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Document 52018AE2470

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Ein stärkeres Europa aufbauen: Die Rolle der Jugend-, Bildungs- und Kulturpolitik“ (COM(2018) 268 final), zu dem „Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Förderung der automatischen gegenseitigen Anerkennung von im Ausland erworbenen Hochschulabschlüssen und Abschlüssen der Sekundarstufe II sowie der Ergebnisse von Lernzeiten im Ausland“ (COM(2018) 270 final — 2018/0126 (NLE)), zu dem „Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zu hochwertiger frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung“ (COM(2018) 271 final — 2018/0127 (NLE)) und zu dem „Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zu einem umfassenden Ansatz für das Lehren und Lernen von Sprachen“ (COM(2018) 272 final — 2018/0128 (NLE))

    EESC 2018/02470

    ABl. C 62 vom 15.2.2019, p. 136–141 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    15.2.2019   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 62/136


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Ein stärkeres Europa aufbauen: Die Rolle der Jugend-, Bildungs- und Kulturpolitik“

    (COM(2018) 268 final)

    zu dem „Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Förderung der automatischen gegenseitigen Anerkennung von im Ausland erworbenen Hochschulabschlüssen und Abschlüssen der Sekundarstufe II sowie der Ergebnisse von Lernzeiten im Ausland“

    (COM(2018) 270 final — 2018/0126 (NLE))

    zu dem „Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zu hochwertiger frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung“

    (COM(2018) 271 final — 2018/0127 (NLE))

    und zu dem „Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zu einem umfassenden Ansatz für das Lehren und Lernen von Sprachen“

    (COM(2018) 272 final — 2018/0128 (NLE))

    (2019/C 62/23)

    Berichterstatterin:

    Tatjana BABRAUSKIENĖ

    Befassung

    Europäische Kommission, 18.6.2018

    Rechtsgrundlage

    Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

     

     

    Zuständige Fachgruppe

    Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft

    Annahme in der Fachgruppe

    26.9.2018

    Verabschiedung auf der Plenartagung

    18.10.2018

    Plenartagung Nr.

    538

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    117/0/2

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA)

    1.1.

    begrüßt die Initiative als nächsten Schritt zur Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte, um das Recht auf gleichberechtigten Zugang zu hochwertiger und inklusiver allgemeiner und beruflicher Bildung und lebenslangem Lernen zu wahren. Dies ist für die weitere und engere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten unter Achtung ihrer nationalen Zuständigkeit in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen von wesentlicher Bedeutung;

    1.2.

    ist der Auffassung, dass die neue Initiative in eine langfristige Vision der EU-Strategien für eine lebenslange und sämtliche Lebensbereiche umfassende allgemeine und berufliche Bildung im Rahmen der Strategie Europa 2020 und des strategischen Rahmens „ET 2020“ eingebunden werden und als Vorbereitung auf kommende EU-Strategien dienen sollte. Dies beinhaltet die Konzepte und Strategien für die berufliche Aus- und Weiterbildung sowie für die Erwachsenenbildung;

    1.3.

    betont, dass Bildung in erster Linie auf ganzheitliches Lernen, demokratische Staatsbürgerschaft und gemeinsame europäische Werte ausgerichtet sein sollte, damit unter Achtung und Bereicherung der kulturellen Vielfalt sowie zur Ausprägung eines Zugehörigkeitsgefühls Frieden, Sicherheit, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit, Solidarität und gegenseitiger Respekt, offene Märkte, nachhaltiges Wachstum, soziale Inklusion und Gerechtigkeit sichergestellt werden;

    1.4.

    weist darauf hin, dass die Aufgabe der allgemeinen und beruflichen Bildung und des lebenslangen Lernens darin besteht, junge Menschen und Erwachsene auf ihre Rolle als verantwortungsvolle demokratische Bürgerinnen und Bürger vorzubereiten und sie in dieser Rolle zu unterstützen, sowie ihnen dabei hilft, einen qualitativ hochwertigen und produktiven Arbeitsplatz mit fairen Beschäftigungsbedingungen zu finden und geeignete Kompetenzen zu erwerben;

