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Document 52012AE2011
Opinion of the European Economic and Social Committee on the ‘Communication from the Commission — The outermost regions of the European Union: towards a partnership for smart, sustainable and inclusive growth’ COM(2012) 287 final
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission — Regionen in äußerster Randlage der Europäischen Union: Auf dem Weg zu einer Partnerschaft für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum — COM(2012) 287 final
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission — Regionen in äußerster Randlage der Europäischen Union: Auf dem Weg zu einer Partnerschaft für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum — COM(2012) 287 final
ABl. C 161 vom 6.6.2013, p. 52–57
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
6.6.2013 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 161/52 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission — Regionen in äußerster Randlage der Europäischen Union: Auf dem Weg zu einer Partnerschaft für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum
COM(2012) 287 final
2013/C 161/09
Berichterstatter: Henri MALOSSE
Die Kommission beschloss am 20. Juni 2012, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 304 AEUV um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:
Mitteilung der Kommission — Regionen in äußerster Randlage der Europäischen Union: Auf dem Weg zu einer Partnerschaft für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum
COM(2012) 287 final.
Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt nahm ihre Stellungnahme am 4. März 2013 an.
Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 488. Plenartagung am 20./21. März 2013 (Sitzung vom 20. März) mit 165 gegen 2 Stimmen bei 6 Enthaltungen folgende Stellungnahme:
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen – "Die Regionen in äußerster Randlage zu Plattformen Europas machen"
1.1 |
Die Priorität der EU gegenüber den Regionen in äußerster Randlage muss heute darin bestehen, die Verbindungen dieser Regionen mit dem europäischen Kontinent und das Zugehörigkeitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger zum Projekt Europa zu stärken. Die Regionen in äußerster Randlage können in bestimmten Bereichen wie biologische Vielfalt, Erdbeobachtung, erneuerbare Energien und Integration von Kulturen zu Laboratorien, Experimentierfeldern, ja Modellen für Europa werden. |
1.2 |
Die Regionen in äußerster Randlage haben beachtliche Stärken, die für die Zukunft der EU von Wert sind, so u.a.: die Talente ihrer Frauen und Männer, ihre Agrar-, Fischerei- und Industrieerzeugnisse, ihr Qualitätstourismus und ihre geografische Lage als Plattformen Europas in ihrer jeweiligen Nachbarschaft. Diese Regionen müssen Zugang zu sämtlichen Vorteilen des Binnenmarkts haben – unter den gleichen Bedingungen wie die übrigen europäischen Regionen. |
1.3 |
Trotz der sehr angespannten Haushaltslage darf die spezifische Unterstützung für die Regionen in äußerster Randlage nicht verringert werden. Diese Regionen müssen über angemessene Haushaltsmittel verfügen, damit sie die in der Europa-2020-Strategie festgelegten Ziele erreichen und die Auswirkungen ihrer sich insbesondere aus ihrer Abgelegenheit ergebenden Nachteile ausgleichen können. |
1.4 |
Die Politik der EU zugunsten der Regionen in äußerster Randlage hat gute Ergebnisse erzielt, doch muss das Konzept der äußersten Randlage in der spezifischen, im AEUV verankerten Rechtsgrundlage neu belebt und noch strategischer und ehrgeiziger werden. So dürfen die europäischen Politiken im Bereich transeuropäische Netze, Forschung, Mobilität und Erdbeobachtung nicht länger außen vor bleiben. |
1.5 |
Das POSEI-Instrument (Programm zur Lösung der spezifisch auf Abgelegenheit und Insellage zurückzuführenden Probleme) muss bewertet und auf die gesamte Agrar- und Nichtagrarproduktion der Regionen in äußerster Randlage ausgeweitet werden. |
1.6 |
