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Document 52012IE2308
Opinion of the European Economic and Social Committee on ‘Job creation through apprenticeships and lifelong vocational training: the role of business in education in the EU’ (own-initiative opinion)
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Berufsausbildung und lebensbegleitende berufliche Bildung: die Rolle der Wirtschaft für die Bildung in der EU“ (Initiativstellungnahme)
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Berufsausbildung und lebensbegleitende berufliche Bildung: die Rolle der Wirtschaft für die Bildung in der EU“ (Initiativstellungnahme)
ABl. C 161 vom 6.6.2013, p. 27–34
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
6.6.2013 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 161/27 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Berufsausbildung und lebensbegleitende berufliche Bildung: die Rolle der Wirtschaft für die Bildung in der EU“ (Initiativstellungnahme)
2013/C 161/05
Berichterstatterin: Vladimíra DRBALOVÁ
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss am 12. Juli 2012 gemäß Artikel 29 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung, eine Initiativstellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten:
Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Berufsausbildung und lebensbegleitende berufliche Bildung: die Rolle der Wirtschaft für die Bildung in der EU.
Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 26. Februar 2013 an.
Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 488. Plenartagung am 20./21. März 2013 (Sitzung vom 20. März) mit 83 gegen 1 Stimme bei 6 Enthaltungen folgende Stellungnahme:
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1 |
Der EWSA begrüßt den aktiven Einsatz der Arbeitgeber und Unternehmer für eine europaweite Mobilität, um die Entwicklung von Kompetenzen zu fördern und sie auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes abzustimmen mit dem Ziel, das Wirtschaftswachstum wieder anzukurbeln, Arbeitsplätze zu schaffen und vor allem die Lage der jungen Menschen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. |
1.2 |
Allgemeine und berufliche Bildung sind kostenintensiv, kommen jedoch zahlreichen Menschen zugute. In Europa gibt es viele Modelle, nach denen Systeme zur Kostenteilung eingeführt werden können. Die Arbeitgeber sollten nach Maßgabe der innerstaatlich üblichen Praktiken und Bedingungen daran beteiligt werden. |
1.3 |
Der Ausschuss fordert die Arbeitgeber und Unternehmer dazu auf, den Grundsatz der Partnerschaft und Zusammenarbeit aller Beteiligten zu unterstützen, um die Reform der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung und die Entwicklung von Strategien für ein lebenslanges Lernen voranzutreiben. In diesem Zusammenhang erkennt der Ausschuss die Bedeutung des sozialen Dialogs und die bisherigen Ergebnisse aus der Zusammenarbeit der Sozialpartner auf allen Ebenen an. |
1.4 |
Der Ausschuss ruft die Arbeitgeber und Unternehmer dazu auf, im Interesse der Aufrechterhaltung und Verbesserung der Stellung der europäischen Industrie einen Beitrag zur Verbesserung des Ansehens der Industrie, der technischen Berufe und der Qualifikationen in den MINT (1)-Fächern zu leisten, den Bedarf der einzelnen Branchen zu analysieren und zu antizipieren, darüber zu informieren und auf diese Weise aktiv zu einer besseren Abstimmung der Kompetenzen auf die Erfordernisse des Arbeitsmarktes beizutragen. |
1.5 |
Arbeitgeber und Unternehmensverbände sollten gleichzeitig auch die spezifischen Bedürfnisse kleiner und kleinster Unternehmen berücksichtigen, die über ein großes Potenzial zur Schaffung von Arbeitsplätzen verfügen, und ihnen bei der Erstellung von Verzeichnissen behilflich sein, aus denen die Arbeitsweise dieser Unternehmen, die sich durch eine größere Flexibilität und Dynamik auszeichnen, detailliert hervorgeht. |
1.6 |
Der Ausschuss empfiehlt den Unternehmen und den übrigen Akteuren auf dem Arbeitsmarkt, enger mit den Schulen und Bildungseinrichtungen zusammenzuarbeiten und sich mit Blick auf die erhofften Ergebnisse aktiv an der Erstellung der Lehrpläne und Ausbildungsgänge für die berufliche Bildung zu beteiligen. Im Zuge dieser Zusammenarbeit sollte auch dafür Sorge getragen werden, dass in der beruflichen Ausbildung die erforderlichen Berufsschullehrer und praktischen Ausbilder zur Verfügung stehen. |
1.7 |
Der Ausschuss ist der Ansicht, dass eine wirksamere Zusammenarbeit der Unternehmen mit den öffentlichen und privaten Arbeitsverwaltungen zu einer größeren Kohärenz der Ausbildung im Unternehmen mit den Grundsätzen der aktiven Beschäftigungspolitik und damit auch zu einer stärkeren Beteiligung am lebenslangen Lernen führen wird. |
1.8 |
Im Rahmen der vorgeschlagenen Europäischen Allianz für Lehrlingsausbildung sollten sich die Arbeitgeber und Unternehmen dazu verpflichten, hochqualitative Lehrlingsausbildungen zu fördern sowie das Ansehen und die Attraktivität der betrieblichen Ausbildung in Europa zu erhöhen. Sie sollten Verantwortung übernehmen und auf Grundlage des dualen Ausbildungssystems, durch das die Schulbildung mit dem Unternehmensalltag verknüpft wird, in ausreichender Zahl Praktikumsplätze und Lehrstellen sowie weitere Möglichkeiten zum Erwerb praktischer Erfahrungen und Kompetenzen schaffen. Dazu müssen jedoch für die Unternehmen auf nationaler Ebene geeignete Voraussetzungen und Instrumente zur Motivationsförderung geschaffen werden. |
