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Dokument 52015IR6626

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Eine verantwortungsbewusstere Handels- und Investitionspolitik

ABl. C 240 vom 1.7.2016, s. 37—42 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

1.7.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 240/37


Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Eine verantwortungsbewusstere Handels- und Investitionspolitik

(2016/C 240/07)

Berichterstatter:

Cllr. Neale RICHMOND (IE/EVP), Grafschaftsrat von Dun Laoghaire Rathdown

Referenzdokument:

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Handel für alle — Hin zu einer verantwortungsbewussteren Handels- und Investitionspolitik

COM(2015) 497 final

I.   ALLGEMEINE BEMERKUNGEN

DER EUROPÄISCHE AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

begrüßt ausdrücklich die Mitteilung der Kommission vom 14. Oktober 2015 mit dem Titel „Handel für alle — Hin zu einer verantwortungsbewussteren Handels- und Investitionspolitik“, in der anerkannt wird, welch bedeutendes Potenzial der Handel in Bezug auf Wachstum, Beschäftigung und Arbeitsplatzschaffung sowie Investitionen in der EU freisetzen kann;

2.

bestärkt die Kommission in ihrem Bestreben, dafür Sorge zu tragen, dass die Erträge der Globalisierung fair verteilt und ihre negativen Auswirkungen abgemildert werden, und betont, dass moderne Handelsabkommen zur Schaffung gleicher Marktbedingungen über Zölle hinausgehen und stärker auf KMU abheben müssen; pflichtet der Kommission darüber hinaus bei, dass die Handelspolitik nur erfolgreich sein kann, wenn Europa sich auch weiterhin auf den Abbau von Hindernissen konzentriert, die der Vollendung des Binnenmarkts im Wege stehen;

3.

begrüßt die Zusage der Kommission, zu jeder bedeutenden Initiative auf dem Gebiet der Handelspolitik eine Nachhaltigkeitsprüfung vorzunehmen; unterstreicht erneut die Wichtigkeit der Durchführung von Ex-post-Bewertungen und hebt hervor, dass Bewertungen und Evaluierungen einschließlich einer angemessenen Konsultation aller Interessenträger grundlegend für die Formulierung einer soliden, transparenten und faktengestützten Handelspolitik sind;

4.

ruft die Kommission auf, eine rechtzeitige Beurteilung der Folgen von Handelsliberalisierungsmaßnahmen, die in Freihandelsabkommen vorgesehen sind oder sich aus multilateralen Vereinbarungen ergeben, wie die Frage der Zuerkennung des Marktwirtschaftsstatus an China, auf den EU-Haushalt und die EU-finanzierte Strukturpolitik (europäische Struktur- und Investitionsfonds, Europäischer Fonds für die Anpassung an die Globalisierung usw.) vorzunehmen;

5.

betont, dass aus dem Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) finanzierte Maßnahmen oft kurzfristig angelegt sind, und spricht sich für eine bessere Koordinierung mit anderen Politikbereichen der EU aus, insbesondere mit der Kohäsionspolitik, damit die bestehenden regionalen Ungleichheiten in der EU nicht nur nicht noch weiter zunehmen, sondern sich verringern;

6.

sieht die wirtschaftliche Bedeutung einer Angleichung von Vorschriften, denn sie verringert die Zahl von Rechtsvorschriften, die die an einem Abkommen beteiligten Handelspartner einhalten müssen. Dabei muss jedoch sichergestellt sein, dass durch eine solche Angleichung in den Handelsabkommen der EU das Niveau an Verbraucher-, Umwelt- und Arbeitnehmerschutz beibehalten oder erhöht wird;

7.

erwartet von der Europäischen Kommission Transparenz im Hinblick auf ihre ehrgeizigen Pläne für künftige internationale Handelsabkommen. In diesem Zusammenhang verweist er auf ihre Absicht, das Verhältnis zu Partnern in Afrika, Lateinamerika und der Karibik neu zu definieren und die handelspolitische Zusammenarbeit im Rahmen der Nachbarschaftspolitik der EU weiter zu vertiefen;

8.

