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Document 52015AG0013(02)

Begründung des Rates: Standpunkt (EU) Nr. 13/2015 des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates

ABl. C 360 vom 30.10.2015, p. 37–40 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

30.10.2015   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 360/37


Begründung des Rates: Standpunkt (EU) Nr. 13/2015 des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314/EWG des Rates

(2015/C 360/02)

I.   EINLEITUNG

1.   Die Kommission hat am 9. Juli 2013 einen auf Artikel 114 des Vertrags gestützten Vorschlag und eine Mitteilung mit dem Titel „Anpassung des EU-Pauschalreiserechts ans digitale Zeitalter“ vorgelegt.

2.   Am 6. September 2013 hat der Rat beschlossen, den Wirtschafts- und Sozialausschuss anzuhören, der seine Stellungnahme am 11. Dezember 2013 angenommen hat. Am 19. September 2013 hat der Rat beschlossen, den Ausschuss der Regionen anzuhören, der seinerseits beschlossen hat, keine Stellungnahme abzugeben.

3.   Das Europäische Parlament hat seinen Standpunkt in erster Lesung am 12. März 2014 festgelegt und dabei 132 Abänderungen am Kommissionsvorschlag angenommen. Im November 2014 hat das EP Birgit COLLIN-LANGEN (PPE/DE) zur neuen Berichterstatterin ernannt, da der vorherige Berichterstatter Hans Peter MAYER (PPE/DE) nicht zur Wiederwahl stand.

4.   Die Prüfung des Vorschlags durch die Gruppe „Verbraucherschutz und -information“ hat im September 2013 begonnen. Die Folgenabschätzung der Kommission wurde in der ersten Gruppensitzung über dieses Dossier geprüft. Dabei wurde deutlich, dass die Delegationen die von der Kommission in ihrer Folgenabschätzung angewandten Methoden und Kriterien weitgehend gutheißen.

5.   Am 4. Dezember 2014 hat der Rat (Wettbewerbsfähigkeit) eine allgemeine Ausrichtung angenommen, die dem Vorsitz als Mandat zur Aufnahme der Verhandlungen mit dem EP diente (Dok. 16054/14).

6.   Im Rahmen dieser Verhandlungen fanden vier informelle Triloge statt, und zwar am 4. Februar, 5. März, 22. April und 5. Mai 2015. Im Rahmen des Trilogs vom 5. Mai erzielten das EP und der Vorsitz eine vorläufige Einigung über ein Gesamtkompromisspaket, das den verschiedenen Interessen in angemessener Weise Rechnung trägt.

7.   In Anbetracht dessen ist der Rat (Wettbewerbsfähigkeit) auf seiner Tagung vom 28. Mai 2015 zu einer politischen Einigung gelangt, die in den Dokumenten 8969/15 und 8969/15 COR 1 wiedergegeben ist.

8.   Anschließend hat das EP dem Rat mit Schreiben vom 17. Juni 2015 mitgeteilt, dass es den Standpunkt des Rates ohne Abänderungen in zweiter Lesung billigen würde.

II.   ZIEL

9.   Das allgemeine Ziel des Vorschlags ist ein besseres Funktionieren des Binnenmarkts und ein höheres Verbraucherschutzniveau im Bereich der Pauschalreisen. Mit der 1990 angenommenen geltenden Richtlinie erhielten Reisende, die Pauschalreisen — in der Regel Beförderung und Unterbringung — buchen, neue Rechte. 2002 präzisierte der Gerichtshof in einem Urteil, dass der Begriff „im Voraus festgelegte Verbindung“ auch Reisen, die von einem Reisebüro auf Wunsch und nach den Vorgaben eines Verbrauchers organisiert werden, und Verbindungen von touristischen Dienstleistungen einschließt, die zu dem Zeitpunkt vorgenommen werden, zu dem der Vertrag zwischen dem Reisebüro und dem Verbraucher geschlossen wird. Trotz dieses Urteils des Gerichtshofs ist nach wie vor nicht klar, in welchem Umfang moderne Formen der Kombination von Reiseleistungen unter die Richtlinie fallen.

