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Document 52011AR0150

    Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Reform der EU-Beihilfevorschriften über Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“

    ABl. C 259 vom 2.9.2011, p. 40–47 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    2.9.2011   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 259/40


    Stellungnahme des Ausschusses der Regionen: „Reform der EU-Beihilfevorschriften über Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“

    2011/C 259/08

    DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

    weist nachdrücklich darauf hin, dass das Legislativpaket zu den staatlichen Beihilfen in Form eines Ausgleichs für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse unter strikter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips überarbeitet und das Recht der Gebietskörperschaften gewahrt werden muss, die Modalitäten für die Organisation, Finanzierung und Ausübung ihrer Kompetenzen im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen in Übereinstimmung mit den nationalen bzw. regionalen Rechtsvorschriften nach eigenem Ermessen festzulegen;

    hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass es zur Schaffung des breiten Spielraums, über den die Gebietskörperschaften laut Vertrag von Lissabon verfügen müssen, einer sekundärrechtlichen Rechtsgrundlage zur Festlegung des Zusammenspiels mit anderen EU-Politikbereichen bedarf;

    wendet sich gegen die Einbeziehung einer Prüfung der wirtschaftlichen Effizienz eines Ausgleichs für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse durch die Kommission;

    vertritt überdies die Auffassung, dass weitere objektive Kriterien berücksichtigt werden sollten, die das Risiko einer Beeinträchtigung des Handelsverkehrs innerhalb der Union, einer Wettbewerbsverzerrung oder von Quersubventionierungen a priori ausschließen, wie z.B. der räumlich begrenzte Zuständigkeitsbereich bestimmter Anbieter, die ein Genehmigungsverfahren durchlaufen müssen, die sachlich begrenzte Zuständigkeit bestimmter öffentlicher oder privater Dienstleistungsunternehmen, die eigens zur Erbringung einer bestimmten öffentlichen Dienstleistung in einem bestimmten Gebiet gegründet wurden und keinerlei erwerbsorientierte Tätigkeit auf dem Markt ausüben, oder auch manche Sozialunternehmen ohne Erwerbszweck;

    schlägt der Kommission vor, den Schwellenwert der „De-minimis“-Verordnung für Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gezielt auf 800 000 EUR jährlich anzuheben, um alle von lokalen Vereinigungen bzw. örtlichen sozialwirtschaftlichen Kleinstunternehmen auf lokaler Ebene erbrachten öffentlichen Dienstleistungen im Sozialbereich von den Bestimmungen bezüglich der Kontrolle staatlicher Beihilfen auszunehmen.

    Hauptberichterstatter

    Karl-Heinz LAMBERTZ (BE/SPE), Ministerpräsident der deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens

    Referenzdokument

    Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Reform der EU-Beihilfevorschriften über Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse

    KOM(2011) 146 endg.

    I.   POLITISCHE EMPFEHLUNGEN

    DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

    1.

    begrüßt den Entschluss der Europäischen Kommission, auf der Grundlage der Schlussfolgerungen aus ihrem Bewertungsbericht, der im Anschluss an die umfassende Konsultation der Mitgliedstaaten und verschiedener Akteure erstellt wurde, mit den Interessenträgern und Institutionen in einen Dialog über die Überarbeitung des Legislativpakets zu den staatlichen Beihilfen in Form eines Ausgleichs für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu treten;

    2.

    vertritt die Auffassung, dass diese Überarbeitung eine politisch bedeutsame Initiative für die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und die Bürgerinnen und Bürger ist, da dabei neue, klare und ausgewogene Regeln bezüglich der Vereinbarkeit der Finanzierungsformen öffentlicher Dienstleistungen mit den Binnenmarktbestimmungen festgelegt werden müssen und damit die Rechts- und Planungssicherheit gewährleistet werden sollen, derer es für die Entwicklung der öffentlichen Dienstleistungen in der EU sowie für die angemessene Befriedigung der Grundbedürfnisse der Europäerinnen und Europäer bedarf;

    3.

    nimmt mit Interesse zur Kenntnis, dass die Überarbeitung dieses Legislativpakets mit den breiter gesteckten Zielen der Europäischen Kommission im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen und des Binnenmarkts und insbesondere mit dem Vorschlag Nr. 25 der „Binnenmarktakte“ (1) übereinstimmt, in dem die Kommission ankündigt, bis Ende 2011 eine Mitteilung sowie eine Reihe von Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit öffentlichen Dienstleistungen annehmen zu wollen, wobei sie betont, dass die EU und die Mitgliedstaaten für eine einfachere Erbringung öffentlicher Dienstleistungen auf der dafür am besten geeigneten Ebene zu sorgen haben und diese Dienstleistungen klaren Finanzierungsregeln unterliegen, von höchstmöglicher Qualität und tatsächlich für alle zugänglich sein müssen;

    4.

    weist nachdrücklich darauf hin, dass dieses Legislativpaket unter strikter Wahrung des Subsidiaritätsprinzips überarbeitet und das Recht der Gebietskörperschaften gewahrt werden muss, die Modalitäten für die Organisation, Finanzierung und Ausübung ihrer Kompetenzen im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen in Übereinstimmung mit den nationalen bzw. regionalen Rechtsvorschriften nach eigenem Ermessen festzulegen;

    5.

    vertritt die Auffassung, dass die Gebietskörperschaften aufgrund ihrer Basisnähe und ihrer tagtäglichen Arbeit im Hinblick auf die Festlegung, Organisation, Finanzierung und Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen, mit denen die sich ständig wandelnden und immer unterschiedlicheren Grundbedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger in den Bereichen Beschäftigung, Wohnbau, Verkehr, Bildung, Gesundheit, Betreuung von Kleinkindern und pflegebedürftigen älteren Menschen, Kultur, Sport, Freizeit usw. vor Ort in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld gestillt werden können, besonders dazu berufen sind, sich aktiv an der Überarbeitung dieses Legislativpakets zu beteiligen;