    1.5.

    vertritt die Auffassung, dass der europäische Bildungsraum alle einbeziehen sollte, und ermutigt die Regierungen deshalb, Maßnahmen zu ergreifen, um echte Inklusion beim formalen und nichtformalen Lernen zu erreichen sowie das informelle Lernen zu fördern und anzuerkennen;

    1.6.

    weist die Regierungen auf weiterhin bestehende Lücken beim gleichberechtigten Zugang zu hochwertiger Bildung für Kinder mit einem sozioökonomisch benachteiligten Hintergrund hin, insbesondere Minderheiten, Migranten, Kinder mit Behinderungen und Kinder in ländlichen Gebieten in verschiedenen Regionen Europas. Es ist entscheidend, dass der europäische Bildungsraum die Eingliederung von Migranten und Flüchtlingen in die Bildungssysteme und in den Arbeitsmarkt aktiv unterstützt, unter besonderer Berücksichtigung der Validierung und Anerkennung ihres allgemeinen und beruflichen Bildungsniveaus sowie ihrer Berufserfahrungen;

    1.7.

    ist der Ansicht, dass zur Verwirklichung der Ziele dieser Initiative nachhaltige nationale Bildungsinvestitionen von mehr als 5 % des BIP pro Mitgliedstaat sowie die Unterstützung durch vorhandene EU-Finanzierungsinstrumente, einschließlich des Programms Erasmus+, und das Europäische Semester erforderlich sind;

    1.8.

    hält es für erforderlich, im Rahmen des Europäischen Bezugsrahmens zu Schlüsselkompetenzen das Erlernen von Fremdsprachen und die Validierung von nichtformal und informell erworbenen Sprachkenntnissen durch nachhaltige öffentliche Mittel zu unterstützen. Der Fremdsprachenerwerb sollte sowohl auf junge Menschen als auch auf Erwachsene ausgerichtet sein, und bedürftige Menschen sollten beim Lernen einer Fremdsprache unterstützt werden. Der Fremdsprachenerwerb sollte im Rahmen des Lernens in der Familie gefördert und als Teil der formalen und nichtformalen Bildung verbessert werden;

    1.9.

    befürwortet die in dem Vorschlag enthaltene Forderung nach mehr Investitionen in die berufliche Erstausbildung und Weiterbildung von Sprachlehrkräften, um den Mangel an qualifizierten Sprachlehrkräften zu beheben;

    1.10.

    begrüßt, dass der Vorschlag darauf abzielt, Regierungen weitere Anreize zu geben, den Zugang zur frühkindlichen Erziehung und Bildung sowie deren Qualität zu verbessern. Es sind jedoch weitere Anstrengungen nötig, um die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sicherzustellen, dafür zu sorgen, dass eine hochwertige, erschwingliche frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung ein Recht aller Kinder und Familien wird, und dass die wichtige Rolle des Lernens in der Familie, das Eltern bei ihrer Aufgabe Selbstvertrauen gibt und zum Lernen im Erwachsenenalter beiträgt, Anerkennung findet;

    1.11.

    befürwortet den Vorschlag, dass das Personal in der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung förderliche Arbeitsbedingungen haben und die Professionalisierung des Personals erhöht werden sollte; fordert mit Nachdruck, dass die Attraktivität des Lehrberufs sowie ein ausgewogenes Verhältnis von Männern und Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter in dieser Berufsgruppe sichergestellt werden;

    1.12.

    verweist auf die Bedeutung der grenzübergreifenden Anerkennung von Lernzeiten in allen Formen der Sekundar- und Hochschulbildung sowie von Abschlüssen der Sekundarstufe II, die im Rahmen der allgemeinen und beruflichen Bildung bzw. einer Ausbildung erworben wurden und im Heimatland den Zugang zur Hochschulbildung ermöglichen. Die Lernmobilität ist von wesentlicher Bedeutung für die aktive Teilhabe an der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt und sollte durch Vertrauen in Programme und Abschlüsse gestärkt werden und auf gut entwickelten Qualitätssicherungssystemen fußen;

