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Document 52003AR0090

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema "Vierter Bericht der Kommission über die Anwendung der Richtlinie 89/552/EWG Fernsehen ohne Grenzen"

ABl. C 256 vom 24.10.2003, p. 79–82 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT, FI, SV)

52003AR0090

Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema "Vierter Bericht der Kommission über die Anwendung der Richtlinie 89/552/EWG Fernsehen ohne Grenzen"

Amtsblatt Nr. C 256 vom 24/10/2003 S. 0079 - 0082


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zum Thema "Vierter Bericht der Kommission über die Anwendung der Richtlinie 89/552/EWG 'Fernsehen ohne Grenzen'"

(2003/C 256/13)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN,

gestützt auf den vierten Bericht der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Anwendung der Richtlinie 89/552/EWG "Fernsehen ohne Grenzen" (KOM(2002) 778 endg.) vom 6.1.2003;

aufgrund des Beschlusses der Europäischen Kommission vom 6. Januar 2003, den Ausschuss der Regionen gemäß Artikel 265 Absatz 1 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu dieser Vorlage zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 6. Februar 2002, die Fachkommission für Kultur und Bildung mit der Erarbeitung dieser Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf die Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit, geändert durch die Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Juni 1997;

gestützt auf den dritten Bericht der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Anwendung der Richtlinie 89/552/EWG "Fernsehen ohne Grenzen";

gestützt auf die Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem dritten Bericht der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Anwendung der Richtlinie 89/552/EWG "Fernsehen ohne Grenzen";

gestützt auf die fünfte Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Durchführung der Artikel 4 und 5 der Richtlinie 89/552/EWG "Fernsehen ohne Grenzen" - in der geänderten Fassung der Richtlinie 97/36/EG - im Zeitraum 1999-2000 (KOM(2002) 612 endg.) vom 8.11.2002;

gestützt auf die Empfehlung des Rates vom 24. September 1998 zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Industriezweiges der audiovisuellen Dienste und Informationsdienste durch Förderung nationaler Rahmenbedingungen für die Verwirklichung eines vergleichbaren Niveaus in Bezug auf den Jugendschutz und den Schutz der Menschenwürde;

gestützt auf die Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zu bestimmten Rechtsfragen im Zusammenhang mit Kinofilmen und anderen audiovisuellen Werken (KOM(2001) 534 endg.) vom 26.9.2001;

gestützt auf seinen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 90/2003 rev.), angenommen am 12. Mai 2003 von seiner Fachkommission für Kultur und Bildung (Berichterstatter: Herr Muñoa Ganuza, Beauftragter des Präsidenten der baskischen Regierung für die Außenbeziehungen, ES-AE);

In Erwägung folgender Gründe:

1) Die Einführung der Digitaltechnik bedeutet für den Fernsehsektor eine entscheidende Übergangs- und Entwicklungsphase. Sie macht seitens der Betreiber umfangreiche Investitionen in Technologien sowie in Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen erforderlich;

2) Der Digitalisierungsprozess führt zur Internationalisierung und Globalisierung des Fernsehsektors, wodurch gleichzeitig lokale und regionale Fernsehsender in audiovisueller und kultureller Hinsicht an Bedeutung gewinnen;

verabschiedete auf seiner 50. Plenartagung am 2. und 3. Juli 2003 (Sitzung vom 3. Juli) einstimmig folgende Stellungnahme.

