Choose the experimental features you want to try

This document is an excerpt from the EUR-Lex website

Document 52020IP0233

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. September 2020 zur Lage auf den Philippinen, insbesondere zum Fall Maria Ressa (2020/2782(RSP))

    ABl. C 385 vom 22.9.2021, p. 133–137 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    22.9.2021   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 385/133


    P9_TA(2020)0233

    Lage auf den Philippinen, insbesondere der Fall Maria Ressa

    Entschließung des Europäischen Parlaments vom 17. September 2020 zur Lage auf den Philippinen, insbesondere zum Fall Maria Ressa (2020/2782(RSP))

    (2021/C 385/14)

    Das Europäische Parlament,

    unter Hinweis auf seine früheren Entschließungen zur Lage auf den Philippinen, insbesondere seine Entschließungen vom 15. September 2016 (1), vom 16. März 2017 (2) und vom 19. April 2018 (3),

    unter Hinweis auf die am 12. Mai 1964 aufgenommenen diplomatischen Beziehungen zwischen den Philippinen und der EU (damals der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG)),

    unter Hinweis auf das Rahmenabkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik der Philippinen andererseits,

    unter Hinweis auf den Status der Philippinen als Gründungsmitglied des Verbandes südostasiatischer Nationen (ASEAN),

    unter Hinweis auf die gemeinsame Arbeitsunterlage vom 10. Februar 2020 zur Bewertung der Lage auf den Philippinen im Zeitraum 2018/2019 im Rahmen der EU-Sonderregelung für nachhaltige Entwicklung und verantwortungsvolle Staatsführung (APS+) (SWD(2020)0024),

    unter Hinweis auf die Erklärung des Sprechers des EAD vom 16. Juni 2020 zur Verurteilung von Maria Ressa und Reynaldo Santos,

    unter Hinweis auf die Leitlinien der EU zu den Menschenrechten,

    unter Hinweis auf die vom Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen am 11. Juli 2019 verabschiedete Resolution zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte auf den Philippinen,

    unter Hinweis auf den Bericht der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom 30. Juni 2020 zur Menschenrechtslage auf den Philippinen,

    unter Hinweis auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948,

    unter Hinweis auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) von 1966,

    unter Hinweis auf das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs,

    unter Hinweis auf das Gesetz der Republik der Philippinen Nr. 11479 vom 3. Juli 2020, auch bekannt als Antiterrorgesetz,

    gestützt auf Artikel 144 Absatz 5 und Artikel 132 Absatz 4 seiner Geschäftsordnung,

    A.

    in der Erwägung, dass die Philippinen und die EU seit langem diplomatische, wirtschaftliche, kulturelle und politische Beziehungen pflegen; in der Erwägung, dass die Europäische Union und die Philippinen durch die Ratifizierung des Abkommens über Partnerschaft und Zusammenarbeit ihr gemeinsames Engagement für die Grundsätze der verantwortungsvollen Staatsführung, die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte und die Förderung der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung sowie für den Frieden und die Sicherheit in der Region bekräftigt haben;

    B.

    in der Erwägung, dass die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte am 30. Juni 2020 in Bezug auf die Lage der Menschenrechte auf den Philippinen feststellte, dass die Tötungen im Zusammenhang mit der Kampagne der Regierung zur Drogenbekämpfung „weit verbreitet und systematisch“ stattfanden und dass nach Regierungsangaben mindestens 8 663 Menschen getötet wurden; in der Erwägung, dass die tatsächliche Anzahl Schätzungen zufolge bis zu dreimal so hoch ist; in der Erwägung, dass Präsident Duterte die Polizei ausdrücklich zu außergerichtlichen Hinrichtungen ermutigt und ihr Immunität versprochen hat und dass Polizeibeamte, die sich an diesen Taten beteiligt haben, befördert wurden; in der Erwägung, dass Präsident Duterte geschworen hat, seine Kampagne zur Drogenbekämpfung bis zum Ende seiner aktuellen Amtszeit als Präsident im Jahr 2022 fortzusetzen; in der Erwägung, dass die meisten Opfer aus armen und marginalisierten Gemeinschaften stammen;

    C.