    6.

    zeigt sich erfreut darüber, dass die Kommission die zentrale Rolle öffentlicher Dienstleistungen als Teil der gemeinsamen Werte der Europäischen Union gemäß Artikel 14 AEUV würdigt. Es ist von zentraler Bedeutung, dass die Mitgliedstaaten wie auch die lokale und regionale Ebene ihren Bürgerinnen und Bürgern bestimmte Grundversorgungsleistungen zu angemessenen Bedingungen garantieren können. Diese Dienstleistungen stärken den sozialen und territorialen Zusammenhalt, dienen der Steigerung des Wohlergehens der Bürgerinnen und Bürger, der Gewährleistung der Umverteilung, der Beseitigung von Ungleichheiten und der Sicherstellung sozialer Gerechtigkeit, und leisten einen erheblichen Beitrag zur Entwicklung der EU im Sinne der Europa-2020-Strategie; diesbezüglich findet Artikel 9 AEUV ebenfalls Anwendung auf die EU-Dienstleistungspolitik;

    7.

    weist darauf hin, dass die Entwicklung hochwertiger Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse der Kommission ein dauerhaftes und bereichsübergreifendes vorrangiges Anliegen sein muss; vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass die Kommission die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und insbesondere die Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse im Rahmen der Strategie Europa 2020 ausdrücklich hätte herausstellen müssen, da sie eine entscheidende Rolle für die Erreichung der in der Strategie festgelegten Ziele spielen; bedauert darüber hinaus, dass die Kommission sicht nicht dazu entschlossen hat, sie als eine der zwölf übergeordneten Prioritäten zur Neubelebung des Binnenmarkts einzustufen, obwohl sie andererseits anerkennt, dass diese Dienstleistungen von ausschlaggebender Bedeutung sind, um der Ablehnung des Binnenmarkts durch die Bürgerinnen und Bürger entgegenzuwirken;

    8.

    stimmt mit der Kommission auch hinsichtlich ihres Standpunktes überein, wonach die geplante Reform der staatlichen Beihilfen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zum Ziel haben muss, den Beitrag dieser Dienstleistungen zum Wirtschaftsaufschwung in der EU und zur Wiederherstellung des sozialen Gefüges zu stärken;

    9.

    weist darauf hin, dass die Bürgerinnen und Bürger heute mehr denn je hochwertige und erschwingliche Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse brauchen, um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Krise zu meistern; vertritt daher die Auffassung, dass die Umsetzung der Reformprogramme und Maßnahmen zur Verringerung der Haushaltsdefizite der Mitgliedstaaten nicht zu einer Einschränkung der Bandbreite und der Qualität der Dienstleistungen führen darf, die im Rahmen der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse angeboten bzw. finanziert werden;

    10.

    fordert die Verabschiedung ausgewogenerer Bestimmungen, die besser auf das Wesen der öffentlichen Dienstleistungen und insbesondere auf ihre lokale, grenzübergreifende oder auch gemeinschaftliche Dimension sowie auf die Vielfalt der Organisationsformen und beteiligten Akteure zugeschnitten sind und dem tatsächlichen Risiko einer Beeinträchtigung des Austauschs innerhalb der Union und einer echten Wettbewerbsverzerrung auf dem Binnenmarkt entsprechen;

    Berücksichtigung der durch den Vertrag von Lissabon eingeführten Neuerungen bezüglich öffentlicher Dienstleistungen bei der Überarbeitung des Legislativpakets zu den staatlichen Beihilfen

    11.

    schließt sich der von der Kommission durchgeführten Analyse der neuen Bestimmungen des Vertrags von Lissabon bezüglich öffentlicher Dienstleistungen an, in dem diese als gemeinsame Werte der EU verstanden und insbesondere folgendes festgehalten wird: „ein hohes Niveau in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte“ sowie „weiter Ermessensspielraum der nationalen, regionalen und lokalen Behörden in der Frage, wie Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse […] zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu organisieren sind“;

    12.

    betont, dass mit Artikel 14 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der die allgemeinen Anwendungsbestimmungen des Vertrags betrifft, eine neue Rechtsgrundlage geschaffen wird, aufgrund derer Parlament und Rat per Verordnung insbesondere die wirtschaftlichen und finanziellen Grundsätze und Voraussetzungen für die Erfüllung der spezifischen Funktion von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse festlegen könnten;

    13.

    erinnert die Kommission daran, dass nur sie dem Parlament und dem Rat die Umsetzung von Artikel 14 AEUV, der eine wichtige demokratiepolitische Errungenschaft des Vertrags von Lissabon darstellt, vorschlagen kann und sie auch die alleinige politische Verantwortung für eine Nichtanwendung dieses Artikels zu tragen hat;

    14.

    bedauert in diesem Zusammenhang, dass der Gerichtshof der Europäischen Union aufgrund dieser Vorgehensweise der Kommission gezwungen ist, sich zu Fragen, die es wert wären, vom Gesetzgeber gemäß seiner demokratischen Verantwortung und in Übereinstimmung mit dem Geist des Vertrags von Lissabon geklärt zu werden, auf der Grundlage konkreter Fälle auszusprechen;

    15.

    weist darauf hin, dass im Protokoll Nr. 26 über die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sowohl die Besonderheit und Vielfalt öffentlicher Dienstleistungen als auch die vorrangige Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und ihrer Gebietskörperschaften für die Bereitstellung, Erbringung, Finanzierung und Organisation dieser Dienstleistungen anerkannt wird;

    16.

    hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass es zur Schaffung des breiten Spielraums, über den die Gebietskörperschaften laut Vertrag von Lissabon verfügen müssen, einer sekundärrechtlichen Rechtsgrundlage bedarf, durch die auf der Grundlage eines breiten Spektrums an Definitionen gewährleistet ist, dass die Gebietskörperschaften das Wettbewerbsrecht möglichst flexibel auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse anwenden können;

