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Document 52017AE6021

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Hin zu einer möglichst breiten Verwendung alternativer Kraftstoffe — ein Aktionsplan zur Infrastruktur für alternative Kraftstoffe nach Artikel 10 Absatz 6 der Richtlinie 2014/94/EU, einschließlich einer Bewertung der nationalen Strategierahmen nach Artikel 10 Absatz 2 der Richtlinie 2014/94/EU (COM(2017) 652 final)

    EESC 2017/06021

    ABl. C 262 vom 25.7.2018, p. 69–74 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    25.7.2018   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 262/69


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — Hin zu einer möglichst breiten Verwendung alternativer Kraftstoffe — ein Aktionsplan zur Infrastruktur für alternative Kraftstoffe nach Artikel 10 Absatz 6 der Richtlinie 2014/94/EU, einschließlich einer Bewertung der nationalen Strategierahmen nach Artikel 10 Absatz 2 der Richtlinie 2014/94/EU

    (COM(2017) 652 final)

    (2018/C 262/12)

    Berichterstatter:

    Séamus BOLAND

    Befassung

    Europäische Kommission, 18.1.2018

    Rechtsgrundlage

    Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

     

     

    Zuständige Fachgruppe

    Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft

    Annahme in der Fachgruppe

    5.4.2018

    Verabschiedung auf der Plenartagung

    19.4.2018

    Plenartagung Nr.

    534

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    170/1/3

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1.

    Diese Stellungnahme setzt sich in erster Linie mit der Bereitstellung einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe vor dem Hintergrund der Verpflichtungen der EU gemäß dem Übereinkommen von Paris auseinander. Damit schließt sie an die vielen bisherigen EWSA-Stellungnahmen zur Verkehrsthematik an. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) empfiehlt nachdrücklich, dass die EU und sämtliche Interessenträger der Umsetzung des Aktionsplans zur Infrastruktur für alternative Kraftstoffe Vorrang einräumen.

    1.2.

    Der EWSA begrüßt ausdrücklich die Initiative der Europäischen Kommission zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors und insbesondere ihre Absicht, die Bereitstellung der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe voranzutreiben, damit die Treibhausgasemissionen und Luftschadstoffemissionen bis 2050 auf null sinken.

    1.3.

    Der EWSA stellt jedoch mit Sorge fest, dass die Umsetzung der von den einzelnen Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Dekarbonisierung festgelegten nationalen Strategierahmen bislang weit hinter den damit verfolgten Zielsetzungen zurückbleibt. Deshalb dürfte auch der Aktionsplan zur Infrastruktur für alternative Kraftstoffe kaum Aussicht auf Erfolg haben. Der EWSA empfiehlt nachdrücklich, dass die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten dieser Angelegenheit große Dringlichkeit beimessen.

    1.4.

    Der EWSA empfiehlt deshalb, dass die Europäische Kommission die nationalen Strategierahmen dringend überprüft, um sicherzustellen, dass die Zielsetzungen erreicht werden.

    1.5.

    Der EWSA empfiehlt, dass die Mitgliedstaaten sämtliche Hindernisse, u. a. den Verlust von Steuereinnahmen aus fossilen Brennstoffen, ermitteln und beseitigen sollten.

    1.6.

    Der EWSA nimmt das bedeutende finanzielle Engagement der EU für die Bereitstellung der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe zur Kenntnis. Er befürchtet jedoch, dass der Finanzbedarf zu niedrig veranschlagt worden ist und nicht genügend privatwirtschaftliche Finanzmittel mobilisiert werden. Der EWSA empfiehlt dringend, den veranschlagten Mittelbedarf zu überprüfen und anzuheben sowie ggf. geeignete Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, wenn die finanziellen Zielvorgaben nicht erreicht werden.

    1.7.

    Der EWSA nimmt zur Kenntnis, dass auch die Schifffahrt und die Luftfahrt sich auf die von allen Interessenträgern vereinbarten Dekarbonisierungsziele festgelegt haben. Er empfiehlt indes, den notwendigen Dialog zwischen der Europäischen Kommission, den Mitgliedstaaten und diesen beiden Sektoren kurzfristig zu intensivieren.

    1.8.

    Der EWSA moniert, dass die Verbraucher kaum teilhaben und auch von den einschlägigen Interessenträgern kaum einbezogen werden. Er empfiehlt daher nachdrücklich, den Verbrauchern eine sehr viel wichtigere Rolle bei allen Aspekten des Ausbaus der alternativen Kraftstoffe zuzugestehen.

