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Document 52013IR4577

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen — Grüne Infrastruktur — Aufwertung des europäischen Naturkapitals

ABl. C 356 vom 5.12.2013, p. 43–48 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, HR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

5.12.2013   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 356/43


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen — Grüne Infrastruktur — Aufwertung des europäischen Naturkapitals

2013/C 356/08

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

hebt die wichtige Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Festlegung und Umsetzung der Initiative hervor und fordert sie auf, in allen einschlägigen Politikbereichen und insbesondere über ihre Raum- und Stadtplanungskompetenz im Hinblick auf die Planung und Organisation einer grünen Infrastruktur aktiv zu werden; unterstreicht, dass der Schlüssel zum Erfolg bei der Umsetzung einer grünen Infrastruktur darin besteht, dass die Grundsätze der Multi-Level-Governance wirksam angewandt werden und sich alle Akteure und Interessenträger beteiligen;

fordert die Kommission auf, so bald wie möglich konkrete Umsetzungsleitfäden für die Einbeziehung der grünen Infrastruktur in die verschiedenen EU-Politikbereiche zu erstellen; fordert zusätzliche technische Daten zur grünen Infrastruktur in Städten; spricht sich dafür aus, die grüne Infrastruktur in den europäischen Referenzrahmen für nachhaltige Städte sowie in das künftige Stadtentwicklungsnetz aufzunehmen;

hebt hervor, dass die Modalitäten für die Integration der grünen Infrastruktur sowie ihr Vorrang dringend in den Partnerschaftsvereinbarungen und operationellen Finanzierungsprogrammen festzulegen sind, denn diese werden derzeit für die Kohäsions- und Strukturfonds 2014-2020 ausgearbeitet;

fordert die Kommission dazu auf, die Forderungen nach Vermeidung von Nettoverlusten an Artenvielfalt und Ökosystemleistungen in EU-Recht umzusetzen; ruft die Kommission dazu auf, die Finanzierungsmaßnahmen der EU weiterhin und stärker als bisher an die Erfüllung von Umweltschutzauflagen und den Schutz der Artenvielfalt zu knüpfen; schlägt vor, zusätzlich zu diesem Finanzierungsinstrument einen bestimmten Prozentsatz aller EU-Mittel für die Finanzierung grauer Infrastruktur in einen Biodiversitätsfonds einzuzahlen;

begrüßt die Ankündigung, dass sich die Kommission gemeinsam mit der EIB bis 2014 bemühen wird, eine spezielle EU-Finanzierungsfazilität für Projektträger zu gründen, die grüne Infrastruktur-Projekte entwickeln wollen; spricht sich dafür aus, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an dessen Festlegung beteiligt werden;

ist sehr erfreut über das Projekt TEN-G und spricht sich dafür aus, dass TEN-G im gleichen Maße wie die Verkehrs-, Energie-, Informationstechnologie- und Kommunikationsnetze als im Interesse der Gemeinschaft anerkannt wird, und ruft die Kommission dazu auf, die Möglichkeiten einer europäischen Rechtsetzung in diesem Bereich zu sondieren.

Berichterstatterin

Annabelle JAEGER (FR/SPE), Mitglied des Regionalrates von Provence-Alpes-Côte d'Azur

Referenzdokument

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Grüne Infrastruktur (GI) — Aufwertung des europäischen Naturkapitals

COM(2013) 249 final

I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

Allgemeine Bemerkungen

1.

begrüßt nachdrücklich die Mitteilung der Kommission „Grüne Infrastruktur (GI) — Aufwertung des europäischen Naturkapitals“, die einer entsprechenden Strategie der EU zu dem Thema vorausgeht. Er sieht die darin enthaltenen Vorschläge als eminent wichtig an für die Erreichung der europäischen Ziele, die bis 2020 für folgende Bereiche gesteckt wurden: effiziente Ressourcennutzung, sozialer und regionaler Zusammenhalt, nachhaltiges und intelligentes Wachstum, Attraktivität, Erhöhung der Artenvielfalt und der Qualität der Landschaft, Schutz vor Naturgefahren, Verwirklichung eines nachhaltigen Stadtmodells, Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort in kleinen und mittleren Unternehmen, Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung und Bekämpfung von Ungleichheit; die Vorschläge leisten zudem einen Beitrag zu den Zielen der EU-Biodiversitätsstrategie bis 2020 und stehen im Einklang mit der Vogelschutzrichtlinie, der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und der Konnektivität der Natura-2000-Gebiete (1);

