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Document 52006AR0182

    Stellungnahme des Ausschusses der Regionen Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren im Bereich des öffentlichen Auftragswesens

    ABl. C 146 vom 30.6.2007, p. 69–72 (BG, ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, RO, SK, SL, FI, SV)
    ABl. C 146 vom 30.6.2007, p. 10–10 (MT)

    30.6.2007   

    DE

    Amtsblatt der Europäischen Union

    C 146/69


    Stellungnahme des Ausschusses der Regionen „Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren im Bereich des öffentlichen Auftragswesens“

    (2007/C 146/10)

    DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

    unterstützt die vorgeschlagene Einführung einer Stillhaltefrist von zehn Kalendertagen, mit der verhindert werden soll, dass öffentliche Auftraggeber vor der Mitteilung der Vergabeentscheidung an die übrigen Teilnehmer des Vergabeverfahrens einen Vertrag abschließen. Dies ermöglicht eine Nachprüfung der Entscheidung, bevor diese wirksam wird, was Auftraggebern und Bietern zugute kommt;

    erachtet den Vorschlag zur Verhinderung rechtswidriger freihändiger Vertragsvergabe für viel zu weitgehend und bevorzugt das derzeitige System, das mit Schadenersatz operiert. Die Kommission behauptet zwar, dass die rechtswidrige freihändige Vertragsvergabe ein großes Problem darstelle, belegt dies aber nicht, beispielsweise durch die Vorlage einschlägiger Statistiken. Der AdR fordert die Europäische Kommission auf, detaillierte Angaben zur Verbreitung rechtswidriger freihändiger Auftragsvergabe vorzulegen;

    hat den Eindruck, dass der Anwendungsbereich der Nachprüfungsrichtlinie in Bezug auf die Auftragsvergabe von Dienstleistungen gemäß Anhang II B, die über dem Schwellenwert liegen, unklar ist; seiner Ansicht nach sollte die Nachprüfung der Auftragsvergabe bezüglich Dienstleistungen der Kategorie B ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen werden und es sollte ausschließlich Sache der Mitgliedstaaten sein festzulegen, wie die Rechtssicherheit von Anbietern bei Ausschreibungen dieser Dienstleistungen zu gewährleisten ist. Mehrere solcher Dienstleistungen wie z.B. Krankenpflege und Sozialdienste gehören zum Kerntätigkeitsbereich der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften. Die Befugnisse der EU in diesen Bereichen sind sehr begrenzt und sollten nicht über die Nachprüfungsrichtlinie — gleichsam durch die Hintertür — ausgebaut werden.

    Referenzdokument

    Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates zwecks Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren im Bereich des öffentlichen Auftragswesens

    KOM(2006) 195 endg.

    DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

    gestützt auf den „Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates zwecks Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren im Bereich des öffentlichen Auftragswesens“ (KOM(2006) 195 endg. — 2006/0066 (COD));

    aufgrund des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 4. Mai 2006, ihn gemäß Artikel 265 Absatz 1 des EG-Vertrags mit der Erarbeitung einer Stellungnahme zu diesem Thema zu befassen;

    aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 25. April 2006, die Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik mit der Erarbeitung einer Stellungnahme zu diesem Thema zu beauftragen;

    gestützt auf den am 15. Dezember 2006 von der Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik angenommenen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 182/2006 rev. 2) (Berichterstatterin: Frau Segersten Larsson (SE/EVP), Mitglied des Provinziallandtags von Värmland);

    verabschiedete auf seiner 68. Plenartagung am 13./14. Februar 2007 (Sitzung vom 13. Februar) folgende Stellungnahme:

    1.   Standpunkte des Ausschusses der Regionen

    Der Ausschuss der Regionen

    1.1

    begrüßt den Vorschlag für eine neue Nachprüfungsrichtlinie, da er der Auffassung ist, dass ein wirkungsvolles und transparenteres Nachprüfungssystem auch mehr Sicherheit für die Anbieter bedeutet, was hoffentlich ihre Bereitschaft erhöht, ein Angebot einzureichen. Dies fördert den Wettbewerb, was wiederum den öffentlichen Auftraggebern zugute kommt;

    1.2

    ist der Auffassung, dass ein einfacher Rechtsrahmen eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Verringerung der Anzahl gerichtlicher Auseinandersetzungen ist. Einfachere Vorschriften sind leichter einzuhalten und Missverständnisse sind weniger wahrscheinlich. Die neuen Richtlinien für das öffentliche Auftragswesen entsprechen diesen Erwartungen leider nicht. Aufgrund der komplizierten Verfahrensvorschriften der Vergaberichtlinien können öffentliche Auftraggeber leicht Fehler machen. Dies betrifft insbesondere kleinere lokale und regionale Gebietskörperschaften, die keinen Zugang zu vergaberechtlichem Fachwissen haben. Der Ausschuss möchte die Europäische Kommission auch darauf aufmerksam machen, dass der größte Teil der öffentlichen Auftragsvergabe über die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und nicht auf zentralstaatlicher Ebene erfolgt;

