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Document 52010AE0105
Opinion of the European Economic and Social Committee on the ‘Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions on agricultural product quality policy’ COM(2009) 234 final
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse“ KOM(2009) 234 endg.
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse“ KOM(2009) 234 endg.
ABl. C 339 vom 14.12.2010, p. 45–48
(BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
14.12.2010 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 339/45 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse“
KOM(2009) 234 endg.
(2010/C 339/10)
Berichterstatter: József KAPUVÁRI
Die Europäische Kommission beschloss am 28. Mai 2009, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:
„Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse“
KOM(2009) 234 endg.
Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Landwirtschaft, ländliche Entwicklung, Umweltschutz nahm ihre Stellungnahme am 9. Dezember 2009 an.
Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 459. Plenartagung am 20./21. Januar 2010 (Sitzung vom 20. Januar) mit 145 Ja-Stimmen bei 5 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1 Die große und stets wachsende Zahl von Zertifizierungssystemen ist im Hinblick auf die Ziele der Qualitätspolitik der Europäischen Union nicht hilfreich. Vor diesem Hintergrund sollte nicht nur eine Harmonisierung und Vereinfachung der bestehenden Systeme, sondern auch ihre zahlenmäßige Reduzierung angestrebt werden. Der EWSA schlägt vor, ein System zu bestimmen, dem auf Gemeinschaftsebene Vorrang gegeben wird. Die Kommission sollte das System bestimmen, das sich zu diesem Zweck am besten eignet.
1.2 Die Qualitätspolitik der Europäischen Union ist ein Schlüsselelement, das aus mehreren Teilen besteht und ein äußerst komplexes System darstellt. Da die Qualitätspolitik mit allen anderen Elementen, Instrumenten und Zielen der Gemeinsamen Agrarpolitik in Zusammenhang steht, müssen auch diese Aspekte mitberücksichtigt werden. Die drei wichtigsten Themen, die im Rahmen der Entwicklung einer Qualitätspolitik zu behandeln sind (Information, Kohärenz und Vereinfachung), geben diesen Ansatz nur im engeren Sinne wider. Nach Meinung des EWSA sollte sich die Kommission darum bemühen, das Potenzial der Qualitätspolitik entsprechend ihren Vorstellungen bezüglich einer langfristigen Strategie und Politik für den Agrar- und Lebensmittelsektor der EU zu nutzen. Das Instrument der Qualitätspolitik könnte noch effizienter genutzt werden, um neue Einkommensquellen zu erschließen und Landwirten neue Möglichkeiten zur Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit an die Hand zu geben. Zugleich bestehen in diesem Bereich beträchtliche Möglichkeiten zur Entwicklung einer internen Zusammenarbeit innerhalb der Nahrungsmittelerzeugungskette. Angesichts der Tatsache, dass sich die strategischen Partner aufgrund der ungleichen Einkommensverteilung in der Nahrungsmittelerzeugungskette in immer stärkerem Maße als Gegner betrachten, besteht ein großer Bedarf an einer solchen Zusammenarbeit. Dies trifft insbesondere auf Länder und Branchen zu, in denen die Verarbeitung nicht in der Hand der Erzeuger liegt.
1.3 Am 18. September 2008 verabschiedete der EWSA eine Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel (1). In dieser Stellungnahme dringt der EWSA unter anderem darauf, die Angabe des Ursprungs der Lebensmittel und Erstverarbeitungserzeugnisse sowie - auf der Grundlage einer Fall-zu-Fall-Bewertung der Zweitverarbeitungserzeugnisse - der wichtigsten für die Verarbeitung des Produkts verwendeten Zutaten zwingend vorzuschreiben.
