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Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 62004TJ0427

    Urteil des Gerichts erster Instanz (Dritte Kammer) vom 30. November 2009.
    Französische Republik (T-427/04) und France Télécom SA (T-17/05) gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
    Staatliche Beihilfen - Regelung über die Besteuerung von France Télécom im Bereich der Gewerbesteuer für die Jahre 1994 bis 2002 - Entscheidung, mit der die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wurde - Vorteil - Verjährung - Berechtigtes Vertrauen - Rechtssicherheit - Verletzung wesentlicher Formvorschriften - Kollegialität - Verteidigungsrechte und Verfahrensrechte Dritter.
    Verbundene Rechtssachen T-427/04 und T-17/05.

    Sammlung der Rechtsprechung 2009 II-04315

    ECLI-Identifikator: ECLI:EU:T:2009:474

    URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

    30. November 2009 ( *1 )

    „Staatliche Beihilfen — Regelung über die Besteuerung von France Télécom im Bereich der Gewerbesteuer für die Jahre 1994 bis 2002 — Entscheidung, mit der die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und ihre Rückforderung angeordnet wurde — Vorteil — Verjährung — Berechtigtes Vertrauen — Rechtssicherheit — Verletzung wesentlicher Formvorschriften — Kollegialität — Verteidigungsrechte und Verfahrensrechte Dritter“

    In den verbundenen Rechtssachen T-427/04 und T-17/05

    Französische Republik, zunächst vertreten durch G. de Bergues, R. Abraham und S. Ramet, dann durch G. de Bergues, S. Ramet und E. Belliard und schließlich durch G. de Bergues, E. Belliard und A.-L. Vendrolini als Bevollmächtigte,

    Klägerin in der Rechtssache T-427/04,

    France Télécom SA mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte A. Gosset-Grainville und L. Godfroid, dann Rechtsanwälte L. Godfroid, S. Hautbourg und M. van der Woude,

    Klägerin in der Rechtssache T-17/05,

    gegen

    Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Buendía Sierra und C. Giolito als Bevollmächtigte,

    Beklagte,

    wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2005/709/EG der Kommission vom 2. August 2004 über die staatliche Beihilfe, die Frankreich France Télécom gewährt hat (ABl. 2005, L 269, S. 30),

    erlässt

    DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)

    unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi, der Richterin E. Cremona und des Richters S. Frimodt Nielsen (Berichterstatter),

    Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. November 2008

    folgendes

    Urteil

    Rechtlicher Rahmen

    1. Vorschriften über staatliche Beihilfen

    1

    Nach Art. 87 Abs. 1 EG sind, soweit im EG-Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

    2

    Stellt die Kommission fest, nachdem sie den Beteiligten eine Frist zur Äußerung gesetzt hat, dass eine von einem Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nach Art. 87 EG unvereinbar ist oder dass sie missbräuchlich angewandt wird, so entscheidet sie gemäß Art. 88 Abs. 2 EG, dass der betreffende Staat die Beihilfe binnen einer von ihr bestimmten Frist aufzuheben oder umzugestalten hat.

    3

    Art. 88 Abs. 3 EG bestimmt:

    „Die Kommission wird von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, dass sie sich dazu äußern kann. Ist sie der Auffassung, dass ein derartiges Vorhaben nach Artikel 87 [EG] mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, so leitet sie unverzüglich das in Absatz 2 vorgesehene Verfahren ein. Der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat.“

    4

    Aufgrund der Bestimmungen des Art. 94 EG-Vertrag (jetzt Art. 89 EG) erließ der Rat die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG] (ABl. L 83, S. 1).

    5

    Art. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 enthält folgende Definitionen:

    „Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

    a)

    ‚Beihilfen‘ alle Maßnahmen, die die Voraussetzungen des Artikels [87] Absatz 1 [EG] erfüllen;

    b)

    ‚bestehende Beihilfen‘

    iv)

    Beihilfen, die gemäß Artikel 15 als bereits bestehende Beihilfen gelten;

    c)

    ‚neue Beihilfen‘ alle Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind …;

    d)

    ‚Beihilferegelung‘ eine Regelung, wonach Unternehmen, die in der Regelung in einer allgemeinen und abstrakten Weise definiert werden, ohne nähere Durchführungsmaßnahmen Einzelbeihilfen gewährt werden können, beziehungsweise eine Regelung, wonach einem oder mehreren Unternehmen nicht an ein bestimmtes Vorhaben gebundene Beihilfen für unbestimmte Zeit und/oder in unbestimmter Höhe gewährt werden können;

    e)

    ‚Einzelbeihilfen‘ Beihilfen, die nicht aufgrund einer Beihilferegelung gewährt werden, und einzelne anmeldungspflichtige Zuwendungen aufgrund einer Beihilferegelung;

    f)

    ‚rechtswidrige Beihilfen‘ neue Beihilfen, die unter Verstoß gegen Artikel [88] Absatz 3 [EG] eingeführt werden;

    h)

    ‚Beteiligte‘ Mitgliedstaaten, Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, deren Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können, insbesondere der Beihilfeempfänger, Wettbewerber und Berufsverbände.“

    6

    Aus Art. 7 Abs. 5 der Verordnung Nr. 659/1999, der nach Art. 13 Abs. 1 der Verordnung auf die rechtswidrigen Beihilfen anwendbar ist, ergibt sich, dass eine „Negativentscheidung“ die Unvereinbarkeit einer solchen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt feststellt und die Einführung der Beihilfe verbietet.

    7

    Art. 14 der Verordnung Nr. 659/1999, der die Rückforderung rechtswidriger Beihilfen betrifft, bestimmt:

    „(1)   In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern (nachstehend ‚Rückforderungsentscheidung‘ genannt). Die Kommission verlangt nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde.

    (2)   Die aufgrund einer Rückforderungsentscheidung zurückzufordernde Beihilfe umfasst Zinsen, die nach einem von der Kommission festgelegten angemessenen Satz berechnet werden. Die Zinsen sind von dem Zeitpunkt, ab dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung zahlbar.

    (3)   Unbeschadet einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften nach Artikel [242 EG] erfolgt die Rückforderung unverzüglich und nach den Verfahren des betreffenden Mitgliedstaats, sofern hierdurch die sofortige und tatsächliche Vollstreckung der Kommissionsentscheidung ermöglicht wird. Zu diesem Zweck unternehmen die betreffenden Mitgliedstaaten im Fall eines Verfahrens vor nationalen Gerichten unbeschadet des Gemeinschaftsrechts alle in ihren jeweiligen Rechtsordnungen verfügbaren erforderlichen Schritte einschließlich vorläufiger Maßnahmen.“

    8

    Die Notwendigkeit einer Frist, nach deren Ablauf die rechtswidrigen Beihilfen nicht mehr zurückgefordert werden können, wird im 14. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 659/1999 angesprochen, wo es heißt: „Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte in Bezug auf rechtswidrige Beihilfen eine Frist von zehn Jahren festgesetzt werden, nach deren Ablauf keine Rückforderung mehr angeordnet werden kann.“

    9

    Die Vorschriften über die Frist und die Folgen des Fristablaufs sind in Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 niedergelegt:

    „(1)   Die Befugnisse der Kommission zur Rückforderung von Beihilfen gelten für eine Frist von zehn Jahren.

    (2)   Diese Frist beginnt mit dem Tag, an dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger entweder als Einzelbeihilfe oder im Rahmen einer Beihilferegelung gewährt wird. Jede Maßnahme, die die Kommission oder ein Mitgliedstaat auf Antrag der Kommission bezüglich der rechtswidrigen Beihilfe ergreift, stellt eine Unterbrechung der Frist dar. Nach jeder Unterbrechung läuft die Frist von neuem an. Die Frist wird ausgesetzt, solange die Entscheidung der Kommission Gegenstand von Verhandlungen vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist.

    (3)   Jede Beihilfe, für die diese Frist ausgelaufen ist, gilt als bestehende Beihilfe.“

    2. Vorschriften über den Erlass der Entscheidungen der Kommission

    10

    Art. 219 EG enthält die Bestimmungen über den Erlass der Entscheidungen durch die Kommission. Dort heißt es:

    „Die Beschlüsse der Kommission werden mit der Mehrheit der in Artikel 213 [EG] bestimmten Anzahl ihrer Mitglieder gefasst.

    Die Kommission kann nur dann wirksam tagen, wenn die in ihrer Geschäftsordnung festgesetzte Anzahl von Mitgliedern anwesend ist.“

    11

    Art. 1 der vorliegend anwendbaren Geschäftsordnung der Kommission (ABl. 2000, L 308, S. 26) lautet:

    „Die Kommission handelt als Kollegium nach Maßgabe dieser Geschäftsordnung unter der politischen Führung ihres Präsidenten.“

    12

    Art. 4 der Geschäftsordnung der Kommission bestimmt:

    „Die Kommission fasst ihre Beschlüsse

    a)

    in gemeinschaftlicher Sitzung

    oder …

    c)

    im Ermächtigungsverfahren gemäß Artikel 13 …“

    13

    Art. 13 Abs. 2 der Geschäftsordnung der Kommission lautet:

    „Sie kann … eines oder mehrere ihrer Mitglieder beauftragen, im Einvernehmen mit dem Präsidenten den Wortlaut eines Beschlusses oder eines den übrigen Organen vorzulegenden Vorschlags, dessen wesentlichen Inhalt sie bereits in ihren Beratungen festgelegt hat, endgültig anzunehmen.“

    Sachverhalt

    1. Gründung von France Télécom

    14

    Die Klägerin, die France Télécom SA, ist eine Aktiengesellschaft französischen Rechts, deren satzungsmäßiger Gegenstand insbesondere die Leistung elektronischer Kommunikationsdienste im In- und Ausland und die Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben ist. Hierzu gehören gegebenenfalls auch die Universaldienstleistungen im Fernmeldewesen sowie die zwingend vorgeschriebenen Dienstleistungen, die Einrichtung, die Entwicklung und der Betrieb aller öffentlichen elektronischen Kommunikationsnetze und die Einrichtung und der Betrieb aller Netze zur Verbreitung von Hörfunk-, Fernseh- oder Multimediaprogrammen.

    15

    Bis 1990 wurde die Tätigkeit von France Télécom von einer Abteilung des französischen Ministeriums für Post und Telekommunikation (im Folgenden: PTT) ausgeübt. France Télécom wurde als juristische Person des öffentlichen Rechts sui generis mit Wirkung ab 1. Januar 1991 durch das Gesetz 90-568 vom über die Organisation des öffentlichen Post- und Telekommunikationsdienstes (JORF vom , S. 8069) errichtet. Aufgrund des Gesetzes 96-660 vom über das staatliche Unternehmen France Télécom (JORF vom , S. 11398) wurde France Télécom mit Wirkung ab in ein Staatsunternehmen umgewandelt, dessen Kapital zur Zeit der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Ereignisse zu mehr als 50% unmittelbar oder mittelbar vom Staat gehalten wurde. France Télécom unterlag somit dem Gesetz 90-568 und im Übrigen den Rechtsvorschriften über die Aktiengesellschaften, soweit diese mit dem genannten Gesetz vereinbar waren.

    2. Gewerbesteuerpflicht von France Télécom

    Allgemeine Regelung der Gewerbesteuer

    16

    Die Gewerbesteuer ist eine Gemeindesteuer, die gesetzlich geregelt und im Code général des impôts (Steuergesetzbuch, im Folgenden: CGI) kodifiziert ist.

    17

    Nach Art. 1447-I und Art. 1478-I CGI wird die Gewerbesteuer jährlich von natürlichen oder juristischen Personen erhoben, die am 1. Januar eine selbständige gewerbliche Tätigkeit ausüben.

    18

    Nach Art. 1448 CGI wird die Gewerbesteuer entsprechend der Leistungsfähigkeit des Abgabenpflichtigen festgesetzt, die nach wirtschaftlichen Kriterien anhand der Bedeutung der Tätigkeit beurteilt wird, die der Abgabenpflichtige im Gebiet der begünstigten Körperschaft ausübt.

    19

    Die Gewerbesteuer ist somit eine Steuer, deren Bemessungsgrundlage nicht der Gewinn ist, der aus der Tätigkeit des Unternehmens erzielt wird, sondern — zur Zeit der dem Rechtsstreit zugrunde liegenden Ereignisse — ein Bruchteil des Wertes der Produktionsfaktoren, nämlich Kapital und Arbeit, die der Abgabenpflichtige in der jeweiligen Gemeinde, in der die Steuer erhoben wird, einsetzt.

    20

    Nach Art. 1467 Abs. 1 CGI in der für die Steuererhebung in den Jahren 1994 bis 2002 geltenden Fassung bestand daher die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer für die der Körperschaftsteuer unterliegenden juristischen Personen zum einen aus dem Mietwert der Sachanlagen, über die der Abgabenpflichtige für Zwecke seiner gewerblichen Tätigkeit im Bezugszeitraum verfügt hatte, und zum anderen aus einem Bruchteil der während dieses Bezugszeitraums gezahlten Gehälter.

    21

    Nach Art. 1467 A CGI ist der oben in Randnr. 20 genannte Bezugszeitraum das vorletzte Jahr vor dem Jahr der Besteuerung, wenn das Geschäftsjahr mit dem Kalenderjahr zusammenfällt, oder, wenn dies nicht der Fall ist, das im vorletzten Jahr vor dem Jahr der Besteuerung abgeschlossene Geschäftsjahr.

    22

    Art. 1473 CGI bestimmt, dass die Gewerbesteuer in der jeweiligen Gemeinde, in der der Abgabenpflichtige über Räume und Grundstücke verfügt, unter Berücksichtigung des Mietwerts der in ihr belegenen oder ihr angegliederten Vermögensgegenstände einerseits und der an das Personal gezahlten Gehälter andererseits erhoben wird.

    23

    Die Steuerbemessungsgrundlagen sind vom Abgabenpflichtigen nach Art. 1477 CGI mitzuteilen.

    24

    Die Steuersätze, die auf die Bemessungsgrundlagen angewandt werden, werden jedes Jahr von den beratenden Versammlungen der Gebietskörperschaften, denen die Steuer zugutekommt — also in erster Linie die Stadträte, Generalräte und Regionalräte —, nach den in den Art. 1636 B Buchst. e ff. CGI aufgeführten Bedingungen beschlossen.

    Für France Télécom geltende Vorschriften

    Grundsatz der Besteuerung nach dem allgemeinen Steuerrecht

    25

    Das Gesetz 90-568, das der Errichtung von France Télécom (siehe oben, Randnr. 15) und von La Poste zugrunde liegt, sieht in Kapitel IV besondere Vorschriften für die Besteuerung vor.

    26

    Art. 18 CGI bestimmt, dass France Télécom vorbehaltlich der Ausnahmen der Art. 19 und 21 den Steuern und Abgaben nach den in Art. 1654 CGI aufgeführten Bedingungen unterworfen ist. Die Vorschrift hat zur Folge, dass France Télécom grundsätzlich Steuern und Abgaben aller Art nach den Bedingungen des allgemeinen Steuerrechts unterliegt wie Privatunternehmen, die entsprechende Geschäfte tätigen.

    Pauschalabgabe

    27

    Art. 19 enthält eine erste vorläufige Abweichung von diesem Grundsatz. Nach dieser Vorschrift durfte France Télécom bis zum 1. Januar 1994 nur den Steuern und Abgaben unterworfen werden, die tatsächlich vom Staat getragen werden. France Télécom hatte daher insbesondere weder Körperschaftsteuer noch Gemeindesteuern — zu denen auch die Gewerbesteuer zählt — zu entrichten. Im Gegenzug hatte France Télécom für die Jahre 1991 bis 1993 einen Beitrag zu entrichten, der jährlich durch das Haushaltsgesetz bis zu einem Betrag festgelegt wurde, dessen Basis vor der Aktualisierung dem Saldo entsprach, der durch den Zusatzhaushalt Telekommunikation für das Jahr 1989 frei wurde (im Folgenden: Pauschalabgabe).

    Steuersonderregelung

    28

    Art. 21 des Gesetzes 90-568 betraf die für France Télécom und La Poste ab 1994 geltende Regelung für Gemeindesteuern.

    29

    Aus den Vorschriften des Art. 21 Nr. I des Gesetzes 90-568 ergab sich, dass France Télécom ab 1994 abweichend von Art. 1473 CGI (siehe oben, Randnr. 22) am Ort ihrer Hauptniederlassung steuerpflichtig war.

    30

    Die Steuer, die sich für die Berechnung der Besteuerungsgrundlagen nach den allgemeinen Regeln des CGI richtete (Art. 21 Nr. I 2), wurde unter Heranziehung eines landesweiten gewichteten Durchschnittssteuersatzes erhoben, dem die Steuersätze zugrunde lagen, die im vorhergehenden Jahr von allen lokalen Gebietskörperschaften beschlossen worden waren (Art. 21 Nr. I 4).

    31

    Auf France Télécom wurde ferner ein Satz von 1,9% statt 8% für Verwaltungskosten angewandt, ein Zusatzbetrag, den der Staat als Ausgleich für den Aufwand erhob, der der Finanzverwaltung durch die Festlegung der Aufgaben und die Beitreibung der Gewerbesteuer zugunsten der lokalen Gebietskörperschaften entstand.

    32

    Die durch die Steuer aufgebrachten Mittel waren an den Staat bzw., was den Teil betrifft, der die für 1994 entrichteten Steuerbeträge überstieg, die jährlich entsprechend den Änderungen des Verbraucherpreisindex angepasst wurden, an den nationalen Ausgleichsfonds für die Gewerbesteuer zu zahlen (Art. 21 Nr. I 6).

    33

    Diese besonderen Bedingungen für die Besteuerung im Bereich der Gewerbesteuer (im Folgenden: Steuersonderregelung) wurden in Art. 1635 Buchst. e CGI kodifiziert. Die Steuersonderregelung sah für ihre Geltung keine Begrenzung vor.

    34

    Bezüglich France Télécom setzte jedoch Art. 29 des Gesetzes 2002-1575 vom 30. Dezember 2002, des Haushaltsgesetzes für 2003, die Steuersonderregelung mit Wirkung ab Beginn des Veranlagungszeitraums 2003 außer Kraft.

    3. Verwaltungsverfahren

    35

    Die „Association des collectivités territoriales pour le retour de la taxe professionnelle de France Télécom et de La Poste dans le droit commun“ (Verband der Gebietskörperschaften für die Rückführung der Gewerbesteuer von France Télécom und La Poste in das allgemeine Steuerrecht) legte am 13. März 2001 bei der Kommission eine Beschwerde ein, mit der geltend gemacht wurde, dass die Steuersonderregelung eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe sei. Die Beschwerdeführerin bezog sich insbesondere auf den Einnahmeverlust, den die Anwendung eines landesweiten gewichteten Durchschnittssteuersatzes für bestimmte Gemeinden zur Folge haben würde.

    36

    Aufgrund dieser Beschwerde beschloss die Kommission am 28. Juni 2001, das Vorprüfungsverfahren bezüglich der Steuersonderregelung einzuleiten. Sie richtete deswegen ein Auskunftsverlangen an die Französische Republik.

    37

    Mit Schreiben vom 26. September 2001 beantwortete die Französische Republik das Auskunftsverlangen mit dem Hinweis, dass die Steuersonderregelung keine staatliche Beihilfe sei, weil sie France Télécom keinen Vorteil verschaffe und für den Staat nicht zu einem Einnahmeverlust führe.

    38

    Am 30. Januar 2003 erließ die Kommission einen Beschluss über die Einleitung eines förmlichen Prüfverfahrens gemäß Art. 88 Abs. 2 EG insbesondere bezüglich der Gewerbesteuerbefreiung, die France Télécom von 1991 bis 1993 zugutekam, und der Steuersonderregelung (im Folgenden: Beschluss über die Einleitung des Verfahrens). Der Beschluss über die Einleitung des Verfahrens wurde der Französischen Republik mit Schreiben vom mitgeteilt. Auf Antrag der französischen Behörden stellte die Kommission am eine berichtigte Fassung dieses Beschlusses zu. In dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens bewertete die Kommission den Vorteil, der France Télécom eingeräumt worden war, auf ungefähr 1 Mrd. FRF pro Jahr seit 1994 (Randnrn. 73 und 74). Der Beschluss über die Einleitung des Verfahrens wurde am veröffentlicht (ABl. C 57, S. 5).

    39

    Am 4. April und legte die Französische Republik Erklärungen zum Beschluss über die Einleitung des Verfahrens vor. Die französischen Behörden widersprachen insbesondere der Bewertung der Beihilfenhöhe und machten geltend, dass die besondere Steuerregelung für France Télécom in ihrer Gesamtheit betrachtet werden müsse und dass somit die Analyse der Kommission den Betrag der Pauschalabgabe berücksichtigen müsse, mit der France Télécom für die Jahre 1991 bis 1993 belastet worden sei. Ferner stelle die für France Télécom geltende Steuerregelung keine Steuerbefreiung, sondern eine Besteuerung dar, die spezifischen Besonderheiten entspreche, die mit der Problematik staatlicher Beihilfen nichts zu tun hätten. In dem genannten Schriftsatz legten die französischen Behörden auch eine erste Simulation vor (im Folgenden: Schätzung vom ), der statistische Schätzungen zugrunde lagen, denen zufolge für den Zeitraum 1991 bis 2002 eine Überbesteuerung von France Télécom in Höhe von mindestens 1,4 Mrd. Euro, ohne Aktualisierung, vorlag.

    40

    In der Folge des Beschlusses über die Einleitung des Verfahrens gingen zwischen dem 21. März und dem bei der Kommission Stellungnahmen von elf Beteiligten ein. France Télécom dagegen gab in diesem Stadium keine schriftlichen Erklärungen ab. Die genannten Stellungnahmen wurden mit Schreiben vom an die Französische Republik weitergeleitet. Die französischen Behörden nahmen hierzu mit Schreiben vom und Stellung.

    41

    Bei der Kommission gingen danach weitere Informationen von mehreren Beteiligten ein. Sie ersuchte die Französische Republik mit Schreiben vom 11. September 2003 um zusätzliche Auskünfte. Die französischen Behörden antworteten auf dieses Ersuchen mit Schreiben vom . Mit Schreiben vom wurde ein weiteres Auskunftsersuchen an die Französische Republik gerichtet, das mit Schreiben vom beantwortet wurde. Die Kommission übermittelte ein erneutes Auskunftsersuchen mit Schreiben vom .

    42

    Eine Zusammenkunft zwischen Vertretern der Kommission, der Französischen Republik und von France Télécom fand am 22. Januar 2004 statt.

    43

    Mit Schreiben vom 26. Januar 2004 teilte die Französische Republik der Kommission den konkreten Betrag der Gewerbesteuer mit, den France Télécom für das Jahr 2003 abzuführen hatte. Dieser Betrag war niedriger als nach den Berechnungen, auf deren Grundlage die Schätzung vom erstellt worden war.

    44

    Mit Schreiben vom 2. Februar 2004 richtete die Kommission ein weiteres Auskunftsersuchen an die Französische Republik, die hierauf mit Schreiben vom antwortete.

    45

    Weitere Stellungnahmen wurden von Beteiligten in der Zeit vom 19. März bis zum vorgelegt. Sie wurden der Französischen Republik am und übermittelt.