    1.9.

    Der EWSA empfiehlt, neue Quellen zur Gewinnung von Seltenen Erden zu erforschen. Er empfiehlt ferner, dass die Europäische Kommission in Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten stets aktualisierte Informationen über die jüngsten Entwicklungen im Bereich Verkehrstechnologie bereitstellt.

    1.10.

    Der EWSA begrüßt die Priorisierung von Maßnahmen in städtischen Gebieten, weist indes darauf hin, dass Programme aufgestellt werden müssen, die auch für den Verkehr im ländlichen Raum geeignet sind. Deshalb empfiehlt der EWSA, im Rahmen solcher Programme auch den Aufbau von Infrastruktur zur Nutzung von Biokraftstoff zu fördern, der in Biogasanlagen aus landwirtschaftlichen und anderen Abfällen erzeugt wird. Diese Programme könnten die Schaffung von Infrastrukturen umfassen, die sich auf die Nutzung moderner Biokraftstoffe landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder anderen Ursprungs stützen.

    2.   Einleitung

    2.1.

    Im Mittelpunkt dieser Stellungnahme steht der Aktionsplan, der auf die Bereitstellung der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe in der EU abhebt. Der EWSA hat bereits Stellungnahmen zu dem übergeordneten Mobilitätspaket wie auch zu anderen Aspekten der Verkehrsthematik verabschiedet. Deshalb wird in dieser Stellungnahme nicht der übergreifende Zusammenhang zwischen Verkehr und Klimawandel erörtert. Die Bereitstellung einer Infrastruktur, die im Einklang mit der Strategie der Europäischen Kommission zur Umsetzung des Übereinkommens von Paris die Umstellung von konventionellen auf nachhaltige Kraftstoffe erleichtert, ist von allergrößter Wichtigkeit.

    2.2.

    Im November 2017 ergriff die Europäische Kommission entscheidende Maßnahmen zur Umsetzung der von der EU im Rahmen des Übereinkommens von Paris eingegangenen Verpflichtungen, denen zufolge ihre CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 40 % sinken müssen. Das „Paket für saubere Mobilität“ beinhaltet einen Aktionsplan sowie Investitionskonzepte für den europaweiten Ausbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe. Ziel ist es, die nationalen Strategierahmen durch die Förderung von Investitionen in die Verkehrsnetze (das transeuropäische Verkehrsnetz, TEN-V) in städtischen Gebieten zu unterstützen. Damit soll die Bereitstellung der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe für die Verkehrsteilnehmer sichergestellt werden.

    2.3.

    In dem Aktionsplan werden Mitgliedstaaten auch angewiesen, Ziele zur Senkung der durch Schifffahrt und Luftfahrt verursachten Emissionen festzulegen.

    2.4.

    Der EWSA hat sich fortwährend für einen verbesserten Zugang der Öffentlichkeit zu Infrastruktur für alternative Kraftstoffe eingesetzt und dies in mindestens 15 Stellungnahmen aus jüngerer Zeit zu Verkehrsthemen in Verbindung mit Dekarbonisierung, COP 21 und vielen weiteren Fragen ökologischer Nachhaltigkeit zum Ausdruck gebracht.

    2.5.

    Gemäß der erklärten Absicht der EU, bei der Dekarbonisierung weltweit führend zu werden, hat die Europäische Kommission Vorschläge unterbreitet, um bis 2025 im Verkehrsbereich eine rasche Umstellung von emissionsstarken auf emissionsarme oder emissionsfreie Kraftstoffe zu erreichen.

    2.6.

    Der Aktionsplan zur Infrastruktur für alternative Kraftstoffe beinhaltet ein Bündel von Maßnahmen im Hinblick auf eine nahtlose und umfassende Senkung der Emissionen im Verkehrssektor entlang einer Zeitachse von 2020 über 2025 bis 2030.

    2.7.

    Aktuellen Schätzungen der EU zufolge verbrauchen 95 % der Straßenfahrzeuge und Schiffe herkömmliche Kraftstoffe, und dies, obwohl es eine Reihe einschlägiger EU-Finanzierungsinstrumente gibt (für Kraftstoffe fossilen Ursprungs oder Biokraftstoffe), die im Aktionsplan nicht aufgeführt werden.

    2.8.

