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Document 52011IP0151

Fortschrittsbericht 2010 über die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zu dem Fortschrittsbericht 2010 über die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien

ABl. C 296E vom 2.10.2012, p. 94–101 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

2.10.2012   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 296/94


Donnerstag, 7. April 2011
Fortschrittsbericht 2010 über die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien

P7_TA(2011)0151

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. April 2011 zu dem Fortschrittsbericht 2010 über die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien

2012/C 296 E/14

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf den Beschluss des Europäischen Rates vom 16. Dezember 2005, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien den Status eines Kandidatenlandes für die Mitgliedschaft in der Europäischen Union zu gewähren, sowie unter Hinweis auf die Schlussfolgerungen des Vorsitzes im Anschluss an die Tagungen des Europäischen Rates vom 15. und 16. Juni 2006 sowie vom 14. und 15. Dezember 2006,

unter Hinweis auf die Resolutionen 845 (1993) und 817 (1993) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen und auf das 1995 zwischen der Hellenischen Republik und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien abgeschlossene Interimabkommen,

in Kenntnis des Fortschrittsberichts 2010 der Kommission über die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien (SEK(2010)1332) und der Mitteilung der Kommission vom 9. November 2010 mit dem Titel „Erweiterungsstrategie und wichtigste Herausforderungen 2010–2011“ (KOM(2010)0660),

unter Hinweis auf seine Entschließung vom 10. Februar 2010 zu dem Fortschrittsbericht über die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien 2009 (1),

unter Hinweis auf die Empfehlungen des Gemischten Parlamentarischen Ausschusses EU-ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien vom 30. November 2010,

unter Hinweis auf den Beschluss 2008/212/EG des Rates vom 18. Februar 2008 über die Grundsätze, Prioritäten und Bedingungen der Beitrittspartnerschaft mit der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien (2),

in Kenntnis der Schlussfolgerungen des Rates „Auswärtige Angelegenheiten“ und des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ vom 13. und 14. Dezember 2010,

gestützt auf Artikel 110 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass der Prozess der Erweiterung der EU ein starker Motor für Frieden, Stabilität und Aussöhnung in der Region ist,

B.

in der Erwägung, dass der Europäische Rat im Jahr 2005 der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien den Kandidatenstatus zuerkannte, aber seither trotz der beträchtlichen Fortschritte, die dieses Land auf seinem Weg in die EU erzielt hat, kein Datum für den Beginn der Beitrittsverhandlungen festgelegt hat; in der Erwägung, dass bilaterale Angelegenheiten kein Hindernis darstellen und nicht als Hindernis im Beitrittsprozess genutzt werden sollten, auch wenn sie vor Beginn der Mitgliedschaft beigelegt werden sollten; in der Erwägung, dass die Fortsetzung des Beitrittsprozesses zur Stabilität der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien beitragen und den interethnischen Dialog weiter stärken würde,

C.

in der Erwägung, dass die Intensivierung des wirtschaftlichen Dialogs und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit den Beitrittsländern die EU in die Lage versetzt, sich gemeinsam auf die Überwindung der Wirtschaftskrise zu konzentrieren, und zur globalen Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union beiträgt,

D.

in der Erwägung, dass in der Erweiterungsstrategie 2010 die Reform der öffentlichen Verwaltung und der Justiz sowie die Bekämpfung der organisierten Kriminalität und der Korruption wie auch der Dialog zwischen den politischen Akteuren als Prioritäten hervorgehoben werden,

E.

in der Erwägung, dass die EU umfassende Prüfungsverfahren durchführt, die gewährleisten, dass neue Mitgliedstaaten nur dann aufgenommen werden, wenn sie alle Voraussetzungen erfüllen, und nur mit der aktiven Zustimmung der Organe der EU und der Mitgliedstaaten der EU,

F.

in der Erwägung, dass die Meinungsfreiheit und die Unabhängigkeit der Medien in den meisten Beitrittsländern nach wie vor Anlass zu Besorgnis geben,

Politische Entwicklungen

1.

teilt die Einschätzung im Fortschrittsbericht 2010 der Kommission über die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien und bedauert, dass der Rat keinen Beschluss über die Eröffnung der Beitrittsverhandlungen gefasst hat, wie dies von der Kommission im zweiten Jahr in Folge und in Übereinstimmung mit früheren Entschließungen des Parlaments empfohlen wurde; weist auf seine frühere Empfehlung an den Rat hin, die Verhandlungen unverzüglich einzuleiten;