    46

    Am 1. Juni 2004 richtete die Kommission an die Französische Republik ein Auskunftsersuchen, das mit Ausnahme der Gewerbesteuer und der Körperschaftsteuer die Steuern betraf, von denen France Télécom möglicherweise für die Jahre 1991 bis 1993 befreit gewesen war.

    47

    Am 16. Juni 2004 legten die Vertreter der Französischen Republik im Rahmen einer Zusammenkunft mit den Vertretern der Kommission und den Vertretern von France Télécom eine vorläufige Antwort auf die im Schreiben vom gestellte Frage vor.

    48

    France Télécom nahm am 22. Juni 2004 Stellung.

    49

    Eine Zusammenkunft zwischen Vertretern der Kommission, der Französischen Republik und von France Télécom fand am 23. Juni 2004 statt.

    50

    France Télécom nahm am 30. Juni und erneut schriftlich Stellung.

    51

    Mit Fax vom 5. Juli 2004 betonte die Französische Republik, dass es sich bei ihren Berechnungen nur um Näherungswerte handele, überreichte jedoch eine weitere Simulation der finanziellen Folgen, die die Anwendung der Regelung über die Besteuerung von France Télécom im Bereich der Gewerbesteuer für die Zeit von 1991 bis 2002 haben würde (im Folgenden: Schätzung vom ). Diese weitere Berechnung, die auf der Grundlage der Gewerbesteuer erstellt worden war, die France Télécom für 2003 tatsächlich abzuführen hatte, ließ erkennen, dass während des genannten Zeitraums eine Überbesteuerung von France Télécom in Höhe von über 1,7 Mrd. Euro, ohne Aktualisierung, vorlag.

    52

    Am 13., , und übermittelte die Französische Republik zwei Erläuterungen und zusätzliche Auskünfte insbesondere über die für die Schätzung vom angewandte Methode.

    4. Angefochtene Entscheidung

    53

    Am 19. und stimmte das Kollegium der Mitglieder der Kommission in seiner 1667. Sitzung dem Entscheidungsentwurf zu, in dem festgestellt wurde, dass France Télécom aufgrund der Steuersonderregelung während der Zeit von 1994 bis 2002 eine staatliche Beihilfe erhalten habe (im Folgenden: fragliche Beihilfe), und ermächtigte das für Wettbewerbsfragen zuständige Kommissionsmitglied, im Einvernehmen mit dem Präsidenten die endgültige Fassung der Entscheidung in französischer Sprache — der verbindlichen Sprachfassung — nach „juristisch-sprachlicher Überarbeitung“ anzunehmen.

    54

    Am 2. August 2004 erließ die Kommission die Entscheidung K (2004) 3064 endg. über die staatliche Beihilfe, die Frankreich France Télécom gewährt hat (im Folgenden: angefochtene Entscheidung). Sie wurde der Französischen Republik am zugestellt. Die Fassung der angefochtenen Entscheidung, die der Französischen Republik zugestellt wurde, enthielt mehrere Abweichungen von der Fassung, die das Kollegium der Mitglieder der Kommission am genehmigt hatte.

    55

    Am 8. September 2004 beantragte France Télécom bei der Kommission, ihr den Entwurf der angefochtenen Entscheidung, dem das Kollegium der Mitglieder der Kommission zugestimmt hatte, sowie die der Französischen Republik übermittelte Fassung der angefochtenen Entscheidung zu übersenden.

    56

    Mit Schreiben vom 14. September 2004 bestätigten die Dienststellen des Generalsekretariats der Kommission den Eingang dieses Antrags und teilten France Télécom mit, dass sie nach der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) binnen fünfzehn Arbeitstagen eine Antwort erhalten werde.

    57

    Da die Kommission nicht antwortete, reichte France Télécom am 28. Oktober 2004 gemäß Art. 7 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 einen Zweitantrag ein.

    58

    Die angeforderten Dokumente wurden France Télécom am 11. November 2004 übermittelt.

    59

    Am 19. Januar 2005 stellte die Kommission der Französischen Republik eine Berichtigung zu, mit der sie den am und genehmigten Wortlaut wiederherstellte.

    60

    Die korrigierte Fassung der angefochtenen Entscheidung wurde im Amtsblatt der Europäischen Union am 14. Oktober 2005 unter dem Aktenzeichen 2005/709/EG (ABl. 2005, L 269, S. 30) veröffentlicht.

    61

    In der angefochtenen Entscheidung befand die Kommission, dass die Pauschalabgabe, die Art. 19 des Gesetzes 90-568 für die Jahre 1991 bis 1993 vorgesehen habe, als Ersatz für die Gewerbesteuer angesehen werden könne, die normalerweise für die genannten Jahre zu erheben gewesen wäre. Die Befreiung von der Gewerbesteuer während des genannten Zeitraums stelle daher keine staatliche Beihilfe dar (Erwägungsgründe 22 bis 33 und 53 der angefochtenen Entscheidung).

    62

    Dagegen war die Kommission der Ansicht, dass mit der Steuersonderregelung, die von 1994 bis 2002 anwendbar gewesen sei, eine staatliche Beihilfe eingeführt worden sei, die sich aus der Differenz zwischen der Steuer, die France Télécom nach den Bedingungen des allgemeinen Steuerrechts zu tragen gehabt hätte, und dem Betrag der Gewerbesteuer ergebe, mit dem sie tatsächlich belastet worden sei (im Folgenden: Steuergefälle). Diese neue Beihilfe, die rechtswidrig unter Verstoß gegen Art. 88 Abs. 3 EG durchgeführt worden sei, sei außerdem nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar. Sie müsse daher zurückgefordert werden (Erwägungsgründe 34 bis 53 der angefochtenen Entscheidung).

    63

    Die Einordnung der Steuersonderregelung als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG begründete die Kommission wie folgt.

    64

    Erstens nannte die Kommission die Gründe, aus denen ihrer Meinung nach das Argument der französischen Behörden zurückzuweisen sei, dass der für den Zeitraum 1994 bis 2002 festgestellte Vorteil durch die Pauschalabgabe, die France Télécom während des Zeitraums von 1991 bis 1993 zu entrichten gehabt habe, mehr als ausgeglichen worden sei (Erwägungsgründe 35 bis 41 der angefochtenen Entscheidung).

    65

    Zunächst machte die Kommission geltend, das Gesetz 90-568 habe zwei aufeinanderfolgende und getrennte Steuerregelungen eingeführt: zum einen eine für 1991 bis 1993 anwendbare Steuerbefreiungsregelung, mit der die Steuern des allgemeinen Steuerrechts, u. a. die Gewerbesteuer, durch eine Pauschalabgabe ersetzt worden seien, und zum anderen eine besondere Ausnahmeregelung, nach der die Gewerbesteuer nicht mehr erhoben worden sei; diese sei ursprünglich ab 1994 anwendbar gewesen und mit Beginn des Veranlagungszeitraums 2003 außer Kraft getreten (Erwägungsgründe 36 und 38 der angefochtenen Entscheidung).

    66

    Sodann wies die Kommission im 37. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass nach der Rechtsprechung eine Beihilfe, die einem Unternehmen gewährt werde, nicht durch eine besondere Belastung für dasselbe Unternehmen ausgeglichen werden könne (Urteil des Gerichtshofs vom 2. Juli 1974, Italien/Kommission, 173/73, Slg. 1974, 709).

    67

    Die Kommission war daher der Auffassung, sie könne nicht zulassen, dass das Steuergefälle, das France Télécom in der Zeit von 1994 bis 2002 zugutegekommen sei, durch die Pauschalabgabe ausgeglichen werde, die von 1991 bis 1993 entrichtet worden sei und die weder speziell durch das Gesetz 90-568 noch durch ihre Berechnungsweise an die Gewerbesteuer geknüpft gewesen sei (38. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

    68

    Die Kommission war ferner der Auffassung, dass die fragliche Pauschalabgabe eher der Zahlung einer Ergebnisbeteiligung an den Kapitaleigner als einer Besteuerung gleiche. Nur ausnahmsweise habe die Kommission daher zulassen können, dass diese Abgabe die vollständige Befreiung von der Gewerbesteuer, in deren Genuss France Télécom von 1991 bis 1993 gekommen sei, ausgeglichen habe. Eine normale Anwendung des Rechts hätte dagegen diese Befreiung als eine staatliche Beihilfe erscheinen lassen, deren Betrag dem des Steuergefälles hinzuzurechnen gewesen wäre, der France Télécom ab 1994 nach der Steuersonderregelung zugutegekommen sei (Erwägungsgründe 38 und 39 der angefochtenen Entscheidung).

    69

    Schließlich stellte die Kommission fest, dass das Vorbringen, wonach die geringere Besteuerung von France Télécom ab 1994 durch die Zahlungen von France Télécom zugunsten des Staates von 1991 bis 1993 auszugleichen sei, voraussetze, dass die sich nach dem allgemeinen Steuerrecht ergebende Überbesteuerung von France Télécom zu einer Steuergutschrift umdefiniert werde, was sich aus dem Gesetz 90-568 nicht ergebe. Diese nachträgliche theoretische Rechtfertigung entspreche auch nicht der normalen Anwendung des französischen Steuerrechts, sondern bezwecke allein, die Rückforderung der staatlichen Beihilfe zu vermeiden, die France Télécom gewährt worden sei (40. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

    70

    Zweitens ist die Kommission der Ansicht, dass das Steuergefälle für France Télécom einen Vorteil dargestellt habe, der aus Mitteln gewährt worden sei, die dem Staatshaushalt hätten zufließen müssen, und somit eine staatliche Beihilfe gewesen sei (42. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

    71

    Drittens weist die Kommission in den Erwägungsgründen 43 und 44 der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass sie im Stadium der Entscheidung über das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe nicht das Argument der Französischen Republik habe berücksichtigen können, wonach für die Bestimmung des konkreten Vorteils für France Télécom die Verkürzung der Bemessungsgrundlagen der Körperschaftsteuer hätte berücksichtigt werden müssen, zu der die Zahlung der höheren Gewerbesteuer geführt hätte (Urteil des Gerichts vom 8. Juni 1995, Siemens/Kommission, T-459/93, Slg. 1995, II-1675).

    72

    Viertens wies die Kommission die Argumente der Französischen Republik zurück, wonach die fragliche Beihilfe aufgrund der Vorschriften über die Verjährung nach Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 nicht zurückgefordert werden könne, und kam zum Ergebnis, dass die fragliche Beihilfe eine neue Beihilfe, nicht aber eine bestehende Beihilfe sei (45. Erwägungsgrund).

    73

    Zum einen wies die Kommission darauf hin, dass der Ablauf der Frist nach Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 nicht dazu geführt habe, dass eine neue Beihilfe in eine bestehende Beihilfe umgewandelt worden sei, sondern lediglich dazu, dass die Kommission gehindert sei, die Rückforderung der Beihilfen anzuordnen, die mehr als zehn Jahre vor Eintritt der Verjährung gewährt worden seien (Erwägungsgründe 46 bis 48 der angefochtenen Entscheidung).

    74

    Zum anderen macht die Kommission geltend, dass das Gesetz 90-568 eine Beihilferegelung eingeführt habe und dass die eventuelle Verjährung nur die Beihilfen betreffen könne, die im Rahmen dieser Regelung gewährt worden seien, nicht aber die Regelung selbst. Der Bezugspunkt für die Frist sei daher der Tag, an dem die einzelne Beihilfe France Télécom tatsächlich gewährt worden sei, d. h. in jedem Jahr der Tag, an dem die Gewerbesteuer fällig gewesen sei (49. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

    75

    Schließlich stellte die Kommission fest, dass die Frist durch das Auskunftsersuchen an die Französische Republik vom 28. Juni 2001 unterbrochen worden sei (50. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

    76

    Die Kommission gelangte daher zum Ergebnis, dass, da die erste festgestellte Beihilfe für das Jahr 1994 gewährt worden sei, also weniger als zehn Jahre vor dem 28. Juni 2001, die fragliche Beihilfe in voller Höhe zurückgefordert werden müsse (51. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

    77

    Fünftens führte die Kommission aus, dass die französischen Behörden keinerlei präzises Argument zur Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt geltend gemacht hätten und dass die Kommission keine rechtliche Grundlage erkenne, aufgrund deren die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden könne (52. Erwägungsgrund).

    78

    Die Kommission gelangte deshalb im 53. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zum Ergebnis, dass erstens die für die Zeit von 1991 bis 1993 für France Télécom geltende Gewerbesteuerregelung keine staatliche Beihilfe darstelle und dass zweitens das Besteuerungsgefälle, das France Télécom während des Zeitraums von 1994 bis 2002 aufgrund der Steuersonderregelung zugutegekommen sei, eine staatliche Beihilfe darstelle, die mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar und rechtswidrig durchgeführt worden sei. Sie müsse daher zurückgefordert werden.

    79

    Der genaue Betrag, der zurückzufordern sei, habe jedoch angesichts der voneinander abweichenden Informationen, die von den französischen Behörden im Rahmen des Verwaltungsverfahrens vorgelegt worden seien, nicht bestimmt werden können. Die Kommission schätzte, dass sich die Beihilfe, die zurückzufordern sei, auf einen Betrag zwischen 798 Mio. und 1,14 Mrd. Euro ohne Zinsen belaufe (Erwägungsgründe 54 bis 59).

    80

    Im 54. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung bezog sich die Kommission auf einen Bericht, der dem französischen Parlament von der Generaldirektion für Steuern im November 2001 vorgelegt worden war; danach würde „die unverzügliche Normalisierung der Besteuerung von France Télécom hinsichtlich der Gewerbesteuer bei unverändertem Steuersatz zu einem Steuermehraufwand von etwa 198 Mio. EUR für das Unternehmen führen“.

    81

    Im Übrigen stützte sich die Kommission auf die Schätzung vom 15. Mai 2003, deren Ergebnisse in Form einer Tabelle im 54. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung dargestellt werden. Nach den von den französischen Behörden zur Verfügung gestellten Zahlen hätte sich die kumulierte theoretische Besteuerung nach dem allgemeinen Steuerrecht für die Jahre 1994 bis 2002 auf 8,362 Mrd. Euro belaufen. Die kumulierte tatsächliche Besteuerung des Unternehmens für die genannten Jahre gemäß der Steuersonderregelung beziffere sich auf 7,222 Mrd. Euro. Das Besteuerungsgefälle, das France Télécom während des Zeitraums 1994 bis 2002 zugutegekommen sei, belaufe sich somit auf 1,14 Mrd. Euro.

    82

    Die Kommission stellte ferner fest, dass ihr die französischen Behörden mit Schreiben vom 29. Januar 2004 den Betrag der Steuern, der sich zulasten von France Télécom für das Jahr 2003 nach dem allgemeinen Steuerrecht ergebe (773 Mio. Euro), mitgeteilt und bestätigt hätten, dass die Schätzung vom zutreffend sei (55. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Erst bei den Zusammenkünften am und hätten die französischen Behörden die Verlässlichkeit dieser Zahlen in Frage gestellt (Erwägungsgründe 56 und 57 der angefochtenen Entscheidung).

    83

    Am 5. Juli 2004 hätten die französischen Behörden eine neue Schätzung vorgelegt. Diese Schätzung komme zu abweichenden, in Form einer Tabelle im 58. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Ergebnissen. Die kumulierte theoretische Besteuerung von France Télécom nach dem allgemeinen Steuerrecht für die Jahre 1994 bis 2002 sei auf 8,02 Mrd. Euro gedrückt worden. Das Steuergefälle, das France Télécom für den Zeitraum 1994 bis 2002 zugutegekommen sei, belaufe sich demnach auf 798 Mio. Euro.

    84

    Angesichts der widersprüchlichen Angaben, die die Französische Republik während des Verwaltungsverfahrens gemacht habe, könne die Kommission den Betrag, der zurückzufordern sei, nicht bestimmen; er liege jedoch zwischen 798 Mio. Euro und 1,14 Mrd. Euro zuzüglich Zinsen. Der genaue Betrag, der zurückzufordern sei, müsse von den französischen Behörden gemäß ihrer Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit im Stadium der Durchführung der angefochtenen Entscheidung festgelegt werden (Erwägungsgründe 59 und 60 der angefochtenen Entscheidung).

    85

    Nach alledem lautet der Tenor der angefochtenen Entscheidung wie folgt:

    Artikel 1

    Die staatliche Beihilfe, die [die Französische Republik] France Télécom rechtswidrig unter Verstoß gegen Artikel 88 Absatz 3 [EG] durch die Gewerbesteuerregelung für dieses Unternehmen in der Zeit vom 1. Januar 1994 bis … gewährt hat, ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.

    Artikel 2

    (1)   [Die Französische Republik] ergreift alle notwendigen Maßnahmen, um die in Artikel 1 genannte Beihilfe von France Télécom zurückzufordern.

    (2)   Die Rückforderung erfolgt unverzüglich nach den nationalen Verfahren, sofern diese die sofortige, tatsächliche Vollstreckung der Entscheidung ermöglichen.

    (3)   Die zurückzufordernden Beihilfen umfassen Zinsen von dem Zeitpunkt an, ab dem die Beihilfen dem Empfänger zur Verfügung standen, bis zu ihrer Rückzahlung.

    Artikel 3

    [Die Französische Republik] teilt der Kommission innerhalb von zwei Monaten nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung die Maßnahmen mit, die [sie] zu treffen beabsichtigt und die [sie] bereits getroffen hat, um der Entscheidung nachzukommen. Dabei verwendet [die Französische Republik] den im Anhang zu dieser Entscheidung beigefügten Fragebogen.

    Artikel 4

    Diese Entscheidung ist an die Französische Republik gerichtet.“

    86

    Am 25. Oktober 2006 erhob die Kommission Klage beim Gerichtshof auf Feststellung, dass die Französische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 2 und 3 der angefochtenen Entscheidung sowie aus den Art. 249 Abs. 4 EG und 10 EG verstoßen hat, dass sie die genannte Entscheidung nicht fristgerecht durchgeführt hat.

    87

    Mit Urteil vom 18. Oktober 2007, Kommission/Frankreich (C-441/06, Slg. 2007, I-8887), hat der Gerichtshof der Klage der Kommission stattgegeben.

    Verfahren und Anträge der Parteien

    88

    Mit Klageschrift, die am 13. Oktober 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Französische Republik eine Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen T-427/04 in das Register der Kanzlei eingetragen worden ist.

    89

    Mit Klageschrift, die am 10. Januar 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat France Télécom eine Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen T-17/05 in das Register der Kanzlei eingetragen worden ist.

    90

    Mit Schriftsatz, der am 23. Mai 2008 bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht worden ist, hat France Télécom gemäß Art. 50 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts die Verbindung der Rechtssachen T-427/04 und T-17/05 zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung beantragt.

    91

    Die Kommission und die Französische Republik haben zu diesem Antrag am 16. bzw. Stellung genommen.

    92

    Mit Beschluss vom 19. September 2008 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts die Rechtssachen T-427/04 und T-17/05 gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung zu gemeinsamem mündlichen Verfahren und gemeinsamer Entscheidung verbunden.

    93

    Das Gericht (Dritte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters den Parteien schriftliche Fragen zu den Auswirkungen des Urteils Kommission/Frankreich, oben in Randnr. 87 angeführt, auf die vorliegenden verbundenen Rechtssachen sowie zu den Konsequenzen, die die Parteien aus diesem Urteil gezogen haben, gestellt und beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen.

    94

    Die Parteien haben die schriftlichen Fragen des Gerichts fristgerecht beantwortet. Die Französische Republik hat insbesondere erklärt, dass sie ihren fünften Klagegrund fallen lasse.

    95

    Die Parteien haben in der Sitzung am 18. November 2008 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

    96

    Mit Beschluss vom 24. März 2009 hat das Gericht (Dritte Kammer) die mündliche Verhandlung wiedereröffnet, um Fragen an die Kommission zu richten und den Klägerinnen die Möglichkeit zu geben, zu den Antworten der Kommission Stellung zu nehmen. Die Kommission und France Télécom haben ihre Antwort und ihre Stellungnahme fristgerecht eingereicht.

    97

    Die Französische Republik und France Télécom beantragen,

    die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

    der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

    98

    Die Kommission beantragt,

    die Klagen als unbegründet abzuweisen;

    den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

    Rechtliche Würdigung

    1. Zusammenfassung der Nichtigkeitsgründe

    99

    Die Französische Republik beruft sich zur Begründung ihrer Klage auf vier Klagegründe. Mit dem ersten macht sie geltend, die Kommission habe einen offensichtlichen Ermessensfehler und einen Rechtsfehler begangen, als sie die Ansicht vertreten habe, dass die von 1994 bis 2002 geltende Steuersonderregelung France Télécom einen Vorteil verschafft habe. Mit dem zweiten Klagegrund macht die Französische Republik eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte geltend. Mit dem dritten Klagegrund führt die Französische Republik aus, die angefochtene Entscheidung verstoße mit der Anordnung der Rückforderung der fraglichen Beihilfe gegen Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999. Der hilfsweise vorgebrachte vierte Klagegrund wird darauf gestützt, dass die angefochtene Entscheidung durch die Anordnung der Rückforderung der fraglichen Beihilfe gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoße.

    100

    France Télécom stützt ihre Klage auf fünf Klagegründe. Mit dem ersten Klagegrund macht sie die Verletzung ihrer Verteidigungsrechte geltend. Mit dem zweiten Klagegrund, der sich in vier Teile gliedert, macht France Télécom geltend, die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung drei offensichtliche Ermessensfehler sowie einen Rechtsfehler begangen, als sie die Ansicht vertreten habe, dass France Télécom einen Vorteil erlangt habe. Mit dem dritten Klagegrund wird die Verletzung des Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 gerügt. Der vierte Klagegrund, der auf die Verletzung des Art. 14 der genannten Verordnung gestützt wird, gliedert sich in zwei Teile. Mit dem ersten Teil wird ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes gerügt, da die Maßnahme, deren Rückforderung angeordnet worden sei, keine staatliche Beihilfe darstelle. Der zweite Teil wird auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit gestützt, da die Höhe der zurückzufordernden Beihilfe nicht berechnet werden könne. Mit dem fünften Klagegrund macht France Télécom geltend, die Berichtigungen, die das für Wettbewerbsfragen zuständige Kommissionsmitglied an der angefochtenen Entscheidung nach deren Erlass durch das Kollegium der Kommissionsmitglieder vorgenommen habe, stellten mit Ausnahme der orthografischen oder grammatikalischen Berichtigungen eine Verletzung der für den Erlass der Entscheidungen der Kommission geltenden Regeln dar.

    101

    Das Gericht hält es für angebracht, zuerst den fünften Klagegrund von France Télécom zu prüfen, mit dem ein Verstoß gegen die für den Erlass der Entscheidungen der Kommission geltenden Regeln gerügt wird.

