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Document 52009XX0923(02)

    Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zweck der effektiven Anwendung der Verordnung (EG) Nr. […/…] (zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist) (KOM(2008) 825)

    ABl. C 229 vom 23.9.2009, p. 6–11 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

    23.9.2009   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 229/6


    Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung von „Eurodac“ für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zweck der effektiven Anwendung der Verordnung (EG) Nr. […/…] (zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist) (KOM(2008) 825)

    2009/C 229/02

    DER EUROPÄISCHE DATENSCHUTZBEAUFTRAGTE —

    gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 286,

    gestützt auf die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 8,

    gestützt auf die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (1),

    gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (2), insbesondere auf Artikel 41 ,

    in Anbetracht des am 3. Dezember 2008 eingegangenen Ersuchens der Kommission um Stellungnahme nach Artikel 28 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr.45/2001 —

    HAT FOLGENDE STELLUNGNAHME ANGENOMMEN:

    I.   EINLEITUNG

    Konsultation des EDSB

    1.

    Der Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung von „Eurodac“ für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zweck der effektiven Anwendung der Verordnung (EG) Nr. […/…] zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (nachstehend „Vorschlag“ oder „Kommissionsvorschlag“) wurde dem EDSB von der Kommission am 3. Dezember 2008 zwecks Konsultation gemäß Artikel 28 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 übermittelt. Diese Stellungnahme sollte im Einleitungsteil der Verordnung ausdrücklich genannt werden.

    2.

    Wie in der Begründung erwähnt, hat der EDSB bereits in einer früheren Phase einen Beitrag zu diesem Vorschlag geleistet, und viele Punkte, die er informell angesprochen hatte, wurden in der endgültigen Fassung des Kommissionsvorschlags berücksichtigt.

    Hintergrund des Vorschlags

    3.

    Die Verordnung (EG) Nr. 2725/2000 des Rates (3) über die Einrichtung von „Eurodac“ (nachstehend „Eurodac-Verordnung“) ist am 15. Dezember 2000 in Kraft getreten. Das gemeinschaftsweite informationstechnische System EURODAC wurde eingeführt, um die Anwendung des Dubliner Übereinkommens zu erleichtern, durch das ein klares und durchführbares Verfahren zur Bestimmung der Zuständigkeit für die Prüfung von in einem EU-Mitgliedstaat gestellten Asylanträgen festgelegt werden sollte. Das Dubliner Übereinkommen wurde später durch einen Rechtsakt der Gemeinschaft ersetzt, nämlich durch die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (4) (nachstehend „Dublin-Verordnung“ (5). Eurodac wurde am 15. Januar 2003 in Betrieb genommen.

    4.

    Der Vorschlag dient der Überarbeitung der Eurodac-Verordnung und ihrer Durchführungsverordnung, der Verordnung (EG) Nr. 407/2002 des Rates, und stellt u. a. darauf ab,

    die Wirksamkeit der Eurodac-Verordnung zu erhöhen,

    die Kohärenz des seit der Annahme der obengenannten Verordnung entstandenen Asyl-Besitzstands zu gewährleisten,

    einige Bestimmungen unter Berücksichtigung faktischer Änderungen, die seit der Annahme der Verordnung eingetreten sind, zu aktualisieren,

    einen neuen Managementrahmen einzuführen.

    5.

    Es sollte auch hervorgehoben werden, dass eines der Hauptziele des Vorschlags darin besteht, die Achtung der Grundrechte und speziell den Schutz personenbezogener Daten besser zu gewährleisten. In dieser Stellungnahme wird analysiert, ob die Bestimmungen des Vorschlags diesem Ziel in angemessener Weise entsprechen.

    6.

    Der Vorschlag trägt den Ergebnissen des Berichts der Kommission von Juni 2007 zur Bewertung des Dubliner Systems (nachstehend „Bewertungsbericht“) Rechnung, der sich über die ersten drei Jahre der Anwendung von Eurodac (2003—2005) erstreckt.

