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Document 52013IR3536

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen — Bericht über die Unionsbürgerschaft 2013

15.4.2014   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 114/6


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen — Bericht über die Unionsbürgerschaft 2013

2014/C 114/02

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

1.

erinnert daran, dass es die Unionsbürgerschaft — unabhängig von den Verfahren für die Zuerkennung der nationalen Staatsangehörigkeit bzw. Staatsbürgerschaft — den verschiedenen nationalen Identitäten ermöglicht, in der Europäischen Union zusammenzuleben; durch die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in den europäischen Integrationsprozess fördert sie darüber hinaus den Aufbau der europäischen Demokratie;

2.

unterstreicht, dass die Freizügigkeit ein Eckpfeiler der weiteren wirtschaftlichen und politischen Entwicklung der EU ist, den Unionsbürgerinnen und -bürgern Berufs- und Lernmöglichkeiten eröffnet, engere Bindungen zwischen den Europäern schafft und damit ein zentrales Element der Unionsbürgerschaft bildet;

3.

unterstreicht, dass es aufgrund der anhaltenden Verschlimmerung der Schuldenkrise und des Anstiegs der Arbeitslosigkeit, die immer mehr Unionsbürgerinnen und -bürger und insbesondere junge Menschen trifft, auch erforderlich ist, sich auf wirtschaftliche Fragen zu konzentrieren, um ein wirtschaftlich starkes Europa zu sichern, das in der Lage ist, die soziale Dimension der Unionsbürgerschaft zu stärken;

4.

weist in Anbetracht des von den Bürgerinnen und Bürgern der EU geäußerten Gefühls der Distanz zur Entscheidungsfindung auf europäischer Ebene einmal mehr darauf hin, dass die Entscheidungen so offen und bürgernah wie möglich getroffen werden müssen;

5.

weiß, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften aufgrund ihrer Bürgernähe am besten geeignet sind, auf ein besseres Verständnis der Unionsbürgerschaft hinzuwirken und die Unionsbürgerschaft und ihre konkreten Vorteile für jeden Einzelnen zu vermitteln;

6.

unterstreicht, dass zum jetzigen Zeitpunkt, da sich die Wirtschafts- und Währungsunion vertieft und gleichzeitig Diskussionen im Gang sind, um die politische Union mithilfe der Möglichkeit einer Revision der Verträge zu stärken, die tiefer gehende Integration mit einer größeren demokratischen Legitimität Hand in Hand gehen muss;

Politischer und rechtlicher Rahmen der Unionsbürgerschaft

7.

ist sich bewusst, dass ein wichtiger und höchst symbolträchtiger Schritt auf dem Weg zur Gestaltung einer europäischen Identität und einer europäischen Demokratie die mit dem Vertrag von Maastricht erfolgte Einführung der „Unionsbürgerschaft“ war, die allen Bürgerinnen und Bürgern eines Mitgliedstaats der Europäischen Union zuerkannt wurde und mit der Annahme des Vertrags von Amsterdam als Ergänzung zur nationalen Staatsbürgerschaft eingestuft wurde;

8.

betont zudem, dass die durch den Vertrag von Lissabon eingeführten neuen Vorschriften die Unionsbürgerschaft gestärkt haben, denn sie kommt nun zur nationalen Staatsbürgerschaft hinzu (anstatt sie lediglich zu ergänzen), ohne diese zu ersetzen. Die Unionsbürgerschaft ist nicht zu verstehen als Ausdruck vorbestehender Bindungen, die das Gemeinwesen zusammenhalten, sondern als ein Regulierungsrahmen, der die Freizügigkeit zwischen den Mitgliedstaaten in ein Fundament von Rechten und nicht von Ausgrenzung verwandelt;

9.

stellt fest, dass die Unionsbürgerrechte zwei Jahrzehnte nach ihrer Festlegung im Vertrag von Maastricht nicht immer die gelebte Realität der Bürger darstellen. Dieser Sachverhalt wurde von den Bürgerinnen und Bürgern der EU in einer breit angelegten öffentlichen Konsultation über die Unionsbürgerschaft bestätigt, in deren Rahmen 12 000 Unionsbürgerinnen und -bürger Beispiele für bürokratische Hindernisse lieferten, mit denen sie bei der Ausübung von Rechten wie z. B. des Rechts auf Freizügigkeit immer noch konfrontiert sind (1). Eurobarometer-Umfragen zu den Bürgerrechten (2) und den Wahlrechten (3), mehrere direkte Bürgerdialoge mit nationalen und europäischen Politikern sowie viele Fragen zu den europäischen Rechten, die von der Allgemeinheit an den Informationsdienst „Europe Direct“ gerichtet wurden, machen deutlich, dass in diesem Bereich mehr getan werden muss;