Artikel 349 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) muss in mehreren EU-Politikbereichen wie Wettbewerb, Vergabe öffentlicher Aufträge, Fischerei, Umwelt wirklich umgesetzt werden, um den geografischen und klimatischen Gegebenheiten der Regionen in äußerster Randlage Rechnung zu tragen. Die derzeitigen Vorbehalte der Europäischen Kommission in diesem Zusammenhang scheinen hinsichtlich des Wortlauts des Vertrags kaum gerechtfertigt zu sein. Der EWSA fordert die Europäische Kommission auf, eine Analyse der Anwendung von Artikel 349 zu erstellen und zu veröffentlichen. |
1.7 |
Beschäftigung und Jugend sind wesentliche Herausforderungen für die Regionen in äußerster Randlage. Die soziale Dimension muss eine der Prioritäten der EU-Politik zugunsten der Regionen in äußerster Randlage sein. Diese Achse muss deshalb weiterentwickelt werden – einerseits durch die wirksame Umsetzung kurz-, mittel- und langfristiger Maßnahmen über Hilfsprogramme für Bildung und Ausbildung, die an die Erfordernisse der dortigen Arbeitswelt angepasst sind, und andererseits durch die Unterstützung Beschäftigung und Wohlstand fördernder Tätigkeiten. |
1.8 |
Die EU kann ihre Wettbewerbsfähigkeit auch mithilfe der in den Regionen in äußerster Randlage durchgeführten Programme verbessern, beispielsweise in den Bereichen erneuerbare Energien und Meereswissenschaften, Erforschung der biologischen Vielfalt, Forstwirtschaft, Gesundheitswesen und Bekämpfung von Tropenkrankheiten. |
1.9 |
Das Ziel einer besseren Einbindung der Regionen in äußerster Randlage in ihr geografisches Umfeld liegt auf der Hand. Zahlreiche Beispiele zeigen, dass es der Europäischen Kommission insgesamt schwerfällt, die strategische Rolle der Regionen in äußerster Randlage als europäische Plattformen im Rahmen der Außenpolitik der EU zu begreifen, vor allem im Handel und in der Fischerei-, Kooperations- und Entwicklungspolitik. Eine entscheidende, stärker sichtbare und aktivere Unterstützung der Europäischen Kommission für die regionale Zusammenarbeit ist unbedingt erforderlich. |
1.10 |
Die Einbindung der Zivilgesellschaft in die Strategie der EU muss mehr sein als nur ein Schlagwort. Der EWSA schlägt vor, Diskussionsforen zu veranstalten, in denen die Akteure der Zivilgesellschaft in jeder Region in äußerster Randlage an der Ausarbeitung von "Aktionsplänen" beteiligt werden, um die Ziele und Etappen der Umsetzung der Europa-2020-Strategie festzulegen. Der EWSA bietet sich an, diesen Prozess in Partnerschaft mit der Konferenz der Präsidenten und den Wirtschafts- und Sozialräten der Regionen in äußerster Randlage einzuleiten. |
1.11 |
Darüber hinaus befürwortet der EWSA die Einrichtung eines strukturierten Dialogs zwischen den Zivilgesellschaften der Regionen in äußerster Randlage und der Länder ihrer jeweiligen Umgebung (Lateinamerika, Atlantischer Ozean, Karibik, Indischer Ozean). Es ginge hierbei vor allem darum, die Vertreter der Regionen in äußerster Randlage in den von der Europäischen Kommission im Rahmen der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) initiierten Dialog einzubeziehen. Der EWSA unterstützt die Einrichtung von Begleitausschüssen mit der Zivilgesellschaft in sämtlichen WPA und fordert die Mitwirkung der Regionen in äußerster Randlage an diesen Ausschüssen, sofern sie betroffen sind. |
1.12 |
Der EWSA schlägt vor, in jeder der Regionen in äußerster Randlage Außendienststellen der EU einzurichten, um die Verbindung zwischen der EU und diesen Regionen greifbarer, sichtbarer und direkter zu machen. |
2. Einleitung und allgemeine Bemerkungen
2.1 |
In Artikel 349 und 355 AEUV wird die Spezifizität der Regionen in äußerster Randlage definiert und anerkannt. Seit 1989 nehmen diese Regionen an einem besonderen Programm teil, mit dem Maßnahmen zur sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung gefördert werden, um eine bessere Konvergenz mit der restlichen EU zu erreichen. |
2.2 |