    7.

    In dem Bewertungsbericht der Kommission wird anerkannt, dass das durch die Verordnung eingeführte System in den Mitgliedstaaten insgesamt zufriedenstellend umgesetzt wurde, zugleich werden aber bestimmte Probleme bezüglich der Wirksamkeit der derzeitigen Bestimmungen genannt und aufgezeigt, welche Aspekte angegangen werden müssen, um das Eurodac-System zu verbessern und die Anwendung der Dublin-Verordnung zu erleichtern. Insbesondere wird in dem Bewertungsbericht festgestellt, dass einige Mitgliedstaaten die Fingerabdruckdaten nach wie vor verspätet übermitteln. Die Eurodac-Verordnung sieht derzeit nur eine sehr vage Frist für die Übermittlung der Fingerabdruckdaten vor, was in der Praxis erhebliche Verzögerungen verursachen kann. Dies ist ein entscheidender Punkt für die Wirksamkeit des Systems, da eine zu späte Übermittlung dazu führen kann, dass gegen die in der Dublin-Verordnung niedergelegten Grundsätze für die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verstoßen wird.

    8.

    Ferner wird in dem Bewertungsbericht herausgestellt, dass ein wirksames Verfahren zur gegenseitigen Unterrichtung der Mitgliedstaaten über den Status eines Asylbewerbers fehlt, was zur Folge hat, dass das Löschen von Daten vielfach ineffizient gehandhabt wird. Die Mitgliedstaaten, die die Daten einer bestimmten Person eingegeben haben, sind häufig nicht darüber informiert, dass ein anderer Herkunftsmitgliedstaat die Daten gelöscht hat, und dass sie daher ihrerseits die Daten über dieselbe Person löschen sollten. Somit kann die Einhaltung des Grundsatzes, dass „Daten in einer Form, die die Identifizierung der betreffenden Personen ermöglicht, nicht länger aufbewahrt werden dürfen, als es zu dem Zweck, zu dem sie erhoben wurden, erforderlich ist“, nicht angemessen gewährleistet werden.

    9.

    Außerdem behindert laut dem Bewertungsbericht eine ungenaue Benennung der nationalen Behörden, die Zugriff auf EURODAC haben, die Aufsichtstätigkeit der Kommission und des Europäischen Datenschutzbeauftragten.

    Schwerpunkt der Stellungnahme

    10.

    Aufgrund seiner derzeitigen Funktion als Aufsichtsbehörde für Eurodac ist der EDSB besonders interessiert an dem Kommissionsvorschlag und dem positiven Ergebnis der Überarbeitung des Eurodac-Systems insgesamt.

    11.

    Der EDSB stellt fest, dass der Vorschlag verschiedene Aspekte der Grundrechte von Asylbewerbern betrifft, z. B. das Recht auf Asyl, das Recht auf Informationen im weiteren Sinne und das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten. Angesichts der Aufgabe des EDSB wird sich diese Stellungnahme jedoch hauptsächlich auf die in der überarbeiteten Verordnung behandelten Datenschutzbelange konzentrieren. In diesem Zusammenhang begrüßt der EDSB, dass in dem Vorschlag der Achtung und dem Schutz personenbezogener Daten beträchtliche Aufmerksamkeit gewidmet wird. Er möchte bei dieser Gelegenheit hervorheben, dass die Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für personenbezogene Daten und dessen wirksamere Umsetzung in die Praxis als eine wesentliche Voraussetzung für die Verbesserung der Arbeitsweise von Eurodac angesehen werden sollten.

    12.

    In dieser Stellungnahme werden hauptsächlich die folgenden Änderungen des Textes behandelt, da sie unter dem Blickwinkel des Schutzes personenbezogener Daten die größte Relevanz besitzen:

    die Aufsicht durch den EDSB, einschließlich in den Fällen, in denen die Verwaltung des Systems teilweise einer anderen juristischen Person (z. B. einem Privatunternehmen) übertragen wird,

    das Verfahren zur Erfassung von Fingerabdruckdaten, einschließlich der Festlegung von Altersgrenzen,

    die Rechte der betroffenen Personen.