10.

betont, dass die im Bericht genannten Rechte solche sind, die den Bürgerinnen und Bürgern der Europäischen Union durch die EU-Verträge gewährt werden, dass viele dieser Rechte jedoch Grundrechte sind, die auch auf Drittstaatsangehörige Anwendung finden;

11.

weist darauf hin, dass das Verhältnis zwischen der Unionsbürgerschaft und der Staatsbürgerschaft der Mitgliedstaaten weiterhin ambivalent ist. Einerseits hängt sie unmittelbar von der Staatsbürgerschaft der Mitgliedstaaten ab, die die alleinige Vorbedingung für den Erwerb der Unionsbürgerschaft ist, wie im jeweiligen nationalen Recht definiert. Dieser Aspekt der Unionsbürgerschaft begrenzt ihre Rolle auf eine ergänzende Quelle von Rechten im Zusammenhang mit der Staatsbürgerschaft der Mitgliedstaaten. Gleichzeitig jedoch wird mit der Unionsbürgerschaft der Begriff der Staatsbürgerschaft vom Nationalstaat abgekoppelt; der Schwerpunkt liegt nicht mehr auf der Integration des Einzelnen in eine Bürgergemeinschaft, in der er sich aufhält, sondern auf der gleichberechtigten Gewährleistung von individuellen, politischen und gesellschaftlichen Rechten und seiner Freizügigkeit als Unionsbürger;

12.

unterstreicht, dass der Erwerb der Staatsbürgerschaft eines Mitgliedstaats — und damit der Unionsbürgerschaft — ein grundlegender Mechanismus für die Integration von Drittstaatsangehörigen in die europäischen Gesellschaften ist und als solcher für die langfristig rechtmäßig in der EU niedergelassenen Einwanderer hinreichend zugänglich sein muss. Diesen Migranten die Staatsbürgerschaft zuzuerkennen, bildet ein wesentliches Instrument für ihre Integration in die europäischen Gesellschaften;

13.

erinnert daran, dass der AdR die EU schon seit der Stellungnahme zur Unionsbürgerschaft von 2010 dazu auffordert, Demokratie und Transparenz ihrer Politik und ihrer Entscheidungsstrukturen zu vertiefen. Er hatte ebenfalls gefordert, Instrumente zur Förderung eines interaktiven politischen Dialogs und zur Verwirklichung des Grundsatzes der direkten Demokratie zu entwickeln;

14.

anerkennt, dass die Kommission Bilanz der bisherig durchgeführten Aktivitäten zieht und Anstrengungen zur Einhaltung ihrer Zusagen bezüglich der Förderung der Unionsbürgerschaft unternimmt, indem sie Maßnahmen in zwölf Themenbereichen vorschlägt;

15.

macht jedoch darauf aufmerksam, dass in dem Bericht Maßnahmen unterbreitet werden, die sich hauptsächlich auf die wirtschaftliche Dimension der EU und erst in zweiter Linie auf die politische oder soziale Dimension der europäischen Integration beziehen. So enthält er beispielsweise keine klaren, konkreten Vorschläge für die Stärkung der Patientenrechte oder die grenzüberschreitende Erbringung von Gesundheitsdienstleistungen, die Stärkung des Multikulturalismus, die Förderung eines „sozialeren“ Europas (z. B. Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung) oder den schrittweisen Aufbau einer europäischen Identität;

16.

weist darauf hin, dass die im Bericht angekündigten Maßnahmen auf den ersten Blick mit den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit vereinbar sind. Es ist jedoch unerlässlich, dass die Europäische Kommission jede einzelne Maßnahme, die sie offiziell vorschlägt, eingehend begründet, da für einige vereinzelte Vorschläge eine sorgfältigere Untersuchung erforderlich sein könnte (z. B. Ausstellung freiwilliger einheitlicher EU-Dokumente). Außerdem dürfen sich die geplanten Maßnahmen nicht in einer übermäßigen administrativen und wirtschaftlichen Belastung für die betreffenden nationalen, regionalen und lokalen Behörden niederschlagen;

