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Document 51995AC0581

    STELLUNGNAHME DES WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSSES zu dem Vorschlag der Kommission fuer eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten fuer den Gefahrguttransport auf der Schiene

    ABl. C 236 vom 11.9.1995, p. 36–38 (ES, DA, DE, EL, EN, FR, IT, NL, PT)

    51995AC0581

    STELLUNGNAHME DES WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSSES zu dem Vorschlag der Kommission fuer eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten fuer den Gefahrguttransport auf der Schiene

    Amtsblatt Nr. C 236 vom 11/09/1995 S. 0036


    Stellungnahme zu dem Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für den Gefahrguttransport auf der Schiene () (95/C 236/09)

    Der Rat beschloß am 4. April 1995, den Wirtschafts- und Sozialausschuß gemäß Artikel 75 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu dem vorgenannten Vorschlag zu ersuchen.

    Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr und Kommunikationsmittel nahm ihre Stellungnahme am 10. Mai 1995 an. Berichterstatter war Herr Giesecke.

    Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 326. Plenartagung (Sitzung vom 31. Mai 1995) mit großer Mehrheit bei zwei Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

    1. Die Problemlage

    1.1. Mit dem Zusammenwachsen der Märkte in Europa nimmt der innereuropäische Verkehr schnell zu. Zusätzliches Wachstum bringt die Öffnung der Grenzen zu den mittel- und osteuropäischen Ländern.

    1.2. Die Bevölkerungen in Europa sind inzwischen umweltbewußt geworden und zeigen nach einigen dramatischen Unfällen ein erheblich geschärftes Gefahrenbewußtsein. Dies zwingt die Politik zum konsequenten Handeln.

    1.3. Die Verkehrsminister der europäischen Gemeinschaften haben in bezug auf die Transportsicherheit in den letzten Jahren wichtige Grundsatzentscheidungen getroffen (). Demzufolge sollen die Sicherheitsnormen in den einzelnen Mitgliedstaaten hoch angesetzt werden: in der Höhe der Standards, die für den grenzüberschreitenden Verkehr gelten. Diese einheitlichen Standards schließen dann auch Handelsverzerrungen aus.

    1.4. Zunächst wurden entsprechende Sicherheitsnormen für den Gefahrguttransport zur See und auf der Straße verabschiedet, weil sich dort spektakuläre Unfälle ereignet hatten.

    1.5. Es gibt auch ein potentielles Risiko von Gefahrguttransporten auf der Schiene: Es handelt sich in der Regel um größere Transporteinheiten als auf der Straße, und diese Mengen werden in der Regel durch Stadtgebiete befördert. Oft befinden sich Rangierbahnhöfe in Stadtzentren; beim Rangieren kann es zu Unfällen kommen. Hinzu kommt, daß besonders gefährliches Gefahrgut mehr und mehr von der Straße auf die Schiene verlagert wird.

    1.6. Auch finden z.Z. in einigen Mitgliedstaaten bei den Bahnen Umstrukturierungen in Sicht auf eine Trennung von Fahrweg und Betrieb statt.

    1.6.1. Außerdem werden neue Rechte für den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur geschaffen. Somit dürfen künftig neue Eisenbahnunternehmen auf den Plan treten und Ihre Dienste anbieten, zu denen auch die Beförderung gefährlicher Güter gehören könnte.

    1.6.2. Wegen dieser Umstrukturierung sowie schrittweisen Öffnung des Eisenbahnverkehrsmarktes muß ein Rahmen von Sicherheitsvorschriften vorhanden sein, die die Beförderung gefährlicher Güter mit der Eisenbahn auch in diesem neuen Umfeld abdecken ().

    1.6.3. Daher ist zu berücksichtigen, daß die Betreiber der Beförderungseinheiten (Waggons) wie auch die Inhaber der Schienenstrecken unterschiedliche Verantwortlichkeiten haben.

    1.7. Solange in den Mitgliedsländern ausschließlich Staatsbahnen den Schienenverkehr einschließlich Gefahrgutverkehr durchführten, konnte auf Kontrollen durch andere Behörden verzichtet werden. Dies ist angesichts der genannten Umstrukturierung nicht mehr zu vertreten.