    II.   ALLGEMEINE BEMERKUNGEN

    13.

    Der EDSB begrüßt, dass bei dem Vorschlag Kohärenz mit anderen Rechtsakten betreffend die Errichtung und/oder die Nutzung umfangreicher IT-Systeme angestrebt wurde. Insbesondere stehen die gemeinsame Zuständigkeit für die Datenbank sowie die Art und Weise, wie das Aufsichtsverfahren in dem Vorschlag formuliert wurde, im Einklang mit den Rechtsakten über die Errichtung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) und des Visa-Informationssystems (VIS).

    14.

    Der EDSB stellt die Übereinstimmung des Vorschlags mit der Richtlinie 95/46/EG und der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 fest. Dabei begrüßt er vor allem die neuen Erwägungsgründe 17, 18 und 19, aus denen hervorgeht, dass die Richtlinie 95/46/EG und die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Mitgliedstaaten bzw. die beteiligten Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft im Rahmen der vorgeschlagenen Verordnung Anwendung finden.

    15.

    Schließlich macht der EDSB darauf aufmerksam, dass auch zwischen der Eurodac-Verordnung und der Dublin-Verordnung umfassende Kohärenz gewährleistet sein muss, und er nutzt diese Stellungnahme, um sich hierzu genauer zu äußern. Er stellt jedoch fest, dass dieses Thema teilweise bereits in dem Vorschlag behandelt wurde, z. B. in der Begründung, in der es heißt: „Für die Kohärenz mit der Dublin-Verordnung (und für den Datenschutz, insbesondere die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes) wird durch die Angleichung des Zeitraums der Aufbewahrung von Daten über Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, deren Fingerabdrücke beim illegalen Überschreiten einer Außengrenze abgenommen wurden, mit dem Zeitraum gesorgt, bis zu dem nach Artikel 14 Absatz 1 der Dublin-Verordnung die Zuständigkeit aufgrund dieser Information zugewiesen wird (d. h. ein Jahr).“

    III.   SPEZIFISCHE BEMERKUNGEN

    III.1.   Aufsicht durch den Europäischen Datenschutzbeauftragten

    16.

    Der EDBS begrüßt die in dem Vorschlag enthaltene Aufsichtsregelung sowie die konkreten Aufgaben, die ihm durch Artikel 25 und 26 übertragen werden. Artikel 25 überträgt dem EDSB zwei Aufsichtsfunktionen:

    Der EDSB „überwacht, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Verwaltungsbehörde im Einklang mit dieser Verordnung erfolgt“ (Artikel 25 Absatz 1) und

    er „trägt dafür Sorge, dass mindestens alle vier Jahre die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Verwaltungsbehörde nach den internationalen Prüfungsgrundsätzen überprüft wird“.

    In Artikel 26 wird die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Kontrollbehörden und dem Europäischen Datenschutzbeauftragten behandelt.

    17.

    Der EDSB stellt ferner fest, dass der Vorschlag einen ähnlichen Ansatz vorsieht, wie er für SIS II und VIS gewählt wurde, nämlich eine abgestufte Aufsicht, bei der die nationalen Datenschutzbehörden und der EDSB jeweils die einzelstaatliche bzw. die EU-Ebene überwachen und zwischen beiden Ebenen ein System der Zusammenarbeit besteht. Die in dem Vorschlag enthaltene Kooperationsregelung spiegelt die gängige Praxis wider, die sich als wirksam erwiesen und eine enge Zusammenarbeit zwischen dem EDSB und den nationalen Datenschutzbehörden begünstigt hat. Daher begrüßt der EDSB, dass sie in dem Vorschlag förmlich festgelegt wird und dass der Gesetzgeber damit die Kohärenz mit den Aufsichtssystemen für andere umfangreiche IT-Systeme gewährleistet hat.

    III.2.   Weitervergabe

    18.

