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Document 52017AE5601

    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Aufsichtsanforderungen an Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 575/2013, (EU) Nr. 600/2014 und (EU) Nr. 1093/2010“ (COM(2017) 790 final — 2017/0359 (COD)) und zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinien 2013/36/EU und 2014/65/EU“ (COM(2017) 791 final — 2017/0358 (COD))

    EESC 2017/05601

    ABl. C 262 vom 25.7.2018, p. 35–40 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    25.7.2018   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 262/35


    Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    zum „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Aufsichtsanforderungen an Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 575/2013, (EU) Nr. 600/2014 und (EU) Nr. 1093/2010“

    (COM(2017) 790 final — 2017/0359 (COD))

    und zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinien 2013/36/EU und 2014/65/EU“

    (COM(2017) 791 final — 2017/0358 (COD))

    (2018/C 262/06)

    Berichterstatter:

    Jarosław MULEWICZ

    Befassung

    Europäisches Parlament: COM(2017) 790 final: 18.1.2018 und COM(2017) 791 final: 18.1.2018

    Rat der Europäischen Union: COM(2017) 790 final: 14.2.2018 und COM(2017) 791 final: 14.2.2018

    Rechtsgrundlage

    Artikel 114 und Artikel 304 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union

     

     

    Zuständige Fachgruppe

    Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt

    Annahme in der Fachgruppe

    26.3.2018

    Verabschiedung auf der Plenartagung

    19.4.2018

    Plenartagung Nr.

    534

    Ergebnis der Abstimmung

    (Ja-Stimmen/Nein-Stimmen/Enthaltungen)

    193/2/3

    1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

    1.1.

    Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) begrüßt die Vorschläge der Kommission und hofft, dass sie wirksam zur Erreichung der von der Kommission gesteckten Ziele beitragen werden.

    1.1.1.

    Die EU braucht stärkere Kapitalmärkte, um Investitionen zu fördern, die bestehenden Finanzierungsquellen auszuschöpfen und für Unternehmen neue Finanzierungsquellen zu erschließen, privaten Haushalten bessere finanzielle Chancen zu bieten und die Wirtschafts- und Währungsunion zu stärken. Die Kommission hat sich dazu verpflichtet, bis 2019 alle Komponenten zur Vollendung der Kapitalmarktunion zu realisieren.

    1.1.2.

    Das zweite Ziel bezieht sich auf den Brexit und die Notwendigkeit für die EU, Wertpapierfirmen anzuziehen. Aufgrund der Entscheidung des Vereinigten Königreichs, aus der EU auszutreten, muss der Regelungsrahmen der EU aktualisiert werden, um die EU für Finanzunternehmen attraktiv zu machen. Als wichtige Drehscheibe für Kapitalmarkt- und Anlagegeschäfte zählt das Vereinigte Königreich die meisten Wertpapierfirmen im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Etwa die Hälfte dieser Firmen hat dort auch ihren Sitz, gefolgt von Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Spanien. Die meisten Wertpapierfirmen im EWR sind kleine oder mittlere Unternehmen. Schätzungen der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) zufolge kontrollieren acht im Vereinigten Königreich ansässige Wertpapierfirmen ca. 80 % der Vermögenswerte aller Wertpapierfirmen im EWR.

    1.1.3.

    Das dritte Ziel besteht darin, einen spezifischen Rechtsrahmen für Wertpapierfirmen zu schaffen. Der derzeitige Aufsichtsrahmen ist vor allem auf Kreditinstitute und die mit ihnen verbundenen Risiken ausgerichtet. Wertpapierfirmen nehmen keine Einlagen entgegen und gewähren keine Kredite. Das bedeutet, dass das Kreditrisiko und das Risiko, dass Einleger ihr Geld kurzfristig zurückfordern, bei ihnen wesentlich geringer sind. Ihre Dienstleistungen beziehen sich auf Finanzinstrumente, die — im Gegensatz zu Einlagen — nicht zum Nennwert ausgezahlt werden, sondern deren Wert in Abhängigkeit von den Marktentwicklungen schwankt. Bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen stehen sie allerdings im Wettbewerb mit Kreditinstituten, die ihren Kunden diese Art von Dienstleistungen im Rahmen ihrer Bankenzulassung anbieten können. Bei Kreditinstituten und Wertpapierfirmen handelt es sich also um zwei unterschiedliche Arten von Instituten. Systemrelevante Wertpapierfirmen fallen indes nicht aus dem Anwendungsbereich der Eigenkapitalverordnung und -richtlinie (CRR/CDR IV) (1) heraus und werden als Finanzinstitute behandelt. Daher sollten diese Firmen angesichts der Tatsache, dass sie zu Kreditinstituten werden, auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 und der Richtlinie 2013/36/EU weiterhin der Beaufsichtigung der für Kreditinstitute zuständigen Behörden unterliegen, u. a. auch der Beaufsichtigung durch die EZB im Rahmen des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus.

