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Document 52020AE5719

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu: Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie 2013/32/EU (COM(2020) 611 final — 2016/0224(COD)) — Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung des Screenings von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008, (EU) 2017/2226, (EU) 2018/1240 und (EU) 2019/817 (COM(2020) 612 final — 2020/0278(COD)) — Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich biometrischer Daten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) XXX/XXX [Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement] und der Verordnung (EU) XXX/XXX [Neuansiedlungsverordnung], für die Feststellung der Identität illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser und über der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten sowie zur Änderung der Verordnungen (EU) 2018/1240 und (EU) 2019/818 (COM(2020) 614 final — 2016/0132(COD))

EESC 2020/05719

ABl. C 155 vom 30.4.2021, p. 64–72 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

30.4.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 155/64


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu:

Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines gemeinsamen Verfahrens zur Gewährung internationalen Schutzes in der Union und zur Aufhebung der Richtlinie 2013/32/EU

(COM(2020) 611 final — 2016/0224(COD))

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung des Screenings von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008, (EU) 2017/2226, (EU) 2018/1240 und (EU) 2019/817

(COM(2020) 612 final — 2020/0278(COD))

Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich biometrischer Daten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) XXX/XXX [Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement] und der Verordnung (EU) XXX/XXX [Neuansiedlungsverordnung], für die Feststellung der Identität illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser und über der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten sowie zur Änderung der Verordnungen (EU) 2018/1240 und (EU) 2019/818

(COM(2020) 614 final — 2016/0132(COD))

(2021/C 155/10)

Berichterstatter: Panagiotis GKOFAS

Befassung

Europäische Kommission, 27.11.2020

Rechtsgrundlage

Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

 

 

Zuständige Fachgruppe

Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft

Annahme in der Fachgruppe

8.2.2021

Verabschiedung auf der Plenartagung

25.2.2021

Plenartagung Nr.

558

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

210/9/28

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) nimmt das neue Migrations- und Asylpaket zur Kenntnis, mit dem ein vielschichtiges und komplexes Problem angegangen werden soll. Er ist der Auffassung, dass die neuen Regelungen einen positiven Beitrag zu mehr Sicherheit an den EU-Grenzen leisten. Es wird ein besseres und sichereres Verfahren zur Kontrolle aller Personen geschaffen, die in die EU einreisen. Allerdings ist eine integrierte gemeinsame EU-Strategie, die tragfähig und zukunftsorientiert ist, dringend erforderlich und bereits seit langem überfällig. Was die Migrations- und Asylthematik insgesamt betrifft, so können die vorliegenden Vorschläge nicht als der deutliche Schritt nach vorn gewertet werden, der so dringend nötig ist. Darüber hinaus werden die vier oder fünf betroffenen Mitgliedstaaten ausgehend vom Prinzip der Nichteinreise (1) bis zum Abschluss des Verfahrens, also für einen Zeitraum von bis zu sechs oder sieben Monaten, „geschlossene Zentren“ für die Migrantinnen und Migranten einrichten müssen, was zu Situationen führt, die viel schlimmer sind als vorher.

1.2.

Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten müssen mehr und intensivere Anstrengungen unternehmen. In kürzlich verabschiedeten Stellungnahmen (SOC/649 (2) und SOC/669 (3)) kritisiert der EWSA wesentliche Aspekte sowohl der Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement als auch der Asylverfahrensverordnung. Der EWSA weist auch darauf hin, dass er die Chancen für die Umsetzung dieser neun unterschiedlichen Verordnungen nach Prüfung der neun Verordnungen und seinen Kontakten zur Kommission in verschiedener Hinsicht für fraglich hält. Nötig ist eine umfassendere Migrationsstrategie, um bessere Synergien zwischen den verschiedenen EU-Verordnungen herzustellen und Antworten auf die wichtigen Probleme in den Mitgliedstaaten zu geben, die stärker von der Migration betroffen sind.

1.3.

Der EWSA hegt Bedenken in Bezug auf die neuen Verfahren an der Grenze, insbesondere mit Blick auf das zu schützende Recht, einen Asylantrag zu stellen, sowie auf folgende Punkte:

das mangelhafte Konzept „Länder mit geringen Anerkennungsraten in Asylverfahren“,

Verwendung schlecht definierter Rechtsbegriffe (Gefahr für die Sicherheit, öffentliche Ordnung) die zu Rechtsunsicherheit führen,

ausländische Kinder im Alter zwischen 12 und 18, die auch nach dem UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes von 1989 als Kinder zu betrachten sind,

die Fragen, wo und unter welchen Bedingungen Menschen während des Grenzverfahrens untergebracht werden sollen und wie ein Rechtsvakuum vermieden werden kann, indem das Recht auf effektiven gerichtlichen Schutz gewährleistet wird.