    Der EDSB stellt fest, dass in dem Vorschlag das Thema der Weitervergabe eines Teils der Kommissionsaufgaben an andere Organisationen oder Einrichtungen (z. B. Privatunternehmen) nicht behandelt wird. Dabei wird die Weitervergabe von der Kommission bei der Verwaltung und der Entwicklung sowohl des Systems als auch der Kommunikationsinfrastruktur häufig genutzt. Wenngleich die Weitervergabe an sich nicht im Widerspruch zu den Datenschutzanforderungen steht, sollten wesentliche Garantien eingeführt werden, um sicherzustellen, dass sich die Weitervergabe von Tätigkeiten in keiner Weise auf die Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 45/2001, einschließlich der Datenschutzaufsicht durch den EDSB, auswirkt. Außerdem sollten zusätzliche Garantien mit eher technischem Charakter eingeführt werden.

    19.

    In dieser Hinsicht empfiehlt der EDSB, dass im Zuge der Überarbeitung der Eurodac-Verordnung ähnliche rechtliche Garantien wie in den Rechtsakten zu SIS II vorgesehen werden, durch die präzisiert wird, dass, selbst wenn die Kommission eine andere Behörde mit der Verwaltung des Systems betraut, „sich dies nicht nachteilig auf die nach dem Recht der Europäischen Union geltenden Kontrollmechanismen — sei es des Gerichtshofs, des Rechnungshofs oder des Europäischen Datenschutzbeauftragten — auswirkt“ (Artikel 15 Absatz 7 SIS II-Beschluss und -Verordnung).

    20.

    Noch konkreter sind die Bestimmungen in Artikel 47 der SIS II-Verordnung, in dem es heißt: „Überträgt die Kommission ihre Zuständigkeiten (…) einer oder mehreren anderen Stellen, so gewährleistet sie, dass der Europäische Datenschutzbeauftragte das Recht und die Möglichkeit hat, seinen Aufgaben uneingeschränkt nachzukommen, einschließlich Überprüfungen vor Ort vorzunehmen und von sonstigen Befugnissen Gebrauch zu machen, die ihm aufgrund von Artikel 47 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 übertragen wurden.“

    21.

    Die obengenannten Bestimmungen sorgen für die nötige Klarheit darüber, welche Folgen die Weitervergabe eines Teils der Kommissionsaufgaben an andere Behörden hat. Der EDSB empfiehlt daher, dass in den Kommissionsvorschlag Bestimmungen aufgenommen werden, die auf die gleiche Wirkung abzielen.

    III.3.   Verfahren zur Erfassung von Fingerabdruckdaten (Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 6)

    22.

    Artikel 3 Absatz 5 des Vorschlags regelt das Verfahren zur Erfassung von Fingerabdruckdaten. Er besagt: „Das Verfahren zur Erfassung von Fingerabdruckdaten wird gemäß den innerstaatlichen Gepflogenheiten des betreffenden Mitgliedstaats und unter Beachtung der in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, in der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und im Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes verankerten Schutzklauseln festgelegt und angewandt.“ In Artikel 6 des Vorschlags ist festgelegt, dass das Mindestalter für die Abnahme von Fingerabdrücken 14 Jahre beträgt und dass die Abnahme der Fingerabdrücke innerhalb von 48 Stunden, nachdem der Antrag gestellt wurde, zu erfolgen hat.

    23.

    Zunächst betont der EDSB mit Blick auf die Altersgrenze, dass die Kohärenz des Vorschlags mit der Dublin-Verordnung gewährleistet sein muss. Das EURODAC-System wurde geschaffen, um die wirksame Anwendung der Dublin-Verordnung sicherzustellen. Das bedeutet, dass, wenn sich das Ergebnis der laufenden Überarbeitung der Dublin-Verordnung auf deren Anwendung auf minderjährige Asylbewerber auswirkt, dies auch in der EURODAC-Verordnung zum Ausdruck kommen müsste (6).

    24.