hebt die Schlüsselrolle hervor, die kleine und mittlere Unternehmen (KMU) als Rückgrat der regionalen und lokalen Entwicklung und damit für den Zusammenhalt der EU insgesamt spielen, und weist darauf hin, dass die Kosten für die Einhaltung internationaler Standards für die KMU in der Regel stärker ins Gewicht fallen als für multinationale Unternehmen. Begrüßt in dieser Hinsicht, dass die Kommission den KMU einen wichtigen Platz in ihrer Strategie einräumt, indem sie auf die Schwierigkeiten eingeht, die diesen durch die Handelsliberalisierung entstehen können, und dringt darauf, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften durchgängig in den vorgesehenen Dialog zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten bezüglich der besonderen Bedürfnisse der KMU einbezogen werden;

9.

betont, dass die drei Kernprinzipien Wirksamkeit, Transparenz und Werte hier und da miteinander in Widerstreit geraten können, und schließt sich dem Argument in der Mitteilung an, dass die Handelspolitik viele andere Politikbereiche mitberücksichtigen und nach Möglichkeit auch fördern muss, doch sollte klarer dargelegt werden, wie dies in der Praxis konkret aussehen soll; betont zugleich, dass den Wirtschaftsinteressen kein höherer Stellenwert als der Gewährleistung des gleichberechtigten Zugangs zu öffentlichen Diensten beigemessen werden darf;

10.

unterstreicht, dass bei der Einrichtung eines internationalen Investitionsgerichtshofs sichergestellt sein muss, dass in der gesamten Übergangszeit, bis der internationale Investitionsgerichtshof in vollem Umfang an die Stelle aller in EU-Handelsabkommen vorgesehenen Streitbeilegungssysteme für Investitionsstreitigkeiten getreten ist, wirtschaftliche Interessen nicht schwerer wiegen dürfen als das Recht der zuständigen staatlichen Behörden, öffentliche Dienstleistungen in einem geeigneten, von ihnen als nötig erachteten Mix zu erbringen;

11.

begrüßt die Ankündigung der Europäischen Kommission vom 29. Februar 2016, dass das Investitionsschutz-Kapitel des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Kanada (CETA) Elemente des überarbeiteten Ansatzes aufgreift, der von der EU für ein transparenteres System für die Investor-Staat-Streitbeilegung vorgeschlagen wurde, unter anderem:

verbindlichere Aussagen zum Regelungsrecht auf allen staatlichen Entscheidungsebenen beim Investitionsschutz;

Schaffung eines ständigen, institutionalisierten Gerichts für die Beilegung von Streitigkeiten, dessen 15 Mitglieder im Voraus von den Vertragsparteien des Abkommens ernannt werden;

Errichtung eines Berufungsgerichts, das Entscheidungen auf rechtliche Korrektheit prüfen und im Falle eines Fehlers aufheben kann;

detailliertere ethische Verpflichtungen zur Vermeidung von Interessenkonflikten;

Verpflichtung seitens der EU und Kanadas, auf die Schaffung einer ständigen multilateralen Gerichtsbarkeit oder eines ständigen Berufungsgerichts für Investitionsangelegenheiten hinzuarbeiten;

12.

begrüßt den von der Kommission vertretenen Standpunkt zu öffentlichen Diensten, demzufolge Handelsabkommen der EU auch in Zukunft staatliche Stellen aller Ebenen nicht daran hindern dürfen, öffentliche Dienste anzubieten, zu unterstützen oder zu regulieren, und keine Verpflichtungen der Staaten zur Privatisierung irgendwelcher Dienstleistungen enthalten sowie einer Ausweitung des Spektrums der öffentlichen Dienste nicht entgegenstehen;

13.

unterstreicht, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften jederzeit die Möglichkeit haben müssen, die Bereitstellung von Dienstleistungen im allgemeinen Interesse zu gestalten, unabhängig davon, wie die Dienstleistungen erbracht und finanziert werden;

II.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

14.