    1.13.

    weist darauf hin, dass sich die europäischen Werkzeuge, Instrumente und Grundsätze für Hochschul- und Berufsausbildung ergänzen und gegenseitig unterstützen sollten (EQR, ECVET, EQAVET, EQAR usw.), wobei für eine automatische Anerkennung der Lernmobilität in Europa der Lernergebnisansatz in der EU vollständig umgesetzt werden muss;

    1.14.

    hebt hervor, dass ein weiterer zentraler Punkt der Initiative die Anerkennung von formalem, nichtformalem und informellem Lernen im Ausland sein sollte und verweist auf die Rolle der Interessenträger, der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft bei der Anerkennung von Lernergebnissen sowie auf die Rolle von Beratungslehrern bei der Unterstützung des Prozesses; ruft im Sinne einer Optimierung der Validierungsverfahren die beratende Gruppe für den EQR und das Cedefop dazu auf, das Europäische Verzeichnis für die Validierung nichtformalen und informellen Lernens (VNFIL) sowie die europäischen Leitlinien für die Validierung nichtformalen und informellen Lernens als Qualitätsstandards für die Mitgliedstaaten, Sozialpartner und Interessenträger zu verbessern;

    1.15.

    unterstreicht, dass das Ziel einer hochwertigen und inklusiven Bildung im Rahmen der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung sowie die Verbesserung des Fremdsprachenerwerbs und die gegenseitige Anerkennung von Sekundarschulabschlüssen auf allen Ebenen von Regierungen, Arbeitgebern und Gewerkschaften in einem effizienten sozialen Dialog mit anderen Interessenträgern diskutiert werden müssen.

    2.   Politischer Hintergrund

    2.1.

    Für die Bildungs- und Kulturpolitik sind in erster Linie die Mitgliedstaaten zuständig. Schon viele Jahre hat die Europäische Union jedoch gemäß Artikel 165 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union eine wichtige ergänzende Rolle gespielt. Es liegt daher im gemeinsamen Interesse aller Mitgliedstaaten, das volle Potenzial von Bildung und Kultur als Antriebskräfte für Beschäftigung, Wirtschaftswachstum und soziale Gerechtigkeit zu nutzen sowie als Wege, die europäische Identität in ihrer gesamten Vielfalt zu erleben.

    2.2.

    Im November 2017 wurde auf dem Sozialgipfel in Göteborg die europäische Säule sozialer Rechte proklamiert, mit der das Recht auf gleichberechtigten Zugang zu allgemeiner und beruflicher Bildung und lebenslangem Lernen verankert wird und die auf der Kommissionsmitteilung COM(2017) 673 final fußt. Dies führte zu den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 14. Dezember 2017, in denen die Mitgliedstaaten, der Rat und die Kommission aufgerufen wurden, die in Göteborg diskutierte Agenda weiter voranzutreiben.

    2.3.

    In dem sogenannten ersten Maßnahmenpaket zum europäischen Bildungsraum wurde die Empfehlung des Rates COM(2018) 23 final (angenommen am 22. Mai 2018) vorgeschlagen, die auf der Erklärung von Paris zur Förderung von politischer Bildung und der gemeinsamen Werte von Freiheit, Toleranz und Nichtdiskriminierung durch Bildung der Bildungsminister aus dem Jahr 2015 aufbaut. Die Ankündigung erfolgte in der Kommissionsmitteilung COM(2016) 379 final vom 14. Juni 2016.

    2.4.

    Am 22. Mai veröffentlichte die Kommission das zweite Bildungspaket, das weitere Vorschläge zur Einrichtung eines europäischen Bildungsraums bis 2025 enthält.

    2.5.

    Diese Stellungnahme des EWSA bezieht sich auf das zweite Bildungspaket, bei dem weitere Herausforderungen im Mittelpunkt stehen, die bewältigt werden müssen, um einen hochwertigen und inklusiven europäischen Bildungsraum zu schaffen, wie zum Beispiel das Erlernen von Fremdsprachen, die automatische gegenseitige Anerkennung von Abschlüssen der Sekundarstufe II und hochwertige frühkindliche Erziehung und Bildung.