    2. Zur Einhaltung der für den Erlass der Entscheidungen der Kommission geltenden Regeln

    Vorbringen der Parteien

    102

    Mit ihrem fünften Klagegrund vertritt France Télécom die Auffassung, die Kommission habe dadurch gegen das Kollegialprinzip verstoßen, dass sie das für Wettbewerbsfragen zuständige Kommissionsmitglied ermächtigt habe, eine „juristisch-sprachliche Überarbeitung“ des endgültigen Textes der angefochtenen Entscheidung vorzunehmen, und den Gebrauch dieser Ermächtigung nicht kontrolliert habe.

    103

    Das Kollegialprinzip, das auf Art. 219 EG zurückgehe, beruhe auf der Gleichheit der Mitglieder der Kommission bei der Teilnahme an der Entscheidungsfindung. Daher dürften am Wortlaut einer Entscheidung nach ihrer förmlichen Annahme durch das Kollegium der Kommissionsmitglieder nur noch rein orthografische oder grammatikalische Anpassungen vorgenommen werden, weil jede andere Änderung in die ausschließliche Zuständigkeit des Kollegiums falle (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juni 1994, Kommission/BASF u. a., C-137/92 P, Slg. 1994, I-2555, Randnr. 68).

    104

    Diese Regeln seien im vorliegenden Fall nicht eingehalten worden, da ein Vergleich zwischen der Fassung, die das Kollegium der Kommissionsmitglieder in ihrer 1667. Sitzung am 20. Juli 2004 genehmigt habe, und der Fassung, die der Französischen Republik am zugestellt worden sei, zwei bedeutende Änderungen erkennen lasse, die deutlich über bloße orthografische oder grammatikalische Anpassungen hinausgingen.

    105

    Erstens enthalte der 55. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung in der zugestellten Fassung den folgenden, in der vom Kollegium genehmigten Fassung nicht enthaltenen Satz:

    „Die Kommission stellt fest, dass das Schreiben vom 29. Januar 2004 die Richtigkeit der im Schreiben vom dargelegten Schätzungsmethode bestätigt.“

    106

    Zweitens sei im 59. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung in der zugestellten Fassung das Wort „vorläufig“ entfernt worden, das sich auf die Spanne beziehe, innerhalb deren der Betrag der fraglichen Beihilfe liege.

    107

    Diese Änderungen erstreckten sich auf grundlegende rechtliche Aspekte der angefochtenen Entscheidung, nämlich auf die Verlässlichkeit der von der Kommission herangezogenen Schätzungsmethode, obwohl das Kollegium der Mitglieder sich nicht in der Lage gesehen habe, einen Betrag oder auch nur eine Spanne abschließend festzulegen. In ihrer Antwort auf schriftliche Fragen, die das Gericht nach der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gestellt hat, hat France Télécom darauf hingewiesen, dass der Begriff „vorläufig“ bei den Beratungen des Kollegiums ausdrücklich hinzugefügt worden sei. Der Satz dagegen, der im 55. Erwägungsgrund der beschlossenen Fassung der angefochtenen Entscheidung eingefügt worden sei und aus dem sich ergebe, dass die Französische Republik die Richtigkeit der Methoden anerkannt habe, mit denen der Vorteil für France Télécom geschätzt worden sei, beinhalte sachlich unzutreffende Angaben, die in dem vom Kollegium genehmigten Wortlaut nicht enthalten gewesen seien. Die Berichtigungen, die an der Entscheidung vorgenommen worden seien, hätten somit unter Verstoß gegen das Kollegialprinzip den Inhalt der Entscheidung verändert.

    108

    In ihrer Erwiderung macht France Télécom geltend, nach der Rechtsprechung des Gerichts könne die Kommission nach Eingang des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes einen wesentlichen Formfehler der angefochtenen Entscheidung nicht durch eine einfache rückwirkende Berichtigung heilen.

    109

    Die Kommission führt aus, die festgestellten Unterschiede zwischen dem von dem Kollegium genehmigten Text und der zugestellten Fassung der angefochtenen Entscheidung seien ohne Bedeutung, da sie sich nicht auf den Inhalt der Entscheidung auswirkten. Auf jeden Fall sei am 19. Januar 2005 eine Berichtigung erstellt und am selben Tag der Französischen Republik zugestellt worden, die den Wortlaut der zugestellten Fassung der angefochtenen Entscheidung an den vom Kollegium der Mitglieder der Kommission bei ihrer 1667. Sitzung genehmigten Entscheidungsentwurf angeglichen habe.

    110

    In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission die Unterschiede zwischen dem Entscheidungsentwurf, den das Kollegium der Mitglieder der Kommission genehmigt hatte, und der der Französischen Republik zugestellten Fassung damit erklärt, dass sich die „juristisch-sprachliche Überarbeitung“ nach der Genehmigung des Entwurfs durch die Mitglieder irrtümlich auf einen anderen Text gestützt habe als den, der dem Kollegium vorgelegen habe.

    111

    In ihrer Antwort auf schriftliche Fragen, die das Gericht nach der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gestellt hat, hat die Kommission zunächst geltend gemacht, das Kollegium ihrer Mitglieder habe am 19. und einen grundsätzlichen Text genehmigt und das für Wettbewerbsfragen zuständige Mitglied ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Präsidenten die endgültige Fassung der angefochtenen Entscheidung zu beschließen und diese zu erlassen.

    112

    Die Kommission führte sodann aus, da die formalen Unterschiede zwischen dem Entscheidungsentwurf, der in der Sitzung vom 19. und genehmigt worden sei, und der Fassung der angefochtenen Entscheidung, die am erlassen worden sei, weder die Tatsachen noch die rechtlichen Erwägungen in Frage stellten, auf denen die angefochtene Entscheidung beruhe, sei das für Wettbewerbsfragen zuständige Mitglied nicht über den Rahmen der ihm vom Kollegium erteilten Ermächtigung hinausgegangen.

    113

    Schließlich sei, da die angefochtene Entscheidung in ihrer Fassung vom 2. August 2004 rechtmäßig erlassen worden sei, eine Berichtigung rechtlich nicht erforderlich gewesen. Es habe ihr jedoch frei gestanden, den Text des vom Kollegium am genehmigten Entwurfs wiederherzustellen, wie sie es durch die Berichtigung vom , die das Kollegium speziell genehmigt habe, getan habe.

    Würdigung durch das Gericht

    114

    Es ist unstreitig, dass das Kollegium der Mitglieder der Kommission bei seiner Zusammenkunft am 19. und einen begründeten Entscheidungsentwurf genehmigte, in dem die Rechtswidrigkeit und Unvereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt und ihre Rückforderung angeordnet wurde. Das Kollegium ermächtigte ferner das für Wettbewerbsfragen zuständige Mitglied, im Einvernehmen mit dem Präsidenten die endgültige Fassung der Entscheidung in französischer Sprache — der verbindlichen Sprachfassung — nach „juristisch-sprachlicher Überarbeitung“ anzunehmen. Die angefochtene Entscheidung wurde dann am erlassen und am der Französischen Republik zugestellt.

    115

    Die Parteien sind sich darin einig, und es folgt auch aus den Akten, dass die der Französischen Republik am 3. August 2004 zugestellte Fassung der angefochtenen Entscheidung gegenüber dem Text, den das Kollegium der Kommissionsmitglieder in der Sitzung vom und genehmigte, gewisse Unterschiede aufwies. Unstreitig ist auch, dass diese Unterschiede durch eine Berichtigung vom korrigiert wurden. Am selben Tag, d. h. nach Erhebung der vorliegenden Klagen, stellte die Kommission der Französischen Republik eine konsolidierte Fassung des angefochtenen Beschlusses zu, in der die Berichtigungen enthalten waren.

    116

    Nach Art. 219 EG werden die Beschlüsse der Kommission mit der Mehrheit der Zahl ihrer Mitglieder gefasst. Dieses Kollegialitätsprinzip beruht auf der Gleichheit der Mitglieder der Kommission bei der Teilnahme an der Entscheidungsfindung und impliziert insbesondere, dass die Entscheidungen gemeinsam beraten werden und dass alle Mitglieder des Kollegiums für sämtliche erlassenen Entscheidungen politisch gemeinsam verantwortlich sind (Urteil des Gerichtshofs vom 23. September 1986, AKZO Chemie und AKZO Chemie UK/Kommission, 5/85, Slg. 1986, 2585, Randnr. 30).

    117

    Zwar kann die Kommission, ohne gegen das Kollegialitätsprinzip zu verstoßen, eines ihrer Mitglieder ermächtigen, bestimmte Arten von Maßnahmen der Geschäftsführung und der Verwaltung zu treffen (Urteil AKZO Chemie und AKZO Chemie UK/Kommission, oben in Randnr. 116 angeführt, Randnr. 37), doch setzen die Entscheidungen, mit denen sich die Kommission zum Vorhandensein einer staatlichen Beihilfe, zur Vereinbarkeit dieser Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt und zur Erforderlichkeit einer Rückforderungsanordnung äußert, eine Prüfung komplexer Sach- und Rechtsfragen voraus und können grundsätzlich nicht als Maßnahme der Geschäftsführung und der Verwaltung eingestuft werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 27. April 1995, ASPEC u. a./Kommission, T-435/93, Slg. 1995, II-1281, Randnrn. 103 bis 114). Da somit der verfügende Teil und die Begründung derartiger Entscheidungen, die nach Art. 253 EG mit Gründen zu versehen sind, ein unteilbares Ganzes darstellen, ist es nach dem Kollegialitätsprinzip ausschließlich Sache des Kollegiums, beide zugleich anzunehmen (vgl. entsprechend Urteil Kommission/BASF u. a., oben in Randnr. 103 angeführt, Randnrn. 66 und 67).

    118

    Es ist somit grundsätzlich Sache des Kollegiums der Mitglieder der Kommission, die endgültige Fassung der Entscheidungen über das Vorhandensein staatlicher Beihilfen und über die Vereinbarkeit der Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt anzunehmen. Nach dieser Annahme dürfen am Wortlaut der Entscheidung nur noch rein orthografische oder grammatikalische Anpassungen vorgenommen werden; jede andere Änderung fällt in die ausschließliche Zuständigkeit des Kollegiums (vgl. entsprechend Urteil Kommission/BASF u. a., oben in Randnr. 103 angeführt, Randnr. 68).

    119

    Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass, wie dies auch in Art. 13 Abs. 2 der Geschäftsordnung der Kommission in der zum Zeitpunkt der Annahme der angefochtenen Entscheidung geltenden Fassung bestimmt ist (ABl. 2000, L 308, S. 26), das Kollegium der Mitglieder der Kommission eines oder mehrere Kommissionsmitglieder beauftragt, den endgültigen Wortlaut eines Beschlusses, dessen wesentlichen Inhalt es bereits in seinen Beratungen festgelegt hat, anzunehmen. Hat das Kollegium von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, hat der mit der Frage der ordnungsgemäßen Ausübung der genannten Ermächtigung befasste Gemeinschaftsrichter zu prüfen, ob die fragliche Entscheidung mit allen ihren tatsächlichen und rechtlichen Bestandteilen als vom Kollegium erlassen angesehen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil ASPEC u. a./Kommission, oben in Randnr. 117 angeführt, Randnr. 122).

    120

    Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Protokoll der 1667. Sitzung des Kollegiums der Mitglieder der Kommission, die am 19. und stattfand, dass das Kollegium die „im Dokument C (2004) 2651/12 wiedergegebene“ Entscheidung über die fragliche Beihilfe genehmigte und „[das für Wettbewerbsfragen zuständige Mitglied] im Einvernehmen mit [dem Präsidenten] ermächtigte, die endgültige Fassung [der] fraglichen [Entscheidung] in der verbindlichen französischen Sprache nach juristisch-sprachlicher Überarbeitung anzunehmen“. Die Fassung der angefochtenen Entscheidung, die am angenommen und am folgenden Tag der Französischen Republik zugestellt wurde, zeigte jedoch mindestens in zwei Punkten Abweichungen von dem Entwurf, den das Kollegium der Mitglieder der Kommission genehmigt hatte. Somit ist zu prüfen, ob, wie France Télécom behauptet, diese Abweichungen wesentlich waren, so dass die angefochtene Entscheidung mit allen ihren tatsächlichen und rechtlichen Bestandteilen nicht als vom Kollegium erlassen angesehen werden kann.

    121

    Zum einen enthielt die angefochtene Entscheidung, die am 2. August 2004 erging, am Ende des 55. Erwägungsgrundes den folgenden, in dem vom Kollegium der Kommissionsmitglieder genehmigten Wortlaut nicht vorkommenden Satz:

    „Die Kommission stellt fest, dass das Schreiben vom 29. Januar 2004 die Richtigkeit der im Schreiben vom dargelegten Schätzungsmethode bestätigt.“

    122

    Zum anderen fehlte in der Fassung der am 2. August 2004 ergangenen Entscheidung im 59. Erwägungsgrund das Wort „vorläufig“, das im Satzteil „die Kommission … ist der Auffassung, dass [France Télécom] eine staatliche Beihilfe erhalten hat, deren vorläufiger Betrag zwischen 798 Mio. EUR und 1140 Mio. EUR an Kapital liegt“ enthalten war, der sich in dem vom Kollegium der Mitglieder der Kommission genehmigten Text befunden hatte.

    123

    Zunächst ist festzustellen, dass sich die Unterschiede, die zwischen der am 2. August 2004 ergangenen Fassung der angefochtenen Entscheidung und dem vom Kollegium der Mitglieder der Kommission am genehmigten Entwurf bestehen, nach den Erläuterungen der Kommission in der mündlichen Verhandlung, die von den als Anlage zu den Antworten auf die der Kommission im Anschluss an die mündliche Verhandlung gestellten Fragen vorgelegten Dokumenten bestätigt wurden (siehe oben, Randnr. 111), daraus ergeben, dass bei der „juristisch-sprachlichen Überarbeitung“, die nach der Beratung des Kollegiums stattfand, irrtümlich ein anderer als der vom Kollegium genehmigte Text verwendet wurde. Aus dem Wortlaut des Protokolls der 1667. Sitzung des Kollegiums der Mitglieder der Kommission ergibt sich indessen, dass das Kollegium nicht den endgültigen Wortlaut der angefochtenen Entscheidung verabschieden wollte, sondern dass es die endgültige Festlegung des Wortlauts dem für Wettbewerbsfragen zuständigen Mitglied im Einvernehmen mit dem Präsidenten der Kommission übertrug.

    124

    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der am Ende des 55. Erwägungsgrundes der am 2. August 2004 ergangenen Fassung der angefochtenen Entscheidung eingefügte Satz, wenn man ihn in seinem Zusammenhang betrachtet, nur einen Kommentar darstellt, mit dem der im vorhergehenden Satz geäußerte Gedanke ausgeführt wird, wonach die französischen Behörden „betonten, dass die Rückrechnung dieses Betrags auf die vorhergehenden Jahre ihre Meinung bestätige und bestärke, da sie die Überbesteuerung von [France Télécom] gegenüber der allgemeinen Steuerpflicht zeige“. Die Anfügung des fraglichen Satzes hat daher weder tatsächlich noch rechtlich die Begründung der angefochtenen Entscheidung wesentlich geändert.

    125

    Auch das Weglassen des Begriffs „vorläufig“ im 59. Erwägungsgrund der am 2. August 2004 ergangenen Fassung der angefochtenen Entscheidung ist als solches ohne Bedeutung. Obwohl nämlich das Wort „vorläufig“ im 59. Erwägungsgrund der berichtigten Fassung der angefochtenen Entscheidung enthalten ist, hat der Gerichtshof festgestellt, dass der in diesem Erwägungsgrund herangezogene Mindestbetrag als Mindestbetrag der zurückzufordernden Beihilfe anzusehen ist. Der Gerichtshof hat daher das Vorbringen zurückgewiesen, wonach die im 59. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung aufgeführten Beträge nur Hinweischarakter hätten und nicht rechtlich bindend seien (Urteil Kommission/Frankreich, oben in Randnr. 87 angeführt, Randnrn. 31, 33 und 35).

    126

    Überdies macht France Télécom in ihrer Stellungnahme zu den Antworten der Kommission zu Unrecht geltend, das Kollegium habe den Begriff „vorläufig“ in den von ihm genehmigten Text „eingefügt“. Wie sich aus den von der Kommission im Anschluss an die Fragen des Gerichts übermittelten Dokumenten ergibt, war der Begriff nämlich bereits in der Fassung enthalten, die dem Kollegium vorgelegt wurde.

    127

    Unter diesen Umständen widerspricht das Weglassen des Begriffs „vorläufig“ im 59. Erwägungsgrund der ergangenen Fassung der angefochtenen Entscheidung nicht dem ausdrücklichen Willen des Kollegiums der Mitglieder der Kommission und änderte nicht die Tragweite der Begründung der angefochtenen Entscheidung.

    128

    Da somit die formalen Unterschiede zwischen der am 2. August 2004 ergangenen Fassung der angefochtenen Entscheidung und dem Wortlaut, den das Kollegium der Mitglieder der Kommission am und genehmigt hatte, keine Auswirkungen auf die Tragweite der angefochtenen Entscheidung hatten, kann die angefochtene Entscheidung mit allen ihren tatsächlichen und rechtlichen Bestandteilen als vom Kollegium erlassen angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil ASPEC u. a./Kommission, oben in Randnr. 117 angeführt, Randnr. 122). Das Vorbringen von France Télécom, das für Wettbewerbsfragen zuständige Mitglied sei im Einvernehmen mit dem Präsidenten über den Rahmen der ihm vom Kollegium erteilten Ermächtigung hinausgegangen, und die angefochtene Entscheidung sei deshalb unter Verstoß gegen das Kollegialprinzip ergangen, ist daher unbegründet.

    129

    Die Kommission konnte daher, ohne dass sie hierzu verpflichtet gewesen wäre, den in der Sitzung des Kollegiums vom 19. und genehmigten grundsätzlichen Text wie geschehen durch eine vom Kollegium ihrer Mitglieder verabschiedete Berichtigung wiederherstellen und eine konsolidierte Fassung der angefochtenen Entscheidung mit den Berichtigungen auch noch nach Erhebung der Klagen durch die Klägerinnen zustellen.

    130

    Der von France Télécom geltend gemachte fünfte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

    3. Zur Wahrung der Verteidigungsrechte gegenüber der Französischen Republik

    Vorbringen der Parteien

    131

    Die Französische Republik macht mit ihrem zweiten Klagegrund geltend, die Kommission habe die angefochtene Entscheidung unter Verletzung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens und unter Verstoß gegen ihre Verteidigungsrechte erlassen.

    132

    Sie weist darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung die Wahrung der Verteidigungsrechte in einem Verfahren, das zu einer beschwerenden Maßnahme führen könne, ein elementarer Grundsatz des Gemeinschaftsrechts sei, der selbst dann zu wahren sei, wenn es keine spezifischen Vorschriften gebe. Nach diesem Grundsatz sei demjenigen, gegen den die Kommission ein Verwaltungsverfahren eingeleitet habe, Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der behaupteten Tatsachen und Umstände sowie zu den von der Kommission für ihre Behauptung einer Verletzung des Gemeinschaftsrechts herangezogenen Unterlagen Stellung zu nehmen (Urteil des Gerichtshofs vom 10. Juli 1986, Belgien/Kommission, 40/85, Slg. 1986, 2321, Randnr. 28).

    133

    Die Kommission habe die Regelung, die durch die Art. 18 bis 21 des Gesetzes 90-568 eingeführt worden sei, in dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens zunächst als „abweichende Steuerregelung“ bewertet und sich sodann auf den teilweise nichtsteuerlichen Charakter der Pauschalabgabe gestützt, um den Ausgleich zwischen dem Zeitraum von 1991 bis 1993 zum einen und dem Zeitraum von 1994 bis 2002 zum anderen abzulehnen. Das Argument, dass die Pauschalabgabe zum Teil eine Ergebnisbeteiligung darstelle, sei aber im Rahmen des Verwaltungsverfahrens nicht erwähnt worden, und die Französische Republik habe dazu nicht Stellung nehmen können. Da dieses Argument die Grundlage der angefochtenen Entscheidung bilde, müsse diese für nichtig erklärt werden.

    134

    Der Umstand, dass die Französische Republik während des Verwaltungsverfahrens die Möglichkeit gehabt habe, zum vorläufigen Standpunkt der Kommission, wonach die Pauschalabgabe insgesamt als Ergebnisbeteiligung bewertet werden könne, Stellung zu nehmen, könne nicht zur Zurückweisung des auf die Verteidigungsrechte gestützten Klagegrundes führen, da zum einen die Kommission die fragliche Abgabe in der angefochtenen Entscheidung nicht als Beteiligung bewertet habe — sondern der Auffassung gewesen sei, dass es sich teils um eine Steuer, teils um eine Beteiligung handele — und zum anderen diese gemischte Bewertung, zu der die Französische Republik vor Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht habe Stellung nehmen können, einen bestimmenden Einfluss auf das Ergebnis des Verfahrens gehabt habe.

    135

    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

    Würdigung durch das Gericht

    136

    Nach ständiger Rechtsprechung ist die Gewährung rechtlichen Gehörs in allen Verfahren, die gegen eine Person eingeleitet werden und zu einer den Betreffenden beschwerenden Maßnahme führen können, ein elementarer Grundsatz des Gemeinschaftsrechts. Nach diesem Grundsatz ist demjenigen, gegen den die Kommission ein Verwaltungsverfahren eingeleitet hat, im Laufe dieses Verfahrens Gelegenheit zu geben, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der behaupteten Tatsachen und Umstände sowie zu den von der Kommission für ihre Behauptung einer Verletzung des Gemeinschaftsrechts herangezogenen Unterlagen gebührend Stellung zu nehmen (Urteil Belgien/Kommission, oben in Randnr. 132 angeführt, Randnr. 28; Urteile des Gerichts vom 30. März 2000, Kish Glass/Kommission, T-65/96, Slg. 2000, II-1885, Randnr. 32, und vom , Westdeutsche Landesbank Girozentrale und Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, T-228/99 und T-233/99, Slg. 2003, II-435, Randnr. 121).

    137

    Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Kommission ein förmliches Prüfverfahren eröffnen muss, sobald sie nach Abschluss einer vorläufigen Prüfung ernsthafte Zweifel an der Vereinbarkeit der betreffenden Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt hat. Folglich kann die Kommission nicht verpflichtet sein, in ihrer Mitteilung über die Eröffnung des förmlichen Verfahrens eine abschließende Untersuchung der fraglichen Maßnahme vorzulegen. Erforderlich ist allerdings, dass die Kommission den Rahmen ihrer Prüfung so genau festlegt, dass sich der Mitgliedstaat, gegen den das Verfahren eröffnet wurde, zu allen Gesichtspunkten rechtlicher und tatsächlicher Art äußern kann, die die Gründe für die abschließende Entscheidung bilden, mit der die Kommission über die Vereinbarkeit der betreffenden Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt entscheidet (vgl. in diesem Sinne entsprechend Urteil des Gerichts vom 31. Mai 2006, Kuwait Petroleum [Nederland]/Kommission, T-354/99, Slg. 2006, II-1475, Randnr. 85).