1.4 Je mehr Verbraucher sich langfristig bewusst für EU-Produkte entscheiden, desto besser vorhersehbar wird die Zukunft der europäischen Landwirtschaft und Lebensmittelbranche. Im Hinblick auf den Prozess der Marktöffnung in Zusammenhang mit den WTO-Verhandlungen ist dieser Aspekt einer der wichtigsten Faktoren für die Landwirtschaft der EU, wenn nicht gar der wichtigste überhaupt. Bei der Anpassung der Qualitätspolitik für Erzeugnisse der Landwirtschaft und des Lebensmittelsektors sollte dies berücksichtigt werden.
1.5 In diesem Zusammenhang ist es sehr wichtig zu klären, was die Verbraucher unter guter „europäischer Qualität“ verstehen. Zu diesem Zweck wäre es sinnvoll, anhand eines professionell erarbeiteten Fragebogens eine Umfrage durchzuführen, die als Basis für die Festlegung allgemeiner Grundsätze dienen könnte.
1.6 Der EWSA ist der Auffassung, dass „europäische Qualität“ in hohem Maße auf das europäische Landwirtschaftsmodell zurückzuführen ist. Das europäische Landwirtschaftsmodell ist Ausdruck einer Politik, die grundlegende Fragen der Gesellschaft insgesamt berührt. Der EWSA unterstützt eine Politik, die dieses europäische Agrarmodell bewahren und erhalten will (2). Der EWSA fordert im Hinblick auf gleiche Wettbewerbsbedingungen für die europäische Landwirtschaft eine angemessene Reform der GAP.
2. Allgemeine Bemerkungen
2.1 Die EU-Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse muss nicht nur zur Erreichung der Ziele der GAP beitragen, sondern auch durch die Schaffung der Voraussetzungen für Nahrungsmittel von „europäischer Qualität“ bei der nachhaltigen Entwicklung der europäischen Landwirtschaft und Nahrungsmittelwirtschaft eine zentrale Rolle spielen. Hierzu genügt es nicht, einfach in stärkerem Maße das Bewusstsein für eine solche „europäische Qualität“ innerhalb des Binnenmarktes zu wecken, sondern auch auf außereuropäischen Märkten muss dieses Bewusstsein gestärkt werden, wenn die europäische Landwirtschaft und die Lebensmittelindustrie erhalten und ausgebaut werden sollen.
2.2 Dies beinhaltet weit mehr als die Verbraucher genau über die Produkte und die Herstellungsverfahren zu informieren. Je mehr Verbraucher sich langfristig bewusst für EU-Produkte entscheiden, desto besser vorhersehbar wird die Zukunft der europäischen Landwirtschaft und Lebensmittelbranche. Im Hinblick auf den Prozess der Marktöffnung in Zusammenhang mit den WTO-Verhandlungen ist dieser Aspekt einer der wichtigsten Faktoren für die Landwirtschaft der EU, wenn nicht gar der wichtigste überhaupt. Bei der Anpassung der Qualitätspolitik für Erzeugnisse der Landwirtschaft und der Nahrungsmittelwirtschaft sollte dies berücksichtigt werden. Die Werte, die dem europäischen Agrarmodell zugrunde liegen, sollten außerhalb der EU stärker gefördert werden.
2.3 In diesem Zusammenhang ist es sehr wichtig zu klären, was die Verbraucher unter guter „europäischer Qualität“ verstehen. Zu diesem Zweck wäre es sinnvoll, anhand eines professionell erarbeiteten Fragebogens eine Umfrage durchzuführen, die zur Festlegung allgemeiner Grundsätze dienen könnte.
2.4 Wie bereits erwähnt ist es in diesem Zusammenhang sehr wichtig zu klären, was die Verbraucher unter guter „europäischer Qualität“ verstehen. Eigenschaften, die sich nicht in Zahlen ausdrücken lassen, können gleichberechtigt neben anderen Merkmalen von Lebensmitteln gelten und einen Teil der Qualitätspolitik bilden. Der EWSA betrachtet „europäische Qualität“ in einem breiteren Sinne. Der Begriff umfasst sowohl umweltfreundliche Herstellung als auch Beachtung der Tierschutzvorschriften, nachhaltige Herstellungsmethoden und Erhaltung der ländlichen Gebiete.