    3.   Allgemeine Bemerkungen

    3.1.

    Der EWSA ist der Überzeugung, dass die Schaffung eines europäischen Bildungsraums eine Schlüsselstrategie für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten unter Achtung ihrer nationalen Zuständigkeiten in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen darstellt, mit der auf die sozialen, wirtschaftlichen, demographischen, ökologischen und technologischen Entwicklungen reagiert werden kann und diese Entwicklungen vorangetrieben werden können, um unter Wahrung einer starken sozialen Dimension die wettbewerbsgerechte Integration Europas als Wirtschaftsmacht in der Welt zu verwirklichen.

    3.2.

    Die Initiative ist ein ausgezeichneter nächster Schritt auf dem Weg zur Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte, um das Recht auf gleichberechtigten lebenslangen Zugang zu hochwertiger allgemeiner und beruflicher Bildung und Beratung in inklusiver Form (1) sicherzustellen, und baut auf der Kommissionsmitteilung COM(2017) 673 final auf, in der der europäische Bildungsraum angekündigt wird.

    3.3.

    Der EWSA betont, dass unser gemeinsames Ziel darin liegt, dass bei der allgemeinen und beruflichen Bildung und lebenslangem Lernen der ganzheitliche Ansatz im Mittelpunkt steht, wobei besonderes Augenmerk auf der demokratischen Staatsbürgerschaft und den gemeinsamen europäischen Werten und der europäischen Identität liegt, damit Frieden, Sicherheit, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit, Solidarität und gegenseitiger Respekt, nachhaltiges Wachstum, soziale Inklusion und Gerechtigkeit gewährleistet sind und die kulturelle Vielfalt gewahrt und bereichert und ein Zugehörigkeitsgefühl zur EU gestärkt werden.

    3.4.

    Unter dem Verweis auf die entscheidende Rolle, die die allgemeine und berufliche Bildung und das lebenslange Lernen dabei spielen, junge Menschen und Erwachsene auf ihre Rolle als demokratische Bürgerinnen und Bürger vorzubereiten und ihnen dabei zu helfen, hochwertige Arbeitsplätze unter fairen Beschäftigungsbedingungen zu finden, sowie unter besonderer Beachtung der Gleichstellung der Geschlechter sollte der europäische Bildungsraum allen offen stehen und Regierungen Anreize geben, eine echte Inklusion im Bereich des formalen, informellen und nichtformalen Lernens anzustreben und dabei das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen berücksichtigen.

    3.5.

    In diesem Sinne und unter Verweis auf seine Stellungnahme (2) ist der EWSA der Auffassung, dass der europäische Bildungsraum Regierungen außerdem Anregungen geben sollte, wie eine aktive Unterstützung für die Integration von Migranten und Flüchtlingen in die Bildungssysteme und in den Arbeitsmarkt aussehen könnte. Zentrale Punkte sind hier, dass allgemeine und berufliche Bildung, Ausbildungen sowie Berufserfahrungen der Migranten und Flüchtlinge validiert und anerkannt werden.

    3.6.

    Eine Reform und Anpassung der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung benötigen Zeit. Der EWSA würde es begrüßen, wenn die neue Initiative im Rahmen der Strategie Europa 2020 und des strategischen Rahmens „ET 2020“ unter der Bezeichnung „europäischer Raum des lebenslangen Lernens 2025“ in ein langfristiges Konzept von EU-Strategien für allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen eingebunden und als Vorbereitung auf kommende EU-Strategien dienen würde.

    3.7.

