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Document 52015AE4936

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Energieeffizienzkennzeichnung und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/30/EU“ [COM(2015) 341 final — 2015/0149 (COD)]

ABl. C 82 vom 3.3.2016, p. 6–12 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

3.3.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 82/6


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Energieeffizienzkennzeichnung und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/30/EU“

[COM(2015) 341 final — 2015/0149 (COD)]

(2016/C 082/02)

Berichterstatter:

Emilio FATOVIC

Der Rat beschloss am 31. August 2015 und das Parlament beschloss am 15. September 2015, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 194 Absatz 2 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung eines Rahmens für die Energieeffizienzkennzeichnung und zur Aufhebung der Richtlinie 2010/30/EU

[COM(2015) 341 final — 2015/0149 (COD)].

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 7. Januar 2016 an.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 513. Plenartagung am 20./21. Januar 2016 (Sitzung vom 20. Januar) mit 218 gegen 2 Stimmen bei 6 Enthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) unterstützt den Vorschlag der Kommission, einen Rahmen für die Energieeffizienzkennzeichnung einzuführen, und ist davon überzeugt, dass sich ein solcher Rahmen, wenn er richtig umgesetzt und mit der Ökodesign-Richtlinie verknüpft wird, positiv auf die Umwelt, die Verbraucher, die Unternehmen und die Beschäftigten auswirken kann.

1.2.

Der Ausschuss ist der Ansicht, dass mit dem Vorschlag die wichtigsten mit den geltenden Rechtsvorschriften verbundenen Probleme aufgegriffen werden, darunter die wirksame Anwendung der Rechtsvorschriften, die wirksame Marktüberwachung und das Recht der Verbraucher auf klare, verständliche und vergleichbare Informationen. Insbesondere fordert der EWSA die Kommission auf, den eingeschlagenen Kurs der Vereinheitlichung und Vereinfachung der Energieeffizienzklassen für sämtliche Produktkategorien fortzuführen.

1.3.

Der EWSA befürwortet die Wahl des Instruments der Verordnung anstatt einer Richtlinie, um eine wirksame und einheitliche Umsetzung der Rechtsvorschrift in der gesamten Europäischen Union sicherzustellen.

1.4.

Der Ausschuss hält es für richtig, eine „Produktdatenbank“ zu schaffen, da sie ein geeignetes Instrument dafür ist, die Marktüberwachung wirksamer zu gestalten. Der EWSA erachtet es allerdings für unerlässlich, die zum Kauf angebotenen Produkte mit entsprechenden Instrumenten stärker darauf zu kontrollieren, ob die Produkteigenschaften auch wirklich den Angaben der Produktkennzeichnung entsprechen.

1.5.

Der EWSA fordert die Kommission auf, gemeinsame und einheitliche Ausbildungswege für alle an der Aufsicht und Kontrolle beteiligten Beschäftigten und sonstigen Akteure einzuführen und zu finanzieren.

1.6.

Der EWSA befürwortet die Entscheidung, zur ursprünglichen Energieetikett-Skala von A bis G zurückzukehren, da sie für die Verbraucher verständlicher ist, und begrüßt die Einführung einer Farbskala von Dunkelgrün bis Rot zur besseren Kennzeichnung der Energieeffizienz eines Produkts.

1.7.

Der Ausschuss schlägt vor, ein neues grafisches Design für die Energieeffizienz-Kennzeichnung zu entwickeln, um Fälschungen zu bekämpfen und vor allem während der Übergangszeit mögliche Missverständnisse unter den Verbrauchern zu vermeiden. Der EWSA schlägt zudem eine ausgegraute Farbskala für jene Klassen vor, für die es infolge einer Neuskalierung oder der in der Ökodesign-Richtlinie festgelegten Beschränkungen keine Produkte auf dem Markt gibt.

1.8.

Der EWSA schlägt vor, das neue Etikett — auch im Hinblick auf den CO2-Fußabdruck — mit weiteren für die Verbraucher wichtigen Informationen wie „Mindestlebensdauer des Produkts“ und „Energieverbrauch während der Produktlebensdauer“ zu versehen. Diese Informationen sind unabdingbar, um die Wirtschaftlichkeit energieverbrauchsrelevanter Produkte unterschiedlicher Klassen wirksam vergleichen zu können und um der geplanten Obsoleszenz von Produkten entgegenzuwirken und sie zu verhindern.