III.   ANALYSE DES STANDPUNKTS DES RATES IN ERSTER LESUNG

A.   Allgemeines

10.   Der ursprüngliche Kommissionsvorschlag wurde durch die zwischen dem Rat und dem EP erzielte Einigung geändert und teilweise umformuliert. Im Hinblick auf das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts und ein hohes Verbraucherschutzniveau werden eine stärkere Vereinheitlichung des Rechts, die Schaffung gleicher Bedingungen und eine Stärkung des europäischen Tourismusmarkts durch die systematische Beseitigung der Hemmnisse für den grenzüberschreitenden Handel angestrebt.

B.   Zentrale politische Fragen

11.   Harmonisierungsniveau (Artikel 2 Absatz 3 und Artikel 4)

Auf eine Abänderung des EPs hin hat der Rat einen speziellen neuen Artikel über das Harmonisierungsniveau aufgenommen, indem der Grundsatz der größtmöglichen Harmonisierung hervorgehoben wurde, und einen weiteren Absatz (aus der Verbraucherschutzrichtlinie) hinzugefügt, durch den das innerstaatliche Vertragsrecht erhalten bleibt. Durch die Anwendung dieses Grundsatzes soll der Markt, insbesondere der Online-Markt, transparenter gestaltet werden, um das Verbrauchervertrauen zu stärken und die Nachfrage anzuregen.

12.   Definition einer Pauschalreise — Aufnahme des „click through“ (Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b Ziffer v und Erwägungsgrund 13)

Auf Antrag des EPs hat der Rat zugestimmt, die sogenannten „click throughs“ in der Definition einer Pauschalreise zu belassen. Ein „Click-Through“ liegt vor, wenn mindestens zwei verschiedene Arten von Reiseleistungen von separaten Unternehmern durch verlinkte Online-Buchungsvorgänge erworben werden und der Name, die E-Mail-Adresse und die Zahlungsangaben des Reisenden innerhalb von 24 Stunden zwischen den Unternehmern weitergeleitet werden. Außerdem wurde eine Überprüfungsklausel hinzugefügt, gemäß der die Kommission drei Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie die Wirksamkeit dieser Bestimmung, insbesondere das Konzept des „Click-Through“, bewerten muss und gegebenenfalls einen Gesetzgebungsvorschlag vorlegt.

13.   Verbundene Reisearrangements (Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 19)

Die Definition von verbundenen Reisearrangements, die ursprünglich Bausteinreisen genannt wurden, wurde durch die Angabe präzisiert, dass die einzelnen Reiseleistungen vom Reisenden gesondert ausgewählt und bezahlt werden müssen. Außerdem wurde präzisiert, dass der Unternehmer den Erwerb zusätzlicher Reiseleistungen von einem anderen Unternehmer gezielt erleichtern muss und der anschließende Vertrag mit einem derartigen Unternehmer nicht später als 24 Stunden nach der Bestätigung des Erwerbs der ersten Reiseleistung geschlossen werden darf. Diese Definition erfasst den Fall, dass ein Reisender in gesonderten Transaktionen verschiedene Reiseleistungen für dieselbe Reise oder denselben Urlaub erwirbt, wenn der Erwerb dieser Leistungen von einem Unternehmer erleichtert wird, jedoch keines der Kriterien für eine Pauschalreise vorliegt. Es soll sichergestellt werden, dass der Reisende beim Erwerb eines verbundenen Reisearrangements im Falle einer Insolvenz des Unternehmers, der das verbundene Reisearrangement erleichtert, geschützt ist. Infolgedessen ist der Reisende zur Rückbeförderung berechtigt, wenn er aufgrund der Insolvenz des für die Beförderung von Personen verantwortlichen Unternehmers im Bestimmungsland strandet. Außerdem muss der Unternehmer vor Abschluss eines Vertrags über ein verbundenes Reisearrangement dem Reisenden mittels Standardformularen mitteilen, dass er die Rechte aufgrund dieser Richtlinie außer dem Insolvenzschutz nicht in Anspruch nehmen kann.