    Im Hinblick auf eine hochwertige und inklusive frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung, eine Verbesserung des Fremdsprachenerwerbs und die gegenseitige Anerkennung von Sekundarschulabschlüssen müssen diese Initiativen auf allen Ebenen von Regierungen, Arbeitgebern und Gewerkschaften in einem effizienten sozialen Dialog mit anderen Interessenträgern diskutiert werden, vor allem mit Lehrkräften und anderen Akteuren im Bildungswesen, Eltern, Beratungslehrern und Lernenden, aber auch mit Einrichtungen der Gemeinschaft und zivilgesellschaftlichen Organisationen.

    3.8.

    Der EWSA verweist auf die Initiative „Netzwerke europäischer Hochschulen“ als einen basisnahen Prozess, der Hochschulen Anreize gibt, Netzwerke zu errichten, in deren Rahmen gemeinsame kombinierte Abschlüsse vereinbart werden können und die Mobilität der Lernenden verbessert und der Fremdsprachenerwerb erleichtert werden kann. Unter Hinweis auf seine Stellungnahme (3) ruft der EWSA bei der Schaffung von Netzwerken für Lehrkräfte, Wissenschaftler und Studierende zu Inklusion und Vielfalt sowie dazu auf, allen Hochschulen im Rahmen des Bologna-Prozesses die Möglichkeit zur Einrichtung von Netzwerken zu eröffnen.

    3.9.

    Der EWSA spricht sich mit Blick auf die Idee eines europäischen Studentenausweises dafür aus, dass diese Initiative auf dem erfolgreichen System für Studentenausweise aufbaut und dass im Rahmen dieser Initiative bereits vorhandene Studentenausweise aktualisiert werden. Unter Verweis auf seine Stellungnahme (4) erinnert er daran, dass ein neuer Ausweis einen klaren Mehrwert bieten und eine Ergänzung bereits vorhandener Ausweise darstellen muss.

    3.10.

    Zur Verwirklichung der Ziele des europäischen Bildungsraums sind nachhaltige nationale Bildungsinvestitionen von mehr als 5 % des BIP pro Mitgliedstaat sowie die Unterstützung durch EU-Finanzierungsinstrumente im nächsten mehrjährigen Finanzrahmen, insbesondere durch das Programm Erasmus+ und den EFSI, notwendig. Der EWSA fordert, dass die Prioritäten des künftigen Programms Erasmus+ und der künftigen EU-Strategie für die Jugend eine ganzheitliche und inklusive allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen umfassen. Der EWSA begrüßt die Rolle des Europäischen Semesters bei der Unterstützung von Strukturreformen, die zum Ziel haben, die Bildungspolitik in Übereinstimmung mit dieser Initiative zu verbessern.

    3.11.   Besseres Lehren und Lernen von Sprachen

    3.11.1.

    Der EWSA hält diese Initiative für äußerst wichtig, da die fremdsprachliche Kompetenz von Lernenden nach Ende der Pflichtschulzeit in der Regel ein niedriges Niveau hat und es zwischen den Mitgliedstaaten sehr große Unterschiede gibt (5). Mit der zunehmenden Mobilität innerhalb Europas und der bisher noch nie dagewesenen Anzahl Schulkinder mit anderen Muttersprachen aus Drittstaaten müssen wir die vor uns liegenden Herausforderungen und Chancen neu überdenken, damit Mehrsprachigkeit zu einem echten Vorteil für die EU wird. Sprachen sollten als gleichwertig angesehen werden und daher sollte der Fremdsprachenerwerb sowohl von EU- als auch von Nicht-EU-Sprachen unterstützt werden.

    3.11.2.

    Schulen müssen dabei unterstützt werden, ein mehrsprachiges Lernumfeld zu schaffen und das richtige Gleichgewicht zwischen dem Erlernen von Fremdsprachen und einer hohen Lese-, Schreib- und Kommunikationskompetenz in der Muttersprache bzw. den Muttersprachen zu finden. Durch integriertes Lernen von Inhalten und Sprache können Mobilität und Integration gefördert werden. Für den Fremdsprachenerwerb ist eine effizientere Nutzung von digitalen und online verfügbaren Sprachlernprogrammen von grundlegender Bedeutung. Zu diesem Zweck sind die Qualität und Zertifizierung dieser Programme sicherzustellen, und es muss für alle Menschen gewährleistet sein, dass sie Zugang haben, Unterstützung bekommen und dass die Programme erschwinglich sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Menschen möglicherweise Unterstützung benötigen, damit sie sich geeignete Programme leisten bzw. die Programme auswählen und gewinnbringend nutzen können.