    Durch die Bereitstellung von EU-Fördermitteln konnten indes einige Fortschritte beim Ausbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe erzielt werden. Nach Angaben der Europäischen Beobachtungsstelle für alternative Kraftstoffe gibt es 118 000 öffentlich zugängliche Ladepunkte für Elektrofahrzeuge, 3 458 Tankstellen für komprimiertes Erdgas sowie 82 Tankstellen für Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb (Stand: Ende September 2017). Allerdings gibt es nur in zwei Mitgliedstaaten mehr als 100 Ladepunkte für Elektrofahrzeuge auf 100 000 Stadtbewohner.

    2.9.

    Alle Mitgliedstaaten sollten bis Ende 2017 Fortschrittsberichte vorlegen. Zwei taten dies nicht (Malta und Rumänien). Bei den meisten übrigen Mitgliedstaaten wurde deutlich, dass sie hinter ihren Zielen zurückgeblieben sind und sie aktuellen Prognosen zufolge vollständig verfehlen werden.

    3.   Nationale Strategierahmen

    3.1.

    Im Einklang mit der Richtlinie 2014/94/EU haben die Mitgliedstaaten nationale Strategierahmen mit kraftstoffabhängigen Mindestzielen für die Infrastrukturabdeckung bis 2020, 2025 und 2030 aufgestellt. In jedem nationalen Strategierahmen wurden Einzel- und Gesamtziele festgelegt, und die Mitgliedstaaten sollten der Europäischen Kommission bis 2017 Bericht erstatten.

    3.2.

    Der Schwerpunkt der Richtlinie liegt auf Kraft- und Brennstoffen, bei denen eine mangelnde Marktkoordinierung relevant ist, wie Strom, Wasserstoff und Erdgas (LNG und CNG). Auch Biokraftstoffe werden als wichtige Option betrachtet und dürften kurz- bis mittelfristig den größten Anteil am Alternativkraftstoffmarkt ausmachen. Die wichtigsten Komponenten zum Aufbau einer Infrastruktur, mit der die Nutzung von Biokraftstoffen gesichert werden könnte, sind bereits vorhanden.

    3.3.

    Die nationalen Strategierahmen sind darauf ausgerichtet, dass in jedem Mitgliedstaat eine Mindestinfrastruktur für alternative Kraftstoffe bis 2020, 2025 bzw. 2030 bereitgestellt wird. Die wesentlichen Elemente dieser Infrastruktur sind Strom, komprimiertes Erdgas (CNG), Flüssigerdgas (LNG) und Wasserstoff.

    Die erforderlichen Infrastrukturinvestitionen der Mitgliedstaaten im Rahmen der Richtlinie 2014/94/EU werden wie folgt veranschlagt:

    Strom: auf bis zu 904 Mio. EUR bis 2020 (die nationalen Strategierahmen müssen nur Ziele für 2020 enthalten).

    CNG: auf bis zu 357 Mio. EUR bis 2020 und auf bis zu 600 Mio. EUR bis 2025 für mit CNG angetriebene Kraftfahrzeuge (auf der Grundlage der Gesamtkosten der neuen CNG-Tankstellen, die laut den nationalen Strategierahmen errichtet werden sollen — 937 bis zum Jahr 2020 und 1 575 bis 2025).

    LNG: auf bis zu 257 Mio. EUR bis 2025 für mit LNG angetriebene Straßenfahrzeuge. Was LNG für den Schiffsverkehr angeht: auf bis zu 945 Mio. EUR für Seehäfen der TEN-V-Kernnetzkorridore bis 2025 und auf bis zu 1 Mrd. EUR für Binnenhäfen der TEN-V-Kernnetzkorridore bis 2030.

    Wasserstoff: auf bis zu 707 Mio. EUR bis 2025 (siehe COM(2017) 652 final).

    3.4.

    Laut Bewertung erfüllten im November 2017 nur 8 von 25 Mitgliedstaaten die Anforderungen in Verbindung mit ihren Zielsetzungen, während zwei Mitgliedstaaten keinen Bericht vorgelegt hatten. Die Europäische Kommission bewertet die erzielten Fortschritte außerordentlich kritisch und bemängelt insbesondere die halbherzige Vorgehensweise, die in verschiedenen Ländern zur Festlegung widersprüchlicher Maßnahmen und zur Aushöhlung der Verpflichtungen zum Ausbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe führt.

    3.4.1.

    Der EWSA stellt fest, dass einige dieser Länder ihre Anstrengungen verstärkt haben, seit die Zahlen veröffentlicht wurden.

    3.5.