1.4.

Der EWSA erkennt den Mehrwert und die Notwendigkeit gemeinsamer, umfassender und wirksamer Asylverfahren an, die mit den internationalen Übereinkommen und den Rechtsgarantien im Einklang stehen; erforderlich sind auch das Vertrauen der EU und der Mitgliedstaaten durch konkrete Solidaritätsmechanismen sowie gerecht verteilte Zuständigkeiten und Verpflichtungen. Doch ein solches gemeinsames Asylsystem — ein Asylsystem, das umfassend ist, Solidarität beweist und die Verantwortung gerecht auf die Mitgliedstaaten verteilt — bietet dieser Vorschlag der Kommission nicht. Die Bestimmung betreffend die Solidarität sollte auch in das Asylverfahren aufgenommen werden, und zwar direkt nach dem Screening und mit informationstechnischer Unterstützung durch Eurodac. Wenn die verbindliche Solidarität nicht die Form einer verbindlichen Übernahme im Rahmen der Asylverfahrensverordnung annimmt oder wenn nicht Verfahren eingerichtet werden, die es Menschen erlauben, in EU-Mitgliedstaaten um Asyl zu ersuchen, ohne dass sie eine EU-Grenze überqueren müssen, dann wird die Verordnung in der Praxis nicht funktionieren. Auch sollten positive und negative Anreize für die Übernahme geschaffen werden, und in jedem Fall sollte es möglich sein, das Asylverfahren in einem anderen Mitgliedstaat durchzuführen und nicht nur im Land der ersten Einreise.

1.5.

Der EWSA betont, dass die Wirksamkeit der vorgeschlagenen neuen Verfahren mithilfe von Mechanismen zur Überwachung der Achtung der Grundrechte kontinuierlich gemessen werden muss, insbesondere im Hinblick auf die Rechte schutzbedürftiger Personen und von Kindern, das Recht auf individuelle Prüfung des Asylantrags und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Es stellt sich jedoch die Frage, wo und wie und mit welcher Art von Solidaritäts-, Übernahme- und Neuansiedlungsmaßnahmen das verbesserte neue Paket und die begleitenden Vorschläge umgesetzt werden sollen.

1.6.

Der EWSA spricht sich für ein stärker integriertes und ausgewogeneres IT-System für das Migrationsmanagement auf der Grundlage einer aufgerüsteten Eurodac-Datenbank mit Fokus auf den Asylanträgen und den Asylbewerberinnen und -bewerbern aus. Der EWSA hatte den Eindruck, dass die Kommission anerkennt, dass es eines gemeinsamen Ansatzes für die obligatorische Abnahme von Fingerabdrücken, die Gesundheitskontrolle und die Sicherheitsüberprüfung vor der Einreise bedarf. Doch trotz des vorgeschlagenen ausgeklügelten Systems besteht leider nicht die Möglichkeit, einen Asylantrag in einem anderen Mitgliedstaat als dem Land der Ersteinreise zu stellen — das sollte jedoch möglich sein. Die Regeln für die Feststellung, welcher Mitgliedstaat für die Bearbeitung eines Asylantrags zuständig ist, die gegenwärtig in der Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement niedergelegt sind, gehören in die Asylverfahrensverordnung, womit über Eurodac die Möglichkeit bestünde, dass Anträge auch in anderen Mitgliedstaaten bearbeitet werden können.

1.7.

Obwohl der EWSA neue, schnellere Entscheidungsverfahren an den EU-Grenzen befürwortet, die im Einklang mit sämtlichen Grundrechten, Menschenrechten und rechtlichen Verfahren stehen, ist damit eine Vielzahl von Fragen verbunden — wie etwa die, auf welche Weise wir diese Verfahren durchführen und absichern. Wie setzen wir die Rückkehr bzw. Rückführung um? Wo ist denn die Solidarität in der Asylverfahrensverordnung, von der Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement ganz zu schweigen — wenn überhaupt Solidarität vorgesehen ist? Kann sich eine Person, der Asyl gewährt wurde, vom Land der ersten Einreise in einen anderen Mitgliedstaat begeben (4)? Können die Mitgliedstaaten Asyl gewähren, um Menschen in Not zu helfen, oder werden sie beginnen, sie zurückzuweisen? Der EWSA fordert die Kommission deshalb auf, jeden Teil des Vorschlags gründlich zu prüfen und zu erläutern sowie insbesondere die Frage zu beantworten, in welcher Weise dieses neue Paket das gemeinsame Asylverfahren verbessert und das Recht auf einen Asylantrag wahrt.

1.8.