1.9.

Bleibt ein so entscheidender Aspekt wie die Einführung eines Sanktionssystems den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen, so begünstigt dies nach Ansicht des EWSA eine uneinheitliche Befolgung der Regelung, sodass der Rückgriff auf eine Verordnung anstelle einer Richtlinie wirkungslos wird.

1.10.

Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die Union im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip den Zugang benachteiligter Bevölkerungsgruppen zu Produkten mit hoher Energieeffizienz fördern muss, um das Phänomen der „Energiearmut“ zu bekämpfen.

1.11.

Der EWSA ist der Ansicht, dass im Hinblick auf den Grundsatz „Design for all“ — das Entwerfen von Produkten, die von allen genutzt werden können — auch die Etiketten für alle verständlich sein müssen und dass dabei insbesondere auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen geachtet werden muss.

1.12.

Der Ausschuss fordert die Union auf, sich dafür einzusetzen, dass eventuell vorgesehene Mehrkosten des neuen Kennzeichnungssystems nicht automatisch auf die Einzelhändler oder die Endnutzer abgewälzt werden.

1.13.

Der EWSA bedauert, dass eine spezifische Strategie für den Online-Handel fehlt, die er jedoch für notwendig hält, da dies einer der Sektoren ist, in denen die Regelung weitgehend missachtet wird. Der EWSA befürwortet vor allem rasche Maßnahmen, um den Fall von Kleinanzeigen-Websites zu regeln, auf denen die größten Verstöße gegen die Energieeffizienz-Kennzeichnungspflicht festgestellt wurden.

1.14.

Der EWSA stellt fest, dass spezifische Maßnahmen für „aufgearbeitete“ energieverbrauchsrelevante Produkte fehlen. Der EWSA hält es insbesondere für notwendig, die Vermarktung solcher Produkte — soweit diese in spezialisierten Verkaufseinrichtungen veräußert werden — zu regeln, damit keine Regelungslücken entstehen und damit vor allem die Strategien in den Bereichen Energieeffizienz und Kreislaufwirtschaft stärker miteinander verzahnt werden.

1.15.

Der Ausschuss fordert die Kommission auf, ein besonderes Augenmerk auf aus Drittstaaten eingeführte Produkte zu legen, um die europäische Produktion vor möglichem unlauteren Wettbewerb oder Betrug durch offenkundige Fälschung von Etiketten zu schützen.

1.16.

Der EWSA ist der Ansicht, dass die Europäische Union die eigenen Energieeffizienzziele nur über eine aktive Einbeziehung der Verbraucher erreichen kann. Er fordert daher, dass neben den nationalen Regierungen auch die organisierte Zivilgesellschaft einbezogen wird, um eine wirksamere und flächendeckendere Aufklärung und Sensibilisierung — auch bei den Einzelhändlern — zu ermöglichen.

1.17.

Der Ausschuss befürwortet den Vorschlag, in der Werbung für jedes einzelne Produkt die Energieeffizienzkennzeichnung, falls dies nicht möglich ist, zumindest die Angabe der Energieeffizienzklasse zur Pflicht zu machen, um die Verbraucher besser zu informieren und zu sensibilisieren.

1.18.

Der EWSA ist der Ansicht, dass nach Ende des Übergangszeitraums eine einzige Woche nicht ausreicht, um endgültig zur Produktkennzeichnung nach dem neuen System überzugehen. Daher wird gefordert, diesen Zeitraum auf 30 Tage zu erweitern.

1.19.

Der EWSA fordert die Kommission auf, bei den delegierten Rechtsakten einen umsichtigeren und maßvolleren Ansatz zugrunde zu legen. Er wünscht insbesondere, dass die Befugnisübertragungen klar und eindeutig sind, dass die Kontrolle durch das Parlament sichergestellt wird und vor allem, dass die Annahme der delegierten Rechtsakte immer mit einer wirksamen Konsultation und Einbeziehung der Mitgliedstaaten, des EWSA und der Interessenträger verbunden ist.

1.20.

Der EWSA hält den Zeitraum von acht Jahren für die Überprüfung des Rahmens für die Kennzeichnung für angemessen, schlägt jedoch vor, ihn nach der Hälfte der Zeit einer Folgenabschätzung zu unterziehen.