1. Standpunkte des Ausschusses der Regionen

Neue Rahmenbedingungen

Der Ausschuss der Regionen

1.1. begrüßt die Initiative der Kommission zur Überprüfung der Richtlinie und zur Anregung einer Debatte über die mögliche Notwendigkeit der Anpassung des gemeinschaftlichen Rechtsrahmens an die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Märkte und der neuen Technologien;

1.2. ist der Auffassung, dass die Richtlinie 89/552/EWG "Fernsehen ohne Grenzen" dem audiovisuellen Sektor in Europa seit Jahren beständige und entscheidende Impulse gibt;

1.3. hält es für notwendig, dass die Kommission die Förderung der uneingeschränkten Verbreitung von Fernsehdiensten innerhalb des Binnenmarktes fortsetzt und dabei die Grundprinzipien des Gemeininteresses beachtet, darunter die des Pluralismus, der Menschenwürde, des Schutzes von Minderjährigen, Verbrauchern und des geistigen Eigentums sowie der Gewährleistung der kulturellen Vielfalt;

1.4. ist der Ansicht, dass die EU durch ihre Maßnahmen und Politiken den Übergangsprozess bis zur endgültigen Einführung des Digitalfernsehens in Europa fördern sollte, sodass sowohl die Bürger als auch die Betreiber von der Digitalisierung profitieren können.

Regionale und lokale Fernsehsender

Der Ausschuss der Regionen

1.5. unterstreicht die zunehmende Bedeutung der regionalen und lokalen Fernsehsender in Europa. Diese Sender haben eine klare soziale und kulturelle Zielsetzung und einen eindeutigen Bürgerauftrag;

1.6. stellt im Hinblick auf die Förderung der europäischen Programmindustrie fest, dass die meisten regionalen und lokalen Fernsehsender in der Regel überdurchschnittlich in Eigenproduktionen investieren und sie damit einen direkten und wirkungsvollen Beitrag zu Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit der Programmindustrie leisten;

1.7. betont, dass eine Initiative zur Förderung des Zugangs nationaler oder regionaler öffentlich-rechtlicher Fernsehsender zur Union der Europäischen Rundfunkorganisationen (UER) auch in erheblichem Maße die Ausstrahlung von Ereignissen begünstigt, die für die Gesellschaft von großer Bedeutung sind.

Von der Kommission initiierte öffentliche Anhörungen

Thema 1: Zugang zu Ereignissen von gesellschaftlicher Bedeutung

Der Ausschuss der Regionen

1.8. hält es für entscheidend, dass der Zugang zu Ereignissen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung für eine größtmögliche Zahl von Bürgern gewährleistet ist. Das Recht auf Information und die Freiheit der Meinungsäußerung setzen eine ungehinderte Informationsverbreitung voraus.

Thema 2: Förderung der kulturellen Vielfalt und der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Programmindustrie

Der Ausschuss der Regionen

1.9. ist der Auffassung, dass die künftigen gesetzgeberischen Maßnahmen zur Förderung der europäischen audiovisuellen Industrie unter Berücksichtigung der Kompetenz der Mitgliedstaaten die Einhaltung von Artikel 151 Absatz 4 des EG-Vertrags gewährleisten müssen, der die Achtung und Förderung der kulturellen Vielfalt der Gemeinschaft vorschreibt;

1.10. ist der Ansicht, dass durch die Richtlinie die konkreten Ziele in Bezug auf die Förderung europäischer Werke (vor allem der Werke von unabhängigen Produzenten) erreicht wurden, da eine positive Tendenz bei der Ausstrahlung europäischer Werke (insbesondere von unabhängigen Produzenten) festzustellen ist;

1.11. hält es für notwendig, angesichts der beim Übergang zur digitalen Produktion und Verbreitung erforderlichen Investitionen sowie des hohen Eigenproduktionsanteils der regionalen und lokalen Fernsehdienste Möglichkeiten zur Förderung der Verbreitung regionaler und lokaler Fernsehdienste anzuregen bzw. zuzulassen, um damit auch in der digitalen TV-Zukunft die kulturelle und regionale Vielfalt zu sichern;

1.12. stimmt der Auffassung zu, dass die Gemeinschaft ein umfassendes "audiovisuelles Paket" entwickeln muss, das die neue Richtlinie durch Maßnahmen zur Förderung des audiovisuellen Sektors in Europa wie dem Programm "MEDIA Plus" oder Initiative "i2i" ergänzt.