Durch die Regionen in äußerster Randlage werden das Gebiet und die geografische Präsenz der EU in der Welt erheblich erweitert, wodurch der politische, wirtschaftliche und kulturelle Einfluss Europas ausgeweitet wird und weitläufige Fischereigebiete im Atlantischen und Indischen Ozean hinzukommen. Diese Rolle als Plattformen Europas muss stärker aufgewertet werden, indem die Regionen in äußerster Randlage in die transeuropäischen Netze (TEN-V, digitale Netze) eingegliedert werden und privilegierten Zugang zu den europäischen Erdbeobachtungsprogrammen (GMES, Galileo) und den europäischen Forschungsprogrammen für erneuerbare Energien und biologische Vielfalt erhalten. Die Regionen in äußerster Randlage müssen mithilfe verschiedener Mobilitäts- und Kooperationsprogramme auch als Vermittler des europäischen Einflusses aufgewertet werden. Die Anwesenheit von EU-Sondervertretern in diesen Regionen aufgrund deren Abgelegenheit wäre sowohl ein politisches Signal als auch ein wirksames Instrument zur Förderung dieser Plattformfunktion. |
2.3 |
Auch der EWSA unterstützt schon seit mehr als 20 Jahren die Maßnahmen, die die Zivilgesellschaften in den Regionen in äußerster Randlage ergreifen, um sich der EU anzunähern und besser gehört und konsultiert zu werden. Diesbezüglich ist vor allem auf die potenziell negativen Auswirkungen der Handelspolitik der EU, insbesondere über Freihandels- und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen für die Regionen in äußerster Randlage, hinzuweisen (1). Bedauerlicherweise lässt die Kommission diese Frage in der Mitteilung unberücksichtigt und greift die Empfehlungen aus der EWSA-Stellungnahme von COUPEAU (2) vom 17. Februar 2010 insbesondere bezüglich flankierender Maßnahmen nicht auf. |
2.4 |
Ein weiterer Schwachpunkt in dieser Mitteilung ist, dass sie die Folgen der großen politischen Errungenschaft, nämlich der Zugehörigkeit der Regionen in äußerster Randlage zur Europäischen Union, außer Acht lässt. Die Anhörung auf La Réunion hat gezeigt, dass das Engagement der zivilgesellschaftlichen Kräfte für das Projekt Europa zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt war. Für den EWSA sollte die Strategie der EU für die Regionen in äußerster Randlage vorrangig darauf abzielen, ihre Integration in den europäischen Verbund unter gleichzeitiger Berücksichtigung ihrer Lage zu verbessern. |
3. Spezifische Aspekte
3.1 |
Bei der Umsetzung der Kohäsionspolitik ist es dringend notwendig geworden, die Verfahren zur Auswahl und Zuteilung der Mittel zu vereinfachen und zu beschleunigen. Für Verzögerungen und überlange Fristen sind häufig in erster Linie die EU und die nationalen Behörden verantwortlich. Sie schaden der Glaubwürdigkeit der EU sehr, weshalb dieser Punkt vor einer etwaigen Überprüfung der künftigen Finanziellen Vorausschau unbedingt angegangen werden muss. |
3.2 |
Eine weitere wesentliche Bedingung für die künftigen Programme der EU besteht darin, eine bessere Außenwirkung und Konzentration der europäischen Fördermittel zu gewährleisten. Das derzeitige "Gießkannenprinzip" trägt ebenfalls zur Ineffizienz bei und ruft Kritik hervor. Wie in der vorgenannten Stellungnahme von COUPEAU zum Ausdruck gebracht, empfiehlt der EWSA in diesem Stadium eine Konzentration auf drei grundlegende Prioritäten: erstens Bildung und Ausbildung zugunsten der Beschäftigungsfähigkeit insbesondere junger Menschen – einschließlich mittels Unterstützung durch Basisinfrastrukturen –, da der wichtigste Reichtum ihrer Gebiete natürlich das Talent und der Unternehmergeist der dort lebenden Frauen und Männer ist; zweitens die Unterstützung des privaten Sektors in seiner Wohlstand und Beschäftigung fördernden Funktion: mittelständische Unternehmen und Gewerbebetriebe, Tourismus, Dienstleistungen für die Produktionsfaktoren, Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei; drittens auch Investitionen in die großen transeuropäischen Netze (IKT, Verkehr, Abfall, Wasser, Energie usw.), um den Bürgern gleichberechtigten Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu ermöglichen, die zur Wettbewerbsfähigkeit der Gebiete beitragen. |