1.21.

Nach Ansicht des Ausschusses sollte unbedingt ein eindeutiges und dauerhaftes Verfahren für die aufgrund des technischen Fortschritts auf dem Markt notwendig werdenden Neuskalierungen festgelegt werden, damit diese kostengünstig, genau und unumstritten sind. Er schlägt daher vor, erst dann eine Neuskalierung vorzunehmen, wenn die Produkte der Energieeffizienzklasse A einen Marktanteil von mindestens 20 % erreicht haben.

2.   Einleitung

2.1.

Am 25. Februar 2015 veröffentlichte die Europäische Kommission das Paket zur Energieunion, das drei Mitteilungen umfasst:

eine Rahmenstrategie für eine krisenfeste Energieunion (1),

eine Mitteilung über die Position der EU hinsichtlich des Weltklimaübereinkommens sowie

eine Mitteilung, in der die Maßnahmen zur Erreichung des Stromverbundziels von 10 % bis 2020 festgelegt werden.

2.2.

Die auf einem ganzheitlichen Ansatz basierende Strategie für die Energieunion, deren Ziel die Sicherheit, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Energieversorgung ist, konzentriert sich auf fünf Komponenten:

Sicherheit der Energieversorgung, Solidarität und Vertrauen,

ein vollständig integrierter europäischer Energiemarkt,

Energieeffizienz als Beitrag zur Senkung der Energienachfrage,

Verringerung der CO2-Emissionen der Wirtschaft,

Forschung, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit.

2.3.

Im Rahmen dieser Strategie wird die Verordnung zur Festlegung eines Rahmens für die Energieeffizienzkennzeichnung und zur Aufhebung der vorherigen Richtlinie 2010/30/EU (2) geschaffen.

2.4.

Der neue Rahmen für die Kennzeichnung hat eine verwandte Rechtsvorschrift in der Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG (3). Dem Kommissar für Klimapolitik und Energie Miguel Arias Cañete zufolge wird Europa mit der Umsetzung der beiden Rechtsvorschriften bis 2020 so viel Energie einsparen, wie in Italien jedes Jahr verbraucht wird, nämlich 166 Mio. Tonnen Erdöl. Außerdem werde sich dies auch sehr stark auf die Senkung der CO2-Emissionen auswirken.

2.5.

In der neuen Verordnung werden unter anderem die Ergebnisse der Ex-post-Bewertung der geltenden Rechtsvorschriften, die Ergebnisse der Konsultationen der Bürgerinnen und Bürger und Interessenträger sowie eine spezifische Folgenabschätzung berücksichtigt (4).

3.   Zusammenfassung des Vorschlags der Kommission

3.1.

Der Vorschlag der Kommission erfolgt erstmals in Form einer Verordnung und nicht mehr in Form einer Richtlinie. Damit soll das Regelungsumfeld für die Mitgliedstaaten und die Unternehmen vereinfacht, vor allem aber sichergestellt werden, dass die darin enthaltenen Grundsätze in der gesamten Europäischen Union einheitlich angewandt und durchgesetzt werden.

3.2.

Der Vorschlag sieht die Schaffung einer Produktdatenbank vor, um die Wirksamkeit der Marktüberwachung zu erhöhen. Die Hersteller werden verpflichtet, eine Reihe von Informationen in dieser Produktdatenbank anzugeben. Es sollte betont werden, dass die Unternehmen diese Informationen bereits jetzt auf Anfrage der nationalen Marktüberwachungsbehörden mitteilen müssen. Die Kommission geht daher davon aus, dass den Unternehmen nur geringe Zusatzkosten entstehen werden (5).

3.3.

Der Vorschlag sieht aus zwei Gründen eine Überarbeitung der mit der Richtlinie 2010/30/EU eingeführten, derzeit geltenden Energieskala vor:

a)

Es hat sich gezeigt, dass die Etiketten durch die Skala von A+ bis A+++ unverständlicher geworden sind, sodass die Verbraucher davon abgehalten werden, Produkte mit einer höheren Energieeffizienz zu erwerben.

b)

Die höchsten Energieeffizienzklassen sind in einigen Produktkategorien bereits ausgeschöpft.