Thema 3: Schutz des Allgemeininteresses in der Fernsehwerbung sowie bei Sponsoring, Teleshopping und Eigenwerbung

Der Ausschuss der Regionen

1.13. betont, dass die Werbequoten von den Mitgliedstaaten und sogar von den Fernsehbetreibern innerhalb eines Mitgliedstaats nachweislich in unterschiedlichem Maße erfuellt werden;

1.14. begrüßt, dass die Kommission Regelungen für die Werbung, z. B. die deutliche Trennung zwischen redaktionellem Inhalt und Werbung, sowie die Kontrolle und Überwachung dieser Regelungen beibehalten will;

1.15. unterstützt die Anstrengungen der Kommission, frühzeitig Maßnahmen zur Regulierung der neuen Techniken für Fernsehwerbung festzulegen, die durch die neuen (virtuellen oder interaktiven) Technologien ermöglicht werden;

1.16. hebt hervor, dass die Finanzierung durch Werbung für die Entwicklung der audiovisuellen Industrie in Europa von grundlegender Bedeutung ist; deshalb muss diese Form der Finanzierung in allen Mitgliedstaaten gleichen Bedingungen unterliegen;

1.17. unterstützt die Initiative der Kommission zur Erarbeitung einer Rahmenrichtlinie über legale Handelspraktiken und Verhaltenskodizes auf europäischer Ebene sowie die Schaffung eines Rechtsinstruments für die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Rechtsvorschriften zuständigen Behörden.

Thema 4: Jugendschutz und öffentliche Ordnung - Das Recht auf Gegendarstellung

Der Ausschuss der Regionen

1.18. unterstützt das in der Richtlinie festgelegte Verfahren zur Gewährleistung des Schutzes von Minderjährigen, da es eine Reihe spezifischer Verbotskriterien mit der Empfangsfreiheit koppelt;

1.19. befürwortet nachdrücklich das Ziel der Kommission, Minderjährige vor Programmen, die ihre körperliche, geistige oder moralische Entwicklung beeinträchtigen könnten, zu schützen und zu gewährleisten, dass Fernsehsendungen nicht zu ethnisch, sexuell, religiös oder nationalistisch motivierter Diskriminierung beitragen. Er begrüßt in diesem Zusammenhang auch die Sonderregelung, von der ein Mitgliedstaat Gebrauch machen kann, falls aus dem Ausland empfangene Fernsehsendungen gegen nationale Rechtsvorschriften verstoßen;

1.20. unterstützt das Ziel, die unterschiedlichen Klassifikationssysteme für Programminhalte in den Mitgliedstaaten und die unterschiedlichen Distributionsmittel und -kanäle zu untersuchen, um die auf der Unterschiedlichkeit dieser Systeme beruhenden Unklarheiten zu beseitigen;

1.21. begrüßt die Absicht, die Bestimmungen über das Recht auf Gegendarstellung nicht auf das Fernsehen zu beschränken, sondern sie auf andere Medien auszuweiten.

Thema 5: Aspekte im Zusammenhang mit der Umsetzung

Der Ausschuss der Regionen

1.22. betont die Zweckmäßigkeit der Bestimmung über die Verantwortung und Zuständigkeit der Ursprungsländer von Fernsehsendungen (siehe dazu die 1997 geänderte Richtlinie): Durch diese Bestimmung wird die Möglichkeit ausgeschlossen, dass es mehr als einen zuständigen Mitgliedstaat gibt.

Thema 6: Kurzberichterstattung über Ereignisse, für die Exklusivrechte bestehen, und andere durch die Richtlinie nicht geregelte Fragen

Der Ausschuss der Regionen

1.23. begrüßt die Einführung des Rechts auf Information (des "Rechts auf Kurzberichterstattung") durch die neue Richtlinie, die vor allem der durch die Digitaltechnik ermöglichten Medien- und Sendervielfalt sowie der notwendigen Förderung des Zugangs zu diesem Recht für Zuschauer und Betreiber von regionalen und lokalen Fernsehsendern - insbesondere denen, die Minderheiten- und/oder Regionalsprachen verwenden - Rechnung trägt;

