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Document 52006AE1581

Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — E-Government-Aktionsplan im Rahmen der i2010-Initiative: Beschleunigte Einführung elektronischer Behördendienste in Europa zum Nutzen aller KOM(2006) 173 endg.

ABl. C 325 vom 30.12.2006, p. 78–81 (ES, CS, DA, DE, ET, EL, EN, FR, IT, LV, LT, HU, NL, PL, PT, SK, SL, FI, SV)

30.12.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 325/78


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen — E-Government-Aktionsplan im Rahmen der i2010-Initiative: Beschleunigte Einführung elektronischer Behördendienste in Europa zum Nutzen aller“

KOM(2006) 173 endg.

(2006/C 325/19)

Die Kommission beschloss am 25. April 2006, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen:

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 10. November 2006 an. Berichterstatter war Herr HERNÁNDEZ BATALLER.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 431. Plenartagung am 13./14. Dezember 2006 (Sitzung vom 14. Dezember) mit 114 Stimmen bei 1 Gegenstimme und 2 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss unterstützt den von der Kommission vorgelegten Aktionsplan, denn damit fördern die Behörden in der Europäischen Union die Ziele einer wissensbasierten Wirtschaft und eines dauerhaften Wirtschaftswachstums mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt.

1.2

Der Ausschuss vertritt die Ansicht, dass die Durchführung des Aktionsplans dazu beitragen kann, die Ausgrenzung einzelner sozialer Gruppen in der Gesellschaft bzw. der Arbeitswelt zu verhindern, die Qualität und Sicherheit der Beschäftigung zu verbessern, eine „digitale Kluft“ zu vermeiden, den universalen Zugang zu lokalen Dienstleistungen zu fördern und hilfsbedürftige Personengruppen umfassend zu betreuen, mit einem Wort: den Zusammenhalt der Gesellschaft angesichts ganz neuer drohender Formen von Ungleichheit zu stärken. Es müssen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, damit es keine „Bürger zweiter Klasse“ gibt.

1.3

Die Umstellung der Behörden auf digitale Dienstleistungen geht einher mit ihrer Modernisierung im Sinne einer besseren Qualität, Flexibilität und Leistungsfähigkeit der Dienste für die Bürger, eines wirksamen Einsatzes öffentlicher Mittel, Kostensenkungen, Benutzerzufriedenheit, einer stärkeren Verzahnung der Behörden untereinander und einer Vereinfachung der Verwaltungsverfahren.

1.4

Der EWSA empfiehlt nachdrücklich die Festlegung von Zielen, die einen flächendeckenden Breitbandzugang zur Verbreitung des Internets als Instrument zur Information und Kommunikation sichern. Das Vertrauen, das die Bürgerinnen und Bürger diesem Instrument entgegenbringen, hängt davon ab, wie sicher seine Benutzung wahrgenommen wird. Dieser Aspekt ist für die digitale Verwaltung und die Dienste, die den Bürgern angeboten werden können, von großer Bedeutung.

1.5

Der EWSA bedauert, dass in dem Aktionsplan in keiner Weise auf die Rolle der organisierten Zivilgesellschaft bei der Verwirklichung des Ziels der Bürgerbeteiligung an den demokratischen Entscheidungsprozessen eingegangen wird. Als Hauptpfeiler der partizipativen Demokratie kommt der organisierten Zivilgesellschaft eine grundlegende Rolle in der künftigen „digitalen Demokratie“ zu.

2.   Der Vorschlag der Kommission

2.1

Die Kommission stellt in diesem Dokument ihren Aktionsplan für elektronische Behördendienste (E-Government) vor. Er ist ein fester Bestandteil der i2010-Initiative für Wachstum und Beschäftigung in der Informationsgesellschaft und soll einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung der Lissabon-Agenda und anderer politischer Ziele der Europäischen Gemeinschaft leisten.

2.2

Die Kommission hält die beschleunigte Einführung elektronischer Behördendienste im Hinblick auf Modernisierung und Innovation für wichtig, da neue Bedürfnisse und Anforderungen, beispielsweise nach öffentlichen Diensten, die auch grenzübergreifend nahtlos funktionieren, entstehen und dies die Voraussetzung für eine größere Mobilität der Bürger und Unternehmen in Europa ist.