    17.

    weist darauf hin, dass die mit der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen betrauten Unternehmen gemäß der Bestimmungen von Artikel 106 Absatz 2 des AEUV den Wettbewerbsregeln und insbesondere den Bestimmungen über das Verbot und die Kontrolle staatlicher Beihilfen nur insoweit unterliegen, als die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen von den nationalen, regionalen oder lokalen Behörden übertragenen besonderen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert;

    18.

    vertritt die Auffassung, dass die Gewährung eines Ausgleichs für die Nettokosten der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen durch die damit betrauten Unternehmen eine wirtschaftliche und finanzielle Voraussetzung für die ordnungsgemäße Erfüllung der ihnen von den Behörden übertragenen besonderen Aufgaben darstellen, was umso mehr gilt, als den öffentlichen Dienstleistungen in der jetzigen Wirtschafts- und Finanzkrise eine essenzielle Rolle als Regulativ und Schutzmechanismus für die schwächsten Bevölkerungsgruppen zukommt, wodurch die sozialen Auswirkungen der Krise abgefedert werden können;

    Effiziente Zuweisung öffentlicher Mittel, ökonomische Effizienz des Ausgleichs für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen und Nützlichkeit öffentlicher Dienstleistungen im Hinblick auf die Wirtschafts- und Haushaltskrise

    19.

    weist die Kommission nachdrücklich darauf hin, dass sich die Gebietskörperschaften seit jeher nach Kräften bemühen, die von den Bürgerinnen und Bürgern in den Gemeinden und Regionen geäußerten Bedürfnisse zu erfüllen und deren Entwicklung Rechnung zu tragen, und sie daher in ihrer laufenden Tätigkeit danach streben, öffentliche Mittel im Hinblick auf die Sicherstellung der Qualität, der Verfügbarkeit, der Sicherheit und der Kontinuität der in ihrem Zuständigkeitsgebiet angebotenen öffentlichen Dienstleistungen optimal zu nutzen. Des Weiteren weist er darauf hin, dass es aufgrund der derzeitigen Krise noch dringlicher ist, für Effizienz zu sorgen, wobei die Gebietskörperschaften den Bürgern und Wählern gegenüber dafür die politische Hauptverantwortung tragen;

    20.

    hebt in diesem Zusammenhang hervor, dass die Entwicklung öffentlich-öffentlicher Partnerschaften durch die Bündelung von Mitteln großes Potenzial im Hinblick auf einen effizienteren Einsatz öffentlicher Mittel und eine Modernisierung der öffentlichen Dienstleistungen entsprechend der neuen Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger in den Gemeinden und Regionen birgt;

    21.

    wendet sich gegen die Einbeziehung einer Prüfung der wirtschaftlichen Effizienz eines Ausgleichs für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse durch die Kommission; für eine solche Legislativinitiative bilden nach Auffassung des AdR weder Artikel 106 noch ein Beschluss oder eine einseitige Richtlinie der Kommission auf der Grundlage von Absatz 3 des gegenständlichen Artikels eine ausreichende Rechtsgrundlage;

    22.

    vertritt daher die Auffassung, dass die Bewertung der wirtschaftlichen Effizienz von Ausgleichszahlungen für öffentliche Dienstleistungen auf jeden Fall nur ein Aspekt einer umfassenderen Beurteilung der Qualität öffentlicher Dienstleistungen sein kann, für die rein qualitative Indikatoren (Zugang, Kontinuität des Dienstleistungsangebots, Reaktionsgeschwindigkeit, Kundenzufriedenheit usw.) und nicht nur wirtschaftliche Indikatoren herangezogen werden; zudem ist er der Meinung, dass die Bandbreite der bereitgestellten Dienstleistungen nicht alleine auf der Basis einer solchen Bewertung eingeschränkt werden kann;

    23.

    weist nachdrücklich darauf hin, dass das Mandat der Kommission als Hüterin der EU-Wettbewerbsregeln weder die effiziente Zuweisung öffentlicher Mittel durch die Behörden der Mitgliedstaaten noch die Voraussetzungen für einen wirksamen Beitrag öffentlicher Dienstleistungen zum wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt der Union bzw. zu Wachstum und Beschäftigung umfasst, da diese Aspekte weit über die Anwendung des Prinzips des Verbots jeglicher potenziell für den Binnenmarkt wettbewerbsverzerrender Überkompensierung hinausgehen;

    24.

    weist zudem darauf hin, dass die ausschließlich der Kommission übertragene und unter Aufsicht des Gerichtshofs der EU auszuübende Zuständigkeit sich auf die Überwachung der Vereinbarkeit von Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen beschränkt, die nicht den im Altmark-Urteil festgelegten Kriterien entsprechen und somit unter dem Aspekt des Verbots und der Kontrolle staatlicher Beihilfen zu beurteilen sind;

    Fortführung der laufenden Klärung der Schlüsselbegriffe zur Bewertung von Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen als staatliche Beihilfen

    25.

    zeigt sich erfreut darüber, dass die Kommission mit der Veröffentlichung eines „Arbeitsdokuments der Kommissionsdienststellen“ zu häufig gestellten Fragen (2), des „Leitfadens zur Anwendung der Vorschriften der Europäischen Union über staatliche Beihilfen, öffentliche Aufträge und den Binnenmarkt auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse inklusive Sozialdienstleistungen“ (3) und der Schaffung eines interaktiven Informationssystems über Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (4) bekundet, dass sie eine Fortführung und Formalisierung des bereits seit einigen Jahren laufenden informellen und für sie nicht bindenden Prozesses zur Klärung der Schlüsselbegriffe im Bereich der Anwendung der Bestimmungen über die Kontrolle staatlicher Beihilfen auf öffentliche Dienstleistungen für notwendig erachtet; fordert die Kommission auf, diese Klärung der im Vertrag nicht definierten Schlüsselbegriffe zu formalisieren, und zwar durch einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates und des Europäischen Parlaments auf der Grundlage des Artikels 14 AEUV und nicht durch eine Mitteilung zu Auslegungsfragen, die nur für die Kommission bindend wäre;