1.9 |
Der Ausschuss ist sich dessen bewusst, wie viele Arbeitgeber auf nationaler Ebene an der sozialen Partnerschaft zur Entwicklung und Durchführung europäischer Instrumente wie EQF (2), ESCO (3), ECVET (4), Europass u.a. beteiligt sind, und weist erneut auf die Notwendigkeit hin, diese Instrumente auf kleine und kleinste Unternehmen sowie Handwerksbetriebe abzustimmen. |
1.10 |
Der Ausschuss ruft die Arbeitgeber und Unternehmer auch dazu auf, das Potenzial der Frauen stärker zu entwickeln und Frauen insbesondere in den MINT-Studiengängen zu unterstützen, um auf diese Weise ihre Beschäftigungsfähigkeit zu erhöhen und ihnen den Eintritt in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. |
1.11 |
Der Ausschuss ruft die Arbeitgeber und Unternehmer dazu auf, die europäischen Strukturfonds – EFRE, ELER und vor allem den ESF neuer Generation (5) sowie Erasmus – für alle effizienter zu nutzen. Gleichzeitig ruft er dazu auf, die für die Programme COSME und HORIZONT zur Verfügung stehenden Mittel aufzustocken. |
2. Einführung
2.1 |
Die vorliegende Stellungnahme knüpft unmittelbar an die Stellungnahme des EWSA zur Europa-2020-Strategie und den entsprechenden Leitinitiativen (6) sowie an die Stellungnahmen zur Entwicklung von Kompetenzen und zur Rolle der allgemeinen und beruflichen Bildung (7) an. |
2.2 |
In der Stellungnahme wird der Aufruf der Kommission (8) zur Schließung starker Vertrauenspartnerschaften mit allen Interessenträgern positiv aufgenommen und die Bedeutung der Zivilgesellschaft und der Autonomie der Sozialpartner (9) respektiert. In diesem Sinne ist die Stellungnahme eine Ergänzung zu den Stellungnahmen des Ausschusses zu diesem Thema (10). |
2.3 |
Mit dieser Stellungnahme will der EWSA auf den aktiven Beitrag der Arbeitgeber und Unternehmer zur Durchführung der auf europäischer Ebene ergriffenen Maßnahmen in den Bereichen Beschäftigung, Bildung und Chancen für die Jugend hinweisen. Es geht also darum, in gewisser Weise die Politik und die getroffenen politischen Maßnahmen mit den Bedingungen und Anforderungen in der Wirklichkeit in den Unternehmen zu konfrontieren. Die Unternehmen in Europa sind zentrale Akteure in dem Bemühen, die Arbeitsmarktkrise zu überwinden (11). |
2.4 |
Europa muss alle Quellen des Wachstums mobilisieren, wozu unter anderem auch qualifizierte Arbeitskräfte gehören, die in ihrer Struktur und ihrer Zahl den aktuellen Anforderungen des Arbeitsmarktes genügen. Der Schwerpunkt muss daher auf praktischen beruflichen Qualifikationen (Ergebnisse), beruflicher Bildung, Lehrlingsausbildung und auf technischen Fachrichtungen liegen. |
2.5 |
Der EWSA hat sich in den vergangenen Jahren verstärkt für eine effizientere Ausrichtung der Bildungssysteme auf die Anforderungen der Arbeitswelt (12) eingesetzt mit dem Ziel, die Beschäftigungsfähigkeit der Arbeitskräfte zu erhöhen, den Zugang der Unternehmen zu höher qualifizierten Arbeitskräften zu verbessern und einen reibungslosen Übergang von der Schule ins Erwerbsleben zu gewährleisten. Dazu hat er eine Reihe Empfehlungen an Arbeitgeber und Unternehmer gerichtet:
|
3. Die bestehenden Initiativen auf EU-Ebene
3.1 |
Im Mittelpunkt der Agenda für neue Kompetenzen und Beschäftigungsmöglichkeiten steht die Notwendigkeit, in die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung zu investieren, den Kompetenzbedarf vorherzusehen und das lebenslange Lernen zu verbessern. Sie enthält zudem den Vorschlag, komplexe Strategien für ein lebenslanges Lernen zu konzipieren. |
3.2 |
Kernpunkte der Initiative Jugend in Bewegung (13) sind dagegen eine qualitativ hochwertige Bildung, eine erfolgreiche Eingliederung in den Arbeitsmarkt und eine größere Mobilität. Es wird vorgeschlagen, die Attraktivität, die Vielfalt des Angebots und die Qualität der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu erhöhen, den Zugang zu hochwertigen Praktika zu erleichtern und die Unternehmen dazu anzuhalten, die Praktikanten gut zu betreuen. |
3.3 |
Die Mitteilung Einen arbeitsplatzintensiven Aufschwung gestalten (14) ist auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, insbesondere in Wirtschaftszweigen mit einem hohen Wachstumspotenzial, auf die Wiederherstellung der Dynamik auf den Arbeitsmärkten und auf die Entwicklung des lebenslangen Lernens sowie auf Beschäftigungssicherheit und die Schaffung von Chancen für junge Menschen ausgerichtet. |
3.4 |
In einer Zeit wachsender Arbeitslosigkeit und unzureichenden Wirtschaftswachstums ist es dringend erforderlich, neue Lernangebote auch außerhalb des formalen Systems zu nutzen. Daher ist der Vorschlag für eine Empfehlung des Rates zur Validierung der Ergebnisse des nichtformalen und informellen Lernens (15) ein Beitrag auf europäischer Ebene zur Beschleunigung der Reformen. |
3.5 |
