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Documento 52018AE2245

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Eine neue europäische Kulturagenda“ (COM(2018) 267 final)

EESC 2018/02245

ABl. C 62 vom 15.2.2019, p. 148/154 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

15.2.2019   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 62/148


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Eine neue europäische Kulturagenda“

(COM(2018) 267 final)

(2019/C 62/25)

Berichterstatter:

Antonello PEZZINI

Befassung

Europäische Kommission, 18.6.2018

Rechtsgrundlage

Artikel 167 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

 

 

Zuständige Fachgruppe

Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft

Annahme in der Fachgruppe

26.9.2018

Verabschiedung auf der Plenartagung

17.10.2018

Plenartagung Nr.

538

Ergebnis der Abstimmung

(Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

182/1/0

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) ist davon überzeugt, dass Europa eine kulturelle Gemeinschaft darstellt, die auf gemeinsamen Werten beruht, und dass die soziale Marktwirtschaft ein entscheidendes Identitätsmerkmal der europäischen Lebensweise ist, die wirtschaftliche Freiheit mit den sozialen Rechten und den Grundsätzen der Achtung der Menschenrechte vereint.

1.2.

Der EWSA hält es für entscheidend, die auf den in den Verträgen verankerten gemeinsamen Werten basierende kulturelle Dimension der Union zu festigen und auszubauen, und betrachtet sie als Schlüsselfaktor im Integrationsprozess und als Eckpfeiler der europäischen kulturellen Identität, die unentbehrlich ist, um eine inklusive, pluralistische, von Zusammenhalt geprägte und wettbewerbsfähige Gesellschaft zu schaffen.

1.2.1.

Nach Auffassung des EWSA lassen sich das europäische Aufbauwerk und die kulturelle und sprachliche Vielfalt nur durch eine Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls zu Europa und eine gemeinsame kulturelle Identität festigen.

1.2.2.

Das materielle und immaterielle Kulturerbe Europas ist nach Auffassung des EWSA das Bindemittel der europäischen Völker, das eine sehr starke identitätsstiftende Wirkung hat und eine wertvolle strategische Ressource für den sozialen Zusammenhalt ist.

1.3.

Der EWSA ist der Meinung, dass es gerade angesichts der aktuellen politischen Krise und der Identitätskrise in Europa (1) äußerst wichtig ist, der Kultur ihre zentrale Rolle zurückzugeben, die darin besteht, eine gemeinsame, verbindende Identität zu schaffen, um die in den Verträgen festgelegten gemeinsamen Werte zu verwirklichen.

1.4.

Der EWSA bewertet die Initiative, die Kultur in den Mittelpunkt der Agenda zu rücken, zwar als positiv, fordert jedoch, dass die Neubelebung der Agenda als Gelegenheit genutzt wird, sich mit der Vision einer neuen europäischen Renaissance auseinanderzusetzen, die auf die Schaffung eines europäischen Kulturraums (EKR) (2) abzielt, in dem viele gemeinsame Werte gelten, so u. a. Solidarität, Vertrauen und Mitverantwortung.

1.5.

Eine überarbeitete europäische Agenda für Kultur muss nach Auffassung des EWSA auf einer gemeinsamen strategischen Vision beruhen, die bei der Verwirklichung des EKR die folgenden Punkte berücksichtigt:

gemeinsame identitätsstiftende Werte, Freiheit und Solidarität;

zentrale Grundsätze der Freizügigkeit sowie der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit in Europa für Personen, Güter und Dienstleistungen im kulturellen Bereich;

Systeme zur Verwaltung und Planung von Maßnahmen im Bereich des Kulturerbes;

konkrete Maßnahmen für die Restaurierung und Bewahrung des unermesslichen Kulturerbes von künstlerischem Wert, das die europäische Kultur auch für die kommenden Generationen zugänglich macht (3);

Aufwertung der europäischen Kultur im Rahmen der internationalen Beziehungen;

Stärkung der Governance in der europäischen Politik, um den Akteuren mehr Gewicht zu verleihen, die auf dem Gebiet der kulturellen Ausdrucksformen und in der Kultur- und Kreativwirtschaft am Prozess des Erschaffens und kulturellen Gestaltens beteiligt sind;

Förderung von Zusammenschlüssen kleiner Unternehmen der Kreativwirtschaft, insbesondere mit jenen der Sozialwirtschaft;

Synergien und Austausch kultureller Prozesse, die dazu beitragen, die Teilhabe an den vielfältigen Ausdrucksformen der europäischen Gesellschaft zu stärken.