3.3 |
Die Frage der nachhaltigen Entwicklung ist von großer Bedeutung, muss jedoch auf viele weitere Faktoren als nur die Umwelt ausgeweitet werden. Im Bereich Tourismus beispielsweise gehören zur nachhaltigen Entwicklung die Achtung der lokalen Identität, regionales Know-how, die Bewahrung traditioneller Lebensweisen, die Sprache sowie die besonderen lokalen Erzeugnisse. Die Frage der Zugänglichkeit für alle, der demografischen Entwicklungen und des Umgangs mit der Abhängigkeit hat in den Regionen in äußerster Randlage besondere Bedeutung, wird von der Europäischen Kommission in ihrer Mitteilung jedoch nur unzureichend ausgeführt. |
3.4 |
Der EWSA ersucht die Kommission, die Dimension der Regionen in äußerster Randlage ggf. in die Vorschriften zur Vergabe öffentlicher Aufträge aufzunehmen. Die besonderen Bedingungen der Regionen in äußerster Randlage rechtfertigen die Fokussierung auf den lokalen Arbeitsmarkt, aber auch die Vermeidung von Sozialdumping aus Nachbarländern mit wesentlich niedrigeren Lohnkosten und die von bestimmten Wirtschaftsakteuren betriebenen aggressiven Niedrigpreisstrategien, die darin bestehen, zunächst jegliche Konkurrenz vor Ort auszuschalten und dann eine Monopolpolitik mit hohen Preisen zu praktizieren. |
3.5 |
Bezüglich der Beziehungen zu benachbarten Drittländern bedauert der EWSA, dass es in der Mitteilung der Kommission an einer klaren Vision mangelt, wie diese in der COUPEAU-Stellungnahme propagiert wurde. Der EWSA betont nachdrücklich die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den Regionen in äußerster Randlage und ihren Nachbarländern, insbesondere den AKP-Staaten, in Form von gemeinsamen Kooperationsprojekten unter Mobilisierung von Mitteln aus EEF, EFRE, ESF, ELER und EMFF. In diesem Bereich wurden zwar viele Studien, aber aufgrund fehlender Anwendungsvorschriften nur wenige konkrete Kooperationsprojekte durchgeführt. Dennoch gibt es in den Bereichen Verkehr, Tourismus, Bildung, Gesundheit, Fischerei und Landwirtschaft, Forschung und Entwicklung sowie Umweltschutz zahlreiche Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Gleichzeitig ist die Frage der Handelspolitik der EU unbeantwortet geblieben. Die bestehenden oder in Aussicht gestellten Freihandels- und Wirtschaftspartnerschaftsabkommen stellen für die anfällige Wirtschaft bestimmter Regionen in äußerster Randlage eine echte Bedrohung dar. Ohne die Berücksichtigung der tatsächlichen Interessen dieser Regionen in der Handelspolitik verliert der Entwurf einer EU-Strategie zugunsten dieser Regionen seinen Sinn! |
3.6 |
Schließlich ist es zu bedauern, dass die Ausgestaltung einer Partnerschaft mit der Zivilgesellschaft der Regionen in äußerster Randlage, die Schaffung einer Konsultationsstruktur zur Einführung der Kohäsionsmaßnahmen und die Entwicklung von Projekten, die es ermöglichen würden, das Gefühl der Zugehörigkeit zur EU bei der Bevölkerung über Informationskampagnen, Aktionen zur Unionsbürgerschaft sowie über Mobilitätsprogramme zu stärken, in der Mitteilung so wenig Platz bekommen haben. Der EWSA verweist diesbezüglich auf seine Stellungnahme zu dem Verhaltenskodex für Partnerschaft (3). |
4. Vorschläge für die Zukunft
4.1 POSEI-Programm (Programm zur Lösung der spezifisch auf Abgelegenheit und Insellage zurückzuführenden Probleme)
4.1.1 Die Durchführung dieses Programms muss sorgfältig bewertet werden. Neben den erheblichen Mitteln des POSEI für zwei Erzeugnisse der Regionen in äußerster Randlage (Zucker und Banane) gilt es, die Wirklichkeit zahlreicher weiterer lokaler Produkte zu berücksichtigen, deren Export gefördert werden könnte (Vanille, Obst und Gemüse, Fischereierzeugnisse usw.).
4.1.2 Die Mittelausstattung für das POSEI Landwirtschaft muss beibehalten und sogar aufgestockt werden, um die Weiterentwicklung sowohl der für den Export als auch der für den lokalen Markt bestimmten Erzeugnisse zu ermöglichen und dabei auch die Versorgung mit Roh- und Grundstoffen zu garantieren.