17.

unterstreicht, dass der Bericht im Hinblick auf die Europawahlen 2014 auch unter dem Gesichtspunkt der jüngsten Mitteilung der Europäischen Kommission und ihrer diesbezüglichen Empfehlung zu betrachten ist (4). Diese Dokumente zielen darauf ab, die demokratischen Verfahren und die partizipative Demokratie in der EU durch eine Erhöhung der Beteiligung an den Europawahlen zu verstärken;

18.

erinnert daran, dass der AdR eng in die Erarbeitung des Berichts eingebunden war und dass in dem Bericht die Ergebnisse und Vorschläge einer vom AdR durchgeführten Studie zur Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Förderung der Unionsbürgerschaft und der Rechte der Unionsbürger berücksichtigt wurden (5);

Die Bedingungen für eine effektive Bürgerschaft

19.

schlägt vor, Maßnahmen zu ergreifen, mit denen Folgendes sichergestellt werden kann: die Schulung in und Erziehung zur Unionsbürgerschaft, die Heranführung an eine bewusste und freie Ausübung der Bürgerrechte und -pflichten, die Stärkung der sozialen Dimension der Bürgerschaft angesichts der sich verschärfenden Wirtschaftskrise sowie die Überwindung der übrigen Hindernisse, die der Ausübung des Freizügigkeitsrechts durch die Unionsbürger im Wege stehen;

20.

betont die große Bedeutung, die der Schaffung eines echten Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Dienste der Bürgerinnen und Bürger in einer Welt mit zunehmender Mobilität zukommt (6), und weist darauf hin, dass es von entscheidender Bedeutung ist, die ungehinderte Wahrnehmung des Rechts der Unionsbürgerinnen und -bürger auf Freizügigkeit und Aufenthalt zu gewährleisten, das von den Bürgerinnen und Bürgern als das wichtigste aus dem EU-Vertrag erwachsende Recht und größte Errungenschaft der EU-Integration betrachtet wird. In diesem Zusammenhang reicht es nicht aus, Rechte festzulegen — es muss auch sichergestellt werden, dass alle Regierungs- und Verwaltungsebenen gemeinsam sicherstellen, dass sie von ihren Inhabern ungehindert wahrgenommen werden;

Die Rolle der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften

21.

erinnert daran, dass ein wichtiges Ergebnis des Berichts von 2010 darin besteht, dass die Schwierigkeiten, mit denen die Bürgerinnen und Bürger der EU bei der Ausübung ihrer Rechte konfrontiert sind, weniger auf eine Rechtsetzungslücke auf europäischer Ebene zurückzuführen sind als auf Faktoren der nationalen Umsetzung und Anwendung dieser Rechtsvorschriften. Der AdR ist vor diesem Hintergrund der Meinung, dass der Beitrag, den die Regionen und Gemeinden zu einer effektiven Unionsbürgerschaft von hoher Qualität zu leisten vermögen, in dem Bericht der Europäischen Kommission zu kurz kommt;

22.

weist darauf hin, dass den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in den einzuleitenden partizipativen Prozessen eine Schlüsselrolle zukommen wird, damit im Interesse eines echten basisorientierten Prozesses die Bürgerinnen und Bürger wirklich einen inhaltlichen Beitrag zur Gestaltung der EU-Politik leisten und dadurch ihre Rechte konkret wahrnehmen können;

23.

betont, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften imstande sind, zur Bewältigung der Probleme im Zusammenhang mit der Freizügigkeit und dem Aufenthalt der Unionsbürger sowie zu Fragen der Aufnahme von Migranten beizutragen, und anerkennt ihre Fähigkeit, Gruppen mit einer vielfach nur geringen Teilhabe am Politikprozess zu erreichen, wie etwa Jugendliche und Migranten;

24.