2.

erwartet, dass mit der künftigen Entwicklung grüner Infrastruktur in der EU dazu beigetragen wird, Ziel 2 der EU-Biodiversitätsstrategie 2020 zu erreichen, das die Wiederherstellung von mindestens 15 % der bereits geschädigten Ökosysteme bis 2020 vorsieht; ferner soll ein Beitrag dazu geleistet werden, in ganz Europa und nicht nur in den durch das Natura-2000-Netz erfassten Gebieten den Verlust an Artenvielfalt und Ökosystemen aufzuhalten bzw. Artenvielfalt und Ökosysteme wiederherzustellen;

3.

ist zudem der Ansicht, dass der Schutz der biologischen Vielfalt in den verschiedenen Strategien und Programmen, die bislang auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene durchgeführt wurden, noch nicht ausreicht, um der Gefährdung der Artenvielfalt gerecht zu werden; stellt fest, dass Einigkeit darüber besteht, dass die Produktions- und Verbrauchsmuster in der Gesellschaft geändert werden müssen, da diese durch die Zerstörung und Fragmentierung natürlicher Lebensräume und durch vielfältige Umweltverschmutzungen die Hauptursachen für den Verlust der biologischen Vielfalt sind und andernfalls die erneuerten Verpflichtungen aus dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt und der EU-Biodiversitätsstrategie 2020 ins Leere laufen würden;

4.

hebt daher die zentrale Rolle der Kommission als Impulsgeber für eine auf grüner Infrastruktur basierte Querschnittsstrategie hervor. Die Gelegenheit, alle europäischen Akteure — nationale, lokale und regionale Regierungen, Unternehmen, Forscher, Verbände und Bürger — zu einem Interessenausgleich zwischen Wirtschaft, Gesellschaft und Biosphäre zusammenzubringen, ist so günstig wie nie zuvor;

5.

zeigt sich angetan von der vorgeschlagenen Definition, die sowohl den Gedanken der Konnektivität von Arten und Lebensräumen umfasst als auch die Qualität dieser Räume einschließlich des städtischen Raumes unabhängig von ihrer Größe, die außerordentliche Artenvielfalt in geschützten Lebensräumen ebenso wie in gewöhnlichen Lebensräumen, natürliche Lösungen ebenso wie naturbasierte, menschengemachte Lösungen; würde sich aber wünschen, dass diese Definition in den zu veröffentlichenden Umsetzungsleitlinien um die Begriffe „Durchlässigkeit“ und „Aufnahmefähigkeit für Lebewesen“ erweitert und präzisiert würde. Daher sollte der Nutzung und Schaffung ökologischer und funktionaler Vernetzungen unabhängig von der Größe besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden;

6.

begrüßt, dass die zahlreichen positiven wirtschaftlichen, umweltbezogenen, dem Schutz vor Gefahren dienenden und sozialen Aspekte funktionierender Ökosysteme anerkannt werden, und hebt hervor, dass diese Dimension der Nützlichkeit für die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen, die dem Menschen zugutekommen, stets zur Verstärkung der ethischen Dimension der Erhaltung der Natur und der biologischen Vielfalt berücksichtigt werden sollte;

7.

weist darauf hin, dass zum einen das Konzept der grünen Infrastruktur naturgemäß die Grenzen der Verwaltungen und Regionen überschreitet und zum anderen, dass die Weiterentwicklung, Erhaltung oder Gefährdung dieses Konzepts in allererster Linie von der Politik der Raumplanung und der Erhaltung der natürlichen Ressourcen der Mitgliedstaaten, der Regionen und der Kommunen abhängig ist;

8.

begrüßt und unterstützt den umfassenden Ansatz, eine grüne Infrastruktur fest in den Kontext einer Abmilderung des Klimawandels und der Anpassung daran zu verankern. Er hebt die wichtige Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Festlegung und Umsetzung einer solchen Strategie hervor;