4.2 Wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt
4.2.1 |
Der EWSA begrüßt den Beschluss des Europäischen Rates, den Regionen in äußerster Randlage weiterhin eine Sonderbehandlung zu gewähren, damit sie die verfügbaren Mittel bestmöglich nutzen können, indem er einen Kofinanzierungssatz von 85 % unabhängig von ihrem Einkommensniveau vorschlägt. Der EWSA bedauert es jedoch, dass der Kofinanzierungssatz für die Sonderbeihilfe, mit der die sich aus ihrer äußersten Randlage ergebenden Kosten ausgeglichen werden sollen, bei 50 % gehalten wurde, und schlägt der Kommission vor, ausreichende Flexibilität an den Tag zu legen, um deren umfassende Wirksamkeit zu gewährleisten. |
4.2.2 |
Schließlich zeigt sich der EWSA besorgt darüber, dass die Vorschläge der Europäischen Kommission in Sachen territorialer Zusammenhalt keine konkreten Antworten auf die Notwendigkeit der regionalen Einbindung der Regionen in äußerster Randlage liefern. |
4.3 Mobilitätsprogramme: Die EU muss den Bürgern in den Regionen in äußerster Randlage gleichberechtigten Zugang zu dieser Art von Beschäftigungs- oder Studienprogrammen garantieren. Nicht hinnehmbar ist beispielsweise der offensichtliche Widerspruch zwischen dem Wunsch, Jugendliche und Akademiker aus den Regionen in äußerster Randlage umfassend von den Mobilitätsprogrammen der EU wie "Erasmus für alle" profitieren zu lassen, und der Tatsache, dass ihre geografische Lage dadurch verleugnet wird, dass die aufgrund der Abgelegenheit entstehenden Reisekosten weder für Austauschstudierende aus diesen Regionen noch für Studierende, die sich in einen anderen EU-Mitgliedstaat begeben, übernommen werden.
4.3.1 Ein weiteres Paradox: Auch die benachbarten Drittländer der Regionen in äußerster Randlage werden bei "Erasmus für alle" nicht mit berücksichtigt. Diese Unstimmigkeiten müssen unbedingt beseitigt werden. Ein Erasmus-Mundus-Programm speziell für die Regionen in äußerster Randlage sollte es ermöglichen, den Austausch von Jugendlichen mit Ländern in ihrer Umgebung zu organisieren und auf diese Weise die Identität der europäischen Kultur von diesen europäischen Plattformen aus zu fördern.
4.4 Zugänglichkeit
4.4.1 |
Der EWSA weist gemeinsam mit dem Europäischen Parlament auf die Notwendigkeit hin, einen Ad-hoc-Rahmen für Verkehr und IKT zu schaffen, damit die Regionen in äußerster Randlage das Problem der Abgeschnittenheit und der digitalen Kluft, unter dem sie leiden, wirksam angehen können. |
4.5 Regionale Einbindung
4.5.1 |
Die Regionen in äußerster Randlage müssen automatisch für die grenzübergreifende Zusammenarbeit in Frage kommen – über das Kriterium der Seegrenzen mit einer Entfernung von über 150 km hinaus. |
4.5.2 |
Eine wirksame regionale Einbindung der Regionen in äußerster Randlage erfordert die Verabschiedung von Maßnahmen, die die Anbindung dieser Regionen an die benachbarten Drittländer verbessern und die unverzichtbare Internationalisierung ihrer KMU fördern. |
4.5.3 |
Die Europäische Union muss im Zuge des Abschlusses von Handels- oder Fischereiabkommen zwischen der EU und den Nachbarländern der Regionen in äußerster Randlage unbedingt Folgenabschätzungen durchführen sowie die Behörden und die Zivilgesellschaft dieser Regionen über die Verhandlungen informieren und sie in Fragen, die sie unmittelbar betreffen, einbeziehen. |
4.5.4 |
Vertreter aus Wirtschaft und Recht der Regionen in äußerster Randlage sind zudem an der Sicherheit der Investitionen in ihr geografisches Umfeld interessiert. Der EWSA befürwortet diesbezüglich die Einrichtung einer Konferenz der Anwaltskammern der Regionen in äußerster Randlage sowie jede sonstige Initiative dieser Art, wie z.B. das Atlantische Schiedszentrum. |
4.5.5 |
In vielen Bereichen (Verkehr, Abfallbewirtschaftung usw.) würde es die regionale Einbindung ermöglichen, Größenvorteile zu erwirtschaften – vorausgesetzt, die EU bekundet entschiedener als heute ihre Absicht, die Regionen in äußerster Randlage zu Plattformen Europas zu machen. |