Die Mitteilung der Europäischen Kommission Kompetenzen überdenken: Investitionsplan in künftige Kompetenzen für bessere wirtschaftliche und soziale Ergebnisse (16) enthält eine Reihe konkreter Vorschläge und innovativer Ansätze auch auf dem Gebiet der beruflichen Aus- und Weiterbildung, der Lehre sowie der Förderung des Unternehmergeistes und der Mobilität. Das System der beruflichen Aus- und Weiterbildung in Europa muss gestärkt werden, damit es weltweit eine Spitzenposition in diesem Bereich einnehmen kann, und zwar sowohl im Bereich der anvisierten Standards, als auch im Bereich seiner tatsächlichen Leistungen (17). |
3.6 |
Die Mitteilung der Kommission Junge Menschen in Beschäftigung bringen (18) beruht auf den bislang vorgelegten Vorschlägen wie dem Europäischen Qualitätsrahmen für Praktika (19) und den Garantien für die Jugend und enthält die Aufforderung zur Schaffung einer Europäischen Allianz für Lehrlingsausbildung (20). |
3.7 |
Der Aktionsplan 2020 zur Förderung des Unternehmertums "Neubewertung des Unternehmergeistes in Europa" betrifft die Ausbildung und Vorbereitung der Unternehmer sowie die europaweite Initiative zum unternehmerischen Lernen (21), die darauf ausgerichtet ist, unternehmerische Kenntnisse, Fähigkeiten und Ansätze aufzubauen. |
4. Die Rolle der Arbeitgeber und Unternehmer
4.1 |
Das Bemühen um eine Erhöhung des Stellenwerts der Industrie und der dazugehörigen Dienstleistungen in Europa erfordert auf Grundlage klar definierter Ergebnisse eine Änderung der Qualifikationsstrukturen und der entsprechenden Kompetenzen quer durch alle Wirtschaftszweige. |
4.2 |
Die Umstrukturierung einiger Branchen als integraler Bestandteil dynamischer Volkswirtschaften geht mit einem Verlust von Arbeitsplätzen einher, führt jedoch auch zur Schaffung neuer Arbeitsplätze. Die Zahl dieser neuen Arbeitsplätze bleibt jedoch weit hinter der Zahl der verloren gegangenen Arbeitsplätze zurück (22). Für die Arbeitgeber bedeutet dies, dass sie in Zusammenarbeit mit der Regierung und im Rahmen des sozialen Dialogs in der Lage sein müssen, Änderungen vorherzusehen und zu steuern, um so die negativen sozialen Folgen des Wandels in Grenzen zu halten und die positiven Auswirkungen der Umstrukturierung zu verstärken. Das wiederum bedeutet, dass sie sich in beachtlichem Maße an den Investitionen in die berufliche Ausbildung und Umschulung beteiligen müssen. |
4.3 |
Daher ist die Antizipierung der künftigen Arbeitsmarktanforderungen so wichtig. Obwohl internationale Untersuchungen belegen, dass eine glaubwürdige Antizipierung der langfristigen Erfordernisse des Arbeitsmarktes angesichts der großen Dynamik der globalen Entwicklung ausgesprochen schwierig ist, sollten die Arbeitgeber- und Unternehmerverbände die Lage in den einzelnen Wirtschaftszweigen auf kurze und mittlere Sicht analysieren, regionale Unterschiede ermitteln und auf den sich ändernden Bedarf der Unternehmen an qualifizierten Arbeitskräften entsprechend reagieren. Diese Analysen und Prognosen betreffen alle Wirtschaftsteilnehmer einschließlich der Genossenschaften und Handwerksbetriebe. |
4.3.1 |
Am besten gelingt das durch die Festlegung strategischer Ziele und die Erarbeitung von Aktionsplänen. Bestandteile derartiger Pläne sind ein verstärktes Marketing in der jeweiligen Branche, der Entwurf von Bildungskonzepten und die Festlegung von Anforderungen, geteilte Verantwortung und die wirtschaftliche Beteiligung des Staates und der übrigen interessierten Kreise an der Bildung und Ausbildung der Absolventen, eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Schulen und weiterer interessierter Kreise in dem Bemühen, Theorie und Praxis stärker miteinander zu verknüpfen, ein Konzept zur Vorbereitung der Studierenden in den Unternehmen sowie die Schaffung einer Kultur der Unternehmensmobilität. |
4.3.1.1 |
Das Bildungskonzept kann folgende Punkte umfassen; eine Bewertung der Qualifikation der Absolventen in den einzelnen Fächern, die für einen gegebenen Wirtschaftszweig in Frage kommen, eine Spezifizierung der Berufe, die durch eine Umschulung gesichert werden können, eine branchenübergreifende Zusammenarbeit mit anderen Wirtschaftszweigen, die Zusammenstellung einer Liste der kooperierenden Primar- und Sekundarschulen, die Einschaltung von Laufbahnberatern, eine Umfrage mit Fragebogen zur Motivation der Studierenden in den letzten Studienjahren und zu ihren Vorstellungen von der beruflichen Laufbahn. |
4.3.1.2 |
Von großer Bedeutung ist die Ausbildung der Studierenden in den Unternehmen, die folgendes beinhaltet: Aufstellung von Ausbildungsprogrammen für die Studenten, Schaffung eines geeigneten Umfelds, um sie in den Arbeitsablauf des Unternehmens einzubinden, und schließlich Festlegung von Regeln zur Bewertung der Wirksamkeit der studentischen Ausbildung. Die Unternehmen sollten die Mobilität der Studierenden und Auszubildenden unterstützen und Austauschprogramme organisieren. |
4.3.1.3 |
Allgemeine und berufliche Bildung sind kostenintensiv, kommen jedoch zahlreichen Menschen zugute (23). Die staatlichen Behörden sind maßgeblich an der Finanzierung von Maßnahmen beteiligt, die darauf ausgerichtet sind, Erwachsene beim Erwerb grundlegender Kenntnisse sowie der für den (Wieder)Eintritt in den Arbeitsmarkt erforderlichen Qualifikationen und Kompetenzen zu unterstützen. Von den Arbeitgebern wird erwartet, dass sie primär die finanzielle Verantwortung für die Entwicklung der für den jeweiligen Arbeitsplatz erforderlichen Qualifikationen übernehmen. Der Einzelne sollte ebenfalls die Verantwortung für die Erlangung und Weiterentwicklung seiner Beschäftigungsfähigkeit und seiner persönlicher Kompetenzen tragen. |