9.

ist der Auffassung, dass der Schutz, der Ausbau und die Erhaltung einer grünen Infrastruktur mittel- und langfristig deutlich kostengünstiger ist als eine graue Infrastruktur, deren Gesamtkosten auch die heute von der Gesellschaft mitgetragenen externen Kosten umfasst. Von der Natur inspirierte oder auf der Natur basierende Lösungen in Synergie mit der biologischen Vielfalt (Umwelttechnologie) sind weniger energieintensiv, weniger anspruchsvoll in Bezug auf Unterhalt und Pflege als konventionelle Lösungen und daher effizienter und nachhaltiger;

10.

weist drauf hin, dass die Vorbeugung einer Verschlechterung des Zustands der Ökosysteme und die Wiederherstellung zerstörter Ökosysteme an allererster Stelle stehen müssen, denn Maßnahmen zur Behebung der Folgen eines durch menschliche Einwirkung aus den Fugen geratenen ökologischen Gleichgewichts sind immer kostspieliger, langwieriger und vor allem bezüglich ihrer Ergebnisse unsicherer;

11.

ist der Auffassung, dass eine ökonomische Bewertung der Ökosystemleistungen sich zwar im Rahmen bestimmter Kosten-Nutzen-Analysen zur Abwägung zwischen gegensätzlichen Zielen als nützlich erweisen kann, dass diese aber nicht ohne methodische Schwierigkeiten — und in bestimmten Zusammenhängen ungeeignet — sind und in ethischer Hinsicht auch Fragen aufwerfen. Daher ist hervorzuheben, dass zur Bewertung der Kosten des Rückgangs der Artenvielfalt auch eine andere Methode existiert, nämlich die Berechnung der Kosten für die Erhaltung des ökologischen Potenzials zur Wiederherstellung des Artenschwunds anhand der Berechnung der Investitionskosten, die notwendig sind, um den Zustand der Artenvielfalt im Hinblick auf eine dauerhafte Sicherstellung der Ökosystemleistungen zu erhalten oder zu verbessern. Der Ausschuss der Regionen spricht sich dafür aus, der letztgenannten Methode Vorrang einzuräumen;

12.

fordert alle Gemeinden und Regionen auf, in allen einschlägigen Politikbereichen und insbesondere über ihre Raum- und Stadtplanungskompetenz im Hinblick auf die Planung und Organisation einer grünen Infrastruktur aktiv zu werden;

13.

fordert die EU und die Mitgliedstaaten dazu auf, den Gemeinden und Regionen mit angemessenen personellen, technischen und finanziellen Mitteln zur Seite zu stehen (2);

Landwirtschaft, Wälder, Böden und Land

14.

ist der Ansicht, dass die Bekämpfung des Verlusts von Bodenfunktionen, der Intensivierung des Flächenverbrauchs und der Bodendegradation bei der Raum- und Stadtplanung absolute Priorität haben muss. Angesichts der Ausweitung von Städten muss auf einen „Null-Nettoverlust“ an natürlichen Lebensräumen, Wäldern und Agrarflächen geachtet werden; einige lokale und regionale Gebietskörperschaften haben die Konzepte der grünen Infrastruktur und der Vermeidung von Nettoverlusten in unterschiedlicher Form bereits in ihre Stadtplanung und die Raumplanung aufgenommen;

15.

weist zudem erneut darauf hin, dass er es begrüßen würde, wenn die Mitgliedstaaten die im Hinblick auf die Verabschiedung eines gemeinsamen europäischen Rechtsrahmens zum Schutz und zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit von Böden notwendige Debatte wiederaufnehmen würden, da ein solcher Rechtsrahmen ein unverzichtbares Instrument für die Bewältigung dieser äußerst wichtigen Aufgabe ist (3);

16.