    26.

    ist besorgt darüber, dass das Fehlen gesetzlich verankerter Definitionen im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen auf Binnenmarktebene die Europäische Kommission dazu veranlasst, bei Verhandlungen, die im Rahmen des Allgemeinen Übereinkommens über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) geführt werden, von vornherein sämtliche Dienstleistungen einzuschließen, ohne im Mindesten die Besonderheiten von Dienstleistungen, die dem Gemeinwohl dienen, in Betracht zu ziehen;

    27.

    schlägt vor, dass das interaktive Informationssystem über Dienstleistungen von allgemeinem Interesse auch einen Computer-Simulator enthalten sollte, der den Gebietskörperschaften die Überprüfung der Kategorisierung von Beihilfen ermöglicht;

    28.

    ist der Auffassung, dass einer der Gründe dafür, dass die Kommissionsentscheidung aus dem Jahre 2005 von den Gebietskörperschaften nur zögerlich umgesetzt wurde, neben den Transaktionskosten, die sie mit sich bringt, in der Schwierigkeit liegt, die örtlichen Realien in die in dieser Entscheidung verwendeten gemeinschaftlichen Konzepte und Begriffe einzupassen, insbesondere in die operativ wenig tauglichen Begriffe „Tätigkeit wirtschaftlicher Art“, „Unternehmen“, „Beeinträchtigung des Handelsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft“, „wirtschaftlicher Vorteil“, „öffentlicher Auftrag“, „durchschnittliches, gut geführtes und angemessen mit Transportmitteln ausgestattetes Unternehmen“ bzw. „angemessene Rendite“;

    29.

    hebt hervor, dass die praktischen Schwierigkeiten für die Gebietskörperschaften im Zusammenhang mit diesen Begriffen noch dadurch verschärft werden, dass ihre Anwendung auf eine bestimmte Kategorie öffentlicher Dienstleistung nicht einheitlich erfolgt, sondern unmittelbar von organisatorischen Entscheidungen und den Modalitäten für die Vertragsregelung abhängt, wobei diese selbst innerhalb eines Mitgliedstaats von den einzelnen Gebietskörperschaften unterschiedlich gehandhabt wird;

    30.

    fordert die Kommission auf, gleichzeitig mit ihrem Entwurf für eine Überarbeitung der Entscheidung ein ausschließlich der Veranschaulichung dienendes und nicht bindendes EU-Verzeichnis der öffentlichen Dienstleistungen vorzulegen, aus dem hervorginge, wie sie von den Mitgliedstaaten und den Gebietskörperschaften definiert werden; schlägt vor, in dem Verzeichnis, das gemeinsam mit dem Ausschuss der Regionen entwickelt werden könnte, in Abhängigkeit von der gewählten Organisationsform anzugeben, ob es sich um eine Tätigkeit wirtschaftlicher bzw. nichtwirtschaftlicher Art handelt, und dieses Verzeichnis jährlich zu aktualisieren, um anhand konkreter Beispiele zu veranschaulichen, was von den Gebietskörperschaften unter diesen Begriffen zu verstehen ist, und ihnen die objektiven Gründe für eine Klassifizierung als Tätigkeit wirtschaftlicher bzw. nichtwirtschaftlicher Art sowie für laufende Veränderungen dieser Einteilung darzulegen;

    31.

    fordert die Kommission dazu auf, auch die gemeinsamen Werte der Union im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen, wie sie im Vertrag von Lissabon festgeschrieben sind und insbesondere das „hohe[…] Niveau in Bezug auf Qualität, Sicherheit und Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung und Förderung des universellen Zugangs und der Nutzerrechte“ sowie den gemeinsamen Wert der Union, wonach öffentliche Sozialdienstleistungen allgemein zugänglich sein sollen, einer derartigen Begriffsklärung zu unterziehen; bedauert in diesem Zusammenhang die restriktive Haltung, die die Kommission in ihren jüngsten Beschlüssen zur Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen für soziale Wohnbaugesellschaften in immer mehr Mitgliedstaaten gezeigt hat, insbesondere im Falle der Entscheidung zur Wohnraumförderung in den Niederlanden (Nr. E 2/2005 und N 642/2009), in der sie den Grundsatz der sozialen Durchmischung im sozialen Wohnungsbau durch den Verweis auf das alleinige Kriterium äußerst niedriger Einkommensgrenzen infrage stellt; regt die Kommission dazu an, angesichts der anhängigen Rechtsbeschwerde beim Gerichtshof der Europäischen Union ihre Position zu überdenken;

    32.

    vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass es Aufgabe der Mitgliedstaaten und der Gebietskörperschaften ist, die genaue Ausgestaltung der Sozialdienstleistungen sowie die Art und den Inhalt der sich daraus ergebenden Gemeinwohlverpflichtungen festzulegen, und die Kommission daher nicht befugt ist, in die Bedingungen für die Bereitstellung dieser Sozialdienstleistungen an die begünstigten Haushalte und die Festlegung jener Kategorien von Haushalten einzugreifen, deren grundlegende soziale Bedürfnisse nicht vom Markt befriedigt werden;

    33.

    fordert die Kommission dazu auf, bei ihren Überlegungen und Vorschlägen für eine Überarbeitung im Hinblick auf den großen Ermessensspielraum der Gebietskörperschaften bei der Finanzierung öffentlicher Dienstleistungen alle möglichen Formen des Ausgleichs für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen einschließlich des Ausgleichs in Form langfristiger Investitionsbeihilfen zur Finanzierung öffentlicher Infrastrukturprojekte vor Ort (Krankenhäuser, Sozialwohnungen, Heime, Kulturzentren usw.) zu berücksichtigen, in puncto Buchhaltung nicht nur jährliche, im Falle einer Überkompensierung von Jahr zu Jahr übertragbare Betriebssubventionen zuzulassen und die Voraussetzungen für die Beurteilung des Vorliegens einer Überkompensierung bei langfristigen Investitionsbeihilfen insbesondere im Bereich Gebäude- und Grundstückinfrastrukturen festzulegen;