1.6.

In Bezug auf das kulturelle Angebot müssen die Adressaten der Maßnahmen dank neuer mehrsprachiger Kommunikationsmittel über klare und zugängliche Informationen verfügen, damit der europäische Kulturraum tatsächlich allen zugutekommt.

1.7.

Hinsichtlich der kulturellen Nachfrage hingegen hält es der Ausschuss für wesentlich, sich direkt an die Teilnehmer der Kulturmaßnahmen zu wenden, um die Teilhabe an der Schaffung der europäischen Werteidentität durch Initiativen wie „Erasmus für kulturelle Teilhabe“ und der Einführung einer — für die EU-Bürger zu steigern.

1.8.

Der EWSA ist davon überzeugt, dass er im Rahmen eines strukturierten kulturellen Dialogs eine proaktive Rolle übernehmen kann, um die demokratische Bürgerschaft, die kulturelle Identität und die gemeinsame Teilhabe an den vielfältigen kreativen Ausdrucksformen der Gesellschaft zu stärken — nicht zuletzt mit gemeinsamen Initiativen wie der Einführung einer europäischen Kulturwoche, europäischen Kulturnächten oder der Ernennung europäischer Kulturbotschafter.

1.9.

Ausgehend von den regelmäßigen Kommissionsberichten wird der Ausschuss die Daten des Fahrplans der neuen Agenda und die Vollendung des EKR aufmerksam mitverfolgen.

2.   Einleitung

2.1.

Die Kultur nimmt eine zentrale Stellung im europäischen Projekt ein und bildet das Fundament für das Prinzip „In Vielfalt geeint“ der Europäischen Union. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil unseres Zusammenlebens und kann dazu beitragen, unsere Menschlichkeit zu bereichern, die untrennbar zu unseren gesellschaftlichen Verhaltensweisen und unserem täglichen Handeln als Bürger gehört.

2.2.

Die Kultur ist daher die strategische Ressource für sozialen Zusammenhalt und interkulturellen Dialog schlechthin und bietet eine großartige Gelegenheit, unsere gemeinsame Geschichte mit ihrem großen Reichtum an kultureller Vielfalt in den verschiedenen Regionen Europas und an gemeinsamem materiellen und immateriellen Erbe zu würdigen.

2.3.

Im Vertrag von Lissabon wurde der Kultur große Bedeutung beigemessen: In der Präambel des Vertrags über die Europäische Union wird ausdrücklich die Entschlossenheit bekräftigt, „aus dem kulturellen, religiösen und humanistischen Erbe Europas“ schöpfen zu wollen. Zu den obersten Zielen zählt die Verpflichtung, den „Reichtum ihrer kulturellen und sprachlichen Vielfalt“ zu wahren und „für den Schutz und die Entwicklung des kulturellen Erbes Europas“ zu sorgen.

2.3.1.

Viele der Werte, auf denen die europäische Gesellschaft beruht, werden im Vertrag genannt: „Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte …“. Diese Werte, die wesentlicher Bestandteil der europäischen Kultur geworden sind, treten in einer Gesellschaft auf, die von den Grundsätzen des Pluralismus, der Nichtdiskriminierung, der Toleranz, des Rechts und der Solidarität geprägt ist, und müssen darin immer mehr Raum einnehmen.

2.3.2.

Die Charta der Grundrechte ist Teil des Vertrags und enthält eine ausführliche Zusammenstellung, Auswahl und Synthese von Werten, die teilweise bereits im Vertrag aufgeführt werden.

2.3.3.

