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Document 52008IP0521

Sicherheitsmaßnahmen im Flugverkehr und BodyscannerEntschließung des Europäischen Parlaments vom 23. Oktober 2008 zu den Auswirkungen der Sicherheitsmaßnahmen im Flugverkehr und von Ganzkörperscannern auf die Menschenrechte, die Privatsphäre, die persönliche Würde und den Datenschut

ABl. C 15E vom 21.1.2010, p. 71–72 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

21.1.2010   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

CE 15/71


Donnerstag, 23. Oktober 2008
Sicherheitsmaßnahmen im Flugverkehr und Bodyscanner

P6_TA(2008)0521

Entschließung des Europäischen Parlaments vom 23. Oktober 2008 zu den Auswirkungen der Sicherheitsmaßnahmen im Flugverkehr und von Ganzkörperscannern auf die Menschenrechte, die Privatsphäre, die persönliche Würde und den Datenschutz

2010/C 15 E/14

Das Europäische Parlament,

unter Hinweis auf die Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Artikel 6 des EU-Vertrags, Artikel 80 Absatz 2 des EG-Vertrags sowie die Verordnung (EG) Nr. 300/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2008 über gemeinsame Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt (1),

gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A.

in der Erwägung, dass die Kommission den Entwurf einer Verordnung der Kommission über die Ergänzung der gemeinsamen Grundstandards über die Sicherheit in der Zivilluftfahrt vorgelegt hat, mit der in die Reihe der zulässigen Methoden der Personenkontrolle auf Flughäfen der Europäischen Union der Einsatz von sogenannten Ganzkörperscannern aufgenommen wird, d. h. von Maschinen, die gescannte Bilder von Personen herstellen und diese dabei so darstellen, als seien sie nackt, was einer virtuellen Leibesvisitation gleichkommt,

B.

in der Erwägung, dass Ganzkörperscanner unter Umständen eine der technischen Lösungen sind, die notwendig sind, um ein hohes Sicherheitsniveau auf europäischen Flughäfen beizubehalten,

C.

in der Erwägung, dass ein europäischer Rahmen, der die Rechte europäischer Fluggäste im Falle des Einsatzes von Ganzkörperscannern garantiert, entscheidend ist, um zu verhindern, dass auf jedem Flughafen unterschiedliche Regelungen angewendet werden,

D.

in der Erwägung, dass bei diesem Entwurf einer Maßnahme bei weitem nicht nur der technische Aspekt relevant ist, sondern dass er auch beträchtliche Auswirkungen auf die Privatsphäre, das Recht auf Datenschutz und das Recht auf persönliche Würde hat und deshalb von umfassenden und angemessenen Garantien begleitet werden muss,

E.

in der Erwägung, dass die Kommission diesen Entwurf einer Maßnahme keiner Folgenabschätzung hinsichtlich der Grundrechte, wie sie in der Mitteilung der Kommission vom 27. April 2005 über die Berücksichtigung der Charta der Grundrechte in den Rechtsetzungsvorschlägen der Kommission (KOM(2005)0172) verlangt wird, unterzogen hat; in der Erwägung, dass sie auch weder den Europäischen Datenschutzbeauftragten, wie dies in Artikel 28 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (2) verlangt wird, noch die Artikel-29-Datenschutzgruppe oder die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte konsultiert hat; in der Erwägung, dass auch keine Untersuchungen über die möglichen Auswirkungen solcher Geräte auf die menschliche Gesundheit durchgeführt worden sind,

F.

in der Erwägung, dass aus den oben genannten Gründen Zweifel hinsichtlich der Rechtfertigung dieser Maßnahme sowie deren Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit in einer demokratischen Gesellschaft aufkommen,

G.

in der Erwägung, dass diesem Entwurf einer Maßnahme, bei dem es um Methoden der Personenkontrolle geht und der nach dem Regelungsverfahren mit Kontrolle (Komitologie) geprüft wird, Durchführungsbestimmungen zu Vorschriften und Verfahren für die Personenkontrolle folgen werden, über die im Rahmen von Verfahren entschieden wird, bei denen das Parlament so gut wie keine Befugnisse hat,

H.

in der Erwägung, dass keine umfassendere, transparente und offene Diskussion unter Einbeziehung von Fluggästen, beteiligten Akteuren und Einrichtungen auf EU-Ebene oder einzelstaatlicher Ebene über dieses äußerst heikle Thema, das die Grundrechte der Bürger berührt, gefördert wurde,

I.

in der Erwägung, dass im Luftverkehr effektive Sicherheit gewährleistet sein muss,

J.

in der Erwägung, dass die Entscheidung der Kommission, das Verbot von Flüssigkeiten bis spätestens April 2010 schrittweise aufzuheben, einen positiven Schritt nach vorne darstellt,

1.

vertritt die Auffassung, dass die Voraussetzungen noch nicht erfüllt sind, um eine Entscheidung zu treffen, da wesentliche Informationen immer noch nicht vorliegen, und fordert die Kommission auf, vor Ablauf der Dreimonatsfrist

eine Folgenabschätzung hinsichtlich der Grundrechte durchzuführen,

den Europäischen Datenschutzbeauftragten, die Artikel-29-Datenschutzgruppe und die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte zu konsultieren,

eine wissenschaftliche und medizinische Bewertung der möglichen Auswirkungen solcher Technologien auf die Gesundheit durchzuführen,

eine Bewertung der Auswirkungen auf Wirtschaft und Handel sowie eine Kosten-Nutzen-Analyse vorzunehmen;

2.

ist der Ansicht, dass dieser Entwurf einer Maßnahme die Durchführungsbefugnisse, die in dem Basisrechtsakt vorgesehen sind, überschreiten könnte, da die in Frage stehenden Maßnahmen nicht als rein technische Maßnahmen im Bereich der Luftfahrtsicherheit angesehen werden können, sondern beträchtliche Auswirkungen auf die Grundrechte der Bürger haben;

3.

vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, dass bei allen Maßnahmen im Bereich der Luftfahrtsicherheit, darunter auch beim Einsatz von Ganzkörperscannern, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wie er in einer demokratischen Gesellschaft gerechtfertigt und notwendig ist, beachtet werden sollte, und fordert deshalb den Europäischen Datenschutzbeauftragten, die Artikel-29-Datenschutzgruppe und die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte eindringlich auf, bis spätestens Anfang November 2008 eine Stellungnahme zu Ganzkörperscannern abzugeben;

4.

behält sich das Recht vor, die Vereinbarkeit solcher Maßnahmen mit den Menschenrechten und Grundfreiheiten von den Juristischen Diensten der Europäischen Union prüfen zu lassen und die notwendigen Follow-up-Maßnahmen zu ergreifen;

5.

beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten zu übermitteln.


(1)  ABl. L 97 vom 9.4.2008, S. 72.

(2)  ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.


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