4.6 Unterstützung der Unternehmen
4.6.1 |
Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe a AEUV ist insofern ein echter konzeptueller Durchbruch, als er es der Kommission ermöglicht, sowohl die Volkswirtschaften der Regionen in äußerster Randlage in der Rahmenregelung für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung als auch die offensichtlichen Mängel bei den staatlichen Beihilfen mit anderer Zweckbindung (Forschung, Innovation, Verkehr, Umwelt usw.) differenziert zu berücksichtigen. Der EWSA weist auf das Paradox hin, das heute zwischen den Prioritäten der Europa-2020-Strategie einerseits und den Mängeln der Wettbewerbsrahmen bei den staatlichen Beihilfen für Forschung/Innovation oder Umwelt in den Regionen in äußerster Randlage andererseits besteht. Diese Widersprüche müssen im kommenden Zeitraum behoben werden. |
4.6.2 |
Anlässlich der derzeitigen Überarbeitung des europäischen Beihilferahmens bringen die Regionen in äußerster Randlage ihre Besorgnis hinsichtlich der Beibehaltung des bestehenden Rahmens zum Ausdruck. Sie fordern die Fortführung einer möglichst günstigen Behandlung, eine Abstimmung der Beihilfen unabhängig von ihrer Zweckbindung (Investitionsbeihilfen in Unternehmen mit erhöhten Beihilfeintensitäten und nicht degressive und unbefristete Betriebsbeihilfen zum Ausgleich der Mehrkosen der äußersten Randlage gemäß Artikel 349 AEUV) sowie die Suche nach einfachen und flexiblen Verfahren. |
4.6.3 |
Die Regionen in äußerster Randlage haben einen erheblichen Bedarf an Arbeitsplätzen, um einer strukturbedingten Arbeitslosigkeit zu begegnen, von der alle Bevölkerungsgruppen betroffen sind. Bei ihren Unternehmen handelt es sich per se um kleine und mittelständische Unternehmen, die häufig auf geografisch begrenzten Märkten tätig sind; sie weisen also ganz andere Merkmale auf als Unternehmen in Kontinentaleuropa. Wie im Zeitraum 2007-2013 sollte es daher auch weiterhin möglich sein, die Unternehmensbeihilfen allen Arten von Unternehmen zu gewähren. |
4.6.4 |
Die Investitionsbeihilfesätze in den Regionen in äußerster Randlage scheinen sich auf dem Niveau von 2007-2013 zu stabilisieren, unter Beibehaltung der Schwellenwerte und des Prinzips des "Bonus für die Regionen in äußerster Randlage". Der EWSA macht darauf aufmerksam, dass der innergemeinschaftliche Handel unverändert geblieben ist, was insbesondere auf die sehr geringe Attraktivität der Märkte der Regionen in äußerster Randlage für ausländische Investitionen zurückzuführen ist. Der EWSA empfiehlt daher, die Genehmigung von nicht degressiven und unbefristeten Betriebsbeihilfen fortzuführen. |
4.6.5 |
Öffentliche, darunter auch europäische, Beihilfen sowie Investitionen von Unternehmen der Regionen in äußerster Randlage in Innovation, die Digitale Agenda und die Suche nach Partnerschaften in ihrem geografischen Umfeld sollten als Priorität erachtet werden. |
4.6.6 |
Die spezifische Struktur der Regionen in äußerster Randlage ist dergestalt, dass sich das Gefüge fast ausschließlich aus sehr kleinen Unternehmen zusammensetzt. Es wäre zweckmäßig, dass die Kommission in ihrer Strategie die Betonung auf die effektive Umsetzung des europäischen Small Business Act und die Anwendung des Grundsatzes "Think Small First" (Vorfahrt für KMU), insbesondere im Hinblick auf Verfahren und Kontrollen, legt. Um die Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen zu wahren, sollten die Wettbewerbsregeln in den Regionen in äußerster Randlage aufmerksam überwacht werden. |
4.7 Energie
4.7.1 |
Aufgrund ihrer geografischen Lage sind die Regionen in äußerster Randlage sehr anfällig und müssen die Herausforderung im Energiebereich anders lösen als Kontinentaleuropa. Die EU muss dafür sorgen, dass diese Regionen ihre Energieversorgung in einem schwierigen Umfeld und unter komplizierten Bedingungen sicherstellen können, die insbesondere die Preise in die Höhe treiben und die Wettbewerbsfähigkeit einschränken. |