Das Vorgehen der Union zielt also darauf ab, die Mitgliedstaaten zu einer verstärkten Kooperation zu bewegen, sodass ihre jeweiligen Kompetenzen auf dem Gebiet der Kulturpolitik immer mehr auf die gemeinsam beschlossenen Werte Bezug nehmen und diese sich wie ein roter Faden durch das Geflecht der sozialen Beziehungen ziehen.

2.3.4.

Das menschliche Verhalten in sozialen Beziehungen und im täglichen Handeln folgt Modellen, die bereits im Voraus im eigenen Verstand gebildet wurden (4). Diese Modelle wiederum werden durch Bildung (5) und Erziehung (6) erworben und durch die Beziehungen zu unserer Umwelt gefestigt.

2.3.5.

Daher ist es wichtig, die Werte, die die gemeinsame Grundlage der europäischen Kultur bilden, zu verbreiten und sich für sie einzusetzen, vor allem bei Jugendlichen, bereits ab dem frühen Schulalter, damit sich die „Spiegelneuronen“ festigen können, die die Handlungen, Empfindungen und Gefühle widerspiegeln, die wir bei anderen beobachten (7).

2.4.

Der Begriff der Kultur (8) ist an und für sich dynamisch, impliziert also eine Reihe von Maßnahmen, die von der europäischen Politik und den Mitgliedstaaten mithilfe der Bildung und des vorbildhaften Verhaltens entwickelt werden müssen. Die oben genannten, im Vertrag verankerten Werte entstehen nicht auf spontane Weise, sondern ergeben sich aus Erwägungen und im sozialen Umfeld gereiften Erfahrungen, die dem friedlichen Zusammenleben und dem wachsenden Vertrauen zwischen den Völkern zugrunde liegen. Sie müssen Bestandteil von Bildungsprozessen und sozialen Interaktionen sein, die sich vor allem an die jungen Generationen richten, damit diese an den ethischen Werten festhalten und diese teilen können.

2.5.

Abgesehen von ihrem sozialen und identitätsstiftenden Wert erfährt die Kultur eine zunehmende Bedeutung als treibender und strategischer Wirtschaftssektor für die Entwicklung des Pro-Kopf-Einkommens, der Sozialsysteme und des gesamteuropäischen BIP sowie für die internationalen Beziehungen.

2.6.

Schätzungen zufolge trägt die Kultur- und Kreativwirtschaft mit 4,2 % zu Europas BIP bei und weist ein Beschäftigungswachstum von 1,5 % auf. Im Jahr 2016 wurden im Kultursegment, in absoluten Zahlen ausgedrückt, 89,9 Mrd. EUR erwirtschaftet (1,8 % mehr als im Jahr 2015) und unter Berücksichtigung der induzierten Effekte ein Umsatz von mehr als 250 Mrd. EUR erzielt; 1,5 Mio. Menschen waren in diesem Bereich beschäftigt (9).

2.7.

Die kulturelle Teilhabe zu ermöglichen, ist zwar eine wesentliche Aufgabe Europas, die Wirtschafts- und Finanzkrise in Europa im Jahr 2008, die sich anschließend auch auf die Gesellschaft und die Politik auswirkte, hat jedoch zu einem Rückgang dieser Teilhabe in allen europäischen Ländern geführt, wobei die Länder Südeuropas am stärksten betroffen waren (10).

2.8.

In der europäischen Kulturagenda (11) wurden die Union und die Mitgliedstaaten 2007 verpflichtet,

die kulturelle Vielfalt zu fördern;

das Kulturerbe zu schützen;

die Hindernisse für die Freizügigkeit der in diesem Sektor tätigen Akteure zu beseitigen und

den Beitrag der Kultur- und Kreativunternehmen zu fördern.

2.8.1.

Im Arbeitsplan der EU für Kultur 2015-2018 waren im Bereich der Kulturpolitik vier Prioritäten für die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene festgelegt worden:

eine für alle zugängliche und offene Kultur;

Wahrung und Förderung des kulturellen Erbes;

Unterstützung der Kultur- und Kreativwirtschaft in einer innovativen Wirtschaft;

Förderung der kulturellen Vielfalt.