    Trennung der Frage der Vorbeugung und der Kontrolle möglicher Überkompensierungen von der Wahl des Verfahrens zur Auswahl des Dienstleistungsanbieters durch die Vergabebehörde

    34.

    fordert die Kommission dazu auf, die Frage der Vorbeugung, Kontrolle und Rückzahlung eventueller Überkompensierungen, auf die das Prinzip des Verbots staatlicher Beihilfen sowie das Gebot der Wahrung des freien Wettbewerbs anzuwenden ist, von der Frage der Bedingungen für die Vertragsregelung und Auswahl der Dienstleistungsanbieter die von der Vergabebehörde mit der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen betraut werden können, zu trennen, da in dieser Frage - in Abhängigkeit der von der Behörde zu treffenden Wahl der Organisationsform - entweder die allgemeinen EU-Vertragsprinzipien der Nichtdiskriminierung, der Gleichbehandlung und der Transparenz (z.B. bei Dienstleistungskonzessionen oder der Vergabe exklusiver bzw. spezieller Rechte) oder die Bestimmungen der Richtlinie über die Vergabe öffentlicher Aufträge ausschlaggebend sind;

    35.

    bekräftigt erneut, dass die Durchführung einer öffentlichen Ausschreibung zur Auswahl eines oder mehrerer mit der Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung betrauten Unternehmen(s) nur eine der möglichen Vorgehensweisen darstellt, bei der die öffentliche Hand von einem externen Anbieter erbrachte öffentliche Dienstleistungen im Gegenzug für ein Entgelt zukauft, und nicht ausschließlich als Versuch gewertet werden darf, einer Einstufung als staatlicher Beihilfe zu entgehen;

    36.

    fordert die Kommission auf, klarzustellen, dass die Durchführung eines gemeinschaftskonformen Vergabeverfahrens auch immer das Vorliegen einer beihilferechtlich relevanten Überkompensation ausschließt; weist gleichzeitig darauf hin, dass eine Ausschreibung unter Umständen nicht der langfristigen Entwicklung der Nettokosten für die Erbringung der Dienstleistung Rechnung trägt, ist der Preis doch das Ergebnis der Kräfteverhältnisse und der Marktlage zu einem bestimmten Zeitpunkt. In Abhängigkeit von der von den Dienstleistungsanbietern gewählten Strategie zur Durchdringung bestimmter Märkte kann die Preisermittlung durch ein Ausschreibungsverfahren auch zu einer strukturellen Unterkompensierung führen, die längerfristig das Prinzip der Finanzierungskontinuität öffentlicher Dienstleistungen und ihre Erschwinglichkeit gefährden kann;

    37.

    weist darauf hin, dass sich abgesehen von den zusätzlichen Transaktionskosten, die den Gebietskörperschaften durch Ausschreibungsverfahren erwachsen, bestimmte öffentliche Dienstleistungen - aus Gründen der Wandelbarkeit, der finanziellen Kontinuität oder auch im Hinblick auf die Notwendigkeit, Unternehmen im Falle eines ungleichen Informationsstands der Nutzer und Erbringer der Dienstleistung, insbesondere zum Schutz gefährdeter Personen angesichts der erforderlichen Bedienung sozialer Grundbedürfnisse wie Gesundheitsversorgung, Wohnraum oder Beschäftigung, bei der Vergabe spezieller bzw. exklusiver Rechte oder schlicht wegen des mangelnden grenzübergreifenden Interesses an der Erbringung lokaler und sozialer öffentlicher Dienstleistungen im Interesse des Allgemeinwohls ein Genehmigungsverfahren durchlaufen zu lassen -, nicht für ein so unflexibles Verfahren wie das Ausschreibungsverfahren eignen;

    38.

    schlägt der Kommission daher vor, bei der Überarbeitung des Legislativpakets einen Vorschlag für eine Mitteilung zu dessen Rechtsauslegung in Form eines „Werkzeugkastens“ für die Gebietskörperschaften vorzulegen und dabei jeweils das auf die einzelnen Modalitäten für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen anzuwendende Recht anzugeben, wobei der Bogen von der unmittelbaren Ausführung über die Erbringung im Rahmen einer öffentlich-öffentlichen Partnerschaft durch die Bündelung von Mitteln bis hin zu der Erbringung durch eine interne Stelle, dem Zukauf öffentlicher Dienstleistungen von einem externen Anbieter durch die öffentliche Hand im Gegenzug für ein Entgelt, der Übertragung des Betriebsrisikos auf einen externen Anbieter gegen oder auch ohne Entgelt, der Vergabe exklusiver oder spezieller Rechte im Rahmen von Genehmigungsverfahren sowie der finanziellen Unterstützung eines von Organisationen ohne Erwerbszweck initiierten und dem Allgemeinwohl dienenden Projektes reicht;

    39.

    begrüßt, dass der Gerichtshof die Voraussetzungen der unmittelbaren Leistungserbringung und jüngst auch der öffentlich-öffentlichen Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften vereinfacht und geklärt hat, und fordert die Kommission daher auf, eine Änderung der Bestimmungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge vorzuschlagen, um den Begriff der unmittelbaren Dienstleistungserbringung so zu definieren, dass er dem Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung sowie der Notwendigkeit Rechnung trägt, in wirtschaftlich und budgetär schwierigen Zeiten für eine effiziente Nutzung öffentlicher Mittel zu sorgen;

    40.