    in der Erwägung, dass die Zivilgesellschaft immer weniger Handlungsspielraum hat; in der Erwägung, dass Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und Aktivisten systematisch bedroht, belästigt und eingeschüchtert werden und Gewalt ausgesetzt sind, weil sie mutmaßliche außergerichtliche Hinrichtungen und andere Menschenrechtsverletzungen in dem Land aufdecken wollen; in der Erwägung, dass dem Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (OHCHR) zufolge das Eintreten für Menschenrechte regelmäßig mit Aufstand gleichgesetzt wird; in der Erwägung, dass dem OHCHR zufolge zwischen Januar 2015 und Dezember 2019 mindestens 208 Menschenrechtsverteidiger, Journalisten und Gewerkschafter, darunter 30 Frauen, getötet wurden;

    D.

    in der Erwägung, dass Maria Ressa, eine philippinische Journalistin sowie Mitbegründerin und Geschäftsführerin der Nachrichtenwebsite Rappler, seit langem als Zielscheibe für ihre Kritik am „Krieg gegen Drogen“ der Regierung und für die kritische Berichterstattung von Rappler über außergerichtliche Tötungen ins Visier genommen wird; in der Erwägung, dass Maria Ressa und Reynaldo Santos Jr., ein Rechercheur bei Rappler, wegen „Cyberverleumdung“ angeklagt und am 15. Juni 2020 von einem regionalen Gericht in Manila zu einer unbestimmten Haftstrafe mit der Möglichkeit von bis zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt wurden; in der Erwägung, dass sich Maria Ressa und Rappler mit mindestens sechs weiteren Anklagepunkten konfrontiert sehen;

    E.

    in der Erwägung, dass der philippinische Kongress Anfang Juli 2020 dafür gestimmt hat, die Erneuerung der Rundfunklizenz von ABS-CBN, der größten Rundfunkanstalt des Landes, abzulehnen; in der Erwägung, dass die Weigerung von Präsident Duterte, die Senderechte zu verlängern, als Vergeltungsmaßnahme für die Berichterstattung der Medien über die Kampagne zur Drogenbekämpfung und schwere Menschenrechtsverletzungen erachtet wird;

    F.

    in der Erwägung, dass Senatorin Leila de Lima, eine der wichtigsten Gegnerinnen der Kampagne zur Drogenbekämpfung von Präsident Duterte, am 19. September 2016 ihres Amtes als Vorsitzende des Senatsausschusses für Justiz und Menschenrechte enthoben wurde und sich seit ihrer Festnahme am 24. Februar 2017 in Untersuchungshaft befindet; in der Erwägung, dass ernsthafte Bedenken bestehen, dass die Straftaten, die Senatorin De Lima zur Last gelegt werden, erfunden und die Anschuldigungen politisch motiviert sind;

    G.

    in der Erwägung, dass nach Angaben von Global Witness im Jahr 2019 mindestens 43 Landrechtsverteidiger getötet wurden; in der Erwägung, dass es sich bei den meisten von ihnen um Gemeindevorsteher und aktive Mitwirkende bei Kampagnen gegen Bergbauprojekte und Agrarunternehmen handelte;

    H.

    in der Erwägung, dass die indigene Bevölkerung auf den Philippinen 10–20 % der gesamten Bevölkerung ausmacht; in der Erwägung, dass die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für die Rechte der indigenen Völker die Philippinen im Jahr 2018 zu den Ländern erklärte, in denen indigene Menschenrechtsverteidiger weltweit am häufigsten kriminalisiert und angegriffen werden; in der Erwägung, dass die Vereinten Nationen davor gewarnt haben, dass die Militarisierung indigener Gebiete und Einschränkungen der Versammlungs- und Meinungsfreiheit zunehmen und dass diese Entwicklungen eng mit Geschäftsinteressen verknüpft sind; in der Erwägung, dass der anhaltende Mangel an Sicherheit und wirtschaftlicher Entwicklung auf der Insel Mindanao sowie die gemeldeten Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und die mangelnden Fortschritte bei der Übergangsjustiz und der Aussöhnung nach wie vor Anlass zu ernster Sorge geben;

    I.

    in der Erwägung, dass Zara Alvarez, eine juristische Mitarbeiterin der Menschenrechtsgruppe Karapatan, am 17. August 2020 erschossen wurde; in der Erwägung, dass Alvarez wiederholt Drohungen erhalten hatte, wegen ihres Einsatzes für die Menschenrechte schikaniert wurde und das 13. Mitglied ihrer Organisation war, das seit Mitte 2016 getötet wurde; in der Erwägung, dass Randall Echanis, Friedensstifter, Landrechtsverteidger und Mitglied von Karapatan, am 10. August 2020 gefoltert und getötet wurde; in der Erwägung, dass nach Angaben des OHCHR sowohl Echanis als auch Alvarez wiederholt als Terroristen bzw. Kommunisten diffamiert wurden und ihre Namen auf der mindestens 600 Namen umfassenden Liste von Personen standen, die das philippinische Justizministerium im Jahr 2018 von einem Gericht zu „Terroristen“ erklären ließ;

