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Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 62000TJ0254

    Urteil des Gerichts erster Instanz (Sechste erweiterte Kammer) vom 28. November 2008.
    Hotel Cipriani SpA und andere gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
    Staatliche Beihilfen - Sozialbeitragsentlastungen zugunsten der Unternehmen im Stadtgebiet von Venedig und Chioggia - Entscheidung, mit der die Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und die Rückforderung der gezahlten Beihilfen angeordnet wird - Zulässigkeit - Individuelle Anknüpfung -Voraussetzungen der Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels und der Auswirkung auf den Wettbewerb - Ausnahmen nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. b bis e EG und Art. 87 Abs. 2 Buchst. b EG - Einstufung als neue oder als bestehende Beihilfe - Grundsätze der Rechtssicherheit, des Schutzes des berechtigten Vertrauens, der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit - Begründungspflicht.
    Verbundene Rechtssachen T-254/00, T-270/00 und T-277/00.

    Sammlung der Rechtsprechung 2008 II-03269

    ECLI-Identifikator: ECLI:EU:T:2008:537

    Verbundene Rechtssachen T-254/00, T-270/00 und T-277/00

    Hotel Cipriani SpA u. a.

    gegen

    Kommission der Europäischen Gemeinschaften

    „Staatliche Beihilfen – Sozialbeitragsentlastungen zugunsten der Unternehmen im Stadtgebiet von Venedig und Chioggia – Entscheidung, mit der die Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und die Rückforderung der gezahlten Beihilfen angeordnet wird – Zulässigkeit – Individuelle Anknüpfung – Voraussetzungen der Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels und der Auswirkung auf den Wettbewerb – Ausnahmen nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. b bis e EG und Art. 87 Abs. 2 Buchst. b EG – Einstufung als neue oder als bestehende Beihilfe – Grundsätze der Rechtssicherheit, des Schutzes des berechtigten Vertrauens, der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit – Begründungspflicht“

    Leitsätze des Urteils

    1.      Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Möglichkeit, von einer allgemeinen Entscheidung individuell betroffen zu sein

    (Art. 230 Abs. 4 EG)

    2.      Staatliche Beihilfen – Beeinträchtigung des Wettbewerbs – Staatliche Maßnahmen zur Annäherung der Wettbewerbsbedingungen eines bestimmten Wirtschaftssektors an die Bedingungen in anderen Mitgliedstaaten – Ausschluss der Qualifizierung als Beihilfe – Voraussetzungen

    (Art. 87 Abs. 1 EG)

    3.      Staatliche Beihilfen – Prüfung durch die Kommission – Prüfung einer Beihilferegelung in ihrer Gesamtheit – Zulässigkeit

    (Art. 88 EG)

    4.      Staatliche Beihilfen – Entscheidung der Kommission, mit der die Unvereinbarkeit einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird – Begründungspflicht – Grenzen

    (Art. 87 EG und 88 Abs. 2 EG)

    5.      Staatliche Beihilfen – Verbot – Ausnahmen – Beihilfen, die als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können

    (Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG und 88 EG)

    6.      Staatliche Beihilfen – Bestehende und neue Beihilfen – Qualifizierung als neue Beihilfe

    (Art. 87 EG)

    1.      Eine Entscheidung der Kommission über eine rechtswidrige Regelung für staatliche Beihilfen, mit der die Rückforderung der gewährten Beihilfen angeordnet wird, hat für die durch diese Regelung tatsächlich Begünstigten allgemeine Geltung, da sie für objektiv bestimmte Situationen gilt und gegenüber durch diese Regelung den Begünstigten allgemein und abstrakt rechtliche Wirkungen zeitigt. Denn der Umstand allein, dass die durch eine solche Regelung tatsächlich Begünstigten bestimmbar sind, begründet für die Kommission nicht die Verpflichtung, deren individuelle Situation zu berücksichtigen. Damit beruht eine Entscheidung über eine Beihilferegelung grundsätzlich auf der allgemeinen und abstrakten Kontrolle dieser Regelung, die selbst eine Handlung von allgemeiner Geltung ist.

    Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Bestimmungen eines Rechtsakts, der allgemeine Geltung hat, unter Umständen bestimmte natürliche oder juristische Personen im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG individuell betreffen können, wenn diese wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände betroffen sind.

    So sind, wenn die Kommission die Unvereinbarkeit einer rechtswidrigen Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt feststellt und die Rückforderung der gewährten Beihilfen anordnet, alle durch diese Regelung tatsächlich Begünstigten von ihrer Entscheidung individuell betroffen. Die Zugehörigkeit der Betroffenen zu dem geschlossenen Kreis der durch eine Beihilferegelung tatsächlich Begünstigten, die von der dem betreffenden Mitgliedstaat von der Kommission auferlegten Verpflichtung zur Rückforderung der gezahlten Beihilfe besonders betroffen sind, genügt, um diese Begünstigten im Sinne der Rechtsprechung aus dem Kreis aller übrigen Personen herauszuheben. Die Individualisierung ergibt sich hier aus dem mit der Rückforderungsanordnung vorgenommenen besonderen Eingriff in die Interessen der genau bestimmbaren Mitglieder dieses geschlossenen Kreises.

    (vgl. Randnrn. 73-74, 77, 84)

    2.      Der Versuch eines Mitgliedstaats, die Wettbewerbsbedingungen eines bestimmten Wirtschaftssektors durch einseitige Maßnahmen den Wettbewerbsbedingungen in anderen Mitgliedstaaten anzugleichen, nimmt diesen Maßnahmen nicht den Charakter staatlicher Beihilfen.

    Die Vorschriften des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen sollen, wie das gesamte Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft, keinen vollkommenen Wettbewerb, sondern einen tatsächlichen oder wirksamen Wettbewerb gewährleisten.

    Somit kann bei Vorliegen eines Ausgleichs struktureller Nachteile die Qualifizierung als Beihilfe nur in einigen spezifischen Situationen ausgeschlossen werden. So stellt ein Vorteil zugunsten eines Unternehmens, mit dem eine ungünstige Wettbewerbssituation korrigiert werden soll, dann keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG dar, wenn sie durch wirtschaftliche Gründe gerechtfertigt ist und keine diskriminierende Unterscheidung zwischen den Wirtschaftsteilnehmern in den verschiedenen Mitgliedstaaten schafft. Bei einer solchen Konstellation wenden die Gemeinschaftsgerichte nämlich das Kriterium des privaten Wirtschaftsteilnehmers in einer Marktwirtschaft an. Ebenso stellt ein Vorteil, der einem Unternehmen gewährt wird und die Kosten vermindert, die dieses Unternehmen regelmäßig zu tragen hat, dann keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG dar, wenn er dem Umstand abhelfen soll, dass das begünstigte Unternehmen zusätzliche Belastungen zu tragen hat, die sich aus einer Ausnahmeregelung ergeben, die für Konkurrenzunternehmen, die dem allgemeinen Recht unter normalen Marktbedingungen unterliegen, nicht gilt.

    (vgl. Randnrn. 182,184-186)

    3.      Die Kommission ist bei einer Regelung für staatliche Beihilfen grundsätzlich nicht verpflichtet, die in Einzelfällen gewährten Beihilfen zu untersuchen. Sie kann sich auf die Untersuchung der allgemeinen Merkmale der betreffenden Regelung beschränken, ohne jeden einzelnen Anwendungsfall prüfen zu müssen.

    Die Kommission hat jedoch die betreffende Beihilfemaßnahme im Interesse einer ordnungsgemäßen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des EG-Vertrags auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen gemäß Art. 88 EG sorgfältig und unparteiisch zu prüfen. So ist sie in einem förmlichen Prüfverfahren nach dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, der zu den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen gehört, die den Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, verpflichtet, den Grundsatz der Gleichbehandlung der Verfahrensbeteiligten zu beachten.

    In diesem rechtlichen Rahmen hängt die Frage, ob die Kommission verpflichtet ist, bei der Prüfung einer Beihilferegelung die Situation einiger Begünstigter individuell zu beurteilen, zum einen von der Erfüllung der der Kommission bzw. dem betreffenden Mitgliedstaat obliegenden Verfahrenspflichten ab und zum anderen vom Inhalt der spezifischen Informationen über diese Begünstigten, die der Kommission von den nationalen Behörden oder beteiligten Dritten übermittelt wurden.

    (vgl. Randnrn. 209-211)

    4.      Die Voraussetzungen für die Begründung und die Prüfung der Auswirkung einer staatlichen Beihilfemaßnahme auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und den Wettbewerb durch die Kommission sind denknotwendig je nach der Rechtsnatur dieser Maßnahme als individuelle oder als generelle Maßnahme unterschiedlich.

    Bei multisektoralen Beihilferegelungen kann sich die Kommission darauf beschränken, die Merkmale eines Programms zu untersuchen, um zu beurteilen, ob dieses wegen hoher Beihilfebeträge oder -sätze, wegen der Merkmale der geförderten Investitionen oder wegen anderer in ihm vorgesehener Modalitäten den Beihilfeempfängern gegenüber ihren Wettbewerbern einen spürbaren Vorteil sichert und so beschaffen ist, dass es seinem Wesen nach vor allem Unternehmen zugutekommt, die sich am Handel zwischen den Mitgliedstaaten beteiligen. So kann bei einer Beihilferegelung, die auf alle in einem bestimmten Gebiet ansässigen Unternehmen anwendbar ist, von der Kommission nicht verlangt werden, dass sie auf der Grundlage einer auch nur summarischen Prüfung der Situation der Märkte eine vorhersehbare Auswirkung der Beihilferegelung auf den innergemeinschaftlichen Handel und den Wettbewerb in allen betroffenen Wirtschaftszweigen nachweist.

    Insoweit ist es Sache des betroffenen Mitgliedstaats – aufgrund seiner Pflicht zur Zusammenarbeit mit der Kommission – sowie der beteiligten Dritten, die nach Art. 88 Abs. 2 EG ordnungsgemäß zur Äußerung aufgefordert wurden, ihre Argumente geltend zu machen und der Kommission alle Informationen zu geben, die geeignet sind, sie über sämtliche Gegebenheiten der Angelegenheit zu unterrichten.

    Die Kommission ist bei einer multisektoralen Beihilferegelung nur verpflichtet, anhand konkreter Angaben zu prüfen, ob die betreffende Maßnahme in bestimmten Wirtschaftszweigen die beiden Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG – nämlich ob sie geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel zu beeinträchtigen und sich auf den Wettbewerb auszuwirken – verwirklicht, sofern ihr dazu im Verwaltungsverfahren hinreichend einschlägige Informationen gegeben wurden.

    Bei einer multisektoralen Beihilferegelung hängt der Umfang der Begründungspflicht der Kommission, insbesondere was die Auswirkung dieser Regelung auf den innergemeinschaftlichen Handel und den Wettbewerb angeht, davon ab, welche Daten und Angaben ihr im Verwaltungsverfahren mitgeteilt wurden.

    (vgl. Randnrn. 227, 230-231, 233, 235, 237)

    5.      Die Kommission verfügt bei der Anwendung von Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG über ein weites Ermessen, das sie nach Maßgabe komplexer wirtschaftlicher und sozialer Wertungen ausübt, die auf die Gemeinschaft als Ganzes zu beziehen sind.

    Schon aus dem Wortlaut der Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG und 88 EG ergibt sich, dass die Kommission die von der ersten dieser beiden Bestimmungen erfassten Beihilfen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ansehen „kann“. Zwar muss sie sich stets zur Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen, über die sie ihre Kontrolle ausübt, mit dem Gemeinsamen Markt äußern, und zwar auch dann, wenn diese ihr nicht notifiziert wurden, doch ist sie demnach nicht verpflichtet, solche Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären.

    Die Kommission kann sich bei der Ausübung ihres Ermessens durch Maßnahmen wie Gemeinschaftsrahmen, Mitteilungen oder Leitlinien selbst binden, sofern diese Regeln enthalten, denen sich die von ihr zu verfolgende Politik entnehmen lässt und die nicht von Normen des Vertrags abweichen. Präzisiert die Kommission in Leitlinien, die mit dem Vertrag in Einklang stehen, die Kriterien, die sie für die Ausübung ihres Ermessens heranziehen möchte, so führt dies zu einer Selbstbeschränkung dieses Ermessens, da sie sich an die leitenden Regeln, die sie sich selbst auferlegt hat, halten muss. Dabei ist es Sache des Gemeinschaftsrichters, die Einhaltung dieser Regeln durch die Kommission zu überprüfen.

    (vgl. Randnrn. 290-292)

    6.      Maßnahmen, mit denen staatliche Beihilfen eingeführt oder umgestaltet werden sollen, stellen neue Beihilfen dar. Insbesondere wird die ursprüngliche Regelung durch die Änderung in eine neue Beihilferegelung umgewandelt, wenn die Änderung sie in ihrem Kern betrifft. Betrifft die Änderung dagegen die Regelung nicht in ihrem Kern, kann nur die Änderung als solche als neue Beihilfe eingestuft werden.

    So stellt die Erweiterung von für ein bestimmtes Gebiet vorgesehenen Sozialbeitragsbefreiungen auf in einem anderen Gebiet ansässige Unternehmen eine neue Beihilferegelung dar. Selbst wenn mit einer neuen Regelung lediglich eine bestehende Beihilferegelung auf neue Begünstigte erweitert werden soll, ohne dass die bestehende Regelung sonst im Kern geändert wird, stellt diese von der ursprünglichen Regelung abtrennbare Erweiterung eine neue Beihilfe dar, die der Notifizierungspflicht unterliegt.

    (vgl. Randnrn. 358-359, 362)







    URTEIL DES GERICHTS (Sechste erweiterte Kammer)

    28. November 2008(*)

    „Staatliche Beihilfen – Sozialbeitragsentlastungen zugunsten der Unternehmen im Stadtgebiet von Venedig und Chioggia – Entscheidung, mit der die Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und die Rückforderung der gezahlten Beihilfen angeordnet wird – Zulässigkeit – Individuelle Anknüpfung –Voraussetzungen der Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels und der Auswirkung auf den Wettbewerb – Ausnahmen nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. b bis e EG und Art. 87 Abs. 2 Buchst. b EG – Einstufung als neue oder als bestehende Beihilfe – Grundsätze der Rechtssicherheit, des Schutzes des berechtigten Vertrauens, der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit – Begründungspflicht“

    In den verbundenen Rechtssachen T‑254/00, T‑270/00 und T‑277/00

    Hotel Cipriani SpA mit Sitz in Venedig (Italien), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwältin M. Marinoni sowie Rechtsanwälte G. M. Roberti und F. Sciaudone, sodann Rechtsanwälte Roberti, Sciaudone und A. Bianchini,

    Klägerin in der Rechtssache T‑254/00,

    Società italiana per il gas SpA (Italgas) mit Sitz in Turin (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Merola, C. Tesauro und M. Pappalardo sowie Rechtsanwältin T. Ubaldi,

    Klägerin in der Rechtssache T‑270/00,

    unterstützt durch

    Italienische Republik, vertreten zunächst durch U. Leanza, sodann durch I. Braguglia als Bevollmächtigte im Beistand von P. Gentili und S. Fiorentino, avvocati dello Stato,

    Streithelferin in der Rechtssache T‑270/00,

    Coopservice – Servizi di fiducia Soc. coop. rl mit Sitz in Cavriago (Italien),

    Comitato „Venezia vuole vivere“ mit Sitz in Venedig (Italien),

    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Bianchini und A. Vianello,

    Kläger in der Rechtssache T‑277/00,

    gegen

    Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Di Bucci als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt A. Dal Ferro,

    Beklagte,

    wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2000/394/EG der Kommission vom 25. November 1999 über die Maßnahmen, die Italien aufgrund der Gesetze Nr. 30/1997 und Nr. 206/1995 in Form von Sozialbeitragsermäßigungen und ‑befreiungen zugunsten der Unternehmen im Stadtgebiet von Venedig und Chioggia durchgeführt hat (ABl. 2000, L 150, S. 50),

    erlässt

    DAS GERICHT ERSTER INSTANZ

    DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Sechste erweiterte Kammer)

    unter Mitwirkung der Richter A. W. H. Meij (Berichterstatter), V. Vadapalas, N. Wahl, M. Prek und V. Ciucă,

    Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. April 2008

    folgendes

    Urteil

     Vorgeschichte des Rechtsstreits

    A –  Fragliche Regelung der Sozialbeitragsentlastungen

    1        Das der Kommission notifizierte italienische Ministerialdekret vom 5. August 1994 definiert für den Zeitraum 1994–1996 die Kriterien für die Gewährung von Sozialbeitragsbefreiungen bzw. ‑ermäßigungen (im Folgenden: Sozialbeitragsentlastungen) nach Art. 59 des italienischen Decreto del Presidente della Repubblica (Dekret des Präsidenten der Republik, im Folgenden: DPR) vom 6. März 1978 zur Einführung einer besonderen Regelung zur Befreiung von den Sozialbeiträgen bzw. zur Ermäßigung der Sozialbeiträge, die die Arbeitgeber dem Istituto Nazionale de la Previdenza Sociale (INPS, Nationale Sozialfürsorgeanstalt) im Mezzogiorno schulden.

    2        Mit Entscheidung 95/455/EG vom 1. März 1995 betreffend die Bestimmungen über Ermäßigungen von Soziallasten für die Unternehmen im Mezzogiorno und die Übernahme einiger dieser Soziallasten durch den Fiskus (ABl. L 265, S. 23) erklärte die Kommission die in der vorstehenden Randnummer genannte Regelung der Sozialbeitragsentlastung für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar, sofern eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt würden. Nach dieser Entscheidung hatten die italienischen Behörden der Kommission insbesondere die Maßnahmen mitzuteilen, die sie im Hinblick auf den mit dieser Entscheidung angeordneten schrittweisen Abbau der fraglichen Beihilferegelung treffen.

    3        Die Regelung zur Sozialbeitragsentlastung, um die es im Ausgangsverfahren geht, wurde mit dem italienischen Gesetz Nr. 206/1995 eingeführt, das die Beihilferegelung nach dem genannten Ministerialdekret vom 5. August 1994 für die Jahre 1995 und 1996 auf die im Inselgebiet von Venedig und Chioggia ansässigen Unternehmen erstreckte. Das italienische Gesetz Nr. 30/1997 verlängerte die Gültigkeitsdauer dieser Regelung bis 1997 zugunsten sowohl der in den Regionen des Mezzogiorno als auch der im Inselgebiet von Venedig und Chioggia ansässigen Unternehmen.

    4        Mit Art. 1 des Ministerialdekrets vom 5. August 1994 wurde eine allgemeine Ermäßigung der von den Arbeitgebern geschuldeten Sozialbeiträge eingeführt. Art. 2 des Dekrets sah für in den Unternehmen neu geschaffene Arbeitsplätze eine Befreiung von Sozialbeiträgen für die Dauer eines Jahres ab Einstellung eines Arbeitslosen vor.

    5        Aus der Entscheidung 2000/394/EG der Kommission vom 25. November 1999 über die Maßnahmen, die Italien aufgrund der Gesetze Nr. 30/1997 und Nr. 206/1995 in Form von Sozialbeitragsermäßigungen und -befreiungen zugunsten der Unternehmen im Stadtgebiet von Venedig und Chioggia durchgeführt hat (ABl. 2000, L 150, S. 50, im Folgenden: angefochtene Entscheidung), geht hervor, dass sich nach den Angaben des INPS für den maßgeblichen Zeitraum 1995–1997 die Sozialbeitragsermäßigungen, die im Stadtgebiet von Venedig und Chioggia ansässigen Unternehmen nach Art. 1 des Ministerialdekrets vom 5. August 1994 gewährt worden waren, auf durchschnittlich 73 Mrd. italienische Lire (ITL; 37,7 Mio. Euro) pro Jahr, verteilt auf 1 645 Unternehmen, beliefen. Die Befreiungen, die Unternehmen im Inselgebiet von Venedig oder Chioggia nach Art. 2 des Ministerialdekrets gewährt worden waren, beliefen sich auf jährlich 567 Millionen ITL (292 831 Euro), verteilt auf 165 Unternehmen.

    B –  Verwaltungsverfahren

    6        Mit Schreiben vom 10. Juni 1997 übermittelten die italienischen Behörden der Kommission das genannte Gesetz Nr. 30/1997 gemäß den Bestimmungen der Entscheidung 95/455 (siehe oben, Randnr. 2). Mit Schreiben vom 1. Juli 1997, dem ein Erinnerungsschreiben vom 28. August 1997 folgte, bat die Kommission um ergänzende Auskünfte zur Ausweitung des Anwendungsbereichs der genannten Regelung zur Sozialbeitragsentlastung zugunsten der in Venedig und in Chioggia ansässigen Unternehmen.

    7        Weil sie keine Antwort erhielt, teilte die Kommission der Italienischen Republik mit Schreiben vom 17. Dezember 1997 ihre Entscheidung mit, im Hinblick auf die Beihilfen nach den Gesetzen Nrn. 206/1995 und 30/1997, mit denen der Anwendungsbereich der für das Mezzogiorno vorgesehenen Sozialbeitragsentlastung auf die im Inselgebiet von Venedig und Chioggia ansässigen Unternehmen ausgeweitet worden war, das Verfahren des Art. 88 Abs. 2 EG zu eröffnen.

    8        Die italienischen Behörden setzten die fragliche Regelung der Sozialbeitragsentlastung am 1. Dezember 1997 aus.

    9        Die Entscheidung über die Verfahrenseröffnung wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 18. Februar 1998 veröffentlicht. Mit Schreiben vom 17. März 1998 äußerte sich der Kläger Comitato „Venezia vuole vivere“ (im Folgenden: Comitato), eine Vereinigung, in der die wichtigsten Organisationen industrieller und gewerblicher Marktteilnehmer von Venedig zusammengeschlossen sind und die im Anschluss an die Eröffnung des genannten förmlichen Prüfverfahrens gegründet wurde, um die Aktionen zur Behebung der nachteiligen Situation der in Venedig ansässigen Wirtschaftsteilnehmer zu koordinieren, und reichte einen Bericht ein, dem eine Untersuchung des Consorzio per la ricerca e la formazione (COSES, Konsortium für Forschung und Ausbildung) vom März 1998 beigefügt war, der die Schwierigkeiten betraf, denen die im Gebiet der Lagune tätigen Unternehmen im Verhältnis zu den auf dem Festland ansässigen Unternehmen begegneten. Mit Schreiben vom 18. Mai 1998 reichte auch die Stadt Venedig eine Stellungnahme ein, der eine erste Untersuchung des COSES vom Februar 1998 zum gleichen Thema beigefügt war. Die Stadt Venedig hob in ihrer Stellungnahme hervor, dass sich unter den Beihilfeempfängern städtische Unternehmen befänden, die mit der Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut seien. Zugunsten dieser Unternehmen berief sie sich auf Art. 86 Abs. 2 EG. Alle diese Stellungnahmen wurden der Italienischen Republik übermittelt.

    10      Die italienischen Behörden äußerten sich mit Schreiben vom 23. Januar 1999. Mit Schreiben vom 10. Juni 1999 teilten sie der Kommission mit, dass sie sich die von der Stadt Venedig übermittelte Stellungnahme zu eigen machten.

    11      Mit Entscheidung vom 23. Juni 1999 gab die Kommission der Italienischen Republik auf, ihr alle Unterlagen und Informationen zukommen zu lassen, die erforderlich seien, um die Rolle der städtischen Unternehmen klarstellen und die Vereinbarkeit der fraglichen Maßnahmen der Sozialbeitragsentlastung mit dem Gemeinsamen Markt prüfen zu können. Die italienischen Behörden antworteten mit Schreiben vom 27. Juli 1999. Am 12. Oktober 1999 fand in Brüssel ein Treffen der italienischen Behörden und der Vertreter der Kommission statt.

    C –  Angefochtene Entscheidung

    12      In der angefochtenen Entscheidung vertritt die Kommission die Auffassung, dass es sich bei den Sozialbeitragsentlastungen nach den genannten Gesetzen, die auf Art. 2 des Ministerialdekrets vom 5. August 1994 verwiesen, um mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare staatliche Beihilfen handele, sofern sie folgenden Arten von in den Gebieten von Venedig und Chioggia ansässigen Unternehmen gewährt worden seien: kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im Sinne des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen an KMU (ABl. 1996, C 213, S. 4), in einem Gebiet, für das die Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG gelte, ansässigen Unternehmen oder Unternehmen, die Kategorien von Arbeitnehmern mit besonderen Schwierigkeiten der Eingliederung oder Wiedereingliederung in das Erwerbsleben im Sinne der gemeinschaftlichen Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen (ABl. 1995, C 334, S. 4) einstellten (Art. 1 Abs. 1 und Erwägungsgrund 105 der angefochtenen Entscheidung).

    13      Zur Einstufung als staatliche Beihilfe hat die Kommission im Rahmen der Schlussfolgerung, zu der sie aufgrund ihrer Beurteilung der fraglichen Maßnahmen in der Begründung der angefochtenen Entscheidung gelangt ist (Erwägungsgrund 110), ausgeführt, die Maßnahmen, die der „De-minimis“-Regel entsprächen, fielen nicht in den Anwendungsbereich des Art. 87 EG, außer in den unter den EGKS-Vertrag fallenden Bereichen sowie in den Bereichen Schiffbau, Verkehr, Landwirtschaft und Fischerei nach Maßgabe ihrer Mitteilung über „De-Minimis“-Beihilfen (ABl. 1996, C 68, S. 9).

    14      Nach Art. 1 Abs. 2 der angefochtenen Entscheidung sind die in Art. 2 des Ministerialdekrets vom 5. August 1994 vorgesehenen Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie Unternehmen gewährt worden sind, die keine KMU und außerhalb der nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG beihilfefähigen Gebiete ansässig sind.

    15      Nach Art. 2 der angefochtenen Entscheidung stellen die Sozialbeitragsermäßigungen gemäß Art. 1 des Ministerialdekrets vom 5. August 1994, die den im Stadtgebiet von Venedig und Chioggia ansässigen Unternehmen gewährt worden sind, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen dar.

    16      Nach Art. 3 der angefochtenen Entscheidung sind die Beihilfen, die die Italienische Republik zugunsten des städtischen Unternehmens ASPIV (Azienda servizi publici idraulici e vari Venezia) und des Consorzio Venezia nuova durchgeführt hat, gemäß der Ausnahme nach Art. 86 Abs. 2 EG bzw. nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. d EG mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar.

    17      Nach Art. 4 der angefochtenen Entscheidung stellen die Maßnahmen, die die Italienische Republik zugunsten der städtischen Unternehmen ACTV (Azienda del consorzio trasporti veneziano) und AMAV (Azienda multiservizi ambientali Venezia) sowie des Unternehmens Panfido SpA durchgeführt hat, keine Beihilfen im Sinne des Art. 87 EG dar.

    18      In Art. 5 der angefochtenen Entscheidung erlegt die Kommission der Italienischen Republik die Verpflichtung auf, die in Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 der Entscheidung genannten mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfen, die den Empfängern rechtswidrig gewährt worden seien, von diesen zurückzufordern.

    19      Die angefochtene Entscheidung wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 23. Juni 2000 veröffentlicht.

     Verfahren und Anträge der Parteien

    20      Die Kläger haben mit Klageschriften, die am 16. und 18. September 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, die vorliegenden Klagen erhoben.

    21      Daneben sind von anderen Klägern 56 weitere Klagen fristgemäß gegen die angefochtene Entscheidung erhoben worden.

    22      Mit besonderen Schriftsätzen, die am 19. Januar 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, hat die Kommission nach Art. 114 § 1 der Verfahrensordnung eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben.

    23      Mit Beschluss vom 25. Januar 2001 hat das Gericht die Rechtssachen gemäß Art. 51 § 1 der Verfahrensordnung an die Zweite erweiterte Kammer verwiesen.

    24      Mit Antragsschrift, die am 7. März 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Italienische Republik beantragt, in der Rechtssache T‑270/00 als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin, der Società der Italiana per il gas SpA (Italgas) (im Folgenden: Italgas), zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 19. Juni 2001 hat der Präsident der Zweiten erweiterten Kammer diesen Streitbeitritt zugelassen.

    25      Angesichts der Komplexität der in der angefochtenen Entscheidung aufgeführten Vereinbarkeitskriterien hat das Gericht die Italienische Republik im Rahmen prozessleitender Maßnahmen gemäß Art. 64 der Verfahrensordnung aufgefordert, hinsichtlich jedes der Kläger in den vorliegenden und den 56 genannten, mit diesen zusammenhängenden Rechtssachen anzugeben, ob sie sich nach Art. 5 der angefochtenen Entscheidung verpflichtet sehe, die gewährten streitigen Beihilfen zurückzufordern.

    26      Im Anschluss an die Antworten der Italienischen Republik vom 25. September 2003 und vom 24. März 2004 hat das Gericht 22 Klagen von Unternehmen, die kein Rechtsschutzinteresse dargetan haben, da die zuständigen nationalen Behörden bei der Durchführung der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten haben, dass diese Unternehmen keine Beihilfen erhalten hätten, die nach Maßgabe dieser Entscheidung mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar seien und einer Rückforderungsverpflichtung unterlägen, für in vollem Umfang und sechs Klagen solcher Unternehmen für teilweise unzulässig erklärt (Beschlüsse des Gerichts vom 10. März 2005, Gruppo ormeggiatori del porto di Venezia u. a./Kommission, T‑228/00, T‑229/00, T‑242/00, T‑243/00, T‑245/00 bis T‑248/00, T‑250/00, T‑252/00, T‑256/00 bis T‑259/00, T‑265/00, T‑267/00, T‑268/00, T‑271/00, T‑274/00 bis T‑276/00, T‑281/00, T‑287/00 und T‑296/00, Slg. 2005, II‑787, Confartigianato Venezia u. a./Kommission, T‑266/00, Baglioni Hotels und Sagar/Kommission, T‑269/00, Unindustria u. a./Kommission, T‑273/00, und Principessa/Kommission, T‑288/00, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht).

    27      Am 12. Mai 2005 hat in den 37 Rechtssachen, in denen die Klagen nicht in vollem Umfang für unzulässig erklärt worden sind, vor dem Berichterstatter eine informelle Sitzung mit den Vertretern der Parteien stattgefunden. Die vertretenen Parteien haben sich in ihren Erklärungen mit der Auswahl von vier Rechtssachen als Musterverfahren einverstanden erklärt. Im Anschluss an diese informelle Sitzung sind die vorliegenden Rechtssachen (T‑254/00, T‑270/00 und T‑277/00) sowie die Rechtssache T‑221/00 zu Musterverfahren bestimmt worden.

    28      In 29 der übrigen mit diesen zusammenhängenden Rechtssachen hat das Gericht auf gemeinsamen Antrag der Parteien die Aussetzung des Verfahrens angeordnet.

    29      Mit Beschluss vom 12. September 2005 hat der Präsident der Zweiten erweiterten Kammer gemäß Art. 50 der Verfahrensordnung die Rechtssachen T‑254/00, T‑270/00 und T‑277/00 nach Anhörung der Parteien zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.

    30      Die schriftlichen Verfahren über die Einreden der Unzulässigkeit sind mit der Abgabe schriftlicher Stellungnahmen der Kläger in den drei verbundenen Rechtssachen sowie der Italienischen Republik in der Rechtssache T‑270/00 zwischen dem 5. und dem 23. Dezember 2005 geschlossen worden.

    31      Mit Beschluss vom 18. Mai 2006 hat das Gericht (Zweite erweiterte Kammer) die Entscheidung über die Einreden der Unzulässigkeit dem Endurteil vorbehalten. Das schriftliche Verfahren ist in den Rechtssachen T‑254/00 und T‑277/00 am 23. Februar 2007 und in der Rechtssache T‑270/00 am 26. November 2007 geschlossen worden.

    32      Nach Änderung der Zusammensetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Sechsten erweiterten Kammer zugeteilt worden; die vorliegenden Rechtssachen sind demgemäß dieser Kammer zugewiesen worden.

    33      Da der Richter T. Tchipev an der weiteren Mitwirkung am Verfahren gehindert ist, hat der Präsident des Gerichts gemäß Art. 32 § 3 der Verfahrensordnung den Richter N. Wahl dazu bestimmt, die Kammer zu ergänzen.

    34      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Sechste erweiterte Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Die Kommission hat die angeforderten Unterlagen fristgemäß eingereicht.

    35      Mit Beschluss vom 14. Oktober 2008 ist die Rechtssache T‑221/00 im Register gestrichen worden, nachdem die Klägerin die Klage zurückgenommen hat.

    36      Die Klägerin in der Rechtssache T‑254/00 beantragt,

    –        die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

    –        hilfsweise, Art. 5 dieser Entscheidung für nichtig zu erklären;

    –        weiter hilfsweise, Art. 5 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die darin festgestellte Rückforderungsverpflichtung die aufgrund der „De-minimis“-Regel gewährten Beihilfen umfasst, und/oder diesen Artikel für nichtig zu erklären, soweit er die Zahlung von Zinsen in einer Höhe vorsieht, die über den effektiven Zinssatz hinausgeht, dem sie bei ihren eigenen Verbindlichkeiten unterliegt;

    –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

    37      Die Klägerin in der Rechtssache T‑270/00 beantragt,

    –        die Art. 1 und 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit sie die in Form von Steuerbefreiungen nach dem Ministerialdekret vom 5. August 1994 gewährten Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklären;

    –        Art. 5 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären;

    –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

    38      Die Kläger in der Rechtssache T‑277/00 beantragen,

    –        die angefochtene Entscheidung im Rahmen ihres Klageinteresses für nichtig zu erklären;

    –        hilfsweise, Art. 5 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit er die Verpflichtung festlegt, den Betrag der fraglichen Sozialbeitragsentlastungen zurückzufordern, und soweit er die Erhöhung dieses Betrags um Zinsen für den in der angefochtenen Entscheidung als maßgeblich angesehenen Zeitraum vorsieht;

    –        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

    39      Die Kommission beantragt,

    –        die Klagen als unzulässig oder unbegründet abzuweisen;

    –        den Klägern die Kosten aufzuerlegen.

     Zur Zulässigkeit

    40      Zur Begründung der Einrede der Unzulässigkeit macht die Kommission geltend, weder die klagenden Gesellschaften noch das Comitato seien klagebefugt. Vorab erhebt sie gegenüber der Klage des Comitato in der Rechtssache T‑277/00 eine Einrede der Rechtshängigkeit.

     A – Zur behaupteten Rechtshängigkeit in der Rechtssache T‑277/00

    1.     Vorbringen der Parteien

    41      Zur Begründung ihrer gegen die Klage des Comitato in der Rechtssache T‑277/00 erhobenen Einrede der Unzulässigkeit macht die Kommission geltend, diese Klage sei unter allen Gesichtspunkten mit der Klage identisch, die das Comitato in der Rechtssache T‑274/00 erhoben habe. Außerdem sei die vorliegende Klage in der Rechtssache T‑277/00 auf die Nichtigerklärung derselben Entscheidung gerichtet und werde auf Gründe gestützt, die zum großen Teil den in der Rechtssache T‑231/00 angeführten Klagegründen entsprächen. Die Klage in der Rechtssache T‑277/00 sei daher, soweit sie vom Comitato erhoben worden sei, zum Teil wegen Rechtshängigkeit – Geltendmachung gleicher Klagegründe – und zum Teil wegen Verstoßes gegen Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung – Geltendmachung neuer Klagegründe – für unzulässig zu erklären.

    42      Das Comitato sieht seine Klage dagegen als zulässig an.

    2.     Würdigung durch das Gericht

    43      Da das Comitato seine Klage in der Rechtssache T‑274/00 zurückgenommen hat (Streichungsbeschluss vom 12. September 2005, Comitato „Venezia vuole vivere“/Kommission, T‑274/00), behält die Einrede der Unzulässigkeit wegen Rechtshängigkeit nur noch gegenüber der von der Adriatica di navigazione SpA und dem Comitato in der Rechtssache T‑231/00 gemeinsam erhobenen Klage seine Bedeutung. Es ist jedoch festzustellen, dass das Comitato die Klage in der Rechtssache T‑277/00 gemeinsam mit der Coopservice – Servizi di fiducia Soc. coop. rl (im Folgenden: Coopservice) erhoben hat, so dass sich die behauptete Rechtshängigkeit, selbst wenn sie erwiesen wäre, nicht auf die Zulässigkeit dieser Klage, soweit sie von Coopservice erhoben worden ist, und insbesondere nicht auf die hier vom Gericht geprüften materiellen Klagegründe auswirken würde, da diese gemeinsam von beiden Klägern geltend gemacht werden. Das Gericht ist daher zur Prüfung der im vorliegenden Fall von der Kommission erhobenen Einrede der Rechtshängigkeit grundsätzlich nicht verpflichtet.

    44      Jedenfalls ist festzustellen, dass die namentlich vom Comitato in der Rechtssache T‑277/00 erhobene Klage, mit der die Nichtigerklärung derselben Entscheidung begehrt wird, nicht auf dieselben Klagegründe wie jene Klage gestützt wird, die das Comitato bereits früher in der Rechtssache T‑231/00 erhoben hat. Folglich sind die in der Rechtsprechung für das Vorliegen von Rechtshängigkeit aufgestellten Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht erfüllt (vgl. in diesem Sinne Beschluss Gruppo ormeggiatori del porto di Venezia u. a./Kommission, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnr. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist nämlich festzustellen, dass eine Reihe von Klagegründen, die auf einen Verstoß gegen Art. 88 Abs. 3 EG und Art. 15 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. [88] des EG-Vertrags (ABl. L 83, S. 1) sowie einen Verstoß gegen die Art. 87 Abs. 2 Buchst. b EG, 87 Abs. 3 Buchst. b EG und 87 Abs. 3 Buchst. e EG gestützt werden, nur in der Rechtssache T‑277/00 geltend gemacht werden.