    Zweitens möchte der EDSB zur Festlegung der Altersgrenze für die Abnahme von Fingerabdrücken im Allgemeinen anmerken, dass die derzeit verfügbare Dokumentation nahelegt, dass die Genauigkeit der Fingerabdruckidentifizierung mit zunehmendem Alter abnimmt. Daher ist es ratsam, die im Rahmen der Umsetzung des VIS erstellte Studie über die Abnahme von Fingerabdrücken aufmerksam zu verfolgen. Ohne den Ergebnissen der Studie vorgreifen zu wollen, möchte der EDSB bereits an dieser Stelle hervorheben, dass es wichtig ist, immer wenn die Abnahme von Fingerabdrücken sich als unmöglich erweist oder unzuverlässige Ergebnisse erbringen würde, auf Ausweichverfahren zurückzugreifen, bei denen die Würde der betroffenen Person uneingeschränkt geachtet wird.

    25.

    Drittens nimmt der EDSB die Anstrengungen zu Kenntnis, die der Gesetzgeber unternommen hat, um sicherzustellen, dass die Bestimmungen zur Abnahme von Fingerabdrücken den internationalen und europäischen Anforderungen im Bereich der Menschenrechte entsprechen. Trotzdem möchte er darauf aufmerksam machen, dass es in mehreren Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Alters junger Asylbewerber gibt. Sehr oft besitzen Asylbewerber oder illegale Einwanderer keine Ausweispapiere, und um festzustellen, ob Fingerabdrücke abzunehmen sind, muss ihr Alter bestimmt werden. Die hierfür eingesetzten Methoden sorgen in verschiedenen Mitgliedstaaten für zahlreiche Diskussionen.

    26.

    In diesem Zusammenhang weist der EDSB darauf hin, dass die Koordinierungsgruppe für die Aufsicht über Eurodac (7) eine koordinierte Inspektion zu dieser Frage eingeleitet hat, deren Ergebnis — das im ersten Halbjahr 2009 vorliegen soll — die Festlegung gemeinsamer Verfahren auf diesem Gebiet erleichtern dürfte.

    27.

    Abschließend möchte der EDSB zu diesem Thema anmerken, dass die Verfahren für die Erfassung von Fingerabdrücken auf EU-Ebene besser koordiniert und möglichst weitgehend harmonisiert werden müssen.

    III.4.   Beste verfügbare Techniken (Artikel 4)

    28.

    In Artikel 4 Absatz 1 des Vorschlags heißt es: „Nach einer Übergangszeit ist eine aus dem Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union finanzierte Verwaltungsbehörde für das Betriebsmanagement des Eurodac zuständig. Die Verwaltungsbehörde gewährleistet in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten, dass vorbehaltlich einer Kosten-Nutzen-Analyse jederzeit die beste verfügbare Technologie für das Zentralsystem zum Einsatz kommt.“ Der EDSB begrüßt zwar die in Artikel 4 Absatz 1 festgelegte Anforderung, möchte aber darauf aufmerksam machen, dass der Ausdruck „beste verfügbare Technologie“ in der obengenannten Bestimmung durch den Ausdruck „beste verfügbare Techniken“ ersetzt werden sollte, denn dieser bezeichnet sowohl die verwendete Technologie als auch die Art und Weise, wie die Anlage konzipiert, errichtet, unterhalten und betrieben wird.

    III.5.   Vorzeitige Löschung der Daten (Artikel 9)

    29.

    In Artikel 9 Absatz 1 des Vorschlags wird die Frage der vorzeitigen Löschung von Daten behandelt. Mit dieser Bestimmung wird der Herkunftsmitgliedstaat verpflichtet, „Daten über Personen, die vor Ablauf des in Artikel 8 genannten Zeitraums die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats erworben haben“, im Zentralsystem zu löschen, sobald der Herkunftsmitgliedstaat Kenntnis davon erhält, dass die betreffende Person diese Staatsangehörigkeit erworben hat. Der EDSB begrüßt die Pflicht zur Löschung der Daten, da sie dem Grundsatz der Datenqualität entspricht. Außerdem bietet nach Ansicht des EDSB die Überarbeitung dieser Bestimmung die Möglichkeit, die Mitgliedstaaten zur Einführung von Verfahren anzuhalten, die eine zuverlässige und rechtzeitige (möglichst automatische) Löschung der Daten gewährleisten, wenn eine Person die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats erwirbt.