4.3.1.4 |
In vielen Mitgliedstaaten beteiligt sich der Staat – auch finanziell – an der Durchführung von Ausbildungs- und Umschulungsprogrammen. Eine derartige verantwortungsvolle Regierungsführung ist unerlässlich und könnte durch die Gewährleistung einer möglichen Finanzierung aus den EU-Fonds oder durch die Möglichkeit, die durchgeführten Projekte zu nutzen bzw. sich an ihnen zu beteiligen, weiter verbessert werden. Eine Finanzierung mit öffentlichen Mitteln kann jedoch niemals ein Ersatz für die Verantwortung aller interessierten Kreise einschließlich der Arbeitgeber sein. |
4.4 |
Im Rahmen des sozialen Dialogs sollten die Unternehmer effizienter in die Konzipierung und Durchführung der nationalen Bildungspolitik eingebunden werden, durch die der Zugang zur vorschulischen Erziehung verbessert sowie die sekundäre und tertiäre berufliche Aus- und Weiterbildung modernisiert und rehabilitiert werden soll. |
4.4.1 |
Eine qualitativ hochwertige und leicht zugängliche Betreuung der Kinder im Vorschulalter ist Bestandteil der allgemeinen Grundbildung. Arbeitgeber aus den unterschiedlichsten Wirtschaftszweigen können im Schulterschluss mit den Kompetenzzentren und Eltern mit vorschulischen Einrichtungen zusammenarbeiten und die Entwicklung von Talenten fördern (beispielsweise technisches Spielzeug zur Verfügung stellen). |
4.4.2 |
Ein Teil des Unterrichts sollte bereits von der Grundschule an darin bestehen, mit den grundlegenden praktischen Fertigkeiten der unterschiedlichsten – auch technischen – Berufe vertraut zu machen und dabei die Perspektiven der einzelnen Wirtschaftszweige und Dienstleistungsbereiche sowie die aktuellen Qualifikations- und Kompetenzanforderungen aufzuzeigen. Ohne Fortschritte in den MINT-Fächern und im Bereich der praktischen Fähigkeiten wird es schwer werden, die berufliche Aus- und Weiterbildung sowie die Lehrlingsausbildung zu verbessern. Dies wäre eine Möglichkeit, die Eingliederung junger Menschen in den heutigen Arbeitsmarkt zu erleichtern. |
4.4.3 |
Die neueste Studie des CEDEFOP (24) hat unlängst gezeigt, dass eine Reihe europäischer Staaten bereits Maßnahmen zur Erhöhung der Attraktivität der beruflichen Aus- und Weiterbildung ergriffen hat. Dennoch zeigt die Untersuchung, dass die Bemühungen in einigen wichtigen Bereichen zu wünschen übrig lassen – Verbesserung der Durchlässigkeit zwischen der beruflichen Aus- und Weiterbildung und der höheren Bildung, Überarbeitung und Modernisierung der Lehrpläne, Ausbau der Infrastruktur in den beruflichen Bildungseinrichtungen, Zugang zu bestimmten Gruppen, Durchführung struktureller Änderungen und Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Ebenen, Verbesserung des Systems der Lehrlingsausbildung und insbesondere stärkere Einbeziehung der Arbeitgeber und der Sozialpartner. |
4.4.4 |
Das Potenzial der europäischen Hochschulinstitute, ihre Aufgabe in der Gesellschaft zu erfüllen und einen Beitrag zum Wohlstand Europas zu leisten, wird bisher nur unzulänglich genutzt (25). Die wissensbasierte Wirtschaft braucht Menschen mit der richtigen Mischung an Kompetenzen, darunter Querschnittskompetenzen, elektronische Kenntnisse für das digitale Zeitalter, Kreativität und Flexibilität sowie ein grundlegendes Verständnis für den gewählten Fachbereich. Daher müssen entsprechend ausgewählte Schulen und Unternehmen auch auf der Ebene der Hochschulbildung zusammenarbeiten. Die Arbeitgeber können nicht ruhig abwarten, dass die Schulen ihnen Absolventen nach Maß liefern. Die Arbeitgeber sollten sich ihren Kompetenzen entsprechend in die Gestaltung der Lehrpläne einbringen und das Ausstattungsniveau der Schulen erhöhen. Gleichzeitig muss jedoch die Autonomie der Schulen respektiert werden, die weitere wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgaben zu erfüllen haben. |
4.5 |
Unzureichende Kenntnisse in den MINT-Fächern werden sich einmal als größtes Hindernis für das Wirtschaftswachstum erweisen. Die Arbeitskräfte werden immer älter, und in einer Reihe der MINT-Berufe kommt es demnächst zu einem Generationswechsel, wenn die erfahrenen Mitarbeiter der Unternehmen in Rente gehen. Die Schulsysteme werden jedoch in den kommenden Jahren noch nicht so angepasst sein, dass Arbeitskräfte mit den dringend erforderlichen technischen Kenntnissen auf den Arbeitsmarkt entlassen werden können. |
4.5.1 |
Daher müssen die Arbeitgeber gegen den Mythos ankämpfen, dass Kenntnisse in diesen MINT-Fächern keine Zukunft hätten. Sie müssen vielmehr nachweisen, dass ein Ausbau des Unterrichts in diesen Fächern in allen Schulformen gleichbedeutend ist mit besseren Chancen und mehr Flexibilität der Absolventen beim Aufbau ihrer künftigen beruflichen Laufbahn. Sie müssen besser darüber informieren, welche Qualifikationen künftig in den Unternehmen gebraucht werden, und sie müssen einen Beitrag zur lebenslangen Fortbildung der Lehrkräfte leisten (26). |
4.5.2 |