    45      Insbesondere wird der genannte Klagegrund des Verstoßes gegen Art. 88 Abs. 3 EG und Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999, mit dem dargetan werden soll, dass die fragliche Beihilferegelung eine bestehende Beihilfe sei, auf eine angebliche Kontinuität der Gesetze Nrn. 206/1995 und 30/1997, mit denen diese Beihilferegelung eingeführt wurde, im Verhältnis zu früheren Rechtsvorschriften gestützt, die unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls Sozialbeitragsbefreiungen zugunsten von in bestimmten Regionen Italiens ansässigen Unternehmen vorsahen. Dagegen beruht der in der Rechtssache T‑231/00 angeführte Klagegrund, dass die fragliche Beihilferegelung ihrem Wesen nach eine bestehende Beihilfe sei, auf dem davon verschiedenen Gedanken, dass diese Beihilferegelung in Bezug auf die Tätigkeit der innerstaatlichen Kabotage erst nach der Liberalisierung dieses Sektors durch das Gemeinschaftsrecht im Jahr 1999 eingeführt worden sei (Urteil des Gerichts vom 15. Juni 2000, Alzetta u. a./Kommission, T‑298/97, T‑312/97, T‑313/97, T‑315/97, T‑600/97 bis T‑607/97, T‑1/98, T‑3/98 bis T‑6/98 und T‑23/98, Slg. 2000, II‑2319, Randnrn. 143 und 167). Die Ausführungen des Comitato in den Rechtssachen T‑231/00 und T‑277/00, mit denen es dartun will, dass die fragliche Beihilferegelung eine bestehende Beihilfe sei, sind somit als unterschiedliche Klagegründe anzusehen.

    46      Im Übrigen lässt Art. 48 Abs. 2 der Verfahrensordnung entgegen seiner Auslegung durch die Kommission nur im Laufe des Verfahrens neu vorgebrachte Angriffs‑ und Verteidigungsmittel, soweit sie nicht auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind, nicht zu. Für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Klage, die zwar denselben Streitgegenstand hat und bei der dieselben Parteien einander gegenüberstehen wie bei einer früheren Klage, die jedoch auf andere Klagegründe gestützt wird als diese, hat die genannte Bestimmung keinerlei Bedeutung. Die Rechtsprechung (siehe oben, Randnr. 44) macht die Zulässigkeit einer solchen Klage nicht vom Zutagetreten neuer rechtlicher oder tatsächlicher Gründe abhängig. Eine Klage ist nämlich nur dann wegen Rechtshängigkeit unzulässig, wenn bei ihr dieselben Parteien einander gegenüberstehen wie bei einer früheren Klage, wenn sie auf Nichtigerklärung derselben Entscheidung gerichtet ist wie diese und wenn sie auf dieselben Gründe wie die frühere Klage gestützt wird.

    47      Mithin ist der auf die Einrede der Rechtshängigkeit gestützte Unzulässigkeitsgrund zurückzuweisen.

     B – Zum behaupteten Fehlen der Klagebefugnis der klagenden Unternehmen in den Rechtssachen T‑254/00, T‑270/00 und T‑277/00

     1. Vorbringen der Parteien

    48      Die Kommission trägt vor, die klagenden Unternehmen seien von der angefochtenen Entscheidung nicht im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG individuell betroffen.

    49      Ihrer Ansicht nach sind die durch eine Beihilferegelung Begünstigten von einer Entscheidung, mit der die Unzulässigkeit dieser Regelung festgestellt und die Rückforderung der gewährten Beihilfen angeordnet wird, nicht individuell betroffen, da eine solche Entscheidung allgemeine Geltung habe.

    50      Die durch eine Beihilferegelung potenziell Begünstigten könnten nicht von einer Entscheidung individuell betroffen sein, mit der diese Regelung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt werde. Des Weiteren habe der Gemeinschaftsrichter die Klage eines durch eine rechtswidrige Beihilferegelung Begünstigten für unzulässig erklärt, die dieser gegen die Entscheidung erhoben habe, mit der die Kommission diese Regelung zwar für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt, jedoch nicht die Rückforderung der gewährten Beihilfen angeordnet habe (Urteil des Gerichtshofs vom 2. Februar 1988, Kwekerij van der Kooy u. a./Kommission, 67/85, 68/85 und 70/85, Slg. 1988, 219, Randnr. 15).

    51      Durch die Festlegung einer Rückforderungsverpflichtung werde aber das Wesen der Kommissionsentscheidung nicht geändert, so dass die Begünstigten der Beihilferegelung nicht individuell betroffen sein könnten.

    52      Insoweit sei das Urteil des Gerichtshofs vom 19. Oktober 2000, Italien und Sardegna Lines/Kommission (C‑15/98 und C 105/99, Slg. 2000, I‑8855), im Licht der besonderen Lage des klagenden Unternehmens, Sardegna Lines – Servizi Marittimi della Sardegna SpA, auszulegen. Dieses Unternehmen habe in Wirklichkeit eine individuelle Beihilfe erhalten, die formal im Rahmen einer Beihilferegelung gewährt worden sei. Die betreffende Beihilferegelung sei nämlich auf eine ganz beschränkte Zahl von Unternehmen anwendbar gewesen, und Sardegna Lines habe einen Großteil der gewährten Beihilfen (mindestens 9,6 Mrd. ITL von insgesamt 12 697 450 000 ITL) erhalten. Außerdem sei diese Beihilferegelung durch das weite Ermessen gekennzeichnet gewesen, über das die nationalen Behörden bei der Gewährung von Einzelbeihilfen zur Durchführung dieser Regelung verfügt hätten.

    53      Entsprechend habe der Gerichtshof im Urteil vom 29. April 2004, Italien/Kommission (C‑298/00 P, Slg. 2004, I‑4087, Randnr. 39), die individuelle Betroffenheit der durch die betreffende Beihilferegelung begünstigten Unternehmen bejaht, weil der Kommission die Zahl der Anträge, denen entsprochen worden sei, und der Betrag der für die betreffenden Beihilfen vorgesehenen Haushaltsmittel bekannt gewesen seien. Überdies sei diese Beihilferegelung mittels Einzelentscheidungen durchgeführt worden.

    54      Das von der Klägerin Hotel Cipriani SpA (im Folgenden: Hotel Cipriani) ins Feld geführte Urteil des EFTA-Gerichtshofs vom 21. Juli 2005, Fesil und Finnfjord u. a./EFTA-Überwachungsbehörde (verbundene Rechtssachen E-5/04, E-6/04 und E-7/04), sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar, da die Vorschriften über die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA), der EFTA-Überwachungsbehörde und dem EFTA-Gerichtshof keine Art. 234 EG entsprechende Bestimmung enthielten, die die Möglichkeit der Vorlage eines Vorabentscheidungsersuchens zur Prüfung der Gültigkeit der Handlungen der Gemeinschaftsorgane vorsehe.

    55      Weiter habe das Gericht in seinem Beschluss Gruppo ormeggiatori del porto di Venezia u. a./Kommission (oben in Randnr. 26 angeführt, Randnrn. 29 ff.) bestimmte Klagen für unzulässig erklärt, dabei jedoch der Kommission das Recht zuerkannt, zu rügen, dass der Mitgliedstaat die gewährten Beihilfen nicht wieder eingezogen habe. Die Unzulässigkeit dieser Klagen sei somit nicht von der Wiedereinziehung oder der nicht erfolgten Wiedereinziehung der Beihilfen von den Klägern abhängig gewesen. Schließlich habe der Gerichtshof im Urteil vom 23. Februar 2006, Atzeni u. a. (C‑346/03 und C‑529/03, Slg. 2006, I‑1875, Randnrn. 33 und 34), ausgeführt, es sei nicht offensichtlich, dass eine Nichtigkeitsklage von Begünstigten von Beihilferegelungen, die für allgemein umschriebene Personengruppen bestimmt gewesen seien, gegen eine Entscheidung der Kommission zulässig wäre, mit der die Rückforderung der gewährten Beihilfen angeordnet worden sei.

    56      Daher sei durch die Urteile Italien und Sardegna Lines/Kommission (oben in Randnr. 52 angeführt) sowie Italien/Kommission (oben in Randnr. 53 angeführt) nicht die ständige Rechtsprechung geändert worden, nach der Klagen natürlicher oder juristischer Personen gegen Entscheidungen zu Beihilferegelungen unzulässig seien.

    57      Allerdings seien dann, wenn die Durchführung der betreffenden Beihilferegelung den Erlass individueller Durchführungsmaßnahmen erfordere, die ein Ermessen der zuständigen Verwaltungsbehörde implizierten, diejenigen, die nach dieser Regelung tatsächlich Beihilfen erhielten, als von der Entscheidung der Kommission, mit der die Unvereinbarkeit dieser Regelung mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt und die Rückforderung der gewährten Beihilfen angeordnet werde, als individuell betroffen anzusehen.

    58      Im vorliegenden Fall seien die Kläger aus zwei Gründen nicht individuell betroffen von der angefochtenen Entscheidung. Zum einen seien die fraglichen Sozialbeitragsentlastungen ohne Weiteres allen im Gebiet von Venedig oder Chioggia ansässigen Unternehmen gewährt worden.

    59      Zum anderen betreffe die angefochtene Entscheidung eine unbestimmte und unbestimmbare Zahl von Unternehmen nach Maßgabe der objektiven Merkmale, dass sie in einem bestimmten geografischen Gebiet Arbeitnehmer beschäftigten und ihre Tätigkeit ausübten. Selbst wenn die Kommission, wie die Kläger behaupteten, zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung möglicherweise theoretisch in der Lage gewesen sei, die begünstigten Unternehmen mit Hilfe der nationalen Behörden zu ermitteln, sei es doch ihre Aufgabe gewesen, die Beihilferegelung und nicht jeden einzelnen spezifischen Anwendungsfall zu prüfen. Die einzige Ausnahme habe die städtischen Unternehmen betroffen, deren Situation in der Stellungnahme der Stadt Venedig, die sich die italienische Regierung zu eigen gemacht habe, besonders dargestellt worden sei. Die Kommission habe daher die besondere Situation dieser Unternehmen geprüft, die im Gegensatz zu den Klägern deshalb von der angefochtenen Entscheidung individuell betroffen seien.

    60      Da jedoch die Kommission – auf der Grundlage der vom INPS vorgelegten Tabellen – nicht habe ermitteln können, welche Entlastung jedem einzelnen Unternehmen individuell zuteil geworden sei, habe sie nicht feststellen können, welche Beihilfe jeder einzelne Begünstigte erhalten habe. Es sei daher Aufgabe des betreffenden Mitgliedstaats, die begünstigten Unternehmen zu bestimmen, die in Durchführung der angefochtenen Entscheidung zur Rückgewährung der erhaltenen Beihilfen verpflichtet seien. Diese Bestimmung erfordere eine komplexe Untersuchung nach Maßgabe einer Reihe von Beurteilungskriterien. Es sei nämlich Sache der nationalen Behörden, in jedem Einzelfall die Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe sowie die in der angefochtenen Entscheidung allgemein und abstrakt aufgeführten Kriterien anzuwenden.

    61      Diese Kontrolle sei von den zuständigen nationalen Behörden in loyaler Zusammenarbeit mit der Kommission durchzuführen. Im Fall voneinander abweichender Auffassungen könne die Kommission den Gerichtshof nach Art. 88 Abs. 2 Unterabs. 2 EG anrufen. Den Empfängern der jeweiligen Maßnahmen stehe es ihrerseits frei, etwa gegen sie ergangene Wiedereinziehungsentscheidungen vor den nationalen Gerichten anzufechten, indem sie die Rechtswidrigkeit der Entscheidung der Kommission einredehalber geltend machten. Ihr Rechtsschutz werde durch Art. 234 EG sichergestellt.

    62      Aus all diesen Gründen sei in der angefochtenen Entscheidung im Unterschied zu der Entscheidung, die im Urteil Italien/Kommission (oben in Randnr. 53 angeführt) geprüft worden sei, offen gelassen worden, ob einige der betreffenden Sozialbeitragsentlastungen möglicherweise der Einstufung als staatliche Beihilfe entgingen oder mit dem Gemeinsamen Markt vereinbare Beihilfen darstellten. Im vorliegenden Fall habe die Kommission nämlich nicht bei jedem Begünstigten die Gewährung staatlicher Beihilfen festgestellt und damit auch nicht die Unternehmen bestimmt, die zur Rückgewährung der nach der fraglichen Regelung erhaltenen Beihilfen verpflichtet seien.

    63      Zu folgern sei daraus, dass die klagenden Unternehmen nicht die in der angefochtenen Entscheidung herausgearbeiteten besonderen Eigenschaften oder Merkmale aufwiesen und keinen spezifischen Schaden geltend machen könnten. Sie könnten somit nicht als von der angefochtenen Entscheidung individuell betroffen angesehen werden.

    64      Die Kläger und die Italienische Republik, die dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge von Italgas beigetreten ist und sich deren Vortrag anschließt, weisen darauf hin, dass gegen die klagenden Unternehmen im Rahmen der Durchführung der angefochtenen Entscheidung eine Entscheidung zur Wiedereinziehung der erhaltenen Beihilfen ergangen sei. In gleich gelagerten Fällen hätten die Gemeinschaftsgerichte das Bestehen einer individuellen Anknüpfung bejaht.

    65      Erstens tragen sämtliche Kläger und die Italienische Republik vor, entgegen der Auffassung der Kommission habe die angefochtene Entscheidung keine allgemeine und abstrakte Geltung, da die durch eine Beihilferegelung tatsächlich Begünstigten einen geschlossenen Kreis darstellten und bei Erlass dieser Entscheidung bestimmbar gewesen seien. Der Erlass einer Entscheidung, die die Wiedereinziehung unzulässiger Beihilfen vorsehe, um deren Wirkungen zu beseitigen, setze jedoch voraus, dass die Kommission zunächst die Wirkungen dieser Beihilfen prüfe. Dazu führen die Kläger näher aus, es genüge, dass die begünstigten Unternehmen von den zuständigen nationalen Behörden im Wiedereinziehungsverfahren bestimmt werden könnten. Die tatsächlich Begünstigten könnten wie die unmittelbaren Adressaten der Entscheidung der Kommission behandelt werden. Weiter stellen Hotel Cipriani und Italgas in Abrede, dass die nationalen Behörden bei der Durchführung dieser Entscheidung befugt seien, in jedem Einzelfall nachzuprüfen, ob die Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG verwirklicht seien (siehe unten, Randnrn. 124 und 138).

    66      Zweitens machen Hotel Cipriani und Coopservice weiter geltend, eine Entscheidung der Kommission, die eine Beihilferegelung betreffe und die Rückforderung der gewährten Beihilfen anordne, beeinträchtige die Interessen der tatsächlichen Beihilfeempfänger individuell und stelle ihnen gegenüber eine beschwerende Maßnahme dar.

    67      Alle Kläger weisen das Vorbringen der Kommission zurück, dass den Einzelnen vor den nationalen Gerichten ein effektiver Rechtsschutz gewährt werde. Das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof biete ihnen erheblich weniger weit gehende Möglichkeiten der Geltendmachung ihrer Standpunkte. Außerdem sei keineswegs gewährleistet, dass die nationalen Gerichte ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof richteten.

    68      Die Italienische Republik hebt hervor, die einzige Voraussetzung für die Gewährung der fraglichen Sozialbeitragsentlastungen an die Unternehmen sei gewesen, dass diese im Inselgebiet von Venedig oder Chioggia ansässig seien. Insoweit habe zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung keinerlei Ungewissheit hinsichtlich der Identität der zur Rückgewährung der erhaltenen Beihilfe verpflichteten Empfänger bestanden.

     2. Würdigung durch das Gericht

    69      Die Kommission stellt im vorliegenden Fall zutreffend das Vorliegen einer unmittelbaren Anknüpfung im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG fest. Sie hebt hervor, die italienischen Behörden seien nach der angefochtenen Entscheidung verpflichtet, die für unzulässig erklärten Beihilfen aufzuheben und die widerrechtlich gewährten unzulässigen Beihilfen wiedereinzuziehen. Den Behörden stehe bei der Durchführung der angefochtenen Entscheidung kein Ermessen zu.

    70      Hingegen meint die Kommission, die durch eine rechtswidrige Beihilferegelung tatsächlich Begünstigten seien von einer Entscheidung, die die Unzulässigkeit dieser Regelung feststelle und die Rückforderung der gewährten Beihilfe anordne, in der Regel nicht individuell betroffen, da eine solche Entscheidung grundsätzlich auf einer allgemeinen und abstrakten Prüfung dieser Regelung beruhe. Sie erklärt das angebliche Fehlen einer individuellen Anknüpfung damit, dass die Zahl der Begünstigten nicht bestimmbar sei. Bei der Durchführung der Entscheidung, mit der die Rückforderung der bezogenen Beihilfen angeordnet werde, müsse daher der betreffende Mitgliedstaat die begünstigten Unternehmen, die diese Beihilfen zurückzugewähren hätten, erst ermitteln.

    71      So treffe es erstens nicht zu, dass nach der Rechtsprechung die Befugnis der durch eine Beihilferegelung tatsächlich Begünstigten zur Erhebung einer Klage gegen die Entscheidung zu bejahen sei, mit der die Unzulässigkeit dieser Regelung festgestellt und die Rückforderung der für unzulässig erklärten Beihilfen angeordnet worden sei. Diese Klagebefugnis sei vielmehr auf die Fälle zu beschränken, in denen die Beihilferegelung anhand von Einzelentscheidungen durchgeführt werde (siehe oben, Randnr. 56).

    72      Zweitens schlägt die Kommission vor, den nationalen Behörden bei der Durchführung einer Entscheidung, mit der die Unzulässigkeit einer rechtswidrigen Beihilferegelung festgestellt worden sei, die Befugnis zuzuerkennen, in jedem Einzelfall nachzuprüfen, ob die Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG hinsichtlich der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit, der Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels und der Auswirkung auf den Wettbewerb verwirklicht seien.

    73      Zunächst ist mit der Kommission festzustellen, dass eine Entscheidung dieses Gemeinschaftsorgans über eine rechtswidrige Beihilferegelung, mit der die Rückforderung der gewährten Beihilfen angeordnet wird, für die durch diese Regelung tatsächlich Begünstigten allgemeine Geltung hat, da sie für objektiv bestimmte Situationen gilt und gegenüber den durch diese Regelung Begünstigten allgemein und abstrakt rechtliche Wirkungen zeitigt. Denn der Umstand allein, dass die durch eine solche Regelung tatsächlich Begünstigten bestimmbar sind, begründet für die Kommission nicht die Verpflichtung, deren individuelle Situation zu berücksichtigen. Damit beruht eine Entscheidung über eine Beihilferegelung grundsätzlich auf der allgemeinen und abstrakten Kontrolle dieser Regelung, die selbst eine Handlung von allgemeiner Geltung ist (vgl. unten, Randnrn. 83, 209, 229 und 230). Diese Entscheidung hat daher eine andere Tragweite als etwa eine Entscheidung nach Art. 81 EG, die sich als Bündel von an die betreffenden Unternehmen gerichteten Individualentscheidungen betrachten lässt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 14. September 1999, Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a., C‑310/97 P, Slg. 1999, I‑5363, Randnrn. 39, 49 und 63). Insbesondere ist der Umstand, dass mit der Entscheidung der Kommission allgemein und abstrakt die Rückforderung der gewährten Beihilfen angeordnet wird, nicht geeignet, dieser Entscheidung die Rechtsnatur eines Bündels von Individualentscheidungen zu verleihen (vgl. entsprechend Beschluss des Gerichtshofs vom 8. April 2008, Saint-Gobain Glass Deutschland/Kommission, C‑503/07 P, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 72). Prüft die Kommission dagegen die individuelle Situation einiger tatsächlicher Begünstigter einer Beihilferegelung, so hat die Entscheidung diesen Begünstigten gegenüber individuellen Charakter.

    74      Außerdem ist nicht ausgeschlossen, dass die Bestimmungen eines Rechtsakts, der allgemeine Geltung hat, unter Umständen bestimmte natürliche oder juristische Personen individuell betreffen können, wenn diese wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, sie aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände betroffen sind (Urteil des Gerichtshofs vom 18. Mai 1994, Codorniu/Rat, C‑309/89, Slg. 1994, I‑1853, Randnrn. 19 bis 21, Urteil des Gerichts vom 7. November 1996, Roquette Frères/Rat, T‑298/94, Slg. 1996, II‑1531, Randnr. 37, und Beschluss des Gerichts vom 11. September 2007, Fels-Werke u. a./Kommission, T‑28/07, Slg. 2007, I‑0000, Randnr. 60).

    75      In diesem rechtlichen Kontext ist die Position der Kommission sowohl im Hinblick auf die Rechtsprechungskriterien für die Beurteilung des Bestehens einer individuellen Anknüpfung im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG als auch im Hinblick auf das System der vorherigen Kontrolle staatlicher Beihilfen zu untersuchen, wie es mit dem Vertrag eingeführt und in der Rechtsprechung ausgelegt worden ist. Dazu ist zunächst die Maßgeblichkeit des Kriteriums betreffend die Durchführungsmodalitäten der Beihilferegelung im Licht der Urteile Italien und Sardegna Lines/Kommission (oben in Randnr. 52 angeführt) sowie Italien/Kommission (oben in Randnr. 53 angeführt) und im Hinblick auf das Kontrollsystem für staatliche Beihilfen zu prüfen. Sodann wird das Gericht das Vorbringen der Kommission zur Ausweitung der Befugnisse des betreffenden Mitgliedstaats bei der Durchführung der Entscheidung prüfen, mit der eine rechtswidrige Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt und die Rückforderung der gewährten Beihilfen angeordnet worden ist.

    a)     Beurteilung des Kriteriums betreffend die Durchführungsmodalitäten der Beihilferegelung im Licht der Rechtsprechung

    76      Was zunächst die Rechtsprechung angeht, ist vorab festzustellen, dass der Gerichtshof die Befugnis der durch eine rechtswidrige Beihilferegelung tatsächlich Begünstigten, gegen eine Entscheidung zu klagen, mit der diese Regelung für unzulässig erklärt und die Rückforderung der gewährten Beihilfen angeordnet worden ist, entgegen der Behauptung der Kommission nicht ausgeschlossen hat. Insoweit ist das von der Kommission angeführte Urteil Kwekerij van der Kooy u. a./Kommission (oben in Randnr. 50 angeführt) nicht einschlägig. Aus den Schlussanträgen des Generalanwalts Sir Gordon Slynn in dieser Rechtssache (Slg. 1988, 240) geht nämlich hervor, dass die Kommission in die Entscheidung, um die es dort ging, keine Rückforderungsverpflichtung aufgenommen hatte. Obwohl sie sich in der letzten Begründungserwägung dieser Entscheidung die Möglichkeit einer späteren Rückforderung vorbehalten hatte, hatte sie gegenüber dem Gerichtshof in der Sitzung erklärt, dass solche Schritte nicht unternommen worden seien.

    77      Dagegen lässt sich den Urteilen Italien und Sardegna Lines/Kommission (oben in Randnr. 52 angeführt) sowie Italien/Kommission (oben in Randnr. 53 angeführt) eindeutig entnehmen, dass dann, wenn die Kommission die Unvereinbarkeit einer rechtswidrigen Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt feststellt und die Rückforderung der gewährten Beihilfen anordnet, alle durch diese Regelung tatsächlich Begünstigten von ihrer Entscheidung individuell betroffen sind (vgl. auch Urteile des Gerichts vom 29. September 2000, CETM/Kommission, T‑55/99, Slg. 2000, II‑3207, Randnr. 25, vom 12. September 2007, Italien und Brandt Italia/Kommission, T‑239/04 und T‑329/04, Slg. 2007, I‑3265, Randnr. 44, und vom 20. September 2007, Salvat père & fils u. a./Kommission, T‑136/05, Slg. 2007, I‑0000, Randnrn. 69 bis 73).

    78      Entgegen der Auffassung der Kommission lässt sich nämlich der im Urteil Italien und Sardegna Lines/Kommission (oben in Randnr. 52 angeführt) geprüften Entscheidung nicht entnehmen, dass die besondere Lage von Sardegna Lines von der Kommission berücksichtigt worden war. Diese hatte im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung in dieser Entscheidung lediglich darauf hingewiesen, dass sie „aufgrund einer Beschwerde über einen Einzelfall im Zusammenhang mit der Anwendung der Beihilferegelung Kenntnis von der Regelung [erlangte]“. Selbst wenn man davon ausginge, dass der Kommission die Situation von Sardegna Lines bekannt war, ist doch festzustellen, dass sie zum einen dieses Unternehmen in der betreffenden Entscheidung nicht namentlich genannt und zum anderen keinen Gesichtspunkt angeführt hat, der geeignet gewesen wäre, die spezifische Situation dieses Unternehmens zu kennzeichnen. Vielmehr hat die Kommission lediglich den Gesamtbetrag der seit dem Inkrafttreten der betreffenden Beihilferegelung gezahlten Beihilfe zur Gewährung der Darlehen und Leasingverträge, um die es in dieser Rechtssache ging, angegeben. Auf dieser Grundlage hat sie sodann diese Beihilferegelung allgemein und abstrakt geprüft (siehe insbesondere Abschnitt VII der fraglichen Entscheidung). Unter diesen Umständen lässt sich dem Urteil Italien und Sardegna Lines/Kommission nicht entnehmen, dass der Gerichtshof befunden hätte, die individuelle Situation von Sardegna Lines sei von der Kommission berücksichtigt worden. Im Gegenteil hat der Gerichtshof, indem er die potenziellen Begünstigten einer abstrakt angelegten Beihilferegelung den tatsächlich Begünstigten dieser rechtswidrig durchgeführten Regelung gegenübergestellt hat, entschieden, dass Sardegna Lines „in ihrer Eigenschaft als tatsächlich Begünstigte einer nach [der Beihilferegelung für sardische Reeder] gewährten individuellen Beihilfe betroffen [ist], deren Rückforderung die Kommission angeordnet hat“ (Randnr. 34 des Urteils). Mit der angesprochenen „individuellen Beihilfe“ ist offenkundig die Beihilfe gemeint, die Sardegna Lines in Durchführung der fraglichen Beihilferegelung gewährt worden war. Entgegen der Auslegung durch die Kommission lässt sich diese Angabe nicht so verstehen, dass sie sich auf eine Berücksichtigung der individuellen Situation von Sardegna Lines durch dieses Organ bezieht, weil die fragliche Beihilferegelung nicht ohne Weiteres anwendbar gewesen sei.

    79      Dieses Verständnis des Urteils Italien und Sardegna Lines/Kommission (oben in Randnr. 52 angeführt) wird durch die Schlussanträge des Generalanwalts Alber in der Rechtssache Italien/Kommission (Urteil oben in Randnr. 53 angeführt, Slg. 2004, I‑4092) bekräftigt. In diesen Schlussanträgen hat der Generalanwalt nämlich das Argument der Kommission verworfen, dass die Beihilferegelung, um die es im Urteil Italien und Sardegna Lines/Kommission (oben in Randnr. 52 angeführt) ging, anhand von Ermessensentscheidungen der nationalen Behörden durchgeführt worden sei.

    Dazu hat er ausgeführt (Nr. 71 der Schlussanträge): „[D]er Gerichtshof hat in [Randnr. 34 seines Urteils] allein auf die Tatsache abgestellt, dass der Kläger Sardegna Lines als Empfänger einer Beihilfe, deren Rückforderung die Kommission angeordnet hat, betroffen ist. Andere Umstände, die den Kläger individualisieren, z. B. die Berücksichtigung seines Falles im Verwaltungsverfahren, hat er nicht erwähnt.“

    80      Im Urteil Italien/Kommission (oben in Randnr. 53 angeführt) hat der Gerichtshof die Lösung, zu der er im Urteil Italien und Sardegna Lines/Kommission (oben in Randnr. 52 angeführt) gelangt ist, klar bestätigt. Zu beachten ist, dass die sektorale Beihilferegelung, um die es in der Rechtssache Italien/Kommission (oben in Randnr. 53 angeführt) ging, eine große Zahl von Güterkraftverkehrsunternehmen betraf. Im Gegensatz zu Sardegna Lines hob sich keines der klagenden Transportunternehmen durch die Höhe der bezogenen Beihilfen oder eine besondere Rolle im Verwaltungsverfahren von den übrigen Begünstigten der betreffenden Beihilferegelung ab. Der Gerichtshof hat entschieden, dass sich die klagenden Unternehmen in einer anderen Lage befanden als andere Kläger, da sie „in ihrer Eigenschaft als tatsächlich Begünstigte der nach dieser Regelung gewährten individuellen Beihilfe betroffen [sind], deren Rückforderung die Kommission angeordnet hat“ (Randnr. 39).

    81      Darüber hinaus enthält Randnr. 39 dieses Urteils Italien/Kommission (oben in Randnr. 53 angeführt), wenn auch in knapper Form, wichtige Angaben zur Begründung der Klagebefugnis der Unternehmen, die durch eine rechtswidrige Beihilferegelung begünstigt worden waren. Der Gerichtshof betont darin nämlich, dass die „Zahl der Anträge, denen entsprochen worden war, und der Betrag der Haushaltsmittel, die für die in Rede stehenden Beihilfen [im betreffenden Zeitraum] vorgesehen waren“, in der fraglichen Entscheidung genannt waren, woraus er geschlossen hat, dass „der Kommission … das Vorhandensein dieser tatsächlich Begünstigten daher nicht verborgen bleiben [konnte]“. Damit unterscheidet der Gerichtshof ausdrücklich die Situation der tatsächlich Begünstigten, die bestimmbar waren und deren Situation von der Rückforderungsanordnung besonders betroffen war, von derjenigen potenzieller Begünstigter.

    82      Im Licht insbesondere der Schlussanträge des Generalanwalts Alber in der Rechtssache Italien/Kommission (oben in Randnr. 79 angeführt, Nrn. 74 bis 85) ist die Randnr. 39 des Urteils Italien/Kommission (oben in Randnr. 53 angeführt) daher so zu verstehen, dass darin festgestellt wird, dass die klagenden Unternehmen im Vergleich zu allen anderen Wirtschaftsteilnehmern dadurch gekennzeichnet waren, dass sie einen geschlossenen Kreis von Personen bildeten, die von der Rückforderungsanordnung besonders betroffen waren. Insbesondere bildeten die durch die dortige Beihilferegelung tatsächlich Begünstigten im Gegensatz zu potenziellen Beihilfeempfängern eine begrenzte Gruppe, da die Durchführung dieser Regelung schon vor Erlass der angefochtenen Entscheidung eingestellt worden war, so dass die Kommission bei Erlass der angefochtenen Entscheidung grundsätzlich in der Lage war, die tatsächlich Begünstigten mit Hilfe der nationalen Behörden festzustellen. Entgegen der Auffassung der Kommission hat der Gerichtshof die Bejahung einer individuellen Anknüpfung nicht von der konkreten Feststellung der durch die betreffende Beihilferegelung Begünstigten und der Untersuchung ihrer individuellen Situation durch die Kommission abhängig gemacht.

    83      Zu beachten ist, dass sich eine Entscheidung über eine Beihilferegelung, obwohl sie allgemeine Geltung hat, weil die Kommission sie allgemein und abstrakt prüft (siehe oben, Randnr. 73), nur auf eine bestimmte Beihilferegelung bezieht. Sie ist daher nicht Teil der Festlegung einer Gemeinschaftspolitik und hat keinen normativen Charakter, sondern gehört im Gegensatz zu Rechtsakten mit Normcharakter, die auf die betreffenden Wirtschaftsteilnehmer allgemein anwendbar sind, zur Anwendung der gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über – hier – staatliche Beihilfen (vgl. z. B. Urteile des Gerichtshofs vom 14. Februar 1989, Lefebvre/Kommission, 206/87, Slg. 1989, 275, Urteil Roquette Frères/Rat, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnr. 42, und Beschluss Fels-Werke u. a./Kommission, oben in Randnr. 74 angeführt, Randnrn. 61 und 63).

    84      In diesem rechtlichen Kontext genügt die Zugehörigkeit der Betroffenen zu dem geschlossenen Kreis der durch eine Beihilferegelung tatsächlich Begünstigten, die von der dem betreffenden Mitgliedstaat von der Kommission auferlegten Verpflichtung zur Rückforderung der gezahlten Beihilfe besonders betroffen sind, um diese Begünstigten im Sinne der Rechtsprechung aus dem Kreis aller übrigen Personen herauszuheben (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Juli 1963, Plaumann/Kommission, 25/62, Slg. 1963, 213, 238). Die Individualisierung ergibt sich hier aus dem mit der Rückforderungsanordnung vorgenommenen besonderen Eingriff in die Interessen der genau bestimmbaren Mitglieder dieses geschlossenen Kreises.

    85      Wäre die Klagebefugnis eines durch eine Beihilferegelung tatsächlich Begünstigten an die Prüfung seiner individuellen Situation gebunden, so hinge sie von der Entscheidung der Kommission in der angefochtenen Entscheidung ab, eine solche individuelle Prüfung auf der Grundlage der ihr im Verwaltungsverfahren übermittelten Informationen vorzunehmen oder nicht. Diese Lösung würde zu einer Rechtsunsicherheit führen, da die Kenntnis der Kommission von konkreten Einzelfällen nicht selten auf Zufällen beruht (Schlussanträge des Generalanwalts Alber in der Rechtssache Italien/Kommission, oben in Randnr. 79 angeführt, Nr. 83). Zudem wäre dann, wenn ein Begünstigter vor dem Gericht rügte, dass die Kommission seine Situation nicht anhand etwa der ihr im Verwaltungsverfahren übermittelten Angaben individuell geprüft habe, die Zulässigkeit seiner Klage an die Prüfung der materiellen Klagegründe gebunden. Dabei würden die Komplexität und der Umstand, dass der Ausgang der Zulässigkeitsprüfung nur schwer vorhersehbar wäre, die Rechtsunsicherheit noch erhöhen.

    86      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof das Kriterium des geschlossenen Kreises, dessen Mitglieder von einer Entscheidung der Kommission besonders betroffen sind, auch in seinem Urteil vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission (C‑182/03 und C‑217/03, Slg. 2006, I‑5479, Randnrn. 58 bis 64), herangezogen hat. Konkret in Bezug auf die Koordinationszentren, für die das Anerkennungsverfahren lief, hat der Gerichtshof auf der Linie der Urteile Italien und Sardegna Lines/Kommission (oben in Randnr. 52 angeführt) sowie Italien/Kommission (oben in Randnr. 53 angeführt) befunden, dass diese Zentren individuell betroffen waren, da sie „bei Erlass der [mit der Klage angefochtenen] Entscheidung ohne Weiteres feststellbar waren“ (Urteil Belgien und Forum 187/Kommission, Randnr. 61, und Schlussanträge des Generalanwalts Léger in dieser Rechtssache, Slg. 2006, I‑5485, Nrn. 196 und 197). Hinsichtlich der Zentren, deren Anträge auf Verlängerung der Anerkennung zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der angefochtenen Entscheidung noch nicht beschieden waren, hat der Gerichtshof festgestellt, dass diese potenziellen Begünstigten unter den besonderen Umständen jener Rechtssache klagebefugt waren, da sie zu einem geschlossenen Kreis gehörten, dessen Mitglieder von der Entscheidung, um die es dort ging, besonders betroffen waren, weil ihre Anerkennung nicht mehr verlängert werden konnte (Urteil Belgien und Forum 187/Kommission, Randnrn. 62 und 63, sowie Schlussanträge des Generalanwalts Léger in dieser Rechtssache, Nr. 211).

    87      Angesichts dieser Rechtsprechung ist das von der Kommission vorgeschlagene Kriterium, das auf den Durchführungsmodalitäten der Beihilferegelung beruht, unerheblich. Insbesondere lassen die Urteile Italien und Sardegna Lines/Kommission (oben in Randnr. 52 angeführt) sowie Italien/Kommission (oben in Randnr. 53 angeführt) nicht erkennen, dass der Gerichtshof den von der Kommission in den diesen Urteilen zugrunde liegenden Streitigkeiten bereits angeführten Umstand berücksichtigt hätte, dass die betreffenden Beihilferegelungen tatsächlich anhand von Entscheidungen der Verwaltung durchgeführt worden waren, die mit einer Ermessensausübung verbunden waren. Zudem ist festzustellen, dass das Urteil CETM/Kommission (oben in Randnr. 77 angeführt) und das Urteil des EFTA-Gerichtshofs Fesil und Finnfjord u. a./EFTA-Überwachungsbehörde (oben in Randnr. 54 angeführt) Beihilferegelungen betrafen, die ohne Weiteres zugunsten derjenigen Unternehmen galten, die die in diesen Regelungen aufgestellten Voraussetzungen erfüllten. Aus dem Urteil des EFTA-Gerichtshofs (Randnr. 46) geht hervor, dass die Kommission in ihren Erklärungen bereits gegen die Zulässigkeit der Klage eingewandt hatte, dass die in den Urteilen Italien und Sardegna Lines/Kommission (oben in Randnr. 52 angeführt) sowie Italien/Kommission (oben in Randnr. 53 angeführt) untersuchten Beihilferegelungen nicht ohne Weiteres auf Unternehmen anwendbar seien, die bestimmte Voraussetzungen erfüllten, sondern vielmehr die zuständigen nationalen Behörden ermächtigten, den Begünstigten Vorteile mittels weiterer Verwaltungsakte zu gewähren. Diese Unterscheidung ist vom EFTA-Gerichtshof nicht als erheblich angesehen worden, wovon der Umstand zeugt, dass er sich der knappen, doch klaren Begründung der beiden genannten Urteile des Gerichtshofs angeschlossen hat.

    88      Was den Beschluss Gruppo ormeggiatori del porto di Venezia u. a./Kommission (oben in Randnr. 26 angeführt) angeht, auf den sich die Kommission beruft (siehe oben, Randnr. 55), so weisen die Kläger zu Recht darauf hin, dass er für die Beurteilung der Klagebefugnis unerheblich ist. In diesem Beschluss hat das Gericht nämlich nicht die Klagebefugnis der betroffenen Unternehmen geprüft, sondern hat Klagen von Unternehmen, die zwischenzeitlich von dem von den nationalen Behörden zur Ausführung der angefochtenen Entscheidung durchgeführten Verfahren zur Rückforderung der betreffenden Beihilfen ausgenommen worden waren, mangels Klageinteresses für unzulässig erklärt. Insoweit ist daran zu erinnern, dass ein Unternehmen, um sein Klageinteresse zum Zeitpunkt der Klageerhebung nachzuweisen, nur substantiiert vortragen muss, dass ihm Maßnahmen nach der betreffenden Beihilferegelung zugute gekommen seien, die von der Feststellung der Kommission in der angefochtenen Entscheidung, dass die Regelung mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei, erfasst sein könnten. Es ist im Rahmen einer Klage gegen eine Entscheidung der Kommission über eine Beihilferegelung nicht Sache des Gerichts, über die konkrete Anwendung der in dieser Entscheidung aufgeführten Kriterien zu entscheiden, um festzustellen, ob die betreffenden Maßnahmen zugunsten eines bestimmten Unternehmens nach dieser Entscheidung als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfen anzusehen sind. Es obliegt nämlich den zuständigen nationalen Behörden, bei der Durchführung einer solchen Entscheidung in jedem Einzelfall die genannten Kriterien unter der Kontrolle der Kommission anzuwenden.