Aus diesem Grund schlägt die Kommission vor, zu der alten Skala von A bis G zurückzukehren, die offenbar besser verstanden wird, und alle heute im Handel befindlichen Produkte neu zu klassifizieren. Die Klassen A und B sollen bei der Neuskalierung freigelassen werden, um zu verhindern, dass die höchsten Klassen zu schnell ausgeschöpft werden (6). Zur Ergänzung und Vervollständigung ist ferner vorgesehen, für die Kennzeichnung der Energieeffizienz von Produkten eine Farbskala von Dunkelgrün bis Rot auf den Etiketten einzuführen.

3.4.

In dem Vorschlag ist ein Übergangszeitraum von sechs Monaten vorgesehen, in dem bereits im Verkauf befindliche Produkte zwei Etiketten erhalten, um den Prozess der Neuskalierung reibungslos umsetzen zu können, ohne die Verbraucher weiter zu verwirren. In diesem Zeitraum sollen die Mitgliedstaaten außerdem gezielte Kampagnen durchführen, um die Verbraucher über das neue Kennzeichnungssystem zu informieren.

3.5.

Nach Auffassung der Kommission soll die Zuständigkeit sowohl für Kontrollmaßnahmen als auch für die Festlegung eines Sanktionssystems bei den jeweiligen Mitgliedstaaten verbleiben (7).

3.6.

Die Kommission erhält die Befugnis, delegierte Rechtsakte zu erlassen, um die korrekte Umsetzung der Rechtsvorschrift sicherzustellen. Diese Befugnis kann ihr jederzeit vom Rat und vom Parlament entzogen werden. Die Kommission muss dafür sorgen, dass bei jedem delegierten Rechtsakt eine ausgewogene Mitwirkung von Vertretern der Mitgliedstaaten und Interessenträgern aus den Bereichen der jeweiligen Produktkategorien gewährleistet ist. Für die Mitgliedstaaten und die Interessenträger wird ein gemeinsames Ad-hoc-Konsultationsforum gebildet.

3.7.

Die nächste Bewertung des Rahmens für die Energieeffizienzkennzeichnung ist nach acht Jahren vorgesehen; die Etiketten der bereits auf dem Markt befindlichen Produkte sollen innerhalb von fünf Jahren überprüft werden, für nach Annahme der Verordnung in Verkehr gebrachte Produkte wird kein präziser zeitlicher Rahmen vorgegeben.

4.   Allgemeine Bemerkungen

4.1.

Der EWSA begrüßt den Vorschlag der Kommission, der aus dem Bewusstsein entstanden ist, dass sich die Energieeffizienzkennzeichnung positiv auf die Umwelt, die Verbraucher, die europäischen Unternehmen und die Beschäftigung auswirkt (8).

4.2.

Neben der rein technischen Relevanz misst der EWSA dem neuen Kennzeichnungssystem auch eine große strategische Bedeutung bei, da es sich direkt und indirekt auf die Sektoren Energie, Binnenhandel, technologische Entwicklung, Umwelt sowie allgemein auf die Prozesse einer nachhaltigen Entwicklung auswirkt.

4.3.

Der EWSA anerkennt, dass mit dem Vorschlag die wichtigsten Probleme im Bereich der geltenden Rechtsvorschriften aufgegriffen werden, auch wenn es dem Vorschlag in manchen Bereichen an Ehrgeiz und Vision mangelt. Der Vorschlag konzentriert sich nämlich auf die Lösung unmittelbarer und zwingender Probleme, ohne indes mögliche zukünftige Entwicklungen des Energiehandels und der Energieerzeugung abzusehen.

4.4.

Der Ausschuss fordert die Kommission auf, den eingeschlagenen Kurs der Vereinheitlichung und Vereinfachung der Energieeffizienzklassen für sämtliche Produktkategorien fortzuführen. Dies wird sich entscheidend auf die Verbreitung eines selektiven Ansatzes beim Kauf von Produkten durch die Verbraucher auswirken und die Erzeugnisse von höherer Qualität aufwerten.

4.5.

Der EWSA hält die Entscheidung für richtig, auf das Instrument der Verordnung anstelle der Richtlinie zurückzugreifen, um eine wirksame und fristgerechte sowie einheitliche Umsetzung der Rechtsvorschrift im gesamten Gebiet der Europäischen Union sicherzustellen. Die gezielte Wahl dieses Instruments ist auch mit Blick auf einen wirksamen europäischen Integrationsprozess entscheidend.