    weist darauf hin, dass die öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit zwischen den Gebietskörperschaften ein großes Potenzial an ökonomischer Effizienz im Hinblick auf eine optimale Zuweisung öffentlicher Mittel und eine Modernisierung der öffentlichen Dienstleistungen entsprechend den Grundbedürfnissen der örtlichen Bevölkerung birgt;

    41.

    fordert die Kommission dazu auf, die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den Gebietskörperschaften und Einrichtungen öffentlichen Rechts unter Wahrung der Grundsätze der Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union als organisatorische und auf einzelstaatlicher Ebene zu entscheidende Frage zu werten, die nicht den Bestimmungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge unterliegt;

    Ein differenzierter und ausgewogener Umgang mit der Frage der Beeinträchtigung des Handelsaustauschs innerhalb der EU

    42.

    unterstützt die Kommission in ihrer Absicht, den administrativen und finanziellen Aufwand für die Gebietskörperschaften und die mit der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen betrauten Unternehmen hinsichtlich der regelmäßigen Kontrolle von Überkompensierungen - derzeit Voraussetzung für eine Ausnahme von der Meldepflicht sowie die a priori angenommene Vereinbarkeit des Ausgleichs für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen - zu senken;

    43.

    befürwortet die in Übereinstimmung mit dem Vertragsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit von der Kommission vorgeschlagene Vorgehensweise zur Diversifizierung der Modalitäten zur Kontrolle möglicher Überkompensierungen sowie zur umfassenderen Berücksichtigung des ausschließlich lokalen Charakters bestimmter öffentlicher Vor-Ort-Dienstleistungen, insbesondere von Sozialdienstleitungen, die im Hinblick auf den derzeitigen Entwicklungsstand des Binnenmarkts keinerlei bzw. ein sehr geringes Risiko einer Beeinträchtigung des Handelsverkehrs innerhalb der Union bergen; zudem begrüßt er die Absicht der Kommission, sich auf die öffentlichen Dienstleistungen zu konzentrieren, die EU-weit bzw. grenzübergreifend erbracht werden, da sich diese aufgrund der für sie geltenden sektorspezifischen Liberalisierungsrichtlinien bzw. der EU-weiten oder grenzübergreifenden Verflechtungen zwischen den Anbietern dieser Dienstleistungen stärker auf den Binnenmarkt auswirken;

    44.

    vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass zu unterscheiden ist zwischen: 1. „De-minimis“-Ausgleichszahlungen für die Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung, die den Handelsverkehr in der Union nicht beeinträchtigen und somit nicht als staatliche Beihilfen gewertet werden können; 2. Ausgleichszahlungen für lokal erbrachte Dienstleistungen, die zwar über der „De-minimis“-Schwelle liegen, aber aufgrund der Organisationsform und im Hinblick auf den derzeitigen Entwicklungsstand des Binnenmarkts keine den Interessen der Union zuwiderlaufenden Auswirkungen auf den Handelsaustausch innerhalb der Union haben, und 3. Ausgleichszahlungen für andere EU-weit bzw. grenzübergreifend erbrachte öffentliche Dienstleistungen, für die sektorspezifische Richtlinien bzw. Verordnungen gelten bzw. die von international verflochtenen Unternehmen erbracht werden;

    45.

    vertritt überdies die Auffassung, dass weitere objektive Kriterien berücksichtigt werden sollten, die das Risiko einer Beeinträchtigung des Handelsverkehrs innerhalb der Union, einer Wettbewerbsverzerrung oder von Quersubventionierungen a priori ausschließen, wie z.B. der räumlich begrenzte Zuständigkeitsbereich bestimmter Anbieter, die ein Genehmigungsverfahren durchlaufen müssen, die sachlich begrenzte Zuständigkeit bestimmter öffentlicher oder privater Dienstleistungsunternehmen, die eigens zur Erbringung einer bestimmten öffentlichen Dienstleistung in einem bestimmten Gebiet gegründet wurden und keinerlei erwerbsorientierte Tätigkeit auf dem Markt ausüben, oder auch manche Sozialunternehmen ohne Erwerbszweck, die Gewinne in Vorwegnahme künftiger Ausgleichszahlungen ggf. in die Finanzierung der öffentlichen Dienstleistung investieren, mit deren Erbringung sie beauftragt sind. Diese objektiven Charakteristika, die an die Besonderheit des Anbieters und seine Verankerung auf der lokalen Ebene geknüpft sind, schließen jegliche Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung oder Beeinträchtigung des Handelsaustauschs innerhalb der Union aus;

    46.

    fordert die Kommission auf, ihre Entscheidung hinsichtlich der regelmäßigen Kontrolle von Überkompensierungen, die derzeit Voraussetzung für eine Ausnahme von der Meldepflicht für Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen sind, sowie im Hinblick auf die Vermeidung dieser Überkompensierungen zu lockern, den zuständigen Behörden die Verantwortung für die Festlegung der konkreten Modalitäten für die Vorbeugung und die Kontrollintervalle zu übertragen und im Gegenzug die Einspruchsmöglichkeiten für Unternehmen im Falle einer tatsächlichen Überkompensierung zu vereinfachen;

    47.

    ruft zu verstärkter Berücksichtigung der Besonderheiten von auf lokaler Ebene erbrachten öffentlichen Dienstleistungen sowie öffentlichen Sozialdienstleistungen auf, die von den Gebietskörperschaften in einem relativ bescheidenen und begrenzten Umfang bereitgestellt werden, sodass der Handel zwischen den EU-Mitgliedstaaten davon unberührt bleibt; fordert, dass diese öffentlichen Dienstleistungen angesichts ihres örtlich begrenzten Charakters von den Bestimmungen über staatliche Beihilfen ausgenommen und dafür vereinfachte Verfahren und Regelungen erarbeitet werden, insbesondere im Falle der isoliertesten und abgelegensten Gebiete, z.B. der Regionen in äußerster Randlage, Insel- und Berggebiete; ist dabei der Meinung, dass die Prüfung dieses Wesensmerkmals sich nicht nur auf das Kriterium der Einwohnerzahl der betreffenden Gebietskörperschaft beziehen darf, sondern auf einer Reihe von Indikatoren basieren sollte, bei denen insbesondere die geografische Lage einer Gebietskörperschaft und der potenzielle Nutzerkreis der betreffenden öffentlichen Dienstleistungen in Betracht gezogen werden;

