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Document 52021AE3401
Opinion of the European Economic and Social Committee on the proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council on foreign subsidies distorting the internal market (COM(2021) 223 final – 2021/0114 (COD))
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen (COM(2021) 223 final — 2021/0114 (COD))
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen (COM(2021) 223 final — 2021/0114 (COD))
EESC 2021/03401
ABl. C 105 vom 4.3.2022, p. 87–91
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
4.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 105/87 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Binnenmarkt verzerrende drittstaatliche Subventionen
(COM(2021) 223 final — 2021/0114 (COD))
(2022/C 105/13)
Berichterstatter:
Maurizio MENSI
Befassung |
Europäisches Parlament, 7.6.2021 Rat, 3.6.2021 |
Rechtsgrundlage |
Artikel 114 und Artikel 207 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union |
Zuständige Fachgruppe |
Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion, Verbrauch |
Annahme in der Fachgruppe |
30.9.2021 |
Verabschiedung im Plenum |
20.10.2021 |
Plenartagung Nr. |
564 |
Ergebnis der Abstimmung (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen) |
220/3/9 |
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1. |
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt die Bemühungen der Kommission und teilt die Auffassung, dass die politischen Instrumente zum Schutz des EU-Markts und seiner Unternehmen gestärkt werden müssen, indem eine Lücke im Rechtsrahmen für Wettbewerb, Handel und öffentliche Auftragsvergabe geschlossen wird. Es gilt, einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten, der nicht durch ausländische Subventionen verzerrt wird. |
1.2. |
Der EWSA hält den Vorschlag der Kommission, der die staatliche Finanzierung von auf dem EU-Markt tätigen Unternehmen aus ausländischen Quellen betrifft und den Markt verzerren könnte, für ein nützliches und wichtiges Werkzeug. Vor diesem Hintergrund wird davon ausgegangen, dass einige Aspekte der ordnungspolitischen Maßnahmen, die bereits komplex und vielschichtig sind, einer weiteren Feinabstimmung bedürfen. |
1.3. |
Die im Vorschlag weit gefasste Definition des Begriffs „drittstaatliche Subvention“ kann zahlreiche Formen von Subventionen eines ausländischen Staates einschließen, auch solche steuerlicher Art. Deshalb sollte die Kommission im Interesse der Transparenz und der Vereinfachung angeben, welchen Untersuchungen sie Vorrang zu geben gedenkt und ggf. Kriterien für das Vorgehen in den verschiedenen Bereichen festlegen. |
1.4. |
Mit dem Vorschlag wird die Kommission mit der Überprüfung der Investitionen in der EU betraut, die von aus dem Ausland subventionierten Rechtsträgern stammen. In diesem Zusammenhang sollte die Kommission nach Ansicht des EWSA den Anwendungsbereich der Verordnung — gegebenenfalls durch Leitlinien — eindeutig klären, um die einheitliche Anwendung auf EU-Ebene zu gewährleisten und das Risiko unterschiedlicher Auslegungen in den Mitgliedstaaten, die für die Überprüfung ausländischer Investitionen zuständig sind, zu minimieren. Zu diesem Zweck schlägt der EWSA auch vor, eine Stelle einzurichten, die Unternehmen über die Vorschriften über drittstaatliche Subventionen, Anforderungen und einschlägige Meldepflichten unterrichtet. |
1.5. |
Vor der Einleitung eines Verfahrens bewertet die Kommission die negativen und positiven Auswirkungen der drittstaatlichen Subvention auf die Entwicklung der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit. Der EWSA hält es für wichtig, dass die Kommission weitere Angaben dazu macht, wie eine solche Bewertung in der Praxis durchgeführt wird, was die positiven Auswirkungen sein können oder wann eine Abwägung gerechtfertigt ist. |