begrüßt den Vorschlag der Europäischen Kommission, das Informationsdefizit der Mitarbeiter in den lokalen Verwaltungen in Sachen Rechte der Unionsbürger, das häufig zur Verbreitung falscher Informationen unter den Betreffenden führt und die Ausübung der jeweiligen Rechte erschwert, durch die Schaffung eines elektronischen Schulungsinstruments für lokale Verwaltungen zu beheben. Da die Mitglieder des AdR entsprechend positioniert sind, um sich ein Bild von den Bedürfnissen und Möglichkeiten der lokalen Beamten aus ihren Herkunftsregionen zu machen, ist der Ausschuss der Regionen bereit, mit der Europäischen Kommission bei der Gestaltung eines solchen Instruments und seiner Propagierung in den Mitgliedstaaten eng zusammenzuarbeiten;

25.

befürwortet die neuen Initiativen der Kommission, mit denen die Hindernisse bei der Ausübung der sich aus der Unionsbürgerschaft ergebenden Rechte beseitigt werden sollen, weist jedoch gleichzeitig darauf hin, dass in den Mitgliedstaaten noch immer eine Kluft besteht zwischen den geltenden Rechtsvorschriften und der gelebten Realität der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, und dass dem stärkere Beachtung geschenkt werden muss;

Dimensionen der Unionsbürgerschaft  (7)

Aktive Bürgerschaft

26.

ist der Auffassung, dass die Stärkung der Unionsbürgerschaft über den Ausbau der aktiven Bürgerbeteiligung am Geschehen auf lokaler Ebene erfolgen kann, und insbesondere der Beteiligung junger Menschen, die im europäischen Raum mobiler sind;

Soziale Bürgerschaft

27.

hält es auf europäischer Ebene für unerlässlich, die Initiativen zur Förderung der sozialen Bürgerschaft auszubauen, da der Zugang zu den sozialen Rechten in manchen Fällen an Anforderungen und Kriterien der Mitgliedstaaten geknüpft ist, die im Gegensatz zu dem im Unionsrecht verankerten Prinzip der Gleichstellung und Gleichbehandlung verschiedenen Formen der Diskriminierung Vorschub leisten;

28.

anerkennt, dass der Bericht der Europäischen Kommission eine Reihe von Maßnahmen zur Stärkung der sozialen Bürgerschaft enthält, wie etwa die positive Maßnahme der Festlegung eines Qualitätsrahmens für Praktika, die auf den ersten Blick sinnvoll erscheinen;

29.

befürwortet entschieden die effektive Stärkung des Freizügigkeitsrechts, insbesondere bei der Mobilität junger Menschen, angesichts der ständig steigenden Arbeitslosigkeit in den Mitgliedstaaten;

Zivilbürgerschaft

30.

weist darauf hin, dass in dieser Richtung noch Handlungsbedarf besteht. Zum Beispiel hatte laut den Ergebnissen des Eurobarometer Spezial (8) nur die Hälfte der Befragten Kenntnis vom Europäischen Bürgerbeauftragten und vom Umfang seiner Zuständigkeiten, und auch über das Petitionsrecht beim Europäischen Parlament waren sie nur wenig im Bilde (9);

31.

schlägt in diesem Zusammenhang vor, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften mit Unterstützung der entsprechenden europäischen Fonds spezifische und effiziente Maßnahmen zur Schärfung des Bewusstseins der Bürgerinnen und Bürger der EU für den Europäischen Bürgerbeauftragten und das Petitionsrecht beim Europäischen Parlament durchführen;

Politische Bürgerschaft

32.

weist darauf hin, dass die Beteiligung an den Europawahlen seit 1979 stetig abnimmt und 2009 auf 43% fiel (10) und dadurch die Feststellung erhärtet wird, dass die Unionsbürgerinnen und -bürger den Eindruck haben, ihrer Meinung werde bei der Entscheidungsfindung auf europäischer Ebene kein Gehör geschenkt (laut Eurobarometer äußern 68% diese Besorgnis);

33.

macht auf die bewährten Praktiken (11) aufmerksam, nach denen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften mit entsprechender Unterstützung aus EU-Mitteln auf lokaler und regionaler Ebene Aufklärungsprogramme und -kampagnen durchführen können, um die Bürgerinnen und Bürger ihrer Regionen über ihr aktives und passives Wahlrecht bei den Europawahlen zu informieren. Der AdR hebt zudem die Katalysatorrolle hervor, die die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Aufklärung und Sensibilisierung insbesondere von Schülern und Studierenden spielen können, indem sie sie auf die aktive Ausübung ihrer Wahlrechte vorbereiten;