    J.

    in der Erwägung, dass die Sonderberichterstatter des OHCHR und der Vereinten Nationen Bedenken hinsichtlich eines augenscheinlichen „Musters der Einschüchterung“ unabhängiger Nachrichtenquellen geäußert haben; in der Erwägung, dass die Philippinen im Jahr 2020 in der jährlich von Reporter ohne Grenzen veröffentlichten Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 136 von 180 Ländern rangierten; in der Erwägung, dass 16 Journalisten ermordet worden sind, seit Duterte an der Macht ist;

    K.

    in der Erwägung, dass sich die Philippinen im März 2018 aus dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) zurückgezogen haben, nachdem der IStGH mit der „vorläufigen Prüfung“ der Beschwerde gegen Duterte im Zusammenhang mit der hohen Zahl von Tötungen im Zuge der Kampagne zur Drogenbekämpfung begonnen hatte;

    L.

    in der Erwägung, dass das Abgeordnetenhaus der Philippinen 2017 ein Gesetz zur Wiedereinführung der Todesstrafe gebilligt hat; in der Erwägung, dass dieses Gesetz der vorherigen Zustimmung des Senats bedarf, bevor Präsident Duterte, der aktiv für seine Reaktivierung eintritt, es in Kraft setzen kann; in der Erwägung, dass die Wiedereinführung der Todesstrafe einen klaren Verstoß gegen das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPBPR) darstellen würde, dessen Vertragspartei die Philippinen sind;

    M.

    in der Erwägung, dass die philippinischen Behörden am 3. Juli 2020 das neue Antiterrorgesetz angenommen haben; in der Erwägung, dass durch das Gesetz nach Ansicht lokaler Gruppen der Zivilgesellschaft die Garantien zum Schutz der Menschenrechte in alarmierendem Maße geschwächt werden, die Definition von Terrorismus ausgedehnt und die Haftdauer ohne Haftbefehl von 3 auf 14 Tage verlängert wird, wodurch wichtige Unterscheidungen zwischen Kritik, Kriminalität und Terrorismus verwischt werden, was Fragen der Rechtmäßigkeit aufwirft und die Gefahr von Menschenrechtsverletzungen weiter erhöht;

    N.

    in der Erwägung, dass sich Präsident Duterte wiederholt in sexistischer und frauenfeindlicher Weise geäußert und verhalten hat; in der Erwägung, dass lokalen nichtstaatlichen Organisationen zufolge die Zahl der Fälle von Gewalt und sexuellem Missbrauch gegen Frauen, einschließlich weiblicher Menschenrechtsverfechter, während der Amtszeit Dutertes zugenommen hat; in der Erwägung, dass Menschenrechtsverfechterinnen erniedrigenden und sexuell aufgeladenen Kommentaren, Vergewaltigungsdrohungen und Angriffen ausgesetzt sind;

    O.

    in der Erwägung, dass die Philippinen dem Bericht des Internationalen Gewerkschaftsbunds (IGB) von 2020 zufolge zu den zehn gefährlichsten Ländern der Welt für Arbeitnehmer gehören; in der Erwägung, dass sich die philippinische Gewerkschaftsbewegung über die Unterdrückung der Arbeitnehmerrechte beschwert hat, unter anderem durch die Diffamierung als Terroristen bzw. Kommunisten, Verschleppungen und die Ermordung von Gewerkschaftsführern und Gewerkschaftern;

    P.

    in der Erwägung, dass die LGBTQI-Gemeinschaft ständig Schikanen ausgesetzt ist; in der Erwägung, dass Präsident Duterte wiederholt auf die sexuelle Orientierung politischer Gegner angespielt hat, um sie zu diffamieren, und im Mai 2019 öffentlich Erklärungen abgegeben hat, in denen er Homosexualität als Krankheit bezeichnete; in der Erwägung, dass die Polizei im Juni 2020 gegen eine LGBTQI-Pride-Veranstaltung vorging und Berichten zufolge 20 Personen festnahm;

    Q.