    1.8. Der grenzüberschreitende Gefahrguttransport mit der Bahn wird zur Zeit durch die Ordnung für die internationale Eisenbahnbeförderung gefährlicher Güter (RID) geregelt, die als Anlage I von Anhang B zum Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) gehört. Die Anlagen zum RID werden entsprechend den UN-Empfehlungen zum Gefahrguttransport im 2-Jahres-Abstand aktualisiert. Sie enthalten alle relevanten Sicherheitsvorschriften und sollen vollständig und regelmäßig als Anhang dieser Richtlinie übernommen und somit auch national gültig werden. Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft sind bereits Vertragsparteien dieses Übereinkommens für grenzüberschreitende Beförderungen.

    1.9. Auf nationaler Ebene haben sich nach Ansicht der Kommission die Vorschriften in unterschiedliche Richtungen entwickelt. Gemeinschaftliche Rechtsvorschriften für die Beförderung gefährlicher Güter mit der Eisenbahn gibt es nicht; und der von den einzelnen Mitgliedstaaten im innerstaatlichen Verkehr geforderte Sicherheitsstandard unterscheidet sich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat erheblich. Ein gemeinschaftsweit gleich hoher Schutz- und Sicherheitsstandard ist folglich zur Zeit nicht gewährleistet.

    1.10. Abgesehen von den unterschiedlichen Sicherheitsvorschriften behindern darüber hinaus nach Ansicht der Kommission eine Vielzahl und auch eine Vielfalt von Rechtsvorschriften für den innerstaatlichen Gefahrgutverkehr die Freizügigkeit dieser Güter in der Gemeinschaft. Sie sind nach Ansicht der Kommission mit den Erfordernissen des Binnenmarktes nicht vereinbar.

    1.11. Im Sicherheitsbereich wird nach Ansicht der Kommission die Gefahr ernsthafter Wettbewerbsverzerrungen noch durch das Bestehen bilateraler und multilateraler Übereinkünfte zwischen den Mitgliedstaaten bzw. zwischen den Mitgliedstaaten und Drittstaaten vergrößert. Aufgrund dieser Übereinkünfte, die von den RID-Sicherheitsbestimmungen abweichende Vorschriften enthalten, könnten beispielsweise zwei Mitgliedstaaten der Gemeinschaft auf bilateraler Ebene vereinbaren, zwischen ihren beiden Hoheitsgebieten die Beförderung bestimmter gefährlicher Güter zuzulassen, obwohl diese Güter in der übrigen Gemeinschaft nicht befördert werden dürfen.

    1.12. Um so dringlicher sind einheitliche, in der gesamten Gemeinschaft gültige Sicherheitsbestimmungen für den Gefahrguttransport auf der Schiene.

    2. Der Vorschlag der Kommission

    2.1. Einheitliche Sicherheitsbestimmungen für den Gefahrguttransport auf der Schiene sind am besten gewährleistet, wenn der Inhalt des RID nicht nur im Gefahrgutverkehr zwischen, sondern auch im Verkehr innerhalb der Mitgliedstaaten für anwendbar erklärt wird.

    2.1.1. Die Verwendung des RID als Grundlage für die Harmonisierung bietet den eindeutigen Vorteil, daß auf Gemeinschaftsebene keine neuen Vorschriften oder Standards ausgearbeitet werden müssen. Für die Mitgliedstaaten wird damit nur ein geringer legislativer bzw. administrativer Mehraufwand verbunden sein.

    2.2. Ziel der Richtlinie ist es, daß das RID ab 1. Januar 1997 sowohl - wie bisher - bei grenzüberschreitenden wie auch - künftig neu - bei innerstaatlichen Beförderungen innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten angewandt wird.

    2.3. Wie schon bei den Harmonisierungsrichtlinien für den Gefahrgutverkehr auf der Straße sollen die Mitgliedstaaten das Recht haben, strengere Regeln anzuwenden bzw. Normen entsprechend den verkehrsträgerübergreifenden Empfehlungen der Vereinten Nationen für die Beförderung gefährlicher Güter, soweit das RID diese Regelungen noch nicht übernommen hat.

    2.4. Weitere Vorschriften sehen befristete Ausnahmeregelungen vor, die dem Interesse der jeweiligen Eisenbahnunternehmen entsprechen.

    3. Bemerkungen des Ausschusses

    3.1. Der Ausschuß hat sowohl die Grundsatzbeschlüsse in bezug auf die Transportsicherheit gefährlicher Güter wie auch die bisher betroffenen Entscheidungen begrüßt.