    138

    Der bloße Umstand, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ihre Bewertung der Natur der Pauschalabgabe änderte, kann daher nur dann zu einer Verletzung der Verteidigungsrechte der Französischen Republik führen, wenn die französischen Behörden aufgrund der Angaben, die in dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens enthalten waren oder später im Zusammenhang mit der streitigen Erörterung im Verwaltungsverfahren gemacht wurden, nicht in der Lage waren, zu allen in der angefochtenen Entscheidung herangezogenen Gesichtspunkten rechtlicher und tatsächlicher Art gebührend Stellung zu nehmen. Dagegen können die Unterschiede zwischen der angefochtenen Entscheidung und dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens, die sich daraus ergeben, dass die Kommission ganz oder teilweise den Argumenten der Französischen Republik folgte, nicht zu einer Verletzung der Verteidigungsrechte dieses Mitgliedstaats führen.

    139

    Mit dem Hinweis im 63. Erwägungsgrund des Beschlusses über die Einleitung des Verfahrens, dass die Pauschalabgabe „eher einer Abgabe auf das Geschäftsergebnis von [France Télécom] als eine besondere Art der Gewerbesteuererhebung zu Lasten von [France Télécom] zu sein [scheint]“, ermöglichte es die Kommission der Französischen Republik, im Verwaltungsverfahren zur Natur der genannten Abgabe Stellung zu nehmen. Aus den Erklärungen der französischen Regierung in der mündlichen Verhandlung ergibt sich im Übrigen, dass in dem Verfahren die Frage erörtert wurde, ob der Besteuerungsüberschuss, der infolge dieser von der Französischen Republik erhobenen Abgabe entstanden sein soll, durch die Gewerbesteuerbefreiung, in deren Genuss France Télécom von 1991 bis 1993 kam, sowie durch das Steuergefälle, in dessen Genuss France Télécom von 1994 bis 2002 kam, ausgeglichen werden kann. In dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens hatte die Kommission aber gerade die Unmöglichkeit, den Ausgleich zwischen der Pauschalabgabe und der von France Télécom für die Jahre 1991 bis 1993 zu entrichtenden Gewerbesteuer zuzulassen, auf die nichtsteuerliche Natur der Abgabe zurückgeführt. Die in dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens enthaltenen Angaben ermöglichten es daher der Französischen Republik, die Einstufung der Pauschalabgabe, die die Kommission dann vornehmen wollte, in Frage zu stellen.

    140

    Unter diesen Umständen bedeutet die Tatsache, dass die Kommission in dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens der Pauschalabgabe jeden steuerlichen Charakter absprechen wollte, dann aber in der angefochtenen Entscheidung, in der sie die Auffassung vertrat, dass die Abgabe gemischter — teils steuerlicher, teils nichtsteuerlicher — Natur sei, ihre Bewertung änderte, nicht, dass die Kommission ihre Pflicht verletzt hat, den Rahmen ihrer Prüfung so genau festzulegen, dass sich die Französische Republik zu allen Gesichtspunkten rechtlicher und tatsächlicher Art äußern kann, die die Begründung für die angefochtene Entscheidung bilden.

    141

    Da, wie bereits ausgeführt, die Kommission in dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens ferner in Abrede stellte, dass die Pauschalabgabe als Steuer angesehen werden könne, war sie ursprünglich der Auffassung, dass die Ersetzung der für 1991 bis 1993 zu entrichtenden Gewerbesteuer durch die genannte Abgabe auf den ersten Blick nicht zugelassen werden dürfe und dass daher die vollständige Gewerbesteuerbefreiung, in deren Genuss France Télécom für diese Jahre gekommen war, als staatliche Beihilfe eingestuft werden könne. Die „gemischte“ Einstufung dagegen, von der schließlich in der angefochtenen Entscheidung ausgegangen wurde, bewog die Kommission zu der Annahme, dass die Gewerbesteuer, die France Télécom für die Jahre 1991 bis 1993 zu entrichten hatte, durch die Pauschalabgabe ersetzt worden sei. Die Unterschiede zwischen der angefochtenen Entscheidung und dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens ergeben sich daher daraus, dass den Argumenten, die die Französische Republik im Verwaltungsverfahren dargelegt hatte, teilweise gefolgt wurde, was keine Verletzung der Verteidigungsrechte dieses Mitgliedstaats darstellen kann.

    142

    Das Vorbringen der Französischen Republik, ihre Verteidigungsrechte seien verletzt worden, ist daher unbegründet. Infolgedessen ist ihr zweiter Klagegrund zurückzuweisen.

    4. Zur Wahrung der Verfahrensrechte von France Télécom

    Vorbringen der Parteien

    143

    France Télécom räumt ein, dass die Beteiligten eines Verfahrens, das die Kommission im Bereich staatlicher Beihilfen eingeleitet habe, nicht dieselben Rechte wie der Mitgliedstaat hätten, gegen den sich die Entscheidung richte, vertritt jedoch die Ansicht, dass ihre Verteidigungsrechte — deren Wahrung in allen Verfahren, die gegen eine Person eingeleitet würden und zu einer den Betreffenden beschwerenden Maßnahme führen könnten, ein elementarer Grundsatz des Gemeinschaftsrechts sei und auch dann sichergestellt werden müsse, wenn eine besondere Regelung fehle — verletzt worden seien.

    144

    Mit ihrem ersten Klagegrund macht France Télécom geltend, sie habe zur „gemischten“ Natur der Pauschalabgabe, auf die sich die Kommission gestützt habe, um das Vorhandensein der fraglichen Beihilfe zu belegen, nicht gebührend Stellung nehmen können (Erwägungsgründe 31 bis 33 der angefochtenen Entscheidung). Zuvor habe die Kommission weder in dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens noch in ihren späteren Schriftsätzen oder bei den Zusammenkünften, die im Rahmen des Verfahrens stattgefunden hätten, zu verstehen gegeben, dass sie in der genannten Abgabe teils eine Steuer, teils eine Transferleistung zugunsten des Eigentümers sehe. Die Abgabe sei vielmehr in dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens als Steuer eingestuft worden, und die Kommission habe dann die Auffassung vertreten, das Gesetz 90-568 habe eine einheitliche Steuerregelung für den Zeitraum 1991 bis 2002 eingeführt (Randnr. 33 des Beschlusses über die Einleitung des Verfahrens). Die angefochtene Entscheidung beruhe daher auf Tatsachen und Erwägungen, zu denen France Télécom nicht habe Stellung nehmen können. Die Kommission könne ihr daher nicht vorwerfen, dass sie im Anschluss an den Beschluss über die Einleitung des Verfahrens nicht schriftlich Stellung genommen habe; die Zusammenkünfte im Juni 2004 hätten sich nicht mit der Frage des Ausgleichs, sondern mit der Berechnung der angeblichen staatlichen Beihilfe befasst.

    145

    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

    Würdigung durch das Gericht

    146

    Nach ständiger Rechtsprechung wird das Verwaltungsverfahren in Beihilfesachen nur gegen den betroffenen Mitgliedstaat eingeleitet. Die durch Beihilfen begünstigten Unternehmen gelten in diesem Verfahren nur als „Beteiligte“ (vgl. in diesem Sinne Urteile Westdeutsche Landesbank Girozentrale und Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, oben in Randnr. 136 angeführt, Randnr. 122, und Kuwait Petroleum [Nederland]/Kommission, oben in Randnr. 137 angeführt, Randnr. 80).

    147

    Diese Rechtsprechung weist den Beteiligten im Wesentlichen die Rolle von Informationsquellen für die Kommission im Rahmen des nach Art. 88 Abs. 2 EG eingeleiteten Verwaltungsverfahrens zu. Daraus folgt, dass die Beteiligten keineswegs einen Anspruch auf rechtliches Gehör, wie er denjenigen zusteht, gegen die ein Verfahren eingeleitet worden ist (siehe oben, Randnr. 136), geltend machen können, sondern lediglich über das Recht verfügen, am Verwaltungsverfahren unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen beteiligt zu werden (Urteile des Gerichts vom 25. Juni 1998, British Airways u. a./Kommission, T-371/94 und T-394/94, Slg. 1998, II-2405, Randnrn. 59 und 60, und Westdeutsche Landesbank Girozentrale und Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, oben in Randnr. 136 angeführt, Randnr. 125).

    148

    Ferner ist entschieden worden, dass die Kommission zwar nicht verpflichtet sein kann, in ihrer Mitteilung über die Eröffnung des förmlichen Verfahrens eine abschließende Untersuchung der fraglichen Beihilfe vorzulegen; sie muss aber den Rahmen ihrer Prüfung genau genug festlegen, um dem Recht der Beteiligten zur Stellungnahme nicht seinen Sinn zu nehmen (Urteil Kuwait Petroleum [Nederland]/Kommission, oben in Randnr. 137 angeführt, Randnr. 85).

    149

    Das Recht auf Unterrichtung der Beteiligten geht daher nicht weiter als das Recht, von der Kommission angehört zu werden. Insbesondere kann es nicht bis zu einem allgemeinen Recht gehen, sich zu allen im förmlichen Prüfverfahren aufgeworfenen potenziell wichtigen Punkten zu äußern (vgl. Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 4. April 2002, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, T-198/01 R, Slg. 2002, II-2153, Randnr. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    150

    In Anbetracht dieser Grundsätze ist festzustellen, dass der Beschluss über die Einleitung des Verfahrens, in dem die fragliche Beihilfe genau bezeichnet wurde, im Amtsblatt veröffentlicht wurde (siehe oben, Randnr. 38). France Télécom wurde daher über die Existenz eines Prüfverfahrens ausreichend in Kenntnis gesetzt und in die Lage versetzt, alle aus ihrer Sicht sachdienlichen Erklärungen abzugeben.

    151

    Durch den Hinweis im Beschluss über die Einleitung des Verfahrens, dass sie beabsichtige, die Pauschalabgabe als Beteiligung am Betriebsergebnis zu betrachten, gab die Kommission France Télécom ferner die Möglichkeit, zur Natur der genannten Abgabe angemessen Stellung zu nehmen (siehe oben, Randnr. 139).

    152

    Auch die Berufung auf einen Widerspruch zwischen einerseits den Randnrn. 29 und 33 und andererseits Randnr. 63 des Beschlusses über die Einleitung des Verfahrens kann keinen Erfolg haben. Zwar benutzte die Kommission in Randnr. 29 des Beschlusses über die Einleitung des Verfahrens den Ausdruck „vom allgemeinen Steuerrecht abweichendes Steuersystem“, doch ging die Absicht der Kommission, im Stadium der Einleitung des förmlichen Prüfverfahrens die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen der Pauschalabgabe und der von France Télécom für die Jahre 1991 bis 1993 zu entrichtenden Gewerbesteuer auszuschließen, deutlich aus der Entscheidung in ihrer Gesamtheit hervor. France Télécom hatte damit die Möglichkeit erhalten, alle Argumente vorzubringen, die für die Zulassung eines solchen Ausgleichs sprechen.

    153

    Folglich ist der erste Klagegrund von France Télécom zurückzuweisen.

    5. Zum Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

    Vorbringen der Parteien

    Zum Vorliegen von Rechtfertigungen aufgrund des allgemeinen Zwecks des Steuersystems

    154

    France Télécom macht mit dem ersten Teil ihres zweiten Klagegrundes geltend, dass die Steuersonderregelung durch Erwägungen zum allgemeinen Zweck des Steuersystems gerechtfertigt sei und dass somit die Voraussetzung der Selektivität der betreffenden Maßnahme nicht erfüllt sei (Urteil des Gerichts vom 23. Oktober 2002, Diputación Foral de Álava/Kommission, T-346/99 bis T-348/99, Slg. 2002, II-4259, Randnr. 58). In der Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung, die die Kommission 1998 veröffentlicht habe (ABl. C 384, S. 3), habe diese im Übrigen anerkannt, dass die Maßnahmen, „die aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen für die Leistungsfähigkeit des Systems erforderlich sind“, nicht unbedingt als staatliche Beihilfen anzusehen seien.

    155

    Die Steuersonderregelung bezwecke lediglich, unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten, die die Einführung einer Besteuerung nach Gemeinden schon ab 1991 bedeute, den Umfang der Einnahmen zu erhalten, die die Verwaltung der PTT dem Staat vor der Umwandlung in eine Person des öffentlichen Rechts verschafft habe, und zu verhindern, dass diese Einnahmen vom Staat auf die lokalen Gebietskörperschaften verlagert würden. Die genannten Maßnahmen seien daher durch den Zweck des Steuersystems gerechtfertigt gewesen und stellten keine staatlichen Beihilfen dar.

    156

    Die Kommission macht geltend, dass die Frage, ob eine Maßnahme, mit der ein selektiver Vorteil wie die Steuersonderregelung eingeführt werde, durch Erwägungen zur Natur und zum Zweck des Systems gerechtfertigt werden könne, eine objektive Analyse des französischen Steuersystems im Allgemeinen und des Gewerbesteuersystems im Besonderen verlange. Die Beweislast obliege insoweit dem Mitgliedstaat. Sie beruft sich in dieser Hinsicht auf die Schlussanträge von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer in der Rechtssache Italien/Kommission (C-6/97, Urteil des Gerichtshofs vom 19. Mai 1999, Slg. 1999, I-2981, I-2983).

    157

    Die Französische Republik habe weder während des Verwaltungsverfahrens noch im Verfahren vor dem Gericht behauptet, dass es im vorliegenden Fall eine Rechtfertigung wie die geben könne, die France Télécom im Rahmen des ersten Teils ihres zweiten Klagegrundes vorgebracht habe. Die Kommission könne keine Gründe erkennen, wonach sich die Verzugsbehandlung von France Télécom aus einem Erfordernis des französischen Gewerbesteuersystems ergebe.

    Zur Natur der Pauschalabgabe

    158

    Die Französische Republik trägt in erster Linie mit dem zweiten Teil ihres zweiten Klagegrundes vor, dass die Abgabe, der France Télécom wegen der Jahre 1991 bis 1993 aufgrund der Art. 18 und 19 des Gesetzes 90-568 unterworfen gewesen sei, rein steuerlicher Natur sei; auch France Télécom macht dies geltend.

    159

    Die Französische Republik und France Télécom machen zunächst geltend, dass die Bestimmungen des Gesetzes 90-568 über die Abgaben an den allgemeinen Staatshaushalt, denen France Télécom im Zeitraum 1991 bis 1993 unterworfen gewesen sei, d. h. die Art. 18 und 19 des Gesetzes 90-568, im Kapitel IV („Besteuerung“) enthalten seien und dass ihr Zweck allein darin bestanden habe, Steuereinnahmen zu erzielen, die mit den Einnahmen vergleichbar seien, die dem Staatshaushalt aus den von der Verwaltung der PTT vor Gründung von France Télécom erwirtschafteten Überschüssen zugeflossen seien.

    160

    Sie beziehen sich auf den Bericht Nr. 1229 vom 11. April 1990 über den Entwurf des späteren Gesetzes 90-568, gefertigt von Herrn Fourré, dem Berichterstatter im Namen des Ausschusses Produktion und Handel der Nationalversammlung. Nach diesem Bericht war die Abweichung vom allgemeinen Steuerrecht nach Art. 19 des Gesetzes 90-568 gerechtfertigt, um über eine Sondersteuer zugunsten des Staatshaushalts Einnahmen zu beschaffen, die mit der bis zur Gründung von France Télécom von der Verwaltung der PTT entrichteten Abgabe vergleichbar waren. Diese besondere Steuerregelung habe ferner nur für die Zeit gelten sollen, die unter Berücksichtigung des erwarteten Umsatzzuwachses erforderlich gewesen sei, um durch eine Besteuerung von France Télécom nach dem allgemeinen Steuerrecht Einnahmen zu erwirtschaften, die der Höhe nach mit der Sonderabgabe vergleichbar gewesen seien.

    161

    Die Pauschalabgabe nach Art. 19 des Gesetzes 90-568 sei daher angesichts ihrer Stellung im Gesetzestext und ihres Zwecks fiskalischer Natur. Sie trete nämlich an die Stelle aller Steuern nach dem allgemeinen Steuerrecht, die France Télécom ohne die besondere Steuerregelung hätte entrichten müssen. In den Erwägungsgründen 28, 29 und 36 der angefochtenen Entscheidung habe die Kommission im Übrigen eingeräumt, dass die Sonderabgabe „die typischen Merkmale einer Besteuerung [aufweist]“.

    162

    Die Französische Republik und France Télécom rügen sodann die Qualifizierung als „Beteiligung am Geschäftsergebnis“ durch die Kommission im 27. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung.

    163

    Zum einen bestreitet die Französische Republik die Relevanz des Zusammenhangs, den die Kommission im 24. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zwischen dem „Gewinn …, der von PTT 1989 und 1990 an den Staat gezahlt wurde“ und der Pauschalabgabe herstellt.

    164

    Der Beitrag der von der Verwaltung der PTT erwirtschafteten Gewinne zum Staatshaushalt sei die Folge der nationalen Haushaltsvorschriften gewesen, nach denen der Saldo der Zusatzhaushalte wie der der PTT mit dem allgemeinen Haushalt verrechnet werde, ohne dass eine unternehmerische Entscheidung wie die Ausschüttung von Dividenden oder ein Abgabenbescheid erforderlich sei. Die Lage von France Télécom, einer rechtlich selbständigen Person des öffentlichen Rechts, dürfe dagegen nicht mit der früheren Lage verglichen werden, als die PTT ein staatlicher Dienstleistungsbetrieb gewesen sei.

    165

    Zum anderen sei die Pauschalabgabe ihrem Wesen nach rein fiskalischer Natur, weshalb es ausgeschlossen sei, dass es sich bei ihr auch nur ansatzweise um eine Beteiligung am Geschäftsergebnis handeln könne.

    166

    Erstens sei die dieser Abgabe zugrunde liegende Entscheidung gesetzlicher Natur, da der Besteuerungsgrundsatz in Art. 19 des Gesetzes 90-568 festgelegt werde und der Jahresbetrag der Abgabe jedes Jahr durch ein Haushaltsgesetz bestimmt werde. Für eine bloße Dividendenausschüttung wäre dagegen der Erlass eines Gesetzes nicht erforderlich gewesen.

    167

    Zweitens hätte die Höhe einer Dividende oder einer Beteiligung aufgrund des Geschäftsergebnisses erst nach Bekanntwerden der Ergebnisse des Geschäftsjahrs bestimmt werden können. Der Höchstbetrag der Pauschalabgabe sei aber schon bei Inkrafttreten des Gesetzes 90-568 festgelegt worden, und der Betrag, mit dem France Télécom durch die Haushaltsgesetze für die Jahre 1991 bis 1993 tatsächlich belastet worden sei, habe jedes Jahr dem in Art. 19 des Gesetzes 90-568 festgesetzten Höchstbetrag entsprochen. Die Höhe einer Dividende hänge dagegen von dem tatsächlich im Geschäftsjahr erzielten Ergebnis ab.

    168

    Drittens sei die Pauschalabgabe in den Aufwandskonten von France Télécom verbucht worden, was mit der fiskalischen Natur dieser Abgabe vereinbar sei. Die Auszahlung einer Beteiligung dagegen hätte sich nicht auf das Geschäftsergebnis ausgewirkt, sondern hätte das Eigenkapital vermindert.

    169

    Viertens hätten sich im Zeitraum 1994 bis 1996, in dem die Umwandlung von France Télécom in eine Aktiengesellschaft stattgefunden habe, die Ergebnisse des Unternehmens (21,2 Mrd. FRF) im Verhältnis zum Zeitraum 1991 bis 1993 (10,1 Mrd. FRF) verdoppelt. Während dieses Zeitraums habe France Télécom aber zu keiner Zeit Beteiligungen am Geschäftsergebnis auszahlen müssen.

    170

    Fünftens lege die Kommission nicht den geringsten Beleg für ihre Behauptung im 31. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung vor, wonach die Sonderabgabe gemischten Charakter gehabt habe, zum Teil steuerlich und zum Teil den einer Vergütung für die staatliche Beteiligung.

    171

    Die Kommission ist der Auffassung, dass die Frage, ob die Pauschalabgabe fiskalischer Natur sei, ohne Relevanz sei, da, selbst wenn dies so wäre, ein Ausgleich zwischen dieser Abgabe und dem jährlich von 1994 bis 2002 festgestellten Steuergefälle nicht stattfinden könne. Die Abgaben, mit denen France Télécom für die Jahre 1991 bis 1993 belastet worden sei, seien nämlich zum einen an die Stelle aller Steuern getreten, denen France Télécom normalerweise unterworfen gewesen wäre; zum anderen könnten diese Abgaben nicht als Vorschuss auf die Gewerbesteuer angesehen werden, die France Télécom ab 1994 hätte entrichten müssen.

    172

    In Bezug auf die Natur der Pauschalabgabe ist die Kommission der Ansicht, dass die Abgabe allenfalls zum Teil fiskalischen Charakter gehabt habe, und sie stellt insoweit das gesamte Vorbringen der Kläger in Abrede.

    Zur Unteilbarkeit der für France Télécom in der Zeit von 1991 bis 2002 geltenden Steuerregelung

    173

    Die Französische Republik macht in zweiter Linie, unterstützt durch France Télécom, mit dem dritten Teil ihres zweiten Klagegrundes geltend, dass die durch das Gesetz 90-568 eingeführte besondere Steuerregelung für France Télécom umfassend sei und den gesamten Zeitraum 1991 bis 2002 erfasse; eine Absicht der Behörden, France Télécom irgendeinen Vorteil zu gewähren, komme in ihr nicht zum Ausdruck.

    174

    Das Gesetz 90-568 habe nämlich von Anfang an eine einheitliche umfassende Steuerregelung aufgestellt, die auf zwei Zeiträume verteilt gewesen sei. Während des ersten Abschnitts von 1991 bis 1993 habe die Festsetzung eines Beitrags, der an die Stelle aller direkten Steuern nach dem allgemeinen Steuerrecht, insbesondere der Gewerbesteuer, getreten sei, allein bezweckt, einen Einnahmeverlust des Staatshaushalts zu verhindern. Während des zweiten Abschnitts von 1994 bis 2002 habe die Begründung der Gewerbesteuerpflicht von France Télécom am Ort ihrer Hauptniederlassung, wie die französischen Behörden in ihrer Antwort vom 26. September 2001 auf das erste Auskunftsverlangen der Kommission dargelegt hätten (siehe oben, Randnr. 37), allein bezweckt, eine Verlagerung von Einnahmen aus dem Staatshaushalt in den Haushalt der Gebietskörperschaften zu verhindern, in denen France Télécom eine Niederlassung unterhalten habe, nicht aber, France Télécom einen Vorteil zu gewähren. Das Vorliegen eines Steuergefälles während des Zeitraums 1994 bis 2002 sei überdies erst nachträglich festgestellt worden.

    175

    Da das Gesetz 90-568 eine einheitliche Steuerregelung eingeführt habe, seien die aufeinanderfolgenden Ausgestaltungen der für France Télécom geltenden Gewerbesteuerregelung untrennbar miteinander verbunden und müssten daher im Verhältnis zueinander untersucht werden. Die Kommission sei im Übrigen in dieser Weise vorgegangen und habe in dem Beschluss über die Einleitung des Verfahrens festgestellt, dass sie, wenn sie sich auf die „Regelung“ oder die „Ausnahmeregelung“ beziehe, darunter die „Übergangsregelung und die endgültige Regelung“ verstehe. Da die ursprüngliche Regelung in ihrem Kern nicht geändert worden sei, lägen die Umstände vorliegend anders als in dem Kontext, in dem das Urteil des Gerichts vom 30. April 2002, Government of Gibraltar/Kommission (T-195/01 und T-207/01, Slg. 2002, II-2309, Randnr. 111), ergangen sei.