4.5.1.

Der Ausschuss unterstützt den Vorschlag, eine Produktdatenbank zu schaffen, da dieses Instrument für eine wirksame Marktüberwachung unerlässlich ist. Er hebt diesbezüglich hervor, dass in vielen EU-Mitgliedstaaten Verbraucherschutzorganisationen bereits mehrmals darauf hingewiesen haben, dass die Vorgängerrichtlinie 2010/30/EU mangelhaft umgesetzt wird und dass daher Produkte ohne Kennzeichnung des Energieverbrauchs auf dem Markt sind. Eine Produktdatenbank muss auch geschaffen werden, um wirklich gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Produkte auf dem Binnenmarkt zu gewährleisten.

4.6.

Nach Ansicht des Ausschusses ist die Einrichtung einer „Produktdatenbank“ zwar wichtig, für die ordnungsgemäße Marktaufsicht aber nicht entscheidend. Er spricht sich dafür aus, dass die zuständigen Behörden die zum Kauf angebotenen Produkte mit entsprechenden Instrumenten stärker darauf kontrollieren, ob die Produkteigenschaften auch wirklich den Angaben der Produktkennzeichnung entsprechen.

4.7.

Angesichts des sehr technischen Charakters der Marktkontrolle und Marktaufsicht fordert der Ausschuss die Kommission auf, gemeinsame und einheitliche Ausbildungswege für alle an der Marktaufsicht und -kontrolle beteiligten Beschäftigten und sonstigen Akteure einzuführen und Finanzmittel dafür bereitzustellen, damit die Verordnung in allen Mitgliedstaaten rasch und wirksam umgesetzt werden kann.

4.8.

Der EWSA begrüßt die Entscheidung, zur vorherigen Energieskala von A bis G zurückzukehren, da sie von den Verbrauchern besser verstanden wird. Er betont, dass beispielsweise die Differenz zwischen dem Energieverbrauch eines Kühlschranks der Klasse A+++ und dem eines Kühlschranks der Klasse A+ 42 % beträgt, dass jedoch der Unterschied bezüglich Energieeffizienz und Kosten aus dem derzeitigen Kennzeichnungssystem nicht unmittelbar ersichtlich ist. Insofern gilt für bestimmte Produktkategorien das Prinzip „wer mehr bezahlt, bezahlt am Ende weniger“, da sich die Kosten der höheren Kategorie in kurzer Zeit für die Verbraucher amortisieren. Damit die Verbraucher dies erkennen können, müssen die Etiketten jedoch klarer, verständlicher und besser vergleichbar sein.

4.9.

Der EWSA ist der Ansicht, dass das Hauptziel des vorliegenden Vorschlags seine einheitliche Anwendung auf europäischer Ebene ist. Bleibt jedoch ein so entscheidender Aspekt wie das Sanktionssystem den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen, so begünstigt dies eine uneinheitliche Befolgung der Regelung, sodass der Rückgriff auf eine Verordnung anstelle einer Richtlinie wirkungslos wird.

4.10.

Insgesamt ist der EWSA der Auffassung, dass durch das neue, wie vorgeschlagen aufgebaute Kennzeichnungssystem Folgendes sichergestellt werden kann:

4.10.1.

Die Verbraucher erhalten genauere, relevantere und vergleichbarere Informationen über die Energieeffizienz und den Energieverbrauch aller innerhalb der EU verkauften Produkte; dadurch werden fundierte und langfristig gesehen wirtschaftlich vorteilhafte Kaufentscheidungen sowie eine umweltfreundliche Nutzung ermöglicht.

4.10.2.

Der freie Verkehr von Produkten unter gleichen Bedingungen wird verbessert. Dadurch wird ferner die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen gestärkt, die Innovationsanreize erhalten und den Vorteil haben, vor Unternehmen aus Drittstaaten in Märkte eintreten zu können und höhere Gewinnmargen zu erzielen.

4.10.3.

Die Beschäftigung wird gefördert — sofern sich die europäischen Unternehmen verpflichten, ihre Produktion nicht weiterhin zu verlagern —, sodass auf diese Weise indirekt auch die europäische Produktion und der Binnenkonsum wiederbelebt werden.

5.   Besondere Bemerkungen

5.1.