    30.

    Außerdem möchte der EDSB darauf aufmerksam machen, dass Artikel 9 Absatz 2 über die vorzeitige Löschung umformuliert werden sollte, da der vorgeschlagene Wortlaut unklar ist. Als stilistische Anmerkung empfiehlt der EDSB, in der englischen Fassung der Bestimmung das Wort „it“ durch „they“ zu ersetzen.

    III.6.   Aufbewahrungsfrist für Daten von Drittstaatsangehörigen, die beim illegalen Überschreiten einer Außengrenze aufgegriffen wurden (Artikel 12)

    31.

    In Artikel 12 des Vorschlags wird die Aufbewahrung der Daten behandelt. Der EDSB stellt fest, dass die Festlegung einer Aufbewahrungsfrist für die Daten von einem Jahr (anstelle von zwei Jahren wie in der derzeitigen Fassung der Verordnung) eine gute Anwendung des Grundsatzes der Datenqualität darstellt, wonach Daten nicht länger aufbewahrt werden sollten als es für den Zweck, zu dem sie verarbeitet werden, erforderlich ist. Das ist eine begrüßenswerte Verbesserung des Textes.

    III.7.   Liste der Behörden, die Zugriff auf Eurodac haben (Artikel 20)

    32.

    Die Bestimmung, wonach die Verwaltungsbehörde die Liste der Behörden, die Zugriff auf Eurodac haben, zu veröffentlichen hat, ist begrüßenswert. Dies wird zu mehr Transparenz beitragen und ein praktisches Hilfsmittel für eine bessere Überwachung des Systems, z. B. durch die nationalen Datenschutzbehörden, an die Hand geben.

    III.8.   Aufzeichnungen (Artikel 21)

    33.

    Artikel 21 des Vorschlags betrifft die Protokollierung aller Datenverarbeitungsvorgänge im Zentralsystem. Artikel 21 Absatz 2 besagt, dass diese Aufzeichnungen nur für die datenschutzrechtliche Kontrolle der Zulässigkeit der Datenverarbeitung (…) verwendet werden dürfen. Hier könnte präzisiert werden, dass auch Maßnahmen der Eigenkontrolle einschlossen sind.

    III.9.   Rechte der betroffenen Personen (Artikel 23)

    34.

    In Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe e des Vorschlags heißt es:

    „Der Herkunftsmitgliedstaat unterrichtet die unter diese Verordnung fallenden Personen (…) über

    e)

    ihr Recht, Auskunft über sie betreffende Daten zu erhalten und zu beantragen, dass sie betreffende unrichtige Daten korrigiert werden oder sie betreffende unrechtmäßig gespeicherte Daten gelöscht werden, einschließlich des Rechts, Informationen über die Verfahren zur Ausübung dieser Rechte und die Kontaktdaten der nationalen Kontrollbehörden nach Artikel 25 Absatz 1 zu erhalten, die Beschwerden hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten entgegennehmen.“

    35.

    Der EDSB weist darauf hin, dass die tatsächliche Verwirklichung des Rechts auf Information entscheidend für das ordnungsgemäße Funktionieren von Eurodac ist. Insbesondere muss unbedingt sichergestellt werden, dass die Informationen so erteilt werden, dass der Asylbewerber seine Situation sowie den Umfang seiner Rechte, einschließlich der Verfahrensschritte, die er als Reaktion auf ihn betreffende Verwaltungsentscheidungen einleiten kann, in vollem Umfang versteht.

    36.