Doch nicht nur in den Bildungssystemen selbst sind Mängel zu finden. Die Arbeitgeber müssen künftige Entwicklungen rechtzeitig erkennen, auf globale und technologische Herausforderungen reagieren, ihre Betriebe modernisieren und für Absolventen Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen, durch die Qualifikationen von Weltniveau erworben werden können. |
4.5.3 |
Die Arbeitgeber sollten des Weiteren gegen die irrige Vorstellung angehen, dass Frauen für bestimmte Wirtschaftszweige nicht geeignet seien, und das Potenzial der Frauen besser nutzen, beispielsweise durch die Förderung der Laufbahnentwicklung von besonderen Talenten, die Betreuung durch Mentoren, Sponsorenverträge, Berufsbildungsmaßnahmen und Beispiele für bewährte Verfahrensweisen. Nach wie vor gibt es große Unterschiede zwischen den Bildungswegen der Frauen und denen der Männer. Immer noch sind Frauen in den MINT-Fächern nur unzureichend vertreten. |
4.5.4 |
Zusammen mit den technischen Schulen schwinden auch die entsprechend ausgebildeten Berufsschullehrer. Daher ist es erforderlich, für eine ausreichende Zahl an Lehrkräften und Ausbildern Sorge zu tragen. Sie sollten mit den sich ändernden Anforderungen des Arbeitsmarktes vertraut und in der Lage sein, den Schülern technische Kenntnisse zu vermitteln. Lebenslanges Lernen und die Absolvierung von Praktika für Lehrkräfte und Ausbilder in Unternehmen sollten gefördert werden. Daher sollten die Arbeitgeber es geeigneten Interessenten aus den Reihen ihrer Beschäftigten ermöglichen, die Aufgaben einer innerbetrieblichen Lehrkraft für Auszubildende und Praktikanten zu übernehmen, und sie sollten dafür Sorge tragen, dass diese Interessenten entsprechend pädagogisch und psychologisch geschult werden. |
4.6 |
Im Rahmen der Sozialpartnerschaft müssen die Arbeitgeber vor allem in die Erarbeitung der nationalen Strategien für lebenslanges Lernen und die Schaffung der Voraussetzungen zur Anerkennung der Ergebnisse nicht-formalen und informellen Lernens einbezogen werden. Fertigkeiten und Kompetenzen, die durch nicht-formale und informelle Bildung gewonnen wurden, sollten gefördert und anerkannt werden, um die Kapazitäten junger Menschen zu erhöhen und ihre Rolle auf dem Arbeitsmarkt zu stärken (27) (28). In den Strategien für lebenslanges Lernen sollte im Einklang mit den Strategien zur Entwicklung des ländlichen Raums berücksichtigt werden, dass auch Interessenten aus ländlichen Gebieten Zugang zu Weiterbildung und Umschulung erhalten müssen. |
4.6.1 |
Die Arbeitgeber erwarten vom Bildungssystem zu Recht, dass die Absolventen die Bereitschaft mitbringen, sich weiterzubilden, und dass sie über eine ausreichend breit angelegte Kompetenzgrundlage verfügen, damit ihre betriebliche Ausbildung weder langwierig noch kostspielig ist und gleichzeitig durch Fortbildungsmaßnahmen immer weiter vervollständigt werden kann. |
4.6.2 |
Die Arbeitgeber müssen ihren Teil der Verantwortung für jenen Teil der beruflichen Ausbildung tragen, der betriebsspezifisch ist oder mit einer zeitlich begrenzten Nachfrage nach Qualifikationen für enger definierte Berufsbilder zusammenhängt. |
4.6.3 |
Kleinstunternehmen, kleine Unternehmen und Handwerksbetriebe brauchen darüber hinaus ein dynamischeres und flexibleres Bildungssystem, das je nach den tatsächlichen Gegebenheiten sowohl auf die Bedürfnisse von Berufsanfängern als auch auf die älterer Arbeitnehmer reagieren kann, die an einer weiteren Ausbildung oder Schulung teilnehmen wollen oder müssen (lebenslanges Lernen). |
4.6.4 |
Die geringe Resonanz auf das lebenslange Lernen ergibt sich auch aus der fehlenden Kohärenz zwischen der betrieblichen Ausbildung und den Grundsätzen der aktiven Beschäftigungspolitik einerseits sowie den gegenwärtigen Umschulungsmethoden und den Bedürfnissen der Arbeitgeber andererseits. Die Unzulänglichkeiten im Bereich der Fortbildung schränken die Möglichkeit zur Anpassung an das zunehmende Tempo des technologischen Wandels ein, der zu Veränderungen in der technischen Ausstattung der Betriebe führt und sich auch auf die relativen wirtschaftlichen Vorteile des Unternehmens gegenüber Konkurrenten auswirkt. |
4.6.5 |
Eine ständige Zusammenarbeit der Arbeitgeber mit den Arbeitsverwaltungen ist unerlässlich. Die Kapazität, die Infrastruktur und die Methoden der Arbeitsverwaltungen sind ein wichtiges Element, um die Nachfrage nach Fortbildung zu unterstützen, und sie haben auch Auswirkungen auf das Fortbildungsangebot. |
4.7 |
Um den Einfluss der Arbeitgeber auf die Effizienz des Bildungssystems, das für mehr Wachstum und Beschäftigung sorgen soll, zu erhöhen und um dieses System an die Anforderungen des Arbeitsmarktes anzupassen, können je nach den gegebenen Möglichkeiten und den nationalen Gepflogenheiten ganz unterschiedliche Wege beschritten werden. |
4.7.1 |
Im Rahmen der Sozialpartnerschaft arbeiten die Arbeitgeber entweder mit öffentlichen oder privaten Schulen in einer Region oder einer Gemeinde in Form gemeinsamer Foren von Schulen und Unternehmen oder regionaler bzw. brancheneigener Räte und Übereinkünfte zusammen, um Beschäftigung und Qualifikationen zu fördern, oder sie schließen sich zusammen, um schulische Einrichtungen und Ausbildungsstätten für Auszubildende zu gründen, oder sie richten ihre eigenen innerbetrieblichen Schulen oder Ausbildungsstätten ein. |