2.

nimmt die jüngsten politischen Entwicklungen zur Kenntnis, die zu vorgezogenen Wahlen führen werden; fordert alle politischen Parteien auf, eine aktive und konstruktive Rolle bei der Vorbereitung der Wahlen zu spielen; betont, dass freie und faire Wahlen, die auf der Grundlage uneingeschränkter Transparenz und im Einklang mit internationalen Standards durchgeführt werden, ein wichtiges Element einer gefestigten Demokratie sind; fordert alle politischen Parteien auf, sich aktiv an den Wahlen zu beteiligen; ist besorgt über die derzeitige politische Lage und ruft alle politisch Verantwortlichen auf, auf der Grundlage demokratischer Institutionen einen Konsens anzustreben;

3.

weist darauf hin, dass bilaterale Fragen von den betroffenen Parteien im Geiste gutnachbarschaftlicher Beziehungen und unter Berücksichtigung der Interessen der EU insgesamt zu lösen sind; fordert alle maßgebenden Akteure und betroffenen Parteien auf, ihre Bemühungen zu verstärken und Verantwortung und Entschlossenheit zur Lösung aller ausstehenden Fragen zu zeigen, die nicht nur den Beitrittsprozess des Kandidatenlandes und die eigene Politik der EU in der Region behindern, sondern auch Auswirkungen auf die interethnischen Beziehungen, die regionale Stabilität und die Wirtschaftsentwicklung haben könnten;

4.

gratuliert dem Land zum zehnten Jahrestag des Rahmenabkommens von Ohrid, das der Eckpfeiler der interethnischen Beziehungen im Lande ist, und fordert die Regierung und alle staatlichen Einrichtungen auf, diesen historischen Jahrestag zur weiteren Förderung guter interethnischer Zusammenarbeit zu nutzen; ist jedoch besorgt über die wachsenden interethnischen Spannungen über die Errichtung eines Gebäudes auf dem Gelände der Festung Kale in Skopje; fordert die politische und religiöse Führung und die Medien auf, sich verantwortlich zu verhalten und Handlungen zu unterlassen, die die interethnischen Spannungen verstärken könnten; nimmt mit Besorgnis die Gefahr eines wachsenden Isolationismus des Landes zur Kenntnis, der sich in Ermangelung einer konkreten EU-Perspektive ersatzweise entwickeln könnte;

5.

fordert die Regierung auf, einen umfassenden Dialog zwischen den ethnischen Gemeinschaften zu fördern; die Empfindlichkeiten aller Gemeinschaften und Minderheiten in ihren Entscheidungen wie etwa dem Stadtentwicklungsplan „Skopje 2014“ gebührend zu berücksichtigen sowie Maßnahmen und Initiativen zur Stärkung der nationalen Identität auf Kosten anderer Gemeinschaften zu vermeiden; weist auf die Notwendigkeit des wirksamen Funktionierens des Parlamentsausschusses für interethnische Beziehungen bei der Integration der Minderheiten in die Gesetzgebungsverfahren hin und betont, dass zusätzliche Anstrengungen erforderlich sind, um den Dezentralisierungsprozess weiter voranzutreiben, wie er im Rahmenabkommen von Ohrid vorgesehen ist;

6.

bedauert, dass die Vermittlungsbemühungen der Vereinten Nationen bei der Lösung des Namensstreits keine konkreten Ergebnisse erbracht haben;

Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte

7.

erinnert daran, dass eine gesunde politische Kultur die Grundlage der Demokratie ist; fordert die Oppositionsparteien auf, den Boykott des nationalen Parlaments zu beenden und den politischen Dialog im Rahmen der Institutionen wieder aufzunehmen; ist der Ansicht, dass es in der Verantwortung von Regierung und Opposition liegt, den direkten und offenen Dialog zu allen bestehenden Herausforderungen, denen das Land gegenübersteht, zu gewährleisten; weist darauf hin, dass die politische Instabilität den Prozess der europäischen Integration, der eine gemeinsame Priorität aller Teile der Gesellschaft des Landes sein sollte, beeinflussen könnte; begrüßt die Annahme der Änderungen der Geschäftsordnung des Parlaments, die ein stärkeres Engagement der Opposition an seiner Arbeit ermöglichen; ist jedoch über den unzureichenden Dialog zwischen der Regierung und den Oppositionsparteien und das allgemeine Klima des Misstrauens und der Konfrontation besorgt; fordert beide Seiten nachdrücklich auf, ein Klima des Vertrauens zu fördern und sich mit Nachdruck darauf zu verpflichten, die neue Geschäftsordnung des Parlaments zur Stärkung des politischen Dialogs und der konstruktiven Zusammenarbeit im Gesetzgebungsverfahren und bei der parlamentarischen Kontrolle der Regierungsarbeit zu nutzen;