2.9.

Das Parlament hat zahlreiche Entschließungen (12) und Empfehlungen zu einem gleichberechtigten Zugang zu kulturellen Einrichtungen, zur Kultur in den außenpolitischen Beziehungen der Union sowie zur Mobilität und zur Kultur- und Kreativwirtschaft erlassen.

2.10.

Der Rat der Europäischen Union hat am 23. Mai 2018 Schlussfolgerungen über die Integration des Kulturerbes auch in andere Politikbereiche und über die Vertiefung des Dialogs mit den Organisationen der Zivilgesellschaft angenommen.

2.11.

Der EWSA hat sich seinerseits mehrfach für eine Aufwertung der Kultur- und Kreativwirtschaft und für eine Strategie internationaler Kulturbeziehungen ausgesprochen (13) und ist auch auf den Beitrag des ländlichen Raums zum europäischen Kulturerbe eingegangen (14).

3.   Die Vorschläge der neuen Agenda

3.1.

Die wichtigsten Elemente der von der Kommission vorgeschlagenen neuen Agenda lassen sich wie folgt zusammenfassen:

die kulturelle Teilhabe, die Mobilität von Kunst- und Kulturschaffenden und den Schutz des Kulturerbes fördern und dabei die Möglichkeiten der Kultur und der kulturellen Vielfalt zur Förderung von sozialem Zusammenhalt und Wohlbefinden nutzen;

Kunst und Kultur im Bildungsbereich fördern;

die internationalen Kulturbeziehungen stärken;

verstärkte Zusammenarbeit mit der Industriepolitik erreichen;

die Rolle der Kultur bei der Stärkung einer europäischen Identität nutzen;

eine enge Kooperation mit den Mitgliedstaaten und der Zivilgesellschaft realisieren.

3.2.

Die vorgeschlagenen Schlüsseldimensionen können folgendermaßen zusammengefasst werden:

3.2.1.

Soziale Dimension: die Möglichkeiten der Kultur und der kulturellen Vielfalt zur Schaffung von sozialem Zusammenhalt und sozialem Wohlbefinden nutzen;

3.2.2.

Wirtschaftliche Dimension: kulturbasierte Kreativität in Bildung und Innovation fördern, Wachstum durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze ankurbeln, die Entwicklung einer Kulturwirtschaft und entsprechender Kompetenzen begünstigen (15);

3.2.3.

Außenpolitische Dimension — die internationalen Kulturbeziehungen stärken: Förderung der Kultur in den Erweiterungsländern, im Westbalkan und in den Mittelmeerländern sowie Maßnahmen des Entwicklungsfonds AKP (16);

3.2.4.

Bereichsübergreifende Dimension: die Initiativen „Europäisches Jahr des Kulturerbes“ und „Kulturhauptstädte Europas“, neuer europäischer Aktionsplan für Kulturgüter 2019-2022, Entwicklung der Strategie Digital4Culture, Online-Verzeichnis europäischer Filme, Unterstützung des digitalen Wandels.

3.3.

Die strategische Zusammenarbeit im Rahmen der neuen Agenda wird durch das Programm Kreatives Europa und durch die anderen Programme der EU unterstützt.

4.   Allgemeine Bemerkungen

4.1.

Der EWSA hält es für entscheidend, die auf den in den Verträgen verankerten gemeinsamen Werten basierende kulturelle Dimension der Union zu festigen und auszubauen, um bei der Schaffung einer inklusiven, von Zusammenhalt geprägten und wettbewerbsfähigen Gesellschaft das Zugehörigkeitsgefühl zu festigen.

4.2.

Das materielle und immaterielle Kulturerbe Europas ist das Bindemittel der europäischen Völker, das insbesondere in Zeiten, in denen die europäische Identität und Solidarität eine Krise durchlaufen, eine sehr starke identitätsstiftende Wirkung hat.

4.3.

Der EWSA ist der Meinung, dass es gerade angesichts der aktuellen Politik- und Identitätskrise und der Governance-Krise in Europa zweckmäßig wäre, der europäischen Kultur ihre Rolle zurückzugeben, die darin besteht, identitätsstiftende Werte zu vermitteln — auch durch den Ausbau europäischer Bildungswege.