    Die Europäische Kommission gelangt allgemein zu dem Schluss, dass es nicht gelungen ist, mit Hilfe nationaler Strategierahmen echte Fortschritte in Form eines erkennbaren Ausbaus der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe zu erzielen.

    3.6.

    Die negative Bewertung und die laut Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen begrenzte Wirkung der nationalen Strategierahmen deuten darauf hin, dass die Ziele deutlich verfehlt werden dürften und zumindest eine dringende Überprüfung angesagt ist.

    4.   Hintergrund und Inhalt der Kommissionsmitteilung

    4.1.

    Mit dem Aktionsplan sollen die nationalen Strategierahmen ergänzt werden, um „den Aufbau einer interoperablen EU-Basisinfrastruktur bis 2025“ zu unterstützen. Ziel ist die Schaffung von Kernnetzkorridoren für den grenzüberschreitenden und Langstreckenverkehr, sofern sich alle Interessenträger auf ein Konzept einigen können.

    4.2.

    Die EU will den Ausbau in zwei Bereichen voranbringen. Zum einen geht es ihr um das TEN-V-Kern- und -Gesamtnetz, zum anderen um den Infrastrukturbedarf in städtischen und vorstädtischen Gebieten.

    4.3.

    Die Maßnahmen sollen für Verbraucher, Unternehmen und Behörden von Nutzen sein, wobei die Behörden und die Privatwirtschaft die Verantwortung gemeinsam tragen. Durch ein zuverlässiges Angebot von Fahrzeugen und Schiffen sollte die Kontinuität von Angebot und Nachfrage sichergestellt werden.

    4.4.

    Der Ausbau der Infrastruktur für Strom als alternativer Kraftstoff hat EU-weit erste Priorität. Jedoch werden beim Ausbau der notwendigen Infrastruktur für Elektrofahrzeuge bis 2020 nur geringe Fortschritte erzielt; Schätzungen zufolge wird für 2020 von einem Anteil von 0,1-9,2 % Elektrofahrzeuge am Fahrzeugaufkommen in verschiedenen Mitgliedstaaten ausgegangen (SWD(2017) 365 final).

    4.5.

    Aus der Mitteilung geht deutlich hervor, dass ein integrierter Ansatz erforderlich ist — ein einheitlicher Strategierahmen für Fahrzeuge, Stromnetze, wirtschaftliche Anreize und digitale Dienste. Ansonsten wird die Umstellung auf emissionsarme und emissionsfreie Mobilität uneinheitlich verlaufen und zu einem Ansatz der verschiedenen Geschwindigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten führen.

    4.6.

    In dem Plan wird betont, dass erhebliche öffentliche und private Investitionen notwendig sind. In Anbetracht des hohen Finanzbedarfs wird befürwortet, „nicht rückzahlbare Finanzhilfen und rückzahlbare Fremdfinanzierungen“ zu kombinieren.

    4.7.

    Die Europäische Kommission hat zwei getrennte Foren mit vergleichbaren Aufgaben ins Leben gerufen — das Forum für nachhaltigen Verkehr und das Europäische Forum für nachhaltige Schifffahrt —, um Vertreter der Mitgliedstaaten, der Zivilgesellschaft und andere einschlägige Interessenträger einzubeziehen.

    5.   Herausforderungen im Zuge der Bereitstellung der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe

    5.1.

    Der EWSA weist auf verschiedene Probleme bei der Bereitstellung der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe hin und bedauert, dass diese sichtlich keinem Interessenträger ein dringendes Anliegen sind.

    5.2.

    In der gesamten EU herrscht ein gravierender Mangel an Infrastrukturen für das Laden und Betanken von Fahrzeugen und Schiffen. Nach Meinung des EWSA besteht eine wesentliche Ursache hierfür in der unzureichenden Entwicklung intelligenter Stromnetze, die die Verbraucher daran hindert, den Wandel mit voranzubringen.

    5.3.

    Angesichts der schleppenden Umsetzung der Maßnahmen auf allen Seiten gelangt der EWSA zu der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten sich in unterschiedlichem Maße für den Ausbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe engagieren, was auch aus der Bewertung der Europäischen Kommission deutlich wird. Der EWSA erachtet dies als ein großes Hindernis für die Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele der EU. Allerdings sind in der EU, insbesondere in einigen Mitgliedstaaten, beträchtliche Fortschritte bei der Entwicklung von Biokraftstoffen (die nicht Gegenstand der Richtlinie von 2014 sind) erzielt worden.