    1.1.4.

    Das vierte von der Kommission verfolgte Ziel ist die Errichtung eines einheitlichen integrierten europäischen Aufsichtsrahmens für Wertpapierfirmen. Aufgrund der unterschiedlichen Geschäftsprofile der Wertpapierfirmen bestehen je nach Staat ihrer Niederlassung zahlreiche rechtliche Ausnahmen. Für viele Unternehmen, insbesondere solche mit Aktivitäten in mehreren Ländern, führt dies zu regulatorischer Komplexität. Dies birgt zusätzliche Risiken. Die Umsetzung des derzeitigen Rechtsrahmens durch die Mitgliedstaaten führt zu einer Fragmentierung des Regulierungsumfelds für Wertpapierfirmen, die Spielraum für schädliche Regulierungsarbitrage bietet. Dies könnte die Integrität und das Funktionieren des Binnenmarktes gefährden. Die von der Kommission vorgeschlagenen Aufsichtsregeln für Wertpapierfirmen gelten für die Mehrheit kleiner und mittlerer Wertpapierfirmen in allen Mitgliedstaaten der EU.

    1.2.

    Der EWSA stellt fest, dass sich die Tätigkeit von Wertpapierfirmen mit Niederlassung im Vereinigten Königreich nolens volens in einen Mitgliedstaat innerhalb der Bankenunion bzw. des Euro-Währungsgebiets verlagern würde, vor allem in die Finanzzentren der Staaten des Euroraums wie Deutschland, Frankreich, Luxemburg, die Niederlande und Irland. EU-Mitgliedstaaten, die nicht Teil des Euroraums sind, kämen nicht zum Zug.

    1.3.

    Der EWSA begrüßt, dass KMU voraussichtlich zu den Hauptbegünstigten der Richtlinie und der Verordnung zählen. Ein verhältnismäßigerer und angemessenerer Aufsichtsrahmen dürfte dazu beitragen, die Bedingungen für die Geschäftstätigkeit dieser Firmen zu verbessern und Marktzutrittsschranken zu verringern. Dies gilt insbesondere für Kapitalanforderungen und Verwaltungsaufwand. Der EWSA weist darauf hin, dass diese Vorschriften innovativen Unternehmen, die Wachstum durch digitale Mittel anstreben, neue Impulse verleihen dürften. Dies umfasst auch die Erleichterung des Zugangs zu Finanzierungen für KMU, die selbst nicht Banken oder Wertpapierfirmen sind. Ein geeigneterer Aufsichtsrahmen dürfte auch dabei behilflich sein, aufgrund unproduktiver Regulierungsverfahren gebundenes Kapital freizusetzen und es kleinen Wertpapierfirmen gestatten, ihren Kunden — einschließlich anderen KMU — bessere Dienstleistungen anzubieten. Dies sollte es auch Wertpapierfirmen ermöglichen, als Intermediäre bei der Mobilisierung von Anlagen von Sparern in der gesamten EU zu agieren und dadurch den europäischen Unternehmen den Zugang zu alternativen Finanzierungsquellen außerhalb des Bankensektors zu erleichtern.

    1.4.