8.

begrüßt den politischen Willen zur Vervollständigung der seit langem überfälligen Bekanntgabe von Namen von Agenten des früheren jugoslawischen Geheimdienstes als einen wichtigen Schritt, um mit der alten kommunistischen Ära zu brechen; nimmt jedoch die unzureichenden Fortschritte bei der vollständigen Umsetzung der einschlägigen Rechtsvorschriften zur Kenntnis; fordert die Regierung nachdrücklich auf, das Lustrationsverfahren unverzüglich abzuschließen, wobei zu vermeiden ist, dass dieses wahlweise für politische Zwecke benutzt wird, wie die eigene politische Legitimation oder die Verleumdung politischer Gegner;

9.

würdigt die ausgezeichnete Arbeit des scheidenden EU-Sonderbeauftragten/Leiters der EU-Delegation; verurteilt unangemessene Angriffe von Politikern der Regierungspartei auf EU-Vertreter und bedauert, dass die Regierung sich nicht eindeutig und öffentlich von derartigen Beleidigungen distanziert hat; betrachtet diese Vorfälle als extrem schädlich für das Ansehen des Landes;

10.

weist auf die Notwendigkeit hin, die Wahlgesetzgebung so zu verbessern, dass sie den Empfehlungen der OSZE/des BDIMR und der Venedig-Kommission in dem Bericht zu den Präsidentschafts- und Kommunalwahlen 2009 Rechnung trägt;

11.

bekräftigt, dass freie und unabhängige Medien eine notwendige Voraussetzung für die Entwicklung einer stabilen Demokratie sind; nimmt die breite Vielfalt und Mischung der öffentlichen und privaten Medienunternehmen in dem Land zur Kenntnis; ist jedoch besorgt über die Politisierung der Medien und die Einmischung in ihre Arbeit; ist besorgt über die wirtschaftliche Abhängigkeit und Konzentration politischer Macht in den Medien, die häufig mangelnde redaktionelle Unabhängigkeit und niedrige journalistische Standards zur Folge haben; ist besorgt über die erhebliche Verschlechterung der Medienfreiheit im Land, wie das deutliche Zurückfallen (vom 34. auf den 68. Platz) in der Rangliste der Pressefreiheit 2010 der Reporter ohne Grenzen zeigt; nimmt zur Kenntnis, dass das Innenministerium auf seiner Homepage einen Aufruf an die Bürger veröffentlichte, „nicht objektive“ Presseberichte anzuzeigen; fordert die Journalisten auf, hohe berufliche Standards in ihrer Arbeit einzuhalten, sich von politischer Beeinflussung zu distanzieren und Berufsverbände für Journalisten zu gründen; fordert gleichzeitig die verantwortlichen Staatsorgane nachdrücklich auf, die Unabhängigkeit und Freiheit der Medien zu stärken, indem für alle gleiche Standards gelten und die Transparenz ihrer Eigentumsverhältnisse verbessert wird;

12.

begrüßt die zahlreichen Rechtsvorschriften, die für die Justizreform erlassen wurden, und fordert weitere intensive Anstrengungen zur Reform der Justiz, um deren Professionalität, Effizienz und Unabhängigkeit von politischem Druck zu gewährleisten; betont daher, dass der bestehende rechtliche Rahmen schnell und wirksam umgesetzt werden muss; ist besorgt über die fortbestehende Rolle des Justizministeriums im Justizrat und über die Kritik der Regierung und der Abgeordneten am Verfassungsgericht, die das Risiko der politischen Einflussnahme auf die Justiz in sich birgt; stellt jedoch mit Genugtuung fest, dass trotz dieser Meinungsverschiedenheiten alle Gerichtsurteile umgesetzt wurden; begrüßt die Anstrengungen zur Verbesserung der Effektivität und Transparenz des Gerichtssystems, insbesondere beim Abbau von unerledigten Rechtssachen in den meisten Gerichten; begrüßt außerdem das Inkrafttreten des Gesetzes über die Prozesskostenhilfe;