    in der Erwägung, dass auf den Philippinen schätzungsweise 60 000 bis 100 000 Kinder in Prostitutionsringen stecken; in der Erwägung, dass eine unbestimmte Zahl von Kindern gezwungen ist, unter ausbeuterischen Arbeitsbedingungen zu arbeiten; in der Erwägung, dass UNICEF große Besorgnis über die Herabsetzung des Strafmündigkeitsalters geäußert hat;

    R.

    in der Erwägung, dass die Philippinen im Jahr 2019 in der jährlich von Transparency International veröffentlichten Rangliste zur Korruption auf Platz 113 von 180 Ländern rangierten;

    S.

    in der Erwägung, dass die Philippinen seit dem 25. Dezember 2014 im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems der EU (APS+) verbesserte Handelspräferenzen genießen; in der Erwägung, dass dieser Status von der Ratifizierung und Umsetzung von 27 internationalen Übereinkommen über Menschenrechte, Arbeitnehmerrechte, Umweltschutz und verantwortungsvolle Staatsführung abhängt; in der Erwägung, dass im Jahr 2019 25 % aller philippinischen Ausfuhren in die EU (fast 2 Mrd. EUR) im Rahmen dieser Regelung bevorzugt behandelt wurden; in der Erwägung, dass die EU trotz erheblicher Rückschritte bei der Menschenrechtsbilanz des Landes bislang nicht den Mechanismus ausgelöst hat, der zur Aussetzung dieser Handelsvorteile führen könnte;

    1.

    bringt seine tiefe Besorgnis über die sich rasch verschlechternde Menschenrechtslage auf den Philippinen unter Präsident Duterte zum Ausdruck; nimmt die Veröffentlichung des Berichts der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte vom Juni 2020 zur Kenntnis und fordert die Regierung der Philippinen auf, alle darin aufgeführten Empfehlungen anzunehmen und umzusetzen;

    2.

    verurteilt aufs Schärfste die tausenden außergerichtlichen Tötungen und anderen schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem sogenannten „Drogenkrieg“; fordert die Regierung der Philippinen auf, jeglicher Gewalt gegen mutmaßliche Drogenstraftäter unverzüglich ein Ende zu setzen und private und staatlich unterstützte paramilitärische Gruppen aufzulösen; besteht darauf, dass der Kampf gegen illegale Drogen unter uneingeschränkter Einhaltung eines ordnungsgemäßen Gerichtsverfahrens im Einklang mit nationalem Recht und dem Völkerrecht und unter besonderer Berücksichtigung der öffentlichen Gesundheit geführt werden muss;

    3.

    verurteilt alle Drohungen, Schikanen, Einschüchterungen, Vergewaltigungen und Gewalt gegen diejenigen, die mutmaßliche außergerichtliche Tötungen und andere Menschenrechtsverletzungen im Land aufdecken wollen, einschließlich Menschenrechts- und Umweltaktivisten, Gewerkschaftern und Journalisten; verurteilt den Missbrauch des Rechts und der Justiz als Mittel, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen;

    4.

    fordert die philippinischen Behörden auf, unverzüglich unparteiische, transparente, unabhängige und aussagekräftige Untersuchungen aller außergerichtlichen Tötungen, einschließlich des Todes von Jory Porquia, Randall „Randy“ Echanis und Zara Alvarez, sowie anderer mutmaßlicher Gesetzesüberschreitungen durchzuführen;

    5.

    ist beunruhigt über das sich verschlechternde Niveau der Pressefreiheit auf den Philippinen; verurteilt alle Drohungen, Schikanen, Einschüchterungen, unfairen Strafverfolgungen und Gewalt gegen Journalisten, einschließlich des Falls Maria Ressa; fordert, alle politisch motivierten Anklagen gegen sie und ihre Kollegen fallen zu lassen; erinnert daran, dass die Pressefreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung grundlegende Elemente der Demokratie sind; fordert die philippinischen Behörden auf, die Rundfunklizenz der wichtigsten Unternehmensgruppe im Bereich der audiovisuellen Medien, ABS-CBN, zu erneuern; fordert die EU-Delegation und die Vertretungen der EU-Mitgliedstaaten in Manila auf, die Verfahren gegen Maria Ressa und Reynaldo Santos Jr. genau zu beobachten und alle erforderliche Unterstützung zu leisten;

    6.