1.6. |
Nach Auffassung des EWSA sollte die Kommission das Verhältnis zwischen den derzeitigen Fusionskontrollvorschriften und der vorgeschlagenen neuen Regelung klären, um Zeitverluste und Diskrepanzen zu vermeiden, die zu erheblichen Belastungen für die Unternehmen führen. |
1.7. |
Damit die Kommission das Verfahren einleiten kann, muss der Gesamtbetrag einer drittstaatlichen Subvention den Schwellenwert von 5 Mio. EUR in drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren übersteigen. Der EWSA hält diesen Schwellenwert in absoluten Zahlen für ziemlich niedrig. Er schlägt der Kommission vor, diesen zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) anzuheben, um kleinere und unbedeutendere Fälle zu vermeiden. |
1.8. |
Im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe sind Untersuchungen von Amts wegen und eine umfassende Überprüfung öffentlicher Ausschreibungen eine Quelle potenzieller Risiken und Belastungen für Unternehmen, die in der EU tätig sind und hier investieren. Daher muss die Kommission die geltenden Bestimmungen so weit wie möglich vereinheitlichen und klären, um die Anwendung der neuen Vorschriften zu erleichtern, insbesondere dann, wenn sie mit den bestehenden Vorschriften konkurrieren. Dadurch wird der Verwaltungsaufwand für die EU-Unternehmen verringert. |
2. Allgemeine Bemerkungen
2.1. |
Der EWSA hält es für wesentlich, dass die EU und ihre Märkte offen und wettbewerbsfähig bleiben. Er ist der Ansicht, dass dieser Aspekt für das ordnungsgemäße und ausgewogene Funktionieren ihres sozioökonomischen Systems, die Solidität der Unternehmen und das Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger als Grundlage ihres Modells der strategischen Autonomie von entscheidender Bedeutung ist (1). Vor diesem Hintergrund ist er der Auffassung, dass das Ziel, den Binnenmarkt vor Subventionen zu schützen, die zu unlauterem Wettbewerb führen, mit einem wirksamen Instrument einhergehen muss. Dieses sollte unionsweit einheitlich angewendet werden und die Unternehmen möglichst wenig belasten. |
2.2. |
Am 17. Juni 2020 verabschiedete die Kommission ein Weißbuch über die Gewährleistung fairer Wettbewerbsbedingungen bei Subventionen aus Drittstaaten, um die Frage anzugehen, eine öffentliche Debatte anzustoßen und mögliche Lösungen vorzuschlagen. In diesem Weißbuch wird eine Rechtslücke in den Beihilfevorschriften der EU für Wettbewerb, Handel und öffentliche Auftragsvergabe beschrieben. Diese hindert de facto die EU daran, einzugreifen, wenn drittstaatliche Subventionen Verzerrungen im Binnenmarkt verursachen, darunter durch die Finanzierung von Zusammenschlüssen oder Angeboten in Vergabeverfahren. Darüber hinaus wurden im Weißbuch verschiedene Probleme im Zusammenhang mit dem Zugang zu EU-Finanzierungen seitens Empfängern drittstaatlicher Subventionen festgestellt, was den Wettbewerb um EU-Finanzierungen verzerren könnte. Bislang verfügt kein Mitgliedstaat über nationale Rechtsvorschriften in Bezug auf mögliche verzerrende Auswirkungen drittstaatlicher Subventionen. |
2.3. |
Die Frage der drittstaatlichen Subventionen ist nicht neu und wurde wiederholt auf EU-Ebene hervorgehoben. Der Rat bezog sich in seinen Schlussfolgerungen vom 11. September 2020 auf das Weißbuch der Kommission, und der Europäische Rat verlangte in seinen Schlussfolgerungen vom 1./2. Oktober 2020„weitere Instrumente […], mit denen die wettbewerbsverzerrenden Auswirkungen ausländischer Subventionen im Binnenmarkt angegangen werden können“. In seinem Bericht über die Wettbewerbspolitik vom Februar 2020 forderte das Europäische Parlament die Kommission auf, geeignete Prüfinstrumente zu sondieren, „wenn der Verdacht besteht, dass ein Unternehmen aufgrund staatlicher Subventionen wettbewerbsverzerrendes Verhalten an den Tag legt oder aufgrund einer marktbeherrschenden Stellung in seinem Heimatland übermäßige Gewinne erzielt“. In einem gemeinsamen Brief an die Exekutiv-Vizepräsidenten der Kommission Vestager und Dombrovskis sowie an das Kommissionsmitglied Breton erklärten 41 Mitglieder des Europäischen Parlaments ihre entschlossene Unterstützung für ein Instrument, um „Firmen aus Drittstaaten, die substantielle staatliche Unterstützung erhalten haben“ entgegenzutreten. |