13.

begrüßt die fortgesetzten Anstrengungen bei der Bekämpfung der Korruption, die unter anderem durch die Umsetzung der zweiten Runde der von der GRECO-Gruppe des Europarats ausgesprochenen Empfehlungen und das Inkrafttreten der Änderungen des Strafgesetzbuches deutlich werden; fordert die Staatsorgane auf, die Rechtsvorschriften zur Korruptionsbekämpfung weiter umzusetzen und die Unabhängigkeit, Effizienz und Mittelausstattung der Justiz zu verbessern; erinnert jedoch daran, dass die Korruption weiterhin weit verbreitet ist, und fordert weitere erhebliche Anstrengungen, um sie auszumerzen; betont die Dringlichkeit der wirksamen und unparteiischen Durchsetzung der Antikorruptionsvorschriften, insbesondere zur Finanzierung der politischen Parteien und zu Interessenskonflikten; weist darauf hin, wie wichtig es ist, dass das Gerichtssystem ohne politische Einmischung funktioniert; begrüßt die Anstrengungen, die Effizienz und Transparenz des Gerichtssystems zu verbessern; betont die Notwendigkeit, eine Vollstreckungsbilanz zu Strafverfolgung und Verurteilungen aufzubauen, anhand derer Fortschritte gemessen werden können; fordert die Vereinheitlichung der Rechtsprechung, um ein vorhersehbares Justizsystem und das Vertrauen der Öffentlichkeit zu gewährleisten;

14.

fordert die Kommission auf, mit ihrem nächsten Fortschrittsbericht eine Bewertung darüber vorzulegen, wie sich die Zuweisung von EU-Mitteln auf die Reformierung der Justiz und die Korruptionsbekämpfung ausgewirkt hat und welche Ergebnisse erzielt wurden; fordert die Kommission auf, dem Rat und dem Parlament eine ausführlichere Bewertung der Effizienz der von der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption und Betrug im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens zu erarbeiten und sie zusammen mit dem nächsten Fortschrittsbericht vorzulegen;

15.

erkennt die Anstrengungen zur Reformierung der öffentlichen Verwaltung an, fordert jedoch weitere Bemühungen in diesem Bereich, der weiterhin politisiert ist und dem es an Kapazitäten und Professionalität mangelt; begrüßt, dass die Regierung eine nationale Strategie für die Reform der öffentlichen Verwaltung angenommen hat und dass der Unterausschuss des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens für die Reform der öffentlichen Verwaltung eingerichtet wurde; ist besorgt wegen des nicht transparent und ad hoc durchgeführten Verfahrens der Umwandlung von befristeten in unbefristete Stellen, die eine weitere Politisierung der Verwaltung mit sich bringt; fordert die Entwicklung einer klaren Personalstrategie, die die Bedürfnisse der Verwaltung im Hinblick auf Fähigkeiten und Fertigkeiten feststellt, und ihre Umsetzung durch eine leistungsorientierte Einstellungspolitik und Laufbahnentwicklung; begrüßt die verstärkte Einstellung von Personen, die einer Minderheit angehören, betont aber, dass dies auf der Grundlage einer Bedarfsanalyse in der Verwaltung erfolgen sollte, um sicherzustellen, dass die Fähigkeiten der neu eingestellten Personen den Stellenanforderungen entsprechen;

16.

begrüßt die weiteren Fortschritte im Bereich der Dezentralisierung, weist jedoch darauf hin, dass die Übertragung von Verantwortung auf untere Staatsorgane mit einer angemessenen Mittelausstattung verbunden sein sollte;

17.

begrüßt die Fortschritte bei der Reform des Gefängnissystems; ist jedoch nach wie vor tief besorgt über die erniedrigenden Bedingungen in einigen Gefängnissen, insbesondere was die Überbelegung und die unangemessene Gesundheitsversorgung anbelangt; betont die Notwendigkeit, den Grundsatz zu beachten, dass inhaftierte Personen gemäß den Grundsätzen der Vereinten Nationen angemessen zu behandeln sind;

18.

begrüßt die Verabschiedung des Gesetzes über den Bevölkerungs- und Haushaltszensus 2011; betont die Notwendigkeit einer angemessenen Vorbereitung und organisatorischen Durchführung, um einen korrekten Zensus abzuwickeln; fordert die Regierung auf, angemessene Finanzmittel für seine Organisation bereitzustellen, und betont, wie wichtig es ist, die Angelegenheit zu entpolitisieren, um einen unvoreingenommenen Zensus mit einer möglichst breiten Beteiligung zu sichern;