2.5 Die Bevorzugung qualitativ hochwertiger Lebensmittel, die in der EU hergestellt wurden, ist ein grundlegendes Prinzip der EU, das allerdings in letzter Zeit etwas vernachlässigt worden ist. Für Erzeugnisse der Agrar- und Lebensmittelindustrie ist eine Präferenz für Produkte, die innerhalb der EU erzeugt wurden, insofern besonders wichtig, als es sich um strategische Produkte handelt, die - unter der Voraussetzung, dass die Herstellungsbedingungen erhalten und verbessert werden - in den Bürgern Vertrauen wecken und deren Wohlbefinden entscheidend mitbestimmen. Angesichts der ungleichen Einkommensverteilung innerhalb der Nahrungsmittelerzeugungskette in Verbindung mit sinkender Rentabilität und der daraus resultierenden Gefährdung der Lebensmittelqualität und des Nährwertes ist dieses Thema von besonderer Aktualität. Das Thema steht auch bei mehreren EU-Gremien auf der Tagesordnung und steht in engem Zusammenhang mit der Qualitätspolitik, bzw. genauer gesagt, einer vielschichtigen Annäherung an eine solche Politik (3).
3. Besondere Bemerkungen
3.1 Derzeitige Maßnahmen im Rahmen einer Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse
3.1.1 Wie aus der Mitteilung hervorgeht, besteht eines der großen Ziele der Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse darin, die Verbraucher über die Produktmerkmale zu informieren. Nach Ansicht des Ausschusses gehen die europäischen Verbraucher davon aus, dass Nahrungsmittel, die in EU-Mitgliedstaaten hergestellt wurden, grundlegende Anforderungen erfüllen, sie sind sich aber nicht über die anderen wertvollen Eigenschaften dieser Lebensmittel im Klaren. Laut der Mitteilung erklärt sich diese Situation daraus, dass die Qualitätspolitik nur nach und nach, branchenweise, über einen längeren Zeitraum und in unterschiedlichem Maße entwickelt wurde. Einige Maßnahmen sind in der Öffentlichkeit nicht genügend bekannt gemacht bzw. nicht transparent genug vermittelt worden.
3.1.2 Der EWSA befürwortet und unterstützt Bemühungen zur Schaffung eines einheitlichen Systems aus verschiedenen Instrumenten und zur Entwicklung einer entsprechenden umfassenden Politik. Erforderlich ist nicht nur eine größere Wirksamkeit, sondern auch, dass die Verbraucher die Preise, die mit einer derartigen Herstellungsweise verbunden sind, als gerechtfertigt akzeptieren und dass sie solchen Produkten den Vorzug geben.
3.2 Entwicklung der Politik
3.2.1 Der EWSA stellt zufrieden fest, dass die Konsultationen der Kommission in Zusammenhang mit der Qualitätspolitik sehr umfassend waren und dass alle Interessengruppen in die Erstellung von strategischen Leitlinien zur weiteren Entwicklung einbezogen werden konnten.
3.2.2 Der Ausschuss sieht ebenfalls Information, Kohärenz und Vereinfachung als die drei obersten strategischen Prioritäten an. Mit der Entwicklung der Politik muss ein Beitrag zu Vereinfachung und Transparenz geleistet werden; mindestens ebenso wichtig ist es aber auch sicherzustellen, dass allen an der Nahrungsmittelerzeugungskette Beteiligten und vor allem den Verbrauchern die notwendigen Informationen zur Verfügung stehen.
3.2.3 Bei der Konzipierung einer diesbezüglichen Politik sollte man sich darum bemühen, die Kosten in Zusammenhang mit der Qualitätspolitik zu reduzieren und die sich für die Hersteller und die verarbeitende Branche ergebenden Kosten in Maßen zu halten.