2.3

Mit diesem Aktionsplan möchte die Kommission:

die Realisierung greifbarer Vorteile für alle Bürger und Unternehmen beschleunigen;

dafür sorgen, dass einzelstaatliche elektronische Behördendienste nicht zum Aufbau neuer Hindernisse innerhalb des Binnenmarktes führen, z.B. durch Fragmentierung oder mangelnde Interoperabilität;

die Vorteile elektronischer Behördendienste auch auf EU-Ebene nutzbar machen, indem sie Größeneinsparungen in den Initiativen der Mitgliedstaaten erleichtert und an der Lösung der gemeinsamen europäischen Herausforderungen mitwirkt;

die EU-weite Zusammenarbeit aller Beteiligten bei der Gestaltung und Erbringung elektronischer Behördendienste gewährleisten.

2.4

Der Aktionsplan enthält fünf Hauptziele im Bereich E-Government und konkrete Zielsetzungen für 2010:

Vorantreibung der digitalen Integration durch elektronische Behördendienste, damit bis 2010 allen Bürgern vertrauenswürdige, innovative Dienste mit einfachem Zugang für alle zur Verfügung stehen.

Das beinhaltet die Bekämpfung der digitalen Kluft und Chancen zur Verwirklichung IKT-gestützter Integrationsmaßnahmen, damit alle Bürger, auch sozial benachteiligte Bevölkerungsgruppen, diese Dienste nutzen können.

Echte Effizienz und Effektivität — Leistung eines wesentlichen Beitrags, damit bis 2010 eine hohe Nutzerzufriedenheit, Transparenz und Verantwortlichkeit sowie ein geringerer Verwaltungsaufwand und Effizienzgewinne erreicht werden.

Dazu soll einerseits ein gemeinsamer Rahmen für Wirkungs-Nutzen-Messungen erstellt werden, der auch den Leistungsvergleich anhand gemeinsamer Indikatoren und das fallorientierte Lernen anhand messbarer Indikatoren umfasst.

Andererseits gilt es, die entsprechenden Erfahrungen stärker zu verbreiten und auszutauschen, um die langfristige Tragfähigkeit zu sichern.

Einführung wichtiger, für Bürger und Unternehmen besonders relevanter Dienste — bis 2010 soll das öffentliche Auftragswesen zu 100 % elektronisch möglich sein und zu 50 % auch tatsächlich elektronisch abgewickelt werden, außerdem soll Einigung über die Zusammenarbeit bei weiteren, für die Bürger wichtigen Online-Diensten erzielt werden, so z.B. bei Diensten, die die Mobilität der Bürger erleichtern (z.B. verbesserte europaweite Stellensuchdienste, aber auch Sozialversicherungsdienste im Zusammenhang mit Patientenakten und elektronischen Verschreibungen) und Mehrwertsteuererstattung.

Schaffung wichtiger Grundlagen: Den Bürgern und Unternehmen soll bis 2010 europaweit ein bequemer, sicherer, interoperabler und authentifizierter Zugang zu öffentlichen Diensten zur Verfügung stehen, wie zum Beispiel nationale Personalausweise nach einheitlichem Muster, oder Festlegung der Lenkungsmaßnahmen zur Entwicklung der elektronischen Identifikation und Authentifizierung für öffentliche Dienste.

Erprobung von Instrumenten einer effektiven öffentlichen Diskussion und Beteiligung an der demokratischen Entscheidungsfindung bis 2010, wobei viele Fragen zu klären und Probleme zu lösen sind, von der Einbeziehung aller Menschen bis hin zu der Qualität der Entscheidungsprozesse.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1

Insgesamt gesehen befürwortet der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss den Aktionsplan der Kommission und die darin festgelegten ehrgeizigen Ziele, die man damit erreichen will. Der Ausschuss teilt die Auffassung der Kommission im Hinblick auf die Zielsetzungen und die politische Zweckmäßigkeit dieser Initiative, da damit die Vorgabe der Lissabon-Strategie, Europa zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen, gefördert wird.

3.2

Der EWSA bekräftigt seine Auffassung (1), dass die EU ein schlüssiges, dynamisches und fortschrittliches Konzept für die Ziele der Union und die institutionelle Dynamik vorlegen muss, wenn sie will, dass die Lissabon-Ziele realistisch erreichbar sind. Die Förderung von E-Government ist jedenfalls ein geeignetes Instrument, um diese Ziele zu erreichen.