    89      Insoweit beschränkt sich der Beschluss Gruppo ormeggiatori del porto di Venezia u. a./Kommission (oben in Randnr. 26 angeführt) darauf, einem klagenden Unternehmen jedes Rechtsschutzinteresse abzusprechen, wenn sich nach Klageerhebung aufgrund der Beurteilung durch die nationalen Behörden im Rahmen der Durchführung der Entscheidung der Kommission zeigt, dass die zugunsten dieses Unternehmens nach der betreffenden Beihilferegelung getroffenen Maßnahmen keiner Rückforderungsverpflichtung unterliegen, weil sie entweder nach dieser Entscheidung nicht in den Anwendungsbereich des Art. 87 Abs. 1 EG fallen oder weil sie den in der Entscheidung genannten Kriterien für eine Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt entsprechen. In diesem Beschluss (Randnr. 26) hat das Gericht insbesondere das Argument der betreffenden Unternehmen, das sich auf die Befugnis der Kommission bezog, im Rahmen der Kontrolle der Durchführung ihrer Entscheidung durch den betreffenden Mitgliedstaat diesem später aufzugeben, die behaupteten Beihilfen bei diesen Unternehmen zurückzufordern, gerade mit der Begründung verworfen, dass es sich hierbei nur um zukünftige und ungewisse Umstände handele. Im vorliegenden Verfahren ist unstreitig gegen die klagenden Unternehmen eine Wiedereinziehungsentscheidung der nationalen Behörden ergangen, was ihr Klageinteresse bestätigt.

    90      In dem ebenfalls von der Kommission angeführten Urteil Atzeni u. a. (oben in Randnr. 55 angeführt) beschränkt sich der Gerichtshof auf die Feststellung, dass ein Vorabentscheidungsersuchen zur Gültigkeitsprüfung, das eine Entscheidung der Kommission über eine Beihilferegelung betrifft, nicht unzulässig ist, weil die Klagebefugnis der betroffenen Unternehmen nach Art. 230 Abs. 4 EG eine komplexe Untersuchung voraussetzt und deshalb nicht offensichtlich ist. Dieses Urteil liegt auf der Linie der Rechtsprechung im Anschluss an das Urteil des Gerichtshofs vom 9. März 1994, TWD Textilwerke Deggendorf (C‑188/92, Slg. 1994, I‑833), wonach ein Unzulässigkeitsgrund nur dann der einredeweisen Geltendmachung der Rechtswidrigkeit der Entscheidung der Kommission vor den nationalen Gerichten entgegensteht, wenn die durch die Beihilfe begünstigten Unternehmen ohne jeden Zweifel zur Anfechtung der Entscheidung der Kommission befugt und von diesem Recht unterrichtet worden waren (Urteil TWD Textilwerke Deggendorf, Randnr. 24; Urteile des Gerichtshofs vom 12. Dezember 1996, Accrington Beef u. a., C‑241/95, Slg. 1996, I‑6699, Randnrn. 15 und 16, sowie vom 11. November 1997, Eurotunnel u. a., C‑408/95, Slg. 1997, I‑6315, Randnr. 28). Zudem geht aus dem Urteil Italien/Kommission (oben in Randnr. 53 angeführt, Randnr. 31) hervor, dass der Gerichtshof bereits die Auffassung der Kommission stillschweigend verworfen hat, nach der dann, wenn den durch eine Beihilferegelung tatsächlich Begünstigten die Befugnis zur Klage gegen eine Entscheidung der Kommission, mit der diese die Regelung für unzulässig erklärt und die Rückforderung der gewährten Beihilfen angeordnet hat, zuerkannt würde, ein Vorabentscheidungsersuchen, das die Rückforderung dieser Beihilfen beträfe, aufgrund der Rechtsprechung im Anschluss an das Urteil DWD Textilwerke Deggendorf für unzulässig erklärt werden würde (vgl. dazu Schlussanträge des Generalanwalts Alber in der Rechtssache Italien/Kommission, oben in Randnr. 79 angeführt, Nrn. 86 bis 89). Hinzu kommt, dass die von tatsächlich Begünstigten vor den nationalen Gerichten erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit der Entscheidung der Kommission keinesfalls für unzulässig erklärt werden könnte, wenn die Frage, ob diese Begünstigten die entsprechenden Beihilfen in Durchführung der Entscheidung der Kommission zurückzuzahlen haben, angesichts der besonderen Umstände des betreffenden Falls oder der Komplexität der in dieser Entscheidung aufgeführten Kriterien für die Feststellung der mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärten und zurückzufordernden Beihilfen anfänglich bei vernünftiger Betrachtung gewisse Zweifel aufwerfen konnte, so dass ihr Interesse, gegen die genannte Entscheidung vorzugehen, nicht offensichtlich war (Beschluss Gruppo ormeggiatori del porto de Venezia u. a./Kommission, oben in Randnr. 26 angeführt, Randnr. 31).

    91      Im vorliegenden Fall geht aus der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgrund 13) hervor und wird von den Klägern nicht bestritten, dass der Kommission, wie in der dem Urteil Italien/Kommission (oben in Randnr. 53 angeführt) zugrunde liegenden Rechtssache, die genaue Zahl der begünstigten Unternehmen sowie der jeweilige Gesamtbetrag der nach Art. 1 des Ministerialdekrets vom 5. August 1994 gewährten Sozialbeitragsermäßigungen und der nach Art. 2 dieses Ministerialdekrets gewährten Sozialbeitragsbefreiungen für neue Arbeitsplätze bekannt waren.

    92      Daraus folgt, dass die Begünstigten der fraglichen Beihilferegelung bei Erlass der angefochtenen Entscheidung genau bestimmbar waren. Unter diesen Umständen ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass die klagenden Unternehmen als von dieser Entscheidung individuell betroffen anzusehen sind.

    93      Die Auslegung der Rechtsprechung (siehe oben, Randnrn. 74 bis 85), auf der diese Schlussfolgerung beruht, wird durch die Prüfung des Gemeinschaftssystems der Kontrolle staatlicher Beihilfen bestätigt, mit dem, wie aus den folgenden Randnummern hervorgeht, die von der Kommission angeführten Kriterien und Argumente nicht zu vereinbaren sind.

    b)     Beurteilung des auf den Durchführungsmodalitäten der Beihilferegelung beruhenden Kriteriums nach dem Kontrollsystem für staatliche Beihilfen

    94      Eine Prüfung des Gemeinschaftssystems der Kontrolle staatlicher Beihilfen bestätigt, dass es auf das von der Kommission angeführte Kriterium betreffend die Durchführungsmodalitäten der Beihilferegelung nicht ankommt.

    95      Die Heranziehung dieses Kriteriums würde zu einer Rechtsunsicherheit für den Einzelnen führen, da die Bestimmung des zuständigen Gerichts zunächst von den Durchführungsmodalitäten der betreffenden Beihilferegelung und sodann, wenn diese Regelung ohne Weiteres anwendbar wäre, von einer etwaigen Prüfung der individuellen Situation bestimmter Begünstigter durch die Kommission abhängen würde (siehe oben, Randnr. 85). Einem solchen Kriterium fehlt aber jede Berechtigung im Hinblick auf die Voraussetzung des Bestehens einer individuellen Anknüpfung im Gemeinschaftssystem der Kontrolle staatlicher Beihilfen. Denn die Durchführungsmodalitäten einer Beihilferegelung wirken sich weder auf die Möglichkeit für die Kommission aus, die Begünstigten festzustellen, noch auf die von ihr durchgeführte Kontrolle, noch auf den Umfang der Verpflichtung der Begünstigten, die Beihilfen zurückzugewähren.

    96      Erstens ist der Rechtsprechung zu entnehmen, dass die durch eine Beihilferegelung tatsächlich Begünstigten durch ihre Zugehörigkeit zum geschlossenen Kreis der von der Rückforderungsanordnung besonders betroffenen Personen individualisiert sind (siehe oben, Randnrn. 77 bis 84). Da diese tatsächlich Begünstigten aber in allen Fällen einen geschlossenen Kreis bilden, sind sie bei Erlass der Entscheidung der Kommission unabhängig davon, ob die Regelung ohne Weiteres anwendbar ist oder den Erlass einzelner Durchführungsmaßnahmen erfordert, stets genau bestimmbar.

    97      Zweitens ist es angesichts der allgemeinen Geltung jeder Beihilferegelung a priori nicht gerechtfertigt, dass Art und Umfang der Kontrolle der Kommission davon abhängen sollen, ob die Beihilfen nach dieser Regelung ohne Weiteres oder aufgrund von Durchführungsmaßnahmen gewährt werden. Denn bei einer rechtswidrigen Beihilferegelung obliegt es grundsätzlich allein der Kommission, die allgemeinen, abstrakten Merkmale dieser Regelung zu prüfen (siehe oben, Randnr. 73). Daher ist die Kommission selbst dann, wenn die Beihilferegelung anhand von individuellen Ermessensentscheidungen durchgeführt wurde, nicht verpflichtet, alle Beihilfeentscheidungen einzeln zu untersuchen und insbesondere in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG verwirklicht sind.

    98      Drittens wirkt sich der Umstand, dass die Beihilferegelung ohne Weiteres oder aber anhand von Einzelentscheidungen durchgeführt wurde, im einzelstaatlichen Rückforderungsverfahren in keiner Weise auf die Tragweite der Entscheidung der Kommission für die Begünstigten aus. In beiden Fällen sind die nationalen Behörden nämlich nur zur Durchführung dieser allgemeinen und abstrakten Entscheidung befugt. Es ist ihnen versagt, nachzuprüfen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 87 Abs. 1 EG in jedem Einzelfall erfüllt sind (siehe unten, Randnrn. 98 bis 100).

    99      Außerdem verringert sich dadurch, dass die Beihilfen im Wege von Einzelentscheidungen zur Durchführung der Beihilferegelung gewährt werden, nicht notwendig die Komplexität der Beurteilungen, die von den Behörden bei der Durchführung der Entscheidung der Kommission vorzunehmen sind, in der diese Einzelentscheidungen grundsätzlich nicht berücksichtigt werden (vgl. oben, Randnr. 97). Da sich jedenfalls die nationalen Behörden in allen Fällen auf die Durchführung der Entscheidung der Kommission beschränken, stellt der Grad der Komplexität ihrer Beurteilungen bei der Wiedereinziehung der Beihilfen kein Kriterium dar, auf das es für die Feststellung ankäme, ob die tatsächlich Begünstigten von dieser Entscheidung individuell betroffen sind oder nicht. Im Übrigen ist das auf die Komplexität solcher Beurteilungen abstellende Argument, das die Kommission bereits im Rahmen ihres dem Urteil Italien/Kommission (oben in Randnr. 53 angeführt) zugrunde liegenden Rechtsmittels geltend gemacht hat, vom Gerichtshof in diesem Urteil implizit zurückgewiesen worden.

    c)     Zur behaupteten Zuständigkeit der nationalen Behörden, bei der Durchführung einer Rückforderungsanordnung in jedem Einzelfall das Vorliegen einer Beihilfe zu prüfen

    100    Um darzutun, dass die durch eine Beihilferegelung tatsächlich Begünstigten von einer Entscheidung der Kommission, mit der die Unzulässigkeit dieser Regelung festgestellt und die Rückforderung der gewährten Beihilfen angeordnet wird, nicht individuell betroffen seien, macht die Kommission indessen geltend, dass der betreffende Mitgliedstaat bei der Durchführung dieser Entscheidung nicht nur zur Anwendung der in der angefochtenen Entscheidung aufgeführten Kriterien, sondern auch dazu befugt sei, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG in Anbetracht der jeweiligen Situation des betreffenden Unternehmens verwirklicht seien.

    101    Die Kommission führt jedoch für diese Auffassung keine weitere Begründung an, als dass die im vorliegenden Fall geprüfte Beihilferegelung keinen sektoralen Charakter habe, sondern auf alle im Inselgebiet von Venedig oder Chioggia ansässigen Unternehmen anwendbar gewesen sei, so dass sie nicht habe beurteilen können, ob die Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG in jedem der zahlreichen betreffenden Tätigkeitsbereiche verwirklicht gewesen seien. Es sei daher Sache des betreffenden Mitgliedstaats, diese Kontrolle vorzunehmen.

    102    Zunächst ist zum einen festzustellen, dass die Kommission mit diesen Ausführungen zu behaupten scheint, die nationalen Behörden seien bei der Durchführung einer Entscheidung, mit der die Unzulässigkeit einer multisektoralen Beihilferegelung festgestellt und die Rückforderung der gewährten Beihilfen angeordnet worden ist, ohne Weiteres befugt, nachzuprüfen, ob die Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG in denjenigen Wirtschaftsbereichen verwirklicht seien, in denen die Kommission nicht die Auswirkung der betreffenden Maßnahmen auf den innergemeinschaftlichen Handel und den Wettbewerb geprüft habe. Die Reichweite dieser Befugnis der nationalen Behörden hinge also vom Umfang der von der Kommission durchgeführten Prüfung ab, der seinerseits von den der Kommission im Verwaltungsverfahren übermittelten Informationen abhinge, so dass hinsichtlich der Abgrenzung dieser Befugnis der nationalen Behörden Rechtsunsicherheit bestünde (siehe oben, Randnr. 85, sowie unten, Randnrn. 229 bis 234).

    103    Zum anderen geht im vorliegenden Fall aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass die Kommission von der Qualifikation als staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG nur diejenigen der fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen ausgenommen hat, die die „De-minimis“-Regel einhalten (siehe oben, Randnr. 13). Zwar nimmt nämlich der verfügende Teil der angefochtenen Entscheidung in keiner Weise Bezug auf die „De‑minimis“-Regel, doch ist er mit der Begründung dieser Entscheidung untrennbar verbunden und daher im Licht und im Kontext aller Gründe auszulegen, die zu ihrem Erlass geführt haben (Urteil des Gerichtshofs vom 15. Mai 1997, TWD/Kommission, C‑355/95 P, Slg. 1997, I‑2549, Randnr. 21, und Urteil Alzetta u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 163). Da die Kommission in Erwägungsgrund 110 der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, dass die Maßnahmen, die der „De-minimis“-Regel entsprächen, nicht in den Anwendungsbereich des Art. 87 EG fielen, unterliegen diese Maßnahmen nicht der Rückforderungsverpflichtung nach Art. 5 dieser Entscheidung. Die angefochtene Entscheidung enthält zudem keinen Hinweis darauf, dass andere der in Rede stehenden Sozialbeitragsbefreiungen mit der Begründung von der Rückforderungsverpflichtung ausgenommen werden könnten, dass sie keine staatlichen Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG darstellten.

    104    In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Auffassung der Kommission, wonach die nationalen Behörden bei der Durchführung der angefochtenen Entscheidung befugt seien, in jedem Einzelfall nachzuprüfen, ob die Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG verwirklicht seien, in der Rechtsprechung keine Bestätigung findet. Die Kommission beruft sich hierzu – in ihrer Klagebeantwortung – lediglich auf das Urteil des Gerichtshofs vom 7. März 2002, Italien/Kommission (C‑310/99, Slg. 2002, I‑2289), dem zu entnehmen ist, dass der Gerichtshof im Rahmen seiner Prüfung des Klagegrundes der unzureichenden Begründung festgestellt hat, dass die Kommission mit ihrer Prüfung der Merkmale der betreffenden Beihilferegelung und der Veranschaulichung ihrer Prüfung durch ein Beispiel aus einem der von dieser Regelung betroffenen Tätigkeitsbereiche rechtlich hinreichend nachgewiesen hatte, dass die Beihilferegelung aufgrund der in ihr vorgesehenen Modalitäten den Beihilfeempfängern gegenüber ihren Wettbewerbern einen spürbaren Vorteil verschaffte und ihrem Wesen nach vor allem den sich am Handel zwischen den Mitgliedstaaten beteiligenden Unternehmen zugutekam (Randnrn. 88 bis 90 des Urteils). Nach Hervorhebung des Umstands, dass „[die] angefochtene Entscheidung … keine Analyse der Beihilfen zu enthalten [brauchte], die im Einzelfall aufgrund dieser Regelung gewährt worden sind“, hat der Gerichtshof festgestellt (Randnr. 91): „Erst bei der Rückforderung der Beihilfen ist es erforderlich, die konkrete Situation jedes einzelnen betroffenen Unternehmens zu untersuchen.“ Mangels eines entsprechenden Hinweises lässt nichts die Auslegung dieses Satzes dahin gehend zu, dass er sich auf eine individuelle Prüfung der Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG im Verfahren der Wiedereinziehung der Beihilfen bezieht. Im Kontext dieses Rechtsstreits scheint sich der Gerichtshof vielmehr darauf beschränkt zu haben, das Schwergewicht auf die Feststellung zu legen, dass die von der Kommission in der Entscheidung vorgenommene allgemeine und abstrakte Prüfung der Beihilferegelung ausreichend war, indem er hervorgehoben hat, dass eine Prüfung der individuellen Situation der Begünstigten erst in Durchführung eben dieser Entscheidung bei der Rückforderung der Beihilfen erforderlich ist (siehe oben, Randnr. 73, und unten, Randnr. 209).

    105    Außerdem steht der von der Kommission im vorliegenden Fall vertretene Lösungsansatz in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung, wonach rechtswidrigen Beihilfen keine günstigere Behandlung zuteil werden darf als ordnungsgemäß angemeldeten Beihilfen. So ist festgestellt worden, dass die Kommission auch dann, wenn eine neue Beihilfe ohne ihre vorherige Unterrichtung gewährt worden ist, nicht zum Nachweis einer tatsächlichen Auswirkung dieser Beihilfe auf Handel und Wettbewerb verpflichtet ist. Dies würde nämlich die Mitgliedstaaten, die entgegen ihrer Unterrichtungspflicht Beihilfen zahlen, zum Nachteil derjenigen begünstigen, die Beihilfen bereits in der Planungsphase anmelden (vgl. insbesondere Urteil des Gerichts Alzetta u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 79).

    106    Ließe man zu, dass der betreffende Mitgliedstaat bei der Durchführung der Entscheidung der Kommission über eine rechtswidrige Beihilferegelung in jedem Einzelfall nachprüfen kann, ob die Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG verwirklicht sind, so liefe dies darauf hinaus, diesem Mitgliedstaat im Fall der Verletzung seiner Anmeldepflicht eine Befugnis einzuräumen, die ihm die Rechtsprechung in Fällen, in denen eine Entscheidung der Kommission eine angemeldete Beihilferegelung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt hat, bisher nicht zuerkannt hat. Folgte man also im vorliegenden Fall der Auffassung der Kommission, ließe sich bei Vorliegen einer Entscheidung der Kommission, mit der sie eine angemeldete Regelung für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt, eine günstigere Behandlung nicht angemeldeter Beihilfen nur dadurch verhindern, dass dem betreffenden Staat gleichartige Befugnisse zuerkannt würden.

    107    Dazu ist festzustellen, dass der Gerichtshof bestimmte Zweifel hinsichtlich des Geltungsbereichs der in Art. 88 Abs. 3 EG genannten Anmeldepflicht mit der Entscheidung ausgeräumt hat, dass nur staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG dem Notifizierungsverfahren unterliegen (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 21. Juli 2005, Xunta de Galicia, C‑71/04, Slg. 2005, I‑7419, Randnr. 32). Im gleichen Sinne ergibt sich aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 24. Juli 2003, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg (C‑280/00, Slg. 2003, I‑7747, im Folgenden: Urteil Altmark, Randnrn. 87 und 94), zu Maßnahmen, die gewährt wurden, um die bei der Erfüllung von Verpflichtungen zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben entstehenden Kosten auszugleichen, dass diese Maßnahmen dann nicht unter Art. 87 Abs. 1 EG fallen und deshalb nicht notifiziert werden müssen, wenn sie die in diesem Urteil aufgeführten Voraussetzungen erfüllen. Dagegen hatten die Gemeinschaftsgerichte noch nicht über die Frage zu entscheiden, ob Maßnahmen, die gemäß einer Beihilferegelung etwa einer Einheit, die kein Unternehmen im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG ist, oder einem mit der Erfüllung von Verpflichtungen zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben betrauten Unternehmen unter den Voraussetzungen des Urteils Altmark im Wege des Kostenausgleichs gewährt werden, nicht als Beihilfe zu qualifizieren wären und daher ohne Genehmigung der Kommission durchgeführt werden könnten, auch wenn diese die Beihilferegelung zuvor für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt hatte.

    108    Zu beachten ist jedoch, dass die im Urteil Xunta de Galicia (oben in Randnr. 107 angeführt) bestätigte Befugnis des betreffenden Mitgliedstaats, eine Maßnahme gemäß den Tatbestandsmerkmalen des Art. 87 Abs. 1 EG einzustufen, um festzustellen, ob sie der Verpflichtung zur Anmeldung und zur Beachtung des Suspensiveffekts nach Art. 88 Abs. 3 EG unterliegt, diesen Mitgliedstaat nicht der der Kommission durch den Vertrag übertragenen Kontrolle entzieht, wenn diese beschlossen hat, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG zu eröffnen. Diese Kontrolle erstreckt sich unabhängig davon, ob es sich bei ihr um die vorherige Kontrolle einer angemeldeten Beihilfe oder um die nachträgliche Kontrolle einer rechtswidrigen Beihilfe handelt, sowohl auf die Qualifizierung als Beihilfe als auch gegebenenfalls auf deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt und wird von der Kommission in der Regel allein auf der Grundlage der allgemeinen Merkmale der Regelung durchgeführt. Die im vorliegenden Fall von der Kommission angeregte Lösung würde somit nicht nur einen erheblichen Befugnistransfer auf den betreffenden Mitgliedstaat, sondern auch eine Änderung der Substanz der Kontrolle der Beihilferegelungen bewirken, da der Mitgliedstaat im Rahmen der Durchführung der Entscheidung der Kommission systematisch die individuelle Situation jedes einzelnen Begünstigten bei der Einstufung der von diesem erhaltenen Beihilfe berücksichtigen könnte, auch wenn die Kommission festgestellt hat, dass sich die betreffende Beihilferegelung auf den innergemeinschaftlichen Handel und den Wettbewerb auswirkt. Selbst bei einer multisektoralen Regelung ist die Anerkennung einer solchen Befugnis im Hinblick auf eine von bestmöglicher Kenntnis aller Umstände geleiteten Anwendung der in Art. 87 Abs. 1 EG genannten Voraussetzungen nicht zu rechtfertigen. Denn bei der Prüfung einer solchen Regelung durch die Kommission besteht für den betreffenden Mitgliedstaat die Möglichkeit, die Kommission dadurch, dass er sie auf die Marktsituation in bestimmten Tätigkeitsbereichen aufmerksam macht, zu veranlassen, insbesondere zu prüfen, ob die Beihilferegelung in diesen Bereichen den innergemeinschaftlichen Handel beeinträchtigen und im Wettbewerb verfälschen kann (vgl. unten, Randnrn. 231 bis 233). Im Übrigen ist es Sache des betreffenden Mitgliedstaats, die Kommission gegebenenfalls auf die besondere individuelle Situation bestimmter Unternehmen hinzuweisen (vgl. unten, Randnr. 209).

    109    Des Weiteren würde die von der Kommission vorgeschlagene Lösung eine Änderung ihrer Vorgehensweise erfordern. Denn wenn die Kommission der Ansicht sein sollte, dass der betreffende Mitgliedstaat bei der Anwendung von Art. 87 Abs. 1 EG im Verfahren der Durchführung der Entscheidung, mit der die Rückforderung der gewährten Beihilfen angeordnet wird, fehlerhaft gehandelt hat, hätte sie nicht nur das Verfahren des Art. 88 Abs. 2 Unterabs. 1 EG wiederzuöffnen, sondern unmittelbar eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 88 Abs. 2 Unterabs. 2 EG beim Gerichtshof zu erheben.

    110    Daher unterscheidet sich der im vorliegenden Fall von der Kommission vertretene Lösungsansatz in seiner Tragweite von der Entscheidung in dem auf dem Gebiet öffentlicher Versorgungsleistungen ergangenen Urteil Altmark (oben in Randnr. 107 angeführt), nach dem den Mitgliedstaaten die Beurteilung derjenigen Maßnahmen überlassen ist, die, da sie als Gegenleistung für die Übernahme von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gewährt werden, unter bestimmten Voraussetzungen der Einstufung als staatliche Beihilfe und damit der Anmeldepflicht entgehen. Solche Maßnahmen können allerdings Gegenstand einer nachträglichen Kontrolle der Kommission im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens nach Art. 88 Abs. 2 Unterabs. 1 EG sein.

    111    Die Anerkennung einer Befugnis des betreffenden Mitgliedstaats, bei der Durchführung einer Entscheidung der Kommission, mit der diese eine Beihilferegelung für unzulässig erklärt und die Rückforderung der gewährten Beihilfen anordnet, in jedem Einzelfall zu beurteilen, ob alle Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG verwirklicht sind, könnte die Tragweite und die Wirksamkeit der von der Kommission im Rahmen des förmlichen Prüfverfahrens nach Art. 88 Abs. 2 EG ausgeübten Kontrolle, in dem sie normalerweise die Qualifizierung der Beihilfe vornimmt, bevor sie diese gegebenenfalls für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt, völlig umgestalten.

    112    Aus alledem folgt, dass die klagenden Unternehmen zur Erhebung einer Klage gegen die angefochtene Entscheidung befugt sind.

     C – Zum behaupteten Fehlen der Klagebefugnis des Comitato in der Rechtssache T‑277/00

    113    Die Kommission macht geltend, das Comitato, in dem verschiedene berufsständische Vereinigungen zusammengeschlossen sind, habe keine Beweise dafür vorgelegt, dass eine oder mehrere dieser Vereinigungen von der angefochtenen Entscheidung namentlich als Verhandlungspartner bei der Erarbeitung der in der angefochtenen Entscheidung geprüften Beihilferegelung individuell betroffen gewesen seien. Auch die Unternehmen als Mitglieder dieser Vereinigungen seien nicht selbst individuell betroffen.

    114    Hierzu genügt die Feststellung, dass nach der Rechtsprechung nicht geprüft zu werden braucht, ob das Comitato klagebefugt ist, da schon das klagende Unternehmen Coopservice klagebefugt ist (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 24. März 1993, CIRFS u. a./Kommission, C‑313/90, Slg. 1993, I‑1125, Randnr. 31). Die von Coopservice und von dem Comitato in der Rechtssache T‑277/00 erhobene Klage ist daher zulässig.

    115    Darüber hinaus ist jedenfalls das Comitato in seiner Eigenschaft als Organisation, in der berufsständische Vereinigungen zusammengeschlossen sind, die in Venedig oder Chioggia ansässige Unternehmen vertreten, und die schon aus diesem Grund in den Genuss der fraglichen Beihilferegelung gekommen ist, von der angefochtenen Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen, da er anstelle seiner Mitglieder handelt, die selbst eine Klage hätten erheben können, die für zulässig erklärt worden wäre (vgl. Urteil des Gerichts vom 6. Juli 1995, AITEC u. a./Kommission, T‑447/93 bis T‑449/93, Slg. 1995, II‑1971, Randnr. 60).

    116    Die vorliegenden Klagen sind somit insgesamt zulässig.

     Zur Begründetheit

    117    Die Kläger fechten die angefochtene Entscheidung mit der Begründung an, sie stufe zum einen die fraglichen Maßnahmen als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen ein und lege zum anderen eine Verpflichtung zur Rückforderung der gewährten Beihilfen fest.

    A –  Zum Vorwurf der irrigen Einstufung der fraglichen Maßnahmen als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen

    118    Die Kläger führen erstens eine Reihe von Klagegründen an, die sie auf eine Verletzung des Art. 87 Abs. 1 EG, des Art. 86 Abs. 2 EG und des Grundsatzes der Gleichbehandlung sowie eine unzureichende und widersprüchliche Begründung stützen. Zweitens machen sie einen Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG, drittens einen Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 Buchst. d EG, viertens einen Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 Buchst. e EG und fünftens einen Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 Buchst. b EG und Art. 87 Abs. 2 Buchst. b EG geltend.

    1.     Zu den Vorwürfen der Verletzung des Art. 87 Abs. 1 EG, des Art. 86 Abs. 2 EG und des Grundsatzes der Gleichbehandlung sowie einer unzureichenden und widersprüchlichen Begründung

    a)     Vorbringen der Parteien

     Vorbringen der Kläger

    –       Rechtssache T‑254/00

    119    Die Klägerin, Hotel Cipriani, macht eine Verletzung des Art. 87 Abs. 1 EG und eine unzureichende Begründung der angefochtenen Entscheidung geltend.

    120    Sie trägt erstens vor, die angefochtene Entscheidung (Erwägungsgründe 49, 50 und 58) sei unzureichend begründet, was sich aus der fehlenden Berücksichtigung des lokalen Charakters des relevanten Marktes ergebe.

    121    Die Kommission sei zur Untersuchung der Merkmale, der Modalitäten und des Inhalts der betreffenden Maßnahmen verpflichtet, damit sie anhand einer sektoralen Prüfung deren Wirkungen auf Handel und Wettbewerb beurteilen könne.

    122    Eine Abschwächung der Begründungspflicht bei Beihilferegelungen würde überdies die umfassende Prüfung der Einstufung einer Maßnahme nach Art. 87 Abs. 1 EG durch den Gemeinschaftsrichter beeinträchtigen.

    123    Im vorliegenden Fall enthalte die angefochtene Maßnahme keinen auch nur knappen Hinweis auf die relevanten Produkt- und Dienstleistungsmärkte oder auf die Ein- oder Ausfuhrströme und die Position der auf diesen Märkten betroffenen Unternehmen. Insbesondere würden das Hotel- und das Gaststättengewerbe darin überhaupt nicht erwähnt.

    124    Entgegen der Auffassung der Kommission sei es nicht Sache der italienischen Behörden, die Situation jedes einzelnen Begünstigten im Rahmen des Verfahrens der Rückforderung der Beihilfe festzustellen und zu beurteilen. Die Behörden hätten nämlich die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung niedergelegten Schlussfolgerungen ohne Weiteres zu übernehmen. Gleichwohl hätten die italienischen Behörden im vorliegenden Fall die Kommission bei der Durchführung der angefochtenen Entscheidung eben wegen deren unzureichender Begründung um Klarstellungen ersuchen müssen, um die Unternehmen ermitteln zu können, denen Maßnahmen zugutegekommen seien, die dem Kriterium der Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels entsprächen (vgl. die den Antworten der italienischen Regierung vom 12. März 2004 auf die Fragen des Gerichts beigefügten Antworten der Kommission vom 29. August und vom 29. Oktober 2001).

    125    Zweitens habe die Kommission, indem sie sich auf eine „allgemeine“ Vermutung berufen habe, statt den lokalen Charakter des relevanten Markts zu berücksichtigen, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen und damit Art. 87 Abs. 1 EG verletzt.

    126    In der Sitzung hat die Klägerin ausgeführt, die Kommission habe sich nicht auf eine solche Vermutung stützen können, da sie hätte wissen müssen, dass die fraglichen Maßnahmen, soweit sie zugunsten bestimmter Kategorien von Unternehmen gewährt worden seien, nicht geeignet gewesen seien, den innergemeinschaftlichen Handel zu beeinträchtigen und sich auf den Wettbewerb auszuwirken.

    127    Der lokale Charakter der Hotel- und der Gaststättentätigkeiten sei insbesondere im Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an Unternehmen in benachteiligten Stadtvierteln (ABl. 1997, C 146, S. 6) allgemein bestätigt worden. Die Verbraucher wählten nämlich ein Hotel in dem Ort aus, der dem Ort ihres Aufenthalts möglichst naheliege.

    128    Außerdem habe jedenfalls der Hotelmarkt in Venedig besonderen Charakter. Wegen der Anziehungskraft dieser Stadt stünden die Hotelunternehmen Venedigs nicht in Wettbewerb mit in anderen Städten ansässigen Unternehmen desselben Sektors. Maßgeblich für die Hotelwahl durch die Verbraucher seien nicht die Preise, sondern der Standort der Hotels. Die in Rede stehenden Maßnahmen seien daher nicht geeignet, sich auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und den Wettbewerb auch nur potenziell auszuwirken.

    129    Insbesondere aufgrund der Beteiligung des Comitato am Verwaltungsverfahren habe die Kommission im vorliegenden Fall über die erforderlichen Informationen insbesondere zur Spezifität des Hotelsektors in Venedig verfügt. Darüber hinaus seien ihr von den italienischen Behörden Informationen über die betreffenden Sektoren und die Zahl der begünstigten Unternehmen übermittelt worden (vgl. Erwägungsgründe 6 und 13 der angefochtenen Entscheidung). Von diesen Behörden hätte die Kommission jedenfalls ergänzende Informationen über die Situation der einzelnen Begünstigten nach den Verfahren der Verordnung Nr. 659/1999 anfordern müssen, auch ohne notwendig eine entsprechende Anordnung zu treffen.

    130    Unter diesen Umständen sei die angefochtene Entscheidung auch unverständlich und widersprüchlich, da die Kommission nur die lokale Dimension bestimmter kollektiver Dienste berücksichtigt habe.

    131    Drittens habe die Kommission bei der Prüfung, ob die fraglichen Maßnahmen den von ihnen Begünstigten einen tatsächlichen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen könnten, einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen und damit gegen Art. 87 Abs. 1 EG verstoßen, indem sie nicht die Mehrkosten der in Venedig tätigen Unternehmen berücksichtigt habe. Zudem sei die angefochtene Entscheidung auch in diesem Punkt unzureichend begründet.

    132    Die genannten Mehrkosten beliefen sich nach dem von der Klägerin vorgelegten Bericht der Wirtschaftsprüfer auf 8 % bis 12 % des Umsatzes der betreffenden Unternehmen. Sie seien entgegen den Behauptungen der Kommission nach konkreten, objektiven Bezugsgrößen geschätzt worden.

    133    Diese Mehrkosten resultierten nicht aus makroökonomischen Faktoren, die etwa mit Darlehenskosten, der Besteuerung oder Wechselkursbedingungen zusammenhingen, sondern allein daraus, dass die betreffende Tätigkeit in Venedig ausgeübt werde. Sie würden nur zum Teil durch die fraglichen Maßnahmen ausgeglichen, was auch erkläre, warum Hotel Cipriani höhere Preise verlange, als sie normalerweise von an anderen Orten ansässigen Hotels verlangt würden.

    –       Rechtssache T‑270/00

    134    Die Klägerin, Italgas, führt aus, die italienischen Behörden hätten der Kommission Angaben über die nach Sektoren aufgegliederten fraglichen Steuerbefreiungen übermittelt. Es habe daher der Kommission oblegen, die vorhersehbare Auswirkung der fraglichen Maßnahmen auf den innergemeinschaftlichen Handel und den Wettbewerb in den betreffenden Wirtschaftsbereichen – selbst summarisch – einer globalen Prüfung zu unterziehen.

    135    Des Weiteren sähen die Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen vom 12. Dezember 1995 ausdrücklich vor, dass Beschäftigungsmaßnahmen „für Tätigkeiten, die nicht Gegenstand des Warenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sind (z. B. Nachbarschaftsdienste, bestimmte lokale Beschäftigungsinitiativen)“, nicht in den Anwendungsbereich des Art. 87 Abs. 1 EG fielen.

    136    Die Klägerin vertritt daher erstens die Ansicht, dass der angefochtenen Entscheidung ein Begründungsmangel anhafte, da sie keine ausreichende Sachverhaltsprüfung enthalte.

    137    Die Kommission könne sich in ihren Entscheidungen über Beihilferegelungen nicht auf die ungünstigste Fallgestaltung („worst case scenario“) beziehen. Wenn in einer solchen Entscheidung nur der schlimmste Fall geprüft und trotzdem eine allgemein geltende Rückforderungsverpflichtung festgelegt würde, müsste angegeben werden, welche Behörde unter welchen Umständen und nach welchen Kriterien bestimmen könnte, ob und für welche Wirtschaftsteilnehmer oder Kategorien von Wirtschaftsteilnehmern der ins Auge gefasste Fall eingetreten sei.

    138    In der Sitzung hat die Klägerin hervorgehoben, dass die Kommission bei der Prüfung einer Beihilferegelung über eine ausschließliche Zuständigkeit für die Anwendung der materiellen Vorschriften des Art. 87 EG verfüge. Im gegenwärtigen System der gemeinschaftsrechtlichen Kontrolle staatlicher Beihilfen könne die Kommission nämlich ihre Beurteilungsbefugnisse, bei denen ihr ein Ermessen zustehe, nicht an nationale Behörden delegieren. Ihre Entscheidung müsse daher die Begründung enthalten, die erforderlich sei, damit der Gemeinschaftsrichter seine Kontrolle in Bezug auf diese Entscheidung ausüben könne und die nationalen Behörden die Rückforderungsanordnung unter der Kontrolle der nationalen Gerichte erfüllen könnten, die nur zu gewährleisten hätten, dass die Entscheidung der Kommission beachtet werde.

    139    Im vorliegenden Fall habe die angefochtene Entscheidung nicht die für ihre Durchführung gegenüber Italgas erforderlichen Angaben enthalten. Die nationalen Behörden hätten sich daher für die Rückforderung der angeblichen Beihilfe auf die Beurteilung der Kommission in deren genanntem Schreiben vom 29. Oktober 2001 gestützt. Da diese Beurteilung jedoch nach Erlass der angefochtenen Entscheidung getroffen worden sei, könne sie nicht Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens an den Gerichtshof sein.

    140    Gestehe man unter diesen Umständen der Kommission zu, sich hinsichtlich einer Beihilferegelung auf Vermutungen zu stützen, so würde dies zu einer Abschwächung ihrer Verpflichtung zur sorgfältigen und unparteiischen Prüfung und damit zu einer Verminderung des Rechtsschutzes gegenüber der Entscheidung der Kommission führen.

    141    Zweitens habe die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen und damit gegen Art. 87 Abs. 1 EG verstoßen, indem sie es abgelehnt habe, den Ausgleichscharakter der fraglichen Maßnahmen zu berücksichtigen, ohne die Marktbedingungen auch nur einer summarischen Prüfung zu unterziehen.