Der EWSA hält das neue Kennzeichnungssystem für eine Verbesserung gegenüber den aktuellen Rechtsvorschriften, ist aber der Ansicht, dass es nicht allen Informationsbedürfnissen der Verbraucher gerecht wird. Es wird daher empfohlen, die Etiketten — auch im Hinblick auf den CO2-Fußabdruck — mit weiteren Daten, zum Beispiel zur „Mindestlebensdauer von Produkten“ (9) und zum „Energieverbrauch während der Produktlebensdauer“, zu versehen. Diese Informationen sind unabdingbar, um die Wirtschaftlichkeit energieverbrauchsrelevanter Produkte unterschiedlicher Klassen wirksam vergleichen zu können und um der geplanten Obsoleszenz von Produkten entgegenzuwirken und sie zu verhindern.

5.1.1.

Weitere nützliche, wenngleich für die Verbraucher nicht unbedingt erforderliche Informationen, wie der zusätzliche Energieverbrauch von Domotik-Produkten, könnten über eine eigene Internetseite zur Energieeffizienz der Produkte oder mittels eines QR-Codes auf dem Etikett zur Verfügung gestellt werden, damit die Informationen zu jedem Produkt leicht per Tablet und Smartphone abrufbar sind, wie es zu ähnlichen Zwecken auch bei anderen Handelserzeugnissen — im Sinne der im Aktionsplan „Internet der Dinge“ (10) vorgesehenen Entwicklung — bereits der Fall ist.

5.2.

Der Ausschuss schlägt vor, ein neues grafisches Design für die Energieeffizienz-Kennzeichnung zu entwickeln, um Fälschungen entgegenzuwirken und vor allem während der Übergangszeit mögliche Missverständnisse unter den Verbrauchern zu vermeiden. Der EWSA schlägt zudem eine ausgegraute Farbskala für jene Klassen vor, für die es keine Produkte auf dem Markt gibt, um Verbraucher nicht vom Kauf abzuschrecken. Dies gilt sowohl für die niedrigsten Klassen, bei denen die Erzeugnisse kraft der Ökodesign-Richtlinie vom Markt genommen wurden, als auch für die höchsten Klassen, die von den auf dem Markt befindlichen Produkten noch nicht oder infolge einer Neuskalierung nicht mehr erreicht werden.

5.3.

Der EWSA erinnert die Kommission an seine bereits in der Stellungnahme TEN/516 (11) dargelegten Standpunkte und insbesondere an das Phänomen der „Energiearmut“, von dem mehr als 50 Mio. Unionsbürger betroffen sind. Die Union muss daher im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip den Zugang auch der ärmsten und besonders benachteiligten Bevölkerungsgruppen zu Produkten mit hoher Energieeffizienz fördern. Gleichzeitig muss sich die Europäische Union dafür einsetzen, dass eventuell vorgesehene Mehrkosten des neuen Kennzeichnungssystems nicht automatisch auf die Einzelhändler oder die Endnutzer abgewälzt werden.

5.3.1.

In zahlreichen europäischen Staaten gibt es bereits bewährte Praktiken im Bereich der Subsidiarität und Zugänglichkeit von energieverbrauchsrelevanten Produkten. Eine Möglichkeit besteht darin, in der Einkommenssteuererklärung die Kosten für energieverbrauchsrelevante Produkte der höchsten Klasse abziehen zu können. Neben den gleichwohl nützlichen und wichtigen bewährten Praktiken in den Mitgliedstaaten spricht sich der EWSA jedoch dafür aus, dass die Europäische Union und insbesondere der Europäische Rat dem Subsidiaritätsprinzip angesichts der großen Herausforderung der Energieeffizienz Substanz verleihen und sich dafür einsetzen, eine einheitliche Strategie für die Einbeziehung aller Bürgerinnen und Bürger in den Prozess der „Energierevolution“ ins Leben zu rufen.

5.4.

Der EWSA ist der Ansicht, dass im Hinblick auf den Grundsatz „Design for all“ — das Entwerfen von Produkten, die von allen genutzt werden können — auch die Etiketten für alle verständlich sein müssen und dabei insbesondere auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen geachtet werden muss.

5.5.