4.7.2 |
Die Erschließung und Nutzung eigener Energiequellen ist für die Regionen in äußerster Randlage von wesentlicher Bedeutung, sei es aus Erdöl oder Erdgas gewonnene Energie oder kohlenstoffarme Energie wie Wind, Wärme, Sonne, Wasser und Meer (Gezeiten-, Wellen-, Strömungs- und thermische Energie). |
4.7.3 |
Der EWSA schlägt vor, die Erforschung erneuerbarer Energien in den Regionen in äußerster Randlage anzuregen und mithilfe von EU-Finanzierungsinstrumenten Energievorhaben in diesen Regionen zu unterstützen, wobei ihrer Besonderheit Rechnung zu tragen ist. |
4.8 Landwirtschaft
4.8.1 |
Die grundlegende Bedeutung der Landwirtschaft in den Regionen in äußerster Randlage ist offensichtlich: Sie ist ein wichtiger Aspekt der Beschäftigung, der Ausstrahlung und der Wahrung des Umfelds und der traditionellen Lebensweisen. Neben der Förderung von Zucker und Banane muss die EU diese Bemühungen um Diversifizierung und Unabhängigkeit der Nahrungsmittelversorgung der Regionen in äußerster Randlage fortsetzen. Wichtig ist auch, das Gleichgewicht zwischen den auf den Export ausgerichteten und den für die Versorgung der lokalen Märkte bestimmten Erzeugnissen aufrechtzuerhalten. |
4.8.2 |
Verfahrensbedingt begünstigen die EU-Beihilfen bisweilen große Strukturen oder die Zwischenschaltung von Intermediären. Dieser Tendenz muss entgegengewirkt werden, denn sie verkennt die Interessen der unabhängigen Kleinerzeuger, die in den Regionen in äußerster Randlage die überwiegende Mehrheit bilden. Die EU-Beihilfen müssen ebenfalls dazu dienen, die Funktionsweise der Lebensmittelkette zu verbessern und die Teilhabe der Landwirte und ihrer Organisationen zu fördern. |
4.9 Fischerei
4.9.1 |
Der EWSA begrüßt den Standpunkt der Kommission, auf eine stärker regional ausgerichtete Entscheidungsfindung in diesem Bereich zu achten – mit dem Schwerpunkt auf den regionalen Meeresgebieten und unter Berücksichtigung lokaler Bestände und der Einsetzung eines speziellen Beirats für die Regionen in äußerster Randlage. Da sich die Fischereien in den Regionen in äußerster Randlage stark voneinander unterscheiden, muss dieser Beirat jedoch nach Meeresbecken organisiert werden, damit ihr spezifisches Umfeld stärker Berücksichtigung findet. |
4.9.2 |
Keine zufriedenstellende Antwort gibt der Vorschlag zur Reform der Fischereipolitik auf die Situation der Regionen in äußerster Randlage, etwa hinsichtlich der Förderung der Flotte (Bau/Anschaffung und Modernisierung, Bewältigung des Fischereiaufwands, Auswirkungen der Fischereiabkommen zwischen der EU und Drittländern auf die Regionen in äußerster Randlage) und der fehlenden Weiterentwicklung des POSEI Fischerei, das inhaltlich eine konzeptuelle Überarbeitung nach dem Vorbild des POSEI Landwirtschaft verdient hätte. Der EWSA erinnert im Übrigen an die Überlegungen, die er in seiner Initiativstellungnahme zur Entwicklung von Regionalgebieten für die Bewirtschaftung von Fischbeständen und die Kontrolle der Fischerei vom 27. Oktober 2011 (Berichterstatter: Brendan BURNS) formulierte. |
4.10 Forstwirtschaft
4.10.1 |
In den Regionen in äußerster Randlage und den überseeischen Ländern und Gebieten sollte das Potenzial zum Anbau nachhaltiger tropischer und subtropischer Spezialharthölzer in Erwägung gezogen werden. Ihre besondere Beziehung zu Europa würde ihnen direkten Zugang ermöglichen, da sie zertifiziertes Holz liefern können, für das garantiert werden kann, dass es nicht gegen die Zertifizierungsregeln des Weltforstrats (Forest Stewardship Council, FSC) verstößt. |
4.10.2 |
Ein spezifischer Markt, den man ins Auge fassen sollte, ist "Holz für besondere historische Restaurierungsprojekte", denn viele der Originalholzarten stehen auf Listen gefährdeter Hölzer und sind daher legal nur schwer beizubringen. Mahagoni, Ipe, Virola, Padouk, Greenheart, Ramin, Apitong oder Wenge sind nur einige der Holzsorten, die für solche Projekte benötigt werden. |