    142    Im vorliegenden Fall hätten sich die italienischen Behörden unter Hinweis auf den COSES-Bericht auf die Mehrkosten berufen, die von den auf den Inseln der Lagune tätigen Unternehmen getragen würden. Sie seien der Ansicht gewesen, dass sich diese Unternehmen in einer Situation befänden, die insbesondere hinsichtlich der Instabilität des Arbeitsmarkts mit derjenigen des Mezzogiorno vergleichbar sei. Die fraglichen Sozialbeitragsentlastungen sollten nämlich nur die ungünstigen Bedingungen des Arbeitsmarkts im Lagunengebiet – zumindest teilweise – ausgleichen und dadurch den Wegzug von Unternehmen auf das Festland verlangsamen. Da diese Maßnahmen den legitimen Zweck gehabt hätten, die Kosten der betroffenen Unternehmen denen der auf dem Festland ansässigen Unternehmen anzugleichen, seien die Mehrkosten unter Bezugnahme auf die Kosten auf dem Festland zu schätzen. Jedenfalls enthalte die angefochtene Entscheidung zu diesem Punkt keine Begründung, da die Kommission nicht dargetan habe, dass die von den Unternehmen der Lagune zu tragenden Kosten im Rahmen des Gemeinschaftsdurchschnitts lägen.

    143    Drittens sei, was die Anwendung des Art. 87 Abs. 1 EG, insbesondere in Verbindung mit Art. 86 EG, angehe, die Begründung der angefochtenen Entscheidung unzureichend, enthalte offensichtliche Widersprüche und sei diskriminierend.

    144    Für die städtischen Unternehmen habe die Kommission nämlich individuell geprüft, ob die Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG verwirklicht seien.

    145    Dagegen habe sie nicht die Situation sämtlicher übriger Unternehmen untersucht, die sich im Wesentlichen in einer Lage befunden hätten, die der Lage der städtischen Unternehmen entsprochen habe. Diese Ungleichbehandlung sei nicht dadurch zu rechtfertigen, dass zugunsten der städtischen Unternehmen eine Ausnahme nach Art. 86 Abs. 2 EG geltend gemacht worden sei.

    146    Die Unzulänglichkeit und Widersprüchlichkeit der Begründung sowie die Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung seien, was Italgas angehe, noch offensichtlicher. Denn der Bereich der städtischen Gasversorgung, in dem die Gesellschaft Veniziana Gas tätig gewesen sei, die in der Folge in Italgas aufgegangen sei, sei im fraglichen Zeitraum (1995 bis 1996) nicht liberalisiert gewesen. Da es an Handel und Wettbewerb völlig gefehlt habe, hätten die Veniziana Gas gewährten Befreiungen somit nicht den innergemeinschaftlichen Handel und den freien Wettbewerb beeinträchtigen können. Die Liberalisierung des Gasmarkts sei nämlich auf Gemeinschaftsebene erst mit der Richtlinie 98/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt (ABl. L 204, S. 1) eingeleitet worden. Außerdem habe Veniziana Gas während des maßgeblichen Zeitraums ein gesetzliches kommunales Monopol in Form einer ausschließlichen Konzession für die Gasversorgung und ‑lieferung im Gemeindegebiet von Venedig innegehabt.

    147    Darüber hinaus habe die kommunale Gasversorgung eine im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse liegende Dienstleistung dargestellt. Die Verantwortung für das Funktionieren dieses Dienstes sei Veniziana Gas durch einen auf das Jahr 1970 zurückgehenden behördlichen Akt der Gemeindeverwaltung übertragen worden, in dem die Art und Dauer der Verpflichtungen zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben sowie das betreffende lokale Gebiet klar bezeichnet worden seien. Dieser Verwaltungsakt habe die Festsetzung der anwendbaren Tarife durch die zuständigen Behörden nach für ganz Italien einheitlichen Parametern vorgesehen.

    148    Zur Einschätzung der Mehrkosten, die Veniziana Gas habe bestreiten müssen, hätten richtigerweise die dieser Gesellschaft entstandenen Kosten mit denjenigen der anderen Unternehmen verglichen werden müssen, für die dasselbe landesweit festgelegte Tarifsystem gelte.

    149    Im vorliegenden Fall sei die Situation von Veniziana Gas zur maßgeblichen Zeit namentlich derjenigen des städtischen Unternehmens ASPIV gleichzustellen gewesen. In der angefochtenen Entscheidung habe die Kommission jedoch festgestellt, dass die Befreiungen, die dem Unternehmen ASPIV gewährt worden seien, dem die wasserwirtschaftliche Tätigkeit übertragen worden sei, ausschließlich dazu dienten, die Mehrkosten aus der Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe, mit der dieses Unternehmen betraut worden sei, auszugleichen.

    150    Die Italienische Republik macht als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge von Italgas geltend, angesichts des relativ niedrigen Betrags der fraglichen Befreiungen hätte die Kommission die betreffenden Sektoren ermitteln und unter Anführung von Belegen diejenigen unter ihnen bestimmen müssen, die durch einen lebhaften Wettbewerb gekennzeichnet gewesen seien. Die Kommission habe im vorliegenden Fall nicht die Ausführungen der italienischen Behörden und der beteiligten Dritten bestritten, wonach die im Lagunengebiet von Venedig ansässigen Unternehmen in der Regel entweder lokale öffentliche Aufgaben wahrnähmen oder aber mit dem Inselgebiet in engem Zusammenhang stehende handwerkliche oder gewerbliche Tätigkeiten ausübten, so dass sie mit den außerhalb dieses Gebiets ansässigen Unternehmen nicht in Wettbewerb stünden.

    151    Die italienische Regierung beruft sich außerdem auf den Ausgleichscharakter der fraglichen Maßnahmen. Sie stützt sich insbesondere auf das Urteil vom 5. Oktober 1999, Frankreich/Kommission (C‑251/97, Slg. 1999, I‑6639, Randnrn. 40 bis 47), in dem der Gerichtshof festgestellt habe, dass der Umstand, dass Sozialbeitragserleichterungen die zusätzlichen Kosten ausgleichen sollten, die Unternehmen bestimmter Sektoren aufgrund von Tarifverträgen entstanden seien, diese Erleichterungen nicht vor der Einstufung als staatliche Beihilfe bewahre. Im Umkehrschluss folge daraus, dass dann, wenn die zusätzlichen Kosten nicht darauf zurückgingen, dass sich das betreffende Unternehmen frei dafür entschieden habe, Vorteile in Anspruch zu nehmen, die es in bestimmten Bereichen als Gegenleistung für in anderen Bereichen gemachte Zugeständnisse erhalten habe, die Maßnahmen zum Ausgleich dieser „nicht gewollten“ zusätzlichen Kosten nicht als staatliche Beihilfen angesehen werden könnten. Im vorliegenden Fall würden jedoch die geltend gemachten Mehrkosten notwendig von allen im Inselgebiet tätigen Unternehmen getragen. Ihr teilweiser Ausgleich durch die fraglichen Maßnahmen könne daher nicht als staatliche Beihilfe angesehen werden.

    –       Rechtssache T‑277/00

    152    Die Kläger, Coopservice und das Comitato, machen eine Verletzung des Art. 87 Abs. 1 EG und der Begründungspflicht geltend.

    153    Erstens hätten die fraglichen Maßnahmen Ausgleichscharakter im Hinblick auf den Beitrag, den die im Lagunengebiet tätigen Unternehmen zur Bewahrung des baulichen und kulturellen Erbes von Venedig leisteten. Nach dem genannten COSES-Bericht repräsentierten sie 2,9 % des Umsatzes der begünstigten Unternehmen, während die sich aus ihrem Standort in Venedig ergebenden Mehrkosten 9,5 % dieses Umsatzes erreichten. Die Notwendigkeit, die von den Wirtschaftsteilnehmern in den Inselgebieten getragenen Mehrkosten auszugleichen, sei auch in der der Schlussakte des Vertrags von Amsterdam beigefügten Erklärung Nr. 30 zu den Inselgebieten und in Art. 130a EG-Vertrag (jetzt Art. 158 EG) anerkannt worden.

    154    Im vorliegenden Fall habe die Kommission nicht dargetan, dass die von den auf dem Festland tätigen Unternehmen getragenen Kosten, die von den italienischen Behörden für den Vergleich herangezogen worden seien, eine günstigere tatsächliche Lage widerspiegelten als die des Gemeinschaftsdurchschnitts, während die von den Unternehmen der Lagune getragenen Kosten stattdessen dem Gemeinschaftsdurchschnitt entsprächen.

    155    Außerdem habe die Kommission bei der Prüfung, ob die fraglichen Maßnahmen staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG darstellten, den Vorrang der Vorschriften über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt vor den Wettbewerbsregeln missachtet. Unter Verstoß gegen Art. 2 EU räume sie Letzteren Vorrang ein. Mit den fraglichen Maßnahmen werde jedoch bezweckt, die Erreichung der in diesem Artikel festgelegten Ziele zu ermöglichen.

    156    Zweitens weisen die Kläger auf den geringen Betrag der Sozialbeitragsbefreiungen hin, der durchschnittlich jedem der betreffenden Wirtschaftsteilnehmer zugutegekommen sei. Die meisten durch die fraglichen Maßnahmen begünstigten Unternehmen übten ihre Tätigkeit ausschließlich lokal aus. Insoweit seien insbesondere die in den Bereichen Hotelgewerbe, lokaler Verkehr oder Reinigung tätigen Unternehmen zu nennen. Dass die ausschließlich lokal tätigen Unternehmen vom Anwendungsbereich des Art. 87 Abs. 1 EG ausgeschlossen seien, sei im Übrigen von der Kommission nicht nur etwa in den genannten Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen und in der genannten Mitteilung über den Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an KMU, sondern auch in der angefochtenen Entscheidung selbst (Erwägungsgründe 90, 91 und 93) in Bezug auf bestimmte städtische Unternehmen bestätigt worden.

    157    In diesem Zusammenhang sei die angefochtene Entscheidung auch widersprüchlich begründet und verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.

    158    Unter Berufung auf die von der Kommission auf Ersuchen des Gerichts vorgelegten Schriftstücke machen die Kläger geltend, dass die der Kommission im Verwaltungsverfahren übermittelten Informationen zur und Anträge auf Nichtanwendung von Art. 87 Abs. 1 EG, soweit sie zum einen die städtischen Unternehmen und zum anderen bestimmte lokale Tätigkeitsbereiche beträfen, gleichwertig seien.

    159    Die Gemeinde Venedig habe nämlich nicht die Unternehmen bezeichnet, für die sie eine Ausnahme nach Art. 86 Abs. 2 EG wünsche, und habe sich nicht auf den lokalen Charakter des Marktes, auf dem sie tätig seien, berufen. Trotzdem habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die Sozialbeitragsbefreiungen zugunsten der städtischen Unternehmen ACTV und AMAV sowie des Unternehmens Panfido wegen des lokalen Charakters der relevanten Märkte keine staatlichen Beihilfen darstellten. In ihrer Stellungnahme vom 23. Januar 1999 hätten die italienischen Behörden jedoch eine Liste der Sektoren vorgelegt, in denen die Unternehmen nicht am Handelsverkehr beteiligt sein könnten und zu denen die Bereiche Bauwesen, Handel, Hotelgewerbe sowie Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gehörten. Außerdem hätten die genannten Tabellen des INPS, die dieser Stellungnahme als Anlage beigefügt gewesen seien, jeweils die Zahl der begünstigten Unternehmen und der betroffenen Arbeitnehmer, nach Tätigkeitsbereichen aufgeschlüsselt, aufgeführt. Zudem habe das Comitato in seiner Stellungnahme vom 17. März 1998 hervorgehoben, dass die besondere – hauptsächlich lokale – Natur der von den meisten der begünstigten Unternehmen ausgeübten Tätigkeiten es ausschließe, dass diese Unternehmen in einem durch starken Wettbewerb gekennzeichneten Markt Fuß fassen könnten, und dass deshalb eine etwaige Auswirkung auf das Volumen des Handels zwischen den Mitgliedstaaten jedenfalls nur minimal hätte sein können. Schließlich untersuche der COSES-Bericht vom März 1998 insbesondere die Bereiche Handel, Hotelgewerbe sowie handwerkliche Dienstleistungen und Tätigkeiten – wie die Bearbeitung von Murano-Glas –, in denen die Märkte auf das historische Zentrum, allenfalls auf das Gemeindegebiet, von Venedig beschränkt seien.

    160    Unter diesen Umständen hätte die Kommission von den wichtigsten Unternehmen zusätzliche Informationen anfordern müssen, z. B., wie sie es bei den städtischen Unternehmen getan habe, im Wege einer Anordnung an die italienischen Behörden.

    161    Im vorliegenden Fall habe die Situation von Coopservice derjenigen von AMAV (Erwägungsgrund 93 der angefochtenen Entscheidung) entsprochen, da beide Unternehmen die gleiche Tätigkeit einer ausschließlich lokalen Erbringung von Reinigungs‑ und Instandhaltungsdienstleistungen ausübten.

    162    Überdies fehle der angefochtenen Entscheidung die Begründung. Sie enthalte keinerlei Untersuchung darüber, wie sich die fraglichen Maßnahmen auf den innergemeinschaftlichen Handel und den Wettbewerb auswirkten, sondern beruhe lediglich auf Vermutungen.

    163    Drittens machen die Kläger einen Verstoß gegen Art. 86 Abs. 2 EG geltend. Sie führen aus, Coopservice erbringe im allgemeinen Interesse Reinigungs‑ und Instandhaltungsdienstleistungen für öffentliche und private Einrichtungen in der Stadt Venedig.

     Vorbringen der Kommission

    164    Die Kommission weist darauf hin, dass sie sich bei der Prüfung einer Beihilferegelung auf die Untersuchung der allgemeinen Merkmale dieser Regelung beschränken könne. Sie müsse sowohl bei der Einstufung der betreffenden Regelung als auch gegebenenfalls bei der Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Regelung mit dem Gemeinsamen Markt auf die ungünstigste Fallgestaltung („worst case scenario“) abstellen.

    165    Im vorliegenden Fall ändere sich an der Richtigkeit dieser Vorgehensweise nichts dadurch, dass die italienischen Behörden der Kommission nach Sektoren aufgeschlüsselte Daten u. a. zur Zahl der von der Regelung theoretisch betroffenen Unternehmen übermittelt hätten. Denn die Kommission hätte ihre Bewertung nicht auf diese spezifischen Daten, die von den italienischen Behörden nach der rechtswidrigen Durchführung der fraglichen Beihilferegelung erhoben worden seien, stützen können, ohne dem betreffenden Mitgliedstaat eine konkrete nachträgliche Prüfung zugutekommen zu lassen.

    166    Unter Berücksichtigung der ihr vorliegenden Informationen habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgrund 49) rechtlich hinreichend geprüft, ob alle Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG verwirklicht gewesen seien.

    167    Die nationalen Behörden hätten bei der Durchführung der angefochtenen Entscheidung die individuelle Situation jedes einzelnen Begünstigten zu bewerten.

    168    Die nationalen Behörden und Gerichte seien verpflichtet, der Feststellung der Kommission, dass die Beihilferegelung unzulässig sei, ungeachtet dessen Folge zu leisten, dass die Gerichte dem Gerichtshof nach Art. 234 EG eine Frage zur Gültigkeitsprüfung vorlegen könnten. Dagegen müssten sich die nationalen Behörden bei der Wiedereinziehung der gewährten Beihilfen vergewissern, dass im konkreten Fall die Maßnahme tatsächlich eine Beihilfe darstelle, dass es sich bei ihr um eine neue Beihilfe handele und dass sie nicht nach einer Verordnung über Ausnahmen oder nach einer anderen Entscheidung der Kommission für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt worden sei.

    169    Jedenfalls bestreitet die Kommission, dass sich die den Klägern gewährten fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen nicht auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten ausgewirkt hätten. Die Tätigkeit der Hotelunterbringung in Venedig könne in bestimmten Fällen Strömen zugeordnet werden, die zum Handel zwischen den Mitgliedstaaten gehörten. Der Markt der Erbringung von Reinigungsdienstleistungen im Großgewerbe, auf dem Coopservice tätig sei, könne auch für ausländische Unternehmen von Interesse sein, insbesondere dann, wenn die übertragenen Aufgaben von erheblichem wirtschaftlichem Wert seien. Schließlich stehe außer Zweifel, dass Italgas, die auf dem Energiemarkt tätig sei, mit Wirtschaftsteilnehmern aus anderen Mitgliedstaaten in Wettbewerb stehe.

    170    Die fraglichen Maßnahmen hätten auch keinen Ausgleichscharakter, der es zuließe, sie vom Anwendungsbereich des Abs. 87 Abs. 1 EG auszunehmen.

    b)     Würdigung durch das Gericht

    171    Die Kläger machen geltend, die Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG seien im vorliegenden Fall hinsichtlich der Gewährung eines wirtschaftlichen Vorteils, einer Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels und einer Auswirkung auf den Wettbewerb nicht verwirklicht. Die fragliche Beihilferegelung habe Ausgleichscharakter und verschaffe den durch sie Begünstigten keinen Vorteil. Zudem habe die Kommission nicht nachgewiesen, dass diese Regelung den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und sich auf den Wettbewerb auswirken könne. Darüber hinaus sei die angefochtene Entscheidung, soweit es um die genannten Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG gehe, unzureichend oder gar nicht begründet.

    172    Des Weiteren machen Italgas (Rechtssache T‑270/00) sowie Coopservice und das Comitato (Rechtssache T‑277/00) geltend, die angefochtene Entscheidung sei diskriminierend und widersprüchlich, soweit die Kommission nur die individuelle Situation der städtischen Unternehmen geprüft habe. Die angefochtene Entscheidung verstoße zudem gegen Art. 86 Abs. 2 EG.

    173    Es ist angebracht, alle diese Klagegründe, mit denen eine Verletzung des Art. 87 Abs. 1 EG, der Begründungspflicht und des Grundsatzes der Gleichbehandlung geltend gemacht wird, in der Weise zusammenzufassen, dass sie zunächst in Verbindung mit dem behaupteten Fehlen eines Vorteils – wegen des behaupteten Ausgleichscharakters der fraglichen Maßnahme – und sodann in Verbindung mit dem behaupteten Fehlen einer Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels und einer Auswirkung auf den Wettbewerb zu prüfen sind.

     Zum behaupteten Fehlen eines Vorteils wegen des behaupteten Ausgleichscharakters der fraglichen Maßnahmen

    174    Voraussetzung dafür, dass eine Maßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne des Art. 87 Abs. 1 EG darstellt, ist u. a., dass sie so geartet ist, dass mit ihr ein Vorteil gewährt wird, der ausschließlich bestimmten Unternehmen oder bestimmten Tätigkeitssektoren vorbehalten ist. Diese Bestimmung stellt nämlich auf Beihilfen ab, die „durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige“ den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen.

    175    Im vorliegenden Fall besteht die fragliche Maßnahme in der Gewährung von Sozialbeitragsbefreiungen zugunsten aller im Gebiet von Venedig und Chioggia ansässigen Unternehmen. Die Kläger bestreiten nicht den selektiven Charakter dieser Befreiungen, der sich hier aus der regionalen Spezifität ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 6. September 2006, Portugal/Kommission, C‑88/03, Slg. 2006, I‑7115).

    176    Außerdem vermindern die fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen unbestreitbar die Kosten, die ein Unternehmen regelmäßig zu tragen hat, und verschaffen den durch sie Begünstigten deshalb gegenüber den übrigen Abgabenpflichtigen einen finanziellen Vorteil (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 15. März 1994, Banco Exterior de España, C‑387/92, Slg. 1994, I‑877, Randnrn. 13 und 14).

    177    Nach Ansicht der Kläger verschafft die fragliche Regelung der Sozialbeitragsbefreiungen ihren Begünstigten jedoch keinen Vorteil, da sie Ausgleichscharakter habe.

    178    Hierzu tragen alle Kläger vor, die fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen glichen nur die strukturellen Nachteile in Form von Mehrkosten teilweise aus, die die in den Inseln der Lagune tätigen Unternehmen zu tragen hätten. Daneben machen Italgas (Rechtssache T‑270/00) und Coopservice sowie das Comitato (Rechtssache T‑277/00) geltend, diese Befreiungen stellten einen teilweisen Ausgleich für die Erbringung von im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse liegenden Dienstleistungen dar, mit denen die beiden klagenden Unternehmen betraut worden seien.

     Zum behaupteten Ausgleich struktureller Nachteile (Rechtssachen T‑254/00, T‑270/00 und T‑277/00)

    179    Die Kläger und die Italienische Republik als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge von Italgas vertreten die Auffassung, die fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen verschafften den begünstigten Unternehmen keinen Wettbewerbsvorteil, sondern glichen eine ungünstige Wettbewerbssituation teilweise aus. Die auf den Inseln der Lagune ansässigen Unternehmen trügen nämlich zusätzliche Kosten, die insbesondere mit dem Erwerb und der Instandhaltung der Gebäude unter Berücksichtigung der hohen Mieten und Kaufpreise, mit den Widrigkeiten im Zusammenhang mit der Feuchtigkeit und dem Hochwasser und mit den Verpflichtungen aus der Notwendigkeit, das historische und landschaftliche Erbe zu schützen, zusammenhingen, sowie Mehrkosten für Transport und Umschlag von Lagerbeständen und Waren. Zudem seien wegen des Charakters von Venedig als Ort des Fremdenverkehrs auch die Kosten für Waren und Dienstleistungen höher.

    180    Diese Argumentation hatten die italienischen Behörden, die Stadt Venedig und das Comitato bereits im Verwaltungsverfahren auf der Grundlage der beiden COSES-Untersuchungen vorgetragen (siehe oben, Randnr. 9).

    181    In der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 52 bis 54) weist die Kommission dieses Vorbringen mit der Begründung zurück, der Ausgleichscharakter einer Maßnahme schließe es nicht aus, dass sie eine staatliche Beihilfe darstelle, könne jedoch in bestimmten Fällen bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt berücksichtigt werden. Sie führt im Wesentlichen aus, der Vertrag ziele nicht darauf ab, eine vollkommene theoretische Gleichheit zwischen Unternehmen herzustellen. Diese seien auf einem realen und nicht auf einem vollkommenen Markt tätig, auf dem für sie völlig identische Bedingungen herrschten. Auch seien die behaupteten Mehrkosten nicht im Verhältnis zu den Durchschnittskosten der Unternehmen der Gemeinschaft berechnet worden, sondern im Verhältnis zu den Kosten, die den betreffenden Unternehmen nicht entstanden wären, wenn sie ihren Standort auf das Festland verlagert hätten.

    182    Diese Analyse der Kommission entspricht der Rechtsprechung. In seinem Urteil vom 29. April 2004, Italien/Kommission (oben in Randnr. 53 angeführt, Randnr. 61), hat der Gerichtshof nämlich unter Bestätigung des Urteils Alzetta u. a./Kommission (oben in Randnr. 45 angeführt) darauf hingewiesen, dass der Versuch eines Mitgliedstaats, die Wettbewerbsbedingungen eines bestimmten Wirtschaftssektors durch einseitige Maßnahmen den Wettbewerbsbedingungen in anderen Mitgliedstaaten anzugleichen, diesen Maßnahmen nicht den Beihilfecharakter nehme. In jener Rechtssache hing der behauptete Nachteil u. a. mit der geografischen Situation zusammen, die insbesondere die Begünstigten der betreffenden regionalen Beihilferegelung dem Wettbewerb von in Drittländern ansässigen Wirtschaftsteilnehmern aussetzte, denen staatliche Beihilfen und eine niedrigere Besteuerung zugutegekommen sein sollten (vgl. Urteil Alzetta u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnrn. 64 und 101).

    183    Diese Rechtsprechung gilt entgegen den Ausführungen von Hotel Cipriani nicht nur für Maßnahmen, die einen Wettbewerbsnachteil ausgleichen sollen, der mit makroökonomischen Faktoren wie Kreditkosten, Besteuerung oder Wechselkursbedingungen zusammenhängt.

    184    Dazu ist daran zu erinnern, dass die Vorschriften des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen, wie im Übrigen das gesamte Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft, keinen vollkommenen Wettbewerb, sondern einen tatsächlichen oder wirksamen Wettbewerb gewährleisten sollen, wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung hervorgehoben hat (siehe oben, Randnr. 181).

    185    Somit kann bei Vorliegen eines Ausgleichs struktureller Nachteile die Qualifizierung als staatliche Beihilfe nur in einigen spezifischen Situationen ausgeschlossen werden. Erstens stellt nach gefestigter Rechtsprechung ein Vorteil zugunsten eines Unternehmens, mit dem eine ungünstige Wettbewerbssituation korrigiert werden soll, dann keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG dar, wenn sie durch wirtschaftliche Gründe gerechtfertigt ist und keine diskriminierende Unterscheidung zwischen den Wirtschaftsteilnehmern in den verschiedenen Mitgliedstaaten schafft. Bei einer solchen Konstellation wenden die Gemeinschaftsgerichte das Kriterium des privaten Wirtschaftsteilnehmers in einer Marktwirtschaft an (Urteil Alzetta u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 99). So verhielt es sich beispielsweise bei einem Erdgasvorzugstarif, der Gartenbaubetrieben für die Warmhauserzeugung von einer von den niederländischen Behörden kontrollierten Gesellschaft – Gasunie – gewährt wurde, da dieser Tarif objektiv durch die Notwendigkeit gerechtfertigt war, auf dem betreffenden Markt im Vergleich zu anderen Energiequellen wettbewerbsfähige Preise zu verlangen (Urteil Kwekerij van der Kooy u. a./Kommission, oben in Randnr. 50 angeführt, Randnr. 30).

    186    Aus der Rechtsprechung folgt zweitens, dass ein Vorteil, der einem Unternehmen gewährt wird und die Kosten vermindert, die dieses Unternehmen regelmäßig zu tragen hat, dann keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG darstellt, wenn er dem Umstand abhelfen soll, dass das begünstigte Unternehmen zusätzliche Belastungen zu tragen hat, die sich aus einer Ausnahmeregelung ergeben, die für Konkurrenzunternehmen, die dem allgemeinen Recht unter normalen Marktbedingungen unterliegen, nicht gilt. So hat der Gerichtshof im Urteil vom 23. März 2006, Enirisorse (C‑237/04, Slg. 2006, I‑2843, Randnr. 32), festgestellt, dass ein italienisches Gesetz, das das Recht der Gesellschafter der Sotacarbo SpA auf Einlösung ihrer Aktien im Fall ihres außerordentlichen Austritts beschränkte und damit eine Belastung verminderte, die diese Gesellschaft sonst zu tragen gehabt hätte, in Wirklichkeit nur den Vorteil beseitigte, der der Gesellschafterin Enirisorse SpA in Form eines vom allgemeinen Recht abweichenden, außerordentlichen Austrittsrechts gewährt worden war. Nach Ansicht der Kommission hatte dieses Gesetz daher keineswegs die Wirkung, Sotacarbo einen wirtschaftlichen Vorteil im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG zu verschaffen.

    187    Auf derselben Linie hat das Gericht im Urteil vom 16. März 2004, Danske Busvognmænd/Kommission (T‑157/01, Slg. 2004, II‑917, Randnr. 57), festgestellt, dass es keine staatliche Beihilfe darstellt, wenn das Königreich Dänemark Beamten, die beim Busunternehmen Combus A/S beschäftigt waren, anlässlich ihres Übergangs zum Status vertraglich angestellter Mitarbeiter dieses Unternehmens eine einmalige Zahlung leistete. Das Gericht hat nämlich anerkannt, dass die in Rede stehende Maßnahme den privilegierten und mit hohen Kosten verbundenen Status der bei Combus beschäftigten Beamten durch den Status vertraglich angestellter Mitarbeiter, der mit demjenigen von Beschäftigten anderer Busunternehmen vergleichbar war, ersetzen und damit Combus von dem strukturellen Nachteil gegenüber ihren privaten Wettbewerbern befreien sollte, der sich aus dem privilegierten Beamtenstatus ergab. Hingegen hat der Gerichtshof in dem von der Italienischen Republik angeführten Urteil Frankreich/Kommission (oben in Randnr. 149 angeführt, Randnrn. 46 und 47) befunden, dass der Umstand, dass die staatlichen Maßnahmen, um die es dort ging, zusätzliche Kosten der Unternehmen bestimmter Sektoren ausgleichen sollten, die diesen Unternehmen mit dem Abschluss von Branchentarifverträgen entstanden waren, nichts an ihrer Einstufung als Beihilfen änderte, da Tarifverträge ein geschlossenes Ganzes bilden, das einen Kompromiss darstellt, bei dem jede Partei als Gegenleistung für in bestimmten Bereichen erlangte Vorteile Zugeständnisse in anderen Bereichen macht, so dass sich die durch diese Verträge den Unternehmen letztlich verursachten Kosten unter den in diesem Fall gegebenen Umständen nicht hinreichend genau feststellen ließen. Entgegen der Auffassung der Italienischen Republik waren in diesem Urteil nicht der Konsensualcharakter der betreffenden Tarifverträge entscheidend, sondern die Ausgewogenheit der von den Sozialpartnern jeweils getragenen Kosten und der Umstand, dass sich die Kosten, die die Unternehmen zu tragen hatten, nicht hinreichend genau feststellen ließen.

    188    Im vorliegenden Fall liegt angesichts der Natur der fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen, die die strukturellen Nachteile wegen der zusätzlichen Kosten, die den Unternehmen wegen ihres Standorts auf den Inseln der Lagune entstehen, teilweise ausgleichen sollen (siehe oben, Randnr. 179), auf der Hand, dass diese Befreiungen weder durch objektive wirtschaftliche Erwägungen noch durch Erfordernisse gerechtfertigt sind, die mit der Kohärenz der anwendbaren rechtlichen Regelung und dem Gleichgewicht der Rechte und Belastungen – im Hinblick auf das allgemeine Recht, dem die Konkurrenzunternehmen unterliegen – zusammenhängen, wie sie in der in den vorstehenden Randnummern geprüften Rechtsprechung berücksichtigt worden sind.

    189    Zudem besteht im vorliegenden Fall anders als unter den Umständen, um die es in den Urteilen Enirisorse (oben in Randnr. 186 angeführt) und Danske Busvognmaend/Kommission (oben in Randnr. 187 angeführt) ging, kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der fraglichen Regelung der Sozialbeitragsbefreiungen und den ihr zugeschriebenen Zwecken, die Mehrkosten wegen der besonderen strukturellen Probleme auszugleichen, die sich aus der Lagunenlage von Venedig und Chioggia ergeben sollen. Insbesondere zielen die fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen, die zugunsten aller in Venedig oder Chioggia ansässigen Unternehmen vorgesehen sind und die Beschäftigungslage durch Verminderung der Belastungen der Arbeitgeber verbessern sollen, nicht spezifisch auf den Ausgleich der behaupteten strukturellen Nachteile wie der Mehrkosten ab, die etwa mit dem Erwerb und der Instandhaltung der Gebäude oder mit Widrigkeiten aufgrund der Feuchtigkeit und des Hochwassers („aqua alta“, siehe oben, Randnr. 179) zusammenhängen. Insoweit ist nicht nachgewiesen, dass die von den behaupteten strukturellen Nachteilen am meisten betroffenen Sektoren diejenigen sind, die die meisten Arbeitsplätze schaffen und deshalb durch den teilweisen Ausgleich ihrer zusätzlichen Kosten am meisten begünstigt werden. Was diesen Punkt angeht, berufen sich die Kläger jedoch unter Hinweis auf die genannten Untersuchungen des COSES auf die Instabilität des Arbeitsmarkts im Inselgebiet. Die COSES-Untersuchung vom Februar 1998 (Nr. 1.2.4) bestätigt in der Tat, dass die Unternehmen wegen der Insellage oft gezwungen sind, die Fahrt- und Verpflegungskosten ihrer Beschäftigten zu übernehmen, und es mit Verspätungen und Fehlzeiten des Personals wegen Nebels und Hochwassers zu tun haben. Auch wenn man jedoch diese Erklärung akzeptiert, ändert dies nichts daran, dass zwischen der Höhe der entstandenen Mehrkosten und dem Ausgleichsbetrag ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen muss, selbst wenn nur ein teilweiser Ausgleich erfolgt, wie die Kläger geltend machen.

    190    Im vorliegenden Fall lassen die von den Klägern gemachten Angaben nicht den Schluss darauf zu, dass zwischen den tatsächlich getragenen zusätzlichen Kosten und dem Betrag der von den verschiedenen Wirtschaftsteilnehmern in den wichtigsten Wirtschaftszweigen erhaltenen Beihilfe ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Insbesondere haben die Kläger nichts dafür vorgetragen, dass die meisten Tätigkeitsbereiche in vergleichbarem Maße den behaupteten mit der Insellage zusammenhängenden wirtschaftlichen Nachteilen ausgesetzt wären. Insoweit geht vielmehr aus der COSES-Untersuchung vom Februar 1998 (Nr. 1.1.3) hervor, dass die mit dem Fremdenverkehr und bestimmten gewerblichen Sektoren zusammenhängenden Tätigkeiten die mit der Insellage verbundenen Nachteile durch das attraktive Image (il forte richiamo di immagine) Venedigs aufwiegen können. So weist die COSES-Untersuchung vom März 1998 (Nr. 1.3) darauf hin, dass für Hotels ein Standort im historischen Zentrum von Venedig oder auf den Inseln der Lagune einen großen Spielraum bei der Preisfestsetzung bieten und einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil darstellen kann. Im Hotelgewerbe etwa werden die entstandenen Mehrkosten auf diese Weise durch höhere Preise ausgeglichen, worauf Hotel Cipriani auch hingewiesen hat.

    191    Selbst wenn man also annimmt, dass allgemeiner gesehen dann, wenn eine Maßnahme den Ausgleich bestimmter spezifischer struktureller Nachteile bezweckt, ein solcher Ausgleich in bestimmten Fällen bei der Prüfung der Frage, ob diese Maßnahme ihren Begünstigten einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, berücksichtigt werden kann, ist doch festzustellen, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines solchen Ausgleichs nicht erfüllt sind.

    192    Überdies ist jedenfalls festzustellen, dass sich im vorliegenden Fall die italienischen Behörden und die beteiligten Dritten auf die Kosten der auf dem Festland ansässigen Unternehmen bezogen haben, wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung hervorgehoben hat (siehe oben, Randnr. 181). Entgegen der Auffassung der Kläger können jedoch nur spezifische strukturelle Nachteile, die im Verhältnis zu einer „typischen“ Situation – in der sich normalerweise Wirtschaftsteilnehmer auf einem durch Bedingungen eines effektiven Wettbewerbs gekennzeichneten Markt befinden können (siehe oben, Randnr. 184) – Mehrkosten verursachen, bei der Beurteilung des Vorliegens eines Vorteils im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG berücksichtigt werden, wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat. Die Tatsache allein, dass den in Venedig oder Chioggia ansässigen Unternehmen zusätzliche Kosten gegenüber denjenigen Kosten entstehen, die sie zu tragen hätten, wenn sie ihren Standort auf das Festland verlegten, erlaubt nicht die Annahme, dass die fragliche Regelung diesen Unternehmen keinen Vorteil verschaffe und ihre Wettbewerber in Italien oder anderen Mitgliedstaaten dadurch nicht ungleich behandle. Insoweit hat die Kommission somit nicht die Grenzen ihres Ermessens überschritten, indem sie die Ansicht vertreten hat, dass die behaupteten Mehrkosten im Verhältnis zu den durchschnittlichen Kosten der Unternehmen der Gemeinschaft zu beurteilen seien.

    193    Außerdem war es Sache der nationalen Behörden oder der beteiligten Dritten, im Verwaltungsverfahren den Nachweis für die behaupteten Mehrkosten im Vergleich zu den durchschnittlichen Kosten der Unternehmen der Gemeinschaft zu erbringen, um das Vorliegen spezifischer struktureller Nachteile darzutun, die die fragliche Ausgleichsmaßnahme rechtfertigen könnten. Demgemäß oblag es entgegen dem Vorbringen der Kläger nicht der Kommission, nachzuweisen, dass die von den italienischen Behörden für den Vergleich herangezogenen Kosten der auf dem Festland tätigen Unternehmen eine günstigere Situation widerspiegelten als die durchschnittlichen Kosten der Unternehmen der Gemeinschaft, die ihr im Verwaltungsverfahren nicht mitgeteilt worden waren.

    194    Folglich haben die Kläger nicht nachgewiesen, dass die Kommission durch einen offensichtlichen Beurteilungsfehler zu der Auffassung gelangt ist, dass die fragliche Regelung der Sozialbeitragsbefreiungen trotz ihres Zwecks, die mit der Insellage verbundenen strukturellen Nachteile teilweise auszugleichen, den durch sie Begünstigten einen Wettbewerbsvorteil verschaffe.

    195    Zurückzuweisen ist in diesem Zusammenhang der Vortrag von Coopservice und des Comitato, die Kommission hätte bei der Beurteilung des Vorliegens eines Wettbewerbsvorteils die der Schlussakte des Vertrags von Amsterdam beigefügte Erklärung Nr. 30 zu den Inselgebieten und die Regeln über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt berücksichtigen müssen (siehe oben, Randnrn. 153 und 155). Insoweit genügt es, darauf hinzuweisen, dass Art. 87 Abs. 1 EG nicht nach den Gründen oder Zielen einer Maßnahme unterscheidet, mit der die normale Belastung eines Unternehmens vermindert wird, sondern diese Maßnahme nach ihren Wirkungen beschreibt (Urteile des Gerichtshofs vom 2. Juli 1974, Italien/Kommission, 173/73, Slg. 1974, 709, Randnr. 27, und vom 17. Juni 1999, Belgien/Kommission, „Maribel bis/ter“, C‑75/97, Slg. 1999, I‑3671, Randnr. 25). Daher kann eine Maßnahme, die einen strukturellen Nachteil ausgleichen soll, nicht schon wegen ihres Zwecks der Anwendung von Art. 87 Abs. 1 EG entgehen, wenn sie den durch sie Begünstigten einen Vorteil im Sinne dieses Artikels verschafft. Im vorliegenden Fall ergibt diese Prüfung, dass die Kläger, auch wenn die in Rede stehende Regelung der Sozialbeitragsbefreiung bezweckte, die mit der Insellage von Venedig und Chioggia zusammenhängenden spezifischen strukturellen Nachteile teilweise auszugleichen, nicht nachgewiesen haben, dass diese Regelung wegen ihres Ausgleichscharakters den durch sie Begünstigten keinen Wettbewerbsvorteil verschafft und mithin keine diskriminierende Unterscheidung zwischen Wirtschaftsteilnehmern einführt. Im Übrigen ist zu beachten, dass die von den Klägern angeführten Ziele des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts bei der Feststellung, ob die Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, Berücksichtigung finden können, sofern die im EG-Vertrag und seinen Durchführungsvorschriften festgelegten Voraussetzungen für eine solche Ausnahme erfüllt sind.