begrüßt die auf der Tagung des Rates (Handel) vom 27. November 2015 vereinbarten Schlussfolgerungen, da ihnen ein sehr ausgewogener Ansatz zugrunde liegt, bei dem der Akzent, nicht aber die Substanz der Handelspolitik im Einklang mit der EU-Außenpolitik verlagert wird;

15.

ist der Ansicht, dass die territoriale Dimension der Strategie sicherstellen sollte, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in der ganzen EU von den Wachstums- und Investitionschancen, die durch die Freihandelsabkommen und Handelsabkommen im Allgemeinen entstehen dürften, angemessen profitieren, so wie diese Abkommen in der Mitteilung beschrieben werden. Es muss auch deutlich gemacht werden, was Freihandelsabkommen im Verhältnis zu öffentlich finanzierten Tätigkeiten auf lokaler Ebene für die Wahrung der Organisationsfreiheit und der kommunalen Selbstverwaltung bedeuten können;

16.

fordert in Übereinstimmung mit den Artikeln 14 und 106 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und dem Protokoll (Nr. 26) über Dienste von allgemeinem Interesse, die derzeitigen und die künftigen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (unter anderem Wasserversorgung, Gesundheits- und Sozialdienste, Sozialversicherungssysteme und Bildung, Abfallbewirtschaftung und öffentlicher Verkehr) vom Geltungsbereich der zu verhandelnden Handelsabkommen auszunehmen;

17.

ist überzeugt, dass ein klar erkennbarer Bedarf an einer regionalen und lokalen Ausarbeitung und Umsetzung von Internationalisierungsprogrammen für KMU unter Beteiligung lokaler und regionaler Interessenträger besteht. Dazu würde auch die Ermittlung von Lücken in den Hilfen zur Verringerung der Disparitäten und Negativeffekte gehören, die ein offenerer Handel für manche Regionen mit sich bringen kann;

18.

hält es für wichtig, darauf hinzuweisen, dass es bei Handel und Investitionen nicht nur um die Öffnung von Märkten geht — wodurch Wettbewerb und Innovation zum Nutzen einer höheren Wettbewerbsfähigkeit Europas angeregt werden, was wiederum Arbeitsplätze und Wachstum entstehen lassen kann —, sondern auch um eine notwendige Entwicklung aller Regionen zur Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts und des Wohlstands aller Bürger;

19.

begrüßt die Betonung von EU-Werten in der neuen Strategie und die Förderung zentraler europäischer Werte, wie nachhaltige Entwicklung und Menschenrechte, in Handelsabkommen, meint jedoch, dass sie konkret dargelegt werden müssten;

20.

stellt fest, dass die Angleichung von Regeln und Vorschriften im Rahmen von Freihandelsabkommen auf sektoraler Ebene eine unnötige Doppelung von Verfahren und Lizenzanforderungen mit vergleichbaren Ergebnissen erübrigen kann. Zur Vermeidung späterer Rechtsstreitigkeiten ist es jedoch wichtig, dass der Wortlaut der Abkommen präzise formuliert und eine erschöpfende „positive“ Liste der Dienste aufgestellt wird, die Gegenstand von Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen sind;

21.

begrüßt es, dass die Mitteilung stark auf das unerschlossene Potenzial von KMU und auf die Notwendigkeit abhebt, ihnen eine gezielte Unterstützung zu bieten, angefangen mit der richtigen Handelspolitik;

22.

hält die Angleichung von Regeln und Vorschriften für besonders sachdienlich, weil sie Möglichkeiten der Internationalisierung und der Integration von KMU in weltweite Wertschöpfungsketten schafft;

23.

ist der Auffassung, dass ein ausgewogenes Ergebnis in sensiblen traditionellen Wirtschaftsbereichen, wie z. B. der Landwirtschaft, ein Ziel aller Freihandelsabkommen der EU sein sollte, ebenso wie die Anerkennung qualitativ hochwertiger Produkte und deren internationaler Schutz vor Fälschung;

24.