    5.4.

    Die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe ist indes noch mit technologischen Unwägbarkeiten behaftet. Betroffen ist davon u. a. die Herstellung von Batterien für Elektrofahrzeuge aufgrund des immer kostspieligeren Abbaus der benötigten Primärrohstoffe. Im Einklang mit den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft sollte der Einsatz zurückgewonnener Sekundärrohstoffe gefördert werden. Ferner ist der Informationsstand der Verbraucher hinsichtlich der Sicherheit von komprimiertem Erdgas unzureichend. Hier besteht Handlungsbedarf.

    5.5.

    Technologieunsicherheit der Verbraucher und fehlende Direktinformationen über Preisvergleiche sind als wesentliches Hemmnis für die Verbraucherakzeptanz ermittelt worden (EU-Studie über die Umsetzung von Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe, Januar 2017). Auch bei Langstreckenfahrten gibt es praktische Beschränkungen, insbesondere im ländlichen Raum, was die Erfolgsaussichten ernstlich dämpft.

    5.6.

    Die hohen Kosten der Umstellung in ländlichen Gebieten erschweren den Ausbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe ungemein. Dringend muss auch das Problem angegangen werden, dass die Interessenträger sich bislang nicht proaktiv für die Bereitstellung einer Infrastruktur für alternative Kraftstoffe eingesetzt haben, die für die unterschiedlichen Erfordernisse der Landwirtschaft wie auch für Langstreckenfahrten in dünn besiedelten ländlichen Gebieten geeignet ist.

    5.7.

    Die erwünschte Kombination öffentlicher und privater Finanzierungsmechanismen muss den unterschiedlichen Bedürfnissen öffentlicher und privater Investoren gerecht werden. Eine Abstimmung dieser Bedürfnisse könnte, insbesondere im Falle unterschiedlicher Erwartungen der öffentlichen und privaten Geldgeber, die Entwicklung verzögern.

    5.8.

    Der Aktionsplan ist überwiegend auf den Wandel in den großen städtischen Zentren ausgerichtet. Dies liegt u. a. daran, dass die Ladetechnologie noch beschränkt ist und auf den gewöhnlich längeren Fahrtstrecken im ländlichen Raum mehr Ladestationen benötigt werden. Desgleichen sollte dem Aufbau der im ländlichen Raum benötigten Infrastruktur nach Meinung des EWSA erheblich mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.

    5.9.

    Ein Erfolg des Aktionsplans setzt voraus, dass jeder Mitgliedstaat sich nachdrücklich um eine zeitnahe und wirksame Umsetzung seines nationalen Strategierahmens bemüht.

    5.10.

    Zur Unterstützung hat die Europäische Kommission das Forum für nachhaltigen Verkehr eingerichtet, in dem Vertreter der Mitgliedstaaten, des Verkehrssektors und der Zivilgesellschaft zusammenkommen, um die wirksame Umsetzung von Maßnahmen für den Ausbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe sicherzustellen.

    6.   Bemerkungen des EWSA

    6.1.

    Der EWSA ist besorgt darüber, dass in den nationalen Strategierahmen keinerlei Ehrgeiz an den Tag gelegt wird, wirklich nennenswerte Fortschritte beim Ausbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe zu erzielen. Angesichts der Befürchtung, dass sämtliche Ziele voraussichtlich verfehlt werden, ist es dringend angezeigt, diese Strategie zu überarbeiten und Empfehlungen für ein Modell mit größeren Erfolgsaussichten zu unterbreiten. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass die einzelnen Mitgliedstaaten und Märkte eine unterschiedliche Einstellung zu verschiedenen Kraftstoffen haben. So gelten in den nordischen Ländern beispielsweise LNG und CNG nicht als realistische Option für neue Infrastrukturen, während Biokraftstoffe dort sehr erfolgreich gefördert werden. In anderen Regionen der EU hingegen werden vollkommen andere Kraftstoffe bevorzugt.

    6.2.

    Ferner muss der Technologie-Reifegrad berücksichtigt werden. Wasserstoffantriebe beispielsweise befinden sich auf den meisten Märkten noch in einer frühen Testphase. Das Gleiche gilt für batteriebetriebene Elektro-Lkw im Schwerlast-Fernverkehr, u. a. in den TEN-V-Korridoren. Die Batterieaufladung für diese Fahrzeuge dürfte mittelfristig vergleichsweise unwirtschaftlich sein. In einigen Mitgliedstaaten wird allerdings derzeit der Elektroantrieb von Lkw mittels Oberleitungen oder im Boden verlegter Leitungen (eHighway usw.) getestet. Diese Infrastruktur wird im Aktionsplan überhaupt nicht angesprochen, obwohl sie technologisch ausgereifter ist als Wasserstoffantrieb.