    196    Aus all diesen Gründen hat die Kommission nicht gegen die Bestimmungen des Art. 87 Abs. 1 EG verstoßen, indem sie in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten hat, dass der Ausgleich der strukturellen Nachteile, die von der Italienischen Republik und den am Verfahren beteiligten betroffenen Dritten geltend gemacht worden sind, nicht ausschließen könne, dass es sich bei diesen Maßnahmen um staatliche Beihilfen handele.

    197    Die angefochtene Entscheidung ist insoweit auch hinreichend begründet (siehe oben, Randnr. 181). Aus ihr ergibt sich nämlich, dass der Ausgleich der behaupteten strukturellen Nachteile durch die fragliche Maßnahme nach Ansicht der Kommission nicht die Gewährung eines Vorteils im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG ausschloss und dass jedenfalls das Bestehen von Mehrkosten gegenüber einer „typischen“ Situation, unter Bedingungen eines wirksamen Wettbewerbs, im vorliegenden Fall nicht nachgewiesen worden war.

    198    Die im Zusammenhang mit dem behaupteten Ausgleich struktureller Nachteile geltend gemachten Klagegründe eines Verstoßes gegen Art. 87 Abs. 1 EG und eines Begründungsmangels sind daher als unbegründet zurückzuweisen.

     Zum behaupteten Ausgleich für die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Dienstleistungen (Rechtssachen T‑270/00 und T‑277/00)

    199    In der Rechtssache T‑270/00 trägt Italgas vor, zur Zeit der Gewährung der fraglichen Beihilfen sei Veniziana Gas, die später in Italgas aufgegangen sei, mit der im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse liegenden Dienstleistung der Gasversorgung in der Gemeinde Venedig betraut gewesen. Veniziana Gas hätte daher die Ausnahme nach Art. 86 Abs. 2 EG zugutekommen müssen.

    200    Die Klägerin wirft der Kommission im Wesentlichen vor, sich in der angefochtenen Entscheidung auf die Berücksichtigung der individuellen Situation der städtischen Unternehmen beschränkt zu haben, zu deren Gunsten die italienischen Behörden eine Ausnahme nach Art. 86 Abs. 2 EG beantragt hätten. Indem die Kommission hinsichtlich der anderen, sich in vergleichbarer Lage befindenden Unternehmen keine entsprechende Einzelprüfung vorgenommen habe, habe sie das Diskriminierungsverbot verletzt und die angefochtene Entscheidung widersprüchlich begründet. Insbesondere hätte die Kommission, ebenso wie sie in Erwägungsgrund 92 der angefochtenen Entscheidung den Ausgleichscharakter der fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen zugunsten der Gesellschaft ASPIV, die mit der Erbringung der im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse liegenden Dienstleistung der wasserwirtschaftlichen Tätigkeit betraut gewesen sei, anerkannt habe, in dieser Entscheidung die zusätzlichen Kosten berücksichtigen müssen, die Veniziana Gas aus der Erfüllung ihres gemeinwirtschaftlichen Auftrags im Lagunengebiet entstanden seien.

    201    In der Rechtssache T‑277/00 machen Coopservice und das Comitato ebenfalls geltend, dass Veniziana Gas mit der Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut gewesen sei.

    202    Die Kommission wendet ein, sie habe im Verwaltungsverfahren keine Informationen über die individuelle Situation der klagenden Unternehmen erhalten.

    203    Dazu ist zunächst festzustellen, dass die Prüfung sämtlicher im Verwaltungsverfahren an die Kommission gerichteter und von dieser auf Ersuchen des Gerichts vorgelegter Stellungnahmen der italienischen Behörden und der beteiligten Dritten, die ihren Standpunkt geltend gemacht haben – nämlich das Comitato und die Stadt Venedig –, sowie der beiden COSES-Berichte bestätigt, dass die Kommission nicht auf die Veniziana Gas oder den Instandhaltungs- und Reinigungsunternehmen, wie Coopservice, entstandenen zusätzlichen Kosten aufmerksam gemacht wurde. Zwar haben die italienischen Behörden in ihrer Stellungnahme vom 23. Januar 1999 die im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse liegenden Dienstleistungen ohne nähere Angaben als zu den Sektoren gehörig angesprochen, in denen die Unternehmen ihrer Ansicht nach nicht am Handelsverkehr hätten teilnehmen können; sie haben jedoch keines dieser Unternehmen genannt und nicht den geringsten Hinweis gegeben, der eine Identifizierung dieser Unternehmen oder eine Feststellung der betreffenden gemeinwirtschaftlichen Tätigkeiten ermöglicht hätte.

    204    Dagegen ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Italienische Republik und die Stadt Venedig für die städtischen Unternehmen eine Ausnahme nach Art. 86 Abs. 2 EG beantragt haben. Diese städtischen Unternehmen, von denen es nur wenige gibt, sind entgegen den von den Klägern in der mündlichen Verhandlung aufgestellten Behauptungen in den der Kommission vorgelegten Stellungnahmen durch ihren Status selbst klar ausgewiesen worden. Sie sind u. a. in der Stellungnahme der italienischen Regierung vom 27. Juli 1999 namentlich genannt worden, in der ihre jeweiligen Tätigkeitsbereiche und die Bedingungen der Ausübung dieser Tätigkeiten näher beschrieben wurden.

    205    Die einzigen Angaben, die der Kommission gegenüber im Verwaltungsverfahren neben denjenigen zu den städtischen Unternehmen gemacht worden sind, um den Ausgleichscharakter der fraglichen Beihilferegelung zu begründen, betrafen die zusätzlichen Kosten, die allgemein auf den Unternehmen gelastet haben sollen, die ihre Tätigkeit auf den Inseln der Lagune ausüben. Zu keiner Zeit wurde die besondere Situation von Veniziana Gas oder der Reinigungsunternehmen wie Coopservice angesprochen.

    206    Italgas meint jedoch, die zusätzlichen Kosten, die auf Veniziana Gas im Vergleich zu den Kosten der anderen Gasversorgungsunternehmen lasteten, für die das gleiche landesweit festgelegte Tarifsystem gelte, hätten bei der Prüfung des Ausgleichscharakters der Sozialbeitragsbefreiungen für dieses Unternehmen berücksichtigt werden müssen.

    207    Dazu führt Italgas aus, die Anwendung der Methode eines Einheitstarifs führe zur Festsetzung unterschiedlicher Gebietstarife für die Gasversorgung nach Maßgabe für ganz Italien angesetzter Standardkosten und einheitlicher Parameter, bei denen die tatsächlichen Bedingungen, unter denen die Gasversorgung im Lagunengebiet stattfinde, und die tatsächlichen Mehrkosten von Veniziana Gas nicht berücksichtigt würden.

    208    Hierzu ist zunächst daran zu erinnern, dass, wenn die Kommission beschließt, das förmliche Prüfverfahren zu eröffnen, es dem betreffenden Mitgliedstaat und den durch die betreffende Maßnahme Begünstigten obliegt, ihre Argumente dafür vorzutragen, dass die betreffende Maßnahme keine Beihilfe darstellt oder mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, da das förmliche Verfahren gerade dazu dient, die Kommission über alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte zu unterrichten (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 18. November 2004, Ferriere Nord/Kommission, T‑176/01, Slg. 2004, II‑3931, Randnr. 93). Insbesondere ist es bei dem Versuch, für geänderte oder neue Beihilfen abweichend von den Vorschriften des EG-Vertrags eine Genehmigung zu erhalten, Sache des betreffenden Mitgliedstaats, aufgrund seiner Pflicht zur Zusammenarbeit mit der Kommission alle Angaben zu übermitteln, die geeignet sind, diesem Organ die Nachprüfung zu ermöglichen, ob die Voraussetzungen für eine Ausnahme erfüllt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 28. April 1993, Italien/Kommission, C‑364/90, Slg. 1993, I‑2097, Randnr. 20, sowie Urteile des Gerichts vom 15. Juni 2005, Regione autonoma della Sardegna/Kommission, T‑171/02, Slg. 2005, II‑2123, Randnr. 129, und vom 6. April 2006, Schmitz-Gotha Fahrzeugwerke/Kommission, T‑17/03, Slg. 2006, II‑1139, Randnr. 48).

    209    Im Übrigen ist die Kommission bei einer Beihilferegelung grundsätzlich nicht verpflichtet, die in Einzelfällen gewährten Beihilfen zu untersuchen (siehe oben, Randnr. 73). Sie kann sich auf die Untersuchung der allgemeinen Merkmale der betreffenden Regelung beschränken, ohne jeden einzelnen Anwendungsfall prüfen zu müssen (Urteile des Gerichtshofs Italien und Sardegna Lines/Kommission, oben in Randnr. 52 angeführt, Randnr. 51, vom 29. April 2004, Griechenland/Kommission, C‑278/00, Slg. 2004, I‑3997, Randnr. 24, sowie vom 15. Dezember 2005, Italien/Kommission, C‑66/02, Slg. 2005, I‑10901, Randnrn. 91 und 92, und Unicredito Italiano, C‑148/04, Slg. 2005, I‑11137, Randnrn. 67 und 68).

    210    Nach der Rechtsprechung hat die Kommission jedoch die betreffende Beihilfemaßnahme im Interesse einer ordnungsgemäßen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des EG-Vertrags auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen gemäß Art. 88 EG sorgfältig und unparteiisch zu prüfen (Urteil des Gerichtshofs vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg. 1998, I‑1719, Randnr. 62, und Urteil des Gerichts vom 6. März 2003, Westdeutsche Landesbank Girozentrale und Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, T‑228/99 und T‑233/99, Slg. 2003, II‑435, Randnr. 167). So ist sie in einem förmlichen Prüfverfahren nach dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, der zu den allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsätzen gehört, die den Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind, verpflichtet, den Grundsatz der Gleichbehandlung der Verfahrensbeteiligten zu beachten (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 4. April 2002, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission, T‑198/01 R, Slg. 2002, II‑2153, Randnr. 85).

    211    In diesem rechtlichen Rahmen hängt die Frage, ob die Kommission verpflichtet ist, bei der Prüfung einer Beihilferegelung die Situation einiger Begünstigter individuell zu beurteilen, zum einen von der Erfüllung der der Kommission bzw. dem betreffenden Mitgliedstaat obliegenden Verfahrenspflichten ab und zum anderen vom Inhalt der spezifischen Informationen über diese Begünstigten, die der Kommission von den nationalen Behörden oder beteiligten Dritten übermittelt wurden.

    212    Nach der Rechtsprechung ist die Kommission berechtigt, eine Entscheidung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen zu erlassen, wenn sich der Mitgliedstaat unter Verletzung seiner Pflicht zur Zusammenarbeit aus Art. 10 EG weigert, ihr die Informationen zu liefern, die sie verlangt hat, um die Einstufung der betreffenden Maßnahme nach den Bestimmungen des Art. 87 Abs. 1 EG und gegebenenfalls die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu prüfen. Vor dem Erlass einer solchen Entscheidung hat die Kommission dem Mitgliedstaat jedoch aufzugeben, ihr innerhalb der von ihr gesetzten Frist alle notwendigen Unterlagen, Informationen und Angaben zu übermitteln, damit sie ihre Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Nur wenn es der Mitgliedstaat trotz der Anordnung der Kommission unterlässt, die angeforderten Auskünfte zu erteilen, ist diese befugt, das Verfahren abzuschließen und gegebenenfalls eine Entscheidung zu erlassen, mit der sie aufgrund der ihr vorliegenden Informationen das Vorliegen einer Beihilfe und deren Vereinbarkeit oder Unvereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt feststellt (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 19. Oktober 2005, Freistaat Thüringen/Kommission, T‑318/00, Slg. 2005, II‑4179, Randnr. 73, und vom 12. September 2007, Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission, T‑68/03, Slg. 2007, II‑2911, Randnr. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    213    Diese Grundsätze sind in Art. 5 Abs. 2 und 3, Art. 10 Abs. 3 und Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 niedergelegt worden. Insbesondere heißt es im letztgenannten Artikel, dass, wenn ein Mitgliedstaat die Anordnung zur Auskunftserteilung nicht befolgt, die Entscheidung der Kommission, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 7 der Verordnung Nr. 659/1999 abzuschließen, auf der Grundlage der verfügbaren Informationen erlassen wird.

    214    Im vorliegenden Fall ist die Kommission ihren Verfahrenspflichten sowohl gegenüber dem betreffenden Mitgliedstaat als auch gegenüber den durch die fragliche Beihilferegelung Begünstigten in ihrer Eigenschaft als beteiligte Dritte in vollem Umfang nachgekommen. Die beteiligten Dritten wurden nämlich durch eine im Amtsblatt vom 18. Februar 1998 veröffentlichte Mitteilung nach Art. 88 Abs. 2 EG aufgefordert, sich zur fraglichen Beihilferegelung zu äußern. In dieser Mitteilung wurde der Wortlaut des Schreibens übernommen, mit dem die Kommission die Italienische Republik von ihrer Entscheidung, das förmliche Prüfverfahren zu eröffnen, unterrichtet und ihr aufgegeben hatte, ihr insbesondere alle Unterlagen, Informationen und Angaben zu übermitteln, die sie als zweckdienlich für die Beurteilung dieser Angelegenheit ansehe. Mit Schreiben vom 17. März 1998 übersandte das Comitato der Kommission einen Bericht, dem die COSES-Untersuchung vom März 1998 beigefügt war. Die Stadt Venedig reichte bei der Kommission mit Schreiben vom 18. Mai 1998 eine Stellungnahme ein. Darin führte sie aus, die städtischen Unternehmen seien mit der Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe betraut, und berief sich auf die Anwendung von Art. 86 Abs. 2 EG. Die klagenden Unternehmen reichten keine Stellungnahmen ein. Die genannten Stellungnahmen des Comitato und der Stadt Venedig wurden der italienischen Regierung übermittelt, die ihrerseits gegenüber der Kommission mit Schreiben vom 23. Januar 1999 Stellung nahm und sich mit Schreiben vom 10. Juni 1999 dem Antrag auf Ausnahmeregelung nach Art. 86 Abs. 2 EG zugunsten der städtischen Unternehmen anschloss. Mit Entscheidung vom 23. Juni 1999 forderte die Kommission, nach deren Ansicht die Italienische Republik ihr nicht alle zur Beurteilung der Maßnahmen zugunsten der städtischen Unternehmen erforderlichen Informationen geliefert hatte, die Italienische Republik auf, ihr alle Unterlagen, Informationen und Angaben zu übermitteln, die zur Beurteilung der Vereinbarkeit dieser Maßnahmen mit dem Gemeinsamen Markt nach Art. 86 Abs. 2 EG erforderlich seien. Die italienischen Behörden antworteten mit dem genannten Schreiben von 27. Juli 1999.

    215    Unter diesen Umständen kann der Kommission angesichts des Fehlens jeglicher Angaben zu den klagenden Unternehmen in den ihr übermittelten Stellungnahmen und Unterlagen (siehe oben, Randnrn. 207 und 209) nicht vorgeworfen werden, die individuelle Situation dieser Unternehmen nicht geprüft zu haben.

    216    Da insbesondere zu diesem Punkt keine Informationen vorlagen, hatte die Kommission nicht zu prüfen, ob die Veniziana Gas und Coopservice gewährten fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen einen finanziellen Ausgleich für Verpflichtungen zur Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben darstellten und ihnen deshalb hieraus kein Vorteil im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG entstand.

    217    Dazu ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung vor Erlass der Urteile des Gerichtshofs vom 22. November 2001, Ferring (C‑53/00, Slg. 2001, I‑9067, Randnr. 27), und Altmark (oben in Randnr. 107 angeführt) ergangen ist, was erklärt, dass die Kommission in Randnr. 92 der angefochtenen Entscheidung den Ausgleich für die Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe durch das städtische Unternehmen ASPIV nach der abweichenden Regelung des Art. 86 Abs. 2 EG und nicht im Rahmen der Beurteilung der Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG geprüft hat.

    218    Gleichwohl sind die im Urteil Altmark (oben in Randnr. 107 angeführt) aufgeführten Kriterien, die sich aus einer Auslegung von Art. 87 Abs. 1 EG ergeben, auf die Sach- und Rechtslage der vorliegenden Rechtssache, wie sie sich der Kommission beim Erlass der angefochtenen Entscheidung darstellte, in vollem Umfang anwendbar (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 12. Februar 2008, BUPA u. a./Kommission, T‑289/03, Slg. 2008, II‑0000, Randnr. 158). Da die angefochtene Entscheidung jedoch mehrere Jahre vor diesem Urteil erlassen wurde, wäre gegebenenfalls zu prüfen, ob der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung verfolgte Gesamtansatz den im Urteil Altmark aufgezählten Kriterien in seiner Substanz entspricht, anstatt diese Kriterien ihrem Buchstaben nach anzuwenden (vgl. in diesem Sinne Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston in den Rechtssachen Chronopost und La Poste/Ufex, Urteil des Gerichtshofs vom 1. Juli 2008, C‑341/06 P und C‑342/06 P, Slg. 2008, I‑0000, Nr. 94).

    219    Im vorliegenden Fall beruft sich Italgas im Übrigen auf das Urteil des Gerichtshofs vom 27. November 2003, Enirisorse (C‑34/01 bis C‑38/01, Slg. 2003, I‑14243, Randnrn. 31 bis 40), in dem die im Urteil Altmark (oben in Randnr. 107 angeführt) genannten Voraussetzungen übernommen worden sind.

    220    Da jedoch die Kommission angesichts der verfügbaren Informationen nicht verpflichtet war, die individuelle Situation von Veniziana Gas und Coopservice zu prüfen (siehe oben, Randnr. 215), ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung insoweit nicht gegen Art. 87 Abs. 1 EG verstößt und weder das Diskriminierungsverbot verletzt noch eine widersprüchliche Begründung enthält, soweit sie sich auf die Prüfung der Einzelfälle der städtischen Unternehmen beschränkt.

    221    Aus all diesen Gründen ist das Vorbringen der Kläger und der Italienischen Republik, das sich auf den behaupteten Ausgleichscharakter der fraglichen Maßnahme bezieht, insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

     Zum behaupteten Fehlen einer Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten und einer Auswirkung auf den Wettbewerb

    222    Nach Auffassung der Kläger und der Italienischen Republik als Streithelferin zur Unterstützung von Italgas hätte die Kommission prüfen müssen, ob die fragliche Beihilferegelung geeignet war, den innergemeinschaftlichen Handel zu beeinträchtigen und sich auf den Wettbewerb in den wichtigsten betroffenen Wirtschaftszweigen auszuwirken. Sie rügen insbesondere, die Kommission habe es unterlassen, den lokalen Charakter der relevanten Märkte zu berücksichtigen. Daher sei die angefochtene Entscheidung unzureichend begründet und verstoße gegen Art. 87 Abs. 1 EG. Außerdem habe die Kommission, indem sie nur den lokalen Charakter der Tätigkeit der städtischen Unternehmen berücksichtigt habe, das Diskriminierungsverbot verletzt und die angefochtene Entscheidung widersprüchlich begründet.

    223    In der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgrund 49) heißt es:

    „[D]er Wettbewerb und der Handel zwischen Mitgliedstaaten [werden] beeinträchtigt, da die Beitragsentlastung allen Unternehmen des Gebiets gewährt wird, also auch Unternehmen, deren wirtschaftliche Tätigkeit Gegenstand des innergemeinschaftlichen Handels [ist]. So geht aus von der italienischen Regierung gelieferten Angaben hervor, dass begünstigte Unternehmen u. a. in Wirtschaftszweigen mit intensiven Handelsbeziehungen tätig sind, wie dem verarbeitenden Gewerbe und dem Dienstleistungsbereich.“

    224    Angesichts dieser kurzen Begründung ist mit den Klägern festzustellen, dass sich die Kommission im vorliegenden Fall auf der Grundlage der ihr von den nationalen Behörden für bestimmte Wirtschaftszweige übermittelten Angaben auf eine allgemeine Vermutung gestützt hat, da die fragliche Beihilferegelung sämtliche Wirtschaftszweige in einem bestimmten Gebiet erfasste.

    225    Es ist zu prüfen, ob ein solcher Ansatz als mit Art. 87 Abs. 1 EG und der Begründungspflicht in Einklang stehend angesehen werden kann.

    226    Um darzutun, dass die Kommission zur Analyse der relevanten Märkte verpflichtet war, berufen sich die Kläger insbesondere auf die Urteile des Gerichtshofs vom 14. Oktober 1987, Deutschland/Kommission (248/84, Slg. 1987, 4013), vom 24. Oktober 1996, Deutschland u. a./Kommission, „Bremer Vulkan“ (C‑329/93, C‑62/95 und C‑63/95, Slg. 1996, I‑5151), Maribel bis/ter (oben in Randnr. 195 angeführt), Italien und Sardegna Lines/Kommission (oben in Randnr. 52 angeführt), vom 7. März 2002, Italien/Kommission (oben in Randnr. 101 angeführt), sowie die Urteile des Gerichts Alzetta u. a./Kommission (oben in Randnr. 45 angeführt) und vom 6. September 2006, Italien und Wam/Kommission, mit Rechtsmittel angefochten (T‑304/04 und T‑316/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht).

    227    Die Prüfung der Rechtsprechung zeigt, dass die Voraussetzungen für die Begründung und die Prüfung der Auswirkung einer Beihilfemaßnahme auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten und den Wettbewerb durch die Kommission denknotwendig je nach der Rechtsnatur dieser Maßnahme als individuelle oder als generelle Maßnahme unterschiedlich sind.

    228    Bei Einzelbeihilfen prüft der Gemeinschaftsrichter, ob die Begründung der angefochtenen Entscheidung auf konkreten Angaben – etwa über die Größe des begünstigten Unternehmens, seine Ausfuhraktivitäten oder die Höhe der Beihilfe – beruht, um feststellen zu können, ob die untersuchte Maßnahme geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel zu beeinträchtigen und sich auf den Wettbewerb auszuwirken (Urteil des Gerichtshofs vom 17. September 1980, Philip Morris Holland/Kommission, 730/79, Slg. 1980, 2671, Randnrn. 10 und 11). Er verlangt von der Kommission eine konkrete wirtschaftliche Analyse der Marktsituation (Urteil Bremer Vulkan, oben in Randnr. 226 angeführt, Randnr. 53; Urteile des Gerichts vom 22. Februar 2006, Le Levant 001 u. a./Kommission, T‑34/02, Slg. 2006, II‑267, Randnrn. 123 und 124, sowie Italien und Wam/Kommission, oben in Randnr. 226 angeführt, Randnr. 73).

    229    Auch bei der Prüfung sektoraler Beihilferegelungen kann sich die Kommission nicht auf eine abstrakte Untersuchung beschränken. Der Gemeinschaftsrichter prüft bei der Beurteilung der Auswirkung der Beihilfe auch nach, ob die Untersuchung auf konkreten Angaben z. B. über die Merkmale der Beihilferegelung oder des relevanten Marktes beruht (vgl. z. B. Urteil Alzetta u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 87, und Urteil Italien und Sardegna Lines/Kommission, oben in Randnr. 52 angeführt, Randnr. 69, in dem der Gerichtshof die angefochtene Entscheidung wegen unzureichender Begründung für nichtig erklärt hat, weil die Kommission es unterlassen hatte, während des maßgeblichen Zeitraums die fehlende Liberalisierung des betreffenden Wirtschaftszweigs der Inselkabotage im Mittelmeerraum zu berücksichtigen).

    230    Zu multisektoralen Beihilferegelungen geht hingegen aus der Rechtsprechung hervor, dass sich die Kommission darauf beschränken kann, die Merkmale des betreffenden Programms zu untersuchen, um zu beurteilen, ob dieses wegen hoher Beihilfebeträge oder -sätze, wegen der Merkmale der geförderten Investitionen oder wegen anderer in ihm vorgesehener Modalitäten den Beihilfeempfängern gegenüber ihren Wettbewerbern einen spürbaren Vorteil sichert und so beschaffen ist, dass es seinem Wesen nach vor allem Unternehmen zugutekommt, die sich am Handel zwischen den Mitgliedstaaten beteiligen (vgl. in diesem Sinne Urteile Deutschland/Kommission, oben in Randnr. 226 angeführt, Randnr. 18, Maribel bis/ter, oben in Randnr. 195 angeführt, Randnr. 48, und vom 7. März 2002, Italien/Kommission, oben in Randnr. 104 angeführt, Randnrn. 89 und 91).

    231    Folglich kann bei einer Beihilferegelung, die, wie im vorliegenden Fall, auf alle in einem bestimmten Gebiet ansässigen Unternehmen anwendbar ist, von der Kommission nicht verlangt werden, dass sie auf der Grundlage einer auch nur summarischen Prüfung der Situation der Märkte eine vorhersehbare Auswirkung der Beihilferegelung auf den innergemeinschaftlichen Handel und den Wettbewerb in allen betroffenen Wirtschaftszweigen nachweist.

    232    Hierzu ist nämlich darauf hinzuweisen, dass auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen die Verteilung der Beweislast von der Beachtung der jeweiligen Verfahrenspflichten abhängig ist, die der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat bei der Ausübung der Befugnis der Kommission obliegen, den Mitgliedstaat zu veranlassen, ihr alle erforderlichen Angaben zu übermitteln (vgl. Urteil Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission, oben in Randnr. 212 angeführt, Randnr. 35).

    233    Insbesondere ist es Sache des betroffenen Mitgliedstaats – aufgrund seiner Pflicht zur Zusammenarbeit mit der Kommission – sowie der beteiligten Dritten, die nach Art. 88 Abs. 2 EG ordnungsgemäß zur Äußerung aufgefordert wurden, ihre Argumente geltend zu machen und der Kommission alle Informationen zu geben, die geeignet sind, sie über sämtliche Gegebenheiten der Angelegenheit zu unterrichten (siehe oben, Randnr. 208).

    234    Eben aufgrund dieser ihr unterbreiteten Argumente und Daten hat die Kommission – unter Beachtung ihrer Verfahrenspflichten (siehe oben, Randnr. 212) – sorgfältig und unparteiisch u. a. zu prüfen, ob die betreffende Maßnahme den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen und sich auf den Wettbewerb auswirken kann. Die Kommission ist nämlich nicht verpflichtet, von Amts wegen näherungsweise zu prüfen, welche tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte ihr gegenüber im Verwaltungsverfahren hätten vorgetragen werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in Randnr. 210 angeführt, Randnr. 60, und Urteil des Gerichts vom 14. Januar 2004, Fleuren Compost/Kommission, T‑109/01, Slg. 2004, II‑127, Randnr. 49).

    235    Infolgedessen ist die Kommission bei einer multisektoralen Beihilferegelung nur verpflichtet, anhand konkreter Angaben zu prüfen, ob die betreffende Maßnahme in bestimmten Wirtschaftszweigen die beiden genannten Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG verwirklicht, sofern ihr dazu im Verwaltungsverfahren hinreichend einschlägige Informationen gegeben wurden. Fehlen ausreichende Informationen, kann die Kommission nach der Rechtsprechung auf eine Vermutung zurückgreifen, die sie auf die Untersuchung der Merkmale der betreffenden Beihilferegelung stützt (siehe oben, Randnr. 230).

    236    Außerdem ist nach ständiger Rechtsprechung die Frage, ob die Begründung einer Entscheidung den Anforderungen des Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand des Wortlauts der Entscheidung zu beurteilen, sondern auch anhand ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. Zwar braucht die Kommission in der Begründung einer Entscheidung nicht auf alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einzugehen, die vom betreffenden Mitgliedstaat oder von den Beteiligten während des Verwaltungsverfahrens vorgetragen worden sind, jedoch hat sie alle maßgeblichen Umstände und Faktoren des Einzelfalls zu berücksichtigen, damit das Gemeinschaftsgericht seine Aufgabe der Rechtmäßigkeitskontrolle wahrnehmen kann und sowohl die Mitgliedstaaten als auch die beteiligten Bürger erkennen können, unter welchen Voraussetzungen die Kommission den Vertrag angewandt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 25. Juni 1998, British Airways u. a./Kommission, T‑371/94 und T‑394/94, Slg. 1998, II‑2405, Randnr. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    237    Daraus folgt, dass bei einer multisektoralen Beihilferegelung der Umfang der Begründungspflicht der Kommission, insbesondere was die Auswirkung dieser Regelung auf den innergemeinschaftlichen Handel und den Wettbewerb angeht, davon abhängt, welche Daten und Angaben ihr im Verwaltungsverfahren mitgeteilt wurden.

    238    Die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Kommission schließlich ist nur anhand der Angaben zu beurteilen, über die sie bei Erlass ihrer Entscheidung verfügte, und nicht auf der Grundlage von Sachargumenten, die ihr unbekannt waren und ihr nicht im Verwaltungsverfahren mitgeteilt worden waren (Urteil Olympiaki Aeroporia Ypiresies/Kommission, oben in Randnr. 212 angeführt, Randnrn. 72 und 73).

    239    Im vorliegenden Fall ist also unter Berücksichtigung der verfügbaren Daten, die der Kommission von den italienischen Behörden, dem Comitato und der Stadt Venedig im Verwaltungsverfahren übermittelt und dem Gericht auf sein Ersuchen von der Kommission vorgelegt wurden, zu prüfen, ob diese rechtlich hinreichend dargetan hat, dass die fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen geeignet waren, den innergemeinschaftlichen Handel zu beeinträchtigen und sich auf den Wettbewerb auszuwirken, und ob die angefochtene Entscheidung insoweit hinreichend begründet ist.

    240    Wie die Kläger in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben haben, machten die italienischen Behörden in ihrem Schreiben vom 23. Januar 1999 geltend, dass die in den Wirtschaftszweigen Bauwesen, Handel, Hotelwesen und Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse tätigen Unternehmen nicht am Handelsverkehr hätten beteiligt gewesen sein können. Diese Behauptung wurde jedoch durch kein rechtliches oder tatsächliches Argument untermauert. Insbesondere enthielten die diesem Schreiben als Anlage beigefügten und in der angefochtenen Entscheidung (sechster Erwägungsgrund) genannten Tabellen des INPS nur die Durchführung der fraglichen Maßnahme betreffende, nach Tätigkeitsbereichen und Jahren aufgeschlüsselte Angaben zu Zahl und Größe der begünstigten Unternehmen sowie zur Zahl der betroffenen Arbeitnehmer. Sie enthielten auch keine Gesichtspunkte oder Angaben, aus denen hätte geschlossen werden können, dass es insbesondere bei den von den italienischen Behörden im genannten Schreiben bezeichneten Wirtschaftszweigen um ausschließlich lokale Märkte gegangen wäre.

    241    Dass speziell die Tätigkeitsbereiche, in denen die klagenden Unternehmen tätig sind, lokalen Charakter hätten, ist auch nicht der Stellungnahme des Comitato vom 17. März 1998 und den Untersuchungen des COSES zu entnehmen, insbesondere nicht der Untersuchung vom März 1998, die eine Analyse der Wettbewerbssituation insbesondere in den gewerblichen Sektoren Fremdenverkehr, Hotel- und Gaststättengewerbe, Dienstleistungen und traditionelles Handwerk, wie das Murano-Glashandwerk, enthielt. Denn in dieser Untersuchung wurde nur der Wettbewerb mit den auf dem Festland ansässigen Wirtschaftsteilnehmern untersucht. Hingegen wurde darin die Frage nach der Auswirkung der fraglichen Maßnahme auf den innergemeinschaftlichen Handel und die Wettbewerbssituation der Begünstigten im Verhältnis zu in anderen Mitgliedstaaten oder anderen Gebieten Italiens ansässigen Wirtschaftsteilnehmern nicht angeschnitten. Auch der Bereich Instandhaltungs- und Reinigungsdienstleistungen, in dem die Klägerin Coopservice tätig ist, und der Gasversorgungsbereich, in dem Veniziana Gas tätig war, wurden nicht untersucht. Insbesondere hinsichtlich des Dienstleistungsbereichs bezog sich die genannte Untersuchung nur allgemein auf den „tertiären Sektor“ (Nr. 1.4).

    242    Demgemäß enthielten die der Kommission im Verwaltungsverfahren übermittelten Stellungnahmen und Unterlagen keine konkreten Anhaltspunkte oder Angaben, die die Aufmerksamkeit der Kommission auf die besondere Situation bestimmter Wirtschaftszweige hätten lenken und es ihr insbesondere hätten ermöglichen können, festzustellen, dass in diesen Wirtschaftszweigen die fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen den innergemeinschaftlichen Handel nicht beeinträchtigen und sich nicht auf den Wettbewerb auswirken konnten.

    243    Somit war es nicht Sache der Kommission, die ihren Verfahrenspflichten in vollem Umfang nachgekommen ist (siehe oben, Randnr. 214), zusätzliche Informationen bei den nationalen Behörden einzuholen, um nachzuprüfen, ob die in Art. 87 Abs. 1 EG enthaltenen Tatbestandsmerkmale der Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels und der Auswirkung auf den Wettbewerb in den verschiedenen betroffenen Tätigkeitsbereichen, insbesondere den Bereichen Hotelgewerbe, Gasversorgung sowie Instandhaltungs- und Reinigungsgewerbe, in denen die klagenden Unternehmen tätig sind, verwirklicht waren.

    244    Entgegen dem Vorbringen der klagenden Unternehmen in der mündlichen Verhandlung unterscheidet sich insoweit deren Situation und die der übrigen Begünstigten der fraglichen Beihilferegelung von derjenigen der damals namentlich genannten städtischen Unternehmen, zu denen der Kommission im Verwaltungsverfahren genaue Informationen gegeben worden waren (siehe oben, Randnr. 202). Die Klagegründe der Verletzung des Diskriminierungsverbots und der Widersprüchlichkeit der Begründung sind daher zurückzuweisen.

    245    Da aus den der Kommission übermittelten Unterlagen hervorgeht, dass diese nicht über konkrete Informationen über die Spezifität der Tätigkeitsbereiche der Kläger verfügte, können sich diese zudem nicht auf diese Spezifität berufen, um darzutun, dass sie auf einem ausschließlich lokalen Markt tätig seien oder dass – was die Klägerin Italgas betrifft – der Gasversorgungssektor dem Wettbewerb im fraglichen Zeitraum nicht geöffnet gewesen sei.

    246    Zurückzuweisen sind des Weiteren die Argumente der Kläger zur geringen Höhe der fraglichen Beihilfe und zu dem Umstand, dass die meisten begünstigten Unternehmen ihre Tätigkeit ausschließlich lokal ausüben.

    247    Weder der verhältnismäßig geringe Umfang einer Beihilfe noch die verhältnismäßig geringe Größe des begünstigten Unternehmens schließt nämlich von vornherein die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Handels zwischen Mitgliedstaaten aus. Eine verhältnismäßig geringe Beihilfe kann diesen Handel beeinträchtigen, wenn in dem Sektor, in dem die begünstigten Unternehmen tätig sind, ein lebhafter Wettbewerb herrscht. So kann eine Beihilfe, die auf individueller Ebene relativ bescheiden sein mag, die aber potenziell allen oder sehr vielen Unternehmen eines Sektors offensteht, Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten haben, wenn der Sektor durch eine hohe Anzahl kleiner Unternehmen gekennzeichnet ist (vgl. Urteil Xunta de Galicia, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnrn. 41 bis 43 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im vorliegenden Fall hat zudem die Kommission in der angefochtenen Entscheidung Maßnahmen, die die „De-minimis“-Regel einhalten, ausdrücklich vom Anwendungsbereich des Art. 87 Abs. 1 ausgenommen (siehe oben, Randnr. 103).

    248    Selbst wenn zudem die meisten der begünstigten Unternehmen ihre Tätigkeit nur lokal ausgeübt haben sollten, was nicht nachgewiesen worden ist, käme es hierauf jedenfalls nicht an. Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Beihilfe auch dann geeignet sein, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu verfälschen, wenn die begünstigten Unternehmen, die im Wettbewerb zu den Erzeugern anderer Mitgliedstaaten stehen, ihre Tätigkeit ausschließlich lokal ausüben. Wenn nämlich ein Mitgliedstaat einem Unternehmen eine Beihilfe gewährt, kann dadurch die inländische Erzeugung aufrechterhalten oder erhöht werden, so dass sich die Chancen der in den anderen Mitgliedstaaten niedergelassenen Unternehmen, ihre Erzeugnisse auf den Markt dieses Mitgliedstaats auszuführen, verringern (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. März 2002, Italien/Kommission, oben in Randnr. 104 angeführt, Randnr. 84, Xunta de Galicia, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 40, sowie vom 15. Dezember 2005, Italien/Kommission, oben in Randnr. 209 angeführt, Randnr. 117, und Alzetta u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 91).

    249    Aus all diesen Gründen hat die Kommission unter Berücksichtigung zum einen der Merkmale der fraglichen Beihilferegelung, die für alle in Venedig oder Chioggia ansässigen Unternehmen Sozialbeitragsbefreiungen vorsieht, und zum anderen der ihr im Verwaltungsverfahren mitgeteilten Informationen und Daten nicht gegen Art. 87 Abs. 1 EG verstoßen, indem sie, ohne sich auch nur summarisch auf genau bezeichnete Märkte zu beziehen oder sich auf konkrete Merkmale bestimmter dieser Märkte zu stützen, vermutet hat, dass diese Regelung Unternehmen begünstige, die in Wirtschaftszweigen mit intensiven Handelsbeziehungen, wie dem verarbeitenden Gewerbe und dem Dienstleistungsbereich, tätig seien.

    250    Außerdem hat die Kommission, indem sie die angefochtene Entscheidung in dieser Weise begründet hat (siehe oben, Randnr. 223), in knappen, doch klaren Worten die Gründe dargelegt, aus denen die fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen geeignet seien, den innergemeinschaftlichen Handel zu beeinträchtigen und sich auf den Wettbewerb auszuwirken.

    251    Diese Begründung war entgegen der Auffassung der Kläger ausreichend, um es den italienischen Behörden zu ermöglichen, die Unternehmen zu bestimmen, die die empfangenen Beihilfen zur Durchführung dieser Entscheidung zurückzugewähren hatten. Wie bereits ausgeführt worden ist (siehe oben, Randnrn. 100 bis 111), war es nicht Sache dieser Behörden, bei der Durchführung der angefochtenen Entscheidung in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG verwirklicht waren.

    252    Folglich war die angefochtene Entscheidung hinreichend begründet und bedurfte keiner zusätzlichen Begründung, die sie auch nicht erhalten hat. In dieser Hinsicht fügten sich die von den Klägern angeführten Antworten, die die Kommission am 29. August und 29. Oktober 2001 auf das Ersuchen der nationalen Behörden um Auskunft über die Durchführungsmodalitäten dieser Entscheidung gegeben hatte, lediglich in den Rahmen der loyalen Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den nationalen Behörden ein.