3.3

Eine vorrangige Aufgabe besteht darin, einen vollständigen flächendeckenden Zugang zu Breitbanddiensten zu erreichen, weshalb in nicht abgedeckten Gebieten die entsprechenden Infrastrukturen ausgebaut werden müssen, um den Zugang zu diesen Diensten zu gewährleisten und Breitband- und Mobilfunknetze und -Dienstleistungen zu fördern.

3.4

Die Durchführung der in dem Aktionsplan vorgesehenen Maßnahmen auf den verschiedenen territorialen Ebenen und der diesbezügliche Erfahrungsaustausch werden sich deutlich auf das Funktionieren des Binnenmarktes auswirken, insbesondere auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und in Bezug auf die täglichen Belange der Unionsbürger; die Lebensqualität und der Wohlstand der Bürger werden dadurch steigen.

3.4.1

Der Aktionsplan betrifft Grundrechte, die in der Grundrechtscharta anerkannt sind, wie zum Beispiel das „Recht auf eine gute Verwaltung“, den „Schutz personenbezogener Daten“, das „Recht auf Zugang zu einem Arbeitsvermittlungsdienst“, den „Gesundheitsschutz“ und den „Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“.

3.4.2

Der Ausschuss bringt seine Hoffnung zum Ausdruck, dass bei der Verwirklichung der Ziele des Aktionsplans das derzeitige Schutzniveau beibehalten und verhindert wird, dass die zunehmende technische Entwicklung mit einer Schwächung des Schutzes dieser Rechte einhergeht.

3.5

Zur Stärkung des Vertrauens der Bürger in die Behörden sind richtig proportionierte, ausreichende Sicherheitsmaßnahmen erforderlich, die in einem angemessenen Verhältnis zu den Kosten, der Art und Bedeutung der Daten und der geschützten Prozesse stehen.

3.6

Der EWSA hat sich bereits zu der Notwendigkeit einer europäischen Rahmenpolitik für die Sicherheit der Netze und der Information geäußert (2) und dabei festgestellt, dass die Investitionen in eine größere Sicherheit der Netze soziale Kosten und Nutzeffekte mit sich bringen, die sich in den Marktpreisen nicht richtig widerspiegeln.

3.7

Der EWSA wird sich demnächst eingehender zu der Frage der Netzsicherheit im Aktionsplan i2010 äußern (3).

3.8

Um die erfolgreiche Umsetzung des Aktionsplans sicherzustellen, muss die Zusammenarbeit zwischen den EU-Institutionen und den Behörden der Mitgliedstaaten gestärkt und dazu geeignete Kanäle festgelegt werden, die zugleich eine wirksame Beurteilung der Ergebnisse ermöglichen.

3.9

Dabei sollten Strukturen für die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen öffentlichen Verwaltungen geschaffen werden, damit die Bürgerinnen und Bürger die neuen Dienste unabhängig von der jeweils bereitstellenden Behörde in Anspruch nehmen können. Dies würde zudem die gemeinsame Entwicklung von Anwendungen und eine stärkere Integration bestehender Lösungen ermöglichen.

3.10

Der EWSA bekräftigt die Notwendigkeit, europaweite öffentliche Dienste auf Gemeinschaftsebene zu fördern (4) (Zoll, Galileo, europäische Krankenversicherungskarte, gerichtliche Zusammenarbeit z.B. bei der Beweisaufnahme, Bekanntmachung und Zustellung von Schriftstücken in Zivilsachen sowie in neuen Bereichen, wie europäisches Kfz-Kennzeichen und europäischer Führerschein) und dabei eine Verknüpfung zwischen den einzelnen Behörden in diesen Bereichen herzustellen.

3.11

An dem Aktionsplan zu bemängeln gibt es unter anderem die Tatsache, dass die supranationalen Instrumente zur wirtschaftlichen Unterstützung (IST, IDA) nicht ausreichen, um den angestrebten Wandel bei den Humanressourcen und auf technischer Ebene zu unterstützen. Nötig wäre dies insbesondere im Hinblick auf die neuen Mitgliedstaaten und die Länder bevorstehender EU-Erweiterungen.