2.4. |
Wie im Arbeitsprogramm der Kommission für 2020/2021 angekündigt, enthält der vorliegende Verordnungsentwurf detaillierte Bestimmungen für ein neues Instrument (ein System von Ex-ante-Meldungen bzw. Meldungen der umfangreichsten und potenziell am stärksten verzerrenden Fälle, in Verbindung mit einem von Amts wegen einzuleitenden Verfahren) zur Behebung der Regelungslücke im EU-Recht, zur Sicherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen. Der Verordnungsvorschlag wird auch in Ziffer 3.2.6 der Mitteilung über die Überprüfung der Handelspolitik bezüglich der Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen erwähnt. |
2.5. |
Kurzum: Der vorgeschlagene Rechtsakt verfolgt das Ziel, Fusionen, öffentliche Aufträge und Marktverhalten ausländischer subventionierter Unternehmen, die den EU-Binnenmarkt verzerren könnten, zu untersuchen und sie gegebenenfalls mit negativen Anreizen zu belegen oder zu unterbinden. Zusammenschlüsse müssen angemeldet werden, wenn der Umsatz des betreffenden Unternehmens 500 Mio. EUR übersteigt und die beteiligten Unternehmen in den letzten drei Jahren mehr als 50 Mio. EUR ausländische finanzielle Zuwendungen erhalten haben, wenn der Auftragswert 250 Mio. EUR übersteigt und wenn ausländische subventionierte Unternehmen beteiligt sind. Ferner ist vorgesehen, dass die Kommission das Marktverhalten einschließlich Fusionen und Übernahmen eines jeden Unternehmens untersuchen kann, das in drei aufeinanderfolgenden Jahren ausländische finanzielle Zuschüsse von über 5 Mio. EUR erhalten hat. |
2.6. |
Aus dem Vorschlag geht hervor, dass das Problem nicht ausländische Investitionen, sondern diejenigen Subventionen sind, die den Erwerb von EU-Unternehmen erleichtern, Investitionsentscheidungen beeinflussen, den Handel mit Waren und Dienstleistungen verzerren, das Verhalten der Begünstigten beeinflussen und den Wettbewerb beeinträchtigen. Im Unterschied zu den Subventionen, für die sich die Kommission die ausschließliche Handlungskompetenz vorbehält, unterliegen ausländische Investitionen der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Diese haben jedoch immer die Möglichkeit, ausländische Investitionen aus Gründen der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung zu kontrollieren. |
2.7. |
Letztgenanntes wird durch die Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) geregelt, die seit dem 11. Oktober 2020 in Kraft ist. Damit wurde ein System für den Informationsaustausch zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten eingeführt und die Kontrollverfahren, sofern bereits vorgesehen, verbessert. Die Kommission kann zu den von den Mitgliedstaaten genehmigten Transaktionen Kommentare oder Stellungnahmen abgeben. Besagte Verordnung betrifft in erster Linie Investitionen in kritische Infrastrukturen und Technologien, sensible Daten und Medien. Es wurden jedoch keine Mindestschwellenwerte festgelegt, weshalb die Mitgliedstaaten fast alle Investitionen aus Drittstaaten untersuchen können. |
3. Besondere Bemerkungen
3.1. |