3.2.4 Am 18. September hat der EWSA eine Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel verabschiedet (1). In dieser Stellungnahme dringt der EWSA unter anderem darauf, die Angabe des Ursprungs der Lebensmittel und Erstverarbeitungserzeugnisse sowie - auf der Grundlage einer Fall-zu-Fall-Bewertung der Zweitverarbeitungserzeugnisse - der wichtigsten für die Verarbeitung des Produkts verwendeten Zutaten zwingend vorzuschreiben.
Andererseits ist der EWSA der Ansicht, dass die Herkunftsangabe keine zusätzlichen Kosten in der Nahrungsmittelkette verursachen, einen Wettbewerbsvorteil für die Erzeuger darstellen und die Anforderungen der Durchsetzbarkeit erfüllen sollte. Die Frage, ob die derzeitige obligatorische Ursprungsangabe, wie etwa auf frischem Rindfleisch, einen zusätzlichen Nutzen für die Verbraucher hat, ist nicht unumstritten.
3.3 EU-Maßnahmen zur Qualität von Agrarerzeugnissen
3.3.1 Auflagen für die Landwirtschaft der EU
3.3.1.1 Unter dem Gesichtspunkt der Qualitätspolitik für Agrarerzeugnisse ist das System eines Anforderungskatalogs für die Erzeugung ein wichtiges Instrument. Das System zeichnet sich unter anderem durch die Komplexität der Auflagen aus. Vor diesem Hintergrund und angesichts der mangelnden allgemeinen Bekanntheit dieser Auflagen kann nicht erwartet werden, dass Verbraucher umfassend über sie informiert sind. Zudem handelt es sich bei den Nahrungsmitteln, die den Produktionsauflagen gemäß hergestellt wurden, in der Regel um Ausgangsstoffe, mit denen die Verbraucher vielfach gar nicht direkt in Berührung kommen.
Drittens müssen alle Landwirte die Produktionsauflagen der EU einhalten. Hierin besteht der Unterschied zu der Mehrzahl der importierten Erzeugnisse, Die Einhaltung aller ökologischen und sozialen Anforderungen (als notwendige Voraussetzung für Direktzahlungen, die so genannte Auflagenbindung) wird einer Kontrolle unterzogen; für Verbraucher ist diese Information jedoch weniger relevant. Das System der Produktionsauflagen ist wichtig; seine Einhaltung muss im Hinblick auf die Sicherstellung qualitativ hochwertiger Lebensmittel gefördert werden. Als Instrument zur Informierung von Verbrauchern ist das System jedoch weniger von Bedeutung.
3.3.1.2 Der EWSA stimmt der Auffassung zu, dass Produkte, die innerhalb der EU hergestellt wurden, in der Regel grundlegenden Anforderungen genügen. Die regelkonforme Erzeugung muss daher nicht mehr eigens erwähnt werden. Die zu diesem Zweck entwickelten einschlägigen Kontrollsysteme funktionieren gut. Den europäischen Verbrauchern sollte in Erinnerung gebracht werden, dass dies der Normalfall ist.
3.3.2 Vermarktungsnormen
3.3.2.1 Vermarktungsnormen sind meistens technischer Natur; sofern sich der EWSA in der im folgenden Abschnitt ausführlich besprochenen Stellungnahme noch nicht dazu geäußert hat, sind Vermarktungsnormen kaum Gegenstand von Anmerkungen des Ausschusses. Alle betroffenen Kreise hatten während der umfassenden Konsultation Gelegenheit, diesbezüglich ihre Meinung zu äußern.