3.12

Wenn verhindert werden soll, dass die einzelnen Mitgliedstaaten im Bereich E-Government mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten voranschreiten, muss zunächst als Ad-hoc-Gemeinschaftsmaßnahme ein Fonds für die Modernisierung der öffentlichen Verwaltungen bereitgestellt und eine differenzierte rechtliche Behandlung mit längeren Umsetzungsfristen ermöglicht werden, damit die Verwaltungen die in dem Plan vorgesehenen Ziele erreichen können.

3.13

Zudem sollten sowohl die EIB als auch die Kommission ebenfalls Finanzinstrumente vorsehen, um der europäischen Wirtschaft im Anwendungsbereich dieses Aktionsplans Anschubhilfe zu geben.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1

Die Informationsgesellschaft stellt im Hinblick auf die Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit, aber auch in Bezug auf den sozialen und territorialen Zusammenhalt und die Chancengleichheit eine Herausforderung dar. Eine der für die Zukunft der Menschen und der Regionen bedeutsamsten Formen von Ungleichheit ist der Platz auf der einen oder der anderen Seite der „digitalen Kluft.

4.2

Hier muss das vorrangige Ziel darin bestehen, das Aufbrechen einer digitalen Kluft zu verhindern, sie zu verringern oder sie ganz zuzuschütten. Dazu bedarf es einer aktiven und unmittelbar wirkenden Politik zur Förderung und Bereitstellung der entsprechenden Dienste vor allem in den Gebieten, die nicht ausreichend an die neuen Technologien angepasst sind. Daneben müssen intensive Computerschulungsprogramme für spezifische Bevölkerungssegmente aufgelegt werden, die auch die berufliche Bildung umfassen sollten.

4.3

Der EWSA hält die Einführung, Verwaltung, Entwicklung und Pflege von Infrastrukturen und Ressourcen aller Art — einschließlich Humanressourcen — für erforderlich, damit die einzelnen öffentlichen Verwaltungen auf dem Gebiet der Bildung und Schulung im IKT-Bereich tätig werden können. Dies würde einer effizienten Organisation auf dem gesamten Gebiet der Europäischen Union mit dem Ziel dienen, die digitale Kompetenz und den Internetanschluss zu fördern und zu stärken.

4.3.1

Zur Förderung der digitalen Kompetenz müssten bestimmte Maßnahmen unterstützt werden, wie z.B. Einrichtung und Betrieb voll ausgestatteter, praxisbezogener Schulungsräume für Computerkurse, die Ausbildung von Ausbildern, Beihilfen für einen Internetanschluss, „Internet-Schecks“ für Schulungsteilnehmer, die ihren Kurs optimal genutzt haben und mit denen sie teilweise den Erwerb und den Zugang zu IKT-Technik und Dienstleistungen (vor allem Internet) finanzieren können.

4.3.2

Die Inhalte und der Leistungsumfang dieser Maßnahmen zur Förderung der digitalen Kompetenz sollten auf der Konzipierung, Einleitung, Begleitung und Kontrolle der Ausbildung und der Unterstützung der Durchführung von Internetkursen basieren.

4.3.3

Gefördert werden könnten zum Beispiel die Entwicklung von „virtuellen Campus“ zur Betreuung von Internetnutzern mittleren Niveaus, wobei diesen Nutzern zugleich entsprechend bescheinigte fremdsprachliche Bildungsinhalte vermittelt werden sollten. Im Rahmen der digitalen Behördendienste könnten die Sprachenvielfalt, der Erwerb von Sprachkenntnissen und die Mehrsprachigkeit in der EU gefördert werden.

4.4

Die Portale der einzelnen öffentlichen Verwaltungen sollten den höchsten, international anerkannten Standards für die e-Accessibility entsprechen, was vor allem für eine optimale Konformität mit den Richtlinien der WAI (Web Accessibility Initiative) gilt. Angezeigt sind ebenso Maßnahmen aller Art, seien es normsetzende, technische oder organisatorische, mit denen zugängliche IKT und EU-weit interoperable Behörden gefördert werden.

4.5

Mit dem Abbau physischer Barrieren muss die Beseitigung der „Barrieren im Kopf“ einhergehen, die die Menschen bisweilen trennen. Der EWSA vertritt die Auffassung, dass ein barrierefreier Zugang sowohl zu den eigentlichen Räumlichkeiten als auch zu den Kommunikationssystemen und -mitteln sowie die rechtliche Anerkennung der Zeichensprache entscheidende Schritte sind, die man derzeit auf dem Weg zur vollen Entfaltung der Unionsbürgerschaft geht.