4.4.

Dieser wertebezogene Integrationsprozess muss die Grundlage für einen Qualitätssprung in einer neuen Agenda für Kultur bilden und in einem echten, auf gemeinsamen Werten beruhenden europäischen Kulturraum (EKR) münden (17) — in Anlehnung an und gemeinsam mit dem europäischen Forschungsraum.

4.5.

Dieser neue EKR sollte die folgenden mit einem Zeitplan versehenen Ziele zusammenfassen:

4.5.1.

Stärkung der europäischen kulturpolitischen Maßnahmen und Instrumente zur Förderung und Verbreitung identitätsstiftender Werte auf der Grundlage eines Gefühls der Zugehörigkeit zu einem Kern an gemeinsamen Werten;

4.5.2.

vollständige Umsetzung der Freizügigkeit sowie der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit für im Kulturbereich tätige natürliche und juristische Personen in ganz Europa;

4.5.3.

eine „Wirtschaft der Kultur“ mit sozial inklusiven Systemen zur Förderung neuer Modelle für die Bewahrung und Restaurierung des Kulturerbes und die Entwicklung der Kreativwirtschaft, auch mithilfe neuer, stark sozial ausgerichteter Unternehmensformen;

4.5.4.

Förderung der europäischen Kultur in den internationalen Beziehungen sowohl als Instrument für die Wiederbelebung der Kulturdiplomatie als auch als eine Art Soft Power in den außenpolitischen Beziehungen Europas und als ein wirtschaftlicher Multiplikator im internationalen Austausch, der die Kunstschaffenden/Kreativen zu Botschaftern für die europäische Kultur macht;

4.5.5.

Bottom-up-Mechanismen, um allen Akteuren, die auf dem Gebiet der Kunst und der Kultur- und Kreativwirtschaft direkt am Prozess des Erschaffens, Herstellens und kulturellen Gestaltens beteiligt sind, mehr Gewicht einzuräumen.

4.6.

Nach Ansicht des EWSA muss den gemeinsamen Herausforderungen mit der Schaffung eines eigenständigen „Kulturbinnenmarkts“ begegnet werden. Dabei ist folgendes zu fördern:

Mobilität der Künstler und der Dienstleistungen von Kulturunternehmen;

Mobilität der Kunstwerke;

Zusammenarbeit mittels länderübergreifender Projekte;

interkultureller Dialog;

gezielte Maßnahmen zur Stärkung der europäischen kulturellen Identität;

Maßnahmen zur Restaurierung und Bewahrung des unermesslichen kulturellen Erbes in Europa auf dem Gebiet der Kunst, darunter spezielle Maßnahmen im Bereich Forschung und Innovation multimedialer Prägung sowie im Bereich der Nachhaltigkeit (18);

Stärkung der kreativen Unabhängigkeit;

Entwicklung einer humanistischen digitalen Kultur, die in der Lage ist, die Manipulationen durch Fake News-Algorithmen und durch Desinformation im Internet zu minimieren.

4.7.

Nach Auffassung des EWSA ist es von grundlegender Bedeutung, vor allem bei jungen Menschen über den Weg der Bildung die Überzeugung zu fördern, dass die kulturelle Vielfalt und die vielfältigen Kunstformen wesentliche Elemente menschlicher Entfaltung und des Ausdrucks der Grundfreiheiten sind und dass der Austausch kultureller Prozesse zur Stärkung einer demokratischen Bürgerschaft beiträgt.

4.8.

Der EWSA betont, dass die neue europäische Agenda für Kultur, die in eine gemeinsame und bereicherte neue strategische Vision eingebettet ist, in die finanzielle Planung des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens integriert und darin verankert werden muss.

4.9.

Nach Meinung des EWSA müssen die Adressaten der regulatorischen, strukturellen und finanziellen Programme und Maßnahmen diesbezüglich über klare, transparente und über die sozialen Netze leicht zugängliche Informationen verfügen.

4.10.