Der Ausschuss möchte jedoch darauf hinweisen, dass das im vorangehenden Abschnitt erwähnte Siegel „EU-Auflagen“ insofern kein angemessenes Mittel der Kommunikation mit den Verbrauchern ist, als es auf nahezu alle Erzeugnisse Anwendung finden und daher den Verbrauchern nicht mehr zu bewussten Entscheidungen verhelfen würde. Andererseits kann eine Kennzeichnung des Erzeugungsorts, die Ursprungsangabe spezifische Informationen über ein Produkt zur Verfügung stellen und zum Kauf anregen. Bei verarbeiteten Produkten sind Informationen über den Ort der Erzeugung des wichtigsten agrarischen Ausgangsstoffes für Verbraucher insofern relevant, als der Erzeugungsort den Pluspunkt der Herstellung in der EU ausmacht. Produkte dieser Art konnten sogar während der Wirtschaftskrise sowohl hinsichtlich des Umfangs als auch hinsichtlich des Preises ihre Marktstellung behaupten.
3.3.2.2 Der EWSA unterstützt die Umsetzung der Regulierungsvorhaben, die in diesem Kapitel der Mitteilung enthalten sind. Alle Informationen und Normen müssen die tatsächlichen Gegebenheiten wiedergeben und das Vertrauen der Verbraucher in die Erzeugnisse wecken.
3.3.3 Geografische Angaben
3.3.3.1 2008 hat der EWSA dieses Thema in seiner Initiativstellungnahme „Geografische Angaben und Ursprungsbezeichnungen“ (4) erörtert. Der Ausschuss hält an der in dieser Stellungnahme geäußerten Position fest und ist der Meinung, dass das Dokument als Anhang zu der vorliegenden Stellungnahme in Betracht gezogen werden sollte.
3.3.3.2 Die Einführung eines Systems der geographischen Angaben hat sich als erfolgreiche Initiative bewährt, die sowohl den Verbrauchern als auch den erzeugenden/verarbeitenden Betrieben zugutekommt. Aus diesem Grund ist der Ausschuss der Ansicht, dass die drei Systeme für die Eintragung von geographischen Angaben (für Weinbauerzeugnisse, Spirituosen, Agrarprodukte und Lebensmittel) ebenso wie die beiden anderen bestehenden Instrumente (die geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.) und die geschützte geografische Angabe (g. g. A.)) in ihrer derzeitigen Form beibehalten werden sollten.
3.3.3.3 Der Ausschuss befürwortet insbesondere autorisierende Unternehmen, die das Recht haben, Produkte mit einer geografischen Angabe herzustellen und entsprechende Kontrollen durchzuführen. Durch Maßnahmen über die erklärten Ziele hinaus, könnte ein höheres Maß an Zusammenarbeit erzielt und somit ein Beitrag zu mehr Effizienz bei Herstellung und Marketing geleistet werden. Dies könnte zur Folge haben, dass Unternehmen, die diese Vorschriften nicht einhalten, von der Produktion ausgeschlossen werden. Der EWSA ist der Meinung, dass die EU-Vorschriften geändert werden und die Mitgliedstaaten den Organisationen, die sie zum Management, Schutz und/oder zur Förderung von geografischen Angaben bestimmen oder anerkennen, ermöglichen sollten, ihr Produktionspotenzial nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit und Diskriminierungsfreiheit an die Erfordernisse des Marktes anzupassen. Somit kann auch eine bessere Verteilung des Mehrwertes innerhalb der Lebensmittelversorgungskette erzielt werden.
3.3.3.4 Der Schutz der geografischen Angaben auf internationaler Ebene ist nach wie vor schwierig. Für die europäische Landwirtschaft ist deshalb die Unterstützung seitens der Europäischen Kommission, die ein wichtiger Partner bei internationalen Handelsverhandlungen ist, von großer Bedeutung.
3.3.4 Traditionelle Spezialitäten
3.3.4.1 Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die Ideen zur Entwicklung eines Systems für traditionelle Spezialitäten noch weiter ausgearbeitet werden müssten. Ein solches System sollte als ein Instrument zum Schutz der europäischen Landwirtschafts- und Lebensmitteltraditionen beibehalten werden.