    3.11.3.

    Mit Blick auf die Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses und der Mobilität und somit der europäischen Bürgerschaft begrüßt der EWSA die Schwerpunktsetzung auf dem Erlernen von Fremdsprachen. 64 Mio. gering qualifizierte Erwachsene müssen für eine aktive EU-Bürgerschaft, den Erhalt ihres Arbeitsplatzes und die Verbesserung ihrer Beschäftigungsperspektiven ihre Grundkompetenzen, einschließlich ihrer Sprachkenntnisse, verbessern (6). Für den Einzelnen bedeutet das Erlernen von Fremdsprachen die Eröffnung neuer persönlicher und beruflicher Möglichkeiten. Auf gesellschaftlicher Ebene stärkt es das kulturelle Bewusstsein, das gegenseitige Verständnis und den sozialen Zusammenhalt, und wirtschaftlich gesehen tragen Arbeitnehmer mit Sprachkenntnissen und interkulturellen Kompetenzen dazu bei, dass die Unternehmen, für die sie arbeiten, auf globalen Märkten bestehen und wachsen können.

    3.11.4.

    Zielgruppe des Fremdsprachenerwerbs sollten alle Menschen sein. Bedürftige Menschen sollten beim Erlernen von Fremdsprachen unterstützt werden. Der Fremdsprachenerwerb sollte im Rahmen des formalen, nicht-formalen und informellen Lernens verbessert, als Teil des Europäischen Bezugsrahmens zu Schlüsselkompetenzen umgesetzt und mit nachhaltigen öffentlichen Mitteln gefördert werden.

    3.11.5.

    In den Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen 2018 (7) wird vorgeschlagen, dass die „Mobilität von Arbeitskräften und Lernenden […] gefördert werden [sollte], um den Erwerb der für die Beschäftigungsfähigkeit maßgeblichen Kompetenzen zu verstärken und das Potenzial des europäischen Arbeitsmarktes voll auszuschöpfen“. Mangelnde Sprachkenntnisse behindern die Mobilität erheblich. Der EWSA hebt hervor, dass in dem Vorschlag auch Lernende angesprochen werden sollten, die dem schulpflichtigen Alter längst entwachsen sind, und hebt den Fremdsprachenerwerb für alle hervor, von jungen Menschen bis hin zu Rentnern, mit besonderem Schwerpunkt auf der Berufsausbildung und beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen, Hochschulbildung und Erwachsenenbildung.

    3.11.6.

    Die Strategien für das Erlernen von Fremdsprachen sollten darauf abzielen, das Prinzip des praktischen „Learning by doing“ zu vermitteln und auf Schüleraustausch sowie auf freiwilligen und anderen Aktivitäten wie dem Europäischem Solidaritätskorps basieren, die im Rahmen von aktuellen und künftigen Erasmus+-Programmen gefördert werden.

    3.11.7.

    Der Mangel an qualifizierten Lehrkräften für Fremdsprachen stellt in der Tat ein ernstes Problem dar, und der EWSA begrüßt die im Vorschlag enthaltene Forderung nach mehr Investitionen in die Erstausbildung und die berufliche Weiterbildung von Lehrkräften für Fremdsprachen, um die beruflichen Qualifikationsanforderungen der EU-Mitgliedstaaten zu erfüllen.

    3.12.   Hochwertige frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung

    3.12.1.