teilt die Ansicht, dass die Intensivierung der Debatte über die Handelspolitik der EU eine Gelegenheit zur besseren Einbeziehung aller Interessenträger in die Vorbereitung, Aushandlung und Durchführung unserer verschiedenen einschlägigen Initiativen bietet. Hierfür muss die Transparenz jedoch umfassender gewährleistet werden, als dies momentan der Fall ist;

25.

dringt auf die Verstärkung von Maßnahmen zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung und der verantwortungsvollen Staatsführung durch Handelsabkommen, von mehreren Interessenträgern getragenen Initiativen und weiteren Maßnahmen mit Schwerpunkt auf folgenden Aspekten: freier, fairer und ethischer Handel, Umweltschutz, Arbeitnehmerrechte, menschenwürdige Arbeitsbedingungen sowie Menschenrechte, Gesundheits- und Verbraucherschutz, Tierschutz, Gewährleistung des Schutzes der kulturellen Vielfalt und Förderung von Entwicklung durch Handel, einschließlich der Handelshilfe („Aid for Trade“) und der Agenda 2030;

26.

tritt dafür ein, dass Handelsabkommen Chancengleichheit zwischen den EU-Mitgliedstaaten, den Regionen — einschließlich der Regionen in äußerster Randlage und der überseeischen Gebiete der EU — und allen einschlägigen Sektoren — Industrie, Landwirtschaft und Dienstleistungen — schaffen sollten; begrüßt in diesem Zusammenhang, dass der Rat die Notwendigkeit unterstrichen hat, die Einbindung europäischer Unternehmen, insbesondere der kleinen und mittleren Unternehmen, in globale Wertschöpfungsketten zu erleichtern und zu verbessern;

27.

begrüßt das Bekenntnis der Europäischen Kommission zu Transparenzmaßnahmen und erwartet, dass ihnen weitere konkrete Maßnahmen für eine größere Außenwirkung folgen werden, wie etwa eine Verpflichtung zur Transparenz hinsichtlich der Verhandlungspositionen, auch seitens der Verhandlungspartner; bemängelt jedoch, dass in der Mitteilung grundlegendere Probleme hinsichtlich der Transparenz bei der Gestaltung der Handelspolitik auf Ebene der EU-Mitgliedstaaten nicht angesprochen werden, zum Beispiel die Frage, wie handelspolitische Ziele vor Verhandlungsbeginn formuliert werden, d. h. in der Phase, wenn die 28 Mitgliedstaaten ein Mandat festlegen;

28.

betont, dass die Rechte der EU-Verbraucher über Datenschutzfragen, Verbrauchersicherheit und ihr Recht auf Produktinformation hinaus in der Handelsdebatte ausgewogener zur Geltung kommen müssen. Die Grundbestandteile des Verbraucherschutzes — Informationen, Transparenz und Wahlfreiheit — sind zu wahren und zu schützen;

29.

meint, dass exportierenden und nichtexportierenden KMU gleichermaßen Beachtung geschenkt werden muss, damit die Vorteile des offenen Handels und der EU-Handelspolitik nicht nur denjenigen KMU, die zur Exportwirtschaft eines Mitgliedstaats zählen, zugutekommen;

30.

ermuntert die Verhandlungsführer der EU, sich für die Aufnahme eines Kapitels über Kleingewerbe in alle künftigen EU-Handelsabkommen starkzumachen;

31.

ist überzeugt, dass die Verringerung der Regulierungskosten den kleinen und mittleren Unternehmen erheblichen Auftrieb geben und es ihnen leichter machen würde, in neue Märkte vorzudringen, denn Doppelregelungen zwischen Handelspartnern außerhalb eines FHA wirken als Zugangshemmnis und tragen dazu bei, dass größere, gut etablierte Unternehmen den Markt beherrschen;

32.

ist für einen offeneren Handel als Mittel gegen ein niedriges Investitionsniveau, denn er ist ein Impulsgeber für die Weltwirtschaft in einer Zeit weiterhin hoher Schuldenstände;

33.

nimmt zur Kenntnis, dass ein großer Schwerpunkt der Mitteilung auf bilateralen Freihandelsabkommen liegt, spricht sich jedoch dafür aus, dass die EU ihre Handelspolitik wieder verstärkt im Rahmen der multilateralen Agenda der WTO begreift;