    Die vorgeschlagene Richtlinie und die vorgeschlagene Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen und die Überwachung von Wertpapierfirmen enthalten die notwendigen Vorschriften und Anforderungen in Bezug auf das Anfangskapital und das bestehende Kapital, die Aufsichtsbefugnisse, Veröffentlichungspflichten und Vergütung. Dadurch verringert sich das mit den Finanzgeschäften von Wertpapierfirmen verbundene Risiko. Es bleibt die Frage, in welchem Maße das von den Wertpapierfirmen getragene Risiko auf ihre Kunden — die einzelnen Anleger und Unternehmen — weitergegeben wird. Führen Wertpapierfirmen ausschließlich Vermittlertätigkeiten für ihre Kunden durch, und beschränken sie sich auf Anlageberatung oder Portfoliomanagement, wird das mit den Finanzinstrumenten verbundene Risiko vorwiegend vom Kunden getragen.

    1.5.

    Offen bleibt die Frage, ob die einseitige Einführung eines spezifischen Rechtsrahmens für in der EU tätige Wertpapierfirmen durch die Union ohne Berücksichtigung von Märkten wie den USA, Japan, China und Indien mit Blick auf die Globalisierung und den elektronischen Handel nicht zu einer Flucht von Investoren aus Europa führen würde. Der sehr komplexe Rechtsrahmen von MiFID II und die Registrierungspflicht für Finanzprodukte haben dazu geführt, dass 20 bis 50 % der Produkte nicht mehr angeboten werden. Aus diesem Grund sollten die neuen Regelungen bei einem spezifischen Rechtsrahmen für Wertpapierfirmen überwacht und flexibel abgeändert werden, falls es zu einer negativen Reaktion der Finanzmärkte kommt. Der EWSA schließt sich der Auffassung an, dass die Finanztransaktionen, die bis zu 54 % des globalen BIP ausmachen, ein eminentes Risiko darstellen. Nichtsdestoweniger bieten sie auch eine große Chance zur Finanzierung von Entwicklung. Wird der Rechtsrahmen nicht flexibel geändert, so werden die Wertpapierfirmen aus dem Vereinigten Königreich trotz aller guten Absichten nicht in die EU, sondern in die USA abwandern.

    2.   Hintergrund

    2.1.

    In der EU bestehen viele verschiedene Arten von Wertpapierfirmen, die für unterschiedliche Kunden verschiedene Dienstleistungen erbringen. Laut Informationen der EBA gab es Ende 2015 6 051 Wertpapierfirmen im EWR. Überwiegend handelt es sich dabei um KMU. Der EBA zufolge kontrollieren ungefähr acht Wertpapierfirmen, die ihren Firmensitz im Vereinigten Königreich haben, etwa 80 % der Vermögenswerte aller Wertpapierfirmen im EWR. Nach Informationen der EBA dürfen ca. 40 % der Wertpapierfirmen im EWR ausschließlich Anlageberatung leisten. 80 % der EWR-Wertpapierfirmen beschränken ihre Tätigkeiten auf Anlageberatung, Entgegennahme und Weiterleitung von Aufträgen, Portfoliomanagement und die Auftragsausführung. Etwa 20 % von ihnen sind befugt, Handel für eigene Rechnung zu betreiben oder Emissionen zu übernehmen. Diese Dienstleistungen unterliegen derzeit den strengsten aufsichtsrechtlichen Anforderungen.

    2.2.

    Als wichtige Drehscheibe für Kapitalmarkt- und Anlagegeschäfte zählt das Vereinigte Königreich die meisten EWR-Wertpapierfirmen: Etwa die Hälfte von ihnen haben dort ihren Sitz, gefolgt von Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Spanien. Die meisten Wertpapierfirmen im EWR sind kleine oder mittlere Unternehmen. Als systemrelevant festgestellte Wertpapierfirmen sind derzeit in der Regel Tochtergesellschaften von Bankenkonzernen bzw. Broker-Dealern mit Sitz in den USA, der Schweiz oder Japan.

    2.3.