Der EWSA ist besorgt über die Anwendung der neuen Screening-Verfahren für Drittstaatsangehörige an den Außengrenzen. Mit diesem neuen Mechanismus wird der Druck auf die Mitgliedstaaten erhöht, die über maritime EU-Außengrenzen verfügen, und es wird die Schaffung geschlossener Zentren vorangetrieben, die sich an den Außengrenzen oder in deren Nähe befinden. Ähnliche Zentren haben zu ernsten Bedenken in Bezug auf den Schutz der Menschenrechte und die Sicherstellung menschenwürdiger Lebensbedingungen für deren Bewohner geführt.

1.9.

Das Ergebnis des Verfahrens an der Grenze wird entweder die Gewährung von Asyl oder die Ablehnung und Rückkehr bzw. Rückführung sein. Im Falle der Asylgewährung ist der gewährende Mitgliedstaat für die Integration der betreffenden Personen zuständig. Im Szenarium des neuen Pakets bedeutet dies allerdings, dass ihre Integration in den Ländern des Südens erfolgt, ohne dass eine Möglichkeit der Umsiedlung in einen anderen Mitgliedstaat bzw. der solidarischen Übernahme durch einen anderen Mitgliedstaat besteht. Wird der Asylantrag abgelehnt, muss der Mitgliedstaat den abgelehnten Asylbewerber zurückführen. Bei diesem Ansatz müssen Möglichkeiten gefunden werden, um mit den Drittländern, die Herkunfts- und Transitländer sind, EU-Abkommen zu schließen und wirksame Verfahren im Einklang mit dem Völkerrecht und den Menschenrechtsinstrumenten sicherzustellen. Weder können Mitgliedstaaten allein untereinander Einzelabkommen schließen noch erwähnt die Kommission derartige Verfahren auch nur mit einem Wort.

1.10.

Die Herausforderungen des Migrationsmanagements — insbesondere im Zusammenhang mit der Sicherstellung einer raschen Identifizierung von Personen, die internationalen Schutz benötigen, oder der praktischen Durchführung der Rückführung von Personen, die keinen Schutz benötigen — sollen von der gesamten EU in einheitlicher Weise bewältigt werden, doch wird dies mit den vorliegenden Vorschlägen wohl nicht erreicht. Faktisch ist dies eine Angelegenheit, um die sich nur der Mitgliedstaat der ersten Einreise kümmern muss; eine gerechte Lastenteilung findet nicht statt, etwa in Form einer verbindlichen Übernahme von Asylbewerbern im Rahmen des Asylverfahrens sowie der Prüfung von Asylanträgen.

1.11.

Insbesondere ist es wichtig, ein besseres Verfahren zur Identifizierung der Personen zu schaffen, die in der EU wahrscheinlich keinen Schutz erhalten werden (5). Mit dem Vorschlag der Kommission wird ein Screening vor der Einreise eingeführt, dem alle Drittstaatsangehörigen zu unterziehen sind, die sich — ohne die Einreisevoraussetzungen zu erfüllen oder nach der Ausschiffung im Anschluss an einen Such- und Rettungseinsatz — an der Außengrenze aufhalten. Bedauerlicherweise erfolgt dieses „Screening vor der Einreise“ im Hoheitsgebiet des Landes der ersten Einreise in die EU an der Grenze. Das Wort „vor“ bedeutet, dass die betroffene Person in ein „geschlossenes Haftzentrum“ gebracht wird, dort verbleibt und nicht weiterreisen kann, bis die Behörden dieses Mitgliedstaats entscheiden, ihr entweder Asyl zu gewähren (6) oder ihre Rückführung in das Herkunfts- oder Transitland zu veranlassen, sofern diese Rückkehr überhaupt möglich ist — und in den meisten Fällen ist sie nicht möglich.

1.12.

Der EWSA unterstützt den EU-Rahmen zur Festlegung einheitlicher Vorschriften für das Screening von im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufgegriffenen irregulären Migranten, die sich bei der Einreise in den Schengen-Raum den Grenzkontrollen entzogen haben. Damit sollen der Schengen-Raum geschützt und die wirksame Steuerung der irregulären bzw. illegalen Migration sichergestellt werden.

1.13.

Der EWSA fordert die Organe und Agenturen der EU sowie die Sozialpartner auf, sich an der Ausarbeitung weiterer Strategien und Programme, dem Austausch bewährter Verfahren und multilateralen Partnerschaftsprogrammen (z. B. Fachkräftepartnerschaften) zu beteiligen, die bestehende „humanitäre Korridore“ betreffen. Er fordert ferner, dass ein neuer Rechtsrahmen ausgearbeitet wird, dass schnelle Verfahren eingeführt werden, die es ermöglichen, dass Visa aus humanitären Gründen in größerem Umfang und von einer größeren Zahl von Personen genutzt werden (durch Anpassung der geltenden Bestimmungen von Artikel 25 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates (7)), und dass die „Patenschaft“ ebenfalls als gewöhnlicher legaler Zugangsweg im Bereich der Drittstaatsangehörige aus Nicht-EU-Ländern betreffenden Einwanderungspolitik einbezogen wird. Der EWSA macht die gesetzgebenden Organe darauf aufmerksam, dass geltendes EU-Recht wie das Schengener Übereinkommen und der Vertrag von Lissabon schon den „subsidiären und vorübergehenden Schutz“ von Menschen vorsehen, die vor Kriegen oder Naturkatastrophen fliehen. Dies zeigt, dass die reguläre Einreise von Personen, die internationalen Schutz benötigen, mithilfe von Rechtsinstrumenten garantiert werden kann, die den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bereits zur Verfügung stehen.