    In Bezug auf die praktischen Aspekte der Verwirklichung des Rechts möchte der EDSB betonen, dass zwar tatsächlich die nationalen Datenschutzbehörden für die Entgegennahme von Beschwerden hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten zuständig sind, der Wortlaut des Vorschlags aber nicht verhindern sollte, dass ein Asylbewerber (die betroffene Person) seine Beschwerde zunächst an den für die Verarbeitung Verantwortlichen richtet. Die Bestimmung in Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe e in ihrer derzeitigen Fassung scheint zu bedeuten, dass ein Asylbewerber sein Ersuchen — direkt und auf jedem Fall — an die nationale Datenschutzbehörde richten müsste, während nach dem Standardverfahren und der Praxis in den Mitgliedstaaten Asylbewerber ihre Beschwerde zunächst bei dem für die Verarbeitung Verantwortlichen vorbringen.

    37.

    Der EDSB empfiehlt außerdem, Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe e umzuformulieren, um die Rechte der Asylbewerber zu präzisieren. Der vorgeschlagene Wortlaut ist unklar, da er so ausgelegt werden kann, dass „das Recht, Informationen über die Verfahren zur Ausübung dieser Rechte (…) zu erhalten“ als Teil des Rechts auf Auskunft über Daten und/oder des Rechts, die Korrektur unrichtiger Daten zu beantragen, betrachtet wird. Außerdem müssen die Mitgliedstaaten nach dem derzeitigen Wortlaut dieser Bestimmung die unter diese Verordnung fallenden Personen nicht über den Inhalt ihrer Rechte, sondern lediglich über deren „Existenz“ unterrichten (8). Da letzteres eine Formulierungsfrage sein dürfte, schlägt der EDSB vor, Artikel 23 Absatz 1 Buchstabe e wie folgt umzuformulieren:

    „Der Herkunftsmitgliedstaat unterrichtet die unter diese Verordnung fallenden Personen (…) über

    e)

    das Recht, Auskunft über sie betreffende Daten zu erhalten und zu beantragen, dass sie betreffende unrichtige Daten berichtigt werden oder sie betreffende unrechtmäßig verarbeitete Daten gelöscht werden, sowie Informationen über die Verfahren zur Ausübung dieser Rechte, einschließlich der Kontaktdaten der nationalen Kontrollbehörde nach Artikel 25 Absatz 1 zu erhalten.“

    38.

    Im gleichen Sinne sollte Artikel 23 Absatz 10 folgende Fassung erhalten: „In jedem Mitgliedstaat unterstützt gegebenenfalls (oder: auf Ersuchen der betroffenen Person) die nationale Kontrollbehörde gemäß Artikel 28 Absatz 4 der Richtlinie 95/46/EG die betroffene Person bei der Wahrnehmung ihrer Rechte.“ Auch hier möchte der EDSB darauf hinweisen, dass ein Eingreifen der nationalen Datenschutzbehörde im Prinzip nicht erforderlich sein dürfte; hingegen sollte der für die Verarbeitung Verantwortliche angehalten werden, angemessen auf die Beschwerden der betroffenen Personen zu antworten. Das Gleiche gilt, wenn eine Zusammenarbeit zwischen Behörden verschiedener Mitgliedstaaten erforderlich ist. Die für die Verarbeitung Verantwortlichen sollten vorrangig für die Behandlung von Ersuchen zuständig sein und dabei zusammenarbeiten.

    39.

    Was Artikel 23 Absatz 9 anbelangt, so begrüßt der EDSB nicht nur den eigentlichen Zweck dieser Bestimmung (in der — wie von den Datenschutzbehörden in ihrem ersten Bericht über koordinierte Inspektionen empfohlen — die Kontrolle der Anwendung „spezieller Abfragen“ vorgesehen ist), sondern er nimmt auch mit Zufriedenheit das hierfür vorgeschlagene Verfahren zur Kenntnis.

    40.