34.

unterstreicht die Notwendigkeit, die politischen Rechte von Drittstaatsangehörigen weiter zu stärken, und fordert die Mitgliedstaaten auf, von der Anwendung zu restriktiver Vorschriften für den Zugang von Drittstaatsangehörigen zu ihrer Staatsbürgerschaft abzusehen. In früheren Stellungnahmen des AdR wird zum einen anerkannt, dass die sich rechtmäßig in den Mitgliedstaaten aufhaltenden Einwanderer Erwartungen hinsichtlich der Zuerkennung der Unionsbürgerschaft haben, und andererseits darauf hingewiesen, dass die Teilhabe dieser rechtmäßig aufhältigen Migranten am politischen Leben ein sehr wichtiger Faktor ist, der ihre Integration in die lokalen Gemeinschaften erleichtert;

35.

fordert ausnahmslos alle Mitgliedstaaten auf, ihren Bürgerinnen und Bürgern die Ausübung ihres aktiven und passiven Wahlrechts bei nationalen Wahlen zu ermöglichen, unabhängig davon, ob sie sich im Hoheitsgebiet aufhalten oder nicht. Dass sie ihr Recht auf Freizügigkeit innerhalb der EU ausüben, darf nicht zur Folge haben, dass sie ihrer politischen Rechte enthoben werden;

36.

ist der Ansicht, dass die Bedingungen nunmehr gegeben sind, um einen Dialog über die Ausweitung des Wahlrechts der Bürgerinnen und Bürger der EU auf die regionalen und nationalen Wahlen ihres Aufenthaltsstaats zu vertiefen bzw. einzuleiten, allerdings unter dem Vorbehalt, dass die nationale Souveränität jedes Mitgliedstaats gewahrt bleibt (Jus domicilii);

37.

verweist auf die Dynamik, die das Konzept der Unionsbürgerschaft dem Prozess der EU-Erweiterung verleihen kann: Die Erweiterung ist nicht allein ein Prozess der wirtschaftlichen und legislativen Anpassung an den europäischen Besitzstand; sie beinhaltet auch die Notwendigkeit eines politischen Vorgehens in den Erweiterungsländern, um deren demokratische Strukturen und Rechtsstaatlichkeit zu stärken. Die Perspektive der Unionsbürgerschaft kann diesen Maßnahmen konkrete Bedeutung verleihen;

Administrative Bürgerschaft

38.

weist erneut darauf hin, dass auf lokaler und regionaler Ebene Maßnahmen zur Verwaltungsvereinfachung ergriffen werden müssen, mit denen die Rechte der Unionsbürgerschaft, insbesondere die Freizügigkeit, zu effektiven Rechten werden, und außerdem alle abschreckenden Praktiken und andere bestehende Formen der Diskriminierung beseitigt werden müssen, durch die Unterschiede bei der Behandlung europäischer Bürgerinnen und Bürger — insbesondere bei der Gewährung des Aufenthaltsrechts — entstehen; ausgehend von der Ermittlung der Probleme, denen die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften gegenüberstehen, sollten von diesen zudem angemessene Lösungen erarbeitet werden können;

39.

anerkennt, dass die von der Kommission angekündigten Maßnahmen einige positive Schritte in diese Richtung darstellen. Da einer der Tätigkeitsbereiche die lokale Selbstverwaltung aktiv einbezieht (12), sind sowohl eine Folgenabschätzung als auch die Bereitstellung von Finanzmitteln aus den europäischen Fonds erforderlich;

40.

begrüßt die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Förderung der grenzüberschreitenden Anerkennung von Prüfzertifikaten für Kraftfahrzeuge in der EU und befürwortet die vorgeschlagene Harmonisierung der Anforderungen für die technische Überwachung von Fahrzeugen, die möglichst rasch in einer Weise umgesetzt werden sollte, dass die Bürgerinnen und Bürger ihr Recht auf Freizügigkeit, einschließlich des Rechts auf die Zulassung von Kraftfahrzeugen über die Landesgrenzen hinweg, leichter wahrnehmen können;

Bürgerschaftskultur

41.

schlägt vor, Kooperationsinitiativen zur Aufklärung der Bürgerinnen und Bürger über das Recht auf Freizügigkeit, wie Städtepartnerschaften, Initiativen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit usw., verstärkt zu betreiben;