2.   Allgemeine Bedenken und Bemerkungen

2.1.

Das neue Paket der EU steht für eine integrierte Politikgestaltung, bei der die Maßnahmen in den Bereichen Asyl, Migration, Rückkehr und Rückführung, Schutz der Außengrenzen, Bekämpfung der Migrantenschleusung und Beziehungen zu wichtigen Drittstaaten im Rahmen eines ressortübergreifenden Ansatzes zusammengeführt werden. Letztendlich werden die vorgeschlagenen Verordnungen jedoch den Mitgliedstaaten Südeuropas eine enorme Belastung aufbürden, was unvermeidlich dazu führen wird, dass die Verordnungen nicht anwendbar sind und nicht die mit ihnen beabsichtigte Wirkung entfalten. Nach einer überschaubaren Zeit werden die Mitgliedstaaten de facto gezwungen sein, viele Asylanträge abzulehnen, und zwar auch solche, bei denen die Voraussetzungen für die Asylgewährung erfüllt sind, um zu vermeiden, dass immer mehr Menschen unter unmenschlichen Bedingungen zusammen festgehalten werden.

2.2.

Die Mitgliedstaaten im Süden Europas werden unweigerlich zu Gewahrsams- oder Abschiebezentren werden.

2.3.

Diese Stellungnahme wird sich auf drei der neun Instrumente konzentrieren, die das neue Paket enthält: i) eine neue Screening-Verordnung, ii) einen geänderten Vorschlag zur Überarbeitung der Asylverfahrensverordnung und iii) einen geänderten Vorschlag zur Überarbeitung der Eurodac-Verordnung.

3.   Besondere Bemerkungen zur neuen Screening-Verordnung

3.1.

In der neuen Screening-Verordnung wird ein Screening vor der Einreise vorgeschlagen, das im Hoheitsgebiet des Landes der ersten Einreise erfolgt und dem alle Drittstaatsangehörigen zu unterziehen sind, die sich — ohne die Einreisevoraussetzungen zu erfüllen oder nach der Ausschiffung im Anschluss an einen Such- und Rettungseinsatz — an der Außengrenze aufhalten.

3.2.

Die verfügbaren Daten zeigen, dass anstelle der Drittstaatsangehörigen mit eindeutigem Bedürfnis nach internationalem Schutz, die im Zeitraum 2015-2016 in die EU gelangt sind, nun zum Teil unterschiedlich zusammengesetzte Gruppen eintreffen.

3.3.   Besondere Bemerkungen zu den Zielen und Hauptelementen des Screening-Verfahrens

3.3.1.

Das Screening soll zu dem neuen umfassenden Konzept für Migration und gemischte Migrationsströme beitragen, indem sichergestellt wird, dass die Identität der Personen, aber auch etwaige Gesundheits- und Sicherheitsrisiken rasch festgestellt werden und dass alle Drittstaatsangehörigen, die sich — ohne die Einreisevoraussetzungen zu erfüllen oder nach der Ausschiffung im Anschluss an einen Such- und Rettungseinsatz — an der Außengrenze aufhalten, rasch dem anzuwendenden Verfahren zugeführt werden. Ziel sollte es auch sein, ein nützliches Instrument bereitzustellen, das den übrigen EU-Ländern die Möglichkeit gibt, sich zu beteiligen und die Asylbewerber während des Asylverfahrens ebenfalls einer Beurteilung zu unterziehen.

3.3.2.

Der Vorschlag sieht vor, dass die Grundrechte der betroffenen Personen mithilfe eines von den Mitgliedstaaten einzurichtenden Mechanismus geschützt werden sollen.

3.3.3.

Das Screening sollte insbesondere Folgendes umfassen:

a)

eine medizinische Erstuntersuchung und eine Prüfung der Schutzbedürftigkeit,

b)

eine Identitätsprüfung anhand von Informationen in europäischen Datenbanken,

c)

die Erfassung von biometrischen Daten (d. h. Fingerabdruck- und Gesichtsbilddaten) in den entsprechenden Datenbanken, soweit dies noch nicht geschehen ist, und

d)

eine Sicherheitskontrolle durch Abfrage einschlägiger Datenbanken der Mitgliedstaaten und der Union, insbesondere des Schengener Informationssystems (SIS), um sicherzugehen, dass die betreffende Person keine Gefahr für die innere Sicherheit darstellt.