    Die EBA unterscheidet bisher elf Kategorien von Wertpapierfirmen, in erster Linie aufgrund der Wertpapierdienstleistungen, die sie nach der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (2) anbieten dürfen, und ob sie Geld und Wertpapiere ihrer Kunden halten. Wertpapierfirmen, die ein breites Spektrum von Dienstleistungen erbringen, unterliegen denselben für Kreditinstitute geltenden Anforderungen in puncto Kapitalanforderungen für Kredite, Markt und operatives Risiko, potenzielle Liquidität, Vergütung und Regeln für die Unternehmensführung. Unternehmen mit begrenzten Befugnissen (die in der Regel als weniger riskant gelten wie Anlageberatung und Entgegennahme und Weiterleitung von Aufträgen) sind hingegen von den meisten dieser Anforderungen ausgenommen. Die EBA schlägt eine neue Klassifizierung der Wertpapierfirmen mit drei anstatt elf Kategorien vor. Den ursprünglichen Empfehlungen zufolge bilden systemrelevante Wertpapierfirmen Klasse 1 und würden weiterhin dem CRR/CRD IV-Rahmen unterliegen. Zur Klasse 2 gehören Unternehmen, die einem der folgenden Kriterien entsprechen: sie betreiben Handel auf eigene Rechnung und unterliegen Markt- und Gegenparteiausfallsrisiken; sie halten und verwalten Vermögenswerte von Kunden; sie halten Kundengelder oder überschreiten bestimmte Größenschwellen (verwaltete Vermögenswerte sowohl im Rahmen einer Portfolioverwaltung mit Ermessensspielraum als auch Beratungsdienste ohne Ermessensspielraum über 1,2 Mrd. EUR; durchgeführte Kundenaufträge mit einem Mindestwert von 100 Millionen EUR pro Tag für Spot-Geschäfte und/oder mindestens 1 Milliarde EUR pro Tag für Derivate; sie verfügen über Aktiva, die insgesamt über 100 Millionen EUR hinausgehen; sie erzielen Gesamtbruttoerlöse, die 30 Millionen EUR übersteigen). Diese Unternehmen müssen ihre Kapitalanforderungen auf der Grundlage der neuen Risikoparameter (K-Faktoren) berechnen. Zu Klasse 3 gehören Unternehmen, die keine der genannten Tätigkeiten durchführen und unterhalb der genannten Schwellenwerte liegen. Diese müssen nicht den Kapitalanforderungen gemäß den K-Faktoren entsprechen.

    2.4.

    Der EU-Regelungsrahmen für Wertpapierfirmen besteht aus zwei Hauptteilen: erstens, der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID), und seit dem Januar 2018, aus MiFID II/MiFIR (3), in denen die Zulassungsbedingungen sowie Vorschriften für Organisation und Unternehmen festgelegt sind. Zweitens unterliegen sie ebenso wie Kreditinstitute dem Aufsichtsrahmen nach CRR/CRD IV, denn sie können bei der Durchführung dieser Wertpapierdienstleistungen mit Kreditinstituten konkurrieren, die letztere dank ihrer Bankenzulassung ihren Kunden anbieten können. Kreditinstitute unterliegen hingegen den zentralen Vorschriften der MiFID, wodurch die Bedingungen für die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen für Wertpapierfirmen und Kreditinstitute angeglichen werden, sowohl im Hinblick auf den Anlegerschutz und die Wohlverhaltensregeln nach MiFID als auch bezüglich der zentralen Aufsichtsanforderungen der CRR/CRD IV.

    2.5.

    Wie in den Bestimmungen der CRR vorgesehen, wurde eine Überarbeitung des Aufsichtsrahmens für Wertpapierfirmen in Abstimmung mit der EBA, der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) und den zuständigen nationalen Behörden durchgeführt. Nachdem die Kommission im Dezember 2014 um Stellungnahme ersucht hatte, legte die EBA im Dezember 2015 einen Bericht über die bestehenden Aufsichtsrahmen für Wertpapierfirmen vor, in dem sie eine Änderung des derzeitigen Ansatzes forderte. Im Anschluss an ein zweites Ersuchen der Kommission um Stellungnahme vom Juni 2016 veröffentlichte die EBA im November 2016 ein Diskussionspapier zu einem möglichen neuen Aufsichtssystem für die überwiegende Mehrheit der Wertpapierfirmen. Zu diesem Papier konnte drei Monate lang Stellung genommen werden. Unter Berücksichtigung der Rückmeldungen und der zusätzlichen Daten, die die EBA zusammen mit den zuständigen nationalen Behörden von den Wertpapierfirmen erhoben hat, legte sie im September 2017 ihre abschließenden Empfehlungen vor und bat die Interessenträger um Kommentare. Die genaue Kalibrierung der Empfehlungen für die neuen Kapitalanforderungen stützte sich auf eine detaillierte Datenerhebung, unter anderem bei Wertpapierfirmen. Diese Datenerhebung wurde in den Jahren 2016 und 2017 von den zuständigen nationalen Behörden im Namen der EBA in zwei Stufen durchgeführt.