4.10.3 |
Darüber hinaus sind tropische und subtropische Wälder das ideale Umfeld für den Anbau seltener Pflanzen, die in Medizin und Kosmetik verwendet werden können. Mit Holz aus der tropischen und subtropischen Forstwirtschaft lässt sich kein schnelles Geld verdienen; es bietet diesen Regionen jedoch langfristig die große Chance, von den höchst einträglichen Märkten zu profitieren, die einen Zugang zu diesen seltenen Hölzern und Pflanzen voraussetzen. |
4.11 Forschung und Forschungsausbau
4.11.1 |
Der EWSA unterstützt die Beibehaltung des europäischen Umweltprogramms und des Aktionsplans für biologische Vielfalt (deren Potenzial sich zu 80 % in den Regionen in äußerster Randlage befindet) sowie eine bessere Berücksichtigung der Möglichkeiten dieser Regionen in den künftigen Programmen der Europa-Strategie-2020, insbesondere in puncto erneuerbare Energien, nachhaltige Entwicklung oder Meereswissenschaften. |
4.11.2 |
Die Europäische Kommission entwickelt das diesbezügliche Potenzial der Regionen in äußerster Randlage nur unzureichend weiter. |
4.11.3 |
Der EWSA unterstützt die Idee, europäische Cluster unter Einbeziehung der Regionen in äußerster Randlage zu bilden. |
4.12 Stärkung der sozialen Dimension der Entwicklung der Regionen in äußerster Randlage
4.12.1 |
Der EWSA ist sehr erfreut, dass der Kommission an der sozialen Dimension des europäischen Modells im Rahmen der Europa-2020-Strategie gelegen ist. Dieses Anliegen sollte sich allerdings nicht auf Lippenbekenntnisse beschränken, sondern sich in konkreten Verpflichtungen niederschlagen. Kein EU-Bürger darf ausgeschlossen werden und den Anschluss an die Entwicklung verlieren. Darin liegt der ganze Sinn der europäischen Solidarität. Der EWSA billigt den Vorschlag des Präsidenten der Region Kanarische Inseln, mit einem Notfallplan gegen die Massenarbeitslosigkeit vorzugehen, die mit außerordentlicher Intensität voranschreitet. |
4.12.2 |
Abgesehen von der Durchführung der strategischen Achsen unterstreicht der EWSA Folgendes:
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Brüssel, den 20. März 2013
Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Staffan NILSSON
(1) EWSA-Stellungnahme Die Auswirkungen der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen auf die Regionen in äußerster Randlage (Karibik), ABl. C 347 vom 18.12.2010, S. 28.
(2) Diese Empfehlungen finden auch in folgenden anderen Arbeiten ihren Niederschlag:
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Studie der Europäischen Kommission zu den Wachstumsfaktoren in den Regionen in äußerster Randlage von Ismeri EROPA; |
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von Michel BARNIER, für den Binnenmarkt zuständiges Mitglied der Europäischen Kommission, in Auftrag gegebener Bericht Die europäischen Gebiete in äußerster Randlage innerhalb des Binnenmarktes: Die Ausstrahlung der EU auf die Welt von Pedro SOLBES MIRA; |
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vom INED ausgeführte Studie der Europäischen Kommission zu den Auswirkungen der Demografie- und Migrationstrends in den Regionen in äußerster Randlage auf den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt; |
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Bericht des Europäischen Parlaments von Berichterstatter Nuno TEIXEIRA – Ausschuss REGI – zu der Rolle der Kohäsionspolitik in den Regionen in äußerster Randlage der Europäischen Union im Kontext von Europa 2020; |
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Studie des Europäischen Parlaments Die Rolle der Regionalpolitik bei der Bekämpfung der Auswirkungen des Klimawandels in den Regionen in äußerster Randlage. |
(3) ABl. C 44 vom 15.2.2013, S. 23.
(4) EWSA-Stellungnahme Blaues Wachstum – Chancen für nachhaltiges marines und maritimes Wachstum,. (Siehe Seite 87 dieses Amtsblatts).