    176

    Die Kommission ist der Auffassung, dass die Frage, ob France Télécom einer einheitlichen, auf zwei Zeiträume verteilten Steuerregelung oder zwei aufeinanderfolgenden und getrennten Regelungen unterworfen gewesen sei, keine wesentliche Bedeutung habe, da nicht bestritten werden könne, dass sich die von 1991 bis 1993 geltenden Vorschriften von denen unterschieden, die von 1994 bis 2002 gegolten hätten, und dass jedenfalls, selbst wenn es sich um eine einzige Regelung handeln würde, der von der Französischen Republik befürwortete Ausgleich nicht in Betracht kommen könne.

    Zur Erforderlichkeit eines Ausgleichs

    177

    Die Französische Republik vertritt in dritter Linie, unterstützt durch France Télécom, mit dem vierten Teil ihres zweiten Klagegrundes die Auffassung, dass die Kommission zwischen der Überbesteuerung, der France Télécom von 1991 bis 1993 unterworfen gewesen sei, und dem Steuergefälle, das France Télécom von 1994 bis 2002 zugutegekommen sei, einen Ausgleich hätte herstellen müssen.

    178

    Erstens widersprechen die Französische Republik und France Télécom den Ausführungen der Kommission in den Erwägungsgründen 38 und 41 der angefochtenen Entscheidung, in denen diese es ablehnte, die Überbesteuerung, der France Télécom von 1991 bis 1993 unterworfen gewesen sei, mit dem Steuergefälle, das ihr von 1994 bis 2002 zugutegekommen sei, auszugleichen. Sie machen geltend, der Hinweis der Kommission auf das Urteil vom 19. Mai 1999, Italien/Kommission, oben in Randnr. 156 angeführt, sowie auf ihre Entscheidung 2002/581/EG vom über die staatliche Beihilferegelung, die Italien zugunsten der Banken durchgeführt hat (ABl. 2002, L 184, S. 27), sei ohne Bedeutung, da im vorliegenden Fall die Pauschalabgabe und die Gewerbesteuer, der France Télécom von 1994 bis 2002 unterworfen gewesen sei, die gleiche Rechtsqualität gehabt hätten und alle diese Maßnahmen durch ein und dasselbe Gesetz eingeführt worden seien.

    179

    In den Randnrn. 28, 33 und 116 des Beschlusses über die Einleitung des Verfahrens habe die Kommission im Übrigen selbst eingeräumt, dass das Gesetz 90-568 eine einheitliche „Ausnahmeregelung“ eingeführt habe, unter der die Kommission nach eigenem Bekunden sowohl die „Übergangsregelung“ — also die Ausgestaltung der Pauschalabgabe — als auch die „endgültige“ Regelung — also die Steuersonderregelung — verstanden habe.

    180

    Zweitens tragen die französischen Behörden und France Télécom vor, die Kommission sei verpflichtet gewesen, die Auswirkungen, die eine möglicherweise als staatliche Beihilfe zu qualifizierende Maßnahme habe, einer Gesamtanalyse zu unterziehen.

    181

    Die Kommission habe bereits in ihrer Entscheidung 2003/216/EG vom 15. Januar 2002 über die staatliche Beihilfe, die die Französische Republik zugunsten des Crédit mutuel durchgeführt hat (ABl. 2003, L 88, S. 39), einen mehrjährigen Ausgleich vorgenommen, der alle Gewinne und Kosten bezüglich des Systems des Blauen Sparbuchs berücksichtigt habe.

    182

    Auch in der Entscheidung 2000/735/EG vom 21. April 1999 betreffend die Behandlung der „Technolease-Vereinbarung“ zwischen Philips und Rabobank durch die niederländischen Steuerbehörden (ABl. 2000, L 297, S. 13) habe die Kommission alle zeitlichen Wirkungen der von ihr geprüften Steuerregelung berücksichtigt, ohne sich des Begriffs der Steuergutschrift zu bedienen.

    183

    Die Kommission habe darüber hinaus Kosten unterschiedlicher Art in der Entscheidung 1999/676/EG vom 20. Juli 1999 über vermutete Beihilfen, die Frankreich der Gesellschaft Sécuripost gewährt haben soll (ABl. L 274, S. 37), und sogar in der angefochtenen Entscheidung ausgeglichen, indem sie den Ausgleich zwischen einerseits der Pauschalabgabe, die nach ihrer Meinung gemischten Charakter, steuerlich und nicht steuerlich, habe, und andererseits der von France Télécom für die Jahre 1991 bis 1993 geschuldeten Gewerbesteuer anerkannt habe.

    184

    Allgemeiner ist die Französische Republik der Auffassung, dass die Kommission zur Vornahme einer umfassenden Prüfung der Maßnahmen verpflichtet sei, die unter Berücksichtigung der Kriterien des Art. 87 Abs. 1 EG als staatliche Beihilfen eingestuft werden könnten. Eine solche Verpflichtung ergebe sich aus dem Zweck der genannten Vorschrift. Eine umfassende Prüfung sei insbesondere erforderlich, um zu beurteilen, ob die betreffende Maßnahme den Wettbewerb verfälschen könne und ob sie einen Vorteil darstelle. Die Verpflichtung zur Vornahme einer umfassenden Prüfung des Regelwerks, das das Gesetz 90-568 für den gesamten Zeitraum von 1991 bis 2002 eingeführt habe, ergebe sich ferner aus der Rechtsprechung des Gerichts (Urteil des Gerichts vom 27. Januar 1998, Ladbroke Racing/Kommission, T-67/94, Slg. 1998, II-1, Randnr. 76).

    185

    Drittens lasse im vorliegenden Fall der Ausgleich zwischen den beiden Phasen der Steuerregelung eine Überbesteuerung im Verhältnis zum allgemeinen Steuerrecht für den gesamten Zeitraum von 1991 bis 2002 erkennen. France Télécom habe daher keinen Vorteil erlangt.

    186

    Die Französische Republik weist darauf hin, dass die Kommission anerkannt habe, dass während des gesamten Zeitraums von 1991 bis 2002 eine Überbesteuerung von France Télécom stattgefunden habe, und bewertet insoweit den Betrag auf mindestens 1,4 Mrd. Euro, wahrscheinlich aber mehr als 1,7 Mrd. Euro. Mit der Annahme, dass France Télécom ein Vorteil zugeflossen sei, der eine staatliche Beihilfe darstelle, habe die Kommission somit einen Rechtsfehler und einen offenkundigen Beurteilungsfehler begangen, der es rechtfertige, dass das Gericht die angefochtene Entscheidung für nichtig erkläre.

    187

    In Bezug auf den Ausgleich zwischen den Zeiträumen führt France Télécom jedoch aus, dass „der angebliche Betrag der Unterbesteuerung während des Zeitraums von 1994 bis 2002 auf einer reinen Simulation beruht und nicht erlaubt, den Beihilfebetrag, der ihr angeblich für die Zeit von 1994 bis 2002 zugeflossen ist, mit Sicherheit zu bestimmen“.

    188

    Die Kommission vertritt die Auffassung, der von der Französischen Republik und France Télécom verlangte Ausgleich würde darauf hinauslaufen, dass die erforderliche Unterscheidung zwischen den Verpflichtungen, die der Staat als Aktionär übernehmen müsse, und den Verpflichtungen, die ihn als Person des öffentlichen Rechts treffen könnten, beseitigt würde.

    189

    Die Zulassung eines derartigen Ausgleichs würde die Kontrolle von Beihilfen für öffentliche Unternehmen praktisch unmöglich machen. Der Ausgleich, den vorliegend die Französische Republik und France Télécom verlangten, gehe weit über den Ausgleich zwischen den mit einer Gemeinwohlaufgabe verbundenen Gewinnen und Kosten hinaus, d. h. über dasjenige, was Gegenstand der Sache, die zur Entscheidung 2003/216 geführt habe, gewesen sei. Folgte man der Theorie der Französischen Republik, liefe dies darauf hinaus, dass geringere Lasten durch höhere Lasten anderer Art ausgeglichen werden dürften. Ein solcher Ausgleich sei aber durch die Rechtsprechung ausgeschlossen worden (Urteil vom 2. Juli 1974, Italien/Kommission, oben in Randnr. 66 angeführt, Randnr. 34).

    190

    In ihrer Gegenerwiderung wendet sich die Kommission gegen die Auffassung der Französischen Republik, wonach sie bereits in der Sache, die zur Entscheidung 2000/735 geführt habe, den Ausgleich zwischen den kurzfristigen und den langfristigen Wirkungen einer fiskalischen Maßnahme vorgenommen habe. In jener Sache habe sie ausgeschlossen, dass die betreffende Maßnahme als eine staatliche Beihilfe angesehen werden könne, nachdem sie zuvor darauf hingewiesen habe, dass die fragliche Regelung einzig und allein in der Anwendung der Steuervorschriften des allgemeinen Steuerrechts bestanden habe. In jener Sache sei daher die Voraussetzung der Selektivität nicht erfüllt gewesen.

    Würdigung durch das Gericht

    Zum Vorliegen eines Vorteils

    191

    Im vorliegenden Fall streiten die Parteien über die Frage, ob France Télécom aufgrund der Steuersonderregelung ein Vorteil zugeflossen ist.

    192

    Im 42. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission den Vorteil, der ihrer Meinung nach France Télécom zugeflossen ist, definiert als „die Differenz zwischen der tatsächlich von [France Télécom] gezahlten Gewerbesteuer und derjenigen, die nach dem allgemeinen Steuerrecht vom 1. Januar 1994 bis zum zu erheben gewesen wäre“.

    193

    In ihren Schriftsätzen stellen die Klägerinnen das Bestehen eines Steuergefälles zugunsten von France Télécom während des Zeitraums von 1994 bis 2002 nicht ausdrücklich in Frage, sondern werfen der Kommission vor, dass sie missbräuchlich diesen Zeitraum getrennt von dem Zeitraum behandelt habe, in dessen Verlauf France Télécom der Pauschalabgabe unterlegen habe (1991–1993), und es daher zu Unrecht abgelehnt habe, einen Ausgleich zwischen den Steuerzuflüssen bezüglich dieser beiden Zeiträume vorzunehmen. In der mündlichen Verhandlung hat sich France Télécom dagegen darauf berufen, dass die Berechnungen unzutreffend seien, auf die die Kommission ihre Auffassung gestützt habe, dass dem Unternehmen während des Zeitraums von 1994 bis 2002 ein Steuergefälle zugutegekommen sei.

    194

    Nach Art. 87 Abs. 1 EG sind, soweit im EG-Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Qualifizierung als staatliche Beihilfe voraus, dass die in Art. 87 Abs. 1 EG aufgeführten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, C-280/00, Slg. 2003, I-7747, Randnrn. 74 und 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    195

    Der Begriff des Vorteils im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG umfasst jede Maßnahme, die ein Unternehmen von einer Belastung befreit, die sonst von ihm zu tragen wäre. Nach ständiger Rechtsprechung ist nämlich der Begriff der Beihilfe weiter als der Begriff der Subvention; er umfasst nicht nur positive Leistungen wie etwa die Subventionen selbst, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen regelmäßig zu tragen hat, und die somit, obwohl sie keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen nach Art und Wirkung gleichstehen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 15. Dezember 2005, Italien/Kommission, C-66/02, Slg. 2005, I-10901, Randnr. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    196

    Somit ist eine Maßnahme, mit der die staatlichen Stellen bestimmten Unternehmen eine Abgabenbefreiung gewähren, die zwar nicht mit der Übertragung staatlicher Mittel verbunden ist, aber die Begünstigten finanziell besser stellt als die übrigen Abgabepflichtigen, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG (vgl. Urteile vom 19. Mai 1999, Italien/Kommission, oben in Randnr. 156 angeführt, Randnr. 16, und vom , Italien/Kommission, oben in Randnr. 195 angeführt, Randnr. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    197

    Ferner sind die Art der Ziele und die Gründe einer staatlichen Maßnahme als solche unerheblich für deren Qualifizierung als Beihilfe. Nach ständiger Rechtsprechung unterscheidet Art. 87 EG nämlich nicht nach den Gründen oder Zielen der staatlichen Maßnahmen, sondern beschreibt diese nach ihren Wirkungen (vgl. Urteil vom 13. Februar 2003, Spanien/Kommission, C-409/00, Slg. 2003, I-1487, Randnr. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    198

    Um im vorliegenden Fall zu beurteilen, ob die Schlussfolgerung der Kommission zutrifft, dass ein Vorteil für France Télécom vorliegt, der darin besteht, dass ihr von 1994 bis 2002 ein Steuergefälle zugutegekommen ist, ist somit erstens zu prüfen, ob die Kommission die Steuersonderregelung unabhängig von der Pauschalabgabe prüfen durfte. Zweitens ist zu prüfen, ob die Kommission es ablehnen durfte, einen Ausgleich zwischen dem Steuergefälle, das France Télécom für die Jahre 1994 bis 2002 zugutekam, und dem Besteuerungsüberschuss vorzunehmen, mit dem das Unternehmen nach dem Vortrag der Klägerinnen für die Jahre 1991 bis 1993 belastet wurde. Drittens ist zu beurteilen, ob für die Jahre 1994 bis 2002 tatsächlich ein Steuergefälle vorlag.

    — Zu der Möglichkeit, die Steuersonderregelung unabhängig von der Pauschalabgabe zu prüfen

    199

    Nach der Rechtsprechung ist die Kommission verpflichtet, die komplexen Maßnahmen insgesamt in Betracht zu ziehen, um zu bestimmen, ob das begünstigte Unternehmen eine wirtschaftliche Vergünstigung erhält, die es unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte (Urteil des Gerichtshofs vom 11. Juli 1996, SFEI u. a., C-39/94, Slg. 1996, I-3547, Randnr. 60; vgl. auch Urteil des Gerichts vom , BP Chemicals/Kommission, T-11/95, Slg. 1998, II-3235, Randnrn. 169 und 170).

    200

    Mit dem Gesetz 90-568 wurde unstreitig eine insbesondere für France Télécom geltende abweichende Steuerregelung eingeführt, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie sich in zwei Abschnitte untergliedert. Während der ersten Phase von 1991 bis 1993 unterlag France Télécom außer der Pauschalabgabe keiner anderen Steuer oder Abgabe. Während der zweiten Phase, die 1994 begann und für die ursprünglich keine Frist galt, unterlag France Télécom allen Steuern des allgemeinen Steuerrechts, jedoch hinsichtlich der Gemeindesteuern, zu denen die Gewerbesteuer zählt, zu Bedingungen, die vom allgemeinen Steuerrecht abwichen und die die Steuersonderregelung bilden. Die Klägerinnen machen daher zu Recht geltend, dass sämtliche Vorschriften über die Bedingungen, denen France Télécom für die Jahre 1991 bis 2002 unterworfen gewesen sei, in demselben Kapitel des genannten Gesetzes enthalten und durch einen einzigen Rechtsakt eingeführt worden seien.

    201

    Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich jedoch, dass die Kommission nicht der Meinung war, dass die in Rede stehende Beihilfe in den für France Télécom geltenden besonderen Steuervorschriften bestanden habe, sondern in dem Steuergefälle, das sich aus der Differenz zwischen dem Betrag der Gewerbesteuer, die das Unternehmen hätte entrichten müssen, wenn es der Steuer nach dem allgemeinen Steuerrecht unterworfen gewesen wäre, und dem Betrag ergebe, mit dem es nach den für sie geltenden besonderen Steuervorschriften tatsächlich belastet worden sei (vgl. 42. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).

    202

    Daraus folgt, dass ein Vorteil wie der im 42. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung beschriebene wegen der in den Art. 1447-I und 1478-I CGI vorgesehenen Jährlichkeit der Gewerbesteuer (siehe oben, Randnr. 17) nicht ein für allemal zu einem bestimmten Zeitpunkt festgestellt werden konnte, sondern für jedes Jahr festgestellt werden musste, für das France Télécom die Gewerbesteuer schuldete. Die Kommission durfte daher nicht eine umfassende und vorausschauende Analyse aller in den Jahren 1991 bis 2002 geltenden einschlägigen Bestimmungen des Gesetzes 90-568 in Betracht ziehen; zu Recht zog sie ihre Schlüsse vielmehr von Jahr zu Jahr (vgl. Erwägungsgründe 54 und 58 der angefochtenen Entscheidung).

    203

    Ebenfalls zu Recht wies die Kommission im 36. Erwägungsgrund der angefochtenen Erklärung darauf hin, dass sich die während des Zeitraums 1991 bis 1993 für France Télécom geltenden Vorschriften (Pauschalabgabe) von denen unterschieden hätten, die während des Zeitraums 1994 bis 2002 in Kraft gewesen seien (Steuersonderregelung). So war die Kommission der Meinung, dass während des ersten Zeitraums die Pauschalabgabe vollständig an die Stelle der Gewerbesteuer getreten sei, die France Télécom jährlich nach dem allgemeinen Steuerrecht geschuldet hätte (33. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Dagegen habe die Besteuerung von France Télécom nach der Sonderregelung während des zweiten Zeitraums jedes Jahr zu einem Steuergefälle zugunsten des Unternehmens geführt.

    204

    Unter diesen Umständen durfte die Kommission bei ihrer Analyse die Steuersonderregelung von der Regelung der Pauschalabgabe trennen, ohne gegen ihre Pflicht zu verstoßen, die Maßnahmen, mit denen möglicherweise staatliche Beihilfen geschaffen werden, einer Gesamtprüfung zu unterziehen.

    — Zu der Möglichkeit eines Ausgleichs

    205

    Die Klägerinnen machen geltend, der Vorteil, den das Steuergefälle zugunsten von France Télécom von 1994 bis 2002 dargestellt habe, sei durch die Höhe der Pauschalabgaben, denen das Unternehmen von 1991 bis 1993 unterworfen gewesen sei, mehr als ausgeglichen. Zur Rechtfertigung dieses Ausgleichs führen die Französische Republik und France Télécom aus, dass das Gesetz 90-568 eine einheitliche Steuerregelung eingeführt habe und dass die Pauschalabgabe ausschließlich fiskalischer Natur sei.

    206

    Nach der Rechtsprechung hat die Kommission bei der Prüfung, ob eine Maßnahme eine staatliche Beihilfe darstellen kann, alle Auswirkungen dieser Maßnahme für den potenziell Begünstigten zu berücksichtigen und insbesondere die gegebenenfalls bestehenden besonderen Lasten abzuziehen, die auf einem Vorteil liegen (Urteil des Gerichtshofs vom 25. Juni 1970, Frankreich/Kommission, 47/69, Slg. 1970, 487, Randnr. 7).

    207

    Dagegen bewirkt allein der Umstand, dass eine bestimmte Maßnahme der Steuerbefreiung aus der Sicht des Begünstigten durch eine besondere Belastung ausgeglichen wird, die eigenständig ist und in keiner Beziehung zur Steuerbefreiung steht, nicht, dass die Maßnahme nicht als staatliche Beihilfe einzustufen ist (Urteil vom 15. Dezember 2005, Italien/Kommission, oben in Randnr. 195 angeführt, Randnr. 34).

    208

    Die Stichhaltigkeit des Arguments der Klägerinnen, dass die Überbesteuerung von France Télécom aufgrund der Pauschalabgabe in den Jahren 1991 bis 1993 das Steuergefälle ausgleiche, das France Télécom von 1994 bis 2002 zugutegekommen sei, hängt somit von der Untersuchung der objektiven Merkmale der Pauschalabgabe und der Frage ab, ob die Pauschalabgabe als eine Belastung angesehen werden kann, die untrennbar mit dem Vorteil verbunden ist, der sich für France Télécom gegebenenfalls daraus ergibt, dass sie der Steuersonderregelung unterlag.

    209

    Wie dargelegt, führte das Gesetz 90-568 eine u. a. für France Télécom geltende abweichende Steuerregelung ein, die durch eine Gliederung in zwei Abschnitte gekennzeichnet war. Während der ersten Phase von 1991 bis 1993 unterlag France Télécom außer der Pauschalabgabe keiner anderen Steuer oder Abgabe. Während der zweiten Phase, die ursprünglich 1994 beginnen sollte und keine zeitliche Beschränkung enthielt, unterlag France Télécom allen Steuern des allgemeinen Steuerrechts, jedoch hinsichtlich der Gemeindesteuern, zu denen die Gewerbesteuer zählt, zu Bedingungen, die vom allgemeinen Steuerrecht abwichen und die die Steuersonderregelung bildeten.

    210

    Ferner ergibt sich aus den Ausführungen der Französischen Republik, die sich auf den der französischen Nationalversammlung am 11. April 1990 vorgelegten Bericht über den Entwurf des späteren Gesetzes 90-568 beziehen, dass die in Art. 19 des Gesetzes 90-568 vorgesehene Abweichung vom allgemeinen Steuerrecht — d. h. die Pauschalabgabe — damit gerechtfertigt wurde, dass über eine Sondersteuer zugunsten des Staatshaushalts Mittel beschafft werden sollten, die mit der Abgabe, die bis zur Gründung von France Télécom durch die Verwaltung der PTT entrichtet wurde, vergleichbar waren, und zwar während eines Zeitraums, der unter Berücksichtigung des erwarteten Umsatzzuwachses erforderlich war, um durch eine Besteuerung von France Télécom nach dem allgemeinen Steuerrecht Einnahmen zu erwirtschaften, die der Höhe nach vergleichbar waren (siehe oben, Randnr. 160). Die Pauschalabgabe wurde im Übrigen jedes Jahr in der Höhe festgesetzt, in der jährlich die Mittel im Zusatzhaushalt der PTT bis zur Gründung von France Télécom bereitgestellt wurden.

    211

    Somit ergibt sich aus der Art, den Zielen und dem vorläufigen Charakter der Pauschalabgabe, dass diese in jedem Jahr, für das sie France Télécom auferlegt wurde, an die Stelle aller Abgaben trat, die France Télécom normalerweise für das betreffende Jahr schuldete. Zusammen schlossen diese Abgaben aber sämtliche direkten Steuern ein, denen die Unternehmen normalerweise unterliegen — also insbesondere nicht nur die Gewerbesteuer, sondern auch die Körperschaftsteuer und die Grundsteuer.

    212

    Dagegen trat die Pauschalabgabe wegen ihrer Jährlichkeit und ihres vorläufigen Charakters nicht an die Stelle der in den folgenden Jahren gegebenenfalls ersparten Steuern. Die Abschaffung der Pauschalabgabe ab 1994 hatte ihren Grund nämlich darin, dass nach den vom Gesetzgeber bestätigten Erwartungen die Besteuerung von France Télécom nach dem allgemeinen Steuerrecht und nach der Steuersonderregelung dem Staat in Bezug auf die Gewerbesteuer Mittel verschaffen sollte, die mit denen vergleichbar waren, die im Zusatzhaushalt der PTT bis 1990 bereitgestellt worden waren und die die Pauschalabgabe von 1991 bis 1993 garantieren sollte.