    253    Aus all diesen Gründen sind die Klagegründe des Verstoßes gegen Art. 87 Abs. 1 EG und des Begründungsmangels als unbegründet zurückzuweisen.

    2.     Zum behaupteten Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG und zum behaupteten Begründungsmangel

    a)     Vorbringen der Parteien

     Vorbringen der Kläger

    –       Rechtssache T‑254/00

    254    Die Klägerin, Hotel Cipriani, trägt vor, Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG sei gemäß den Zielen des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts auszulegen, die in Art. 2 EG niedergelegt seien und mit den Art. 158 ff. EG speziell durchgeführt würden. Die Verwirklichung eines einheitlichen Markts und der Schutz des Wettbewerbs hätten keinen Selbstzweck, sondern bezweckten die Erreichung der wesentlichen Ziele des EG-Vertrags. Regionalbeihilfen stellten ein wesentliches Instrument zur Verfolgung dieser Ziele dar und seien nicht nur den Strukturfonds vorbehalten. Es sei daher Sache der Kommission, die Bestimmungen über Regionalbeihilfen im Rahmen ihres Ermessens flexibel anzuwenden, indem sie in bestimmten Fällen differenzierende Lösungen vorsehe, um sachlichen Besonderheiten der jeweiligen Situationen Rechnung zu tragen, so dass die praktische Wirksamkeit dieser Bestimmungen und die Erreichung ihrer Zwecke gewährleistet werde.

    255    Im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG erfüllt. Insbesondere hafteten der angefochtenen Entscheidung ein offensichtlicher Beurteilungsfehler und ein Begründungsmangel an, soweit sie das gesamte Gebiet der Stadt Venedig von der Inanspruchnahme dieser Ausnahme ausschließe.

    256    Erstens stünden die fraglichen Maßnahmen, die die sozioökonomische Struktur der Stadt Venedig schützen sollten, in vollem Umfang mit den Zwecken der Gemeinschaftsregelung über Regionalbeihilfen im Einklang. Ein Teil des Gebiets von Venedig, insbesondere die Inseln der Lagune – darunter die Insel Giudecca, auf der sich das Hotel Cipriani befinde –, zähle zu den italienischen Regionen, die durch Maßnahmen nach Ziel 2 der Strukturfonds gefördert werden könnten, und seien auf der Karte der italienischen Regionen verzeichnet, die die Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG in Anspruch nehmen könnten.

    257    Des Weiteren gehöre das gesamte Stadtgebiet von Venedig zum Anwendungsbereich des bereits angeführten Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen an Unternehmen in benachteiligten Stadtvierteln (siehe oben, Randnr. 127), da es von der URBAN genannten Gemeinschaftsinitiative zugunsten städtischer Gebiete (Nr. 7 des Gemeinschaftsrahmens) erfasst werde. Es entspreche daneben auch den anderen, alternativen Kriterien für eine Förderfähigkeit. Dieser Gemeinschaftsrahmen sei entgegen der Auffassung der Kommission (Erwägungsgrund 72 der angefochtenen Entscheidung) als Instrument zur Vervollständigung der übrigen Gemeinschaftsregelungen konzipiert worden, die der Wahrung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts dienen sollten und deren Unzulänglichkeit und Unangemessenheit die Kommission anerkannt habe (Nr. 1 des Gemeinschaftsrahmens). So werde der Gemeinschaftsrahmen der Notwendigkeit gerecht, weitere, den innerstädtischen Realitäten angemessene sozioökonomische Indikatoren zu berücksichtigen (Nr. 7 des Gemeinschaftsrahmens). Im vorliegenden Fall sei die Anwendung besonderer Kriterien, wie sie in diesem Gemeinschaftsrahmen vorgesehen seien, auf Venedig sachlich durch die Mehrkosten gerechtfertigt, die mit der Insellage und der Gefahr zusammenhingen, dass aus Venedig eine „Museumsstadt“ ohne echte wirtschaftliche und soziale Struktur gemacht werde. Im Übrigen habe die Kommission in ihrer Bekanntmachung vom 22. Mai 2002 hinsichtlich des Außerkrafttretens dieses Gemeinschaftsrahmens betont, dass Beihilfen zugunsten benachteiligter Stadtviertel „[e]ntsprechend den besonderen Umständen des einzelnen Falles … unmittelbar gemäß Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c) [EG]“ mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sein können.

    258    Daher sei die Situation von Venedig wegen der Insellage eine völlig spezifische, die eine flexiblere Vorgehensweise der Kommission in Bezug auf die Anwendung des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG gerechtfertigt hätte, zu der das Europäische Parlament die Kommission in seiner Entschließung zur Krisensituation in Venedig vom 16. April 1999 (ABl. C 219, S. 511) auch ausdrücklich aufgefordert habe.

    259    Zweitens macht die Klägerin geltend, durch die fraglichen Maßnahmen seien die – von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgrund 78) nicht in Abrede gestellten – Mehrkosten nur teilweise ausgeglichen worden. Diese seien daher dem verfolgten Ziel der regionalen Entwicklung angemessen und veränderten somit nicht die Handelsbedingungen in einer Weise, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufe. Das gelte erst recht für das Hotel‑ und Gaststättengewerbe.

    –       Rechtssache T‑270/00

    260    Die Klägerin, Italgas, weist darauf hin, dass die Kommission, um zu vermeiden, dass gleichartige Situationen ungleich behandelt würden, verpflichtet sei, Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG nach objektiven Kriterien anzuwenden, die sie in der Regel selbst in Auslegungsmitteilungen festlege, die ihrer Praxis die nach dem Grundsatz der Rechtssicherheit gebotene Kontinuität und Vorhersehbarkeit verliehen. Nach diesen Mitteilungen lasse sich jedoch keine erschöpfende Liste derjenigen Maßnahmen erstellen, die für eine regionale Ausnahme nach diesem Artikel in Betracht kämen. Sie enthöben die Kommission daher nicht von der Verpflichtung, zu prüfen, ob andere Maßnahmen, die die Behebung spezifischer lokaler Probleme bezweckten, es verdienten, nach diesem Artikel genehmigt zu werden. Das Gericht habe dazu befunden, dass Maßnahmen, die nicht zu den Gemeinschaftsrahmen über die Anwendung von Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG gehörten, gleichwohl ausnahmsweise zugelassen werden könnten, wenn die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändert würden, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufe (Urteil des Gerichts vom 4. April 2001, Regione autonoma Friuli-Venezia Giulia/Kommission, T‑288/97, Slg. 2001, II‑1169, Randnr. 72).

    261    Diese Auslegung folge auch aus dem genannten Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an Unternehmen in benachteiligten Stadtvierteln, in dem die Kommission eingeräumt habe, dass bestimmte besondere lokale Gegebenheiten, die nicht den Strukturkriterien genügten, die in den 1998 veröffentlichten Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung (ABl. C 74, S. 9, im Folgenden: Leitlinien von 1998) festgelegt worden seien, gleichwohl eine Genehmigung der Gewährung einer staatlichen Beihilfe nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG rechtfertigten. In diesem Gemeinschaftsrahmen (Abschnitte I und III) habe die Kommission das Schwergewicht darauf gelegt, dass die Leitlinien von 1998 inadäquat seien, um den Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den den Unternehmen in den benachteiligten Stadtvierteln entstandenen Mehrkosten zu begegnen.

    262    Im vorliegenden Fall habe die Kommission nicht die gleichen Beurteilungskriterien bei der Prüfung der Anerkennung einer für Venedig spezifischen Ausnahmesituation angelegt, die zwar nicht im genannten Gemeinschaftsrahmen angesprochen sei, jedoch die Genehmigung einer staatlichen Maßnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG gerechtfertigt hätte. Auf die Möglichkeit einer solchen Genehmigung hätten sich die italienischen Behörden und die Gemeinde Venedig im Laufe des Verwaltungsverfahrens angesichts der besonderen Situation des Lagunengebiets berufen, für das sie unabhängig von den nach den üblichen Strukturindikatoren erstellten Daten und unabhängig von der Beihilferegelung mit regionaler Zielsetzung, deren Anwendung oder Änderung sie nicht verlangt hätten, eine Ad-hoc-Lösung beantragt hätten.

    263    Trotzdem habe die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgrund 74) lediglich davon gesprochen, dass „keine neuen Aspekte“ vorlägen, die die beantragte Ausnahme rechtfertigen könnten, ohne jedoch die Gründe anzuführen, aus denen die von den italienischen Behörden dargestellten Gesichtspunkte ihrer Ansicht nach für eine Rechtfertigung einer solchen Ausnahme nicht ausreichten.

    264    Zudem seien die streitigen Beihilfen vor der mit den Leitlinien von 1998 eingeführten Reform gewährt worden. In diesem Zusammenhang habe die Kommission nicht die rechtlichen und tatsächlichen Gründe für ihre Nichtgenehmigung der beantragten Ausnahme dargelegt. Sie erkläre nicht, warum die in den damals geltenden Leitlinien festgelegten Kriterien einer Berücksichtigung der besonderen Situation von Venedig nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG entgegenstünden.

    265    Nach der Rechtsprechung müsse die Kommission jedoch bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Beihilfe nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG alle maßgeblichen Umstände berücksichtigen (Urteile des Gerichtshofs Philip Morris Holland/Kommission, oben in Randnr. 228 angeführt, Randnr. 17, und vom 21. März 1990, Belgien/Kommission, „Tubemeuse“, C‑142/87, Slg. 1990, I‑959, Randnr. 56; Urteil des Gerichts vom 11. Juli 2002, HAMSA/Kommission, T‑152/99, Slg. 2002, II‑3049, Randnr. 48). Ihre Entscheidung müsse eine Argumentation enthalten, die für die Adressaten der Entscheidung verständlich sei (Urteil des Gerichtshofs vom 10. Juli 1986, Belgien/Kommission, 40/85, Slg. 1986, 2321, Randnr. 21).

    266    Wegen der fehlenden Berücksichtigung der Stellungnahmen der italienischen Regierung und der Beteiligten hafte daher der angefochtenen Entscheidung ein schwerwiegender Begründungsmangel an. Dieser Begründungsmangel trete noch offener zutage in Anbetracht der der Schlussakte des Vertrags von Amsterdam beigefügten Erklärung Nr. 30 zu den Inselgebieten, in der es heiße, dass das Gemeinschaftsrecht den strukturellen Nachteilen, unter denen Inselgebiete litten, Rechnung tragen müsse und dass „spezielle Maßnahmen“ zugunsten dieser Gebiete getroffen werden könnten. In der angefochtenen Entscheidung (Fn. 30 zum Erwägungsgrund 78) habe sich die Kommission jedoch auf die Bemerkung beschränkt, dass die behaupteten strukturellen Schwierigkeiten nicht mit der Insellage der Gebiete in der Lagune zusammenhingen und damit nicht unter die in der Erklärung Nr. 30 bezeichneten Strukturnachteile fielen.

    267    Die streitigen Sozialbeitragsbefreiungen stellten Beschäftigungsbeihilfen dar, mit denen die Grundsätze, die für die Beschäftigungspolitik im Mezzogiorno gälten, auf die Gebiete von Venedig und Chioggia erweitert worden seien. Der Umstand, dass Venedig nicht die Kriterien nach Nr. 22 der Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen erfülle, stehe der Anwendung einer regionalen Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG zu ihren Gunsten nicht entgegen. Der Kommission bleibe es nämlich unbenommen, ihre Praxis weiterzuentwickeln, sofern sie die genannten Kriterien in den Fällen beachte, die in den Leitlinien, in denen diese Kriterien genannt seien, ausdrücklich vorgesehen seien. Insbesondere könne die Kommission die diesen Leitlinien zugrunde liegenden Prinzipien in entsprechender Anwendung auf weitere Fälle anwenden, ohne dass es des Erlasses einer Mitteilung bedürfe, die genau den vorliegenden Fall regele.

    268    Schließlich sei die angefochtene Entscheidung jedenfalls rechtsfehlerhaft, da sie in Art. 1 Abs. 2 verfüge, dass die in Art. 2 des Ministerialdekrets vom 5. August 1994 vorgesehenen Beihilfen nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar seien, wenn sie Unternehmen gewährt würden, die keine KMU seien und außerhalb der nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG beihilfefähigen Gebiete lägen. Da diese Beihilfen nämlich die Schaffung neuer Arbeitsplätze bezweckten, müsse ihnen nach Nr. 20 der Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen die Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG zugutekommen, wenn es sich um Beihilfen „zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige“ handele. Dabei müssten die Beihilfen, mit denen neue Arbeitsplätze geschaffen werden sollten, auch dann für zulässig erklärt werden, wenn sie Unternehmen gewährt würden, deren Standort sich außerhalb der Gebiete befinde, denen die regionale Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG zugutekommen könne.

    269    Die Italienische Republik führt als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge von Italgas aus, die Kommission habe in der Klagebeantwortung (Randnr. 191) selbst eingeräumt, dass das Instrument der regionalen Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG in angemessener Weise den Bedürfnissen, wie sie von Italgas in Bezug auf Venedig vorgetragen worden seien, gerecht werden könne, ohne dass der Erlass von Ad-hoc-Regelungen erforderlich sei. Dieser Standpunkt sei von den italienischen Behörden im Verwaltungsverfahren vertreten worden. Die Kommission habe jedoch, ohne das Vorbringen der italienischen Behörden zur unumkehrbaren Verschlechterung der Wirtschaftsstruktur der Lagunengebiete zu bestreiten, ihren Antrag auf Anwendung einer Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG hinsichtlich des im Insel- und Lagunengebiet liegenden Teils von Venedig nicht berücksichtigt. Die angefochtene Entscheidung (Erwägungsgrund 74) sei somit unzureichend begründet. Auch sei die Befürchtung der Kommission, dass es zur Stellung zahlreicher entsprechender Anträge auf Ausnahme kommen könne, insbesondere angesichts der Spezifität des Insel‑ und Lagunengebiets von Venedig unbegründet.

    –       Rechtssache T‑277/00

    270    Die Kläger, Coopservice und das Comitato, tragen vor, der angefochtenen Entscheidung hafteten ein Begründungsfehler und ein Begründungsmangel an, soweit die Kommission bei der Prüfung der Frage, ob die in Rede stehende Regelung für eine regionale Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG in Betracht komme, nicht den Inselcharakter des Gebiets von Venedig und Chioggia berücksichtige, der die Gewährung der fraglichen Maßnahmen rechtfertige. Insbesondere lasse die Kommission die Erklärung Nr. 30 zum Vertrag von Amsterdam ohne Rechtfertigung und zu Unrecht unangewendet. Nach dieser Erklärung rechtfertige jedoch die Insellage eine Genehmigung der Beihilfe aufgrund einer Vermutung hinsichtlich der strukturellen Nachteile, die die Inselgebiete allein wegen ihrer Insellage träfen.

     Vorbringen der Kommission

    271    Die Kommission macht geltend, wegen seines Charakters einer Ausnahmeregelung sei Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG eng auszulegen. Der außerordentliche Charakter der regionalen Ausnahme gehe klar aus den Leitlinien von 1998 (Nr. 1 Abs. 4) hervor, die die Mitteilung der Kommission über die Methode zur Anwendung von Artikel [87] Absatz 3 Buchstaben a) und c) [EG] auf Regionalbeihilfen vom 12. August 1988 (ABl. 1988, C 212, S. 2, im Folgenden: Mitteilung vom 12. August 1988) ersetzt hätten. Die in diesen Leitlinien aufgestellten Regeln seien für die Kommission verbindlich.

    272    Die nach der regionalen Ausnahme förderfähigen Gebiete jedes Mitgliedstaats seien in der Karte der Beihilfen mit regionaler Zielsetzung ausgewiesen, die von ihr auf der Grundlage gemeinsamer Kriterien und eines Vorhabens genehmigt worden seien, das der betreffende Mitgliedstaat gemäß dem in den Leitlinien von 1998 (insbesondere Nr. 3.10) festgelegten Verfahren notifiziert habe.

    273    Im vorliegenden Fall solle die Beihilferegelung auch Unternehmen zugutekommen, die in Gebieten ansässig seien, die nicht aufgrund der Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG förderfähig seien. Wie sie in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgrund 68) ausgeführt habe, hätte schon mit diesem Umstand begründet werden können, dass die regionale Ausnahme nicht zugunsten dieser Beihilferegelung eingreifen könne. Denn bei der Prüfung einer Beihilferegelung sei die Kommission nicht zur Untersuchung der individuellen Situation jedes einzelnen begünstigten Unternehmens verpflichtet. Entgegen dem Vorbringen von Hotel Cipriani sei daher die angefochtene Entscheidung nicht mit einem Begründungsmangel behaftet, soweit die Kommission darin nicht berücksichtigt habe, dass diese Klägerin in einem aufgrund der regionalen Ausnahme förderfähigen Gebiet ansässig sei.

    274    Aus den gleichen Gründen habe sie es auch zu Recht abgelehnt, dem Antrag der italienischen Behörden stattzugeben, die fragliche Beihilferegelung wegen der spezifischen örtlichen Situation von Venedig, die durch die Notwendigkeit, die Entvölkerung der Stadt, den Niedergang ihrer gewerblichen Aktivitäten und ihre Verwandlung in eine Museumsstadt zu verhindern, sowie durch den behaupteten Ausgleichscharakter der fraglichen Maßnahmen gekennzeichnet sei, nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG zu genehmigen.

    275    Es treffe auch nicht zu, dass Venedig in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrahmens für staatliche Beihilfen an Unternehmen in benachteiligten Stadtvierteln falle.

    276    Zudem sei festzustellen, dass eine Ad-hoc-Regelung für Venedig jedenfalls nicht erforderlich sei, um dem Verlangen von Italgas zu entsprechen. Hier sei es nämlich die Italienische Republik gewesen, die beschlossen habe, nicht das ganze Stadtgebiet von Venedig in ihren Vorschlag für ein Verzeichnis der aufgrund der regionalen Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG förderfähigen Gebiete aufzunehmen.

    277    Sie habe in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 73 und 74) dargelegt, weshalb sie nicht beabsichtige, die Methode der Anwendung dieses Artikels zur Anpassung an den Fall von Venedig zu ändern, wie sie es bei der Erweiterung der Gemeinschaft auf Schweden und Finnland getan habe.

    278    Unzutreffend sei schließlich auch die Auffassung von Italgas, wonach die fragliche Beihilferegelung Beschäftigungsmaßnahmen vorgesehen habe, die den in der Regelung zum Mezzogiorno genannten Maßnahmen entsprochen hätten, die auf die Gebiete von Venedig und Chioggia erstreckt worden seien.

    279    Das von Hotel Cipriani geltend gemachte Argument hinsichtlich der Übereinstimmung der fraglichen Maßnahmen mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beziehe sich auf eine individuelle Situation und einen bestimmten Wirtschaftszweig, die von der Kommission bei der Beurteilung einer Beihilferegelung nicht zu prüfen seien.

    b)     Würdigung durch das Gericht

    280    Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 60 bis 63 und Art. 1 Abs. 1) unter Hinweis auf die Nrn. 20, 21 und 23 der Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen, die nur für nicht an eine Investition gebundene Beschäftigungsbeihilfen (vgl. Nr. 10 der Leitlinien) gelten, die Sozialbeitragsbefreiungen nach Art. 2 des Ministerialdekrets vom 5. August 1994 für neu geschaffene Arbeitsplätze für nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt hat, soweit sie Unternehmen gewährt worden seien, bei denen es sich entweder um KMU oder um Unternehmen in einem Gebiet, für das die Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG Anwendung finden könne, oder um Unternehmen handele, die Kategorien von Arbeitnehmern mit besonderen Schwierigkeiten bei der Eingliederung oder Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt eingestellt hätten.

    281    Dagegen hat die Kommission in Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 der angefochtenen Entscheidung den Standpunkt vertreten, dass die Sozialbeitragsbefreiungen für die Schaffung von Arbeitsplätzen, bei denen nicht eine der drei genannten alternativ zu erfüllenden Voraussetzungen erfüllt sei, sowie die allgemeinen Sozialbeitragsermäßigungen nach Art. 1 des Ministerialdekrets vom 5. August 1994, die auf eine Erhaltung der Arbeitsplätze abzielten (Erwägungsgründe 64 und 65 der angefochtenen Entscheidung), nicht die in den Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen (Nr. 22) aufgeführten Kriterien erfüllten, um nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG als sektorale Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige genehmigt werden zu können, die nicht die Handelsbedingungen in einer Weise veränderten, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufe.

    282    In den Erwägungsgründen 67 bis 78 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission geprüft, ob den in der vorstehenden Randnummer genannten Befreiungen – da sie nicht als Beschäftigungsbeihilfen für eine sektorale Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG als in Betracht kommen könnten – eine regionale Ausnahmeregelung nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. a oder c EG zugutekommen könne, weil sie möglicherweise Beihilfen mit regionaler Zielsetzung seien. Sie bezog sich insoweit ausdrücklich auf ihre Mitteilung vom 12. August 1988, die in der fraglichen Zeit von 1995 bis zum 1. Dezember 1997 – von diesem Zeitpunkt an war die fragliche Beihilferegelung ausgesetzt – anwendbar gewesen sei (Erwägungsgrund 69 der angefochtenen Entscheidung).

    283    Diese Methode wurde später – vor Erlass der angefochtenen Entscheidung am 25. November 1999 – durch die Leitlinien von 1998 ersetzt, die am 16. Dezember 1997 als „zweckdienliche Maßnahmen“ im Sinne von Art. 88 Abs. 1 EG erlassen (Urteil des Gerichtshofs vom 18. Juni 2002, Deutschland/Kommission, C‑242/00, Slg. 2002, I‑5603, Randnr. 30) und am 10. März 1998 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. C 74, S. 9) veröffentlicht wurden.

    284    Es ist daher zu prüfen, ob diese Leitlinien auf den vorliegenden Fall anwendbar waren. In Nr. 6.1 der Leitlinien heißt es, dass die Kommission die Vereinbarkeit der Regionalbeihilfen mit dem Gemeinsamen Markt nach diesen Leitlinien würdigen werde, sobald diese angenommen seien. Jedoch würden die vor der Mitteilung der Leitlinien an die Mitgliedstaaten notifizierten Beihilfevorhaben, über die die Kommission noch nicht abschließend entschieden habe, anhand der zum Zeitpunkt der Notifizierung geltenden Kriterien gewürdigt. Im vorliegenden Fall war die fragliche Beihilferegelung seit 1995 rechtswidrig durchgeführt worden. Zudem wurden die Bestimmungen des Gesetzes Nr. 30/1997, mit denen die Geltungsdauer dieser Regelung zugunsten der im Gebiet von Venedig und Chioggia und in den Regionen des Mezzogiorno ansässigen Unternehmen für 1997 verlängert wurde, der Kommission mit Schreiben vom 10. Juni 1997 gemäß deren Entscheidung 95/455 vom 1. März 1995, nach der die Regelung der Sozialbeitragsentlastungen im Mezzogiorno unter bestimmten Voraussetzungen genehmigt wurde, und nicht als förmliche Notifizierung eines Beihilfevorhabens zugunsten der Unternehmen von Venedig und Chioggia nach Art. 88 Abs. 3 EG mitgeteilt, da die fragliche Beihilferegelung bereits durchgeführt worden war. Eine solche Mitteilung kann somit nicht als Notifizierung angesehen werden, die die Anwendung der zum Zeitpunkt der Notifizierung geltenden Kriterien gemäß Nr. 6.1 der Leitlinien von 1998 ermöglicht hätte. Nach den Übergangsbestimmungen dieser Leitlinien in deren Nrn. 6.2 und 6.3 konnte jedoch die Kommission zum einen unter bestimmten Voraussetzungen von diesen Leitlinien abweichen, soweit es um die Prüfung der Fördergebietskarten ging, und sich insofern weiterhin auf die in ihrer Mitteilung vom 12. August 1988 beschriebene Methode stützen. Zum anderen konnte sie unter bestimmten Voraussetzungen auch von jenen Bestimmungen der Leitlinien von 1998 abweichen, die die Prüfung der Vereinbarkeit der Beihilfeintensitäten und Kumulierungshöchstsätze mit dem Gemeinsamen Markt betrafen.

    285    Daraus folgt, dass sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung auf die Karte der für eine regionale Ausnahme in Betracht kommenden Gebiete sowie auf die Beihilfeintensitäten und Kumulierungshöchstsätze stützen konnte, die nach der in der Mitteilung vom 12. August 1988 beschriebenen Methode zur Anwendung von Art. 87 Abs. 3 Buchst. a und c EG festgelegt worden waren. Hinsichtlich der übrigen Kriterien waren die Leitlinien von 1998 anwendbar.

    286    Wie das Gericht im Urteil HAMSA/Kommission (oben in Randnr. 265 angeführt, Randnrn. 201 und 202) in Erinnerung gerufen hat, geht außerdem aus der Mitteilung vom 12. August 1988 (Nr. I.6 erster Absatz) hervor und ist in den Leitlinien von 1998 (Nrn. 1, 4.1 und 4.11) ausdrücklich niedergelegt worden, dass Regionalbeihilfen, für die eine Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. a und c EG zugebilligt werden kann, entweder produktive Investitionen oder die investitionsgebundene Schaffung von Arbeitsplätzen zum Ziel haben. Dagegen sind Betriebsbeihilfen nur ausnahmsweise – nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. a oder c EG – genehmigungsfähig (vgl. Nr. I.6 zweiter Absatz der Mitteilung vom 12. August 1988 und Nrn. 4.15 bis 4.17 der Leitlinien von 1998). Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass die Bestimmungen über Beihilfen zur investitionsgebundenen Schaffung von Arbeitsplätzen und über Betriebsbeihilfen, die in den Leitlinien von 1998 enthalten sind, aufgrund ihrer zeitlichen Geltung nicht anwendbar sind – dem wird allerdings in der genannten Nr. 6.1 widersprochen, wonach diese Leitlinien mit Ausnahme der Übergangsbestimmungen der Nrn. 6.2 und 6.3 mit ihrem Erlass anwendbar wurden –, sind doch die Bedeutung des Kriteriums der Bindung an eine Investition und der Ausnahmecharakter der Betriebsbeihilfen klar der Mitteilung vom 12. August 1988 zu entnehmen. Diese Auslegung der Mitteilung vom 12. August 1988 ist zudem insoweit geboten, als sie in vollem Umfang dem Ziel entspricht, das mit den regionalen Ausnahmen nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG verfolgt wird, die eine Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftsgebiete, ohne dass die Handelsbedingungen in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändert werden, bezwecken.

    287    Die Kommission hat somit in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 68 und 69) zutreffend darauf hingewiesen, dass die Kriterien für die Anwendung der regionalen Ausnahme auf ein bestimmtes Gebiet nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG, die möglichen Beihilfeformen und die Höchstgrenzen für die Beihilfeintensität in der Mitteilung vom 12. August 1988 festgelegt worden seien. In diesem Zusammenhang vertrat sie die Ansicht, dass für die fraglichen Maßnahmen aus zwei Gründen keine Ausnahme in Betracht kommen könne. Erstens sei nur ein Teil des Gebiets der Stadt Venedig in das Verzeichnis der italienischen Regionen, die für eine regionale Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG in Betracht kämen, aufgenommen worden. Zweitens müsse eine Beihilfe mit regionaler Zielsetzung nach der Mitteilung vom 12. August 1988 entweder produktive Investitionen oder die investitionsgebundene Schaffung von Arbeitsplätzen zum Ziel haben. Da die für die Schaffung von Arbeitsplätzen gewährten fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen Betriebsbeihilfen darstellten, könnten sie nur nach den Nrn. 4.15 bis 4.17 der Leitlinien von 1998 unter Einhaltung sehr strenger Voraussetzungen Unternehmen gewährt werden, die in Gebieten tätig seien, für die eine Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. a EG gelte und zu denen Venedig und Chioggia nicht gehörten. Nach Ansicht der Kommission waren daher diese Befreiungen nicht als Maßnahmen mit regionaler Zielsetzung anzusehen (Erwägungsgründe 68 bis 70 der angefochtenen Entscheidung). Zur behaupteten Zielsetzung einer regionalen Entwicklung schließlich stellte die Kommission fest, dass angesichts der Merkmale der fraglichen Beihilferegelung zwischen dieser und den angeführten Strukturproblemen kein Zusammenhang bestehe (Erwägungsgrund 78).

    288    Sodann wies die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 71 bis 77) die Argumente zurück, die von den italienischen Behörden, dem Comitato und der Stadt Venedig für eine Anwendung flexiblerer Kriterien als der in der Mitteilung vom 12. August 1988 aufgeführten vorgebracht worden waren. Insbesondere bestritt sie, dass sie u. a. im Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an Unternehmen in benachteiligten Stadtvierteln vom 14. Mai 1997, in ihrer Mitteilung über eine Änderung der Methode zur Anwendung von Artikel [87] Absatz 3 Buchstabe c) [EG] auf Regionalbeihilfen im Hinblick auf den Beitritt der nordeuropäischen Staaten vom 20. Dezember 1994 (ABl. C 364, S. 8) und in ihrer Entscheidung 95/455 (siehe oben, Randnr. 2) Regeln angewandt habe, die von den in der Mitteilung vom 12. August 1988 aufgeführten Kriterien abwichen.

    289    Die Kläger und die Italienische Republik als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge von Italgas tragen im Anschluss an ihr Vorbringen vor der Kommission im Verwaltungsverfahren vor, die angefochtene Entscheidung verstoße gegen Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG und sei unzureichend begründet, da die Kommission bei der Frage der Zubilligung einer regionalen Ausnahme für die in der angefochtenen Entscheidung für unzulässig erklärten Sozialbeitragsbefreiungen die spezifischen Schwierigkeiten insbesondere im Zusammenhang mit der das Gebiet von Venedig kennzeichnenden Insellage nicht ordnungsgemäß berücksichtigt habe.

    290    Nach der Rechtsprechung verfügt die Kommission bei der Anwendung von Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG über ein weites Ermessen, das sie nach Maßgabe komplexer wirtschaftlicher und sozialer Wertungen ausübt, die auf die Gemeinschaft als Ganzes zu beziehen sind. Die gerichtliche Nachprüfung der Ausübung dieses Ermessens ist auf die Überprüfung der Beachtung der Verfahrens- und Begründungsvorschriften sowie auf die Kontrolle der sachlichen Richtigkeit der festgestellten Tatsachen und des Fehlens von Rechtsfehlern, von offensichtlichen Fehlern bei der Würdigung der Tatsachen und von Ermessensmissbrauch beschränkt (Urteil des Gerichtshofs vom 13. Februar 2003, Spanien/Kommission, C‑409/00, Slg. 2003, I‑1487, Randnr. 93, und Urteil des Gerichts vom 14. Oktober 2004, Pollmeier Malchow/Kommission, T‑137/02, Slg. 2004, II‑3541, Randnr. 52).

    291    Außerdem ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG und 88 EG, dass die Kommission die von der ersten dieser beiden Bestimmungen erfassten Beihilfen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ansehen „kann“. Zwar muss sie sich stets zur Vereinbarkeit staatlicher Beihilfen, über die sie ihre Kontrolle ausübt, mit dem Gemeinsamen Markt äußern, und zwar auch dann, wenn diese ihr nicht notifiziert wurden, doch ist sie demnach nicht verpflichtet, solche Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären (Urteile Spanien/Kommission, oben in Randnr. 290 angeführt, Randnr. 94, und Pollmeier Malchow/Kommission, oben in Randnr. 290 angeführt, Randnr. 53).

    292    Die Kommission kann sich bei der Ausübung ihres Ermessens durch Maßnahmen wie Gemeinschaftsrahmen, Mitteilungen oder Leitlinien selbst binden, sofern diese Regeln enthalten, denen sich die von ihr zu verfolgende Politik entnehmen lässt und die nicht von Normen des Vertrags abweichen. Präzisiert die Kommission in Leitlinien, die mit dem Vertrag in Einklang stehen, die Kriterien, die sie für die Ausübung ihres Ermessens heranziehen möchte, so führt dies zu einer Selbstbeschränkung dieses Ermessens, da sie sich an die leitenden Regeln, die sie sich selbst auferlegt hat, halten muss. Dabei ist es Sache des Gerichts, die Einhaltung dieser Regeln durch die Kommission zu überprüfen (vgl. Urteil des Gerichts vom 1. Dezember 2004, Kronofrance/Kommission, T‑27/02, Slg. 2004, II‑4177, Randnr. 79 und die dort angeführte Rechtsprechung; vgl. auch Urteile Spanien/Kommission, oben in Randnr. 290 angeführt, Randnr. 95, und Pollmeier Malchow/Kommission, oben in Randnr. 290 angeführt, Randnr. 54).

    293    Im Rahmen ihres Ermessens bei der Anwendung von Art. 87 Abs. 3 EG behält die Kommission ihre Befugnis, ihre Gemeinschaftsrahmen, Mitteilungen oder Leitlinien aufzuheben oder zu ändern, wenn die Umstände es gebieten. Außerdem betreffen diese Handlungen einen abgegrenzten Bereich und beruhen auf dem Bestreben, eine von der Kommission festgelegte Politik zu verfolgen (Urteil des Gerichts vom 30. April 1998, Vlaams Gewest/Kommission, T‑214/95, Slg. 1998, II‑717, Randnr. 89).

    294    Nach der Rechtsprechung kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, dass die Kommission auf die Befugnis, die Zulässigkeit von Beihilfen unmittelbar auf der Grundlage von Art. 87 Abs. 3 EG anzuerkennen, dadurch verzichtet hätte, dass sie zu dieser Frage in der Mitteilung, den Leitlinien oder dem Gemeinschaftsrahmen für diesen Bereich nicht ausdrücklich Stellung genommen hat. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der anwendbare Gemeinschaftsrahmen Beihilfen der im betreffenden Fall gewährten Art nicht ausdrücklich verbietet oder kein solches Verbot bezweckt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 20. September 2007, Fachvereinigung Mineralfaserindustrie/Kommission, T‑375/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn. 143 und 144).

    295    Aus der Rechtsprechung geht weiter hervor, dass solche Gemeinschaftsrahmen, Mitteilungen oder Leitlinien nicht allein nach ihrem Wortlaut ausgelegt werden können. Sie sind vielmehr im Licht des Art. 87 EG und des mit diesem verfolgten Ziels eines unverfälschten Wettbewerbs auf dem Gemeinsamen Markt auszulegen. Im Urteil Kronofrance/Kommission (oben in Randnr. 292 angeführt, Randnr. 89) hat das Gericht festgestellt, dass der Multisektorale Regionalbeihilferahmen für große Investitionsvorhaben in dem von der Kommission vertretenen Sinne so zu verstehen ist, dass bei der Beurteilung des Wettbewerbsfaktors das Kriterium, ob ein schrumpfender Markt vorliegt, nur hilfsweise dann geprüft werden darf, wenn die vorliegenden Daten zum Kapazitätsauslastungsgrad des in Frage stehenden Sektors unzureichend sind. Wie das Gericht jedoch ausgeführt hat, ist dieser Beihilferahmen dahin zu verstehen, dass die Kommission, wenn die Daten über die Kapazitätsauslastung des betreffenden Sektors sie nicht zu dem Schluss veranlassen, dass dieser Sektor unter strukturellen Überkapazitäten leide, zu prüfen hat, ob der in Frage stehende Markt schrumpft; denn nur diese Auslegung steht in Einklang mit dem Zweck eines unverfälschten Wettbewerbs.

    296    Auf der gleichen Linie hat das Gericht im Urteil Pollmeier Malchow/Kommission (oben in Randnr. 290 angeführt) festgestellt, dass die Bestimmungen der Empfehlung der Kommission vom 3. April 1996 betreffend die Definition der kleinen und mittleren Unternehmen im Licht des Zwecks des Kriteriums der wirtschaftlichen Unabhängigkeit auszulegen sind. Auch wenn diese Bestimmungen im Wesentlichen vorsahen, dass Unternehmen, die nicht zu 25 % oder mehr im Besitz eines oder mehrerer Unternehmen standen, als unabhängig galten, hat das Gericht doch befunden, dass das Ermessen der Kommission bei der Prüfung der Frage, ob die einer Unternehmensgruppe angehörenden Unternehmen für die Anwendung der Regelung der staatlichen Beihilfen eine wirtschaftliche Einheit darstellen, durch diese Bestimmungen keine Änderung erfahren hat (vgl. insbesondere Randnrn. 58 bis 63 des Urteils).

    297    Außerdem hat die Kommission nach Art. 253 EG ihre Entscheidungen zu begründen, und zwar auch die, mit denen sie es ablehnt, Beihilfen nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären. Die in Art. 253 EG vorgeschriebene Begründung muss die Überlegungen der Gemeinschaftsbehörde, die den angefochtenen Akt erlassen hat, so klar und unzweideutig wiedergeben, dass die Betroffenen von den tragenden Gründen für die Maßnahme Kenntnis nehmen und gegebenenfalls ihre Rechte wahrnehmen können und der Richter seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. Urteil Spanien/Kommission, oben in Randnr. 290 angeführt, Randnrn. 95 und 98).

    298    Im vorliegenden Fall ist demnach zu prüfen, ob die Begründung der angefochtenen Entscheidung (siehe oben, Randnrn. 287 und 288) als ausreichend anzusehen ist und ob die Kommission in Anbetracht der vorstehend dargestellten Rechtsprechung unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien nicht die Grenzen des ihr im Rahmen der einschlägigen Mitteilungen, Leitlinien und Gemeinschaftsrahmen zustehenden Ermessens überschritten hat.