erinnert an den Beitrag der Forstwirtschaft zur grünen Infrastruktur, die entweder aktiver Art (durch die Wiederherstellung von Netzen zusammenhängender Waldstücke oder durch ökologische Verwaltungspraktiken) oder passiver Art (durch Erhaltung von Waldrandgebieten) sein kann. Insbesondere in Regionen, in denen der Wald sehr stark zerstückelt und in Privatbesitz ist, sollten Waldbesitzerverbände eingerichtet werden, die sich mit den entsprechenden Fragen befassen, und müssen die Regionen und Kommunen im Hinblick auf eine grüne Infrastruktur mit Instrumenten zur Mobilisierung dieser privaten Akteure in folgenden Bereichen ausgestattet werden: Landnutzung, Weiterbildung, technische Unterstützung, gegenseitige Hilfe bis hin zur finanziellen Unterstützung;

17.

nimmt die von der EU im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik für 2014-2020 getroffenen Beschlüsse zur Kenntnis und wirft die Frage auf, ob sich in diesen Bereichen bis 2020 eine wirksame grüne Infrastruktur verwirkliche ließe. Der Ausschuss der Regionen bekräftigt, dass die zuständigen Behörden tätig werden müssen und im Hinblick auf die Erhaltung und Wiederherstellung der Artenvielfalt durch eine ökologische Gestaltung der Direktzahlungen in den ökologisch wertvollen Gebieten, durch den ELER-Fonds und damit verbunden eine kohärente ortsgebundene Ausrichtung von Agrarumweltmaßnahmen und eine entsprechenden Mittelausstattung die grüne Infrastruktur zu einer Leitlinie ihrer Handlungsinstrumente machen sollten; zugleich sollten die Behörden etwa durch Förderung der ökologischen Landwirtschaft und der Agro-Forstwirtschaft Mittel zur Wiederherstellung der Artenvielfalt in landwirtschaftlich genutzten Gebieten bereitstellen;

18.

ist im Hinblick auf die Förderung einer nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft innerhalb einer grünen Infrastruktur der Auffassung, dass die Entwicklung biologischer Baustoffe für die Solidarität zwischen den ländlichen und den städtischen Regionen unerlässlich ist, da die Nutzung traditioneller Baumaterialien in der Stadt und für die graue Infrastruktur eine erhebliche Belastung für die ländliche Umwelt wie auch für die Meeresumwelt darstellt. Die Verwendung von Holz und anderen Materialien, die Nebenerzeugnisse der Landwirtschaft sind oder neben den üblichen Kulturen produziert werden (Stroh, Hanf, Leinen, Wolle u.ä.) sollte zugunsten lokaler Interessenträger gefördert werden. Darum vertritt der AdR die Ansicht, dass die Dynamik vor Ort unterstützt werden muss, insbesondere durch Beihilfen zur Strukturierung der Lieferketten, durch Investitionen in die industrielle Verarbeitung, aber auch durch eine Strukturierung des Marktes über vorbildhafte öffentliche Aufträge oder durch Förderung von Verbrauchern, die lokale Produkte verwenden. Zur Bestimmung der technischen Eigenschaften dieser Materialien sowie ihrer Produktionsbedingungen im Hinblick auf die Wahrung der Ökosysteme sollten zudem Forschungsprogramme entwickelt werden. Nicht zuletzt müssen auch die Verbraucher durch eine entsprechende Kennzeichnung über die Herkunft und die Herstellungsbedingungen der Materialien informiert werden;

Gemeinsame Verantwortung aller Regierungsebenen

19.

unterstreicht, dass der Schlüssel zum Erfolg bei der Umsetzung einer grünen Infrastruktur darin besteht, dass alle Regierungsebenen zusammenarbeiten, die Grundsätze der Multi-Level-Governance wirksam angewandt werden und sich alle Akteure, alle Interessenträger und die breite Öffentlichkeit auf lokaler Ebene an ihrer Konzipierung und Umsetzung beteiligen;

20.

spricht sich für partizipative Vorgehensweisen aus, durch die an der Basis die notwendigen und ergänzenden Initiativen entstehen und die von den Akteuren, die unmittelbar an der Raumplanung und Raumnutzung beteiligt sind, also der örtlichen Bevölkerung (4), angenommen werden;

Eine neue Bürgerschaft

21.