    bekräftigt seine Forderung an die philippinischen Behörden, alle politisch motivierten Anklagen gegen Senatorin Leila de Lima fallen zu lassen, sie bis zum Prozess freizulassen, ihr die Ausübung der ihr als gewählte Vertreterin zustehenden Rechte und Pflichten zu ermöglichen und ihr während der Haft angemessene Sicherheits- und Gesundheitsbedingungen zu gewähren; fordert die EU auf, ihren Fall weiterhin aufmerksam zu beobachten;

    7.

    bekräftigt seine nachdrückliche Unterstützung für alle Menschenrechts- und Umweltverteidiger auf den Philippinen und für ihre Tätigkeit; fordert die EU-Delegation und die Vertretungen der Mitgliedstaaten im Land auf, bei ihren Kontakten mit den philippinischen Behörden die Zivilgesellschaft stärker zu unterstützen, alle verfügbaren Instrumente zu nutzen, um ihre Unterstützung für die Arbeit von Menschenrechtsverteidigern und Umweltaktivisten auszuweiten, und erforderlichenfalls die Ausstellung von Notfallvisa zu ermöglichen und vorübergehenden Schutz in den EU-Mitgliedstaaten zu gewähren;

    8.

    fordert die philippinischen Behörden nachdrücklich auf anzuerkennen, dass Menschenrechtsverfechter eine legitime Rolle bei der Sicherung von Frieden, Gerechtigkeit und Demokratie spielen; fordert die philippinischen Behörden auf, unter allen Umständen die physische und psychische Unversehrtheit aller Menschenrechtsverfechter und Journalisten im Land zu garantieren und sicherzustellen, dass sie ihre Arbeit in einem günstigen Umfeld und ohne Angst vor Repressalien ausüben können; begrüßt die einstimmige Annahme des Gesetzes zum Schutz von Menschenrechtsverteidigern durch das Abgeordnetenhaus der Philippinen und fordert den Senat und den Präsidenten auf, es umgehend umzusetzen;

    9.

    bringt seine ernsthafte Besorgnis über die kürzliche Verabschiedung des Antiterrorismusgesetzes zum Ausdruck und erinnert daran, dass unter keinen Umständen Interessenvertretung, Protest, Dissens, Streiks von Arbeitnehmern und andere ähnliche Formen der Ausübung bürgerlicher und politischer Rechte als terroristische Akte betrachtet werden können;

    10.

    fordert die EU und ihre Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Annahme einer Resolution auf der laufenden 45. Tagung des UN-Menschenrechtsrats zu unterstützen, um eine unabhängige internationale Untersuchung der seit 2016 auf den Philippinen begangenen Menschenrechtsverletzungen in die Wege zu leiten;

    11.

    bedauert zutiefst die Entscheidung der Regierung der Philippinen, sich aus dem Römischen Statut zurückzuziehen; fordert die Regierung auf, diese Entscheidung aufzuheben; legt dem IStGH nahe, seine Ermittlungen zu den mutmaßlichen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Zusammenhang mit den Hinrichtungen im „Krieg gegen Drogen“ fortzuführen; fordert die Regierung der Philippinen auf, die Anklagebehörde des IStGH bei seiner vorläufigen Untersuchung der Lage auf den Philippinen umfassend zu unterstützen;

    12.

    fordert die philippinischen Behörden erneut auf, die laufenden Verfahren zur Wiedereinführung der Todesstrafe umgehend einzustellen; weist darauf hin, dass die Todesstrafe nach Auffassung der EU eine grausame und unmenschliche Strafe ist, die potenzielle Täter nicht davon abhält, eine Straftat zu begehen;

    13.

    fordert die Philippinen mit Nachdruck auf, ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen und in diesem Sinne die Menschenrechte der indigenen Völker zu schützen, auch in bewaffneten Konflikten; fordert die Regierung auf, die Rechte dieser Völker zu wahren, sie handlungsfähig zu machen und wirksame Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zu ergreifen;

    14.

    verurteilt alle Formen von Gewalt gegen Frauen und weist darauf hin, dass derlei Gewalt eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte und der Würde von Frauen und Mädchen darstellt; verurteilt die wiederholten frauenfeindlichen Äußerungen Präsident Dutertes auf das Schärfste; fordert den Präsidenten auf, Frauen respektvoll zu behandeln und nicht zur Gewalt gegen Frauen aufzurufen;

    15.