42.

erinnert daran (13), dass es mit Blick auf die Europawahlen 2014 sehr wichtig ist, allen Unionsbürgerinnen und -bürgern ihre Rechte und insbesondere ihre Wahlrechte in ihrem Aufenthaltsstaat stärker bewusst zu machen und die Ausübung dieser Rechte zu erleichtern;

Wege zur Finanzierung von Aktivitäten, Vernetzungs- und Kooperationsmöglichkeiten

43.

betont angesichts des neuen mehrjährigen Finanzrahmens 2014-2020 den wichtigen Impuls, den die Programme „Grundrechte und Unionsbürgerschaft“ und „Europa für Bürgerinnen und Bürger“ der Stärkung der Unionsbürgerschaft und der Unterstützung von Tätigkeiten zur Förderung der Kenntnis und der Anwendung der europäischen Rechtsvorschriften und Politiken in den Mitgliedstaaten geben können;

44.

verlangt einen einfacheren und effizienteren Ansatz bei der Finanzierung der Programme für die Unionsbürgerschaft, wobei die Prioritäten zielgenauer auszurichten sind, sodass sie mit den politischen Entscheidungen in Einklang stehen, und die Verbreitung der Projektergebnisse aufmerksam zu verfolgen ist, um ihre Wirkung dergestalt zu stärken, dass die strategischen und politischen Ziele erreicht werden. Um dies zu erreichen, ist es unerlässlich, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften in die Planung der entsprechenden Aktivitäten einbezogen werden, insbesondere im Bereich Schulung und der Erstellung der jährlichen Arbeitsprogramme.

Brüssel, den 28. November 2013

Der Präsident des Ausschusses der Regionen

Ramón Luis VALCÁRCEL SISO


(1)  http://ec.europa.eu/justice/citizen/files/eu-citizen-brochure_de.pdf.

(2)  http://ec.europa.eu/public_opinion/flash/fl_365_de.pdf.

(3)  http://ec.europa.eu/public_opinion/flash/fl_364_de.pdf.

(4)  COM(2013) 126 final, Mitteilung der Europäischen Kommission zu den Vorbereitungen für die Wahlen zum Europäischen Parlament 2014: ein demokratischeres und effizienteres Verfahren, und C(2013) 1303 final, Empfehlung der Europäischen Kommission für ein demokratischeres und effizienteres Verfahren für die Wahlen zum Europäischen Parlament.

(5)  Studie des Ausschusses der Regionen (2012) über die Förderung der Unionsbürgerschaft und der Bürgerrechte durch die Regionen und Kommunen. Eine Zusammenfassung der Studie ist über diesen Link abrufbar: http://cor.europa.eu/en/events/forums/Pages/ey2013-toolkit.aspx.

(6)  CdR 201/2009.

(7)  Diese Unterscheidung wurde in der Stellungnahme des AdR zum Bericht über die Unionsbürgerschaft 2010: Weniger Hindernisse für die Ausübung von Unionsbürgerrechten, Berichterstatter: Roberto Pella (IT/EVP), CdR 355/2010 fin, vorgeschlagen und wird auch in der vorliegenden Stellungnahme aufgegriffen.

(8)  Studie des Ausschusses der Regionen (2012) über die Förderung der Unionsbürgerschaft und der Bürgerrechte durch die Regionen und Kommunen. Eine Zusammenfassung der Studie ist über diesen Link abrufbar: http://www.cor.europa.eu/en/news/forums/Documents/summary_cor_study_citizenship.pdf.

(9)  Siehe Artikel 227 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

(10)  Studie des Ausschusses der Regionen (2012) über die Förderung der Unionsbürgerschaft und der Bürgerrechte durch die Regionen und Kommunen, S. 10.

(11)  A.a.O., S. 11.

(12)  Konkret geht es hierbei um die Förderung der Verfügbarkeit gezielter und zugänglicher Daten über die EU, indem der lokalen Selbstverwaltung elektronische Schulungsinstrumente bereitgestellt und den Bürgerinnen und Bürgern nutzerfreundliche Informationen zur Lösung ihrer Probleme an die Hand gegeben werden.

(13)  Siehe die Stellungnahme zur Stärkung der Unionsbürgerschaft, 2013.


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