    Der in der „ET 2020“-Strategie vorgesehene Richtwert, mit dem eine frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung für 95 % der Kinder zwischen der Vollendung des 4. Lebensjahrs und dem Erreichen des schulpflichtigen Alters angestrebt wird, wurde fast erreicht. Allerdings haben in der EU 17 Mio. der mehr als 32 Mio. Kinder, die das schulpflichtige Alter noch nicht erreicht haben, nach wie vor keinen Zugang zu frühkindlicher Betreuung. Darüber hinaus bestehen weiterhin Lücken im Hinblick auf den gleichberechtigten Zugang für Kinder mit einem sozioökonomisch benachteiligten Hintergrund, insbesondere Minderheiten, Migranten, Kinder mit Behinderungen und Kinder in ländlichen Gebieten in verschiedenen Regionen Europas.

    3.12.2.

    Der EWSA begrüßt, dass der Vorschlag darauf abzielt, die Mitgliedstaaten weiter dazu aufzurufen, den Zugang zur frühkindlichen Bildung und Erziehung sowie deren Qualität zu verbessern. Es sind jedoch weitere Anstrengungen notwendig, um sicherzustellen, dass hochwertige, erschwingliche frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung ein Recht ist, das alle Kinder und Familien in Anspruch nehmen können. Hochwertige Angebote spielen eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung der Bildungsergebnisse einschließlich der Entwicklung sozialer Kompetenzen. Die Teilnahme an einer qualitativ hochwertigen frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung führt zu einem besseren Erwerb von Grundfertigkeiten und stellt eine starke Maßnahme zur Verhinderung des frühzeitigen Schulabgangs dar.

    3.12.3.

    Die Kommission hebt die hohe Vereinbarkeit mit der Politik der Europäischen Union in anderen Bereichen hervor. Der EWSA begrüßt insbesondere, dass eine Verbindung zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Eltern und pflegende Angehörige“ (8) gesehen wird, in der die Notwendigkeit hochwertiger formeller Betreuungsdienste in ganz Europa anerkannt wird. Der EWSA hat in vielen seiner Stellungnahmen auf diese Wechselbeziehung hingewiesen, um die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu fördern und ungerechtfertigte Lohngefälle zu reduzieren sowie um sicherzustellen, dass die wichtige Rolle des Lernens in der Familie Berücksichtigung findet, das Eltern bei ihrer Aufgabe Selbstvertrauen gibt und zum Lernen im Erwachsenenalter beiträgt.

    3.12.4.

    Das Personal in der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung sollte unterstützt werden, um die Professionalisierung zu erhöhen und förderliche Arbeitsbedingungen entstehen zu lassen. Die Erstausbildung und berufliche Weiterbildung von Lehrpersonal in der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung sollten qualitativ hochwertig sein und den Bedürfnissen von Erziehern und Kindern entsprechen, dies betrifft beispielsweise die Frage der Gewährleistung der Inklusion sowie die Vermittlung demokratischer Werte.

    3.12.5.

    Laut OECD (2015) (9) besteht im Lehrerberuf ein starkes Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern, da sieben von zehn Lehrkräften weiblich sind. In OECD-Ländern (2015) sind 97 % der Lehrkräfte im Vorschulbereich und 83 % der Lehrkräfte im Grundschulbereich weiblich, wohingegen im Hochschulbereich lediglich 43 % der Lehrkräfte Frauen sind. Mit dem Ziel, dass Kinder im Bereich der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung männliche Vorbilder haben, und angesichts des Zusammenhangs zwischen dem Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern und dem derzeitigen Ansehen und Gehalt sowie den herrschenden Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte in diesem Bereich, sind das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern und die Erhöhung der Zahl der männlichen Lehrkräfte nach wie vor Fragen, die ein schnelles Handeln erfordern.

    3.13.   Automatische gegenseitige Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen und Lernzeiten im Ausland

    3.13.1.

    Der EWSA begrüßt, dass die Initiative darauf abzielt, dass allen Studierenden, Auszubildenden oder Schülern, die im Rahmen einer Qualifizierungs- oder einer Lernmobilität einen Lernaufenthalt im Ausland absolviert haben, diese Erfahrung automatisch für die Zwecke ihrer weiteren Ausbildung anerkannt wird. Die Lernmobilität fördert den Erwerb der für eine aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und am Arbeitsmarkt unabdingbaren Kompetenzen und Erfahrungen und sollte durch die Förderung des Vertrauens in Studienprogramme und Qualifikationen verbessert werden.