4.6

Transparenz impliziert die Förderung der Informationsfreiheit, die Gewährleistung der Objektivität und ein wahrheitsgetreues, aktuelles Informationsangebot, womit sich die Undurchschaubarkeit der Behördentätigkeit verhindern lässt.

4.7

Die Versorgung der Öffentlichkeit mit relevanten, aktuellen Informationen ist ein Kernstück des demokratischen Verhältnisses zwischen Staat und Bürger. Nur so erhalten die Menschen Zugang zu öffentlichen Angelegenheiten, können an den Entscheidungen teilhaben und die Tätigkeit und das Verhalten der Verwaltung beurteilen.

4.8

Kurz, es geht darum, das gesamte IKT-Potenzial für eine bessere, effizientere und den Bürgern näher stehende Verwaltung zu nutzen, die nützliche und hochwertige digitale Behördendienste erbringt und so zur Entfaltung der Bürger und Unternehmen in der Informationsgesellschaft beiträgt.

4.9

In dieser Hinsicht sollten innerhalb eines angemessenen Zeitraums in allen Mitgliedstaaten mindestens folgende Maßnahmen durchgeführt werden:

Gewährleistung des Rechts der Bürger und Unternehmen, auf elektronischem Weg mit den Behörden zu verkehren;

Einrichtung von Mechanismen, die sicherstellen, dass das Angebot an Online-Diensten den bestehenden Bedürfnissen entspricht, und Aufstellen eines klar definierten Katalogs elektronischer Dienstleistungen;

Sicherstellung geeigneter Kanäle, über die alle Bürger und Unternehmen die von der Verwaltung angebotenen Dienste in Anspruch nehmen können.

4.10

In vielen Fällen wird ein Heranführen der Unternehmen der Europäischen Union und insbesondere der KMU an die nötige Technik erforderlich sein. Für die einzelnen Unternehmenssektoren in der EU und insbesondere dort, wo es große IKT-Defizite gibt, müssen technische Maßnahmen und fachliche und individuell abgestimmte Beratung geleistet werden, u.a. durch „Technologieberater“ und die Einrichtung von „Beratungsstellen für technische Entwicklung“ auf staatlicher, regionaler und kommunaler Ebene.

4.11

Diese Maßnahmen müssen durch weitere Aktionen zur Verbreitung und Propagierung, durch Bildungs- und Schulungsinitiativen auf dem Gebiet der IKT sowie durch Anreize für leistungsfähige Internetanschlüsse und allgemein den Einsatz von IKT in KMU ergänzt werden.

4.12

Durch Aktionen zur IKT-Förderung können die KMU in der EU in die wissensbasierte Wirtschaft integriert werden, u.a. durch die Förderung eines innovativen Produktionsumfeldes, die Dynamisierung von Unternehmensnetzen sowie die Schaffung, gemeinsame Nutzung und den wirksamen Transfer von Technologie und Wissen.

4.13

Konkrete Maßnahmen, die gefördert werden können, sind z.B. technologische und Managementlösungen zur Anwendung im produzierenden Gewerbe in der EU; vergleichende Untersuchungen (Benchmarking) zum IKT-Entwicklungsgrad in den verschiedenen produzierenden Sektoren; die Einrichtung gemeinsamer Zentren für Technologiemanagement und Prozessentwicklung (sektorspezifische Parks für IKT-Lösungen); die Einrichtung von Dienstleistungszentren für KMU in den einzelnen produzierenden Sektoren und deren Verzahnung mit den Zentren für Forschung, Entwicklung und Innovation (sektorspezifische IKT-Werkstätten); die Förderung von B2B- und B2C-Unternehmensnetzen; der Ausbau der Finanzierungsmechanismen für Risikokapital im IKT-Sektor und ähnlichen Bereichen; die Einrichtung von Websites mit Dienstleistungskatalogen für Branchen und Unternehmen, die sich als Nutzer der Website anmelden; die Einrichtung von digitalen Foren und Online-Verzeichnissen von und für KMU.