3.3.4.2 Der Ausschuss ist jedoch der Auffassung, dass die Kategorie „traditionelle Spezialitäten“ genauer definiert werden müsste. Im Falle von Nahrungsmitteln zeichnen sich traditionelle Spezialitäten durch die Verwendung traditioneller Ausgangsstoffe sowie die Anwendung traditioneller Technologien und Zutaten im Herstellungsverfahren aus. Der qualitative Unterschied zu herkömmlichen Erzeugnissen ergibt sich aus der spezifischen Herstellungsmethode (lokales Know-how). Bei lokalen Erzeugnissen können diese Faktoren nicht von der örtlichen Umgebung getrennt betrachtet werden. Darum wäre es zutreffender, solche Erzeugnisse als „traditionelle und lokale Spezialitäten“ zu bezeichnen.
3.3.4.3 Dieser Begriff bringt die Weitergabe (Tradition) von Kenntnissen bestimmter Herstellungsmethoden auf der Grundlage von Wissen und Erfahrung lokaler Gemeinschaften (lokaler Charakter) über einen längeren Zeitraum hinweg (von einer Generation zur nächsten) zum Ausdruck. Das Merkmal „traditionelle und lokale Spezialitäten“ umfasst somit sowohl eine zeitliche (historische) als auch (durch die geographischen Ortsangabe) eine räumliche Dimension. In Traditionen kommt zudem auch die Alltagskultur der lokalen Gemeinschaften zum Ausdruck. Kultur ist somit der dritte Aspekt des Kennzeichens „traditionelle und lokale Spezialitäten“. In der oben erwähnten Stellungnahme des EWSA wird diese Frage eingehend erörtert und hervorgehoben, dass Qualitätspolitik und die Entwicklung des ländlichen Raums, der zweite Pfeiler der GAP, eng miteinander verknüpft sind.
3.3.5 Ökologische/biologische Landwirtschaft
3.3.5.1 Durch die Einführung eines einheitlichen Logos für ökologische Erzeugnisse auf europäischer Ebene könnte vermieden werden, dass Bio-Landwirte mehrere Verfahren zur Teilnahme an verschiedenen Systemen durchlaufen müssen und sich die sich daraus ergebenden Kosten auf die Preise dieser spezifischen Produkte niederschlagen. Auch für die Verbraucher wäre dies bei solchen Produkten eine Orientierungshilfe.
3.3.5.2 Der EWSA unterstützt die in der Mitteilung der Kommission genannten Bemühungen in dieser Richtung.
4. Entwicklung eines EU-Rahmens zur Qualitätspolitik
4.1 Kohärenz neuer EU-Regelungen
4.1.1 Herstellungsmethoden, die den Mehrwert steigern und eine Anhebung des Niveaus der „europäischen Qualität“ ermöglichen, rechtfertigen die Entwicklung eines angemessenen Kennzeichnungssystems durch die EU. Der EWSA begrüßt daher alle Initiativen dieser Art.
4.2 Leitlinien für private und staatliche Regelungen zur Qualitätszertifizierung von Nahrungsmitteln
4.2.1 Als einzige Maßnahme in Zusammenhang mit diesen in der EU angewandten Regelungen sollten Leitlinien herausgegeben werden.
4.2.2 Die Einführung von privaten Qualitätszertifizierungssystemen für Nahrungsmittel darf auf keinen Fall zu höheren Herstellungskosten und/oder höherer Besteuerung führen. Eine Zertifizierung durch staatliche Stellen nach europäischen Vorschriften und Regelungen oder auf jeden Fall in Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Stellen ist nach Ansicht des EWSA jedoch vorzuziehen.
Brüssel, den 20. Januar 2010
Der Präsident des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Mario SEPI
(1) ABl. C 77 vom 31.3.2009, S. 81.
(2) ABl. C 368 vom 20.12.1999, S. 76-86.
(3) Siehe die „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen - Die Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette in Europa verbessern“, 28.10.2009, KOM(2009) 591.
(4) ABl. C 204 vom 9.8.2008, S. 57.