    3.13.2.

    Damit die Wiederholung von ganzen Schuljahren/-zeiträumen vermieden wird, unterstreicht der EWSA die Bedeutung der grenzübergreifenden Anerkennung von Lernzeiten im Sekundar- und Hochschulbereich und von Abschlüssen der Sekundarstufe II, die im Heimatland den Zugang zur Hochschulbildung ermöglichen.

    3.13.3.

    Der EWSA unterstreicht, dass ein Schwerpunkt der Initiative auch auf der Anerkennung von formalem, nichtformalem und informellem Lernen im Ausland liegen sollte und dass die Rolle von Interessenträgern, Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft bei der Anerkennung von Studien- und Bildungsergebnissen zur Kenntnis genommen wird (10). In dieser Hinsicht verweist er auf die Bedeutung der Empfehlung des Rates vom 20. Dezember 2012 zur Validierung nichtformalen und informellen Lernens und der weiteren Verbesserung der nationalen Validierungssysteme. Zur Optimierung der Validierungsprozesse ruft der EWSA die beratende Gruppe für den EQR und das Cedefop dazu auf, das Europäische Verzeichnis für die Validierung nichtformalen und informellen Lernens (11) und die europäischen Leitlinien für die Validierung nichtformalen und informellen Lernens (12) als Qualitätsstandards für die Mitgliedstaaten, Sozialpartner und Interessenträger zu verbessern. Es sollte besonders darauf geachtet werden, dass die notwendigen Bedingungen, Synergien und Vorteile einer verbesserten Koordinierung zwischen der Validierung nichtformalen und informellen Lernens und den Orientierungs- und Beratungsdiensten nachvollziehbar werden (13).

    3.13.4.

    Durchlässigkeit und Vertrauen zwischen der beruflichen Bildung und der Hochschulbildung zu schaffen, stellt nach wie vor eine Herausforderung dar, nicht nur über Grenzen hinweg, sondern auch innerhalb der einzelnen Länder. Die akademische und die berufliche Bildung sollten gleichwertig sein. Europäische Werkzeuge, Instrumente und Grundsätze für Hochschulbildung und berufliche Bildung sollten sich gegenseitig unterstützen (EQR, ECVET, EQAVET, EQAR usw.), wobei für eine automatische Anerkennung der Lernmobilität in Europa der Lernergebnisansatz vollständig umgesetzt werden muss.

    Brüssel, den 18. Oktober 2018

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Luca JAHIER


    (1)  ABl. C 173 vom 31.5.2017, S. 1.

    (2)  ABl. C 264 vom 20.7.2016, S. 19.

    (3)  ABl. C 71 vom 24.2.2016, S. 11.

    (4)  ABl. C 132 vom 3.5.2011, S. 55.

    (5)  Eurydice: Schlüsselzahlen zum Sprachenlernen an den Schulen in Europa, Ausgabe 2017.

    (6)  Cedefop (2017). Investing in skills pays off: the economic and social cost of low-skilled adults in the EU (Investitionen in Kompetenzen zahlen sich aus: volkswirtschaftliche und soziale Kosten gering qualifizierter Erwachsener in der EU). Luxemburg: Amt für Veröffentlichungen. Cedefop Forschungsbericht Nr. 60.

    (7)  https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/2017-comm-677-annex_de.pdf.

    (8)  COM(2017) 253 final — 2017/085 (COD).

    (9)  OECD: Bildung auf einen Blick 2018.

    (10)  ABl. C 13 vom 15.1.2016, S. 49.

    (11)  http://www.cedefop.europa.eu/de/events-and-projects/projects/validation-non-formal-and-informal-learning/european-inventory.

    (12)  http://www.cedefop.europa.eu/de/publications-and-resources/publications/3073.

    (13)  Cedefop (erscheint in Kürze), Validation of non-formal and informal learning and career guidance (Validierung nichtformalen und informellen Lernens und Berufsberatung).


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