    48.

    weist darauf hin, dass die ersten beiden im Altmark-Urteil angeführten Kriterien, d.h. das Erfordernis, den Auftrag zur Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung, mit dem das begünstigte Unternehmen betraut ist, klar zu definieren und zuvor objektiv und transparent die Parameter aufzustellen, anhand deren die Ausgleichszahlungen berechnet werden – die Gebietskörperschaften zwingen, sich um eine klare Definition der Aufträge zur Erbringung öffentlicher Dienstleistungen zu bemühen; gibt zu bedenken, dass die Anforderungen an den Betrauungsakt keine unerwünschten Umsatzsteuerpflichten der Gebietskörperschaften auslösen dürfen, regt daher an, die Kriterien mit den Vorschriften der europäischen Mehrwertsteuerrichtlinie in Einklang zu bringen;

    49.

    ist der Auffassung, dass dieser Aufwand, solange er angemessen ist und nicht über ein vernünftiges Ausmaß hinausgeht, keine übermäßige Verwaltungslast für die Behörden und die Unternehmen mit sich bringt und nicht dem Erfordernis der Anpassbarkeit öffentlicher Dienstleistungen an die Entwicklung der gesellschaftlichen Bedürfnisse zuwiderläuft, nur zu größerer Transparenz und zu mehr demokratischem Verantwortungsgefühl bei der Verwaltung der öffentlichen Dienstleistungen beitragen kann; schlägt der Kommission vor, alle ihre Entscheidungen bezüglich des Ausgleichs für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen in Übereinstimmung mit dem im Vertrag verankerten Grundsatz der Transparenz und im Hinblick auf die Notwendigkeit, öffentliche Dienstleistungen für die Bürgerinnen und Bürger leichter fassbar zu machen, an den Abschluss eines „Vertrags über öffentliche Dienstleistungen“ zu knüpfen, der an die Stelle des derzeit erforderlichen, für die Gebietskörperschaften und die Bürger jedoch recht unklaren „öffentlichen Auftrags“ treten würde;

    Konstruktive und ausgewogene Vorschläge zur Gewährleistung der Entwicklung der öffentlichen Dienstleistungen in der Europäischen Union unter Wahrung der Vertragsgrundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz sowie unter Sicherstellung der Rechtssicherheit für die Behörden, die mit der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen betrauten Unternehmen und die Bürgerinnen und Bürger, für die diese Dienstleistungen bestimmt sind

    50.

    beabsichtigt, der Kommission konkrete, konstruktive und ausgewogene, auf die Vertragsgrundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz gestützte Vorschläge zur Vereinfachung und Klärung der derzeit geltenden Bestimmungen vorzulegen und im Hinblick auf Rechts- und Planungssicherheit für deren wirksame Umsetzung durch die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu sorgen;

    51.

    schlägt der Kommission vor, den Schwellenwert der „De-minimis“-Verordnung (5) in Höhe von 200 000 EUR auf drei Jahre, unter dem öffentliche Subventionen nicht als staatliche Beihilfen gewertet werden, für Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gezielt auf 800 000 EUR (6) jährlich anzuheben, um alle von lokalen Vereinigungen bzw. örtlichen sozialwirtschaftlichen Kleinstunternehmen auf lokaler Ebene erbrachten öffentlichen Dienstleistungen im Sozialbereich (soziale Integration, Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung, Stadtteilarbeit, Initiativen in den Bereichen Kultur, Sport, Soziales und Bildung usw.) von den Bestimmungen bezüglich der Kontrolle staatlicher Beihilfen auszunehmen. Dieser Vorschlag gründet darin, dass derartige auf lokaler Ebene erbrachte Dienstleistungen kein Risiko einer Beeinträchtigung des Handelsverkehrs innerhalb der Union bergen und es den Gebietskörperschaften in der Praxis unmöglich ist, die Anbieter dieser lokalen Dienstleistungen den überaus engmaschigen Genehmigungsverfahren für staatliche Beihilfen zu unterwerfen;

    52.

    schlägt der Kommission vor, ausgehend vom angesichts des derzeitigen Entwicklungsstands des Binnenmarkts sehr geringen Risiko einer Beeinträchtigung des Handelsverkehrs innerhalb der Union für Ausgleichszahlungen von über 800 000 EUR pro Jahr, die die Gebietskörperschaften an mit der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen auf lokaler Ebene betraute Unternehmen einschließlich Sozialdienstleistungen leisten, eine neue vereinfachte Regelung zu treffen, bei der a priori von einer Vereinbarkeit mit den Bestimmungen über staatliche Beihilfen ausgegangen würde, wobei sich das geringe Risiko einer Beeinträchtigung des Handelsverkehrs innerhalb der Union sowohl aus dem rein lokalen Charakter der öffentlichen Dienstleistung als auch aus ihrer sektorspezifischen Organisationsform und insbesondere aus den Charakteristika ihrer Anbieter ergibt, die nur lokal und nicht EU-weit oder grenzübergreifend tätig sind;

    53.

