von Leistungen der Sozialfürsorge zum sozialen Zusammenhalt, zur Gleichstellung der Geschlechter und zur Beschäftigung in Europa leisten. Bei der Umsetzung des Aktionsplans zur europäischen Säule sozialer Rechte kommt es darauf an, die Sozialpartner und die Gemeinden und Regionen sowohl in die Gestaltung als auch in die Durchführung von EU-Initiativen im Sozialbereich umfassend einzubeziehen, damit die Maßnahmen zweckgerecht und wirkungsvoll sind. Das Europäische Semester spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Die lokale und regionale Ebene muss Beschlüsse mittragen und Verantwortung dafür haben, wie die gemeinsamen Ziele erreicht werden sollen. Bei einer Reform des Europäischen Semesters müssen eine territoriale Dimension und auch die Nachhaltigkeitsziele in das Europäische Semester aufgenommen werden;

    33.

    befürwortet die von der Präsidentin der Europäischen Kommission in ihrer Rede zur Lage der Union unterstützte Forderung des Europäischen Parlaments nach einem Konvent zur Überarbeitung der Verträge. Der AdR sollte umfassend in den Konvent eingebunden werden, um gewählte Mandatsträger der lokalen und regionalen Ebene in Europa zu vertreten, und tritt dafür ein, das Konzept der aktiven Subsidiarität zu fördern und stärker mit regionalen Parlamenten und Verbänden lokaler und regionaler Gebietskörperschaften zusammenzuarbeiten. Die Multi-Level-Governance ist eine unabdingbare Voraussetzung für eine inklusive und wirksame EU-Beschlussfassung unter besonderer Berücksichtigung der Regionen mit Gesetzgebungsbefugnissen und ihrer gesetzlichen Zuständigkeiten. Der AdR begrüßt in diesem Zusammenhang die Ankündigung der Europäischen Kommission, Bürgerversammlungen und andere Verfahren der partizipativen Demokratie durchgängig in die Politikgestaltung der EU einzubeziehen, verweist jedoch auf die Rolle demokratisch gewählter Vertreter, die ihren Wählern gegenüber rechenschaftspflichtig sind, und sagt seine aktive Mitwirkung an diesen Prozessen zu;

    34.

    beabsichtigt, konkrete Maßnahmen vorzuschlagen, um der territorialen Dimension der europäischen Politik bei der Verwirklichung des Zusammenhalts als einem übergeordneten Ziel der EU Rechnung zu tragen, auch unter Berücksichtigung der Vorschläge der Konferenz zur Zukunft Europas sowie der besonderen Bedürfnisse von Grenzregionen und Randgebieten;

    35.

    beauftragt seinen Präsidenten, den EU-Jahresbericht zur Lage der Regionen und Städte sowie diese Entschließung der Präsidentin des Europäischen Parlaments, der Präsidentin der Europäischen Kommission und dem Präsidenten des Europäischen Rates sowie den Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedstaaten zu übermitteln, und ruft die regionalen und lokalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger in Europa auf, den Bericht bei den Bürgerinnen und Bürgern und den örtlichen Medien bekannt zu machen.

    Brüssel, den 12. Oktober 2022

    Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

    Vasco ALVES CORDEIRO


    (1)  https://cor.europa.eu/de/our-work/Pages/State-of-Regions-and-Cities-2022.aspx?origin=spotlight.

    (2)  Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. L 212 vom 7.8.2001, S. 12).


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