3.3.4.

Das Screening sollte obligatorisch sein und nicht nur in den Ländern der ersten Einreise, sondern gemäß dem EU-Grundsatz der Solidarität in allen Mitgliedstaaten zur Anwendung kommen. Wie im neuen Paket beschrieben, wird das Asylverfahren nur im Land der ersten Einreise durchgeführt. Wenn die verbindliche Solidarität nicht die Form einer verbindlichen Übernahme im Rahmen der Asylverfahrensverordnung annimmt oder wenn nicht Verfahren eingerichtet werden, die es Menschen erlauben, in EU-Mitgliedstaaten um Asyl zu ersuchen, ohne dass sie eine EU-Grenze überqueren müssen, dann wird die Verordnung in der Praxis nicht funktionieren. Auch sollten positive und negative Anreize für die Übernahme geschaffen werden, und in jedem Fall sollte das Asylverfahren in anderen Mitgliedstaaten durchgeführt werden und nicht nur im Land der ersten Einreise.

3.3.5.

Das vorgeschlagene Screening wird voraussichtlich einen Mehrwert im Vergleich zu den derzeitigen Verfahren bewirken und sollte — mit Ausnahme der die Gesundheit betreffenden Aspekte —nicht nur in Ländern mit Außengrenzen durchgeführt werden.

3.3.6.

Ein unabhängiger, wirksamer und kontinuierlicher Überwachungsmechanismus sollte insbesondere die Achtung der Grundrechte im Zusammenhang mit dem Screening sowie die Einhaltung der geltenden nationalen Vorschriften im Falle einer Inhaftnahme und die Wahrung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung umfassen. Darüber hinaus sollte er gewährleisten, dass Beschwerden zügig und angemessen bearbeitet werden.

3.3.7.

In dem Vorschlag wird, allerdings nicht mit der nötigen Klarheit, die Rolle der EU-Agenturen — Frontex und Asylagentur der Europäischen Union — anerkannt, die die zuständigen Behörden bei all ihren Aufgaben im Zusammenhang mit dem Screening begleiten und unterstützen können. In dem Vorschlag wird außerdem der Agentur für Grundrechte eine wichtige, aber völlig undurchsichtige Rolle bei der Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Entwicklung unabhängiger Mechanismen zur Überwachung der Achtung der Grundrechte im Zusammenhang mit dem Screening sowie der Einhaltung der geltenden nationalen Vorschriften im Falle einer Inhaftnahme und der Wahrung des Grundsatzes der Nichtzurückweisung zugewiesen.

4.   Geänderter Vorschlag für eine Neufassung der Asylverfahrensverordnung

4.1.

Der EWSA hält die Wahl eines neuen, geänderten Legislativvorschlags in Form einer EU-Verordnung anstelle einer Richtlinie, wie dies hier der Fall ist, für angebracht. Für den EWSA stellt sich jedoch die klare Frage, wie diese Verordnung in allen Mitgliedstaaten durchgesetzt und umgesetzt werden kann, insbesondere in denen, gegen die Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wurden. Der EWSA kann diesem Vorschlag nur zustimmen, wenn er die Mitgliedstaaten im Süden nicht in Haft- oder Abschiebezentren verwandelt.

4.2.

Der EWSA begrüßt das mit dem Vorschlag der Kommission angestrebte Ziel, die Koordinierung und die gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes zu verbessern und die Asyl- und Rückkehrentscheidungen weiter zu harmonisieren. Er bedauert jedoch, dass mehr Vorschläge zur Koordinierung der Einrichtung von geschlossenen Haftzentren in Ländern der ersten Einreise als zum gemeinsamen Asylsystem gemacht wurden, wodurch den Ländern der ersten Einreise allein die Verpflichtung auferlegt wird, sich um die Asylsuchenden zu kümmern. Hierdurch entsteht vornehmlich der Eindruck, dass die umzusetzenden Vorschläge an die Länder des Südens gerichtet sind, wobei die Übernahme im Zuge der Anwendung der „Verfahren an der Grenze“ mit keinem Wort erwähnt wird.

4.3.

Außerdem bedauert der EWSA, dass mögliche Probleme bei der Umsetzung der Rückführungsprogramme in dem Vorschlag nicht richtig bestimmt wurden, vor allem im Hinblick auf die tatsächliche Bereitschaft der Drittstaaten, Herkunfts- und Transitländer, mit der EU zusammenzuarbeiten.

4.4.