weist auf die sehr nachdrückliche Forderung der Bevölkerung nach Natur in der Stadt hin, die sowohl einem Bedürfnis nach Natur verschiedenster Art entspricht (Raum zur Entspannung und für Freizeitaktivitäten, für gärtnerische und landwirtschaftliche Tätigkeiten, Landschafts- und Verschönerungselemente, wilde Natur usw.) als auch dem damit verbundenen Wunsch nach Wohlbefinden, die aber auch im Zusammenhang steht mit der Gesundheit der Stadtbewohner sowie der Bekämpfung wirtschaftlicher und sozialer Ungleichheit; von entsprechenden Lösungen profitieren naturgemäß am meisten die jüngsten in der Bevölkerung, aber auch ältere und benachteiligte Menschen;

22.

beobachtet mit Interesse die Initiativen von Bürgern im Zusammenhang mit grüner Infrastruktur, insbesondere im städtischen und stadtnahen Raum (gemeinsame Erfassung der Artenvielfalt, Beteiligung an der Ausweisung neuer städtischer Räume für biologische Vielfalt, Nutzbarmachung brachliegender Flächen oder ungenutzter Gelände, Kollektivgärten usw.), denn die Vernetzung zwischen diesen Räumen durch Wege, die für nichtmotorisierte Fortbewegungsarten geeignet sind, ist entscheidend, um die Lebensqualität in den Städten zu heben;

Potenzial für Innovationen und neue Berufszweige

23.

weist darauf hin, dass die grüne Infrastruktur Forschungs- und Innovationspotenzial birgt und damit auch Entwicklungsmöglichkeiten für Planungsbüros bietet, etwa durch die Begrünung von Wänden und Dächern oder ökologische Sanierung; macht jedoch darauf aufmerksam, dass die Vorteile der grünen Infrastruktur, etwa im Zusammenhang mit der Anpassung an den Klimawandel, von der Qualität ihrer Umsetzung abhängen. Gefördert werden sollten lediglich funktionelle Lösungen, die an den Klimawandel und die biologische Vielfalt angepasst sind;

24.

unterstützt den Vorschlag der Kommission, die Risiken, die mit Innovationen durch Finanzierungsinstrumente verbunden sind (wie etwa die Praxis der Risikoteilung), zu reduzieren und unterstützt die Förderung von Projekten, die aus öffentlichen und privaten Fonds finanziert werden;

25.

beobachtet mit Interesse die Entstehung neuer Berufe im Zusammenhang mit der grünen Infrastruktur, wie etwa der des Umwelttechnikers für die Sanierung, Erhaltung und Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme, und unterstreicht, dass auch die mittelbar betroffenen oder abgeleiteten Berufszweige berücksichtigt werden müssen (Erzeugung von Pflanzen, landwirtschaftliche Produktionsketten usw.). Die Regionen und Kommunen, die für die wirtschaftliche Entwicklung Sorge tragen müssen, sollten diese für die Schaffung von Arbeitsplätzen wichtige Dynamik begleiten und unterstützen;

26.

ist der Meinung, dass die grüne Infrastruktur auf Ökosystemen und von Menschen geschaffenen Räumen beruht und dass diese beiden Systeme sich aufgrund ihrer biogeografischen Voraussetzungen und ihrer Geschichte sehr stark voneinander unterscheiden. Die grüne Infrastruktur ist daher ein Wirtschaftsfaktor, der Arbeitsplätze vor Ort schafft, die nicht verlagert werden können. In diesem Zusammenhang weist der AdR darauf hin, dass das EU-Recht für die öffentliche Auftragsvergabe derzeit überarbeitet wird und dass der Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments (EP) am 11. Januar 2013 klargestellt hat, dass das Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebots für die zuständigen Behörden bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ausschlaggebend sein sollte. Der AdR unterstützt die Haltung des EP dahingehend, dass neben dem Preis bzw. den Kosten auch qualitative, ökologische oder soziale Kriterien herangezogen werden sollten. Insbesondere ist auf soziale und ökologische Eigenschaften sowie auf den innovativen Charakter, wie etwa das Kosten-Nutzen-Verhältnis eines nahegelegenen Marktes zu achten;

Handlungsbereiche

27.