    213

    Folglich kann die Pauschalabgabe nicht als eine Belastung angesehen werden, die untrennbar mit der Einführung der Steuersonderregelung verbunden ist; sie ist vielmehr als eine besondere Art der Besteuerung von France Télécom anzusehen, die für die vor 1994 liegenden Jahre eingeführt wurde. Die Kommission durfte daher den von den Klägerinnen verlangten Ausgleich nicht in Betracht ziehen und analysierte die Folgen, die die besondere Besteuerung von France Télécom hatte, zu Recht auf jährlicher Grundlage.

    214

    Selbst wenn nämlich, wie die Französische Republik behauptet, die Pauschalabgabe nach dem französischen Recht ausschließlich fiskalischer Natur sein sollte, ist die Pauschalabgabe von 1991 bis 1993 an die Stelle sämtlicher Zahlungen getreten, die France Télécom an den Staat zu leisten hatte, und nicht nur an die Stelle der Gewerbesteuer. Eine Entlastung wie die Steuersonderregelung — die France Télécom von 1994 bis 2002 niedrigeren Gewerbesteuern unterwarf, als von ihr nach dem allgemeinen Steuerrecht verlangt worden wären — kann nicht durch eine andere spezifische Belastung ausgeglichen werden — d. h. im vorliegenden Fall durch eine Zahlung, die an die Stelle anderer Steuern als der Gewerbesteuer sowie gegebenenfalls an die Stelle der Dividendenausschüttung tritt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Dezember 2005, Italien/Kommission, oben in Randnr. 195 angeführt, Randnr. 34).

    215

    Der Umstand allein, dass die Pauschalabgabe und die Steuersonderregelung beide durch das Gesetz 90-568 eingeführt wurden, lässt nicht die Feststellung zu, dass die Unterwerfung von France Télécom unter die Pauschalabgabe untrennbar mit der Einführung der Steuersonderregelung verbunden war. Dass die Pauschalabgabe und die Steuersonderregelung durch denselben Rechtsetzungsakt eingeführt wurden, worauf oben in Randnr. 200 hingewiesen wurde, ist kein ausreichender Beleg dafür, dass wegen der Einführung der Steuersonderregelung ab 1994 die Einführung der Pauschalabgabe von 1991 bis 1993 erforderlich wurde oder dass die Einführung der Pauschalabgabe während der Jahre 1991 bis 1993 die Einführung der Steuersonderregelung für die Zeit ab 1994 voraussetzte.

    216

    Angesichts der Art der Festsetzung des Pauschalabgabenbetrags, der jedes Jahr der Höhe nach den Mitteln entsprach, die bis dahin jährlich im Zusatzhaushalt der PTT bereitgestellt worden waren, hat die Französische Republik auch nicht nachzuweisen vermocht, dass die besonderen Besteuerungsmodalitäten in der Zeit von 1991 bis 1993 in Erwartung einer geringeren Steuer in den nachfolgenden Jahren eingeführt worden waren. Der Umstand, dass ursprünglich keine zeitliche Beschränkung für die Anwendung der Steuersonderregelung vorgesehen war, lässt im Gegenteil vermuten, dass der Mitgliedstaat den Umfang der Steuereinnahmen, die aufgrund der Steuersonderregelung erzielt wurden, für ausreichend hielt, und widerspricht als solcher dem Gedanken, dass die Pauschalabgabe an die Stelle einer ab 1994 unzureichenden Steuer treten sollte.

    217

    Dieses Argument steht auch im Widerspruch zu dem Vorbringen der Klägerinnen, dass die Besteuerung nach der Steuersonderregelung France Télécom nicht einer weniger belastenden Besteuerung als nach dem allgemeinen Steuerrecht habe unterwerfen sollen. Jedenfalls ist insoweit darauf hinzuweisen, dass staatliche Beihilfen nicht durch die Gründe oder Ziele gekennzeichnet, sondern nach ihren Wirkungen beschrieben werden (vgl. Urteil Spanien/Kommission, oben in Randnr. 197 angeführt, Randnr. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    218

    Somit hat es die Kommission zu Recht abgelehnt, einen Ausgleich zwischen den Beträgen der Pauschalabgabe, die France Télécom von 1991 bis 1993 entrichtete, und dem Steuergefälle vorzunehmen, das sich unter Umständen aus der Steuersonderregelung für die Jahre 1994 bis 2002 ergibt.

    — Zum Vorliegen eines Steuergefälles

    219

    Aus den Erwägungsgründen 54 bis 59 der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass sich die Kommission für die Feststellung, dass France Télécom einer geringeren Besteuerung unterlag, als wenn sie der Gewerbesteuer nach dem allgemeinen Steuerrecht unterworfen gewesen wäre, auf Zahlenmaterial stützte, das ihr die Französische Republik im Verwaltungsverfahren übermittelt hatte.

    220

    Es ist unstreitig, dass die Französische Republik der Kommission zumindest dreimal im Verlauf des Verwaltungsverfahrens (siehe oben, Randnrn. 39, 43 und 51) Angaben übermittelte, die zeigen, dass France Télécom von 1994 bis 2002 jedes Jahr in den Genuss eines Steuergefälles gekommen war. Den genauen Betrag der in Rede stehenden Beihilfe konnte die Kommission wegen der voneinander abweichenden Angaben, die der Mitgliedstaat vorgelegt hatte, nicht bestimmen, doch weist die Kommission im 59. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass der Betrag in einer Spanne liegen müsse, deren Mindestbetrag und Höchstbetrag jeweils allein aus den von den französischen Behörden mitgeteilten Angaben gebildet werde (vgl. in diesem Sinne auch Urteil Kommission/Frankreich, oben in Randnr. 87 angeführt, Randnrn. 31 bis 35).

    221

    Zwar betonten die französischen Behörden im Verwaltungsverfahren, dass es sich bei den Schätzungen vom 15. Mai 2003 und um Annäherungswerte handele. Gleichwohl stützten sie sich sowohl während des Verwaltungsverfahrens als auch in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht auf diese Zahlen, um darzutun, dass France Télécom einer höheren Besteuerung unterlegen habe, als sie sich aus der Anwendung des allgemeinen Steuerrechts in der gesamten Zeit von 1991 bis 2002 ergeben hätte.

    222

    So führten die französischen Behörden in Erwiderung auf den Beschluss über die Einleitung des Verfahrens in ihrem Schreiben vom 15. Mai 2003 Folgendes aus (siehe oben, Randnr. 39):

    „Diese abschließende Beurteilung bestätigt vorbehaltlich der Prüfung der Akten der Kommission und der Stellungnahmen der Beteiligten, dass France Télécom aufgrund der Steuerregelung, die zwischen 1991 und 2002 auf sie angewandt wurde, kein Vorteil zugeflossen ist, der als staatliche Beihilfe verstanden werden könnte.

    France Télécom hat aufgrund der spezifischen Steuerregelung, der sie unterworfen war, keine staatliche Beihilfe erhalten, sondern unterlag im Gegenteil einer bedeutenden Überbesteuerung von mehr als 1,4 Mrd. Euro vor der Aktualisierung.“

    223

    Somit ist festzustellen, dass die der Kommission im Verwaltungsverfahren übermittelten Informationen als Annäherungswerte unterbreitet wurden, nicht aber als Angaben, die in Bezug auf das Vorliegen eines Steuergefälles, das France Télécom von 1994 bis 2002 zugutegekommen war, zweifelhaft waren.

    224

    Unter diesen Umständen hat France Télécom in der mündlichen Verhandlung ohne Erfolg geltend gemacht, dass die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung herangezogenen Angaben aus Extrapolationen herrührten und keinen Zusammenhang mit der Realität aufwiesen. Die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung im Bereich staatlicher Beihilfen ist nämlich anhand der Informationen zu beurteilen, über die die Kommission bei Erlass der Entscheidung verfügte (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 15. April 2008, Nuova Agricast, C-390/06, Slg. 2008, I-2577, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    225

    Folglich stellte die Kommission zu Recht fest, dass France Télécom von 1994 bis 2002 jährlich ein selektiver Vorteil zugutegekommen sei, der sich daraus ergebe, dass zu ihren Gunsten ein Steuergefälle bestehe.

    Zur Rechtfertigung mit der Kohärenz des Steuersystems

    226

    France Télécom macht geltend, das Steuergefälle, das ihr zugutekomme, sei durch den allgemeinen Zweck des Steuersystems gerechtfertigt und stelle daher keine staatliche Beihilfe dar.

    227

    Art. 87 Abs. 1 EG verbietet Beihilfen zur Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige, d. h. selektive Beihilfen (Urteil vom 15. Dezember 2005, Italien/Kommission, oben in Randnr. 195 angeführt, Randnr. 94; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des Gerichtshofs vom , Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke, C-143/99, Slg. 2001, I-8365, Randnr. 34).

    228

    Für die Anwendung des Art. 87 Abs. 1 EG ist festzustellen, ob eine staatliche Maßnahme im Rahmen einer bestimmten rechtlichen Regelung geeignet ist, bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige gegenüber anderen Unternehmen, die sich im Hinblick auf das mit der betreffenden Maßnahme verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation befinden, zu begünstigen (vgl. Urteil Adria-Wien Pipeline und Wietersdorfer & Peggauer Zementwerke, oben in Randnr. 227 angeführt, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    229

    Nach ständiger Rechtsprechung erfasst jedoch der Begriff der staatlichen Beihilfe staatliche Maßnahmen, die eine Differenzierung zwischen Unternehmen vornehmen und damit a priori selektiv sind, dann nicht, wenn diese Differenzierung aus der Natur oder dem Aufbau der Lastenregelung folgt, mit der sie in Zusammenhang stehen (Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2006, Portugal/Kommission, C-88/03, Slg. 2006, I-7115, Randnr. 52; vgl. in diesem Sinne auch Urteile des Gerichtshofs vom , Italien/Kommission, oben in Randnr. 66 angeführt, Randnr. 33, und vom , Unicredito Italiano, C-148/04, Slg. 2005, I-11137, Randnr. 51).

    230

    Wird eine Steuermaßnahme durch die Natur oder den allgemeinen Aufbau des Steuersystems gerechtfertigt, so wird darauf abgestellt, dass diese Maßnahme im Rahmen des Steuersystems, zu dem sie gehört, sachgerecht ist (vgl. Urteil Diputación Foral de Álava/Kommission, oben in Randnr. 154 angeführt, Randnr. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    231

    Im vorliegenden Fall steht außer Zweifel, dass die in Frage stehende Beihilfe a priori selektiv ist, da sich aus dem Gesetz 90-568 ergibt, dass die Steuersonderregelung auf France Télécom und nur ein weiteres Unternehmen anwendbar war. Es ist nämlich unstreitig, dass die Steuersonderregelung eine abweichende Steuerregelung gegenüber den Vorschriften darstellt, die im Bereich der Gewerbesteuer für alle Unternehmen gelten, die sich im Hinblick auf das mit der Gewerbesteuer verfolgte Ziel in einer vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situation wie France Télécom befinden, wobei die Gewerbesteuer entsprechend der Leistungsfähigkeit des Abgabenpflichtigen festgesetzt wird, die nach wirtschaftlichen Kriterien anhand der Bedeutung der Tätigkeit beurteilt wird, die der Abgabenpflichtige im Gebiet der lokalen Gebietskörperschaften ausübt, in denen er Niederlassungen unterhält (siehe oben, Randnrn. 16 bis 24).

    232

    Bezüglich der Frage, ob die Steuersonderregelung ihre Rechtfertigung in der Natur und im Aufbau des Steuersystems findet, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass dieses Argument von der Französischen Republik weder im Verwaltungsverfahren noch im Rahmen der vorliegenden Klage vorgebracht worden ist. Wie aber die Kommission zu Recht vorgetragen hat, trägt die Beweislast für das Vorliegen solcher Rechtfertigungen grundsätzlich der Mitgliedstaat. France Télécom kann sich daher im Rahmen der vorliegenden Klage zur Begründung ihres Vorbringens nicht auf Tatsachen berufen, die der Kommission bei Erlass der angefochtenen Entscheidung unbekannt waren (vgl. in diesem Sinne Urteil Nuova Agricast, oben in Randnr. 224 angeführt, Randnr. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    233

    Für ihr Argument, dass die Steuersonderregelung durch den inneren Aufbau des Steuersystems, das für die in Frankreich tätigen Unternehmen gelte, gerechtfertigt sei, beruft sich France Télécom auf zwei Rechtfertigungsgründe.

    234

    Zum einen habe die Steuersonderregelung verhindern sollen, dass die Einnahmen aus der von France Télécom geschuldeten Gewerbesteuer vom Staat auf die lokalen Gebietskörperschaften „verlagert“ würden.

    235

    Insoweit hat France Télécom nicht nachgewiesen, dass der Staat nicht in der Lage war, eine Regelung zu treffen, wonach die Gewerbesteuer zulasten des Unternehmens ab 1994 nach den Bedingungen des allgemeinen Steuerrechts berechnet wird und sodann dem Haushalt des Staates, nicht aber dem Haushalt aller derjenigen Gebietskörperschaften zugeführt wird, in denen France Télécom über eine Niederlassung verfügt.

    236

    Selbst wenn man daher davon ausgeht, dass das Ziel, dem Staat die von France Télécom entrichtete Gewerbesteuer zuzuführen, die France Télécom betreffenden Ausnahmeregelungen rechtfertigen kann, obwohl die Gewerbesteuer eine Steuer ist, die den lokalen Gebietskörperschaften zufließt, ist festzustellen, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass dieses Ziel nicht durch Maßnahmen hätte erreicht werden können, die ihr keinen Vorteil verschaffen.

    237

    Folglich kann sich France Télécom jedenfalls nicht darauf berufen, dass der ihr zugeflossene selektive Vorteil die notwendige Folge dessen sei, dass dem staatlichen Haushalt die Einnahmen aus der ihr durch die Steuersonderregelung auferlegte Gewerbesteuer zugeführt würden.

    238

    Zum anderen macht France Télécom geltend, diese Ausnahmeregelung sei deshalb geboten gewesen, weil es vor allem wegen des Fehlens einer der Aufteilung der Bemessungsgrundlagen der Gewerbesteuer angepassten Rechnungsführung schwierig gewesen wäre, ab 1991 eine Besteuerung nach Gemeinden einzuführen.

    239

    Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Steuersonderregelung 1994 in Kraft getreten ist, also im vierten Jahr nach der Umwandlung der Verwaltung der PTT in ein Unternehmen. Zwar hat France Télécom dargelegt, dass 1990 die für die Feststellung der Gewerbesteuer erforderlichen Angaben der das Vermögen betreffenden Rechnungsführung je Niederlassung nicht unmittelbar verfügbar gewesen seien, doch legte sie keinerlei Nachweise dafür vor, dass die Aufteilung der Bemessungsgrundlagen der Gewerbesteuer nach Gemeinden, die sie schließlich im Hinblick auf die Besteuerung für 2003 vornahm, nicht schon Anfang der neunziger Jahre vorgenommen werden konnte. Die für die Besteuerung für 1994 maßgeblichen Angaben waren nämlich die des Jahres 1992, das den Bezugszeitraum für diese Besteuerung darstellte (siehe oben, Randnr. 21).

    240

    Somit kann keines der von France Télécom vorgetragenen Argumente belegen, dass die abweichende Steuerregelung, die angewandt wurde und France Télécom einen Vorteil verschaffte, aufgrund des Wesens und des Zwecks des Steuersystems gerechtfertigt war.

    241

    Nach alledem kann keines der von den Klägerinnen geltend gemachten Argumente Erfolg haben. Der erste Klagegrund der Französischen Republik und der zweite Klagegrund von France Télécom sind daher zurückzuweisen.

    6. Zur Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes

    Vorbringen der Parteien

    242

    Die Französische Republik, mit ihrem hilfsweise geltend gemachten vierten Klagegrund, und France Télécom, mit dem ersten Teil ihres vierten Klagegrundes, weisen darauf hin, dass die Kommission nach Art. 14 der Verordnung Nr. 659/1999 die Rückforderung der Beihilfe nicht verlangen könne, wenn sie damit gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde, und dass der Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Grundsatz der Rechtssicherheit zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts gehörten. In ihrem Bericht C (2004) 434 vom 9. Februar 2004 über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung habe die Kommission überdies eingeräumt, dass der Grundsatz des Vertrauensschutzes einer Rückforderungsentscheidung in Ausnahmefällen entgegenstehen könne, und zwar u. a. dann, wenn eine vergleichbare Regelung als außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 87 Abs. 1 EG liegend angesehen oder in der Vergangenheit für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt worden sei.

    243

    Zur Tragweite dieses Grundsatzes trägt France Télécom vor, nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts könne sich jeder Wirtschaftsteilnehmer, bei dem ein Gemeinschaftsorgan begründete Erwartungen geweckt habe, auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen (Urteil des Gerichtshofs vom 11. März 1987, Van den Bergh en Jurgens und Van Dijk Food Products [Lopik]/EWG, 265/85, Slg. 1987, 1155, Randnr. 44).

    244

    France Télécom räumt ein, dass ein beihilfebegünstigtes Unternehmen auf die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe grundsätzlich nur dann vertrauen dürfe, wenn diese unter Beachtung des in Art. 88 EG vorgesehenen Verfahrens gewährt worden sei, und dass es einem sorgfältigen Gewerbetreibenden regelmäßig möglich sei, sich zu vergewissern, ob dieses Verfahren eingehalten worden sei. Die Rechtsprechung schließe jedoch nicht aus, dass sich der Empfänger ausnahmsweise auf Umstände berufen könne, die geeignet gewesen seien, bei ihm ein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe zu wecken (Urteil des Gerichtshofs vom 20. September 1990, Kommission/Deutschland, C-5/89, Slg. 1990, I-3437, Randnr. 16), und die Kommission habe diese Möglichkeit in ihren Entscheidungen anerkannt (80. Erwägungsgrund der Entscheidung 2004/76/EG der Kommission vom über die Beihilferegelung, die Frankreich zugunsten von Verwaltungs- und Logistikzentren durchgeführt hat [ABl. 2004, L 23, S. 1]).

    245

    Im vorliegenden Fall ist France Télécom der Auffassung, dass außergewöhnliche Umstände vorlägen, die geeignet gewesen seien, bei ihr ein berechtigtes Vertrauen dahin gehend zu wecken, dass die Steuersonderregelung kein möglicherweise als staatliche Beihilfe zu qualifizierender Vorteil sei.

    246

    Die Französische Republik und France Télécom weisen darauf hin, dass die Steuerregelung, die von der Kommission vorliegend untersucht worden sei, durch die Art. 18 bis 21 des Gesetzes 90-568 eingeführt worden sei, wie sich insbesondere aus den Randnrn. 28, 32 und 61 des Beschlusses über die Einleitung des Verfahrens und den Erwägungsgründen 17 und 21 der angefochtenen Entscheidung ergebe.

    247

    Art. 21 des Gesetzes 90-568 sei von den Dienststellen der Kommission bereits aufgrund einer Beschwerde geprüft worden, die am 4. Mai 1990 gegen die besonderen Vorschriften über die Besteuerung von La Poste mit einer Gewerbesteuer eingelegt worden sei. Mit Entscheidung vom (ABl. 1995, C 262, S. 11, im Folgenden: Entscheidung betreffend La Poste) habe die Kommission anerkannt, dass der Steuervorteil, der La Poste durch Art. 21 des Gesetzes 90-568 gewährt worden sei, keine Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG sei. Die genannte Entscheidung sei vom Gericht mit Urteil vom , FFSA u. a./Kommission (T-106/95, Slg. 1997, II-229), bestätigt worden. Bei der Prüfung der genannten Bestimmung habe die Kommission zwangsläufig Kenntnis von den Vorschriften über die für France Télécom geltende Gewerbesteuerregelung erlangen müssen. Wenn sie Zweifel hinsichtlich der Frage gehabt hätte, ob die genannte Regelung eine Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG sei, hätte sie aufgrund ihrer Sorgfaltspflicht ein Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 3 EG einleiten müssen. Angesichts der Nichteinleitung eines solchen Prüfverfahrens und der außergewöhnlichen Umstände des vorliegenden Falls hätten France Télécom und die französischen Behörden darauf vertrauen dürfen, dass die Gewerbesteuerregelung des Gesetzes 90-568 mit Art. 87 Abs. 1 EG vereinbar sei.

    248

    Die Französische Republik und France Télécom bringen vier weitere Argumente zur Begründung ihrer Auffassung vor, dass der Grundsatz des Vertrauensschutzes vorliegend einer Rückforderung der von der Kommission festgestellten staatlichen Beihilfe entgegenstehe.

    249

    Erstens ähnelten die Umstände des vorliegenden Falls denen, die in dem Rechtsstreit vorgelegen hätten, in dem das Urteil des Gerichts vom 1. Juli 2004, Salzgitter/Kommission (T-308/00, Slg. 2004, II-1933), ergangen sei.

    250

    Zweitens seien die französischen Behörden und France Télécom in ihrer Überzeugung um so sicherer gewesen, als das Ziel der Steuersonderregelung nicht darin bestanden habe, France Télécom irgendeinen Vorteil zu gewähren, sondern nur darin, zu gewährleisten, dass sich die fortschreitende Bindung von France Télécom an die Vorschriften des allgemeinen Steuerrechts auf den Staatshaushalt neutral auswirke. Im Unterschied zu den Steuerbeihilfen, die gewöhnlich in Steuerbefreiungen oder ermäßigten Steuersätzen bestünden, lägen im vorliegenden Fall derartige Maßnahmen nicht vor. Vielmehr seien France Télécom und die französischen Behörden bis 1999 überzeugt gewesen, dass die Steuersonderregelung zu einer Überbesteuerung im Verhältnis zum allgemeinen Steuerrecht führe. France Télécom habe daher nicht ahnen können, dass die Steuersonderregelung eine staatliche Beihilfe sein könne.

    251

    Drittens habe die Kommission in der Entscheidung 2006/621/EG vom 2. August 2004 über die staatliche Beihilfe, die Frankreich zugunsten von France Télécom gewährt hat (ABl. 2006, L 257, S. 11), die Auffassung vertreten, dass, da „France Télécom zu Recht darauf vertrauen konnte, dass das Verhalten [der Französischen Republik] keine staatliche Beihilfe darstellte“, „die Anordnung der Beihilferückforderung … gegen die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde“ (264. Erwägungsgrund). Im vorliegenden Fall habe France Télécom aber, bis die französischen Behörden die ersten Simulationen erstellt hätten, nicht gewusst, dass ihr ein Vorteil zufließe. Bis dahin, d. h. zumindest bis 2000, habe France Télécom vielmehr angenommen, dass für sie die besonderen Bedingungen ihrer Gewerbesteuerpflicht einen Wettbewerbsnachteil in ihren Beziehungen zu den lokalen Gebietskörperschaften darstellten. Sie habe im Übrigen die Anpassung ihrer Steuersonderregelung an das allgemeine Steuerrecht verlangt.