34.

zeigt sich besorgt, dass der verstärkte Fokus auf der bilateralen Handelsagenda eine wirtschaftliche Blockbildung und einen Diskriminierungs- und Deregulierungswettbewerb begünstigt, der zu Lasten wirtschaftlich schwächerer Staaten mit geringer Verhandlungsmacht ausgetragen würde;

35.

weist darauf hin, dass ein immer komplexeres Geflecht von Standards und Handelsregeln für alle nachteilig ist, und fordert die Kommission auf, für Synergien zwischen und Einheitlichkeit bei den bilateralen, plurilateralen und multilateralen Abkommen, die derzeit ausgehandelt werden, zu sorgen; auch den neuen Abkommen sollten die Grundsätze Klarheit, Transparenz und Vereinfachung zugrunde liegen;

36.

spricht sich dafür aus, dass die EU in ihrer Handelspolitik eine besondere Förderung des Handels in jenen Sektoren erwägt, in denen sie Weltmarktführer ist, zum Beispiel bei grünen Technologien;

37.

ersucht darum, dass die Regionen und lokale und regionale Handelskammern oder vergleichbare Organisationen mit Repräsentations-/Multiplikatorfunktion angemessen über die Herausforderungen und Chancen des zunehmenden Welthandels informiert werden. Dies ist besonders für KMU wichtig, weil sie meistens nicht über die Mittel verfügen, die Entwicklungen des Welthandels selbst zu verfolgen;

38.

meint, dass die Handelspolitik besser auf die Politikfelder, mit denen Entwicklungsländern geholfen werden soll, abgestimmt werden muss, ohne dabei jedoch das Ziel der strategischen Entwicklung und des kontinuierlichen Wachstums der EU aus den Augen zu verlieren;

39.

hebt hervor, dass Arbeitsnormen einschließlich der acht grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation gleichfalls in allen Kapiteln von Freihandelsabkommen implementiert werden müssen und dass diese Abkommen eine Revisionsklausel enthalten müssen, die es einer Vertragspartei erlaubt, im Fall einer Verletzung von Arbeits- und Sozialnormen aus dem Abkommen auszutreten oder die Erfüllung seiner Verpflichtungen auszusetzen;

40.

unterstreicht in Bezug auf Investitionsabkommen, dass Zusagen über den Schutz legitimer staatlicher Maßnahmen vor Eingriffen durch Freihandelsabkommen von größter Bedeutung sind, denn die Mitgliedstaaten dürfen nicht in ihrer Fähigkeit behindert werden, legitime Maßnahmen staatlicher Politik durchzuführen, zum Beispiel gegen Tabakkonsum;

41.

macht deutlich, dass sich die Diskussion über ein Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investor und Staat (ISDS) und eine Investitionsgerichtsbarkeit (ICS) schwierig gestaltet, und fordert, dass Rechtsstreitigkeiten, die die Einhaltung dieses Abkommens berühren, vor öffentlichen Gerichten am Sitz, in der Sprache und der geltenden Rechtslage des Landes der oder des Beklagten zu führen sind; Revisionen müssen möglich sein; Verfahren zur Beilegung von zwischenstaatlichen Streitigkeiten sollten auf die derzeit geltenden Verfahren auf WTO-Ebene zurückgreifen;

42.

fordert die Kommission darüber hinaus auf, bis zur Einrichtung der Investitionsgerichtsbarkeit sicherzustellen, dass nicht über Meistbegünstigungsklauseln Mechanismen zur Beilegung von Investor-Staat-Streitigkeiten über das jeweilige Handelsabkommen hinweg unbegrenzte Anwendung finden;

43.

sieht es als notwendig an, dass Handelsabkommen, auch nach ihrem Abschluss und ihrer Ratifizierung, einen Mechanismus vorsehen (eine Art regulierendes Aufsichtsorgan), der technische Anpassungen erlaubt, ebenso wie eine Revisionsklausel zur eventuellen erneuten Prüfung des jeweiligen Abkommens und eine Regelung, um Entscheidungen zu Liberalisierungsmaßnahmen — auch im Fall von Entscheidungen, die die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich getroffen haben — jederzeit wieder rückgängig machen zu können.