    1.3

    ist ebenfalls der Ansicht, dass allzu empfindliche Sanktionen bei Verstößen gegen die Vergabebestimmungen — insbesondere in Verbindung mit einem unüberschaubaren Rechtsrahmen — negative Folgen haben können. Als eine mögliche negative Folge könnten Behörden ganz einfach davon absehen, Dienstleistungen extern zu vergeben und sie vielmehr in Eigenregie durchführen. Eine weitere Folge kann eine übermäßige Fixierung auf den niedrigsten Preis sein. Das Angebot mit dem niedrigsten Preis kann nur schwer angefochten werden, wohingegen Qualitätsaspekte und ähnliche Parameter leichter in Frage gestellt werden können:

    1.4

    unterstützt die vorgeschlagene Einführung einer Stillhaltefrist von zehn Kalendertagen, mit der verhindert werden soll, dass öffentliche Auftraggeber vor der Mitteilung der Vergabeentscheidung an die übrigen Teilnehmer des Vergabeverfahrens einen Vertrag abschließen. Dies ermöglicht eine Nachprüfung der Entscheidung, bevor diese wirksam wird, was Auftraggebern und Bietern zugute kommt; befürwortet auch den Vorschlag, demzufolge die Mitgliedstaaten von den Bewerbern oder Bietern, die eine Nachprüfung beantragen möchten, verlangen können, den öffentlichen Auftraggeber über die vermuteten Unregelmäßigkeiten und die Absicht, ein Nachprüfungsverfahren anzustrengen, zu informieren; fordert zugleich die Kommission auf, bereits nach einem Jahr zu überprüfen, welche Auswirkungen die Einführung einer Frist von zehn Tagen hat, um feststellen zu können, inwieweit dies zu einem markanten Anstieg der Nachprüfungen führt, wie es in einer Reihe von Mitgliedstaaten der Fall war;

    1.5

    ist jedoch skeptisch, was die Wirksamkeit von Vertragsschlüssen, die gegen die Vorschriften verstoßen, betrifft. Laut Richtlinienvorschlag sind solche Abschlüsse unwirksam. Der AdR ist jedoch der Auffassung, dass die Annahme diesbezüglicher Vorschriften den Mitgliedstaaten überlassen sein sollte, damit Anpassungen im Einklang mit dem jeweiligen einzelstaatlichen Vertrags- und Schadensersatzrecht vorgenommen werden können;

    1.6

    hegt auch Zweifel in Bezug auf die Annahme der Kommission, dass die Einführung der zehntägigen Stillhaltefrist zu einem anfänglichen Anstieg der Nachprüfungen um einige Prozent führen kann. In Schweden war z.B. ein anfänglicher Anstieg der Nachprüfungen nach Einführung einer dem Vorschlag entsprechenden Stillhaltefrist um 150 Prozent festzustellen. Die Zahl der Nachprüfungen nahm auch nach diesem anfänglichen Anstieg weiterhin zu (1).

    1.7

    erachtet den Vorschlag zur Verhinderung rechtswidriger freihändiger Vertragsvergabe für viel zu weitgehend und bevorzugt das derzeitige System, das mit Schadenersatz operiert. Die Kommission behauptet zwar, dass die rechtswidrige freihändige Vertragsvergabe ein großes Problem darstelle, belegt dies aber nicht, beispielsweise durch die Vorlage einschlägiger Statistiken; fordert die Europäische Kommission auf, detaillierte Angaben zur Verbreitung rechtswidriger freihändiger Auftragsvergabe vorzulegen. Die angeführte Internet-Konsultation ist viel zu unzureichend, um derart durchgreifende Änderungen rechtfertigen zu können. Die obligatorische Bekanntmachung aller über dem Schwellenwert liegenden öffentlichen Aufträge, die nach Auffassung einer Behörde ohne offizielles Angebotsverfahren mit anschließender Stillhaltefrist geschlossen werden können, beeinträchtigt die öffentlichen Auftraggeber in erheblichem Maße. Hier geht es u.a. um Vereinbarungen mit eigenen Betrieben oder um bestimmte Vereinbarungen im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit. Der Ausschuss der Regionen hat bereits in früheren Stellungnahmen auf die Problematik der Vertragsvergabe an eigene Betriebe sowie auf Fragen, die sich bei der interkommunalen Zusammenarbeit ergeben, hingewiesen. Nach Auffassung des Ausschusses sollten solche Vorgänge durch das Vergaberecht nicht erschwert oder unmöglich gemacht werden;