    Was die Verfahren zur Unterrichtung der Asylbewerber anbelangt, so verweist der EDSB auf die Arbeit der Koordinierungsgruppe für die Aufsicht über Eurodac. Diese Gruppe prüft derzeit diese Frage im Rahmen von Eurodac, um entsprechende Leitlinien vorzuschlagen, sobald die Ergebnisse der einzelstaatlichen Untersuchungen bekannt und zusammengefasst sind.

    IV.   SCHLUSSFOLGERUNGEN

    41.

    Der EDSB unterstützt den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Einrichtung von „Eurodac“ für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zweck der effektiven Anwendung der Verordnung (EG) Nr. […/…] zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist.

    42.

    Der EDSB begrüßt die in dem Vorschlag vorgeschlagene Aufsichtsregelung sowie die Rolle und die Aufgaben, die ihm in dem neuen System übertragen werden. Die geplante Regelung spiegelt die gängige Praxis wider, die sich als wirksam erwiesen hat.

    43.

    Der EDSB stellt fest, dass bei dem Vorschlag Kohärenz mit anderen Rechtsakten betreffend die Errichtung und/oder die Nutzung umfangreicher IT-Systeme angestrebt wurde.

    44.

    Der EDSB begrüßt, dass in dem Vorschlag der Achtung der Grundrechte und besonders dem Schutz personenbezogener Daten große Aufmerksamkeit gewidmet wird. Wie bereits in der Stellungnahme zur Überarbeitung der Dublin-Verordnung erwähnt, betrachtet der EDSB diesen Ansatz als eine wesentliche Voraussetzung für die Verbesserung der Asylverfahren in der Europäischen Union.

    45.

    Der EDSB weist darauf hin, dass die Kohärenz zwischen der Eurodac- und der Dublin-Verordnung im vollen Umfang gewährleistet sein muss.

    46.

    Der EDSB hält eine bessere Koordinierung und Harmonisierung der Verfahren zur Abnahme von Fingerabdrücken — sei es von Asylbewerbern oder anderen Personen, für die das Eurodac-Verfahren gilt — auf EU-Ebene für erforderlich. Er weist insbesondere auf die Frage der Altersgrenzen für die Abnahme von Fingerabdrücken hin, vor allem auf die in mehreren Mitgliedstaaten auftretenden Schwierigkeiten bei der Bestimmung des Alters junger Asylbewerber.

    47.

    Der EDSB besteht auf einer Präzisierung der Bestimmungen zu den Rechten der betroffenen Personen und unterstreicht insbesondere, dass die für die Verarbeitung Verantwortlichen in den Mitgliedstaaten vorrangig dafür zuständig sind, die Anwendung dieser Rechte zu gewährleisten.

    Geschehen zu Brüssel am 18. Februar 2009.

    Peter HUSTINX

    Europäischer Datenschutzbeauftragter


    (1)  ABl. L 281 vom 23.11.1995, S. 31.

    (2)  ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1.

    (3)  ABl. L 316 vom 15.12.2000, S. 1.

    (4)  ABl. L 50 vom 25.2.2003, S. 1.

    (5)  Die Dublin-Verordnung wird derzeit ebenfalls überarbeitet (KOM(2008) 820 endgültig), 3.12.2008 (Neufassung). Der EDSB hat auch zu dem Dublin-Vorschlag Stellung genommen.

    (6)  In diesem Zusammenhang weist der EDSB darauf hin, dass in dem Kommissionsvorschlag zur Überarbeitung der Dublin-Verordnung vom 3. Dezember 2008 (KOM(2008) 820 endgültig) der Ausdruck „Minderjähriger“„einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen unter 18 Jahren“ bezeichnet.

    (7)  Für Erläuterungen zu der Arbeit und dem Status dieser Gruppe siehe: http://www.edps.europa.eu/EDPSWEB/edps/site/mySite/pid/79. Die Gruppe übt eine koordinierte Aufsicht über das Eurodac-System aus.

    (8)  Anm. d. Ü.: Dieser Hinweis betrifft die englische Fassung, in der es ursprünglich heißt: „e) the existence of the right of access to data relating to them (…)“


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