44.

Ferner ist es wichtig, dass die Vertreter der EU und des/der Handelspartner in diesem Gremium einen guten Informationsstand haben und eine ausgewogene Interessenvertretung gewährleistet ist;

45.

betont, dass es wichtig ist, eine Vereinfachung des Handels auch mit allen anderen Ländern, mit denen die EU kein Freihandelsabkommen geschlossen hat, anzustreben;

46.

teil die Ansicht, dass die Neugewichtung des relativen Beitrags der Industriestaaten und der Schwellenländer zum System eine wesentliche Voraussetzung für künftige Fortschritte ist;

47.

betont, dass kein Handelsabkommen der EU zu einem niedrigeren Niveau beim Verbraucher- und Umweltschutz, beim sozialen Schutz oder beim Arbeitsschutz führen darf, als es derzeit in der Europäischen Union und den einzelnen Mitgliedstaaten herrscht. Auch muss es möglich bleiben, dieses Niveau weiterzuentwickeln. Er empfiehlt, diese Grundsätze weiter zu untermauern und zudem klarzustellen, dass dies auch für Fragen der Produktsicherheit sowie des Gesundheits-, Tier- und Datenschutzes gilt; erwartet, dass Handlungsspielräume der Europäischen Union sowie der Parlamente und Regierungen der Mitgliedstaaten gesichert und auf diesem Wege auch die demokratischen Einflussmöglichkeiten ihrer Bürgerinnen und Bürger gewahrt werden;

48.

dringt auf Maßnahmen zur Unterstützung der Verbraucher beim grenzüberschreitenden Handel mit Waren und Dienstleistungen mit Drittländern, zum Beispiel in Form eines Online-Helpdesks, der Information und Beratung im Fall von Streitigkeiten bietet;

49.

befürwortet die Aufnahme von Bestimmungen zur Korruptionsbekämpfung in Handelsabkommen als eine weitere Maßnahme, um sicherzustellen, dass alle Unternehmen und Verbraucher in den Genuss der Vorzüge eines Abkommens kommen können, sodass regionale Verwerfungen verkleinert werden;

50.

sieht für den Ausschuss der Regionen eine maßgebliche Rolle darin, dafür zu sorgen, dass die Vorteile von Handelsabkommen auf der lokalen und regionalen Ebene zum Tragen kommen, und jene Abkommen, deren Vorteile auf einer eher lokalen Ebene nicht greifbar sind, auf den Prüfstand zu stellen;

51.

hält es für notwendig, dass die EU das öffentliche Beschaffungswesen in internationale Handelsabkommen aufnimmt, zugleich auch als Hebel in Verhandlungen, um dem Missverhältnis zwischen der Offenheit der EU-Märkte für öffentliche Aufträge und den restriktiven Praktiken wichtiger Handelspartner abzuhelfen;

52.

begrüßt den geänderten Vorschlag der Europäischen Kommission für ein Instrument betreffend das internationale Beschaffungswesen (1) und unterstreicht, dass dieses Instrument zur Bekämpfung von Korruption in Drittländern beitragen kann. Das Instrument muss zudem in ausgewogener Weise eingesetzt werden, damit es nicht dazu missbraucht werden kann, die EU-Märkte für öffentliche Aufträge abzuschotten oder abzuschließen;

53.

hebt die besonderen Erfordernisse der europäischen KMU und die Schwierigkeiten hervor, denen sie sich auf Drittlandsmärkten für öffentliche Aufträge gegenübersehen könnten. Begrüßt in dieser Hinsicht, dass das Instrument nicht für Angebote europäischer KMU gelten und seine Anwendung auf Verträge oberhalb eines bestimmten Schwellenwerts begrenzt sein wird.

Brüssel, den 8. April 2016

Der Präsident des Europäischen Ausschusses der Regionen

Markku MARKKULA


(1)  COM(2016) 34 final.


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