    252

    Viertens habe es zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung an einer hinreichend gefestigten Entscheidungspraxis der Kommission gefehlt, und es habe keine mit den vorliegend in Frage stehenden Maßnahmen vergleichbare Steuerregelung gegeben, die als eine staatliche Beihilfe angesehen worden wäre.

    253

    In ihrer Erwiderung widerspricht die Französische Republik dem Vorbringen der Kommission, dass sie sich nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen könne, weil sie die in Rede stehende Regelung nicht angemeldet habe. Auf diesen Grundsatz könnten sich sowohl der Empfänger einer Beihilfe als auch der Mitgliedstaat berufen, der diese Beihilfe gewährt habe. Die Tragweite der Rechtsprechung, auf die sich die Kommission bezogen habe, beschränke sich auf die Vertragsverletzungsklage, und ein Mitgliedstaat sei durch diese Rechtsprechung nicht daran gehindert, sich auf die Einhaltung dieses Grundsatzes in Bezug auf den Beihilfeempfänger im Rahmen einer Nichtigkeitsklage zu berufen.

    254

    Die Kommission macht erstens geltend, ein Mitgliedstaat könne den Grundsatz des Vertrauensschutzes weder für sich noch für den Beihilfeempfänger in Anspruch nehmen, wenn er von der Anmeldung einer neuen Beihilfe bei ihr absehe. Da die Französische Republik die streitigen Maßnahmen nicht angemeldet habe, könne folglich der Grundsatz des Vertrauensschutzes der Verpflichtung zur Rückforderung einer rechtswidrig gewährten Beihilfe nicht entgegenstehen (Urteile des Gerichtshofs Kommission/Deutschland, oben in Randnr. 244 angeführt, Randnrn. 14 und 17, und vom 11. November 2004, Demesa und Territorio Histórico de Álava/Kommission, C-183/02 P und C-187/02 P, Slg. 2004, I-10609, Randnr. 44; Urteile des Gerichts vom , BFM und EFIM/Kommission, T-126/96 und T-127/96, Slg. 1998, II-3437, Randnr. 69, und vom , Scott/Kommission, T-366/00, Slg. 2003, II-1763, Randnr. 61).

    255

    Zweitens habe sie in der Entscheidung betreffend La Poste die Bestimmungen des Gesetzes 90-568 über die für France Télécom geltende Gewerbesteuerregelung weder geprüft noch zu ihnen Stellung genommen. Da die Bestimmungen nicht angemeldet worden seien, könne das Schweigen der Kommission nicht als Billigung ausgelegt werden (Urteile Demesa und Territorio Histórico de Álava/Kommission, oben in Randnr. 254 angeführt, Randnr. 52).

    256

    Jedenfalls habe die Französische Republik nicht darauf vertrauen dürfen, dass die für France Télécom geltenden Bestimmungen keine Beihilfe darstellten, nur weil das Gericht im Urteil FFSA u. a./Kommission, oben in Randnr. 247 angeführt, entschieden habe, dass die Bestimmungen des Gesetzes 90-568 bezüglich La Poste mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare Beihilfen seien. Die französischen Behörden hätten unter diesen Bedingungen die in Rede stehenden Bestimmungen anmelden müssen (Urteil Demesa und Territorio Histórico de Álava/Kommission, oben in Randnr. 254 angeführt, Randnrn. 48 bis 50).

    257

    Drittens sei die Bezugnahme auf die Entscheidung 2006/621 unerheblich, da sich die Umstände der vorliegenden Rechtssache von den Umständen der Sache, in der die genannte Entscheidung ergangen sei, unterschieden.

    258

    Viertens habe die Kommission mit dem Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht ihre Politik hinsichtlich der Steuerbeihilfen geändert, sondern die objektiven Vorschriften des Art. 87 Abs. 1 EG auf den Sachverhalt des vorliegenden Falls angewandt.

    Würdigung durch das Gericht

    259

    Nach ständiger Rechtsprechung kann sich auch bei Fehlen einer Rechtsvorschrift jeder auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen, bei dem ein Gemeinschaftsorgan durch bestimmte Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat (vgl. Urteil Van den Bergh en Jurgens und Van Dijk Food Products [Lopik]/EWG, oben in Randnr. 243 angeführt, Randnr. 44, und Urteil des Gerichts vom 21. Juli 1998, Mellett/Gerichtshof, T-66/96 und T-221/97, Slg. ÖD 1998, I-A-449 und II-1305, Randnr. 104 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    260

    Präzise, nicht an Bedingungen geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte von zuständiger und zuverlässiger Seite stellen unabhängig von der Form ihrer Mitteilung solche Zusicherungen dar. Dagegen kann niemand eine Verletzung dieses Grundsatzes geltend machen, dem die Verwaltung keine bestimmten Zusicherungen gegeben hat (vgl. Urteil des Gerichts vom 14. Februar 2006, TEA-CEGOS u. a./Kommission, T-376/05 und T-383/05, Slg. 2006, II-205, Randnr. 88 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    261

    Aus diesem Grundsatz, der insbesondere im Bereich der Überwachung staatlicher Beihilfen nach Art. 14 der Verordnung Nr. 659/1999 Anwendung findet, ergibt sich, dass sich der Beihilfeempfänger auf Vertrauensschutz berufen kann (Urteil Kommission/Deutschland, oben in Randnr. 244 angeführt, Randnr. 16), sofern ihm hinreichend präzise Zusicherungen gegeben wurden, die aus einem aktiven Tun der Kommission herrühren und die Annahme erlauben, dass eine Maßnahme keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG darstellt. Fehlt dagegen eine ausdrückliche Stellungnahme der Kommission zu einer bei ihr angemeldeten Maßnahme, kann das Schweigen des Gemeinschaftsorgans nicht nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes des durch eine staatliche Beihilfe begünstigten Unternehmens der Rückforderung dieser Beihilfe entgegenstehen (vgl. in diesem Sinne Urteil Demesa und Territorio Histórico de Álava/Kommission, oben in Randnr. 254 angeführt, Randnr. 44).

    262

    Da die Überwachung staatlicher Beihilfen durch die Kommission in Art. 88 EG zwingend vorgeschrieben ist, dürfen die von einer Beihilfe begünstigten Unternehmen auf die Ordnungsmäßigkeit der Beihilfe aber grundsätzlich nur dann vertrauen, wenn diese unter Einhaltung des in dem genannten Artikel vorgesehenen Verfahrens gewährt wurde. Einem sorgfältigen Gewerbetreibenden ist es nämlich regelmäßig möglich, sich zu vergewissern, dass dieses Verfahren eingehalten wurde. Infolgedessen kann sich auch ein Mitgliedstaat, dessen Behörden eine Beihilfe unter Verletzung der Verfahrensbestimmungen des Art. 88 EG gewährt haben, nicht unter Berufung auf das geschützte Vertrauen der Begünstigten der Verpflichtung entziehen, die erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung einer Entscheidung der Kommission zu ergreifen, mit der die Rückforderung dieser Beihilfe angeordnet wird (vgl. Urteile des Gerichtshofs Kommission/Deutschland, oben in Randnr. 244 angeführt, Randnrn. 14 und 17, und vom 19. Juni 2008, Kommission/Deutschland, C-39/06, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    263

    Allerdings ist die Möglichkeit für den Empfänger einer rechtswidrigen Beihilfe, sich auf außergewöhnliche Umstände zu berufen, aufgrund deren sein Vertrauen in die Ordnungsgemäßheit der Beihilfe geschützt ist, und sich daher ihrer Rückzahlung zu widersetzen, nicht auszuschließen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts BFM und EFIM/Kommission, oben in Randnr. 254 angeführt, Randnr. 70, und vom 5. August 2003, P & O European Ferries [Vizcaya] und Diputación Foral de Vizcaya/Kommission, T-116/01 und T-118/01, Slg. 2003, II-2957, Randnrn. 201 und 204).

    264

    Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass die in Rede stehende Beihilfe nicht angemeldet wurde, da sie von der Kommission infolge einer Beschwerde geprüft wurde, die eingelegt wurde, nachdem der erste Teil der Beihilfe — das Steuergefälle, das France Télécom für 1994 zugutekam — bereits gewährt worden war. Daher ist festzustellen, dass sich grundsätzlich weder die Französische Republik noch France Télécom auf den Grundsatz des Schutzes des berechtigten Vertrauens des Beihilfeempfängers berufen können, um die Rückforderungsentscheidung zu Fall zu bringen, es sei denn, sie weisen nach, dass ausnahmsweise Umstände vorliegen, aufgrund deren das Vertrauen von France Télécom in die Ordnungsgemäßheit der in Rede stehenden Beihilfe geschützt ist.

    265

    Der außergewöhnliche Umstand, auf den sich die Französische Republik und France Télécom insoweit berufen, soll darin liegen, dass die Kommission Art. 21 des Gesetzes 90-568 geprüft hat und in der Entscheidung betreffend La Poste zum Ergebnis gelangt ist, dass die nach Art. 21 Nr. I 3 für La Poste — nicht aber für France Télécom — geltende Verminderung der Bemessungsgrundlage um 85% ihres Wertes keine staatliche Beihilfe sei. Die Klägerinnen führen aus, dass die Steuersonderregelung durch denselben Artikel eingeführt worden sei und auch für La Poste gelte. Die Kommission sei bei ihrer Prüfung nicht der Ansicht gewesen, dass die genannte Regelung eine staatliche Beihilfe sei.

    266

    Erstens ist insoweit darauf hinzuweisen, dass, wie die Klägerinnen selbst einräumen, die Kommission zu der Steuersonderregelung überhaupt nicht Stellung genommen hat. Die Berufung auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes setzt aber voraus, dass der Begünstigte präzise Zusicherungen der Verwaltung anführen kann (siehe oben, Randnr. 260).

    267

    Wie sich zweitens schon aus dem Wortlaut der Entscheidung betreffend La Poste ergibt, wurden die sonstigen Bestimmungen des Art. 21 des Gesetzes 90-568, vor allem die über die Gewerbesteuer und die Steuersonderregelung, nicht geprüft. Das Schweigen, das die Kommission in der Entscheidung betreffend La Poste zu der Steuersonderregelung wahrte, genügte daher nicht, um bei La Poste berechtigtes Vertrauen zu schaffen, dass die Steuerregelung keine staatliche Beihilfe war, und konnte diese Wirkung erst recht nicht bei France Télécom haben (vgl. in diesem Sinne Urteil Demesa und Territorio Histórico de Álava/Kommission, oben in Randnr. 254 angeführt, Randnr. 44).

    268

    Drittens ist, wie die Kommission in der Klagebeantwortung geltend macht, die in der Entscheidung betreffend La Poste enthaltene Beurteilung, wonach die Verringerung der in jener Sache fraglichen Bemessungsgrundlage keine staatliche Beihilfe darstelle, vom Gericht im Urteil FFSA u. a./Kommission, oben in Randnr. 247 angeführt, verworfen worden. In den Randnrn. 167 und 168 dieses Urteils hat das Gericht nämlich festgestellt, dass die in Rede stehenden Bestimmungen von Art. 21 des Gesetzes 90-568 eine staatliche Beihilfe eingeführt hatten, die in den Geltungsbereich des Art. 87 Abs. 1 EG fällt, auch wenn diese Beihilfe wegen der Ausnahmevorschrift des Art. 86 Abs. 2 EG zugunsten der öffentlichen Unternehmen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Das gegen dieses Urteil eingelegte Rechtsmittel ist vom Gerichtshof zurückgewiesen worden (Beschluss vom 25. März 1998, FFSA u. a./Kommission, C-174/97 P, Slg. 1998, I-1303). Selbst wenn man daher unterstellt, dass die Entscheidung betreffend La Poste bei der Französischen Republik und France Télécom die Erwartung hätte wecken können, dass die in Art. 21 des Gesetzes 90-568 vorgesehenen Maßnahmen keine staatlichen Beihilfen darstellen würden, hätten sich diese Erwartungen doch als unbegründet erwiesen und ihre Erfüllung hätte daher nicht durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes garantiert sein können.

    269

    Viertens hatte die Kommission jedenfalls zu dem Zeitpunkt, zu dem die Anmeldung der in Rede stehenden Beihilfe hätte erfolgen müssen — nämlich bevor die von France Télécom für das Jahr 1994 erhobene Gewerbesteuer fällig wurde —, die Entscheidung betreffend La Poste noch nicht erlassen.

    270

    Folglich haben die Französische Republik und France Télécom nicht dargetan, dass außergewöhnliche Umstände vorlagen, aufgrund deren sie sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes hätten berufen können.

    271

    Keines der sonstigen Argumente der Klägerinnen kann diese Beurteilung in Frage stellen.

    272

    Erstens bezieht sich die Französische Republik auf den Bericht C (2004) 434 vom 9. Februar 2004 über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf Maßnahmen im Bereich der direkten Unternehmensbesteuerung. Sollte die Klägerin darlegen wollen, dass dieser Bericht die Kommission binde, so genügt der Hinweis, dass dort u. a. festgestellt wird, dass, „[wenn] eine Regelung teilweise genehmigt [wird], … dies nichts darüber [aussagt], ob die sonstigen Aspekte dieser Regelung mit den Vorschriften des Vertrags im Einklang stehen“. Somit schließt der Wortlaut dieses Berichts aus, dass von der Genehmigung der Maßnahme nach Art. 21 Nr. I 3 des Gesetzes 90-568 auf die Genehmigung der Maßnahmen geschlossen werden kann, die nach den sonstigen Bestimmungen dieses Artikels eingeführt werden.

    273

    Zweitens kann das Argument der Französischen Republik, wonach die Umstände der vorliegenden Rechtssachen denen ähnelten, die den Rechtsstreit gekennzeichnet hätten, in dem das Urteil Salzgitter/Kommission, oben in Randnr. 249 angeführt, ergangen sei, ebenfalls nicht durchgreifen. In der betreffenden Rechtssache hat das Gericht entschieden, dass der Umstand, dass sich der Beihilfeempfänger nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen kann, weil die Beihilfe nicht angemeldet wurde, ihm nicht die Möglichkeit nimmt, sich auf den Verstoß gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit zu berufen.

    274

    Die Rechtssache, in der das Urteil Salzgitter/Kommission, oben in Randnr. 249 angeführt, ergangen ist, war durch besondere Umstände gekennzeichnet, nämlich durch die Entscheidung, keine Einwände gegen die Bestimmung zu erheben, aufgrund deren die betreffende Beihilfe gewährt worden war, durch die teilweise und stillschweigende Rücknahme dieser Entscheidung, durch eine Änderung der Beurteilung seitens der Kommission, durch Unsicherheit bezüglich der Frage, ob eine neue Anwendung der betreffenden Vorschrift anzumelden ist und durch eine fortgesetzte Untätigkeit der Kommission, wohingegen das Vorliegen der betreffenden Beihilfen durchaus bekannt war.

    275

    Demgegenüber wurden in den vorliegenden Rechtssachen die Vorschriften des Gesetzes 90-568, auf denen die Steuersonderregelung beruhte, der Kommission nicht gemeldet und konnten somit nicht Gegenstand einer Entscheidung sein, keine Einwände zu erheben.

    276

    Insoweit kann drittens dem Argument der Klägerinnen, dass die Französische Republik von der Anmeldung der Steuersonderregelung habe absehen können, weil nicht festgestanden habe, dass der französische Gesetzgeber France Télécom eine staatliche Beihilfe habe gewähren wollen, nicht gefolgt werden. Zum einen ist die Absicht des Mitgliedstaats ohne Einfluss auf das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe (siehe oben, Randnr. 198). Zum anderen stellt die Anmeldung einer Maßnahme, die geeignet ist, einem Unternehmen einen Vorteil zu verschaffen, das vom Vertrag vorgesehene Mittel dar, durch das sich die Mitgliedstaaten vergewissern können, dass sie keine rechtswidrige staatliche Beihilfe gewähren, und die Unternehmen, dass ihnen keine derartige Beihilfe zufließt. Da die Steuersonderregelung eine vom allgemeinen Steuerrecht abweichende Art der Gewerbesteuererhebung darstellte, die zwei Unternehmen betraf, konnte nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass es sich um eine staatliche Beihilfe handelt. Es steht indessen fest, dass die Steuersonderregelung nicht bei der Kommission angemeldet wurde. Insoweit ist zu beachten, dass bei Fehlen außergewöhnlicher Umstände der Empfänger einer Beihilfe, die ohne vorherige Anmeldung bei der Kommission gewährt wurde, so dass sie gemäß Art. 88 Abs. 3 EG rechtswidrig ist, zum Zeitpunkt ihres Erhalts kein berechtigtes Vertrauen in die Ordnungsmäßigkeit ihrer Gewährung haben kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Demesa und Territorio Histórico de Álava/Kommission, oben in Randnr. 254 angeführt, Randnr. 45).

    277

    Viertens sind, wie die Kommission vorträgt, die Voraussetzungen, unter denen Vertrauensschutz zuerkannt werden kann, einzelfallspezifisch. Deshalb hat der Umstand, dass die Kommission anerkannte, dass France Télécom sich in der Sache, die zur Entscheidung 2006/621 führte, auf diesen Grundsatz berufen konnte, für sich genommen keine Relevanz für die Frage, ob France Télécom diesen Schutz im vorliegenden Fall genießen kann.

    278

    Fünftens schließlich ist auch das Argument der Französischen Republik zurückzuweisen, die Kommission habe nicht über eine gefestigte Entscheidungspraxis auf diesem Gebiet verfügt. Das Fehlen einer solchen Praxis wäre nämlich, selbst wenn es erwiesen wäre, nicht geeignet, die Auffassung zu stützen, dass die Klägerinnen zu Recht davon hätten ausgehen dürfen, dass die Steuersonderregelung keine staatliche Beihilfe darstelle.

    279

    Nach alledem kann den Argumenten der Klägerinnen nicht gefolgt werden, so dass der vierte Klagegrund der Französischen Republik sowie der erste Teil des vierten Klagegrundes von France Télécom zurückzuweisen sind.

    7. Zur Möglichkeit, die Rückforderung einer Beihilfe von unbestimmter Höhe anzuordnen, und zur Wahrung des Grundsatzes der Rechtssicherheit

    Vorbringen der Parteien

    280

    France Télécom macht im zweiten Teil des vierten Klagegrundes geltend, Voraussetzung für die Rückforderung einer mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfe sei es, dass diese genau beziffert werden könne. Sie ist der Auffassung, dass es gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoße, wenn die Höhe des zurückzufordernden Betrags unbestimmt sei.

    281

    Der Grundsatz der Rechtssicherheit könne nicht auf die Voraussetzungen für das Entstehen eines schutzwürdigen Vertrauens auf Seiten des Beihilfeempfängers beschränkt werden (Urteil Salzgitter/Kommission, oben in Randnr. 249 angeführt), und dieser Grundsatz verlange, dass eine Handlung der Verwaltung, die Rechtswirkungen entfalte, klar und bestimmt sei, damit der Betroffene seine Rechte und Pflichten unzweideutig erkennen und sich darauf einstellen könne (Urteil des Gerichtshofs vom 1. Oktober 1998, Langnese-Iglo/Kommission, C-279/95 P, Slg. 1998, I-5609, Randnr. 78). Nach diesem Grundsatz sei die Kommission verpflichtet gewesen, der Französischen Republik Informationen zur Verfügung zu stellen, die es ermöglicht hätten, ohne übermäßige Schwierigkeiten den Betrag der zurückzufordernden Beihilfe zu bestimmen und vor allem den Parameter festzulegen, aufgrund dessen der Umfang der France Télécom zugeflossenen wettbewerbswidrigen Vorteile hätte beurteilt werden können (Urteile des Gerichtshofs vom , Kommission/Deutschland, 70/72, Slg. 1973, 813, vom , Frankreich/Kommission, 102/87, Slg. 1988, 4067, Randnr. 33, und vom , Spanien/Kommission, C-480/98, Slg. 2000, I-8717, Randnr. 25).

    282

    Die Kommission habe aber nur eine vorläufige Spanne festgelegt, ohne die erforderlichen Parameter für die Berechnung der Höhe des zurückzufordernden Betrags zu bestimmen. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass die angefochtene Entscheidung Rechtswirkungen entfalte, die klar und bestimmt seien; dies verstoße gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit.

    283

    Es erweise sich nämlich als unmöglich, die genaue Differenz zwischen der Gewerbesteuer, die von France Télécom für die Jahre vor 2003 erhoben worden sei, und dem Steuerbetrag zu berechnen, den France Télécom hätte entrichten müssen, wenn sie nach den Bedingungen des allgemeinen Steuerrechts besteuert worden wäre.

    284

    France Télécom verfüge nicht über eine Betriebsbuchhaltung, anhand deren die Bemessungsgrundlagen nach Gemeinden aufgeteilt werden könnten, da die ersten verfügbaren Angaben das Jahr 2001 betroffen hätten, das nach Art. 1467 A CGI der Bezugszeitraum für die Feststellung der im Jahr 2003 fälligen Steuern sei (siehe oben, Randnr. 21). France Télécom verfüge über ungefähr 19000 Niederlassungen, die zwischen 1991 und 2000 erheblichen Veränderungen ausgesetzt gewesen seien, weshalb die wirklichkeitsgetreue Aufteilung der Bemessungsgrundlagen für die vor 2001 liegenden Jahre unmöglich sei.

    285

    Die Unmöglichkeit, die Bemessungsgrundlagen für die Berechnung des Steuerbetrags, den France Télécom normalerweise hätte entrichten müssen, aufzuteilen, habe zur Folge, dass auch die maßgeblichen realen lokalen Steuersätze nicht bestimmt werden könnten, die im Übrigen nicht mehr verfügbar seien. Die der Kommission im Mai 2003 mitgeteilten Beträge hätten für die Jahre 1994 bis 1999 auf einem landesweiten durchschnittlichen Steuersatz von France Télécom beruht, der durch lineare Extrapolation anhand des landesweiten gewogenen durchschnittlichen Steuersatzes berechnet worden sei.

    286

    Die im Juli 2004 übermittelten Angaben seien zuverlässiger, weil sie anhand des Betrags ermittelt worden seien, der von France Télécom nach dem allgemeinen Steuerrecht für das Jahr 2003 tatsächlich erhoben worden sei, doch beruhten auch sie für die vorangegangenen Jahre auf einer fiktiven Rekonstruktion mittels Extrapolation.

    287

    Unter diesen Bedingungen hätten die Angaben, die die Französische Republik im Verwaltungsverfahren übermittelt habe, nur Annäherungswerte mit vorläufigem Charakter sein können, worüber die Kommission gebührend unterrichtet worden sei. Die Verwaltung habe dies im Übrigen berücksichtigt, wie das Protokoll der Sitzung der Mitglieder der Kommission, in der die angefochtene Entscheidung erlassen worden sei, bestätige. Der genaue Betrag des Vorteils, der France Télécom zugeflossen sein solle, könne daher aufgrund der in der angefochtenen Entscheidung bestimmten Parameter nicht berechnet werden. In den Entscheidungen 2003/216 und 2006/621 habe die Kommission aus der Unmöglichkeit, die Höhe der von ihr festgestellten Beihilfen zu berechnen, geschlossen, dass deren Rückforderung nicht angeordnet werden könne.