    2.6.

    Der Bericht der EBA enthält eine umfassende und öffentlich zugängliche Analyse des Status quo mit Daten über Anzahl und Art der Wertpapierfirmen in den Mitgliedstaaten. Im Bericht wird auch eine neue Regelung für den Großteil der Wertpapierfirmen vorgeschlagen, wobei diese vollständig aus dem CRR/CRD IV-Rahmen herausgenommen und nur die nach dem in dem Vorschlag enthaltenen überarbeiteten Ansatz ermittelten systemrelevanten Firmen in dessen Anwendungsbereich belassen werden. Der Vorschlag steht zudem mit der MiFID und der MiFID II/MiFIR im Einklang. Durch die Festlegung von Aufsichtsanforderungen, die auf die Geschäftstätigkeiten und Risiken von Wertpapierfirmen zugeschnitten sind, wird klargestellt, unter welchen Umständen und aus welchen Gründen diese Anforderungen gelten. Insofern würde eine mitunter willkürliche Anwendung der Aufsichtsanforderungen beseitigt werden, die darauf zurückzuführen ist, dass die Anforderungen für die in der MiFID aufgelisteten Wertpapierdienstleistungen der Banken festgelegt wurden, anstatt für Geschäfte der Wertpapierfirmen zu gelten.

    2.7.

    Die Ergebnisse der Überprüfung der EBA (4) wurden im März und Oktober 2017 im Ausschuss für Finanzdienstleistungen und im Juni und September 2017 in der Expertengruppe für Bankenwesen, Zahlungsverkehr und Versicherungswesen mit den Mitgliedstaaten erörtert. Die Beiträge der Interessenträger zu der im März 2017 veröffentlichten Folgenabschätzung der Kommission in der Anfangsphase wurden ebenfalls berücksichtigt. Schließlich trug die Kommission auch Stellungnahmen Rechnung, die zuvor im Rahmen der umfassenden Sondierung zur Effizienz, Konformität und Kohärenz des allgemeinen EU-Rechtsrahmens für Finanzdienstleistungen eingegangen waren. In Anbetracht der von der EBA durchgeführten umfassenden öffentlichen Konsultation und ausführlichen Datenerhebung hielt es die Kommission nicht für erforderlich, parallel dazu eine allgemeine öffentliche Konsultation durchzuführen. Stattdessen haben die Kommissionsdienststellen gezielte Konsultationen der Interessenträger durchgeführt. Diese Konsultationen umfassten:

    ein Diskussionsforum am 27. Januar 2017 mit Interessenträgern der Branche (Wertpapierfirmen, Anlegern, Anwaltskanzleien und Beratern) zu dem Entwurf von Vorschlägen der EBA für eine künftige Regelung,

    einen Workshop zu den Kosten der derzeitigen Regelung am 30. Mai 2017 und

    einen Workshop zum Entwurf der endgültigen Empfehlungen der EBA am 17. Juli 2017.

    2.8.