    1.8

    hat den Eindruck, dass der Anwendungsbereich der Nachprüfungsrichtlinie in Bezug auf die Auftragsvergabe von Dienstleistungen gemäß Anhang II B (2), die über dem Schwellenwert liegen, unklar ist; seiner Ansicht nach sollte die Nachprüfung der Auftragsvergabe bezüglich Dienstleistungen der Kategorie B ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen werden und die Mitgliedstaaten sollten selbst festlegen, wie die Rechtssicherheit von Anbietern bei Ausschreibungen dieser Dienstleistungen gewährleistet wird. Mehrere solcher Dienstleistungen wie z.B. Krankenpflege und Sozialdienste gehören zum Kerntätigkeitsbereich der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften. Die Befugnisse der EU in diesen Bereichen sind sehr begrenzt und sollten nicht über die Nachprüfungsrichtlinie — gleichsam durch die Hintertür — ausgebaut werden; ist der Auffassung, dass die Frage der Rechtsmittel in Bezug auf Vergabe von Dienstleistungen der Kategorie B sowie von Dienstleistungen, die unter den Schwellenwerten liegen, ausschließlich die Mitgliedstaaten betrifft;

    1.9

    befürwortet den Vorschlag, das Bescheinigungsverfahren und das Schlichtungsverfahren abzuschaffen.

    2.   Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

    Änderungsvorschlag 1

    Kommissionsvorschlag zur Änderung von Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 89/665/EWG

    Kommissionsvorschlag zur Änderung von Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie 92/13/EWG

    Von der Kommission vorgeschlagener Text

    Änderungsvorschlag des AdR

    Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das Nachprüfungsverfahren entsprechend den gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten festzulegenden Bedingungen zumindest jedem zur Verfügung steht, der ein Interesse hat oder hatte, einen bestimmten öffentlichen Auftrag zu erhalten, und dem durch einen behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht.

    Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das Nachprüfungsverfahren entsprechend den gegebenenfalls von den Mitgliedstaaten festzulegenden Bedingungen zumindest jedem zur Verfügung steht, der ein Interesse hat oder hatte, einen bestimmten öffentlichen Auftrag zu erhalten, der den Anforderungen des Ausschreibungsverfahrens entspricht und dem durch einen behaupteten Rechtsverstoß ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht.

    Begründung

    Mit dem Änderungsvorschlag soll die Möglichkeit, ein Nachprüfungsverfahren anzustrengen, nur auf diejenigen Bieter beschränkt werden, die tatsächlich auch in der Lage sind, die vom öffentlichen Auftraggeber gewünschten Leistungen zu erbringen.

    Änderungsvorschlag 2

    Kommissionsvorschlag zur Änderung von Artikel 2 Absatz 4 der Richtlinie 89/665/EWG

    Kommissionsvorschlag zur Änderung von Artikel 2 Absatz 4 der Richtlinie 92/13/EWG

    Von der Kommission vorgeschlagener Text

    Änderungsvorschlag des AdR

    Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die Nachprüfungsinstanz bei Prüfung der Frage, ob vorläufige Maßnahmen zu ergreifen sind, deren voraussehbare Folgen für alle möglicherweise geschädigten Interessen sowie das Interesse der Allgemeinheit berücksichtigen kann und dass sie beschließen kann, diese Maßnahmen nicht zu ergreifen, wenn deren nachteilige Folgen die damit verbundenen Vorteile überwiegen könnten.

    Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass die Nachprüfungsinstanz bei Prüfung der Frage, ob vorläufige Maßnahmen zu ergreifen sind, deren voraussehbare Folgen für alle möglicherweise geschädigten Interessen sowie insbesondere das Interesse der Allgemeinheit berücksichtigen kann und dass sie beschließen kann, diese Maßnahmen nicht zu ergreifen, wenn deren nachteilige Folgen die damit verbundenen Vorteile überwiegen könnten.

    Begründung

    Dem Interesse der Allgemeinheit ist mehr Bedeutung zuzumessen.

    Brüssel, den 13. Februar 2007.

    Der Präsident

    des Ausschusses der Regionen

    Michel DELEBARRE


    (1)  Schwedisches Amt für Öffentliches Auftragswesen (Nämnden för offentlig upphandling), Jahresbericht 2003 und 2004.

    (2)  Richtlinie 2004/18/EG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienst-leistungsaufträge.


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