19.

betont, dass es äußerst wichtig ist, dafür Sorge zu tragen, dass das Bildungssystem die ethnische Integration unterstützt; begrüßt daher die Strategie der integrierten Bildung und fordert ihre schnelle Umsetzung, u. a. durch die Beendigung der Segregation nach ethnischer Zugehörigkeit und durch die Verbesserung des Lernens aller Amtssprachen in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien; fordert die Regierung auf, das Verfahren zur Anhörung der verschiedenen Gemeinschaften zu verbessern und bei der Umsetzung der Strategie eng mit den Minderheiten zusammenzuarbeiten;

20.

stellt die fehlenden Fortschritte bei der gemeinsamen feierlichen Begehung historischer Ereignisse mit benachbarten EU-Mitgliedstaaten fest, die zu einem besseren Verständnis der Geschichte und zu gutnachbarlichen Beziehungen beitragen sollte, wie im vorherigen Bericht betont wurde; fordert nachdrücklich die Einführung von Schulbüchern, die frei sind von ideologischen Interpretationen der Geschichte;

21.

ist ernsthaft über die Situation der Roma besorgt, die weiterhin katastrophalen Lebensbedingungen und Diskriminierung beim Zugang zum Arbeitsmarkt, zum Gesundheitswesen und zu Sozialdiensten ausgesetzt sind; betont besonders die schwierige Situation der Romafrauen und -mädchen, die weiterhin unter doppelter Diskriminierung – aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit und Geschlecht – leiden; fordert die Regierung auf, sich bei der Umsetzung der Roma-Strategie und des Aktionsplans zur Roma-Dekade stärker zu engagieren; begrüßt in dieser Hinsicht die Maßnahmen der Regierung zur politischen Integration der Roma, darunter die Ernennung eines Ministers, der der Gemeinschaft der Roma angehört und der für die Belange der Gemeinschaft der Roma zuständig ist; lobt die Regierung für die Einberufung einer Sitzung zur Frage der Integration der Roma, während sie den Vorsitz des Europarates innehatte;

22.

begrüßt die Annahme des Gesetzes zur Bekämpfung von Diskriminierung als einen entscheidenden Schritt zur Bekämpfung nach wie vor weit verbreiteter diskriminierender Praktiken und fordert seine schnelle und effektive Umsetzung; bedauert jedoch, dass – im Gegensatz zur europäischen Rechtsetzung – die sexuelle Ausrichtung als Diskriminierungsgrund in dem Gesetz fehlt; fordert die zügige Anpassung nationaler Vorschriften in diesem Bereich an den Besitzstand und die Stärkung der Überwachungsmechanismen; betont, dass dies eine Voraussetzung für den Beitritt ist; ist besorgt über den Ablauf des Auswahlverfahrens für die Mitglieder des Ausschusses für den Schutz vor Diskriminierung; bedauert, dass kein Vertreter der Zivilgesellschaft in den Ausschuss berufen wurde; betont, dass weitere Anstrengungen im Hinblick auf die Rechte der Frauen unternommen werden müssen, um ihre Teilhabe am Arbeitsmarkt sowie in der politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsfindung zu verbessern und Frauen und Kinder vor häuslicher Gewalt zu schützen;

23.

fordert weitere Anstrengungen im Hinblick auf die Gleichstellung der Geschlechter und die Frauenrechte; fordert die Staatsorgane auf, das Gesetz über die Chancengleichheit von Männern und Frauen vollständig umzusetzen und eine größere Kohärenz des nationalen Aktionsplans für die Gleichstellung der Geschlechter sicherzustellen; begrüßt die Annahme der Strategie zur Bekämpfung häuslicher Gewalt; fordert, dass das System zur Unterstützung von Opfern umgesetzt wird; fordert die Regierung und Nichtregierungsorganisationen daher auf, eine stärkere Sensibilisierung für diese Fragen zu fördern;

24.