    verurteilt alle Formen von Gewalt gegen LGBTQI-Personen und weist darauf hin, dass derlei Gewalt eine schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte und der Würde von Personen darstellt; verurteilt die herabwürdigenden und sexistischen Äußerungen Präsident Dutertes über Personen, die sich als Mitglieder der LGBTQI-Gemeinschaft identifizieren, auf das Schärfste;

    16.

    ist besorgt angesichts der zunehmenden Korruption unter der derzeitigen philippinischen Regierung; fordert die philippinischen Behörden auf, verstärkt darauf hinzuwirken, dass wirkungsvoll gegen Korruption vorgegangen wird; betont, dass in diesem Zusammenhang unbedingt die Grundsätze der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit geachtet werden müssen;

    17.

    erinnert daran, dass die von den Regierungen als Reaktion auf die Pandemie ergriffenen Maßnahmen die Menschenrechte der Bürger schützen und nicht untergraben sollten; betont, dass diese Maßnahmen im Einklang mit internationalen Menschenrechtsverpflichtungen und nationalen Gesetzen stehen, notwendig, verhältnismäßig und nichtdiskriminierend sein und nur so lange beibehalten werden sollten, wie sie unbedingt erforderlich sind, und nicht als Vorwand für die Einschränkung des demokratischen und zivilen Raums, der Grundfreiheiten und der Achtung der Rechtsstaatlichkeit dienen dürfen;

    18.

    ist entsetzt über die Praxis des Menschenhandels, der militärischen Rekrutierung von Kindern und ihrer Verwendung in Konflikten im Land und fordert die philippinische Regierung nachdrücklich auf, solchen Praktiken Einhalt zu gebieten; fordert die Regierung auf, ihre Bemühungen zum Schutz aller Kinder vor Missbrauch und zur Wahrung ihrer Rechte, einschließlich des Rechts indigener Kinder auf Bildung, zu verstärken; lehnt jeden Vorschlag zur weiteren Senkung des Strafmündigkeitsalters entschieden ab;

    19.

    prangert die Drohungen, Einschüchterungen und persönlichen Angriffe an, die sich gegen Mandatsträger von UN-Sonderverfahren richten; fordert die philippinischen Behörden nachdrücklich auf, mit dem OHCHR und allen UN-Menschenrechtsmechanismen zusammenzuarbeiten, unter anderem durch die Erleichterung von Besuchen des Landes und den Verzicht auf Einschüchterungs- und Vergeltungsmaßnahmen gegen sie;

    20.

    fordert die Europäische Kommission angesichts der Schwere der Menschenrechtsverletzungen in dem Land auf, unverzüglich das Verfahren einzuleiten, das zur vorübergehenden Rücknahme der APS+-Präferenzen führen könnte, da es keine wesentlichen Verbesserungen gibt und die philippinischen Staatsorgane keinerlei Kooperationsbereitschaft zeigen;

    21.

    fordert die philippinischen Staatsorgane auf, die Umsetzung der Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte (UNGP) zu unterstützen und für wirksame Verfahren zur Erfüllung der Sorgfaltspflicht in Bezug auf die Menschenrechte bei Investitions-, Entwicklungs- und Geschäftsprojekten zu sorgen, insbesondere im Hinblick auf den Erwerb großer Agrarunternehmen, die mineralgewinnende Industrie, Infrastrukturprojekte und die Zusammenarbeit unter Einbeziehung des Sicherheitssektors; fordert die Unternehmen, die ihren Sitz in der EU haben oder in der EU tätig sind, auf, die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte und sowohl die internationalen als auch die nationalen Menschenrechtsnormen strikt einzuhalten und einen sorgfältigen und umfassenden Due-Diligence-Prozess in Bezug auf all ihre Geschäftstätigkeiten und Beziehungen innerhalb des Landes durchzuführen;

    22.

    fordert den Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidenten der Kommission auf, die Lage auf den Philippinen genau zu beobachten und dem Europäischen Parlament regelmäßig Bericht zu erstatten;

    23.

    beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Vizepräsidenten der Kommission und Hohen Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik, den Regierungen der Mitgliedstaaten, dem Präsidenten, der Regierung und dem Kongress der Philippinen, den Regierungen der Mitgliedstaaten des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN), der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, dem Generalsekretär der Vereinten Nationen und dem Generalsekretär des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN) zu übermitteln.

    (1)  ABl. C 204 vom 13.6.2018, S. 123.

    (2)  ABl. C 263 vom 25.7.2018, S. 113.

    (3)  ABl. C 390 vom 18.11.2019, S. 104.


    Top