4.7.2 |
Dies betrifft alle Wirtschaftsteilnehmer einschließlich Kleinstunternehmen, kleiner Unternehmen, Genossenschaften und Handwerksbetriebe. Diese Initiativen müssen also auf der Ebene, auf der sie ihre Wirksamkeit am stärksten entfalten, entwickelt und in Abstimmung mit den nationalen, regionalen und lokalen Behörden durchgeführt werden, denn es geht immer auch um die Wahrung des öffentlichen Interesses, die Mitwirkung an einer aktiven Beschäftigungspolitik und die Erhaltung anspruchsvoller und nachhaltiger Arbeitsplätze. |
4.8 |
Einen wichtigen Bestandteil des Bildungsweges bilden Praktika in Unternehmen. |
4.8.1 |
Für die Arbeitgeber ist das Praktikum eine Möglichkeit, den jungen Menschen Erfahrungen mit dem Arbeitsumfeld und den üblichen Abläufen zu vermitteln. Es liegt im Interesse der Unternehmen, jungen Menschen den Übergang vom Bildungssystem zum Arbeitsmarkt zu erleichtern, ihre Stellung als Praktikanten nicht zu missbrauchen, ihnen Arbeiten zu geben, die im Einklang mit den Zielen der praktischen Ausbildung stehen, und ihnen entsprechende Arbeitsbedingungen zu bieten. |
4.8.2 |
Daher begrüßt der EWSA die Erstellung des Aktionsplans für die Beschäftigung junger Menschen im Rahmen des gemeinsamen Programms der europäischen Sozialpartner (29), in dem vor dem Hintergrund der gemeinsam festgelegten Prioritäten auch Praktika, Erfahrungen am Arbeitsplatz und Lehrlingsausbildung behandelt werden. |
4.9 |
Die durch nicht-formales und informelles Lernens im Rahmen einer Freiwilligentätigkeit erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen können dazu beitragen, die Kreativität und Innovationskapazität der Arbeitskräfte zu erhöhen, was sich wiederum positiv auf ihre Beschäftigungsfähigkeit auswirkt und ihnen die Möglichkeiten zum Eintritt in den Arbeitsmarkt erleichtert. Im Rahmen ihrer Strategien zur sozialen Verantwortung fördern die Unternehmen die freiwillige Tätigkeit ihrer Beschäftigten. Das Fehlen eines Rechtsrahmens sowie von Instrumenten zur Bewertung und Anerkennung der durch eine Freiwilligentätigkeit erworbenen Qualifikationen, vor allem aber finanzielle und steuerliche Barrieren hindern die Arbeitgeber daran, die Freiwilligentätigkeit systematisch zu unterstützen (30). |
5. Der Beitrag der Arbeitgeber zur Anwendung der europäischen Instrumente auf nationaler Ebene
5.1 |
Die Arbeitgeber sind im Rahmen der Sozialpartnerschaft an der Konzipierung und Umsetzung gemeinsamer europäischer Grundsätze (Beratung, Identifizierung und Validierung nicht-formalen und informellen Lernens) und Instrumente (31) (EQR, ECVET, EQAVET, Europass) beteiligt. Diese Grundsätze und Instrumente zielen darauf ab, die Mobilität von Arbeitnehmern, Lernenden und Lehrenden innerhalb der verschiedenen Aus- und Weiterbildungsinstitutionen und zwischen den Ländern zu verbessern. |
5.2 |
Die EU-Mitgliedstaaten haben den Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) (32) angenommen, in dem mittels verallgemeinerter Kenntnisse, Qualifikationen und Kompetenzen acht Qualifikationsniveaus definiert werden. Jeder Mitgliedstaat hat die Aufgabe, alle seine Qualifikationen einem dieser acht Niveaus zuzuordnen.
|
5.3 |
Eine der in der Agenda für neue Kompetenzen und Beschäftigungsmöglichkeiten vorgeschlagenen Maßnahmen bestand darin, bis Ende 2012 die europäische Klassifizierung für Fähigkeiten, Kompetenzen und Berufe (ESCO) als gemeinsam genutzte Schnittstelle zwischen den Bereichen Beschäftigung, allgemeine und berufliche Bildung fertig zu stellen. Das Projekt ESCO sollte die bestehenden nationalen und internationalen Branchenklassifikationen ersetzen oder ergänzen und sich zu einem Instrument entwickeln, dass die Schaffung dynamischer Arbeitsmärkte erleichtert, die durch einen reibungslosen Übergang insbesondere von einem Arbeitsplatz zum anderen bzw. von der Ausbildung in den ersten Beruf gekennzeichnet sind. |
5.3.1 |
ESCO ist jedoch für Kleinstunternehmen und kleine Unternehmen nicht von Belang, da die ESCO-Standards implizieren, dass alle Personen, die einen bestimmten Beruf ausüben und über dieselben Qualifikationen verfügen, alle die gleichen Aufgaben erfüllen, ganz gleich, in welchem Unternehmen sie tätig sind. In der heutigen Zeit mit ihren sich rasch ändernden Arbeitsplatzanforderungen bedeuten Änderungen in der Technologie, bei den Kundenanforderungen, den Arbeitsabläufen und den zur Verfügung stehenden qualifizierten Arbeitskräften, dass die Aufgaben, die den Beschäftigten übertragen werden, von diesen eine gewisse Flexibilität bei der Ausübung ihrer Tätigkeit sowie die Bereitschaft abverlangen, ihre Arbeitsabläufe an die in stetigem Wandel begriffene technische und IKT-Welt anzupassen, in der die Unternehmen sich bewegen. |
5.3.2 |
Arbeitgeber und Unternehmensverbände müssen die besonderen Bedürfnisse von Kleinstunternehmen und kleinen Unternehmen berücksichtigen und ihnen bei der Erstellung von Aufstellungen behilflich sein, aus denen die Arbeitsweise dieser Unternehmen, die sich durch eine größere Flexibilität und Dynamik auszeichnen, detailliert hervorgeht. Diese Verzeichnisse müssen gewährleisten, dass die Ergebnisse als Aufgaben und nicht als allgemeine Funktionen dargestellt werden. Die Planung der beruflichen Ausbildung und Qualifizierung kann dann auf den in diesen Verzeichnissen aufgeführten Aufgaben aufbauen und auf diese Weise einen klaren Prüfpfad vom Arbeitsplatz bis hin zu den Qualifikationen schaffen. |