verurteilt jüngste Fälle von Einschüchterungen und direkten Angriffen auf Organisationen der Zivilgesellschaft sowie von persönlichen Verleumdungen ihrer führenden Aktivisten; begrüßt die Mechanismen für die Anhörung der Organisationen der Zivilgesellschaft, die von der Regierung eingeführt wurden, ist aber besorgt, dass es keinen systematischen und transparenten Mechanismus für die Anhörung der Zivilgesellschaft zu nationalen Entwicklungsmaßnahmen, Rechtsetzung, Programmen oder anderen strategischen Dokumenten gibt; betont die Notwendigkeit, Organisationen der Zivilgesellschaft ohne Auslese in die politischen Entscheidungsprozesse einzubinden, um eine wirksame öffentliche Diskussion anzuregen und interessierte Kreise in den Beitrittsprozess des Landes einzubeziehen; betont den wichtigen Beitrag, den die Bürgergesellschaft zur Verbesserung der regionalen Zusammenarbeit in Bezug auf soziale und politische Aspekte leistet; begrüßt die Annahme des neuen Gesetzes über Bürgervereinigungen und fordert die Behörden auf, die Vorschriften zu den gemeinnützigen Organisationen durch die Sicherstellung von Finanzierungsplänen so schnell wie möglich umzusetzen;

25.

nimmt mit Zufriedenheit zur Kenntnis, dass die IPA-Unterstützung in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien gut funktioniert; fordert sowohl seine Regierung als auch die Kommission auf, das Verwaltungsverfahren für die IPA-Mittel zu vereinfachen, damit diese für kleinere und dezentral organisierte Bürgerorganisationen, Gewerkschaften und andere Empfänger einfacher zugänglich sind;

26.

betont, dass die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien die acht wesentlichen Übereinkommen zu Arbeitnehmerrechten der Internationalen Arbeitsorganisation ratifiziert hat; ist besorgt, dass nur geringe Fortschritte im Bereich der Arbeitnehmerrechte und der Gewerkschaften erreicht wurden; fordert die Staatsorgane auf, die Rechte der Arbeitnehmer und Gewerkschaften weiter zu stärken, und fordert in diesem Zusammenhang die Regierung auf, für ausreichende administrative Kapazitäten zu sorgen, um die ordnungsgemäße Umsetzung und Durchsetzung des Arbeitsrechts zu gewährleisten; weist auf die wichtige Rolle des sozialen Dialogs hin und fordert die Regierung auf, sich ehrgeizigere Ziele zu setzen und einen allumfassenden sozialen Dialog mit den betroffenen Partnern einzurichten;

27.

betont, wie wichtig es ist, das kulturelle Erbe, das eine Säule der europäischen Werte und Grundsätze bildet, zu bewahren und zu pflegen; nimmt mit Bedauern zur Kenntnis, dass zahlreiche Friedhöfe, Freskoinschriften und Artefakte, die zum bulgarischen Kulturerbe gehören, vollständig aufgegeben und zerstört wurden;

28.

begrüßt die Fortschritte des Landes beim Übergang zu einer funktionierenden Marktwirtschaft und den breiten Konsens zu den grundlegenden Merkmalen der Wirtschaftspolitik des Landes; beglückwünscht die Regierung zur Bewahrung der makroökonomischen Stabilität trotz der negativen Auswirkungen der Weltfinanzkrise und nimmt auch die guten Aussichten für wirtschaftliches Wachstum in den kommenden Jahren zur Kenntnis;

Sozioökonomische Entwicklungen

29.

ist besorgt über die dauerhafte und sehr hohe Arbeitslosigkeit, insbesondere unter jungen Menschen, was vielen Ländern der Region gemeinsam ist; fordert die Regierung auf, wirksamere Maßnahmen zur Verbesserung der Investitionen der öffentlichen Hand im Bereich Beschäftigungspolitik und Beschäftigung der Arbeitnehmer im Rahmen von hochqualifizierten, unbefristeten und menschenwürdigen Arbeitsverhältnissen rasch umzusetzen; fordert die Kommission auf, die politisch Verantwortlichen mit verstärkter Hilfe aus dem Instrument für Heranführungshilfe (IPA) zu unterstützen;

30.

nimmt die Verbesserung des Geschäftsklimas als Folge der wirtschaftlichen Reformen im Laufe der letzten Jahre zur Kenntnis und betont, dass die Strukturreformen in dem Land fortgesetzt werden müssen; stellt gleichzeitig fest, dass die ausländischen Investitionen von einem bereits niedrigen Niveau weiter zurückgegangen sind und dass sich die Lage aufgrund der weltweiten Finanzkrise noch weiter verschlechtert hat; fordert die staatlichen Stellen, die dafür zuständig sind, ausländische Direktinvestitionen anzuziehen, auf, ihre Bemühungen um potenzielle ausländische Investoren zu verstärken;