4.14

Im Hinblick auf die Sicherheit sollte die Einrichtung von Zentren gefördert werden, die auf die Prävention, Lösung, frühzeitige Erkennung und proaktive Behandlung von Sicherheitsproblemen und auf Forschung, Entwicklung und Innovation im Bereich Computersicherheit und IKT spezialisiert sind und vor allem Unternehmen und Behörden in der EU spezifische technologische Lösungen anbieten, um so das Vertrauen in das Internet, den elektronischen Handel und die digitalen Behördendienste zu stärken.

4.15

Sowohl die politischen Parteien als auch die Organisationen der Zivilgesellschaft können heute schneller und wirksamer mit den Bürgern kommunizieren und fordern deshalb von ihren Regierungen Maßnahmen, damit die neuen Kommunikationsmittel und insbesondere Internet zu einem normalen Verbindungskanal werden, über den sich die Bürger an die Behörden wenden, mit diesen verkehren, direkt an der Ausarbeitung kollektiver Entscheidungen mitwirken und ihre politischen Rechte ausüben, was je nach Lage auch die Ausübung des Wahlrechts einschließt.

4.16

Der EWSA bedauert, dass in dem Aktionsplan nicht auf die Rolle der organisierten Zivilgesellschaft bei der Verwirklichung der Ziele dieses Plans eingegangen wird, was insbesondere für eine stärkere Bürgerbeteiligung an den demokratischen Entscheidungsprozessen in Europa gilt.

4.17

Der EWSA beabsichtigt, die Initiative zur Einbeziehung aller in diese Dienste auf europäischer Ebene zu fördern, zu begleiten und zu überwachen, damit die digitale Kluft und der technologische Rückstand, die sich für bestimmte Gruppen der Gesellschaft aus der Einführung elektronischer Behördendienste ergeben könnten, überwunden werden.

4.18

Dieses Ziel lässt sich nur mit Reformen erreichen, welche den Informationsfluss, die Kommunikation über das Netz und den direkten Dialog zwischen Bürger und Verwaltung verbessern und das soziale und demokratische Kapital sowie die öffentlichen digitalen Strukturen stärken.

4.19

Die Qualität einer Demokratie hängt zu einem großen Maße vom Funktionieren der öffentlichen Verwaltung ab. Gebraucht werden moderne und flexible Behörden, die ihre Organisation an den Problemen der Bürger ausrichten und so in der Lage sind, diese Probleme frühzeitig zu erkennen und zu lösen. Die Behörden müssen ihre Tätigkeit transparent gestalten, damit die Bürger ihnen vertrauen und sie als bürgernah wahrnehmen.

4.19.1

Als Verfechter der partizipativen Demokratie vertritt der EWSA die Ansicht, dass diese Mitwirkung aufgeklärte Bürger hervorbringt, das Regieren erleichtert und zu gesunden politischen Strukturen beiträgt.

4.19.2

Es sollte eine Untersuchung und Überwachung der Situation und Entwicklung der Technologie- und Wissensgesellschaft in der Europäischen Union durchgeführt werden. Diese Untersuchung sollte sich auf streng wissenschaftliche und statistische Methoden und Verfahren stützen und schwerpunktmäßig die technologische Durchdringung von Zielgruppen mit besonderen Bedürfnissen analysieren, um genau die Maßnahmen zu ermitteln, mit denen die „digitale Kluft“ wirksam überbrückt und ein Beitrag zur intensiven Nutzung und Verwendung der IKT in der europäischen Gesellschaft und insbesondere in diesen Zielgruppen geleistet werden kann.

Brüssel, den 14. Dezember 2006.

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Dimitris DIMITRIADIS


(1)  Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Die Durchführung der Lissabon-Strategie verbessern“; ABl. C 120 vom 20.5.2005, S. 79 bis 88, verabschiedet am 27.10.2004. Berichterstatter: Herr VEVER; Mitberichterstatter: Herr EHNMARK und Herr SIMPSON.

(2)  Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Sicherheit der Netze und Informationen: Vorschlag für einen europäischen Politikansatz“; ABl. C 48 vom 21.2.2002, S. 33-41, verabschiedet am 28.11.2001. Berichterstatter: Herr RETUREAU, Ziffer 3.2.1, 3.11.

(3)  Stellungnahmeentwurf ABl. C 318, 23.12.2006.Berichterstatter: Herr PEZZINI.

(4)  StellungnahmeABl. C 318, 23.12.2006, verabschiedet am 14.9.2006. Berichterstatter: Herr VEVER.


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