Der Begriff der „drittstaatlichen Subventionen“ wird im Verordnungsvorschlag sehr weit gefasst (Artikel 2): er umfasst jedwede Aktivität, mit der ein Drittstaat eine finanzielle Zuwendung gewährt, die einem Unternehmen, das eine wirtschaftliche Aktivität im Binnenmarkt ausübt, einen Vorteil verschafft. Diese Zuwendung kann ein einzelnes Unternehmen, mehrere Unternehmen oder Verbände von Unternehmen betreffen. Die finanziellen Zuwendungen können unterschiedlichster Natur sein und umfassen u. a. den Transfer von Geldern oder Verbindlichkeiten, Kapitalzuführungen, Zuschüsse, Kredite, Kreditgarantien, Steueranreize, Ausgleich von Betriebsverlusten, Ausgleich für von öffentlichen Stellen auferlegte finanzielle Belastungen, Schuldenerlass, Schuldenswaps oder Umschuldung, den Verzicht auf ansonsten fällige Einnahmen oder die Bereitstellung oder den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen. |
3.2. |
Die weit gefasste Definition für drittstaatliche Subventionen im Vorschlag entspricht zwar im Wesentlichen der EU-Definition für staatliche Beihilfen. Sie könnte sich jedoch auf viele unterschiedliche Formen von Subventionen und Anreizen eines Drittstaates beziehen. Dies wirft die Frage auf, ob die Kommission tatsächlich den enormen Arbeitsaufwand bewältigen kann, der in Wirklichkeit mit allen Arten von Subventionen in allen Staaten der Welt verbunden ist. Dies könnte zu Rechtsunsicherheit führen und birgt das Risiko von Rechtsstreitigkeiten, die von Wettbewerbern bei strittigen Fusionen und Unternehmenskäufen angestrengt werden könnten. Es sollte klargestellt werden, welchen Untersuchungen die Kommission Vorrang einzuräumen gedenkt und ob sie die Festlegung diesbezüglicher Kriterien in Betracht zieht, die vorab mitzuteilen sind. |
3.3. |
Mit dem Vorschlag wird die Kommission im Grunde mit der Überprüfung der Investitionen in der EU betraut, die von aus dem Ausland subventionierten Rechtsträgern stammen. Einige Staaten können jedoch der Auffassung sein, dass solche Entscheidungen in ihre Zuständigkeit fallen, da sie Teil der nationalen Überprüfungssysteme für ausländische Investitionen der Mitgliedstaaten sind. In diesem Zusammenhang hält es der EWSA für angebracht, dass die Kommission den Anwendungsbereich der Verordnung — gegebenenfalls durch Leitlinien — eindeutig klärt. Es gilt, ihre einheitliche Anwendung auf EU-Ebene zu gewährleisten und das Risiko unterschiedlicher Auslegungen in den Mitgliedstaaten zu minimieren. Zu diesem Zweck schlägt der EWSA auch vor, eine Stelle einzurichten, die Unternehmen über die Vorschriften über drittstaatliche Subventionen, Anforderungen und einschlägige Meldepflichten unterrichtet. |
3.4. |
Der Verordnungsvorschlag führt daher zu einem neuen System der Ex-ante-Kontrolle (für große Zusammenschlüsse und öffentliche Vergabeverfahren) und gleichzeitig der Ex-post-Kontrolle, das über das derzeit für Zusammenschlüsse in der EU vorgesehene System hinausgeht, wobei es zwar daran ausgerichtet ist, aber sich auch davon unterscheidet (Kapitel 3). Auch hier umfassen die anmeldepflichtigen Zusammenschlüsse Fusionen, Übernahmen und Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen, wenngleich sich die finanziellen Schwellenwerte von denen der Fusionskontrollverordnung unterscheiden. |
3.5. |
Die Kommission prüft, ob eine „Verzerrung des Binnenmarkts“ vorliegt (Artikel 5). Diese Prüfung beschränkt sich auf das Umfeld des betreffenden Zusammenschlusses, auch wenn dabei nicht von der Kommission verlangt wird, einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Vorgang und der Verzerrung des Binnenmarkts herzustellen. Eine Verzerrung auf dem Binnenmarkt liegt laut Vorschlag dann vor, wenn eine drittstaatliche Subvention geeignet ist, die Wettbewerbsposition des betreffenden Unternehmens im Binnenmarkt zu verbessern, und folglich der Wettbewerb im Binnenmarkt tatsächlich oder potenziell beeinträchtigt wird. |
3.6. |
Im Verordnungsvorschlag wird der Kommission daher breiter Ermessensspielraum eingeräumt. Als potenziell relevante Indikatoren gelten: die Höhe und die Art der Subvention, die Situation des Unternehmens und der betreffenden Märkte, der Umfang der Wirtschaftstätigkeit des Unternehmens auf dem Binnenmarkt und der Zweck, die mit ihr verbundenen Voraussetzungen und die Verwendung im Binnenmarkt der drittstaatlichen Subvention. |