Der EWSA betont, dass es dringend einer umfassenderen Strategie bedarf, die sich auf ein System ausgewogener und geteilter Verantwortlichkeiten für die Steuerung der Migrationsströme zwischen der EU und Nicht-EU-Ländern stützt.

4.5.

Darüber hinaus hebt der EWSA hervor, dass für einen angemessenen Schutz von Familien mit Kindern gesorgt werden muss, und fordert die Kommission nachdrücklich auf, ein besonderes Augenmerk auf unbegleitete Minderjährige, die allgemeine Wirksamkeit des „Leitfadens zum Asylverfahren: operative Normen und Indikatoren“ und die Zusammenstellung von Beispielen bewährter Verfahren (veröffentlicht vom Europäischen Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO)) zu richten. Es ist nicht zu akzeptieren, dass als Kind nur gilt, wer unter 12 Jahren ist, und nicht unter 18, wie es nach dem Völkerrecht der Fall ist. Nach dem UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes von 1989 ist jeder Mensch, der das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ein Kind.

4.6.

Bei jüngst durchgeführten Konsultationen haben Organisationen der Zivilgesellschaft vorgeschlagen, bestimmte Vorschriften über die Bestimmung der Zuständigkeit zu überarbeiten und einen obligatorischen Solidaritätsmechanismus vorzusehen, auch in Bezug auf Personen, die nach Such- und Rettungsaktionen ausgeschifft werden. Die Nichtregierungsorganisationen forderten zudem ein gemeinsames Verständnis der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und sprachen sich dafür aus, dass die überarbeiteten Dublin-Regeln eine dauerhaftere Übernahmeregelung enthalten sollten. (8) Der EWSA möchte wissen, wie im Rahmen des neuen geänderten Vorschlags realistischerweise ein gut funktionierender Solidaritätsmechanismus zwischen den Mitgliedstaaten eingerichtet werden könnte. Die Regeln für die Feststellung, welcher Mitgliedstaat für die Bearbeitung eines Asylantrags zuständig ist, die gegenwärtig in der Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement niedergelegt sind, gehören in die Asylverfahrensverordnung, womit über Eurodac die Möglichkeit bestünde, dass Anträge auch in anderen Mitgliedstaaten bearbeitet werden können.

5.   Änderung des Vorschlags von 2016 zur Überarbeitung der Eurodac-Verordnung

5.1.

Die Änderung des Vorschlags von 2016 zur Überarbeitung der Eurodac-Verordnung soll eine Verbindung zwischen bestimmten Personen und den Verfahren, denen sie unterzogen werden, herstellen, um die Kontrolle der irregulären Migration und die Aufdeckung unerlaubter Migrationsbewegungen zu verbessern.

5.2.

Der Hauptzweck von Eurodac besteht darin, Asylsuchende zu identifizieren und mithilfe von Fingerabdruck- und Gesichtsbilddaten („Biometrie“) die Bereitstellung von Beweismitteln zu erleichtern, um die Bestimmung des Mitgliedstaats zu unterstützen, der für die Prüfung eines in der EU eingereichten Asylantrags zuständig ist.

5.3.

Der EWSA ist nicht davon überzeugt, dass die Nutzung von Eurodac (9) das geeignete Instrument zur Bekämpfung der irregulären Migration wäre oder die Mitgliedstaaten bei der Überwachung der Gewährung von Unterstützung für die freiwillige Rückkehr und Wiedereingliederung wirksam unterstützen würde (10).

5.4.

Der Vorschlag zur Änderung des Vorschlags von 2016 baut auf der vorläufigen Einigung zwischen den gesetzgebenden Organen auf, ergänzt diese Änderungen und zielt darauf ab, Eurodac in eine gemeinsame europäische Datenbank zur Unterstützung der EU-Politik in den Bereichen Asyl, Neuansiedlung und irreguläre Migration umzuwandeln.

5.5.

Darüber hinaus zielt er darauf ab, genauere und vollständige, als Grundlage für die Politikgestaltung dienende Daten zu erheben und so die Kontrolle der irregulären Migration und die Aufdeckung unerlaubter Migrationsbewegungen besser zu unterstützen, indem neben den Anträgen auch die Antragsteller gezählt werden. Der EWSA ist jedoch der Ansicht, dass dieses komplexe System den Migranten auch die Möglichkeit bieten muss, in einem anderen Mitgliedstaat um Asyl zu ersuchen, ohne auf das Land der ersten Einreise beschränkt zu sein.

5.6.

Eurodac soll zudem die Ermittlung geeigneter Lösungen in diesem Bereich unterstützen, indem es die Erstellung von Statistiken durch Kombination von Daten aus mehreren Datenbanken ermöglicht.

5.7.