14.   Definition einer Pauschalreise — Kombinationen, die eine Pauschalreise bilden (Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe b und Erwägungsgrund 18)

Zur finanziellen und administrativen Entlastung kleiner Unternehmen, insbesondere von Hotels und Unterkünften des Typs „Bed & Breakfast“, hat der Rat die Begriffsbestimmung von Pauschalreisen präzisiert.

Insbesondere wurde klargestellt, dass die Buchung einer zusätzlichen Reiseleistung, deren Wert 25 % des Werts der Kombination von Reiseleistungen nicht übersteigt und die keinen wesentlichen Bestandteil der Reise ausmacht, oder die Auswahl oder der Erwerb einer zusätzlichen Reiseleistung erst nach Erfüllung einer ersten Reiseleistung nicht unter die Begriffsbestimmung einer Pauschalreise fallen sollte.

15.   Insolvenzschutz (Artikel 17 und 19 sowie Erwägungsgründe 38 bis 44)

Wichtige Ziele des Rates waren die Wirksamkeit der Schutzregelung und ein Ermessensspielraum für die Mitgliedstaaten bei der Ausgestaltung des Insolvenzschutzes. Daher ist im Text festgelegt, dass der Insolvenzschutz eine allgemeine Deckung aller wahrscheinlichen Umstände vorsehen und dem Umfang des mit den Tätigkeiten des Unternehmers verbundenen finanziellen Risikos entsprechen sollte, diese Haftung jedoch nicht unbegrenzt sein sollte. Die Haftung im Rahmen einer Insolvenzschutzregelung sollte sich nur auf die Umstände erstrecken, die der normalen Risikobewertung entsprechen. Ein wirksamer Insolvenzschutz sollte jedoch nicht bedeuten, dass sehr unwahrscheinliche Risiken berücksichtigt werden müssen, da nicht erwartet werden kann, dass die Regelungen unvorhersehbare Kosten decken. Ein anderes wichtiges Ziel bestand darin, unnötige finanzielle und administrative Belastungen für kleine und mittlere Unternehmen zu vermeiden. Zu diesem Zweck ist im Text niedergelegt, dass die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der Regeln für den Insolvenzschutz, den die Unternehmen in Bezug auf Pauschalreisen und verbundenen Reisearrangements leisten müssen, der besonderen Lage kleinerer Unternehmen Rechnung tragen sollten.

16.   Vorvertragliche Informationen (Artikel 5)

Hinsichtlich der vorvertraglichen Informationen soll mit dem Text sichergestellt werden, dass die Reisenden über die erforderlichen Informationen verfügen, um Entscheidungen in Kenntnis der Sachlage zu treffen, ohne dass dem Reisenden und dem Reiseveranstalter zu viele Informationspflichten aufgebürdet werden. Daher wurde der Kommissionsvorschlag insbesondere dadurch gestrafft, dass im vorvertraglichen Stadium Informationspflichten in Bezug auf die ungefähre Dauer für die Visaerteilung gestrichen wurden, da diese Dauer je nach Staatsangehörigkeit des Reisenden sehr unterschiedlich ist und diese Information für den Reisenden in diesem Stadium von geringem Nutzen sind. Der Rat und das EP haben sich jedoch auf eine Bezugnahme auf allgemeine Informationen über Reisepass- und Visaauflagen geeinigt, die die ungefähre Dauer der Visaerteilung einschließen.

17.   Unterbringung im Fall unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände (Artikel 13 Absatz 7 und Erwägungsgrund 35)

Falls sich die Rückreise des Reisenden durch unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände verzögert, ist laut dem Text die Unterbringung in einer gleichwertigen Kategorie (soweit möglich) auf höchstens drei Nächte beschränkt, außer wenn im Unionsrecht etwas anderes bestimmt ist.