3.7. |
Diesbezüglich wäre die Kommission befugt, die negativen Auswirkungen einer drittstaatlichen Subvention in Form der Verzerrung des Binnenmarkts gegen ihre positiven Auswirkungen „auf die Entwicklung der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeiten“ abzuwägen (Artikel 5). Überwiegen die positiven Auswirkungen, werden keine Maßnahmen ergriffen. In diesem Fall sollte die Kommission klarstellen, wie sie diese Bewertung in der Praxis durchführt und vor allem was die positiven Auswirkungen sein können oder wann eine Abwägung gerechtfertigt ist. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Kommission umfassende und detaillierte Leitlinien zu EU-internen Subventionen ausgearbeitet hat, die mit dem Binnenmarkt vereinbar sind. |
3.8. |
Wenn die Kommission zur Auffassung gelangt, dass eine drittstaatliche Subvention den Binnenmarkt verzerrt, kann sie Maßnahmen zur Wiedergutmachung des entstandenen Schadens auferlegen (Artikel 6). Die Unternehmen können auch Verpflichtungsangebote machen, um die angeblichen Verzerrungen zu beseitigen, und die Kommission kann diese Verpflichtungen für bindend erklären. Die Verpflichtungen oder Abhilfemaßnahmen können Folgendes umfassen: Bereitstellung des Zugangs zu einer Infrastruktur zu fairen und diskriminierungsfreien Bedingungen; Lizenzvergabe für Vermögenswerte, die mithilfe drittstaatlicher Subventionen erworben oder entwickelt wurden; Verringerung der Kapazitäten oder der Marktpräsenz; Verzicht auf bestimmte Investitionen; Veröffentlichung der Ergebnisse von Forschung und Entwicklung; Veräußerung bestimmter Vermögenswerte; verzinste Rückzahlung der drittstaatlichen Subvention oder die Auflösung des Zusammenschlusses. |
3.9. |
Diesbezüglich sollte das Verhältnis zwischen der vorgesehenen neuen Regelung und dem derzeitigen EU-Fusionskontrollsystem verdeutlicht werden. Wenngleich die Anmeldeschwellen und die inhaltliche Prüfung unterschiedlich sind, könnten viele Transaktionen bei der Kommission parallel nach beiden Regelungen angemeldet werden. Dies birgt die Gefahr unterschiedlicher Fristen und Ergebnisse und könnte die Unternehmen erheblich belasten. |
3.10. |
Der Verordnungsvorschlag sieht eine gesonderte Meldepflicht für öffentliche EU-Vergabeverfahren vor, deren Wert 250 Mio. EUR übersteigt (Kapitel 4). Die Unternehmen, die an einem solchen Vergabeverfahren teilnehmen, melden dem Auftraggeber alle drittstaatlichen finanziellen Zuwendungen, die sie in den drei Jahren vor dieser Meldung erhalten haben, oder sie bestätigen in einer Erklärung, dass sie in diesem Zeitraum keine drittstaatlichen finanziellen Zuwendungen erhalten haben (Artikel 28). |
3.11. |
Die Auftraggeber sind gehalten, diese Meldung unverzüglich an die Kommission weiterzuleiten. Diese führt innerhalb einer Frist von 60 Tagen eine Vorprüfung und innerhalb weiterer 140 Tage eine eingehende Prüfung durch. Diese Frist kann unter besonderen Umständen verlängert werden. Das öffentliche Vergabeverfahren wird durch die Meldungen nicht ausgesetzt, aber der Auftraggeber kann das Verfahren nicht abschließen und den Auftrag nicht an ein Unternehmen vergeben, das von der Kommission geprüft wird. Kommen Unternehmen der Meldung nicht nach, kann die Kommission Geldbußen von maximal 10 % des Gesamtumsatzes dieser Unternehmen verhängen. Dies ist ein ziemlich schwerfälliges Verfahren, das den Abschluss komplexer Vorgänge wie z. B. die Auftragsvergabe — die bei der Umsetzung der Pläne NextGenerationEU für die Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung ist — verlangsamen könnte. |
3.12. |