    Die EBA geht davon aus, dass die neuen Regelungen insgesamt für alle nicht systemrelevanten Wertpapierfirmen in der EU zu einer Erhöhung der Kapitalanforderungen um 10 % gegenüber den gegenwärtigen Anforderungen und zu einer Verringerung um 16 % gegenüber den Gesamtanforderungen führen werden, die sich unter Berücksichtigung der Aufschläge der Säule 1 ergeben. Wie sich diese Auswirkungen auf die einzelnen Wertpapierfirmen verteilen würden, hängt von ihrer Größe, den von ihnen erbrachten Wertpapierdienstleistungen sowie davon ab, inwieweit die neuen Kapitalanforderungen für sie gelten. In Bezug auf die verfügbaren Eigenmittel vertritt die EBA die Auffassung, dass es nur wenige Firmen gibt, die nicht über ausreichend Kapital verfügen, um die neuen Anforderungen zu erfüllen. Dazu gehört nur eine kleine Zahl von Anlageberatern, Handels- und Multi-Service-Unternehmen. Bei den Unternehmen, die in diese Kategorie fallen und deren Anforderungen um mehr als die Hälfte steigen würden, könnten die Anforderungen für eine bestimmte Anzahl von Jahren gedeckelt werden.

    2.9.

    Durch den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union wird der EU die Befugnis übertragen, geeignete Vorschriften über die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zu erlassen (Artikel 114 AEUV). Richtlinien werden erlassen, um die Aufnahme und Ausübung gewerblicher Tätigkeiten innerhalb der EU zu erleichtern (Artikel 53 AEUV). Dies gilt auch für die Rechtsvorschriften über die Beaufsichtigung von Finanzdienstleistungsanbietern, in diesem Fall von Wertpapierfirmen. Die Bestimmungen der vorgeschlagenen Richtlinie ersetzen die in der CRD IV enthaltenen Bestimmungen in Bezug auf Wertpapierfirmen, die sich ebenfalls auf Artikel 53 AEUV stützen. Die Bestimmungen der Verordnung, auf die sich dieser Vorschlag bezieht, ersetzen die in der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 enthaltenen Bestimmungen in Bezug auf Wertpapierfirmen, die sich ebenfalls auf Artikel 114 AEUV stützen.

    2.10.

    Die neuen Regelungen werden keine Auswirkungen auf den EU-Haushalt haben.

    3.   Bemerkungen und Kommentare

    3.1.

    Der EWSA begrüßt, dass der Vorschlag die Anforderungen in Bezug auf die Benennung der Aufsichtsbehörden, das Anfangskapital und das vorhandene Kapital von Wertpapierfirmen, die Liquidität, das Konzentrationsrisiko, die Aufsichtsbefugnisse und Instrumente für die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen durch die zuständigen Behörden sowie für die Berichts- und Veröffentlichungspflichten, die aufsichtliche Überprüfung und Bewertung, die Unternehmensführung und die Vergütung enthält. Die Richtlinie enthält somit Regeln für die Überwachung und Kontrolle von Wertpapierfirmen und führt zu einer Verringerung aller Arten von Risiken, die durch die Geschäftstätigkeit dieser Firmen entstehen können. Die Richtlinie gilt für alle Wertpapierfirmen, die unter die ab Januar 2018 geltende MiFID II fallen.

    3.2.

    Der EWSA weist darauf hin, dass in dem Vorschlag vorgesehen ist, dass die Mitgliedstaaten eine Behörde benennen, die die Aufsichtsbefugnisse nach dieser Richtlinie wahrnimmt. Die Mitgliedstaaten können diese Befugnisse gemäß der CRD IV entweder einer bestehenden Behörde oder aber einer neuen Behörde übertragen. Die zuständigen Behörden sollten befugt sein, die aufsichtsrechtliche Lage von Wertpapierfirmen zu überprüfen und zu bewerten und, wo nötig, Änderungen in Bereichen wie interne Unternehmensführung und Kontrolle sowie Risikomanagementverfahren zu verlangen und gegebenenfalls zusätzliche Anforderungen, insbesondere zusätzliche Kapital- und Liquiditätsanforderungen, festzulegen.

    3.3.