18.   Änderung wesentlicher Vertragsbedingungen (Artikel 11 Absatz 2 und Erwägungsgrund 33)

Bei einer Änderung wesentlicher Vertragsbedingungen muss der Reiseveranstalter den Reisenden über die angemessene Frist, innerhalb deren der Reisende dem Veranstalter seine Entscheidung mitteilen muss, sowie die Möglichkeit, den Vertrag zu beendigen, informieren.

19.   Ersatz eines immateriellen Schadens (Artikel 14 Absatz 2 und Erwägungsgrund 34)

Der Rat hat den Anspruch des Reisenden auf Schadensersatz bestätigt. Dies schließt auch den Ersatz eines immateriellen Schadens ein, da in einem Erwägungsgrund ausgeführt wird, dass auch bei immateriellen Schäden, beispielsweise einer nutzlos aufgewendeten Urlaubszeit infolge erheblicher Probleme bei der Erfüllung der betreffenden Reiseleistungen, ein Schadensersatz gewährt werden sollte.

20.   Ausschluss von gelegentlich und ohne Gewinnabsicht angebotenen Pauschalreisen und verbundenen Reisearrangements (Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b und Erwägungsgrund 19)

Der Rat hat beschlossen, gelegentlich und ohne Gewinnabsicht angebotene Pauschalreisen und verbundene Reisearrangements vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie auszuschließen, da der Schutz der Reisenden in diesen Fällen weniger erforderlich ist. Damit die Reisenden in Kenntnis der Sachlage entscheiden können, sollten jedoch angemessene Informationen darüber, dass derartige Arrangements nicht unter diese Richtlinie fallen, öffentlich zugänglich sein.

21.   Geschäftsreisen (Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe c)

Generell ausgeschlossen sind Geschäftsreisen, seien es Pauschalreisen oder verbundene Reisearrangements, die auf der Grundlage eines allgemeinen Vertrags für die Organisation von Geschäftsreisen zwischen einem Unternehmer und einer anderen natürlichen oder juristischen Person, die zu Zwecken handelt, die ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können, erworben werden, da es für Geschäftsreisen gegenüber Urlaubspauschalreisen bereits ein vergleichbares Schutzniveau gibt.

22.   Autovermietung (Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c)

Die Vermietung von „Krafträdern der Führerscheinklasse A gemäß Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe c der Richtlinie 2006/126/EG“ ist ebenso wie die „Autovermietung“ eingeschlossen. Diese Führerscheinklasse gilt für größere Motorräder ohne Beschränkung des Hubraums oder der Motorleistung.

23.   Telefonisch abgeschlossene Verträge (Artikel 27 Absatz 2)

Der Rat hat die Informationspflichten für im Wege der Fernkommunikation, einschließlich telefonisch geschlossener Verträge durch die Anwendung des Artikels 8 Absatz 6 der Verbraucherschutzrichtlinie gestrafft.

24.   Umsetzung (Artikel 28)

Aufgrund der Komplexität und der weitreichenden Folgen des Gesetzgebungsvorschlags, insbesondere für die nationalen Verwaltungen und die Unternehmen, haben die Mitgliedstaaten eine Frist von 24 bzw. 30 Monaten für die Umsetzung und Anwendung.

25.   Anhänge I und II

Um den Begriff „verbundene Reisearrangements“ praxistauglich zu machen, hat der Rat zwei Anhänge angefügt, in denen in einfacher Ausdrucksweise und in standardisierter Form die Rechte und Pflichten der Reisenden und Unternehmer in Bezug auf Pauschalreisen und verbundene Reisearrangements erläutert werden.

IV.   FAZIT

Der Rat hat bei der Festlegung seines Standpunkts dem Vorschlag der Kommission und dem in erster Lesung festgelegten Standpunkt des Europäischen Parlaments umfassend Rechnung getragen. Die derzeitige Fassung des Texts berücksichtigt die in den Verhandlungen vorgebrachten unterschiedlichen Standpunkte in angemessener und ausgewogener Weise und sollte für die Reisenden und die Unternehmen einen einfachen, aber effizienten und zukunftsfähigen Rahmen sicherstellen, der auch in der Praxis durchsetzbar ist.


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