31.

beglückwünscht die Regierung zur wirksamen und reibungslosen Umsetzung des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens mit der EU; begrüßt in diesem Zusammenhang die kürzlich getroffene Entscheidung der Regierung, die Zolltarife für über einhundert unterschiedliche Waren abzuschaffen, als einen Schritt hin zur vollständigen Liberalisierung des Handels mit der EU; hofft, dass diese Veränderungen die Wettbewerbsfähigkeit einheimischer Hersteller erhöhen werden und damit ein größeres Wirtschaftswachstum angeregt wird; hält diese Entwicklung für einen wichtigen Meilenstein, der die Bemühungen des Landes zeigt, im verstärkten Wettbewerb, dem es nach dem Beitritt zur EU ausgesetzt sein wird, zu bestehen;

32.

betont, dass die Grundsätze des verantwortlichen Regierungshandelns bei den Haushaltsausgaben durch die Verbesserung des freien Zugangs zu öffentlichen Informationen, die Anhörung von Interessengruppen im Haushaltsverfahren und die Einrichtung eines Berichtsverfahrens zur Anwendung kommen müssen, wobei die Rechenschaftspflicht für die eingesetzten Mittel vorausgesetzt wird; erinnert daran, dass nicht transparente Haushaltsausgaben zu sozialer Ausgrenzung und Konflikten führen, und stellt die Legitimität einiger nationaler Kampagnen in Frage;

33.

begrüßt die kürzliche Verabschiedung des Energiegesetzes zur Liberalisierung des Elektrizitätsmarkts des Landes, das mit den einschlägigen europäischen Richtlinien im Einklang steht;

34.

betont, wie wichtig es ist, sowohl auf Landes- als auch auf Regionalebene ein effizientes und verlässliches öffentliches Verkehrssystem (einschließlich der Eisenbahnverbindung Sofia-Skopje-Tirana) zu entwickeln; bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Aufforderung an die Staatsorgane, in die Instandsetzung und den Ausbau des Eisenbahnnetzes zu investieren, das eine tragfähige Alternative zum Straßenverkehr bietet; bedauert die Entscheidung der Regierung, die Investitionen in die jährlichen Eisenbahninfrastrukturprogramme zu kürzen, und fordert die Kommission auf, die notwendige technische und finanzielle Unterstützung im Rahmen der Mittel des Instruments für Heranführungshilfe zu leisten;

35.

fordert die Staatsorgane der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und Bulgariens auf, die grenzüberschreitende Strecke zwischen Staro Konjarevo und Gabrene für Fußgänger und Radfahrer wieder zu öffnen, um den Abschnitt des Europa-Radwegs Eiserner Vorhang zwischen Strumica und Petric zu verbessern;

36.

begrüßt die Verabschiedung der nationalen Strategie für nachhaltige Entwicklung, fordert aber weitere Anstrengungen zur Umsetzung der entsprechenden Umweltvorschriften und die Bereitstellung angemessener Mittel; weist insbesondere auf die Herausforderungen in den Bereichen Wasserqualität, Abfallbewirtschaftung und Naturschutz hin; fordert eine engere Zusammenarbeit in grenzüberschreitenden Umweltfragen auf der Grundlage der EU-Standards; bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Forderung nach einer wirksamen Überwachung der Wasserqualität und des Wasserstands der Grenzseen Ohrid, Prespa und Dojran sowie des Flusses Vardar/Axios; begrüßt die Initiative zur trilateralen Euro-Region Prespa-See, die die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Griechenland und Albanien umfasst; fordert die Regierung auf, die positive Erfahrung des Ohrid-Abwassersammelsystems auf die anderen Seen der Region auszuweiten; begrüßt ferner die erreichten Fortschritte beim Bau einer Abwasseraufbereitungsanlage in Gevgelia;

37.

drückt seine tiefe Besorgnis über die Bodenverschmutzung in der Stadt Veles aus, die von der Weltgesundheitsorganisation zu einem gefährlichen Wohnort erklärt wurde; fordert die Regierung auf, sich mit dieser Frage zu befassen und angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um die öffentliche Gesundheit in diesem Gebiet zu schützen; fordert die Kommission auf zu prüfen, ob das Instrument für Heranführungshilfe in diesem speziellen Fall genutzt werden kann;

Regionale Fragen

38.