    288

    Die Kommission führt aus, nach ständiger Rechtsprechung könne sie sich auf die Feststellung der Verpflichtung zur Rückforderung der Beihilfen beschränken und es den nationalen Behörden überlassen, den genauen Betrag der zurückzufordernden Beihilfen zu berechnen.

    289

    Sie macht sodann geltend, das Fehlen bestimmter Buchführungsdaten stehe der Rückforderung einer Beihilfe nicht entgegen, sofern die Beihilfe genau ermittelt werden könne. In der angefochtenen Entscheidung sei die in Rede stehende Beihilfe als das Steuergefälle, das der Differenz zwischen der Gewerbesteuer entspreche, die auf France Télécom gelastet hätte, wenn sie dem allgemeinen Steuerrecht unterworfen gewesen wäre, und der Steuer, mit der sie von 1994 bis 2002 tatsächlich belastet worden sei, genau bestimmt worden. Die genaue quantitative Bewertung der in Rede stehenden Beihilfe sei ohne Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, sondern gehöre zur Vollstreckung der Entscheidung, der die in Art. 10 EG verankerte Verpflichtung zu loyaler Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten zugrunde liege.

    290

    Erstens sei insoweit die Anwendung einer Extrapolationsmethode auf der Grundlage der verfügbaren Daten zulässig. Diese Methode sei zudem von der Französischen Republik im Verwaltungsverfahren angewandt worden und habe zu zwei Reihen von Ergebnissen geführt, die in der angefochtenen Entscheidung zur Festlegung der vorläufigen Spanne, innerhalb deren der zurückzufordernde Betrag liege, herangezogen worden seien.

    291

    Die Vorläufigkeit dieser Beträge sei vom Kollegium der Mitglieder der Kommission ordnungsgemäß berücksichtigt worden (PV [2004] 1667 endg. vom 19. und , Nr. 20.1, S. 34), und das Wort „vorläufig“ sei daher im 59. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung durch eine Berichtigung vom (C [2005] 75 endg.) eingefügt und am selben Tag der Französischen Republik zugestellt worden.

    292

    Zweitens könne nicht ernsthaft behauptet werden, dass die Rekonstruktion der Steuerbeträge, die France Télécom zu tragen gehabt hätte, wenn sie dem allgemeinen Steuerrecht unterworfen gewesen wäre, unmöglich sei.

    293

    Zum einen hätten sich die französischen Behörden zum Nachweis dafür, dass France Télécom im Zeitraum von 1991 bis 2002 kein Vorteil zugeflossen sei, nacheinander auf zwei am 15. Mai 2003 und vorgelegte Reihen von Angaben gestützt, die sie als hinreichend glaubhaft dargestellt hätten. Erst als ihnen klar geworden sei, dass die Kommission nicht bereit sei, dem Argument zu folgen, dass die von France Télécom für den Zeitraum von 1991 bis 1993 erhobene Pauschalabgabe das Steuergefälle, das sich aus der Steuersonderregelung für die Jahre 1994 bis 2002 ergebe, ausgleichen könne, hätten die französischen Behörden erstmals geltend gemacht, dass ihre Schätzungen nicht zuverlässig seien.

    294

    Zum anderen entbehrten die Behauptungen jeder Grundlage, dass die Daten, die für die Bestimmung der Höhe der Gewerbesteuer erforderlich seien, die normalerweise von France Télécom für die Jahre 1994 bis 2002 zu erheben gewesen wäre, nicht verfügbar seien.

    295

    Es sei nämlich unwahrscheinlich, dass France Télécom keine hinreichend genaue Kenntnis der geografischen Verteilung ihrer Vermögenswerte über einen nur kurze Zeit zurückliegenden Zeitraum haben könne. Bei den Steuersätzen, die die Gebietskörperschaften, in deren Gebiet France Télécom Niederlassungen unterhalten habe, in den betreffenden Jahren beschlossen hätten, handele es sich um öffentliche Daten, deren Verlust ganz und gar unerklärlich wäre.

    Würdigung durch das Gericht

    296

    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Französische Republik auf Fragen des Gerichts erklärt hat, dass sie aufgrund des Urteils Kommission/Frankreich, oben in Randnr. 93 angeführt, den fünften Klagegrund, mit dem sie geltend gemacht hatte, dass die Unmöglichkeit, den genauen Betrag der in Rede stehenden Beihilfe zu berechnen, dem Vollzug der Verpflichtung zur Rückforderung dieser Beihilfe entgegenstehe, zurücknehme und Art. 2 der angefochtenen Entscheidung vorläufig vollzogen habe. Unter diesen Bedingungen ist nur das Vorbringen von France Télécom zu berücksichtigen.

    297

    Nach ständiger Rechtsprechung ist die Kommission nicht verpflichtet, in der Entscheidung, in der die Rückforderung einer rechtswidrigen Beihilfe angeordnet wird, den genauen Betrag der zurückzuzahlenden Beihilfe anzugeben. Nach dem Gemeinschaftsrecht ist insoweit nur erforderlich, dass zum einen die Rückforderung rechtswidrig gewährter Beihilfen zur Wiederherstellung des früheren Zustands führt und dass zum anderen diese Rückzahlung nach den Modalitäten des nationalen Rechts erfolgt, ohne dass dessen Anwendung Tragweite und Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts beeinträchtigt (vgl. Urteil Ladbroke Racing/Kommission, oben in Randnr. 184 angeführt, Randnr. 187 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    298

    Es genügt somit, dass der Betrag der zurückzufordernden Beihilfe nach den Angaben in der Entscheidung ohne übermäßige Schwierigkeiten berechnet werden kann (Urteil vom 13. Juli 1988, Frankreich/Kommission, oben in Randnr. 281 angeführt, Randnr. 33).

    299

    Die Kommission darf sich daher darauf beschränken, die Verpflichtung zur Erstattung der in Rede stehenden Beihilfen festzustellen und den nationalen Behörden die Berechnung des genauen Betrags der zu erstattenden Beihilfen zu überlassen, insbesondere wenn die Berechnung die Berücksichtigung von Abgaben- oder Sozialversicherungsregelungen erfordert, deren Einzelheiten im geltenden nationalen Recht festgelegt sind (Urteile vom 12. Oktober 2000, Spanien/Kommission, oben in Randnr. 281 angeführt, Randnr. 26, und Ladbroke Racing/Kommission, oben in Randnr. 184 angeführt, Randnr. 188).

    300

    Das der Kommission zuerkannte Recht, den genauen Betrag der zurückzuzahlenden Beihilfe nicht zu bezeichnen, erlaubt es ihr jedoch nicht, den Grundsatz der Rechtssicherheit außer Acht zu lassen, der verlangt, dass eine Handlung der Verwaltung, die Rechtswirkungen entfaltet, klar und bestimmt ist, damit der Betroffene seine Rechte und Pflichten unzweideutig erkennen und sich darauf einstellen kann (Urteil Langnese-Iglo/Kommission, oben in Randnr. 281 angeführt, Randnr. 78).

    301

    Im vorliegenden Fall hat die Kommission, wie dargelegt, im 59. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass der Betrag der in Rede stehenden Beihilfe zwischen 798 Mio. und 1,14 Mrd. Euro liegen müsse. Folglich ist der Betrag von 798 Mio. Euro als Mindestbetrag der nach Art. 2 der angefochtenen Entscheidung zurückzufordernden Beihilfe anzusehen. Der verfügende Teil einer Entscheidung auf dem Gebiet staatlicher Beihilfen kann nämlich nicht von ihrer Begründung getrennt werden, so dass sie, wenn dies erforderlich ist, unter Berücksichtigung der Gründe auszulegen ist, die zu ihrem Erlass geführt haben. Da die Beträge, die die Spanne bilden, innerhalb deren der Betrag der fraglichen Beihilfe liegt, nicht vorläufiger Natur sind, enthält die angefochtene Entscheidung die geeigneten Angaben, die es der Französischen Republik ermöglichen, den endgültigen Betrag der zurückzufordernden Beihilfe ohne übermäßige Schwierigkeiten selbst zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Frankreich, oben in Randnr. 87 angeführt, Randnrn. 31 bis 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    302

    Zum einen nämlich wird im 42. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung die in Rede stehende Beihilfe u. a. bezeichnet als „die Differenz zwischen der tatsächlich von [France Télécom] gezahlten Gewerbesteuer und derjenigen, die nach dem allgemeinen Steuerrecht vom 1. Januar 1994 bis zum zu erheben gewesen wäre“.

    303

    Zum anderen legte die Kommission in den Erwägungsgründen 54 bis 60 der angefochtenen Entscheidung die Schätzungen dar, die ihr die Französische Republik im Verwaltungsverfahren übermittelt hatte, und stützte sich für die Ermittlung der fraglichen Beihilfe auf diese Angaben. Somit führte die Kommission zu Recht aus, dass Methoden zur Schätzung des Betrags der in Rede stehenden Beihilfe wie die, die im vorliegenden Verfahren angewandt wurden, zulässig seien, da der Mitgliedstaat und das Unternehmen nicht in der Lage gewesen seien, den Vorteil für France Télécom genau zu berechnen.

    304

    Da somit der Betrag der zurückzuzahlenden Beihilfe nach den Angaben in der angefochtenen Entscheidung ohne übermäßige Schwierigkeiten berechnet werden konnte, durfte die Kommission in den Erwägungsgründen 59 und 60 dieser Entscheidung feststellen, dass der genaue Betrag der zurückzuzahlenden Beihilfe von den französischen Behörden im Verfahren zur Durchführung der genannten Entscheidung festgelegt werde.

    305

    France Télécom kann daher nicht geltend machen, dass die Verpflichtung zur Erstattung der fraglichen Beihilfe gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoße, weil ihr Betrag nicht berechnet werden könne. Der zweite Teil des vierten Klagegrundes von France Télécom ist somit zurückzuweisen.

    8. Zur Anwendung der Verjährungsvorschriften

    Vorbringen der Parteien

    306

    Mit ihrem dritten Klagegrund berufen sich die Französische Republik und France Télécom darauf, dass nach Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 die Befugnisse der Kommission zur Rückforderung von Beihilfen für eine Frist von zehn Jahren gälten und dass die Frist mit dem Tag beginne, an dem die Beihilfe dem Empfänger entweder als Einzelbeihilfe oder im Rahmen einer Beihilferegelung gewährt werde.

    307

    Sowohl die Französische Republik als auch France Télécom widersprechen der Auffassung der Kommission, dass die fraglichen Beihilfen im Rahmen einer Beihilferegelung gewährt worden seien und der Bezugspunkt für die Verjährungsfrist der Zeitpunkt sei, zu dem France Télécom die erste Beihilfe tatsächlich gewährt worden sei, d. h. der 1. Januar 1994.

    308

    Sie sind vielmehr der Auffassung, dass gemäß dem Grundsatz der Rechtssicherheit der Bezugspunkt für die Frist der Zeitpunkt sei, zu dem die betreffende Maßnahme rechtsverbindlich eingeführt worden sei, nämlich am 2. Juli 1990, dem Tag, an dem das Gesetz 90-568, dessen Art. 21 die für France Télécom ab 1994 geltende besondere Art der Besteuerung klar und eindeutig festgelegt habe, verkündet worden und in Kraft getreten sei. Für diese Auffassung tragen die Klägerinnen sechs Argumente vor.

    309

    Erstens sei die Kommission der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten gegen ihre Pflicht zur Anmeldung neuer Beihilfen nach Art. 88 Abs. 3 EG verstießen, wenn sie unabhängig von einer Leistung eine rechtsverbindliche Verpflichtung bezüglich einer Beihilfe eingingen.

    310

    Ebenfalls in Bezug auf die Anmeldung neuer Beihilfen bestätige zweitens die Rechtsprechung die Praxis der Kommission (Urteil des Gerichts vom 14. Januar 2004, Fleuren Compost/Kommission, T-109/01, Slg. 2004, II-127, Randnr. 74).

    311

    Drittens sei es ohne Bedeutung für die Berechnung der Verjährungsfrist, dass die angebliche Beihilfe jedes Jahr gewährt worden sei, da die Verordnung Nr. 659/1999 keine Vorschrift enthalte, die der für die dauernden Zuwiderhandlungen im Bereich des Wettbewerbs geltenden Vorschrift entspreche.

    312

    Viertens seien die Steuervorschriften des Gesetzes 90-568 keine Beihilferegelung im Sinne der Regelung über staatliche Beihilfen, da das Regelwerk nur ein einziges Unternehmen betroffen habe, da es durch eine einzige staatliche Maßnahme eingeführt worden sei, die bis zu ihrer Aufhebung nicht geändert worden sei, da es keine weitere Durchführungsmaßnahme vorausgesetzt habe und da sein Zweck nicht darin bestanden habe, dem Unternehmen einen Vorteil zu verschaffen.

    313

    Fünftens lege Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 den Beginn der Verjährungsfrist auf den Zeitpunkt, zu dem die Beihilfe „gewährt“, nicht aber auf den, zu dem die Beihilfe „geleistet“ worden sei, und zwar unabhängig von der jeweiligen Sprachfassung (z. B. „concedido“ im Spanischen, „granted“ im Englischen, „gewährt“ im Deutschen, „vienne concesso“ im Italienischen). Der Wortlaut des Art. 15 unterscheide sich ferner von dem des Art. 14 der Verordnung, wonach die Zinsen ab dem Zeitpunkt berechnet würden, ab dem die Beihilfe „zur Verfügung stand“. Die Berücksichtigung des Zeitpunkts schließlich, zu dem die Beihilfe gewährt werde, stehe grundsätzlich mit der Entscheidungspraxis der Kommission im Einklang (Entscheidung 2002/14/EG vom 12. Juli 2000 betreffend die von Frankreich zugunsten von Scott Paper SA/Kimberly-Clark gewährte staatliche Beihilfe [ABl. 2002, L 12, S. 1]), die von der Rechtsprechung des Gerichts bestätigt worden sei (Urteil Scott/Kommission, oben in Randnr. 254 angeführt).

    314

    Sechstens sei die Auffassung der Kommission, eine Beihilfe sei als zu dem Zeitpunkt gewährt anzusehen, ab dem sie berechnet werden könne, eine Quelle der Rechtsunsicherheit, da aufgrund dieser Theorie kein gesicherter Zeitpunkt bestimmt werden könne.

    315

    Die französischen Behörden und France Télécom machen geltend, dass das erste Auskunftsverlangen der Kommission vom 28. Juni 2001 datiere, also mehr als zehn Jahre nach dem . Da die Rückforderung der fraglichen Beihilfe verjährt sei, sei die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären.

    316

    In ihrer Erwiderung macht die Französische Republik geltend, dass die von der Kommission in ihrer Klagebeantwortung angeführte Rechtsprechung nicht einschlägig sei und dass die Frage, ob die in Rede stehende Beihilfe eine unabhängig von der Anwendung des Art. 15 der Verordnung bestehende Beihilfe sei, unerheblich sei. Zudem sei die Theorie der Kommission, wonach bei einer Beihilferegelung zu unterscheiden sei zwischen dem Zeitpunkt, zu dem die rechtsverbindliche Verpflichtung in Bezug auf die Beihilfe übernommen worden sei, und dem Zeitpunkt, zu dem die einzelne Beihilfe berechnet werden könne, unsubstantiiert und habe in Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 keine Grundlage.

    317

    Die Kommission tritt diesen Ausführungen entgegen.

    Würdigung durch das Gericht

    318

    Nach Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 unterliegen die Befugnisse der Kommission zur Rückforderung von Beihilfen einer Verjährungsfrist von zehn Jahren.

    319

    Art. 15 Abs. 2 der Verordnung bestimmt:

    „Diese Frist beginnt mit dem Tag, an dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger entweder als Einzelbeihilfe oder im Rahmen einer Beihilferegelung gewährt wird. Jede Maßnahme, die die Kommission oder ein Mitgliedstaat auf Antrag der Kommission bezüglich der rechtswidrigen Beihilfe ergreift, stellt eine Unterbrechung der Frist dar. Nach jeder Unterbrechung läuft die Frist von neuem an. Die Frist wird ausgesetzt, solange die Entscheidung der Kommission Gegenstand von Verhandlungen vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist.“

    320

    Aus den vorstehend angeführten Bestimmungen des Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 659/1999 ergibt sich, dass die Verjährungsfrist zu dem Zeitpunkt beginnt, zu dem die Beihilfe, deren Rückforderung von der Kommission angeordnet wird, als gewährt angesehen werden kann, d. h., sofern die Beihilfegewährung vom Erlass rechtlich verbindlicher Entscheidungen abhängt, zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidungen (Urteil Fleuren Compost/Kommission, oben in Randnr. 310 angeführt, Randnr. 74; vgl. in diesem Sinne auch Urteil Scott/Kommission, oben in Randnr. 254 angeführt, Randnrn. 3 und 57).

    321

    Im vorliegenden Fall sind die Französische Republik und France Télécom der Ansicht, dass der verbindliche Rechtsakt, mit dem die Beihilfe gewährt worden sei, das Gesetz 90-568 vom 2. Juli 1990 sei. Die Verjährungsfrist sei somit am abgelaufen und durch keine Maßnahme der Kommission unterbrochen worden, da das erste an die Französische Republik gerichtete Auskunftsverlangen vom datiere.

    322

    Im 42. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung definierte die Kommission jedoch den Vorteil, der eine Beihilfe darstelle, als „die Differenz zwischen der tatsächlich von [France Télécom] gezahlten Gewerbesteuer und derjenigen, die nach dem allgemeinen Steuerrecht vom 1. Januar 1994 bis zum zu erheben gewesen wäre“. Die Kommission sah somit die fragliche Beihilfe nicht in den für France Télécom geltenden besonderen Steuervorschriften, sondern in dem Steuergefälle, das sich aus der Differenz zwischen dem Betrag der Gewerbesteuer, die das Unternehmen hätte entrichten müssen, wenn es der Steuer nach dem allgemeinen Steuerrecht unterworfen gewesen wäre, und dem Betrag ergebe, mit dem es nach den für sie geltenden besonderen Steuervorschriften tatsächlich belastet worden sei (siehe oben, Randnr. 201).

    323

    Aus der Jährlichkeit der Gewerbesteuer ergibt sich (siehe oben, Randnr. 202), dass das Vorliegen eines Vorteils für France Télécom jedes Jahr davon abhing, ob die Steuersonderregelung dazu führte, dass France Télécom mit einer geringeren Gewerbesteuer als nach dem allgemeinen Steuerrecht belastet wurde. Diese Frage wiederum hing von außerhalb der Steuersonderregelung liegenden Umständen ab, insbesondere von der Höhe der Steuersätze, die jährlich von den Gebietskörperschaften, in deren Gebiet France Télécom Niederlassungen unterhielt, beschlossen wurden.

    324

    Aus diesem Grund kann die fragliche Beihilfe nicht im Sinne von Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 659/1999 als vor dem Jahr 1994 gewährt angesehen werden, da in diesem Jahr die verbindlichen Rechtsakte erlassen wurden, aufgrund deren erstmals das Vorliegen eines Steuergefälles festgestellt werden kann. Insoweit kann der Auffassung der Klägerinnen nicht gefolgt werden, da sie zur Folge hätte, dass in den Fällen, in denen durch einen Rechtsakt eine zukünftig geltende Sonderregelung eingeführt wird, die Verjährungsfrist zu einem Zeitpunkt beginnt, zu dem nicht mit Sicherheit bestimmt werden kann, ob diese Sonderregelung einen Vorteil verschafft, der als staatliche Beihilfe verstanden werden könnte.

    325

    Die Verjährungsfrist des Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 war somit am 28. Juni 2001, als ein Auskunftsverlangen an die Französische Republik gerichtet wurde, nicht abgelaufen. Folglich begann die Verjährungsfrist zu diesem Zeitpunkt erneut zu laufen und war am , dem Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung, nicht abgelaufen.

    326

    Der dritte Klagegrund der Französischen Republik und von France Télécom ist somit zurückzuweisen.

    327

    Nach alledem greift keiner der Klagegründe der Klägerinnen durch, so dass deren Anträge auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen sind.

    Kosten

    328

    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Französische Republik und France Télécom unterlegen sind, sind ihnen entsprechend dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

     

    Aus diesen Gründen hat

    DAS GERICHT (Dritte Kammer)

    für Recht erkannt und entschieden:

     

    1.

    Die Klagen werden abgewiesen.

     

    2.

    Die Französische Republik und France Télécom tragen die Kosten.

     

    Azizi

    Cremona

    Frimodt Nielsen

    Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 30. November 2009.

    Unterschriften

    Inhaltsverzeichnis

     

    Rechtlicher Rahmen

     

    1. Vorschriften über staatliche Beihilfen

     

    2. Vorschriften über den Erlass der Entscheidungen der Kommission

     

    Sachverhalt

     

    1. Gründung von France Télécom

     

    2. Gewerbesteuerpflicht von France Télécom

     

    Allgemeine Regelung der Gewerbesteuer

     

    Für France Télécom geltende Vorschriften

     

    Grundsatz der Besteuerung nach dem allgemeinen Steuerrecht

     

    Pauschalabgabe

     

    Steuersonderregelung

     

    3. Verwaltungsverfahren

     

    4. Angefochtene Entscheidung

     

    Verfahren und Anträge der Parteien

     

    Rechtliche Würdigung

     

    1. Zusammenfassung der Nichtigkeitsgründe

     

    2. Zur Einhaltung der für den Erlass der Entscheidungen der Kommission geltenden Regeln

     

    Vorbringen der Parteien

     

    Würdigung durch das Gericht

     

    3. Zur Wahrung der Verteidigungsrechte gegenüber der Französischen Republik

     

    Vorbringen der Parteien

     

    Würdigung durch das Gericht

     

    4. Zur Wahrung der Verfahrensrechte von France Télécom

     

    Vorbringen der Parteien

     

    Würdigung durch das Gericht

     

    5. Zum Vorliegen einer staatlichen Beihilfe

     

    Vorbringen der Parteien

     

    Zum Vorliegen von Rechtfertigungen aufgrund des allgemeinen Zwecks des Steuersystems

     

    Zur Natur der Pauschalabgabe

     

    Zur Unteilbarkeit der für France Télécom in der Zeit von 1991 bis 2002 geltenden Steuerregelung

     

    Zur Erforderlichkeit eines Ausgleichs

     

    Würdigung durch das Gericht

     

    Zum Vorliegen eines Vorteils

     

    — Zu der Möglichkeit, die Steuersonderregelung unabhängig von der Pauschalabgabe zu prüfen

     

    — Zu der Möglichkeit eines Ausgleichs

     

    — Zum Vorliegen eines Steuergefälles

     

    Zur Rechtfertigung mit der Kohärenz des Steuersystems

     

    6. Zur Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes

     

    Vorbringen der Parteien

     

    Würdigung durch das Gericht

     

    7. Zur Möglichkeit, die Rückforderung einer Beihilfe von unbestimmter Höhe anzuordnen, und zur Wahrung des Grundsatzes der Rechtssicherheit

     

    Vorbringen der Parteien

     

    Würdigung durch das Gericht

     

    8. Zur Anwendung der Verjährungsvorschriften

     

    Vorbringen der Parteien

     

    Würdigung durch das Gericht

     

    Kosten


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Französisch.

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