Der EWSA bedauert, dass keine spezifische Strategie für den Online-Handel vorgesehen ist, dessen Umsatz stetig steigt und der heute ein Sektor ist, in dem die Vergleichbarkeit von Produkten und vor allem die Marktüberwachung zunehmend komplex und schwierig erscheinen. Der Beobachtungsstelle MarketWatch zufolge sind nur 23 % der Online-Produkte korrekt gekennzeichnet. Das ist ein marktverzerrender Faktor, der für Unternehmen und Verbraucher eindeutig von Nachteil ist.

5.5.1.

Der Ausschuss stellt fest, dass in der vorgeschlagenen Verordnung nicht angemessen auf die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 518/2014 im Hinblick auf die Kennzeichnung energieverbrauchsrelevanter Produkte im Internet, die am 1. Januar 2015 in Kraft getreten ist, Bezug genommen wird. In Letzterer ist unter anderem festgelegt, dass nur für neue Produkte eine Pflicht zur Anbringung des Etiketts besteht und die Bereitstellung des Etiketts für bereits auf dem Markt befindliche Produkte auf freiwilliger Basis erfolgen sollte. Zudem bleibt in der vorgeschlagenen Verordnung das Problem der Kleinanzeigen-Websites ausgespart, auf denen die Verbraucher oft unbewusst von Dritten beworbene und angebotene Waren kaufen, wobei die Website nicht für die falsche oder unzutreffende Werbung haftet.

5.6.

Der EWSA stellt fest, dass das Thema der „aufgearbeiteten“ Produkte weder im derzeitigen noch im neuen Kennzeichnungssystem berücksichtigt wird. Er hält es für notwendig, die Vermarktung solcher Produkte — soweit diese in spezialisierten Verkaufseinrichtungen veräußert werden — zu regeln, damit keine Regelungslücken entstehen und um insbesondere die stärkere Verzahnung zwischen der Ökodesign-Richtlinie und der Mitteilung der Kommission „Hin zu einer Kreislaufwirtschaft“ (12) zu fördern. Der EWSA verweist außerdem auf seine früheren, gegen die „geplante Obsoleszenz“ und zur Förderung der Vermarktung von langlebigen und haltbaren Produkten (13) bezogenen Standpunkte.

5.7.

Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, besonderes Augenmerk auf aus Drittstaaten eingeführte Produkte zu legen, um die europäische Produktion vor möglichem unlauterem Wettbewerb zu schützen. Insbesondere fordert der Ausschuss die Kommission auf, eine großangelegte Kampagne gegen die Fälschung von Etiketten einzuleiten, dabei die Etiketten fälschungssicher zu machen, die Kontrollen der Einhaltung der subjektiven und objektiven Regelkonformität zu verstärken, und bei Feststellung einer Etikettenfälschung als Sanktion gegen den Importeur das Produkt vom Markt zu nehmen.

5.8.

Der EWSA betont, dass Aufklärungsmaßnahmen zur Förderung bewusster Kaufentscheidungen und einer bewussten Produktnutzung entscheidend sind, um die von der Europäischen Union gesetzten Energieeffizienzziele zu erreichen. Die Mitgliedstaaten werden zu Recht aufgefordert, eine Schlüsselrolle einzunehmen, indem sie gezielte Aufklärungs- und Sensibilisierungskampagnen durchführen. Der EWSA spricht sich jedoch dafür aus, die organisierte Zivilgesellschaft sowohl auf nationaler wie auf europäischer Ebene im Hinblick auf eine wirksamere und flächendeckendere Kommunikation — auch bei den Einzelhändlern — einzubeziehen (14).

5.8.1.

Der Ausschuss befürwortet den Vorschlag der Kommission, in der Werbung für die einzelnen Produkte die Energieeffizienzkennzeichnung, falls dies nicht möglich ist, zumindest die Angabe der Energieeffizienzklasse zur Pflicht zu machen, um die Verbraucher zu informieren und für einen verantwortungsvollen Kauf und eine verantwortungsvolle Nutzung von Energieerzeugnissen zu sensibilisieren (15).

5.9.

Der EWSA weist darauf hin, dass einige Aspekte des für die Neuskalierung der Produkte erforderlichen Übergangszeitraums überprüft werden könnten. In der Verordnung ist nach Ablauf dieses Übergangszeitraums von sechs Monaten nur eine Woche für den Übergang von dem System der doppelten Etikettierung zu dem neuen System, bei dem nur Produkte mit neuer Etikettierung erhalten bleiben, vorgesehen. Dieser Zeitraum könnte sich als zu kurz und wenig realistisch erweisen. Es wird daher gefordert, ihn auf 30 Tage zu erweitern, eine Zeitspanne, die Unternehmen üblicherweise für die Inventur eingeräumt wird.