Der EWSA hält es für ebenso wichtig, sich direkt an die Menschen zu wenden, an die sich die europäische Kulturpolitik letztlich richtet, um ihre Teilhabe zu steigern, nachdem diese durch die Wirtschafts- und Finanzkrise, die sich auch auf den sozialen Bereich ausgeweitet hat, auf eine harte Probe gestellt wurde.

4.10.1.

Nach Auffassung des EWSA könnten sich die Einführung eines Erasmus-Programms für kulturelle Teilhabe mit dem Ziel einer besseren kulturellen und touristischen Erschließung der Union und die Einführung einer Europäischen Kulturkarte mit erleichtertem Zugang zu den europäischen Kulturwundern sowie die Einführung europäischer Kulturwochen und -nächte insbesondere für die junge Generation als nützlich erweisen.

5.   Besondere Bemerkungen

5.1.

Ein funktionsfähiger digitaler Leitfaden mit einer in Echtzeit aktualisierten und benutzerfreundlichen Internetseite, die in allen Sprachen der EU zur Verfügung steht, muss sicherstellen, dass die vielfältigen Instrumente der Gemeinschaft, die heute verfügbar sind, tatsächlich genutzt werden können. Dazu zählen u. a. die folgenden Instrumente:

DCI II, Instrument für die Entwicklungszusammenarbeit (19);

Interreg Med Programme (20) und Med Culture Programme (2014-18) (21);

ENI, Europäisches Nachbarschaftsinstrument, vormals ENPI (22);

IPA II (2014-20) (23);

Natura-2020-Netzwerk (24);

„Ein Aktionsplan für Menschen, Natur und Wirtschaft“ von Natura 2020 (25);

LIFE (2014-20) (26);

die Strukturfonds (27);

EMODnet, Phase III, Meeresbeobachtung und Beobachtungsstellen unter Wasser (28);

Blaues Wachstum in der Union, in marinen, maritimen und touristischen Wirtschaftszweigen (29);

Leader+, Entwicklung des ländlichen Raums und des kulturellen Erbes (30);

Europa für Bürgerinnen und Bürger (2014-20) für die Geschichte und Vielfalt der Union (31);

staatliche Beihilfen für die Erhaltung des kulturellen Erbes (32);

unrechtmäßiger Handel mit Kulturgütern (33);

Copernicus (vormals GMES), Satellitendaten zur Überwachung des Kulturerbes (34);

EDEN (European Destinations of Exellence);

COSME zur Finanzierung von Initiativen im Bereich Kultur und Tourismus (35);

Kulturwege des Europarates und der Europäischen Kommission;

der „C3 Monitor“ für die Überwachung und den Vergleich von etwa 170 Kultur- und Kreativstädten in 30 europäischen Ländern im Hinblick auf die „kulturelle Vitalität“ (Cultural Vibrancy), die „Kreativwirtschaft“ (Creative Economy) und „günstige Rahmenbedingungen“ (Enabling Environment);

öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) zur Energieeffizienz historischer Gebäude;

Kulturerbe für die nachhaltige Entwicklung im Rahmen von Horizont 2020;

digitale Europeana-Plattform mit mehr als 50 Mio. digitalisierten Einträgen (Bücher, Musik, Kunstwerke) und fortschrittlichen Suchfiltern;

digitale Agenda zur Untersuchung des europäischen Filmerbes (36);

Investitionen zugunsten des Kulturerbes dank der Verordnungen zur Kohäsionspolitik (37);

Erasmus+ (38);

Europäisches Kulturerbe-Siegel zur Verleihung von Siegeln an Stätten in der Union (39);

Programm Kreatives Europa (2014-20) mit der Media-Komponente für den audiovisuellen Sektor (Unterprogramm MEDIA); einer kulturellen Komponente für den Kultur- und Kreativsektor (Unterprogramm Kultur) und einer sektorübergreifenden Komponente für alle Kultur- und Kreativsektoren (sektorübergreifender Aktionsbereich(40).

Brüssel, den 17. Oktober 2018

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Luca JAHIER


(1)  Siehe die verbreiteten populistischen und souveränistischen Bewegungen und Aspekte.