    Nach Auffassung des EWSA ist es wichtig, dass die zuständigen Behörden eng mit den in ihrem jeweiligen Mitgliedstaat für die Beaufsichtigung der Kredit- und Finanzinstitute zuständigen Behörden oder öffentlichen Stellen zusammenzuarbeiten haben. Die Mitgliedstaaten werden sicherstellen müssen, dass die zuständigen Behörden als Teilnehmer am Europäischen Finanzaufsichtssystem (ESFS) zusammenarbeiten und insbesondere die Weitergabe von angemessenen und zuverlässigen Informationen untereinander und an andere Teilnehmer am ESFS sicherstellen. Insbesondere sollten die Behörden den Informationsaustausch in folgenden Bereichen sicherstellen: Verwaltungs- und Eigentumsstruktur der Wertpapierfirma, Einhaltung der Kapitalanforderungen, Konzentrationsrisiko und Liquidität der Wertpapierfirma, Verwaltungs- und Rechnungslegungsverfahren und interne Kontrollmechanismen der Firma sowie alle anderen relevanten Faktoren, die das von einer Wertpapierfirma ausgehende Risiko beeinflussen können. Nach Ansicht des EWSA wird der europäische Markt für Investitionen so transparenter werden.

    3.4.

    Die zuständigen Behörden können der EBA, der ESMA, dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB), den Zentralbanken der Mitgliedstaaten, dem Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) und der EZB in ihren Eigenschaften als Währungsbehörden und gegebenenfalls als Behörden, die für die Aufsicht über Zahlungs- und Abwicklungssysteme zuständig sind, vertrauliche Informationen übermitteln, wenn diese die Informationen für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben benötigen. So entstünde nach Auffassung des EWSA ein europäisches Informationssystem über Wertpapierfirmen, das es unlauteren Unternehmen theoretisch unmöglich macht, Finanztransaktionen vorzunehmen.

    3.5.

    Das erforderliche Anfangskapital einer Wertpapierfirma, insbesondere von KMU, die keine Kundengelder oder -wertpapiere halten, steigt leicht von 50 000 EUR auf 75 000 EUR. Die Anfangskapitalanforderungen einer systemrelevanten Wertpapierfirma werden durch CRR/CRD IV geregelt. Der EWSA stellt erneut fest, dass der Vorschlag für eine Richtlinie über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen eine Chance für KMU ist — insbesondere für solche, die mithilfe digitaler Mittel wachsen.

    3.6.

    Aus den Daten über mehr als 1 200 Unternehmen geht hervor, dass 80 % der Unternehmen die vorgeschlagenen Liquiditätsanforderungen erfüllen. Etwa 70 % der Unternehmen verfügen über mehr als das Dreifache des erforderlichen Betrags. Daher ist der EWSA der Auffassung, dass die neuen Regelungen nicht dazu führen werden, dass die überwiegende Mehrheit der derzeit existierenden Wertpapierfirmen vom Markt verschwindet.

    3.7.

    Die Vergütungspolitik in Wertpapierfirmen muss transparent und an die Risiken und die erzielten Gewinne geknüpft sein. Die Vergütungssysteme müssen durch die Aufsichtsbehörden kontrolliert und genehmigt werden. Die Mitgliedstaaten würden von den Wertpapierfirmen eine Offenlegung ihrer Vergütungspolitik verlangen und sicherstellen, dass die Wertpapierfirmen den zuständigen Behörden auf Ersuchen Angaben dazu liefern, wie viele natürliche Personen eine Vergütung von 1 Million EUR oder mehr pro Geschäftsjahr beziehen. In solchen Fällen müssen den Behörden auch Angaben zu den Aufgabenbereichen, dem betreffenden Geschäftsbereich und den wesentlichen Gehaltsbestandteilen sowie zu Bonuszahlungen, langfristigen Prämienzahlungen und Altersvorsorgebeiträgen gemacht werden. Diese Angaben werden an die EBA weitergeleitet und veröffentlicht. Nach Ansicht des EWSA ist diese Vorgehensweise, die darauf abzielt, die Gehälter an die wirtschaftlichen Ergebnisse von Wertpapierfirmen zu koppeln, durchaus gerechtfertigt.

    3.8.

    Der EWSA begrüßt, dass Zweigniederlassungen ausländischer Wertpapierfirmen kontrolliert werden und verpflichtet sind, jährlich Informationen bereitzustellen über die Firma, die Art der Tätigkeiten und den Standort etwaiger Tochterunternehmen und Zweigniederlassungen, den Umsatz, die Zahl der Lohn- und Gehaltsempfänger in Vollzeitäquivalenten, den Gewinn oder Verlust vor Steuern, die Steuern auf Gewinn oder Verlust sowie die erhaltenen staatlichen Zuschüsse.