fordert die Kommission auf, so bald wie möglich praktische, genaue und konkrete Umsetzungsleitfäden für die Einbeziehung der grünen Infrastruktur in die verschiedenen EU-Politikbereiche zu erstellen, und schlägt vor, dass die Regionen und Kommunen, die bereits eine grüne Infrastruktur fördern, in die Erarbeitung dieser Leitfäden einbezogen werden, damit sie zusammen mit der Kommission die spezifisch lokalen Ausprägungen dieser Leitfäden mit genaueren Angaben zu den Biotopen sowie besserer Ortskenntnis erarbeiten können; weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass mit dem Leitfaden „Guide to multi-benefit cohesion policy investments in nature and green infrastructure“ bereits erste Leitlinien vorliegen (5);

28.

fordert zusätzliche technische Daten zur grünen Infrastruktur in Städten, da mithilfe dieser Daten Projekte im Rahmen der neuen Strukturfondsmaßnahmen angestoßen werden könnten, die 5 % der Mittel für Investitionen in eine nachhaltige Stadtentwicklung vorsehen;

29.

spricht sich dafür aus, die grüne Infrastruktur in den europäischen Referenzrahmen für nachhaltige Städte (6) sowie in das im Rahmen der Kohäsionspolitik 2014-2020 vorgesehene künftige Stadtentwicklungsnetz aufzunehmen;

30.

ruft dazu auf, bei der bevorstehenden Überarbeitung der Richtlinie 2001/42/EG über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme als zusätzliches Kriterium zur Bestimmung der voraussichtlichen Erheblichkeit dieser Umweltauswirkungen auch auf die grüne Infrastruktur zu verweisen;

31.

hebt hervor, dass graue Infrastruktur, die nach Prüfung aller alternativen Lösungen auf der Grundlage grüner Infrastruktur als unerlässlich angesehen wird, so konzipiert sein muss, dass Umweltbeeinträchtigungen weitestgehend vermieden bzw. reduziert werden. Zudem müssen verbindlich Maßnahmen vorgeschrieben werden, die als Ausgleich für Bodenverbrauch und Schädigung von Ökosystemen anerkannt sind (7). Der Ausschuss der Regionen fordert die Kommission dazu auf, diese Forderungen unter Berücksichtigung der Arbeit der Europäischen Kommission zur Maßnahme 7b) der EU-Biodiversitätsstrategie 2020 Vermeidung von Nettoverlusten an Ökosystemen und Ökosystemleistungen in EU-Recht umzusetzen;

Monitoring und Evaluierung

32.

begrüßt den Vorschlag, 2017 eine Überprüfung der Fortschritte im Bereich der grünen Infrastruktur vorzunehmen, und weist auf die Bereitschaft der Regionen und Kommunen hin, hierzu einen Beitrag zu leisten, indem sie die vor Ort bestehenden Beobachtungsstellen zur biologischen Vielfalt, zur Wirtschaftstätigkeit, zur Gesundheit, zur sozialen Ungleichheit usw. für eine Erfassung relevanter Daten auf europäischer Ebene bereitstellen;

33.

wirft die Frage nach der Messung der Wirksamkeit der grünen Infrastruktur auf und hebt hervor, dass die Entwicklung eines Systems vorangetrieben werden sollte, anhand dessen sich rasch beurteilen lässt, inwieweit ein Ökosystem intakt ist; dieses System sollte für die betroffenen Interessenträger leicht anwendbar und verständlich sein, damit diese zum einen die Wirksamkeit beurteilen, zum anderen aber auch einen Vergleich zur grauen Infrastruktur anstellen können;

34.

ist der Ansicht, dass eine umfassende Bewertung der grauen Infrastruktur im Hinblick auf ihre Beziehungen zur natürlichen Umwelt ermöglicht werden muss, und unterstützt die Arbeit der Kommission zur Kartierung und Bewertung von Ökosystemen und Ökosystemleistungen in Europa (Mapping and Assessment of Ecosystems and their Services in Europe); er besteht zudem darauf, dass die Entwicklung von Methoden sowie Mess- und Recheninstrumenten unterstützt wird, mit deren Hilfe sich auf der Grundlage einer Lebenszyklusanalyse das gesamte Verhältnis der Wirtschaftsaktivitäten und Produkte zur natürlichen Umwelt und zu den Ökosystemdienstleistungen transparent beschreiben ließe;