1.24. empfiehlt, die Regelung zur Ausstrahlung von Großereignissen im Free-TV unter Berücksichtigung der Besonderheiten der jeweiligen Länder weiterhin flexibel zu gestalten. Die Erstellung einer europäischen Liste von Großereignissen sollte geprüft werden;

1.25. fordert, die nächste Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen" enger mit der Richtlinie 93/83/EWG (der sog. Richtlinie "Kabel und Satellit") zu verknüpfen, um eine bessere Koordinierung der Urheberrechte zu ermöglichen;

1.26. empfiehlt, die Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen" zu einem kohärenten europäischen Rechtsrahmen zur Verbreitung audiovisueller Dienste mit abgestufter Regelungsdichte für die einzelnen Dienste umzugestalten und dabei am Grundsatz der technologischen Neutralität festzuhalten.

2. Empfehlungen

Der Ausschuss der Regionen

2.1. fordert die Kommission auf, die in der jetzigen Richtlinie eingeschlagene Marschroute fortzusetzen;

2.2. fordert die Mitgliedstaaten auf, die in ihrem Staatsgebiet existierenden Minderheiten- und Regionalsprachen dadurch anzuerkennen, dass Ereignisse von großer gesellschaftlicher Bedeutung (insbesondere Sportveranstaltungen, siehe Artikel 3 der Richtlinie) so weit möglich in den betreffenden Sprachen übertragen werden;

2.3. empfiehlt, an dem in der Richtlinie festgelegten Quotensystem zur Förderung von europäischen Werken und Arbeiten unabhängiger Produzenten festzuhalten;

2.4. schlägt vor, in der nächsten Richtlinie die Förderung der Arbeit von regionalen und lokalen Fernsehdiensten - einschließlich solchen, die Minderheiten- und/oder Regionalsprachen verwenden - vorzusehen, da diese Impulsgeber für die gesamte audiovisuelle Industrie in Europa sind;

2.5. schlägt vor, im Rahmen der Mechanismen und Instrumente zur Unterstützung europäischer Werke den Produktionen in Minderheiten- und/oder Regionalsprachen besondere Aufmerksamkeit zu schenken, um so die kulturelle Vielfalt Europas zu fördern;

2.6. schlägt vor, in der neuen Fernsehrichtlinie das Instrument der Selbstkontrolle zu stärken. Damit einhergehen muss allerdings eine staatliche Aufsicht;

2.7. empfiehlt, zum Schutz der Rechte der Konsumenten und Fernsehzuschauer die Möglichkeiten einer Senkung des Werbeanteils zu prüfen;

2.8. unterstützt die Anstrengungen der Kommission zum Schutz von Minderjährigen und den Vorschlag zur Untersuchung der unterschiedlichen Klassifikationssysteme für Fernsehinhalte in den Mitgliedstaaten;

2.9. schlägt vor, in der Richtlinie das Recht auf Information ("Recht auf Kurzberichterstattung") festzuschreiben und für eine bessere Koordinierung mit der Richtlinie 93/83/EWG ("Kabel- und Satellit") zu sorgen;

2.10. teilt die Auffassung, dass die audiovisuelle Politik auf die Förderung der für die Union charakteristischen sozialen, kulturellen und menschlichen Werte und damit auf die Stärkung und die Akzeptanz der europäischen Identität innerhalb und außerhalb des Gemeinschaftsgebiets abzielen sollte;

2.11. schlägt vor, für Regional- und Lokalfernsehsender, die ihre Inhalte in Minderheitensprachen anbieten, spezifische Fördermittel im Rahmen von Programmen und Initiativen wie "MEDIA Plus" oder "i2i" vorzusehen, um ihre Möglichkeiten zu verbessern und sie zum Abschluss von grenzüberschreitenden Kooperationsabkommen zu veranlassen.

Brüssel, den 3. Juli 2003.

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Albert Bore

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