    299    Was zunächst das Argument von Hotel Cipriani betrifft, die Bestimmungen über nationale Beihilfen mit regionaler Zielsetzung seien im Licht der Ziele des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts flexibel auszulegen, weist die Kommission zu Recht darauf hin, dass die Einführung eines unverfälschten Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts (Art. 3 Abs. 1 Buchst. g EG und Art. 81 EG bis 89 EG) zum einen und die Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts (Art. 3 Abs. 1 Buchst. k EG und Art. 158 EG bis 162 EG) zum anderen zwei unterschiedliche, eigenständige Politiken der Gemeinschaft bilden. Die Strukturfonds stellen das Hauptinstrument der letztgenannten dieser Politiken dar, während die regionalen Ausnahmen nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. a und c EG zur Wettbewerbspolitik der Gemeinschaft gehören und ihre Grenzen in der Notwendigkeit finden, jede dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufende unstatthafte Verzerrung zu verhindern. Die Komplementarität dieser beiden Politiken auf dem Gebiet der Regionalbeihilfen, die im Übrigen bereits der genannten Mitteilung vom 12. August 1988 (Präambel, vierter Absatz) zu entnehmen ist, impliziert jedoch keine Rangordnung zwischen den jeweils verfolgten Zielen. Der im dritten Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1628/2006 der Kommission vom 24. Oktober 2006 über die Anwendung der Art. 87 und 88 EG-Vertrag auf regionale Investitionsbeihilfen der Mitgliedstaaten (ABl. L 302, S. 29), der vom Hotel Cipriani angeführten Gruppenfreistellungsverordnung, erwähnte Umstand, dass staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt der Gemeinschaft als Ganzes fördern, kann sich daher nicht auf die Auslegung der Vorschriften auswirken, die das Gebiet der staatlichen Beihilfen mit regionaler Zielsetzung regeln. Insbesondere ist die Kommission bei der Ausübung ihres Ermessens nicht verpflichtet, diese Vorschriften flexibler zu handhaben, um den Zielen der Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts Vorrang vor den Zielen der Wettbewerbspolitik einzuräumen. In der Praxis enthalten im Übrigen die Leitlinien von 1998 eine besondere Bestimmung (Nr. 3.10.5), die die Übereinstimmung der staatlichen Beihilfen mit regionaler Zielsetzung mit den Strukturfonds fördern soll, wobei allerdings bestimmte in diesen Leitlinien aufgeführte Bedingungen einzuhalten sind.

    300    Zu prüfen ist sodann das Vorbringen zu den Gemeinschaftsrahmen, Mitteilungen und Leitlinien, mit dem die Kläger dartun wollen, dass die Kommission im vorliegenden Fall die fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen gemäß Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären hatte.

    301    Erstens zielt der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an Unternehmen in benachteiligten Stadtvierteln, wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgrund 72) hervorhebt, nicht auf die Gewährung regionalpolitischer, sondern sektoraler Ausnahmen nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG ab. Denn in Nr. 13 dieses Gemeinschaftsrahmens heißt es zwar zum Ausmaß der Schwierigkeiten, das die Gewährung einer Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG rechtfertigt, dass in den benachteiligten Stadtvierteln sowohl hinsichtlich der sozioökonomischen Lage als auch hinsichtlich der Nachteile und Mehrkosten der dort ansässigen Unternehmen Schwierigkeiten von einem Umfang bestünden, der mit dem in Fördergebieten nach dem genannten Artikel vergleichbar sei; jedoch wird in Nr. 10 betont, dass die Probleme, denen die Unternehmen in den benachteiligten Stadtvierteln begegneten, vor allem lokale Probleme seien, die keine regionale Intervention bei großen Unternehmen rechtfertigten. Außerdem ergibt sich nach Nr. 5 die Unangemessenheit der Vorschriften über Regionalbeihilfen u. a. aus den Kriterien der Beihilfefähigkeit der förderfähigen Stadtgebiete sowie daraus, dass es nicht möglich sei, bestehende Unternehmen ohne ein Investitionsvorhaben in den Genuss von Beihilfen kommen zu lassen.

    302    Eines der alternativen Kriterien – nach Nr. 7 des genannten Gemeinschaftsrahmens – für die Förderfähigkeit von Stadtgebieten im Rahmen staatlicher Beihilfen an Unternehmen in benachteiligten Stadtvierteln besteht darin, dass die Stadtgebiete nach der Gemeinschaftsinitiative URBAN ausgewählt wurden, die im Rahmen der Strukturfonds nach Art. 11 der Verordnung (EWG) Nr. 2082/93 des Rates vom 20. Juli 1993 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 4253/88 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 hinsichtlich der Koordinierung der Interventionen der verschiedenen Strukturfonds einerseits und zwischen diesen und den Interventionen der Europäischen Investitionsbank und der sonstigen vorhandenen Finanzinstrumente andererseits (ABl. L 193, S. 24) und nach Art. 3 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2083/93 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 4254/88 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 in Bezug auf den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (ABl. L 193, S. 34) festgelegt wurde. Die Mitteilung an die Mitgliedstaaten zur Festlegung von Leitlinien für die von ihnen zu erstellenden Operationellen Programme im Rahmen einer Gemeinschaftsinitiative für städtische Gebiete (URBAN) (ABl. 1994, C 180, S. 6) sieht in Nr. 14 vor, dass im Rahmen der Initiative URBAN eine Gemeinschaftsbeteiligung in Form von Darlehen oder Zuschüssen zugunsten integrierter Entwicklungsprogramme für einen geografisch abgegrenzten Teil eines benachteiligten städtischen Gebiets gewährt werden kann. Dazu geht aus dem Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an Unternehmen in benachteiligten Stadtvierteln (Nr. 2.1) hervor, dass es hierbei in erster Linie um staatliche Beihilfen geht, die die Anstrengungen der Strukturfonds ergänzen.

    303    Nach Nr. 4 dieses Gemeinschaftsrahmens erklären sich die wirtschaftlichen Nachteile, aufgrund deren Unternehmen benachteiligten Stadtvierteln den Rücken kehrten, konkret „aus den direkten oder indirekten Mehrkosten im Zusammenhang mit der Niederlassung in diesen Gebieten (Diebstahl, Höhe der Versicherungsprämien, Vandalismus, …) und aus den strukturellen Nachteilen, die für die betreffenden Viertel charakteristisch sind (Schwierigkeit, qualifizierte Arbeitskräfte anzuziehen, Gesamtrückgang der Wirtschaftstätigkeit, Mangel an und Verschlechterung der öffentlichen Infrastrukturen, Unsicherheit, finanzielle Schwierigkeiten der lokalen Behörden, Problem des ‚Image‘, …)“. Dieser Gemeinschaftsrahmen bezieht sich nur auf Beihilfen für Kleinunternehmen, die einer lokalen Tätigkeit nachgehen (Nr. 11), und führt in Anhang 1 die förderfähigen Tätigkeiten auf, zu denen insbesondere das Hotel- und das Gaststättengewerbe gehören. Zu den in diesem Anhang genannten „nicht betroffenen Tätigkeiten“ zählt u. a. die Gasversorgung.

    304    Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass demgegenüber die fragliche Beihilferegelung allen in Venedig und Chioggia ansässigen Unternehmen zugutekommt. Sie sieht keinerlei Begrenzung ihres sachlichen Anwendungsbereichs vor.

    305    Zudem lässt sich, auch wenn Hotel Cipriani vorträgt, dass das Stadtgebiet von Venedig, insbesondere nach der Initiative URBAN (siehe oben, Randnr. 302), in den Anwendungsbereich des genannten Gemeinschaftsrahmens falle, nicht ernsthaft behaupten und wird auch von keinem der Kläger behauptet, dass die fragliche Beihilferegelung den in ihm festgelegten spezifischen Kriterien gerecht wird. Dieser Gemeinschaftsrahmen ist daher für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Insoweit trägt nämlich die Kommission zutreffend vor, dass der Gemeinschaftsrahmen kein Beispiel für eine von den Tatbestandsmerkmalen des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG abweichende Maßnahme sei, die durch einzigartige, außerordentliche Bedingungen gerechtfertigt wäre. Im Gegenteil werden in ihm zum Zweck der Gewährung einer sektoralen Ausnahmeregelung allgemeine Kriterien festgelegt, die auf alle benachteiligten Stadtviertel anwendbar sind. Daher lässt sich entgegen der Auffassung der Kläger aufgrund des Umstands, dass die Kommission in diesem Gemeinschaftsrahmen die spezifischen wirtschaftlichen Schwierigkeiten in benachteiligten Stadtvierteln berücksichtigt hat, nicht sagen, dass sie bei der Zubilligung einer Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG die von den Klägern angeführten besonderen Probleme Venedigs hätte berücksichtigen müssen, die nicht mit Schwierigkeiten benachteiligter Stadtviertel zusammenhängen.

    306    Zweitens ist die Rüge der Kläger und der Italienischen Republik unbegründet, die Kommission habe nicht die Spezifität der von den italienischen Behörden und den Beteiligten im Laufe des Verwaltungsverfahrens geltend gemachten, mit der Insellage zusammenhängenden Strukturprobleme im Hinblick darauf berücksichtigt, eine regionale Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG mit der Begründung zu gewähren, dass die fragliche Beihilferegelung den von der Regionalbeihilfenregelung verfolgten Zielen einer regionalen Entwicklung entspreche und verhältnismäßig sei.

    307    Zwar ist die Kommission, wie die Kläger und die Italienische Republik geltend machen, nach der Rechtsprechung (siehe oben, Randnrn. 294 bis 296) bei der Ausübung ihres Ermessens befugt, besondere Situationen nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG zu berücksichtigen, ohne dass hierzu eine Änderung der sich aus den anwendbaren Mitteilungen und Leitlinien ergebenden Regionalbeihilfenregelung oder der Erlass einer Ad-hoc-Regelung notwendig wäre. In einem solchen Fall obliegt es der Kommission, die positiven Wirkungen der Beihilfe und deren negative Auswirkungen auf die Handelsbedingungen und die Aufrechterhaltung eines unverfälschten Wettbewerbs gegeneinander abzuwägen (vgl. Urteile Philip Morris Holland/Kommission, oben in Randnr. 225 angeführt, Randnrn. 24 und 26, und Alzetta u. a./Kommission, oben in Randnr. 45 angeführt, Randnr. 129).

    308    Im vorliegenden Fall lässt jedoch das Vorbringen der Kläger und der Italienischen Republik nicht die Feststellung zu, dass die Kommission die Grenzen ihres Ermessens dadurch überschritten hätte, dass sie sich in den Erwägungsgründen 68 und 69 der angefochtenen Entscheidung (siehe oben, Randnr. 287) auf die Beurteilungskriterien aus der Mitteilung vom 12. August 1988 und den Leitlinien von 1998 gestützt hat.

    309    Insbesondere haben die Kläger nicht dargetan, dass die Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat, indem sie die Auffassung vertreten hat, dass die Situation von Venedig keine neuen Gesichtspunkte aufweise, und daher auf den Umstand, dass die fraglichen Beihilfen nicht an eine Investition gebunden waren, abgestellt hat, um die Genehmigung der Beihilfen im Rahmen einer regionalen Ausnahme zu verweigern (siehe oben, Randnr. 288). Überdies haben die Kläger und die Italienische Republik nicht bestritten, dass nur einige Areale des Stadtgebiets von Venedig im Verzeichnis der nach einer regionalpolitischen Ausnahmeregelung gemäß Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG beihilfefähigen Regionen genannt waren. Hierzu ist allerdings festzustellen, dass dieser Umstand entgegen der Auffassung der Kommission nicht allein schon das ganze Stadtgebiet von Venedig von der Zubilligung einer regionalen Ausnahme ausschloss. In den förderfähigen Gebieten war die Kommission jedoch schon aufgrund der Rechtsnatur der fraglichen Beihilfen als Betriebsbeihilfen berechtigt, sie nicht nach der Regionalbeihilfenregelung zu genehmigen.

    310    Weiter ist die Rüge der Klägerin Italgas und der Italienischen Republik zurückzuweisen, die Kommission habe dadurch, dass sie in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgrund 74) lediglich darauf verwiesen habe, dass neue Gesichtspunkte, die die Zubilligung der beantragten Ad-hoc-Ausnahme hätten rechtfertigen können, nicht vorgelegen hätten, ihre Zurückweisung des von den italienischen Behörden sowie den beteiligten Dritten im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Vorbringens, das auf die einzigartige Situation des Lagunengebiets von Venedig gestützt gewesen sei, nicht hinreichend begründet.

    311    In Erwägungsgrund 74 der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission nämlich dargelegt, weshalb sie im vorliegenden Fall nicht gedenke, die Methode zur Anwendung des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG vom 12. August 1988 zu ändern, um sie dem fraglichen Fall anzupassen, wie sie es im Hinblick auf die Erweiterung der Gemeinschaft um Schweden und Finnland getan habe. Damals hatte die Kommission nämlich die genannte Methode mit Beschluss vom 1. Juli 1994 geändert, indem sie im Wesentlichen ein zusätzliches Kriterium der Förderfähigkeit von Gebieten im Rahmen einer regionalen Ausnahme sowie die Möglichkeit einführte, Beihilfen, die dem teilweisen Ausgleich von Transportmehrkosten dienen sollten, zu genehmigen, um den neuen geografischen Besonderheiten der Europäischen Gemeinschaft – Gebiete im Norden, harte klimatische Bedingungen, sehr große Entfernungen, schwache Bevölkerungsdichte in bestimmten Teilen des Gemeinschaftsgebiets – Rechnung zu tragen, die bei der Erarbeitung der Methode nicht als grundlegende Probleme berücksichtigt worden waren (vgl. die Mitteilung vom 20. Dezember 1994 an die Mitgliedstaaten und anderen Betroffenen über eine Änderung des Abschnitts II der Mitteilung vom 12. August 1988. Mit der Erklärung, dass die Situation Venedigs keine neuen Gesichtspunkte aufweise und dass die fragliche Beihilferegelung geeignet sei, das geltende Beihilfensystem zu stören – da es sich um Betriebsbeihilfen handele, die in einer Region ohne akute Probleme des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts gewährt worden seien –, hat die Kommission somit ihre Weigerung, im vorliegenden Fall von den in der anwendbaren Methode aufgeführten Kriterien abzuweichen, hinreichend begründet.

    312    Drittens ist auch die Auffassung von Italgas zurückzuweisen, wonach die Kommission insbesondere von den in Nr. 22 der Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen aufgeführten Kriterien habe abweichen dürfen, soweit es um die allgemeinen Sozialbeitragsbefreiungen zur Aufrechterhaltung des Beschäftigungsstands nach Art. 1 des Ministerialdekrets vom 5. August 1994 gehe. Während sich diese Leitlinien nämlich auf sektorale Ausnahmeregelungen nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG beziehen, beruft sich die Klägerin lediglich auf die Entscheidung 95/455, in der die Kommission eine regionale Ausnahme für Sozialbeitragsbefreiungen im Mezzogiorno zugebilligt hatte, der ganz andere Umstände als dem vorliegenden Fall zugrunde lagen, wie sie in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 75 und 76) betont hat. In dieser Entscheidung von 1995 (Erwägungsgrund 14) stellte die Kommission fest, dass die Betriebsbeihilfen nach Art. 1 des Ministerialdekrets vom 5. August 1994 in allen Regionen mit Ausnahme der Regionen Abruzzo und Molise die Voraussetzungen für die Ausnahmebestimmung des Art. 87 Absatz 3 Buchstabe a EG erfüllten. Dagegen berücksichtigte die Kommission bei den Regionen Abrozzo und Molise, die diese Voraussetzungen nicht mehr erfüllten, die Tatsache, dass die beiden Regionen bis zum 31. Dezember 1993 unter eine Ausnahmeregelung nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. a EG fielen. Sie meinte daher, dass, obwohl Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG keine Betriebsbeihilfen decke, es zweckmäßig und ohne eine dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufende Veränderung der Handelsbedingungen mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei, diese Beihilfen, die mit einem Plan zum schrittweisen Abbau versehen gewesen seien, als vorübergehende begleitende Maßnahmen zu genehmigen, um die Anpassung der Unternehmen der Region an die weniger günstige Regelung des Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG zu begünstigen. In ihrer Entscheidung 95/455 (Erwägungsgrund 15) rechtfertigte die Kommission diese Ausnahme von den in der Mitteilung vom 12. August 1988 aufgeführten Kriterien mit einem „allgemeinen Grundsatz der Berücksichtigung einer objektiven Besonderheit von Situationen, die denen anderer Regionen nicht entsprechen, die für eine Freistellung nach Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c) [EG] in Frage kommen“.

    313    Viertens hat die Kommission entgegen der Behauptung von Italgas den Kriterien, die sie in den Leitlinien für Beschäftigungsbeihilfen festgelegt hat, in vollem Umfang dadurch entsprochen, dass sie die in Art. 2 des Ministerialdekrets vom 5. August 1994 vorgesehenen Sozialbeitragsbefreiungen für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt hat, sofern diese Befreiungen weder KMU noch Unternehmen in einem durch Beihilfen mit regionaler Zielsetzung förderfähigen Gebiet, noch Unternehmen im Bereich der Eingliederung von Arbeitskräften gewährt worden seien. Die Kommission hat nämlich in Nr. 21 dieser Leitlinien klar die Kriterien angegeben, nach denen sie beurteilen würde, ob für eine Beihilfe zur Schaffung von Arbeitsplätzen eine sektorale Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG zugebilligt werden könne. Zu diesen Kriterien zählen die drei genannten alternativen Voraussetzungen, insbesondere diejenige, die den Standort des begünstigten Unternehmens in einem durch Beihilfen mit regionaler Zielsetzung förderfähigen Gebiet betrifft. Da Italgas nichts vorträgt, was Zweifel an der Übereinstimmung dieser drei alternativen Kriterien mit den Zielen der sektoralen Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG aufkommen lassen könnte, die die Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufenden Weise verändern, betrifft, ist davon auszugehen, dass die Kommission nach gefestigter Rechtsprechung (siehe oben, Randnr. 292) verpflichtet war, den von ihr selbst aufgestellten Regeln nachzukommen. Jedenfalls kann ihr nicht die Anwendung dieser Kriterien zum Vorwurf gemacht werden, ist doch weder bewiesen noch substantiiert vorgetragen worden, dass die Kriterien mit dem Ziel, das mit den sektoralen Ausnahmen verfolgt wird, nicht vereinbar wären (vgl. im Umkehrschluss Urteil Pollmeier Malchow/Kommission, oben in Randnr. 290 angeführt).

    314    Nach alledem sind die Klagegründe des Verstoßes gegen Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG und des Begründungsmangels als unbegründet zurückzuweisen.

    3.     Zur behaupteten Verletzung des Art. 87 Abs. 3 Buchst. d EG und des Grundsatzes der Gleichbehandlung sowie zur behaupteten unzureichenden und widersprüchlichen Begründung

    a)     Vorbringen der Parteien

     Vorbringen der Kläger

    –       Rechtssache T‑254/00

    315    Die Klägerin, Hotel Cipriani, hält die Gründe für die Weigerung der Kommission, eine kulturbedingte Ausnahme zuzubilligen, für unzutreffend. Sie trägt vor, die von dem Comitato vorgelegte Untersuchung des COSES bestätige, dass die Zwänge, die sich für Venedig aus der italienischen Regelung über den Schutz der Kulturgüter und der Umwelt ergäben, allgemeiner Natur seien. In dieser Untersuchung seien die zusätzlichen Kosten genau aufgeführt worden, die sich in Venedig aus diesen Vorgaben im Vergleich zu den Kosten ergäben, die durch ähnliche Vorgaben unter anderen Umweltbedingungen verursacht würden. Die Klägerin führt insbesondere die Vorgaben an, die durch das italienische Gesetz Nr. 1089/39, mit dem eine Regelung zum Schutz von Gütern von historischer und künstlerischer Bedeutung eingeführt worden sei, und – speziell in Bezug auf Venedig – durch das DPR Nr. 791/93 begründet worden seien, mit dem besondere Bestimmungen für Maßnahmen der Restaurierung und Sanierung von Gebäuden von architektonischer, historischer und künstlerischer Bedeutung eingeführt worden seien. Auch habe das Comitato angeboten, der Kommission von ihr als notwendig erachtete zusätzliche Informationen zu übermitteln. Wenn sich also herausstellen sollte, dass einige Unternehmen den genannten zusätzlichen Vorgaben nicht unterworfen gewesen seien, wäre die Kommission nur verpflichtet gewesen, unter Zugrundelegung aller notwendigen Informationen die diesen Vorgaben nicht unterliegenden Unternehmen von der kulturbedingten Ausnahme auszuschließen.

    316    Die Klägerin macht weiter geltend, angesichts des Umfangs der Mehrkosten sei die beschränkte Höhe der fraglichen Sozialbeitragsentlastungen, die kontinuierlich vermindert worden sei bis zur völligen Aufhebung der Entlastung, verhältnismäßig gewesen. Im vorliegenden Fall sei es die angefochtene Entscheidung, die den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletze.

    317    Auch habe die Kommission dem Consorzio Venezia Nuova eine kulturbedingte Ausnahme zugebilligt, ohne den Zusammenhang zwischen der kulturpolitischen Zielsetzung dieser Einrichtung und der Höhe der gewährten Beihilfen zu prüfen. Unter diesem Gesichtspunkt sei die angefochtene Entscheidung daher widersprüchlich und verletze den Gleichbehandlungsgrundsatz.

    318    Die Hoteltätigkeit der Klägerin, deren Immobilien der im historischen Zentrum geltenden äußerst belastenden Regelung unterlägen, stehe in engem Zusammenhang mit der Identität der von ihr bewirtschafteten Gebäude, deren ursprüngliche Bestimmung nach dem genannten DPR Nr. 791/1973 aufrechterhalten werden müsse. Die Einstellung ausreichenden Personals zu diesem Zweck entspreche somit der Notwendigkeit, das äußere Erscheinungsbild und die historische Bedeutung dieser Gebäude in der Innenstadt zu bewahren.

    –       Rechtssache T‑277/00

    319    Die Klägerin, Coopservice und das Comitato, werfen der Kommission vor, sie habe ignoriert, dass speziell für das Lagunengebiet Vorgaben bestünden, die insbesondere mit der Erhaltung des architektonischen Erbes und der Umwelt verbunden seien. Die Kommission habe u. a. nicht die Vorgaben berücksichtigt, die insbesondere durch das DPR Nr. 962/1973 zum Zweck der Gewährleistung des „Schutzes des landschaftlichen, historischen, archäologischen und künstlerischen Umfelds der Stadt Venedig und seiner Lagune“ nach den im italienischen Gesetz Nr. 171/1973 festgelegten Zielen sowie durch das italienische Gesetz Nr. 431/1985, das primär auf die Verfolgung von Umweltschutzzielen gerichtet gewesen sei, eingeführt worden seien. Damit habe die Kommission nur die unmittelbaren Vorgaben im Zusammenhang mit der Bewahrung kostbarer Architekturwerke und Immobilien nach dem Gesetz Nr. 1089/39 geprüft. Hingegen habe sie die „mittelbaren“ Vorgaben ignoriert, die sich aus dem Schutz der Bedingungen in Bezug auf die Umwelt, die Umgebung, das Erscheinungsbild und die Beleuchtung der den unmittelbaren Vorgaben unterliegenden Gebäude ergäben.

    320    Die fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen bezweckten die Förderung des Kulturguts und die Erhaltung des kulturellen Erbes. Sie seien außerdem den aus den genannten Vorgaben entstehenden Mehrkosten angemessen und veränderten nicht die Bedingungen des innergemeinschaftlichen Handels und des Wettbewerbs. Unter diesen beiden Gesichtspunkten sei die Begründung der angefochtenen Entscheidung unzutreffend und unzureichend.

     Vorbringen der Kommission

    321    Die Kommission wendet ein, sie habe nur Art. 87 Abs. 3 Buchst. d EG angewandt. So habe sie festgestellt, dass zwischen dem gewährten Vorteil und den zusätzlichen Kosten für den Schutz des kulturellen Erbes, die durch diesen Vorteil ausgeglichen werden sollten, kein echter Zusammenhang bestehe.

    b)     Würdigung durch das Gericht

    322    Das Gericht stellt erstens fest, dass nicht nachgewiesen worden ist, dass die Mehrkosten im Zusammenhang mit der Erhaltung des kulturellen Erbes von allen Unternehmen getragen werden, denen die fraglichen Sozialbeitragsentlastungen zugutegekommen sind. Insbesondere beweist der von Hotel Cipriani angeführte Umstand, dass die architektonische, historische und künstlerische Bedeutung von – wie das Comitato präzisiert hatte – „Gebäudekomplexen, die nach auf Straßenzüge, Plätze oder Kanäle abstellenden Parametern definiert werden“, bestimmt werden kann, nicht, dass für alle Gebäude, die von durch die fraglichen Sozialbeitragsentlastungen begünstigten Unternehmen bewirtschaftet werden, solche Mehrkosten entstehen.

    323    Hierzu ist festzustellen, dass die Kommission nicht über die notwendigen Informationen verfügte, um in der angefochtenen Entscheidung zwischen den Unternehmen, die Gebäude bewirtschaften, die den Vorgaben im Zusammenhang mit dem Schutz des kulturellen Erbes unterliegen, und denjenigen Unternehmen zu unterscheiden, die keine solchen Gebäude bewirtschaften.

    324    Allgemeiner gesagt geht aus den Stellungnahmen und Unterlagen, die der Kommission im Laufe des Verwaltungsverfahrens übermittelt worden waren, hervor, dass dieser keine einschlägigen Informationen vorlagen, die es ihr ermöglicht hätten, das Ausmaß der von Hotel Cipriani und Coopservice sowie von dem Comitato geltend gemachten architektonischen und kulturellen Vorgaben zu beurteilen und zu prüfen, ob gegebenenfalls eine Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. d EG gewährt werden könnte. Insbesondere geht aus der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgrund 79) hervor und wird von den Klägern auch nicht bestritten, dass die italienische Regierung nie eine kulturell bedingte Ausnahme beantragt, sondern ausschließlich den Regionalbeihilfecharakter der fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen verteidigt hat. Überdies beschränkt sich die bereits erwähnte, der Kommission von der Stadt Venedig übermittelte Untersuchung des COSES vom Februar 1998 (Nr. 3.3) auf die Erstellung eines Verzeichnisses der auf Venedig anwendbaren Gesetze und Verordnungen auf den Gebieten Umwelt, Bau und Stadtplanung. Zwar werden mit manchen dieser Gesetze oder Verordnungen Vorgaben „historischer und künstlerischer Natur“ begründet, wie die Kläger darlegen, jedoch sind Umfang und Geltungsbereich dieser Vorgaben nicht substantiiert worden. Außerdem bezieht sich der größte Teil der genannten Regelungen allgemein auf Vorgaben städtebaulicher, umweltbezogener oder landschaftlicher Natur, die grundsätzlich nicht dafür in Betracht kommen, im Rahmen der Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. d EG Berücksichtigung zu finden. Die der Kommission von dem Comitato übermittelte Untersuchung des COSES vom März 1998 (Nrn. 1.2 und 1.5) enthält keinen Hinweis auf die Kosten, die den in Venedig oder Chioggia ansässigen Unternehmen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bewahrung des kulturellen Erbes entstanden sein sollen.

    325    Zweitens ist festzustellen, dass, wie die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgrund 81) festgestellt hat, die Modalitäten der Anwendung der fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen nicht gewährleisten, dass diese Maßnahmen dem mit der geltend gemachten Ausnahme verfolgten Ziel entsprechen. Die Kläger bestreiten nämlich nicht, dass angesichts der Modalitäten der Beihilfegewährung kein Zusammenhang besteht zwischen dem von der Zahl der beschäftigten Personen abhängigen Betrag der einem Unternehmen gewährten Steuerbefreiungen und der Art oder Größe der von diesem Unternehmen bewirtschafteten Gebäude und damit der in Verbindung mit der Bewahrung des kulturellen Erbes entstandenen Mehrkosten im Allgemeinen.

    326    Zu der im vorliegenden Fall angeführten Situation von Hotel Cipriani ist festzustellen, dass sich die Klägerin nicht auf tatsächliche Umstände ihrer besonderen Situation berufen kann, soweit dieses Vorbringen nicht im Verwaltungsverfahren gegenüber der Kommission geltend gemacht worden war.

    327    Hingegen ist zu beachten, dass sich die in der angefochtenen Entscheidung vorgenommene Einzelprüfung der dem Consorzio Venezia Nuova gewährten Beihilfen daraus erklärt, dass es sich bei diesem um eines der städtischen Unternehmen handelt, zu dem die italienischen Behörden detaillierte Informationen erteilt hatten. Aufgrund dieser Informationen vertrat die Kommission die Ansicht, dass die Beihilfen, die diesem Unternehmen gewährt worden seien, dessen Satzungszweck in der Durchführung von Maßnahmen bestand, die vom Staat beschlossen worden waren, um die Rettung des historischen, künstlerischen und architektonischen Erbes von Venedig zu gewährleisten, eine kulturpolitische Zielsetzung hätten.

    328    Aus all diesen Gründen ist festzustellen, dass die Kommission im vorliegenden Fall nicht das Diskriminierungsverbot verletzt und nicht die Grenzen ihres Ermessens überschritten hat, indem sie die individuelle Situation insbesondere von Hotel Cipriani nicht berücksichtigt und allgemein die Auffassung vertreten hat, dass die behaupteten Vorgaben nicht die Gewährung einer kulturbedingten Ausnahme rechtfertigten.

    329    Die Klagegründe der Verletzung des Art. 87 Abs. 3 Buchst. d EG und der Begründungspflicht sind demgemäß als unbegründet zurückzuweisen.

    4.     Zum behaupteten Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 Buchst. e EG

    a)     Vorbringen der Parteien

    330    In der Rechtssache T‑277/00 vertreten die Kläger, Coopservice und das Comitato, die Auffassung, die angefochtene Entscheidung (Erwägungsgrund 84) verstoße gegen Art. 87 Abs. 3 Buchst. e EG und sei unzureichend und widersprüchlich begründet, da die Kommission meine, sie könne eine Anwendung der Ausnahme nach diesem Artikel noch nicht einmal in Betracht ziehen. Die Verfolgung der im allgemeinen Interesse liegenden Zwecke der Erhaltung des kulturellen Erbes Venedigs rechtfertige eine solche Ausnahme.

    331    Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

    b)     Würdigung durch das Gericht

    332    Art. 87 Abs. 3 Buchst. e EG bezieht sich auf „sonstige Arten von Beihilfen, die der Rat durch eine Entscheidung mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission bestimmt“. Es genügt daher, mit der Kommission festzustellen, dass keine aufgrund dieses Artikels erlassene Ad-hoc-Entscheidung des Rates vorlag, die eine Genehmigung der fraglichen Beihilferegelung erlaubt hätte.

    333    Der vorliegende Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

    5.     Zum behaupteten Verstoß gegen die Art. 87 Abs. 3 Buchst. b EG, Art. 87 Abs. 2 Buchst. b EG und Art. 253 EG sowie zur behaupteten unzureichenden und widersprüchlichen Begründung

    a)     Vorbringen der Parteien

    334    In der Rechtssache T‑277/00 werfen die Kläger, Coopservice und das Comitato, der Kommission erstens vor, irrig und ohne Begründung ausgeschlossen zu haben, dass der Schutz der Stadt Venedig ein wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse im Sinne von Art. 87 Abs. 3 Buchst. b EG darstelle. Die angefochtene Entscheidung sei insoweit widersprüchlich, da die Kommission die außerordentliche Bedeutung des Schutzes von Venedig im Übrigen anerkannt und demzufolge die Zulässigkeit der dem Consorzio Venezia Nuova gewährten Beihilfen bejaht habe (Erwägungsgrund 96).

    335    Zweitens habe die Kommission die Ausnahme nach Art. 87 Abs. 2 Buchst. b EG betreffend Naturkatastrophen ebenfalls irrig und ohne Begründung ausgeschlossen. Das Hochwasser stelle jedoch zum einen wegen der außerordentlichen Schwere seiner Auswirkungen auf die wirtschaftliche und soziale Struktur der Stadt sowie seines wiederholten Auftretens und zum anderen wegen seiner verheerenden Folgen bei außergewöhnlicher Stärke eine Naturkatastrophe dar.

    336    Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

    b)     Würdigung durch das Gericht

    337    Erstens ist festzustellen, dass die Kommission zu Recht vorträgt, dass die fragliche Beihilferegelung nicht als mit einem wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse in engem Zusammenhang stehend angesehen werden könne. Diese Regelung ist nämlich nicht zum Schutz von Venedig eingeführt worden, sondern soll die Belastungen vermindern, die die im Gebiet von Venedig oder Chioggia ansässigen Unternehmen regelmäßig zu tragen haben. Sie zielt damit im Wesentlichen darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen zu verbessern. Nach der Rechtsprechung können jedoch Beihilfen nur dann für eine Ausnahme nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. b EG in Betracht kommen, wenn sie nicht hauptsächlich die Wirtschaftsteilnehmer eines Mitgliedstaats begünstigen, sondern für die gesamte Gemeinschaft von Vorteil sind (Urteile Unicredito Italiano, oben in Randnr. 209 angeführt, Randnrn. 72 bis 78, und vom 15. Dezember 2005, Italien/Kommission, oben in Randnr. 209 angeführt, Randnrn. 139 und 140).

    338    Die Kommission hat daher, indem sie in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgrund 97) die Qualifizierung als „Vorhaben von gemeinsamem Interesse“ im Sinne von Art. 87 Abs. 3 Buchst. b EG zurückgewiesen hat, nicht die Grenzen ihres Ermessens überschritten. Im Übrigen enthält die angefochtene Entscheidung entgegen dem Vorbringen der Kläger insoweit keine widersprüchliche Begründung, da die dem Consorzio Venezia Nuova gewährten Beihilfen nicht nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. b EG genehmigt worden waren (siehe oben, Randnr. 327).

    339    Außerdem hat die Kommission die angefochtene Entscheidung rechtlich hinreichend mit dem Hinweis darauf begründet, dass die fragliche Beihilferegelung kein wichtiges Vorhaben von gemeinsamem Interesse betreffe und mit ihr auch keine beträchtliche Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats behoben werden solle.

    340    Zweitens ist festzustellen, dass die fraglichen Sozialbeitragsentlastungen in einem proportionalen Verhältnis zur Lohnsumme stehen und nicht die Schäden beseitigen sollen, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind, wie es Art. 87 Abs. 2 Buchst. b EG verlangt. Zudem weist die Kommission darauf hin, dass nach ständiger Entscheidungspraxis im Bereich der Landwirtschaft Schäden, die mit widrigen Witterungsbedingungen zusammenhängen, nur dann Schäden, die durch Naturkatastrophen im Sinne von Art. 87 Abs. 2 Buchst. b EG verursacht worden sind, gleichgestellt werden können, wenn sie über Grenzwerte hinausgehen, die nach Maßgabe einer normalen Erzeugung festgelegt wurden. Solche Kriterien sind nicht auf das Hochwasserphänomen in Venedig übertragbar.

    341    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Kommission nicht die Grenzen ihres Ermessens überschritten hat, indem sie in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgrund 99) die Ansicht vertreten hat, dass das Hochwasserphänomen in Venedig nicht als Naturkatastrophe oder als ein sonstiges außergewöhnliches Ereignis im Sinne von Art. 87 Abs. 2 Buchst. b EG angesehen werden könne. Zudem ist die angefochtene Entscheidung insoweit auch hinreichend begründet.

    342    Folglich sind die vorliegenden Klagegründe als unbegründet zurückzuweisen.

    B –  Zur behaupteten Rechtswidrigkeit der Verpflichtung zur Rückforderung der Beihilfen nach Art. 5 der angefochtenen Entscheidung

    343    Die Kläger machen zwei Reihen von Klagegründen zur Stützung ihres Antrags auf Nichtigerklärung der in Art. 5 der angefochtenen Entscheidung festgestellten Rückforderungsverpflichtung geltend. Erstens führen sie einen Verstoß gegen Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 sowie die Verletzung der Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und der Gleichbehandlung im Zusammenhang mit der ihrer Ansicht nach irrigen Qualifikation der fraglichen Beihilfen als neue Beihilfen an. Zweitens verstoße die angefochtene Entscheidung, soweit sie die Rückforderung dieser Beihilfen anordne, gegen Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 und die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Rechtssicherheit, der Gleichbehandlung und des Vertrauensschutzes sowie gegen Übergangsrecht und die Begründungspflicht.

    1.     Zur behaupteten Verletzung von Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 sowie der Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und der Gleichbehandlung im Zusammenhang mit der angeblich irrigen Qualifikation der fraglichen Beihilfen als neue Beihilfen

    a)     Vorbringen der Parteien

     Vorbringen der Kläger

    –       Rechtssache T‑254/00

    344    Die Klägerin, Hotel Cipriani, erinnert daran, dass die Kommission ihre Untersuchung über die im vorliegenden Fall in Rede stehenden Sozialbeitragsentlastungen im Jahr 1997 eingeleitet habe. Der auf die Wahrung der Rechtssicherheit zielende Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 habe die Untersuchungs- und die Entscheidungszuständigkeit der Kommission auf die seit 1987 eingeführten Beihilfen beschränkt, die allein Gegenstand einer Rückforderung bei Ablauf der in diesem Artikel festgelegten Frist sein könnten.

    345    Die Klägerin nehme jedoch zumindest seit 1972 Sozialbeitragsentlastungen in Anspruch, die in anderen Gesetzen als den Gesetzen Nrn. 206/1995 und 30/1997, auf die sich die Kommission stütze, für das ganze nationale Hoheitsgebiet vorgesehen gewesen seien. Das gelte für die mit dem Gesetz Nr. 590/1971 eingeführten Sozialbeitragsentlastungen zugunsten von Handwerksbetrieben und Industrieunternehmen mit weniger als 300 Arbeitnehmern, die durch das Gesetz Nr. 463/1972 auf Hotelunternehmen ausgedehnt worden seien. Darüber hinaus würden ihr Ermäßigungen bestimmter Soziallasten nach dem Gesetz Nr. 102/1977 gewährt, die nach diesem Gesetz im ganzen nationalen Hoheitsgebiet auf Handwerksbetriebe und Industrieunternehmen anwendbar seien und durch das Gesetz Nr. 573/1977 auf Hotelunternehmen erstreckt worden seien.

    346    Die im vorliegenden Fall in Rede stehenden Sozialbeitragsentlastungen stellten daher bestehende Beihilfen im Sinne von Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 659/1999 und keine neuen Beihilfen dar, die durch die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung geprüften Gesetze Nrn. 206/1995 und 30/1997 eingeführt worden wären.

    347    Selbst wenn man annähme, dass sie nach den Gesetzen Nrn. 206/1995 und 30/1997 in den Genuss der fraglichen Sozialbeitragsentlastungen gekommen sei, was nicht zutreffe, wären diese Maßnahmen doch als bestehende Beihilfen anzusehen, die mindestens auf die Jahre 1972 und 1978 zurückgingen. Denn zum einen sähen diese Gesetze lediglich eine zeitliche und räumliche Erweiterung bestehender Beihilfen vor, die mit dem Gesetz Nr. 1089/1968 – das Sozialbeitragsentlastungen zugunsten der Unternehmen des Mezzogiorno vorgesehen habe, welche mit Gesetz Nr. 171/1973 auf das Gebiet von Venedig und mit Gesetz Nr. 502/1978 auf den Sektor des Hotelgewerbes erstreckt worden seien – sowie mit dem genannten Gesetz Nr. 463/1972 eingeführt worden seien. Zum anderen seien ihr seit 1978 Steuerermäßigungen nach der Regelung über benachteiligte Gebiete („aree depresse“) gewährt worden.