5.10.

Der EWSA fordert die Kommission auf, bei den delegierten Rechtsakten einen umsichtigeren und maßvolleren Ansatz zu wahren. Er wünscht insbesondere, dass die Befugnisübertragungen klar und eindeutig sind, dass die Kontrolle durch das Parlament sichergestellt wird und vor allem, dass die Annahme der delegierten Rechtsakte immer mit einer wirksamen Konsultation und Einbeziehung der Mitgliedstaaten, des EWSA und der Interessenträger verbunden ist (16).

5.11.

Der EWSA befürwortet die Schaffung eines Ad-hoc-Konsultationsforums, um einen strukturierten Dialog zwischen der Kommission, den Mitgliedstaaten und den Interessenträgern zu ermöglichen.

5.12.

Der EWSA hält den Zeitraum von acht Jahren für die Überprüfung des Rahmens für die Kennzeichnung für angemessen, spricht sich aber dafür aus, nach der Hälfte der Zeit eine genaue und umfassende Folgenabschätzung und Prüfung des Stands der Umsetzung durchzuführen. Diese Maßnahme wird insbesondere vor dem Hintergrund für angemessen gehalten, dass mit diesem Vorschlag von einer Richtlinie zu einer Verordnung übergegangen werden soll.

5.13.

Nach Ansicht des Ausschusses sollte unbedingt ein eindeutiges und dauerhaftes Verfahren für die aufgrund des technischen Fortschritts auf dem Markt notwendig werdenden Neuskalierungen festgelegt werden, damit diese kostengünstig, genau und unumstritten sind. Daher sollte eine Neuskalierung nur im Bedarfsfall und erst dann erfolgen, wenn die Produkte der Energieeffizienzklasse A einen Marktanteil von mindestens 20 % erreicht haben.

Brüssel, den 20. Januar 2016

Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Georges DASSIS


(1)  Siehe COM(2015) 80 final.

(2)  Richtlinie 2010/30/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 über die Angabe des Verbrauchs an Energie und anderen Ressourcen durch energieverbrauchsrelevante Produkte mittels einheitlicher Etiketten und Produktinformationen (ABl. L 153 vom 18.6.2010, S. 1).

(3)  Richtlinie 2009/125/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung energieverbrauchsrelevanter Produkte (ABl. L 285 vom 31.10.2009, S. 10).

(4)  SWD(2015) 139.

(5)  COM(2015) 341 final, Ziffer 2.3 der Begründung.

(6)  COM(2015) 341 final, Artikel 7 Absatz 3.

(7)  COM(2015) 341 final, Artikel 4 Absatz 5.

(8)  Stellungnahme des EWSA zum Thema Ökodesign/Energiebetriebene Produkte (ABl. C 112 vom 30.4.2004, S. 25).

(9)  Stellungnahme des EWSA zum Thema Produktlebensdauer und Verbraucherinformation (ABl. C 67 vom 6.3.2014, S. 23).

(10)  Stellungnahme des EWSA zum Thema Internet der Dinge — ein Aktionsplan für Europa (ABl. C 255 vom 22.9.2010, S. 116).

(11)  Stellungnahme des EWSA zum Thema Für ein koordiniertes europäisches Vorgehen zur Prävention und Bekämpfung von Energiearmut (ABl. C 341 vom 21.11.2013, S. 21).

(12)  COM(2014) 398 final. Stellungnahme des EWSA zum Thema Kreislaufwirtschaft (ABl. C 230 vom 14.7.2015, S. 91).

(13)  Siehe Fußnote 9.

(14)  Untersuchung des EWSA zur Rolle der Zivilgesellschaft bei der Umsetzung der Richtlinie über erneuerbare Energien, Gesamtkoordinator: Lutz Ribbe, Januar 2015.

(15)  COM(2015) 341 final, Erwägungsgrund 10 und Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe a.

(16)  Stellungnahme des EWSA zum Thema Delegierte Rechtsakte (ABl. C 13 vom 15.1.2016, S. 145).


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