Der EWSA stimmt zu, dass die gemeinsamen Vorschriften für die Erfassung von Fingerabdrücken und Gesichtsbildern von Drittstaatsangehörigen für die Zwecke von Eurodac in allen Mitgliedstaaten einheitlich angewandt werden müssen.

5.8.

Der EWSA unterstützt die Schaffung eines Wissensinstruments, das der Europäischen Union Informationen darüber bereitstellt, wie viele Drittstaatsangehörige irregulär oder im Anschluss an Such- und Rettungseinsätze in die EU einreisen und internationalen Schutz beantragen. Für eine nachhaltige und faktengestützte Migrations- und Visumpolitik sind diese Informationen unerlässlich.

5.9.

Ein weiterer Zweck von Eurodac besteht darin, den nationalen Behörden, die sich mit Asylbewerbern befassen, deren Antrag bereits in einem anderen Mitgliedstaat abgelehnt wurde, zusätzliche Unterstützung in der Weise zu bieten, dass abgelehnte Anträge gekennzeichnet werden. Die nationalen Behörden müssen allerdings das Recht haben, Anträge, die in einem anderen Mitgliedstaat bearbeitet wurden, erneut zu prüfen.

Brüssel, den 25. Februar 2021

Die Präsidentin des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Christa SCHWENG


(1)  Der Begriff der Nichteinreise existiert bereits, sowohl im Zusammenhang mit dem Schengenraum als auch mit den geltenden Asylvorschriften (Artikel 43 der Asylverfahrensrichtlinie).

(2)  ABl. C 123 vom 9.4.2021, S. 15.

(3)  Siehe Seite 58 dieses Amtsblatts.

(4)  Nach der Anerkennungsverordnung sind die Rechte und Leistungen, die mit der Flüchtlingseigenschaft bzw. dem subsidiären Schutzstatus einhergehen, an den Mitgliedstaat geknüpft, der den jeweiligen Status gewährt hat.

(5)  Der Anteil der Migranten, die aus Ländern mit Anerkennungsquoten von weniger als 25 % kommen, ist von 14 % im Jahr 2015 auf 57 % im Jahr 2018 gestiegen.

(6)  Zur Inhaftnahme während des Verfahrens an der Grenze siehe Randnummer 179 des Urteils des Gerichtshofs C-808/18, wonach „die Mitgliedstaaten Personen, die an der Grenze internationalen Schutz beantragen, im Sinne von Artikel 2 Buchstabe h der Richtlinie 2013/33 in Haft nehmen dürfen, bevor sie ihnen unter den in Artikel 43 der Richtlinie 2013/32 genannten Voraussetzungen das Recht auf Einreise in ihr Hoheitsgebiet gewähren, um die Wirksamkeit der in Artikel 43 vorgesehenen Verfahren zu gewährleisten. Aus Artikel 43 Absatz 1 der Richtlinie 2013/32 folgt, heißt es in Randnummer 183, dass der auf der Grundlage dieser Bestimmung angewandte Gewahrsam nur gerechtfertigt ist, damit der betroffene Mitgliedstaat die Möglichkeit hat, zu prüfen, ob der Antrag zulässig ist oder ob er als unbegründet abzulehnen ist, bevor er der Person, die internationalen Schutz beantragt, die Einreise in sein Hoheitsgebiet gestattet.“

(7)  Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (Visakodex) (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).

(8)  CEPS-Projektbericht, Search and rescue, disembarkation and relocation arrangements in the Mediterranean. Sailing Away from Responsibility?, Juni 2019.

(9)  Dies wird die Überwachungskapazitäten der Mitgliedstaaten in diesem Bereich stärken und verhindern, dass es zum Missbrauch der angebotenen Unterstützung für die freiwillige Rückkehr und Reintegration kommt, da die Mitgliedstaaten unmittelbaren Zugang zu diesen Informationen haben und sich eine Person, der Unterstützung in einem Mitgliedstaat gewährt wurde, nicht in einen anderen Mitgliedstaat begeben kann, um dort eine andersgeartete oder größere Unterstützung zu erhalten. Gegenwärtig haben die Mitgliedstaaten keine gemeinsame Datenbank oder Möglichkeit, festzustellen, ob eine Person, die rückzuführen ist, bereits eine Unterstützung für die Rückkehr und Reintegration erhalten hat. Diese Information ist wichtig, um Missbrauch und Fälle zu bekämpfen, in denen Unterstützung doppelt bezogen wird.