Dank der vorgeschlagenen Verordnung kann die Kommission von sich aus tätig werden, um mögliche Verzerrungen des EU-Binnenmarkts durch eine drittstaatliche Subvention zu untersuchen (Kapitel 2). Die einzige Voraussetzung für die Einleitung eines Verfahrens durch die Kommission besteht darin, dass der Gesamtbetrag einer drittstaatlichen Subvention den Schwellenwert von 5 Mio. EUR in drei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren übersteigt. Dieser Schwellenwert ist in absoluten Zahlen ziemlich niedrig. Deshalb schlägt der EWSA der Kommission eine Erhöhung vor, um KMU zu schonen und kleinere und unbedeutendere Fälle zu vermeiden. Darüber hinaus ist die Kommission befugt, ausländische Finanzbeiträge bis zu 10 Jahre vor Beginn ihrer Untersuchung zu prüfen. Dabei besteht die Möglichkeit, drittstaatliche Subventionen zu prüfen, die in den 10 Jahren vor Inkrafttreten der neuen Verordnung gewährt wurden, sofern die wettbewerbsverzerrenden Auswirkungen nach dem Inkrafttreten der Verordnung eintreten. |
3.13. |
Der Verordnungsvorschlag wird insofern maßgebliche wirtschaftliche Folgen haben, als er potenziell sämtliche Unternehmen betrifft, die Unterstützung aus Drittländern erhalten und in der EU wirtschaftlich tätig sind (dies gilt insbesondere für Fusionen und Übernahmen oder Ausschreibungen für öffentliche Aufträge oberhalb der festgelegten Schwellenwerte), wobei er sich insbesondere positiv auf alle Unternehmen auswirken wird, die keine drittstaatlichen Subventionen erhalten. |
3.14. |
In der Praxis kann die Kommission dank dem Vorschlag von Nicht-EU-Staaten getätigte Subventionen einer Kontrolle unterziehen. Diese ist vergleichbar mit der nach den EU-Beihilfevorschriften zulässigen Kontrolle. Dies birgt die Gefahr, dass ein bereits umfassender Rechtsrahmen weiter verkompliziert wird und die EU-Unternehmen erheblich belastet werden. Beispielsweise könnte ein und dieselbe Transaktion künftig drei unterschiedlichen Verfahren mit jeweils eigenen Verfahrensregeln und Fristen unterliegen: der Fusionskontrolle, der Überprüfung ausländischer Investitionen und der Überprüfung drittstaatlicher Subventionen im Rahmen des Vorschlags. |
3.15. |
Im Bereich Fusionen und Übernahmen würde die Überprüfung drittstaatlicher Subventionen den obligatorischen Anmeldungen zur Fusionskontrolle (auf Ebene der EU oder der Mitgliedstaaten) und den nationalen Anmeldungen ausländischer Investitionen hinzugefügt. Dabei besteht die Gefahr rechtlicher Anfechtungen durch die beteiligten Unternehmen. |
3.16. |
Im Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe sind Untersuchungen von Amts wegen und eine umfassende Überprüfung öffentlicher Ausschreibungen eine Quelle potenzieller Risiken und Belastungen für Unternehmen, die in der EU tätig sind und hier investieren. Dies würde ausländische Investoren in der EU und Unternehmen mit Sitz in der EU betreffen, die auf Finanzbeiträge aus dem Ausland (über ausländische Investoren oder Beihilfen für bestimmte Projekte) zählen können. In diesem Fall sollten die Unternehmen alle empfangenen ausländischen Subventionen sorgfältig prüfen, um die mögliche Anwendung der neuen Vorschriften zu bewerten. |
3.17. |
Daher muss die Kommission die geltenden Bestimmungen so weit wie möglich vereinheitlichen und klären, um die Anwendung der neuen Vorschriften zu erleichtern, insbesondere dann, wenn sie mit den bestehenden Vorschriften konkurrieren. Zudem muss sie den Verwaltungsaufwand für die EU-Unternehmen verringern. |
Brüssel, den 20. Oktober 2021
Die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Christa SCHWENG
(1) Mitteilung der Kommission „Die Stunde Europas — Schäden beheben und Perspektiven für die nächste Generation eröffnen“ (COM(2020) 456 final). Siehe auch die Kommissionsmitteilung „Das europäische Wirtschafts- und Finanzsystem: Mehr Offenheit, Stärke und Resilienz“ (COM(2021) 32 final).
(2) Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union (ABl. L 79 I vom 21.3.2019, S. 1).