    ist der Ansicht, dass die folgenden objektiven Kriterien für die Anwendung der vereinfachten Entscheidung herangezogen werden sollten, weil sie angesichts des derzeitigen Entwicklungsstands des Binnenmarkts ein sehr geringes Risiko einer Beeinträchtigung des Handelsverkehrs innerhalb der Union gewährleisten: Die Ausgleichszahlung wird von einer lokalen und/oder territorialen Gebietskörperschaft, einem Verbund von lokalen und/oder territorialen Gebietskörperschaften oder von einer Einrichtung geleistet, die von einer lokalen und/oder territorialen Gebietskörperschaft damit beauftragt wurde; die Ausgleichszahlung wird für die Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung mit regionaler bzw. lokaler Dimension geleistet, die nur in einem festgelegten Gebiet erbracht wird und der Befriedigung der Bedürfnisse der örtlichen Bevölkerung dient; die Ausgleichszahlung wird an Unternehmen geleistet, die rechtlich oder tatsächlich einen auf das Gebiet der Erbringung der öffentlichen Dienstleistung begrenzten Zuständigkeitsbereich haben oder ausschließlich öffentliche Dienstleistungen erbringen und keiner anderen erwerbsorientierten Wirtschaftstätigkeit nachgehen, die eigens zur Befriedigung dieser Grundbedürfnisse gegründet wurden bzw. im Vorgriff auf künftige Kompensierungen ihre Gewinne aus der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen ggf. in die Finanzierung dieser öffentlichen Dienstleistungen investieren;

    54.

    schlägt vor, in der vereinfachten Entscheidung über eine a priori angenommene Vereinbarkeit von Ausgleichszahlungen für öffentliche Dienstleistungen mit lokaler und/oder regionaler Dimension in Übereinstimmung mit den Vertragsgrundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit die Gebietskörperschaften, die die Ausgleichszahlungen leisten, damit zu beauftragen, sämtliche Maßnahmen zur Vermeidung, Kontrolle und Rückzahlung einer möglichen Überkompensierung zu ergreifen, da eine Vermeidung von Überkompensierungen in deren ureigenen Interesse liegt; im Gegenzug sollten die Einspruchsverfahren im Falle einer Überkompensierung vereinfacht werden;

    55.

    schlägt vor, in Bezug auf EU-weit bzw. grenzübergreifend erbrachte Dienstleistungen, die Richtlinien bzw. Verordnungen der EU unterliegen (nach dem Vorbild der Verordnung über öffentliche Dienstleistungen im Schienen- und Straßenverkehr (7) sowie für die anderen öffentlichen Dienstleistungen, die nicht EU-Recht unterliegen, aber auch die in der neuen vereinfachten Entscheidung festgelegten Kriterien nicht erfüllen, insbesondere weil es EU-weite bzw. grenzübergreifende Verflechtungen der Anbieter dieser Dienstleistungen gibt, die Fragen der Vereinbarkeit von Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen, der Höhe der Nettokosten für ihre Erbringung, der Effizienz der Anbieter sowie einer möglichen Kontrolle der angemessenen Gewinne sektorspezifisch und nicht auf horizontaler Ebene zu regeln, um den Besonderheiten der einzelnen öffentlichen Dienstleistungen Rechnung zu tragen, und darüber im Mitentscheidungsverfahren zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat zu beschließen. Bis zur Überarbeitung der geltenden Richtlinien bzw. Verordnungen und der Verabschiedung neuer sektorspezifischer Richtlinien bzw. Verordnungen muss der derzeitige EU-Rechtsrahmen unter Berücksichtigung der vorgeschlagenen Vereinfachungen hinsichtlich der De-minimis-Ausgleichszahlungen für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen und der Überarbeitung der Entscheidung über die a priori angenommene Vereinbarkeit von Ausgleichszahlungen für öffentliche Dienstleistungen mit lokaler Dimension bestehen bleiben;

    56.

    schlägt der Kommission vor, die Anwendung des im Vertrag verankerten Prinzips der Transparenz sowie der Bestimmungen von Artikel 14 und Artikel 106 Absatz 2 des AEUV zu gewährleisten durch, einerseits, die Schaffung eines „Vertrags über öffentliche Dienstleistungen“ (8), d.h. eines offiziellen Aktes, in dem 1) anerkannt wird, dass der vom Anbieter ausgeführte Auftrag im Allgemeinwohl liegt und unter Artikel 14 und Artikel 106 Absatz 2 AEUV sowie unter Artikel 2 des Protokolls Nr. 26 fällt; 2) die Art der sich aus dem Vertrag ergebenden Aufgaben sowie das betreffende Gebiet und 3) die Parameter zur Berechnung der geleisteten Ausgleichszahlung für die Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung angegeben werden, sowie, andererseits, durch die Veröffentlichung dieses „Vertrags über öffentliche Dienstleistungen“ in einem eigens zu diesem Zweck geschaffenen Verzeichnis im Amtsblatt der Europäischen Union.

    Brüssel, den 1. Juli 2011

    Die Präsidentin des Ausschusses der Regionen

    Mercedes BRESSO


    (1)  Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte. Für eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft - 50 Vorschläge, um gemeinsam besser zu arbeiten, zu unternehmen und Handel zu treiben; KOM(2010) 608 endg.

    (2)  Häufig gestellte Fragen zu der Entscheidung der Kommission vom 28. November 2005 über die Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 EG-Vertrag auf staatliche Beihilfen, die bestimmten mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betrauten Unternehmen als Ausgleich gewährt werden sowie zu der Anwendung des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen, die als Ausgleich für die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen gewährt werden. Begleitdokument SEK(2007) 1514 zu der Mitteilung „Ein Binnenmarkt für das Europa des 21. Jahrhunderts“ Dienstleistungen von allgemeinem Interesse unter Einschluss von Sozialdienstleistungen: Europas neues Engagement (KOM(2007 725 endg.).

    (3)  SEK(2010) 1545 vom 7. Dezember 2010.

    (4)  http://ec.europa.eu/services_general_interest/index_de.htm.

    (5)  Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf „De-minimis“-Beihilfen.

    (6)  Entspricht den durchschnittlichen Nettokosten für die Erbringung einer öffentlichen Dienstleistung auf lokaler Ebene exklusive des angemessenen Gewinns einer Vereinigung mit 20 bis 25 Beschäftigten.

    (7)  Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates.

    (8)  Im Sinne der vorgenannten Verordnung EG 1370/2007.


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