(10)  Das Einreise-/Ausreisesystem gestattet es den Mitgliedstaaten, Drittstaatsangehörige zu ermitteln, die zwar legal in die EU eingereist sind, jedoch ihren Aufenthalt unzulässigerweise verlängert haben. Allerdings gibt es kein solches System zur Feststellung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, die irregulär an den Außengrenzen einreisen. Das gegenwärtige Eurodac-System ist die ideale Datenbank für die Speicherung dieser Information, da es bereits entsprechende Informationen enthält. Gegenwärtig werden solche Daten nur erfasst, um Unterstützung bei der Feststellung der Mitgliedstaaten zu leisten, die für die Prüfung der Asylanträge zuständig sind. Die Identifizierung von illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen sowie von Personen, die über die Außengrenzen irregulär in die EU eingereist sind, wird es insbesondere den Mitgliedstaaten erleichtern, Drittstaatsangehörigen für deren Rückführung neue Ausweispapiere auszustellen.


ANHANG

Der folgende abgelehnte Änderungsantrag erhielt mindestens ein Viertel der abgegebenen Stimmen (Art. 43 Abs. 2 der Geschäftsordnung):

Ziffer 2.2

Ändern:

2.2.

Die Mitgliedstaaten im Süden Europas werden unweigerlich zu Gewahrsams- oder haben keine andere Wahl, als geschlossene Abschiebezentren einzurichten, in denen die Lage der Asylsuchenden in Bezug auf die Lebensumstände und ihre Rechte sehr problematisch ist werden.

Begründung

Der derzeitige Wortlaut kann sehr leicht falsch verstanden werden, da die Länder selbst weder zu Gewahrsamseinrichtungen noch zu sonst etwas gemacht werden. Vielmehr werden dort Abschiebezentren eingerichtet.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen:

96

Nein-Stimmen:

100

Enthaltungen:

47

Die folgenden Ziffern der Stellungnahme der Fachgruppe wurden gemäß dem vom Plenum angenommenen Änderungsantrag geändert, obwohl ihre Beibehaltung in der ursprünglichen Fassung mit mehr als einem Viertel der abgegebenen Stimmen unterstützt wurde (Artikel 43 Absatz 2 der Geschäftsordnung):

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) nimmt das neue Migrations- und Asylpaket zur Kenntnis, mit dem ein vielschichtiges und komplexes Problem angegangen werden soll. Er ist der Auffassung, dass die neuen Regelungen einen positiven Beitrag zu mehr Sicherheit an den EU-Grenzen leisten. Es wird ein besseres und sichereres Verfahren zur Kontrolle aller Personen geschaffen, die in die EU einreisen. Allerdings ist eine integrierte gemeinsame EU-Strategie, die tragfähig und zukunftsorientiert ist, dringend erforderlich und bereits seit langem überfällig. Was die Migrations- und Asylthematik insgesamt betrifft, so tischt die Kommission leider wieder die alte Suppe auf, die zwar aufgewärmt, aber den Ländern Südeuropas wie üblich kalt serviert wird. Darüber hinaus werden die vier oder fünf betroffenen Mitgliedstaaten bis zum Abschluss des Verfahrens, also für einen Zeitraum von mindestens sechs oder sieben Monaten, zu „geschlossenen Haftzentren“  (1) für die Migrantinnen und Migranten, was zu Situationen führt, die sehr viel schlimmer sind als vorher.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen:

105

Nein-Stimmen:

99

Enthaltungen:

43

1.2.

Der EWSA weist darauf hin, dass es der Kommission offenbar an gutem Willen mangelt, was seine Vorschläge angeht. In all seinen Stellungnahmen (SOC/649, SOC/669 und SOC/670) kritisiert er die Annahme sowohl der Verordnung über Asyl- und Migrationsmanagement als auch der Asylverfahrensverordnung. Der EWSA weist auch darauf hin, dass er es nach Prüfung der neun Verordnungen und seinen Kontakten zur Kommission für unwahrscheinlich hält, dass sich diese neun unterschiedlichen Verordnungen ordnungsgemäß umsetzen lassen. Es ist typisch für die Kommission, dass sie Migration nicht als zusammenhängendes Problem behandelt, sondern stattdessen deutlich macht, dass jegliche Vorschläge oder Empfehlungen im Rahmen einer anderen Verordnung vorgelegt werden. Daraus folgt, dass anstehende Fragen nicht grundlegend miteinander verknüpft werden können, sondern stattdessen im Geltungsbereich der jeweiligen Verordnung losgelöst voneinander angegangen werden. Anders ausgedrückt: Bei jeder Bemerkung werfen wir den Ball ins Feld einer anderen Rechtsvorschrift, d. h. die Kommission wehrt schlichtweg sämtliche Bemerkungen mit dem Argument ab, dass sie Gegenstand anderer Rechtsvorschriften sind.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen:

101

Nein-Stimmen:

97

Enthaltungen:

41


(1)  Der Begriff der Nichteinreise existiert bereits, sowohl im Zusammenhang mit dem Schengenraum als auch mit den geltenden Asylvorschriften (Artikel 43 der Asylverfahrensrichtlinie).


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