    3.1.1. In seinen Stellungnahmen hat er in Einzelfragen eher noch zu Verschärfungen geraten.

    3.2. Auch in diesem Falle begrüßt der Ausschuß die Absicht, die nationalen Vorschriften den international gültigen Vorschriften für den grenzüberschreitenden Verkehr anzupassen, die im RID-Regelwerk bereits für 34 Vertragsstaaten gelten.

    3.3. Der Ausschuß begrüßt, daß diese Richtlinie weitgehend mit der Richtlinie für den Transport gefährlicher Güter auf der Straße übereinstimmt. Damit wird der intermodale Verkehr erleichtert.

    3.4. Der Ausschuß empfiehlt zu Artikel 1 Absatz 1 des Entwurfs, daß den Mitgliedstaaten freigestellt werden sollte, ob die Beförderung von gefährlichen Gütern, die den nationalen Streitkräften gehören oder für die diese verantwortlich sind, den Vorschriften dieser Richtlinie unterliegen.

    3.4.1. Auf jeden Fall sollte gewährleistet sein, daß diese Transporte nicht hinter den Sicherheitsstandards ziviler Güter zurückbleiben.

    3.5. Der Ausschuß macht darauf aufmerksam, daß durch die von der Kommission angesprochenen Umstrukturierungen (Richtlinie 91/440/EWG) auch unterschiedliche Verantwortlichkeiten bei den für den Betrieb zuständigen und den für die Streckenführung (Trasse) zuständigen Unternehmen entstehen. Diese unterschiedlichen Verantwortlichkeiten sollten in der Richtlinie angesprochen und definiert werden.

    3.6. In Artikel 6 Absatz 9 wird der Begriff "kleine Mengen" erwähnt. Um Interpretationsprobleme zu vermeiden, schlägt der Ausschuß vor, zur Definition auf das RID und die dort in den Randnummern X O1a für die jeweiligen Klassen angegebenen Mengen zu verweisen.

    3.7. Angesichts des unter Punkt 1.7 erwähnten Strukturwandels erwartert der Ausschuß die baldige Vorlage eines Entwurfs für eine Richtlinie zur Kontrolle des Gefahrguttransportes auf der Schiene entsprechend dem Richtlinienvorschlag zur Kontrolle von Gefahrguttransporten auf der Straße ().

    3.8. Der Ausschuß ermuntert die Kommission, den jetzt noch fehlenden Richtlinienentwurf für den Gefahrguttransport im Binnenschiffsverkehr als bald vorzulegen. Eine solche Richtlinie würde den Transport gefährlicher Güter mit mehreren Verkehrsträgern (intermodaler Verkehr) wesentlich erleichtern.

    3.9. Der Ausschuß macht ferner darauf aufmerksam, daß die von der Kommission im Teil "Begründungen" gegebenen Hinweisen auf eine "Vielfalt der Rechtsvorschriften für den innerstaatlichen Verkehr" und eine Entwicklung der Vorschriften "in unterschiedliche Richtungen" bisher nicht belegt wurden und würde die Vorlage einer Synopse der einzelstaatlichen Vorschriften im Vergleich zum RID begrüßen.

    Geschehen zu Brüssel am 31. Mai 1995.

    Der Präsident

    des Wirtschafts- und Sozialausschusses

    Carlos FERRER

    () ABl. Nr. C 389 vom 31. 12. 1994, S. 15.

    () Richtlinie für den Gefahrguttransport auf der Straße; Richtlinie für die Kontrolle von Gefahrguttransporten auf der Straße; Entwurf der Richtlinie für die Bestellung und Schulung von Gefahrgutbeauftragten.

    () In der Bundesrepublik Deutschland bestehen bereits 130 private Eisenbahnunternehmen, die Schienengüterverkehr betreiben und zusätzlich zahlreihe Unternehmen, für die die Erbringung von Schienenverkehrsleistungen nur eine Nebentätigkeit darstellt. Nach deutschem Recht haben sie alle das Recht auf diskriminierungsfreien Zugang zum Schienennetz der Deutschen Bahn AG, wenn sie im Gegenzug auch ihr Netz öffnen. Weitere Unternehmen werden den Zugang zum Markt suchen.

    () Dok. KOM(93) 665 endg. - SYN 487/ABl. Nr. C 238 vom 26. 8. 1994, S. 4.

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