Kommunikation, Sensibilisierung und Aufklärung

35.

empfiehlt eine ambitionierte Kommunikationskampagne der EU in Zusammenarbeit mit den anderen Regierungsebenen, die insbesondere von den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften (8), aber auch von anderen lokalen Akteuren (Verbänden, Unternehmen usw.) mitgetragen werden sollte. Im Mittelpunkt dieser Kampagne könnten der dreifache Nutzen der grünen Infrastruktur (ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Nutzen) und die bewährten Verfahren in den Mitgliedstaaten stehen;

36.

weist erneut darauf hin, dass bewährte Verfahren in stärkerem Maße Anwendung finden sollten. Zusammen mit anderen Institutionen und Verbänden sowie den lokalen und regionalen Gebietskörperschaften, die bereits entsprechende Informationen zusammentragen, sollte die Kommission weiterhin erfolgreiche Beispiele aufzeigen, bekanntmachen und nutzen. Hierzu könnten eine Austauschplattform, aber auch regelmäßige Treffen und Schulungen dienen, die die Regionen und Kommunen, denen bei der Sensibilisierung für grüne Infrastruktur eine zentrale Rolle zukommt, mit Unterstützung der Kommission ausrichten können;

37.

fordert die Kommission dazu auf, die Elemente der grünen Infrastruktur, d.h. Räume (Naturparks in ländlichen, stadtnahen und städtischen Gebieten usw.) und Erzeugnisse (Materialien, Gebäude usw.) in die bestehenden oder geplanten Programme zur europäischen Umweltkennzeichnung aufzunehmen;

Finanzierung

38.

erkennt zwar an, dass Querfinanzierungen von Nutzen sind, um die einzelnen Politikbereiche für das Thema der Artenvielfalt zu mobilisieren, hebt aber hervor, dass die Bereitstellung solcher Finanzmittel aus verschiedenen Gründen mit Schwierigkeiten verbunden ist, die von unterschiedlichen Bezeichnungen für die verschiedenen Finanzinstrumente bis hin zu komplexen Finanzierungstechniken reichen; er fordert daher genaue Anleitungen für deren Handhabung;

39.

hebt hervor, dass die Modalitäten für die Integration der grünen Infrastruktur sowie ihr Vorrang dringend in den Partnerschaftsvereinbarungen und operationellen Finanzierungsprogrammen festzulegen sind, denn diese werden derzeit für die Kohäsions- und Strukturfonds 2014-2020 ausgearbeitet. So können die zuständigen Behörden ihre Verantwortung für die entsprechende Finanzierung in vollem Umfang wahrnehmen; fordert die zuständigen regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften auf, die in den operationellen Programmen vorgeschlagenen Möglichkeiten einer Finanzierung ortsspezifischer grüner Infrastruktur aufzugreifen und im Hinblick auf deren erfolgreiche Umsetzung in den notwendigen bereichsübergreifenden Kapazitätsaufbau, die Kofinanzierung und die Bildung von Netzwerken zu investieren;

40.

bekräftigt die Notwendigkeit eines Finanzierungsinstruments für grüne Infrastruktur-Projekte und begrüßt ausdrücklich die entsprechende Ankündigung in der Mitteilung, dass sich die Kommission gemeinsam mit der EIB bis 2014 bemühen wird, eine spezielle EU-Finanzierungsfazilität für Projektträger zu gründen, die grüne Infrastruktur-Projekte entwickeln wollen. Der AdR spricht sich dafür aus, dass die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an dessen Festlegung beteiligt werden;

41.

schlägt vor, zusätzlich zu diesem Finanzierungsinstrument einen bestimmten Prozentsatz aller EU-Mittel für die Finanzierung grauer Infrastruktur in einen Biodiversitätsfonds einzuzahlen; dieser Fonds würde in denjenigen Mitgliedstaaten, in denen die graue Infrastruktur geplant ist, als Kapitalaufstockung zur Schaffung grüner Infrastruktur bereitgestellt;

42.