5.4 |
Die Arbeitgeber, Unternehmen und die übrigen Wirtschafsakteure sollten alle aus nationalen Quellen und aus den Strukturfonds der EU, insbesondere die aus dem ESF und dem Programm "Erasmus für alle" finanzierten Projekte nutzen. Im Rahmen der aktiven Beschäftigungspolitik rufen die Mitgliedstaaten gegenwärtig eine Reihe von Projekten ins Leben, um die Beschäftigung zu sichern, die Qualifikationen der Arbeitnehmer zu aktualisieren bzw. zu erhöhen und den Eintritt junger Leute in den Arbeitsmarkt zu fördern (33). Darüber hinaus gehen mit der Annahme des neuen mehrjährigen Finanzrahmens einige neue Programme zur Förderung von Bildung, Mobilität und Innovation an den Start (Erasmus für alle, Programm für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und für KMU – COSME, Horizont 2020). |
6. Perspektiven und Herausforderungen des dualen Ausbildungssystems in Europa
6.1 |
Europa setzt völlig zu Recht große Hoffnungen in die Förderung und Entwicklung des dualen Ausbildungssystems. Daher liegt es auf der Hand, dass die Mitgliedstaaten, die langfristig auf dieses System setzen, mit guten Ergebnissen aufwarten und eine Jugendarbeitslosigkeitsrate vorweisen können, die weit unter dem EU-Durchschnitt liegt (34). |
6.2 |
In seiner Stellungnahme zum Beschäftigungspaket macht der EWSA deutlich, dass eine der Möglichkeiten zur Überbrückung der Kluft zwischen den Erfordernissen des Arbeitsmarktes, der Ausbildung und den Erwartungen junger Menschen darin besteht, die Entwicklung derartiger hochqualitativer Systeme zur Lehrlingsausbildung zu fördern. |
6.3 |
In einer Studie der Europäischen Kommission über die Situation in der Lehrlingsausbildung in der EU (35) wird auch auf die Herausforderungen hingewiesen, auf die mit diesen Modellen der Berufsausbildung reagiert wird. Beispielsweise bringt ein rascher Übergang von der Schule zum Beruf nur vorübergehende Vorteile, doch auf lange Sicht treten die Beschäftigungsperspektiven weniger klar zutage. Weitere Fragen betreffen die "Übertragbarkeit" gewonnener Erfahrungen und Qualifikationen in ein anderes Unternehmen (derselben oder einer anderen Branche). |
6.4 |
In der Studie wird auch darauf verwiesen, dass im Jahr 2008 als Folge der weltweiten Wirtschaftskrise die Zahl der Auszubildenden zugenommen, die Zahl der angebotenen Lehr- und Praktikumsstellen in einigen Mitgliedstaaten aufgrund des unsicheren Unternehmensklimas dagegen jedoch abgenommen hat. Dies ist ein Ansporn zur Mobilisierung aller Akteure und zur Wahrnehmung ihrer gemeinsamen Verantwortung, damit neue Lehrstellen in den Unternehmen geschaffen oder alternative staatliche geförderte Lösungen gefunden werden. |
6.5 |
Die auf die konkrete Praxis auf nationaler Ebene bezogene Untersuchung von BUSINESSEUROPE (36) verdeutlicht den unterschiedlichen Ansatz bei der Schaffung von Modellen, um die Schulbildung mit der Wirklichkeit in den der Unternehmen zu verknüpfen. Die Untersuchung führte zu einer Reihe von Empfehlungen, darunter auch Empfehlungen an die Arbeitgeber selbst:
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6.6 |
Die Arbeitgeber begrüßen daher den Aufruf der Kommission zur Bildung dieser Allianz für Qualitätsförderung, für die Verbesserung des Ansehens und die Erhöhung der Attraktivität der Lehrlingsausbildung in Europa. Sie sind bereit, ihren Teil der Verantwortung für die Schaffung von Lehrstellen auf Grundlage des dualen Ausbildungssystems zu tragen, durch das die Schulbildung mit dem Unternehmensalltag verknüpft wird (37). |
6.7 |
Die Förderung der Lehrlingsausbildung erleichtert den Arbeitgebern die Auswahl künftiger Bewerber auf neue Stellen und bietet darüber hinaus auch erhebliche wirtschaftliche Vorteile auf lange Sicht. Gleichzeitig ist sie ein Ausdruck sozialer Verantwortung. |
Brüssel, den 20. März 2013
Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Staffan NILSSON
(1) MINT-Fächer: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik.
(2) Europäischer Qualifikationsrahmen.
(3) Europäische Klassifizierung für Fähigkeiten, Kompetenzen und Berufe.
(4) Europäisches Leistungspunktesystem für die Berufsausbildung; Dieses System trägt dazu bei, berufliche Qualifikationen und Kompetenzen nachzuweisen, anzuerkennen und zu sammeln.
(5) Europäischer Fonds für regionale Entwicklung, Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums, Europäischer Sozialfonds.
(6) COM(2010) 682 final, 23.11.2010, COM(2010) 477 final, 15.9.2010, COM(2010) 614 final, 28.10.2010 usw.
(7) ABl. C 68, 6.3.2012, S. 1–10, ABl. C 318, 29.10.2011, S. 142–149, ABl. C 68, 6.3.2012, S. 11–14, ABl. C 132/55, 3.5.2011.
(8) COM(2012) 727 final.
(9) Rahmenvereinbarung über integrierte Arbeitsmärkte (2010) und Aktionsrahmen für die lebenslange Entwicklung von Kompetenzen und Qualifikationen (2002).
(10) ABl. C 143, 22.5.2012, S. 94–101, ABl. C 318, 29.10.2011, S. 69–75, ABl. C 11, 15.1.2013, S. 65–70.