(2)  In Anlehnung an und unter Stärkung des Europäischen Forschungsraums (EFR).

(3)  Vgl. spezialisierte Einrichtungen für Restaurierungen: www.opencare.it.

(4)  Nihil est in intellectu quod prius non fuerit in sensu (J. Locke).

(5)  Lat. instruere: unterrichten, unterweisen.

(6)  Zeichen und Modelle einprägen.

(7)  Vgl. Ergebnisse in den Neurowissenschaften, die mimetisches Verhalten und die Nachahmung von Vorbildern veranschaulichen.

(8)  Lat. colere: anbauen, nähren, pflegen.

(9)  Quelle: Eurostat.

(10)  Bericht Cultural access and participation, http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/ebs/ebs_399_en.pdf.

(11)  Siehe ABl. C 287 vom 29.11.2007.

(12)  Siehe ABl. C 377 E vom 7.12.2012, S. 142; ABl. C 93 vom 9.3.2016, S. 95, Angenommene Texte, P8_TA(2016)0486.

(13)  ABl. C 288 vom 31.8.2017, S. 120.

(14)  NAT/738 (ABl. C 440 vom 6.12.2018, S. 22).

(15)  Insbesondere indem durch die P.I.S.A.-Reform die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik, engl. STEM) durch die Künste ergänzt werden (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik, Kunst, engl. STEAM) sowie im digitalen Bereich.

(16)  Staaten in Afrika, im Karibischen Raum und im Pazifischen Ozean.

(17)  Siehe auch Rahmenkonvention des Europarats über den Wert des Kulturerbes für die Gesellschaft (SEV Nr. 199), Faro 18/03/08, 27.10.2005.

(18)  Siehe Fußnote 14.

(19)  Verordnung (EU) Nr. 233/2014 (ABl. L 77 vom 15.3.2014, S. 44).

(20)  Interreg Med Programme.

(21)  Med Culture Programme.

(22)  Verordnungen (EU) Nr. 232/2014 (ABl. L 77 vom 15.3.2014, S. 27) und (EU) Nr. 236/2014 (ABl. L 77 vom 15.3.2014, S 95).

(23)  Verordnung (EU) Nr. 231/2014 (ABl. L 77 vom 15.3.2014, S. 11).

(24)  Habitat-Richtlinie 92/43/EWG (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7) und Vogelschutzrichtlinie 2009/147/EG (ABl. L 20 vom 26.1.2010, S. 7).

(25)  COM(2017) 198 final.

(26)  Verordnung (EU) Nr. 1293/2013 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 185).

(27)  Die 5 Strukturfonds: EFRE, ESF, KF, ELER, EMFF.

(28)  Beschluss (EU) 2017/848 (ABl. L 125 vom 18.5.2017, S. 43).

(29)  Entschließung des Europäischen Parlaments vom 2. Juli 2013 (2012/2297(INI)) (ABl. C 75 vom 26.2.2016, S. 24).

(30)  Verordnung (EU) Nr. 1305/2013 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 487).

(31)  Verordnung (EU) Nr. 390/2014 (ABl. L 115 vom 17.4.2014, S. 3).

(32)  Verordnung (EU) Nr. 651/2014 (ABl. L 187 vom 26.6.2014, S. 1) und Verordnung (EU) 2015/1588 (ABl. L 248 vom 24.9.2015, S. 1).

(33)  Illegaler Handel mit Kulturgütern.

(34)  Verordnung (EU) Nr. 377/2014 (ABl. L 122 vom 24.4.2014, S. 44).

(35)  Verordnung (EU) Nr. 1287/2013 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 33).

(36)  COM(2010) 487 final und COM(2014) 477 final.

(37)  ABl. L 347 vom 20.12.2013.

(38)  Verordnung (EU) Nr. 1288/2013 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 50).

(39)  Beschluss Nr. 1194/2011/EU (ABl. L 303 vom 22.11.2011, S. 1).

(40)  Verordnung (EU) Nr. 1295/2013 (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 221).


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