beglückwünscht das Land zu seiner fortwährenden stabilisierenden Rolle in der Region; hebt seine Teilnahme an zivilen und militärischen Missionen der EU hervor, erinnert die Regierung jedoch an ihre Verpflichtung, die Gemeinsamen Standpunkte im Bereich der GASP zu beachten, insbesondere in Bezug auf restriktive Maßnahmen, vor allem was den speziellen Fall Simbabwes anbelangt;

39.

begrüßt die kürzlich von den Staatsorganen Serbiens und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien getroffene Entscheidung, für Bürger, die zwischen beiden Staaten reisen, auf die Notwendigkeit internationaler Reisepässe zu verzichten, um eine gemeinsame Kontrolle ihrer gemeinsamen Grenze zu schaffen;

40.

bedauert zutiefst die Tatsache, dass der Namensstreit mit Griechenland weiterhin den Beitritt des Landes zur EU blockiert, und erinnert an seine Empfehlung an den Rat, die Beitrittsverhandlungen sofort zu beginnen; betont, wie wichtig gutnachbarschaftliche Beziehungen und das Verständnis für die Empfindlichkeiten von Nachbarstaaten in diesem Prozess sind; fordert die betroffenen Regierungen auf, Gesten, umstrittene Handlungen und Äußerungen zu vermeiden, die negative Auswirkungen auf diese Beziehungen haben könnten; nimmt den intensivierten Dialog zwischen den beiden Ministerpräsidenten zur Kenntnis und fordert sie auf, politische Weisheit und Kompromisswillen zu zeigen und schnell eine beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden;

41.

erinnert daran, dass – wie in den Schlussfolgerungen des Rates „Allgemeine Angelegenheiten“ vom 14. Dezember 2010 festgestellt wurde – die Wahrung gutnachbarlicher Beziehungen, wozu auch eine auf dem Verhandlungsweg herbeigeführte, für beide Seiten annehmbare Lösung der Namensfrage unter der Federführung der Vereinten Nationen gehört, von entscheidender Bedeutung ist;

42.

fordert die Kommission und den Rat auf, allgemein anwendbare Schiedsverfahren zu entwickeln, um bilaterale Angelegenheiten zwischen Beitrittsländern, zwischen Mitgliedstaaten und Beitrittsländern sowie zwischen Mitgliedstaaten zu lösen;

43.

stellt besorgt fest, dass in der gegenwärtigen Debatte historische Argumente bemüht werden, wozu auch das Phänomen der so genannten „Antikisierung“ zählt, was zu steigenden Spannungen mit Nachbarstaaten führen und neue interne Spaltungen hervorrufen könnte;

44.

ersucht die Hohe Vertreterin und das für Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik zuständige Mitglied der Kommission, eine Einigung in der Namensfrage zu ermöglichen und politische Handlungsempfehlungen anzubieten, wobei das laufende Verhandlungsverfahren und die Bestimmungen der Charta der Vereinten Nationen voll respektiert werden; ist der Ansicht, dass das schnellstmögliche Finden einer beiderseitig annehmbaren Lösung ein Testfall für die gemeinsame Außenpolitik nach Lissabon und für die Fähigkeit der EU ist, lang andauernde internationale Streitfragen an seinen Grenzen zu lösen;

45.

fordert den Rat und die Kommission auf, ihren Verpflichtungen in Bezug auf Drittstaaten nachzukommen und die Fortschritte und die Reformbemühungen der Staaten, die die Bedingungen der Union erfüllen, zu belohnen; stellt fest, dass andernfalls die Bereitschaft dieser Staaten zu Reformen nachlassen könnte;

46.

ist der Ansicht, dass eine weitere Verlängerung des Status quo in Bezug auf die Namensfrage und andere offene Fragen mit den Nachbarstaaten nicht nur die Stabilität des Landes und der Region, sondern auch die Glaubwürdigkeit der Erweiterungspolitik untergraben könnten; fordert daher alle betroffenen Parteien auf, guten Willen, Solidarität und Verantwortung bei der Lösung offener Fragen zu zeigen; fordert in diesem Zusammenhang die Staatsorgane des Landes auf, die Initiative der Einsetzung eines gemeinsamen Sachverständigenausschusses für Geschichte und Bildung mit Bulgarien und Griechenland voranzutreiben;

*

* *

47.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Regierung und dem Parlament der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien zu übermitteln.


(1)  ABl. C 341E vom 16.12.2010, S. 54.

(2)  ABl. L 80 vom 19.3.2008, S. 32.


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