    3.9.

    Der EWSA befürwortet zudem, dass nach Artikel 33 des Richtlinienvorschlags die zuständigen Behörden geeignete Maßnahmen treffen, wenn bei der Überprüfung und Bewertung gemäß Absatz 1 Buchstabe e) festgestellt wird, dass sich der wirtschaftliche Wert des Eigenkapitals einer Wertpapierfirma um mehr als 15 % des Kernkapitals verringert hat. Dies gilt generell auch für Wertpapierfirmen, die ihr Eigenkapital erhöhen.

    4.   Besondere Bemerkungen

    4.1.

    Der EWSA weist darauf hin, dass mit der Ausweitung der MiFID auf alle Derivatemärkte im Jahr 2007 einige auf den Handel mit Warenderivaten spezialisierte Unternehmen vollständig aus der MiFID und den aufsichtsrechtlichen Vorschriften ausgeklammert wurden. Die Geschäftstätigkeit vieler dieser Unternehmen, die mit Finanzinstrumenten zu tun haben, zielt tendenziell darauf ab, die Risiken ihrer Muttergesellschaften in Bezug auf die physische Produktion, Übermittlung, Lagerung oder den Erwerb der zugrunde liegenden physischen Grundstoffe abzusichern. Je nach Branche (z. B. Energie, Landwirtschaft) können Absicherungsmaßnahmen einen beträchtlichen Umfang annehmen, was nach dem derzeitigen Rechtsrahmen größere Auswirkungen auf die Kapitalanforderungen zur Folge hat. Diese Unternehmen werden nun von dem Vorschlag für eine Richtlinie über die Beaufsichtigung von Wertpapierfirmen erfasst.

    4.2.

    Nach Auffassung des EWSA kommt es darauf an, dass mit dem Richtlinien- und dem Verordnungsvorschlag nun neue Risikoparameter (K-Faktoren) sowie die Möglichkeit geschaffen werden, strengere Anforderungen schrittweise einzuführen und zu begrenzen. Die K-Faktoren erfassen die Risiken für die Kunden („Risk-to-Customer“, RtC) und bei Unternehmen, die im Handel auf eigene Rechnung tätig sind und Kundenaufträge in eigenem Namen ausführen, die Marktrisiken („Risk-to-Market“, RtM) sowie die Firmenrisiken („Risk-to-Firm“, RtF).

    4.3.

    Der EWSA weist darauf hin, dass er sich in seinen Stellungnahmen „Reform des Bankwesens — Eigenkapitalanforderungen und Änderungen des Abwicklungsrahmens“ (ECO/424) (5) und „MiFID/MiFIR“ (INT/790) (6) sowie in früheren Stellungnahmen zu CRR/CDR IV stets für Aufsichtsregeln für die EU-Kapitalmärkte ausgesprochen hat.

    Brüssel, den 19. April 2018

    Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Luca JAHIER


    (1)  Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1). Zusammen mit der Richtlinie 2013/36/EU (Eigenkapitalrichtlinie oder CRD IV) (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338) bildet sie den derzeitigen aufsichtsrechtlichen Rahmen für Wertpapierfirmen.

    (2)  Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID): Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates (ABl. L 145 vom 30.4.2004, S. 1).

    (3)  Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 349) und Verordnung (EU) Nr. 600/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 84).

    (4)  Bericht der EBA über Wertpapierfirmen, Antwort auf das Beratungsersuchen der Kommission vom Dezember 2014 (EBA/Op/2015/20). Wie in den einschlägigen Artikeln der CRR festgelegt, wurde diese Überprüfung im Benehmen mit der EBA, der ESMA und den in diesen Europäischen Aufsichtsbehörden vertretenen zuständigen nationalen Behörden durchgeführt.

    (5)  ABl. C 209 vom 30.6.2017, S. 36.

    (6)  ABl. C 303 vom 19.8.2016, S. 91.


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