fordert die Kommission, die Mitgliedstaaten und die Kommunen auf, auf allen Finanzierungsebenen weiterhin wirkungsvoll für die Streichung biodiversitätsschädlicher Subventionen und Finanzierungssysteme zu sorgen;

43.

ruft die Kommission dazu auf, die Finanzierungsmaßnahmen der EU weiterhin und stärker als bisher an die Erfüllung von Umweltschutzauflagen (9) und den Schutz der Artenvielfalt (10) zu knüpfen, damit die Wirkung aller von der EU finanzierten Projekte auf die grüne Infrastruktur und die biologische Vielfalt abgeschätzt wird und die Höhe der EU-Förderung entsprechend angepasst werden kann;

44.

fordert die Kommission dazu auf, in ihrer Halbzeitbilanz der Strukturfonds 2014-2020 und der Fazilität „Connecting Europe“ weitere Maßnahmen im Rahmen der grünen Infrastruktur festzulegen und hervorzuheben;

Die Initiative TEN-G

45.

ist sehr erfreut über das Projekt TEN-G und ruft dazu auf, in allen vorangehenden Studien die regionalen und lokalen Aspekte der grünen Infrastruktur von europäischer Dimension zu berücksichtigen, damit sowohl die Kohärenz als auch die Wirkungseffizienz bei der Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit der Ökosysteme und damit der Erhaltung der Artenvielfalt, ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel und die größtmögliche Akzeptanz und Mitwirkung durch die Bürger und Interessenträger gewährleistet ist;

46.

spricht sich dafür aus, dass TEN-G im gleichen Maße wie die Verkehrs-, Energie-, Informationstechnologie- und Kommunikationsnetze als im Interesse der Gemeinschaft anerkannt wird, und ruft die Kommission dazu auf, die Möglichkeiten einer europäischen Rechtsetzung in diesem Bereich zu sondieren;

Grenzüberschreitende und gesamteuropäische Aufgaben

47.

ermuntert die Regionen und Kommunen im Sinne der Kohärenz der grünen Infrastruktur zur Zusammenarbeit an gemeinsamen ökologischen Netzen und fordert die Europäische Kommission dazu auf, diese grenzüberschreitende Zusammenarbeit in ein Gesamtsystem auf EU-Ebene zu integrieren;

48.

ruft dazu auf, den Ansatz der europäischen grünen Infrastruktur über die europäischen Grenzen hinaus auszudehnen, indem die EU-Nachbarschaftsinstrumente für Investitionen in grüne Infrastruktur in ländlichen und städtischen Gebieten aufgestockt werden. Bestehende Initiativen wie das Smaragd-Netzwerk, das Programm „Mensch und Biosphäre“ sowie das Gesamteuropäische ökologische Netz (PEEN) könnten hierzu einen Beitrag leisten;

Subsidiarität

49.

ist der Ansicht, dass die Vorschläge der Europäischen Kommission zur Integration der grünen Infrastruktur in andere europäische Politikbereiche sowie die vorgeschlagene Unterstützung der anderen Regierungsebenen bei der Entwicklung einer entsprechenden eigenen Politik mit dem Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Einklang stehen.

Brüssel, den 8. Oktober 2013

Der Präsident des Ausschusses der Regionen

Ramón Luis VALCÁRCEL SISO


(1)  CdR 22/2009 fin., CdR 112/2010 fin.

(2)  CdR 22/2009 fin, CdR 112/2010 fin.

(3)  CdR 112/2010 fin.

(4)  CdR 112/2010 fin.

(5)  http://ec.europa.eu/regional_policy/sources/docgener/studies/pdf/guide_multi_benefit_nature.pdf

(6)  „Reference Framework for Sustainable European Cities“ (RFSC), eine gemeinsame Initiative der EU-Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und der europäischen Verbände der lokalen Regierungen. Siehe http://www.rfsc-community.eu/

(7)  Im Hinblick auf die Erreichung des Ziels eines Null-Nettoverlusts.

(8)  CdR 112/2010 fin.

(9)  CdR 22/2009 fin, CdR 218/2009 fin.

(10)  IEEP, Dezember 2012: Background Study towards biodiversity proofing of the EU budget.


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