(11) ABl. C 11, 15.1.2013, S. 65–70.
(12) Der EWSA hat eine Reihe von Maßnahmen initiiert, die auf vorbildliche Beispiele für die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Unternehmen, für das Verhältnis der beruflichen Bildung zur Praxis sowie für die Unterstützung kleiner Unternehmen ausgerichtet sind: Nunc Thermo Fisher Scientific, Roskilde, Dänemark, 6.2.2012 – "Aus der Schule in die Arbeitswelt", Polytechnika Guarda, Portugal, 5.6.2012 – "Forum für das neue Jahrtausend". ESC Versaille, Frankreich, 29.8.2012 – Konferenz zum Thema "Die Jugend Europas: Hoffnung oder Entzauberung der neuen Generation?", oder Foren zur Unterstützung junger Unternehmer und Frauen als Unternehmerinnen.
(13) COM(2010) 477 final, 15.9.2011.
(14) COM(2012) 173 final, 18.4.2012.
(15) "Empfehlung des Rates zur Validierung der Ergebnisse nichtformalen und informellen Lernens", COM(2012) 485 final, 5.9.2012.
(16) "Neue Denkansätze für die Bildung: bessere sozioökonomische Ergebnisse durch Investitionen in Qualifikationen", COM(2012) 669 final.
(17) "Berufliche Aus- und Weiterbildung für mehr Kompetenzen, Wachstum und Arbeitsplätze", SWD(2012) 375.
(18) "Junge Menschen in Beschäftigung bringen", COM(2012) 727 final, inkl. SWD(2012) 406 zum Qualitätsrahmen für Praktika.
(19) Am 5.12.2012 wurde die zweite Phase der Anhörung der europäischen Sozialpartner gemäß Art. 153 Abs. 5 AEUV eingeleitet.
(20) Die Bildungsminister kamen am 10./11. Dezember 2012 in Berlin zusammen und verabschiedeten zur Förderung der Allianz ein Memorandum mit zehn konkreten Vorschlägen mit dem Ziel, die Attraktivität und Qualität der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu erhöhen und die Entwicklung des dualen Ausbildungssystems voranzutreiben.
(21) "Aktionsplan für unternehmerische Initiative 2020 – Neubewertung des Unternehmergeistes in Europa", COM(2012) 795 final, 9.1.2013.
(22) Eurofound – Europäisches Beobachtungsinstrument für Umstrukturierungen (ERM): Von Juli bis September 2012 wurden 274 Fälle von Umstrukturierung erfasst, durch die 105 076 Arbeitsplätze verlorengingen und 30 520 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden.
(23) http://adult-learning-investment.eu/docs/BackgroundReport.pdf.
(24) Workshop am 9./10. Oktober 2012 in Brüssel zur Attraktivität der beruflichen Aus- und Weiterbildung, Studie des Forschungsinstituts SKOPE, Universität Oxford; www.cedefop.org.
(25) "Wachstum und Beschäftigung unterstützen – eine Agenda für die Modernisierung von Europas Hochschulsystemen", COM(2011) 567 final, 20.9.2012.
(26) Vgl. die Publikation von BUSINESSEUROPE: "Plugging the skills gap: the clock is ticking" (Kompetenzlücke füllen: die Zeit läuft) aus dem Jahr 2011.
(27) CEDEFOP: "Guidelines on validation of non-formal and informal learning [Leitlinien zur Anerkennung nicht-formalen und informellen Lernens]".
(28) ABl. C 181, S. 154, 21.6.2012: "Der EWSA [plädiert] für eine operative und deutliche Definition des lebenslangen Lernens sowie für einen leichteren Zugang für jede Gruppe von Lernenden".
(29) Gemeinsames mehrjähriges Programm der europäischen Sozialpartner 2012-2014, das auch die Erarbeitung eines Aktionsrahmens für die Beschäftigung junger Menschen enthält.
(30) "Mitteilung zu EU-Politik und Freiwilligentätigkeit", COM(2011) 568 final, 20.9.2011.
(31) EQR (Europäischer Qualifikationsrahmen), ECVET (Europäisches Leistungspunktesystem für die Berufsausbildung), EQAVET (Europäischer Bezugsrahmen für die Qualitätssicherung in der beruflichen Aus- und Weiterbildung), EUROPASS (eine Sammlung von Dokumenten zur Förderung der beruflichen und geografischen Mobilität).
(32) Der jüngste Bericht (2012) über die Umsetzung des Bologna-Prozesses macht deutlich, dass nur die wenigsten EU-Mitgliedstaaten bereits vollumfänglich die dem Europäischen Qualifikationsrahmen entsprechenden innerstaatlichen Qualifikationen eingeführt haben.
(33) In der Tschechischen Republik waren dies beispielsweise die Projekte: "Bildung ist eine Chance", "Bilden Sie sich fort für mehr Wachstum", "Praktikum in Unternehmen".
(34) Beispiel für ein bewährtes Vorgehen: Gemeinsames Seminar der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU und der Wirtschaftskammer Österreichs (WKÖ): "Duales Ausbildungssystem: Das funktioniert" in Brüssel, 3.12.2012, als Beitrag der Arbeitgeber zur europäischen und nationalen Debatte über die Beschäftigungsperspektiven der Jugendlichen in Europa.
(35) Studie der Europäischen Kommission: Apprenticeship supply in the Member States of the European Union, Januar 2012, IKEI Research & Consultancy, http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=738&langId=en.
(36) Veröffentlichung von BUSINESSEUROPE: "Schaffung von Chancen für junge Menschen: Wie können die Attraktivität und das Image der Berufsausbildung verbessert werden", März 2012.
(37) Auf globaler Ebene kann diese Verpflichtung ihren Ausdruck in einem gemeinsamen Projekt der Internationalen Arbeitgeberorganisation (IOE) mit dem Beratenden Wirtschafts- und Industrieausschuss (BIAC) finden: "Weltweite Allianz für Lehrlingsausbildung".