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Document 62008TN0443

Rechtssache T-443/08: Klage, eingereicht am 6. Oktober 2008 — Freistaat Sachsen und Land Sachsen-Anhalt/Kommission

ABl. C 327 vom 20.12.2008, p. 35–36 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)

20.12.2008   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 327/35


Klage, eingereicht am 6. Oktober 2008 — Freistaat Sachsen und Land Sachsen-Anhalt/Kommission

(Rechtssache T-443/08)

(2008/C 327/63)

Verfahrenssprache: Deutsch

Parteien

Kläger: Freistaat Sachsen und Land Sachsen-Anhalt (Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt U. Soltész)

Beklagte: Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Anträge der Kläger

gemäß Art. 231 Abs. 1 EG, Art. 1 der Entscheidung der Kommission vom 23.7.2008 für nichtig zu erklären, soweit die Kommission darin feststellt, dass

a)

es sich bei der von Deutschland für den Bau einer neuen Start- und Landebahn Süd und der dazugehörigen Flughafeneinrichtungen am Flughafen Leipzig/Halle gewährten Maßnahme zur Kapitalzuführung um eine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG handele und

b)

diese „staatliche Beihilfe“ 350 Mio. EUR betrage;

gemäß Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts die Kommission zu verurteilen, die Kosten der Kläger zu tragen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Die Kläger wenden sich gegen die Feststellungen im ersten Teil des Artikels 1 der Entscheidung der Kommission K (2008) 3512 endg. vom 23. Juli 2008 (C 48/2006, ex N 227/2006) über Maßnahmen Deutschlands zugunsten von DHL und des Flughafens Leipzig/Halle, dass die dem Flughafen Leipzig/Halle von Deutschland gewährte Kapitalzuführung eine staatliche Beihilfe an den Flughafen darstellt und die Summe dieser Beihilfe 350 Mio. EUR beträgt.

Die Kläger machen zur Begründung ihrer Klage sieben Klagegründe geltend:

An erster Stelle tragen die Kläger vor, dass die Beihilfevorschriften bereits nicht anwendbar seien, da es sich bei dem Flughafen, soweit der Ausbau von Regionalflughafeninfrastruktur betroffen sei, nicht um ein Unternehmen im Sinne dieser Vorschriften handele.

Zweitens handele es sich bei der Flughafen Leipzig/Halle GmbH um eine staatliche Einzweckgesellschaft („single purpose vehicle“), die sich einer privatrechtlichen Organisationsform bediene und die daher, soweit sie vom Staat mit den zur Erfüllung ihrer Aufgaben nötigen Mitteln ausgestattet werde, anerkanntermaßen nicht als Beihilfeempfängerin in Betracht komme.

Drittens sei die angefochtene Entscheidung in sich widersprüchlich, da in der Entscheidung die Flughafen Leipzig/Halle GmbH als Beihilfeempfängerin und als Beihilfegeberin zugleich behandelt werde.

Viertens verstoße die Anwendung der im Jahr 2005 veröffentlichten Leitlinien (1) auf einen vor ihrer Veröffentlichung liegenden Sachverhalt gegen das Rückwirkungsverbot, das Gebot der Rechtssicherheit, den Vertrauensschutz und den Gleichheitssatz. Nach Ansicht der Kläger waren ausschließlich die Leitlinien der Kommission aus dem Jahr 1994 (2) anwendbar.

Zudem führen sie aus, dass die neuen Leitlinien gegen primäres Gemeinschaftsrecht, verstießen, da mangels Unternehmenseigenschaft der Betreiber von Regionalflughäfen sachlich unzutreffend und in sich widersprüchlich seien. Die Leitlinien aus dem Jahr 2005 unterstellten auch die Errichtung von Flughäfen dem Beihilferecht, während diese Tätigkeit in den vorherigen Leitlinien aus dem Jahr 1994 ausdrücklich von der Anwendbarkeit des Beihilfenrechts ausgenommen gewesen sei. Angesichts des sich diametral gegenüberstehenden Inhalts der alten und der neuen Leitlinien sowie mangels Aufhebung der Regelung aus dem Jahr 1994 sei unklar, welche rechtliche Bewertung hinsichtlich der Finanzierung von Flughafeninfrastruktur gewollt sei.

Die Kläger tragen sechstens vor, dass die Kommission einen Verfahrensverstoß begangen habe, da sie auf die von ihr als Beihilfe qualifizierte Kapitalzuführung nicht die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 (3) über bestehende Beihilfen anwandte.

Siebtens unterliefen die Leitlinien aus dem Jahr 2005 auch die Kompetenzverteilung zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission, da die Kommission ihren Kompetenzen entgegen dem im EG-Vertrag vorgesehenen Rahmen durch eine erweiterte Auslegung des Tatbestandsmerkmals des „Unternehmens“ in Art. 87 Abs. 1 EG ausdehne und durch diese erweiterte Auslegung auch Vorgänge, die der innerstaatlichen Verwaltungshoheit unterlägen, der Kontrolle durch die Gemeinschaftsorgane unterstelle.


(1)  Mitteilung der Kommission — Gemeinschaftliche Leitlinien für die Finanzierung von Flughäfen und die Gewährung staatlicher Anlaufbeihilfen für Luftfahrtunternehmen auf Regionalflughäfen, ABl. 2005, C 312, S. 1.

(2)  Mitteilung der Kommission — Anwendung der Artikel 92 und 93 des EG-Vertrages sowie des Artikels 61 des EWR-Abkommens auf staatliche Beihilfen im Luftverkehr, ABl 1994, C 350, S. 7.

(3)  Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags.


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