    6.3.

    Der Investitionsbedarf für die Bereitstellung einer öffentlich zugänglichen Alternativkraftstoffinfrastruktur bis 2020 wird auf 5,2-6 Mrd. EUR veranschlagt. Bis 2025 soll der Investitionsbedarf auf mindestens 22 Mrd. EUR steigen. Trotz dieser Schätzungen deutet kaum etwas darauf hin, dass diese Summen ausreichen, um die Verwirklichung der Zielsetzungen sicherzustellen.

    6.4.

    Möglicherweise sind diese Hochrechnungen zu konservativ und müssen unter Berücksichtigung technologischer Veränderungen überarbeitet werden. Der EWSA begrüßt daher die Absicht der Europäischen Kommission, enger mit der Automobilindustrie zusammenzuarbeiten, um verschiedene Finanzierungsinstrumente zu entwickeln, die private Investitionen fördern.

    6.5.

    Der EWSA weist indes darauf hin, dass derlei Instrumente sicherstellen müssen, dass der Ausbau der Infrastruktur hinsichtlich Zugang und Erschwinglichkeit vor allem für die Öffentlichkeit von Vorteil sein muss. Besondere Sorge bereitet die Zugänglichkeit in ländlichen und abgelegenen Gebieten.

    6.6.

    Der EWSA nimmt zur Kenntnis, dass die Besteuerung von Kraftstoffen derzeit in allen EU-Mitgliedstaaten beträchtliche staatliche Einnahmen generiert. Ein Rückgang der Einnahmen infolge der Umsetzung von Umweltzielen würde die Mitgliedstaaten vor steuerpolitische Herausforderungen stellen. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass der von der Europäischen Kommission im Rahmen des Mobilitätspakets vorgelegte Vorschlag für ein Mautsystem (siehe TEN/640, Eurovignette) einige neue Möglichkeiten der Internalisierung externer Kosten durch Infrastrukturgebühren beinhaltet.

    6.7.

    Der EWSA stellt fest, dass eine Regulierung der Schifffahrt als schwierig erachtet wird, da die einschlägigen Vorschriften und Gesetze ihren internationalen Rahmen berücksichtigen müssen. Der Schifffahrtssektor muss sich proaktiv um eine Zusammenarbeit mit Infrastrukturen für alternative Kraftstoffe bemühen, wobei es auf lokaler Ebene ganz klar Möglichkeiten für die Bereitstellung alternativer Kraftstoffe (wie Methanol und Flüssiggas) gibt, insbesondere für den Kurzstreckenseeverkehr und den Fährverkehr. Auch auf die elektrische Infrastruktur von Kaianlagen usw. könnte eingegangen werden.

    6.8.

    Zwar besteht nur ein mittelbarer Zusammenhang mit dem Aktionsplan, doch ist davon auszugehen, dass der Luftverkehr bis 2050 exponentiell zunimmt. Eine Einhaltung der Dekarbonisierungsziele wird eine umfangreiche Umstellung auf alternative Kraftstoffe mit großem Treibhausgassparpotenzial erfordern. Hierbei sollte der Einsatz von Biokraftstoffen in Erwägung gezogen werden. Die erforderlichen Investitionen sollten auf der Grundlage eines konstruktiven Dialogs zwischen allen einschlägigen Interessenträgern und der Europäischen Kommission getätigt werden.

    6.9.

    Öffentliche und private Investitionen in die Infrastruktur für alternative Kraftstoffe müssen erleichtert werden. Der EWSA begrüßt daher den Vorschlag der Europäischen Kommission, die Koordinierung der EU-Finanzierungsinstrumente zu stärken und Synergieeffekte anzustreben, sodass Maßnahmen auf nationaler und lokaler Ebene die Wirksamkeit der EU-Mittel erhöhen können.

    6.10.

    Die Sensibilisierung der Verbraucher ist eine wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Infrastrukturausbau. Dazu zählen Informationen über Preisvergleiche, Vorteile für Gesundheit und Umwelt sowie spezifische Unterstützungsmaßnahmen für Familien mit geringem Einkommen.

    Brüssel, den 19. April 2018

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Luca JAHIER


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