    348    Entgegen der Auffassung der Kommission bestehe eine rechtliche Kontinuität zwischen der fraglichen Beihilferegelung und den genannten bestehenden Beihilfen, da Letztere nicht wesentlich geändert worden seien. Obwohl diese Beihilfen mit verschiedenen Gesetzen eingeführt worden seien, handele es sich immer noch um die gleichen Sozialbeitragsentlastungen, deren Anwendung auf die Gebiete von Venedig und Chioggia im Gesetz Nr. 171/1973 in dessen Auslegung durch das Gesetz Nr. 502/1978 vorgesehen gewesen sei. Dies werde bestätigt durch Art. 5bis des Gesetzes Nr. 206/1995, in dem es heiße, dass Art. 23 des Gesetzes Nr. 171/1973 und Art. 3 des Gesetzes Nr. 502/1978 dahin auszulegen seien, dass die darin vorgesehenen Sozialbeitragsentlastungen nach den im Ministerialdekret vom 5. August 1994 festgelegten Kriterien weitergewährt würden. Folglich bestätigten die Gesetze Nrn. 206/1995 und 30/1997 lediglich die Anwendbarkeit der bereits zuvor eingeführten Entlastungen auf die Gebiete von Venedig und Chioggia, ohne die wesentlichen Bestandteile der Regelung – Begünstigte, Form und Intensität der Maßnahmen – zu ändern.

    349    In diesem rechtlichen Rahmen hätten die durch die fragliche Regelung der Sozialbeitragsentlastungen Begünstigten angesichts des Art. 15 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 659/1999 auf die Rechtmäßigkeit und die Vereinbarkeit dieser Entlastungen mit dem Gemeinsamen Markt vertrauen dürfen. Die Rückforderungsfrist habe nämlich 1973, wenn nicht schon früher, begonnen. Insoweit sei Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 659/1999, wonach die Frist mit dem Tag beginne, an dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger gewährt werde, dahin auszulegen, dass bei einer Beihilferegelung die Handlung, mit der die Beihilfe gewährt werde, mit dem Erlass des Gesetzes zusammenfalle, mit der diese Regelung eingeführt worden sei. Auf die monatlichen Fälligkeitsdaten für die Zahlung der betreffenden Sozialbeiträge komme es nicht an, da sie sich nur aus der Durchführung dieses Gesetzes ergäben (Urteil des Gerichts vom 30. April 2002, Government of Gibraltar/Kommission, T‑195/01 und T‑207/01, Slg. 2002, II‑2309, Randnr. 130).

    350    Außerdem habe die Kommission fälschlich die fraglichen Maßnahmen implizit als neue Beihilfen angesehen, die als solche einer Notifizierungspflicht nach Art. 88 Abs. 3 EG unterlägen.

    351    Schließlich bewirke die angefochtene Entscheidung auch eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung zum Nachteil der Klägerin im Vergleich zu den Hotels, die im übrigen italienischen Hoheitsgebiet lägen und weiterhin die Sozialbeitragsentlastungen in Anspruch nähmen.

    –       Rechtssache T‑277/00

    352    Die Kläger, Coopservice und das Comitato, halten die mit den Gesetzen Nrn. 206/1995 und 30/1997 eingeführten fraglichen Maßnahmen ebenfalls für bestehende Beihilfen im Sinne der Art. 1 und 15 der Verordnung Nr. 659/1999, die nicht nach Art. 88 Abs. 3 EG notifizierungspflichtig seien. Nach Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 könnten diese Beihilfen nicht zurückgefordert werden. Die Rechtsvorschriften über die Sozialbeitragsentlastungen zugunsten der Unternehmen des Mezzogiorno gingen auf das Gesetz Nr. 1089/1968 zurück, mit dem eine bloße Steuererleichterungsregelung eingeführt worden sei, deren Ablaufdatum ursprünglich auf den 31. Dezember 1972 festgesetzt worden sei. Der Anwendungsbereich dieser Regelung sei mit dem Gesetz Nr. 171/1973 auf Venedig und Chioggia erweitert worden. Die mit dem Gesetz Nr. 1089/1968 eingeführte Beihilferegelung sei bis zum 30. Juni 1994 in Kraft geblieben. Sie sei zum Teil durch das Ministerialdekret vom 5. August 1994 ersetzt worden, mit dem ein einheitliches Steuerermäßigungssystem, in dem die verschiedenen Steuererleichterungen nach dem Gesetz Nr. 1089/1968 aufgegangen seien, sowie eine jährliche Gesamtsteuerermäßigung für neu geschaffene Arbeitsplätze eingeführt worden seien. Nicht geändert habe sich jedoch der Wille des Gesetzgebers, der im Gesetz Nr. 171/1973 seinen konkreten Ausdruck gefunden habe, denjenigen Unternehmen, die in den historischen Zentren von Venedig und Chioggia tätig seien, bestimmte Vorteile zu gewähren, die mit denen identisch seien, die den im Zentrum und im Süden Italiens tätigen Unternehmen gewährt würden. Die wesentlichen Bestandteile dieser Regelung seien nämlich nicht geändert worden. Die Regelung habe immer noch dieselben Adressaten, rechtfertige sich aus denselben Gründen, die sich auf die besonderen Bedingungen der historischen Zentren von Venedig und Chioggia bezögen, und beruhten auf demselben Mechanismus zur Bestimmung der Beihilfe, nämlich auf der Verweisung auf die im Zentrum und im Süden Italiens geltenden Rechtsvorschriften.

    353    Daher bestehe bei den Bedingungen und den Durchführungsbestimmungen der Maßnahmen, die insbesondere im Gesetz Nr. 171/1973 sowie in den Gesetzen Nrn. 206/1995 und 30/1997 vorgesehen seien, eine Kontinuität. Da die im vorliegenden Fall in Rede stehenden Sozialbeitragsentlastungen durch die beiden letztgenannten Gesetze nicht wesentlich geändert worden seien, stellten sie keine neuen Beihilfen dar. Die einzigen Änderungen, die mit den Gesetzen Nrn. 206/1995 und 30/1997 vorgenommen worden seien, hätten darin bestanden, dass der Vorteil, der den durch die fraglichen Maßnahmen Begünstigten bis dahin gewährt worden sei, verringert worden sei, so dass diese Änderungen nicht als wesentlich angesehen werden könnten.

    354    Des Weiteren halten die Kläger die Auffassung der Kommission für unzutreffend, dass der Zeitpunkt der Einführung der Beihilferegelung für die Bestimmung des Beginns der Frist des Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 659/1999 unerheblich sei. Die nach einer Beihilferegelung gewährte Beihilfe konkretisiere sich zu dem Zeitpunkt, zu dem dem betreffenden Unternehmen der Anspruch nach dieser Regelung bewilligt werde, und nicht zu dem Zeitpunkt der monatlichen Erfüllung der Verpflichtung, die bereits bewilligte Beihilfe auszuzahlen.

    355    Im vorliegenden Fall habe die Kommission es unterlassen, den Zusammenhang zwischen der seit Juli 1994 anwendbaren fraglichen Beihilferegelung und der Regelung zu würdigen, die mit dem Gesetz Nr. 171/1973 eingeführt worden sei. Die angefochtene Entscheidung verstoße daher gegen Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 und sei unzureichend begründet, da sie die fragliche Beihilferegelung implizit als neue Beihilfe qualifiziere.

     Vorbringen der Kommission

    356    Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

    b)     Würdigung durch das Gericht

    357    Da die Fristbestimmungen des Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 als Verfahrensvorschriften angesehen werden, waren sie auf alle Verfahren unmittelbar anwendbar, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung am 16. April 1999 bei der Kommission anhängig waren (Urteil des Gerichts vom 10. April 2003, Scott/Kommission, T‑366/00, Slg. 2003, II‑1763, Randnr. 51). Da die angefochtene Entscheidung am 25. November 1999 erlassen wurde, ist zu prüfen, ob im vorliegenden Fall die Rückforderungsfrist abgelaufen war, so dass die fragliche Beihilferegelung gemäß Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 659/1999 als bestehende Beihilfe zu gelten hätte.

    358    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass Maßnahmen, mit denen Beihilfen eingeführt oder umgestaltet werden sollen, neue Beihilfen darstellen (Urteile des Gerichtshofs vom 9. Oktober 1984, Heineken Brouwerijen, 91/83 und 127/83, Slg. 1984, 3435, Randnrn. 17 und 18, sowie vom 9. August 1994, Namur-Les assurances du crédit, C‑44/93, Slg. 1994, I‑3829, Randnr. 13). Insbesondere wird die ursprüngliche Regelung durch die Änderung in eine neue Beihilferegelung umgewandelt, wenn die Änderung sie in ihrem Kern betrifft. Betrifft die Änderung dagegen die Regelung nicht in ihrem Kern, kann nur die Änderung als solche als neue Beihilfe eingestuft werden (Urteil Government of Gibraltar/Kommission, oben in Randnr. 349 angeführt, Randnrn. 109 und 111).

    359    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das Gesetz Nr. 206/1995 und das Gesetz Nr. 30/1997 eine konkret für das Gebiet von Venedig und Chioggia geltende spezifische neue Regelung eingeführt haben, indem Ersteres die im Ministerialdekret vom 5. August 1994 für das Mezzogiorno vorgesehenen Sozialbeitragsbefreiungen auf die im Gebiet von Venedig und Chioggia ansässigen Unternehmen erweitert und Letzteres die Geltungsdauer der Regelung im Jahr 1997 verlängert hat.

    360    Die dazu von den Klägern geltend gemachten Argumente, mit denen sie dartun wollen, dass mit der fraglichen Beihilferegelung bestehende Beihilfen schlicht in zeitlicher und räumlicher Hinsicht erweitert worden seien, halten einer Prüfung nicht stand. Erstens hat nach dem Vortrag der Kommission, den die Kläger nicht bestritten haben, das von Hotel Cipriani angeführte Gesetz Nr. 463/1972 die Geltungsdauer der Sozialbeitragsentlastungen, die mit dem Gesetz Nr. 590/1971 zugunsten von Handwerksbetrieben, industriellen KMU und Hotelunternehmen eingeführt worden waren, bis zum 30. Juni 1973 verlängert. Diese Entlastungen seien ab 1. Juli 1973 nicht mehr gewährt worden und stünden daher in keinem Zusammenhang mit den in der angefochtenen Entscheidung geprüften Beihilfen, die zwischen 1995 und 1997 gewährt worden seien. Gleiches gelte für die bis zum 31. Dezember 1981 anwendbaren Sozialbeitragsentlastungen nach den Gesetzen Nrn. 502/1978, 102/1977 und 573/1977.

    361    Zweitens hatte das Ministerialdekret vom 5. August 1994, auf das sich die Gesetze Nrn. 30/1997 und 206/1995 beziehen, eine „neue Regelung der Entlastung von Sozialbeiträgen im Mezzogiorno“ zum Gegenstand. Damit wurde also eine neue Beihilferegelung für das Mezzogiorno eingeführt. Das Gesetz Nr. 206/1995 hat diese neue Regelung auf die Unternehmen von Venedig und Chioggia ausgeweitet, und das Gesetz Nr. 30/1997 hat die Voraussetzungen für die Anspruchsberechtigung nach dieser neuen Regelung geändert.

    362    Selbst wenn also mit der – ursprünglich im Gesetz Nr. 206/1995 vorgesehenen – fraglichen Beihilferegelung lediglich eine bestehende Beihilferegelung auf neue Begünstigte erweitert werden sollte, ohne dass die bestehende Regelung sonst im Kern geändert werden sollte, stellt diese von der ursprünglichen Regelung abtrennbare Erweiterung eine neue Beihilfe dar, die der Notifizierungsverpflichtung unterliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil Government of Gibraltar/Kommission, oben in Randnr. 349 angeführt, Randnrn. 109 und 110).

    363    Daraus folgt, dass die angefochtene Entscheidung, mit der die Rückforderung der nach den Gesetzen Nrn. 206/1995 und 30/1997 gewährten, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfen angeordnet wurde, jedenfalls vor Ablauf der Rückforderungsfrist nach Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 ergangen ist.

    364    Überdies hat jedenfalls die Frist des Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 entgegen der Auffassung der Klägerin erst zu dem Zeitpunkt zu laufen begonnen, zu dem die rechtswidrige Beihilfe gewährt wurde. Im Fall einer Beihilferegelung, die mehr als zehn Jahre vor der ersten Unterbrechung der Rückforderungsfrist eingeführt worden ist, unterliegen daher die rechtswidrigen, unzulässigen Beihilfen, die nach dieser Regelung im Laufe der letzten zehn Jahre gewährt wurden, der Wiedereinziehung (Urteil Government of Gibraltar/Kommission, oben in Randnr. 349 angeführt, Randnr. 130).

    365    Selbst wenn man also im vorliegenden Fall annähme, dass zwischen der fraglichen Beihilferegelung und den früheren Regelungen eine Kontinuität bestanden habe, was durch die Prüfung der Fakten widerlegt wird, war doch die Zehnjahresfrist, soweit es um die zwischen 1995 und 1997 gewährten Beihilfen geht, die Gegenstand der angefochtenen Entscheidung waren, keinesfalls vor deren Erlass im Jahr 1999 abgelaufen.

    366    Unstreitig ist schließlich, dass die italienische Regierung im Laufe des Verwaltungsverfahrens nie geltend gemacht hat, dass die fragliche Regelung eine bestehende Beihilfe darstelle, und auch nicht die Einstufung als neue Beihilfe in Frage gestellt hat, die von der Kommission in ihrer Entscheidung, das Prüfverfahren zu eröffnen, getroffen worden ist. Im Übrigen haben auch die beteiligten Dritten nichts Erhebliches dazu vorgetragen. Daher kann der Kommission nicht vorgeworfen werden, nicht geprüft zu haben, ob die fragliche Regelung als bestehende oder als neue Beihilfe einzustufen sei (Urteil des Gerichtshofs vom 10. Mai 2005, Italien/Kommission, C‑400/99, Slg. 2005, I‑3657, Randnr. 51).

    367    Aus all diesen Gründen sind die vorliegenden Klagegründe als unbegründet zurückzuweisen.

    2.     Zur behaupteten Verletzung des Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999, der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Rechtssicherheit, der Gleichbehandlung und des Vertrauensschutzes sowie des Übergangsrechts und der Begründungspflicht

    a)     Vorbringen der Parteien

     Vorbringen der Kläger

    –       Rechtssache T‑254/00

    368    Die Klägerin, Hotel Cipriani, trägt hilfsweise vor, selbst wenn die Frist des Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 nicht verstrichen sein sollte, was nicht der Fall sei, verletze die in der angefochtenen Entscheidung festgelegte Verpflichtung zur Rückforderung der fraglichen Beihilfen doch die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung und verstoße damit zugleich gegen Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999, wonach die Kommission keine Rückforderung der Beihilfe verlange, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde. Aus der Unvereinbarkeitserklärung folge nämlich nicht ohne Weiteres die Feststellung einer Rückforderungsverpflichtung. Es sei Sache der Kommission, die außerordentlichen Umstände zu untersuchen, die den vorliegenden Fall kennzeichneten, um zu prüfen, ob die Feststellung einer solchen Verpflichtung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspreche.

    369    Im vorliegenden Fall habe die Kommission ohne ausreichende Begründung die Bedenken zurückgewiesen, die von den italienischen Behörden gegenüber einer Rückforderung der fraglichen Beihilfen vorgetragen worden seien.

    370    Die vorliegend geprüfte Situation sei durch einen hohen Grad von Rechtsunsicherheit gekennzeichnet. Denn die Sozialbeitragsentlastungen, die Unternehmen gewährt worden seien, die eine wirtschaftliche Tätigkeit auf einem rein lokalen Markt ausübten, seien wahrscheinlich nicht geeignet, den innergemeinschaftlichen Handel und den Wettbewerb zu beeinträchtigen. Außerdem bestätigten die Aufhebung der fraglichen Beihilferegelung am 30. November 1997 und die fehlende Beteiligung betroffener Dritter am Verfahren, dass sich diese Regelung nicht auf die Funktionsweise des Marktes ausgewirkt habe. Die Rückforderungsverpflichtung sei daher unverhältnismäßig.

    371    In der Erwiderung macht die Klägerin geltend, sie habe im geschilderten Kontext damit rechnen dürfen, dass ihre Situation gemäß dem allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung in gleicher Weise wie die der städtischen Unternehmen geprüft würde. Dieses berechtigte Vertrauen stehe im vorliegenden Fall der Nachforderung der fraglichen Sozialbeiträge entgegen.

    372    Schließlich sei der Referenzzinssatz, der in der angefochtenen Entscheidung zur Berechnung der Zinsen auf die wiedereinzuziehenden Beträge herangezogen worden sei, insoweit rechtswidrig, als er den Zinssatz übersteige, dem das betreffende Unternehmen im fraglichen Zeitraum für seine eigenen Verbindlichkeiten unterliege. Der Referenzzinssatz widerspreche nämlich dem Zweck der Wiedereinziehung, mit der die Situation wiederhergestellt werden solle, in der sich das Unternehmen befunden hätte, wenn es die fragliche Beihilfe nicht erhalten hätte.

    –       Rechtssache T‑270/00

    373    Die Klägerin, Italgas, führt zunächst aus, für die Würdigung der Umstände, auf die sich die italienischen Behörden für die Begründung ihres Antrags, die Wiedereinziehung der fraglichen Beihilfen zu unterlassen, berufen hätten, seien die nationalen Gerichte zuständig.

    374    Sodann rügt sie, die Kommission habe das Verbot der Rückwirkung materiell-rechtlicher Vorschriften missachtet, indem sie sich in der angefochtenen Entscheidung auf Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 gestützt habe. Diese Verordnung sei am 16. April 1999 in Kraft getreten, die fraglichen Beihilfen seien aber nur bis 1997 gewährt worden. Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 enthalte jedoch eine materiell-rechtliche Vorschrift, die die Kriterien ändere, die die Kommission einer Entscheidung, dem betreffenden Mitgliedstaat keine Verpflichtung zur Rückforderung der betreffenden Beihilfen aufzuerlegen, zugrunde legen könne. Nach der vorangegangenen Regelung habe der Kommission nämlich ein Ermessen zugestanden (Urteil des Gerichtshofs vom 17. Juni 1999, Belgien/Kommission, C‑75/97, Slg. 1999, I‑3671, Randnr. 82). Auf diese Weise habe die Kommission den wirtschaftlichen und sozialen Folgen einer etwaigen Rückforderungsanordnung Rechnung tragen können. Nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 könnte die Kommission jedoch auf die Feststellung einer Verpflichtung zur Rückforderung der Beihilfe nur verzichten, wenn diese Rückforderung gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstieße.

    375    Art. 5 der angefochtenen Entscheidung sei daher mit einem Rechtsfehler behaftet.

    376    Da eine Verpflichtung der Kommission, nach Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 die Rückforderung der Beihilfe anzuordnen, aus Gründen der zeitlichen Geltung entfalle, sei die angefochtene Entscheidung außerdem fehlerhaft und unzureichend begründet, soweit sie allgemein und unterschiedslos die Rückforderung der gewährten Beihilfe anordne, ohne aufgrund eingehender Untersuchung aller maßgeblichen Umstände mit hinreichender Sicherheit festgestellt zu haben, dass die fragliche Maßnahme geeignet sei, den innergemeinschaftlichen Handel und den Wettbewerb zu beeinträchtigen.

    377    Die Italienische Republik schließt sich als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge von Italgas deren Vorbringen an. Sie fügt hinzu, die Spezifität des Sachverhalts des vorliegenden Falles und die daraus resultierende Rechtsunsicherheit sowie das Fehlen von Stellungnahmen beteiligter Dritter hätten die Kommission dazu veranlassen müssen, konkret zu prüfen, ob die Rückforderung der fraglichen Beihilfen zur Wiederherstellung der früheren Wettbewerbssituation erforderlich sei. Diese Frage, die im Verwaltungsverfahren eingehend erörtert worden sei, sei in der angefochtenen Entscheidung nicht geprüft worden.

    –       Rechtssache T‑277/00

    378    Die Kläger, Coopservice und das Comitato, machen geltend, dass die in der angefochtenen Entscheidung festgestellte Rückforderungsverpflichtung die Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit verletze.

    379    Was erstens die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit angehe, zeige der Umstand, dass die Kommission bei den städtischen Unternehmen ACTV, Panfido und AMAV die Tatbestandsmerkmale des Art. 87 Abs. 1 EG nicht für erfüllt halte, dass nach Ansicht der Kommission die fraglichen Maßnahmen als solche keine rechtswidrigen Beihilfen darstellten. Auch habe die Kommission Vereinbarkeitskriterien festgelegt, die vom betreffenden Mitgliedstaat anzuwenden seien. Die Verweisung auf dieses nationale Verfahren zu dem Zweck, auf der Grundlage einer eingehenden und komplexen individuellen Prüfung feststellen zu können, ob eine Beihilfe rechtswidrig sei, setze voraus, dass die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Beihilfe nur Ex-nunc-Wirkungen zeitige. Infolgedessen dürfe den durch diese Maßnahmen Begünstigten nicht der Schutz des berechtigten Vertrauens versagt werden.

    380    Darüber hinaus seien die fraglichen Sozialbeitragsentlastungen in einer auf das Jahr 1973 zurückgehenden nationalen Regelung vorgesehen gewesen. Daher gehe es zu weit, die durch diese Maßnahmen Begünstigten zu verpflichten, sich über das Gemeinschaftsverfahren zu informieren, zumal diese eine große und unbestimmte Gruppe von Personen seien. Diese Beihilferegelung müsse nach den dreißig Jahren ihres Bestehens im Rahmen des Gemeinschaftsrechts als bekannt gelten, auch wenn sie nicht förmlich notifiziert worden sei.

    381    Zweitens verletze die Verpflichtung zur Rückforderung der fraglichen Beihilfen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da sich diese Maßnahmen nur geringfügig auf den Handel ausgewirkt hätten, ihre Rückgewährung für ihre Empfänger aber eine äußerst hohe Belastung darstelle.

    382    Aus all diesen Gründen habe die Kommission, indem sie nicht geprüft habe, ob die Rückforderung der fraglichen Beihilfen nicht einem allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts zuwiderlaufe, Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 und die Begründungspflicht verletzt.

    383    Die angefochtene Entscheidung verstößt nach Ansicht der Kläger schließlich gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, soweit sie vorsehe, dass zuzüglich zum Betrag der zurückzugewährenden Beihilfen Zinsen zu zahlen seien, die auf der Grundlage des Referenzzinssatzes für die Berechnung des Subventionsäquivalents der Regionalbeihilfen berechnet würden. Auch sei die Wahl der Verzinsungsmethode nicht begründet worden.

     Vorbringen der Kommission

    384    Die Kommission weist dieses Vorbringen zurück.

    b)     Würdigung durch das Gericht

    385    Vorab ist festzustellen, dass Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 generell die Verpflichtung der Kommission festschreibt, die Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfen anzuordnen, die für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt wurden. Nach dieser Bestimmung darf die Kommission nämlich nur dann die Rückforderung der Beihilfen nicht verlangen, wenn diese Rückforderung gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde. Weiter ist vorab daran zu erinnern, dass die Art. 87 ff. EG und 14 der Verordnung Nr. 659/1999 sowie die Grundsätze des Vertrauensschutzes, der Rechtssicherheit und der Verhältnismäßigkeit entgegen der Auffassung von Italgas (siehe oben, Randnr. 373) einer nationalen Maßnahme nicht entgegenstehen können, die die Rückgewährung einer Beihilfe in Durchführung einer Entscheidung der Kommission anordnet, mit der diese Beihilfe als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar eingestuft worden ist und deren Prüfung im Hinblick auf diese Bestimmungen und allgemeinen Rechtsgrundsätze nichts ergeben hat, was die Gültigkeit berühren könnte (vgl. Urteil Unicredito Italiano, oben in Randnr. 209 angeführt, Randnr. 125).

    386    In diesem Zusammenhang ist die Rüge von Italgas zu verwerfen, die angefochtene Entscheidung verletze das Verbot der Rückwirkung von Vorschriften, da sie zur Feststellung einer Rückforderungsverpflichtung auf Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 abstelle, der eine neue materiell-rechtliche Vorschrift enthalte. Dazu ist festzustellen, dass sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgründe 100 bis 103) nicht ausschließlich auf die ihr in Art. 14 Abs. 1 dieser Verordnung auferlegte Verpflichtung bezogen hat. Sie hat sich ausdrücklich auch auf die frühere Rechtsprechung gestützt, die im Übrigen in Art. 14 Abs. 1 formal bestätigt worden ist, mit dem insoweit keine neue Vorschrift eingeführt worden ist.

    387    Schon vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 659/1999 galt nämlich nach ständiger Rechtsprechung, dass die Aufhebung einer rechtswidrigen Beihilfe durch Rückforderung die logische Folge der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit ist (Urteile des Gerichtshofs Tubemeuse, oben in Randnr. 265 angeführt, Randnr. 66, und vom 14. Januar 1997, Spanien/Kommission, C‑169/95, Slg. 1997, I‑135, Randnr. 47). Der Gerichtshof hat insbesondere entschieden, dass, falls keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen, die Kommission ihr Ermessen nicht fehlerhaft ausübt, wenn sie den Mitgliedstaat zur Rückforderung der rechtswidrigen Beihilfen auffordert, da mit der Rückforderung nur die frühere Lage wiederhergestellt werden soll (Urteil Maribel bis/ter, oben in Randnr. 226 angeführt, Randnr. 66).

    388    Auch wenn Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 im vorliegenden Fall grundsätzlich nicht ausdrücklich anwendbar war, da er eine materiell-rechtliche Vorschrift enthält, kann daher dieser Umstand die mit der angefochtenen Entscheidung festgelegte Rückforderungsverpflichtung nicht rechtswidrig machen, da die Kommission in Übereinstimmung mit der in der vorstehenden Randnummer angeführten Rechtsprechung die Auffassung vertreten hat, dass die Rückforderung notwendig sei, um die frühere Lage durch Aufhebung der Vorteile wiederherzustellen, die die betreffenden Unternehmen nach der fraglichen Beihilferegelung in Anspruch genommen hätten.

    389    Insbesondere kann die Verpflichtung zur Rückforderung der fraglichen Beihilfen entgegen der Auffassung der Kläger nicht als außer Verhältnis zu den Zielen der Bestimmungen des EG-Vertrags über staatliche Beihilfen stehend angesehen werden, da sie die logische Folge der Rechtswidrigkeit ist und die Wiederherstellung der früheren Lage bezweckt.

    390    Dass die meisten begünstigten Unternehmen ihre Tätigkeit auf lokaler Ebene ausgeübt haben sollen, was nicht erwiesen ist, hätte es ohnehin nicht zugelassen, jegliche Auswirkung der fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen auf Handel und Wettbewerb auszuschließen, wie bereits festgestellt worden ist (siehe oben, Randnrn. 246 bis 248). Ebenso beweist der Umstand, dass betroffene Dritte nicht am Verwaltungsverfahren beteiligt waren, nicht, dass die durch diese Befreiungen Begünstigten keinen spürbaren Wettbewerbsvorteil erlangt hatten, der zur Wiederherstellung der früheren Lage aufzuheben war.

    391    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission die Argumente, die von den italienischen Behörden zur Begründung ihres Antrags auf Unterlassung der Rückforderung der unzulässigen Beihilfen geltend gemacht worden waren, entgegen dem Vorbringen von Hotel Cipriani in der angefochtenen Entscheidung (Erwägungsgrund 103) angemessen berücksichtigt hat.

    392    Zum Klagegrund der Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes, auf den sich Hotel Cipriani und Coopservice sowie das Comitato berufen, ist daran zu erinnern, dass nach der Rechtsprechung der durch eine rechtswidrige Beihilfe Begünstigte nicht auf die Ordnungsmäßigkeit der Gewährung dieser Beihilfe vertrauen darf (Urteile des Gerichtshofs Unicredito Italiano, oben in Randnr. 209 angeführt, Randnrn. 104 und 108 bis 111, und vom 22. April 2008, Kommission/Salzgitter, C‑408/04 P, Slg. 2008, I‑0000, Randnr. 104). Im vorliegenden Fall war die fragliche Beihilferegelung nicht angemeldet worden, weshalb das Risiko einer Rückforderung der Beihilfen vorhersehbar war. Dabei ist der von Coopservice und von dem Comitato angeführte Umstand unerheblich, dass die Rückforderung im Rahmen des nationalen Verfahrens zur Durchführung der Entscheidung der Kommission erfolgt.

    393    Im Übrigen führen die Kläger keinen objektiv außergewöhnlichen Umstand an, der die Feststellung zuließe, dass die streitige Rückforderungsverpflichtung gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstößt, wie es die Rechtsprechung verlangt (vgl. Urteil Kommission/Salzgitter, oben in Randnr. 392 angeführt, Randnr. 107). Insbesondere ist das Vorbringen, dass es die Vorschriften, mit denen Sozialbeitragsbefreiungen zugunsten der in Venedig oder Chioggia ansässigen Unternehmen gewährt würden, schon seit Langem gebe, vom Gericht bereits als unbegründet zurückgewiesen worden (siehe oben, Randnr. 362). Außerdem hätte eine solche Kontinuität jedenfalls nicht allein schon einen außergewöhnlichen Umstand dargestellt, der eine Entscheidung der Kommission, mit der diese die Rückforderung der fraglichen Beihilfen unter Beachtung der Frist des Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 anordnet, rechtswidrig machen könnte.

    394    Zu dem von Hotel Cipriani geltend gemachten Klagegrund der Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ist daran zu erinnern, dass die angefochtene Entscheidung abgesehen von der Beurteilung der Situation der städtischen Unternehmen, die auf der Grundlage von Angaben vorgenommen worden war, die der Kommission von den nationalen Behörden und der Stadt Venedig übermittelt worden waren, keine Einzelfallfeststellungen enthält. Da aber der Kommission während des Verwaltungsverfahrens keine Informationen über die individuelle Situation von Hotel Cipriani übermittelt wurden, kann die angefochtene Entscheidung die Klägerin nicht gegenüber den städtischen Unternehmen diskriminieren.

    395    Das jeweilige Vorbringen von Hotel Cipriani und Coopservice sowie des Comitato, mit dem diese dartun wollen, dass die Methode zur Berechnung der Zinsen auf die zurückzufordernden Beträge unzutreffend sei, ist ebenfalls zurückzuweisen. Hierbei ist zunächst zu beachten, dass zwar Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 659/1999, wonach die Kommission einen angemessenen Zinssatz festzulegen hat, eine materiell-rechtliche Vorschrift ist und deshalb auf den vorliegenden Fall nicht ausdrücklich anwendbar war, dass mit dieser Bestimmung jedoch keine neue Vorschrift eingeführt worden ist.

    396    Im vorliegenden Fall genügt die Feststellung, dass der in der angefochtenen Entscheidung (Art. 5 Abs. 2) festgelegte Zinssatz, der auf den Referenzzinssatz für die Berechnung des Subventionsäquivalents bei Regionalbeihilfen verweist, dem Zweck der Rückforderung entspricht und daher nicht als unvorhersehbar angesehen werden kann.

    397    Außerdem hatte die Kommission die Wahl dieses Referenzzinssatzes in der angefochtenen Entscheidung nicht weiter zu begründen. Insbesondere kann daraus, dass dieser Zinssatz über dem liegen soll, der für die Verbindlichkeiten von Hotel Cipriani gilt, nicht geschlossen werden, dass er für die auf dem Markt praktizierten Zinssätze nicht repräsentativ ist (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 24. September 2002, Falck und Acciaierie di Bolzano/Kommission, C‑74/00 P und C‑75/00 P, Slg. 2002, I‑7869, Randnr. 159). Im Übrigen ist es jedenfalls unzulässig, dass sich diese Klägerin auf ihre individuelle Situation beruft, da sie, wie bereits festgestellt worden ist (siehe insbesondere oben, Randnrn. 211 und 215), der Kommission diese Situation im Verwaltungsverfahren nicht zur Kenntnis gebracht hat.

    398    Mithin haben die Kläger nicht nachgewiesen, dass der in der angefochtenen Entscheidung festgelegte Zinssatz insoweit nicht angemessen war, als er über das hinausgegangen sein soll, was erforderlich war, um die den Begünstigten aus den fraglichen Sozialbeitragsbefreiungen entstandenen Vorteile zu beseitigen.

    399    Aus all diesen Gründen sind die Klagegründe einer Verletzung des Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999, der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Rechtssicherheit, der Gleichbehandlung und des Vertrauensschutzes sowie des Übergangsrechts und der Begründungspflicht als unbegründet zurückzuweisen.

     Kosten

    400    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kläger mit ihrem Vorbringen unterlegen sind, sind ihnen gemäß den Anträgen der Kommission die Kosten einschließlich – was die Kläger in der Rechtssache T‑277/00 betrifft – der Kosten des Verfahrens der einstweiligen Anordnung aufzuerlegen.

    401    Nach Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Demgemäß trägt die Italienische Republik ihre Kosten selbst.

    Aus diesen Gründen hat

    DAS GERICHT (Sechste erweiterte Kammer)

    für Recht erkannt und entschieden:

    1.      Die Klagen werden abgewiesen.

    2.      Die Hotel Cipriani SpA, die Società italiana per il gas SpA (Italgas), Coopservice – Servizi di fiducia Soc. coop. rl und das Comitato „Venezia vuole vivere“ tragen neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission. Die Coopservice und das Comitato „Venezia vuole vivere“ tragen darüber hinaus sämtliche im Verfahren der einstweiligen Anordnung entstandenen Kosten.

    Meij

    Vadapalas

    Wahl

    Prek

     

          Ciucă

    Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 28. November 2008.

    Unterschriften

    Inhaltsverzeichnis


    Vorgeschichte des Rechtsstreits

    A –  Fragliche Regelung der Sozialbeitragsentlastungen

    B –  Verwaltungsverfahren

    C –  Angefochtene Entscheidung

    Verfahren und Anträge der Parteien

    Zur Zulässigkeit

    A – Zur behaupteten Rechtshängigkeit in der Rechtssache T‑277/00

    1.  Vorbringen der Parteien

    2.  Würdigung durch das Gericht

    B – Zum behaupteten Fehlen der Klagebefugnis der klagenden Unternehmen in den Rechtssachen T‑254/00, T‑270/00 und T‑277/00

    1. Vorbringen der Parteien

    2. Würdigung durch das Gericht

    a)  Beurteilung des Kriteriums betreffend die Durchführungsmodalitäten der Beihilferegelung im Licht der Rechtsprechung

    b)  Beurteilung des auf den Durchführungsmodalitäten der Beihilferegelung beruhenden Kriteriums nach dem Kontrollsystem für staatliche Beihilfen

    c)  Zur behaupteten Zuständigkeit der nationalen Behörden, bei der Durchführung einer Rückforderungsanordnung in jedem Einzelfall das Vorliegen einer Beihilfe zu prüfen

    C – Zum behaupteten Fehlen der Klagebefugnis des Comitato in der Rechtssache T‑277/00

    Zur Begründetheit

    A –  Zum Vorwurf der irrigen Einstufung der fraglichen Maßnahmen als mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen

    1.  Zu den Vorwürfen der Verletzung des Art. 87 Abs. 1 EG, des Art. 86 Abs. 2 EG und des Grundsatzes der Gleichbehandlung sowie einer unzureichenden und widersprüchlichen Begründung

    a)  Vorbringen der Parteien

    Vorbringen der Kläger

    –  Rechtssache T‑254/00

    –  Rechtssache T‑270/00

    –  Rechtssache T‑277/00

    Vorbringen der Kommission

    b)  Würdigung durch das Gericht

    Zum behaupteten Fehlen eines Vorteils wegen des behaupteten Ausgleichscharakters der fraglichen Maßnahmen

    Zum behaupteten Ausgleich struktureller Nachteile (Rechtssachen T‑254/00, T‑270/00 und T‑277/00)

    Zum behaupteten Ausgleich für die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Dienstleistungen (Rechtssachen T‑270/00 und T‑277/00)

    Zum behaupteten Fehlen einer Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten und einer Auswirkung auf den Wettbewerb

    2.  Zum behaupteten Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG und zum behaupteten Begründungsmangel

    a)  Vorbringen der Parteien

    Vorbringen der Kläger

    –  Rechtssache T‑254/00

    –  Rechtssache T‑270/00

    –  Rechtssache T‑277/00

    Vorbringen der Kommission

    b)  Würdigung durch das Gericht

    3.  Zur behaupteten Verletzung des Art. 87 Abs. 3 Buchst. d EG und des Grundsatzes der Gleichbehandlung sowie zur behaupteten unzureichenden und widersprüchlichen Begründung

    a)  Vorbringen der Parteien

    Vorbringen der Kläger

    –  Rechtssache T‑254/00

    –  Rechtssache T‑277/00

    Vorbringen der Kommission

    b)  Würdigung durch das Gericht

    4.  Zum behaupteten Verstoß gegen Art. 87 Abs. 3 Buchst. e EG

    a)  Vorbringen der Parteien

    b)  Würdigung durch das Gericht

    5.  Zum behaupteten Verstoß gegen die Art. 87 Abs. 3 Buchst. b EG, Art. 87 Abs. 2 Buchst. b EG und Art. 253 EG sowie zur behaupteten unzureichenden und widersprüchlichen Begründung

    a)  Vorbringen der Parteien

    b)  Würdigung durch das Gericht

    B –  Zur behaupteten Rechtswidrigkeit der Verpflichtung zur Rückforderung der Beihilfen nach Art. 5 der angefochtenen Entscheidung

    1.  Zur behaupteten Verletzung von Art. 15 der Verordnung Nr. 659/1999 sowie der Grundsätze der Rechtssicherheit, des Vertrauensschutzes und der Gleichbehandlung im Zusammenhang mit der angeblich irrigen Qualifikation der fraglichen Beihilfen als neue Beihilfen

    a)  Vorbringen der Parteien

    Vorbringen der Kläger

    –  Rechtssache T‑254/00

    –  Rechtssache T‑277/00

    Vorbringen der Kommission

    b)  Würdigung durch das Gericht

    2.  Zur behaupteten Verletzung des Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999, der Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, der Rechtssicherheit, der Gleichbehandlung und des Vertrauensschutzes sowie des Übergangsrechts und der Begründungspflicht

    a)  Vorbringen der Parteien

    Vorbringen der Kläger

    –  Rechtssache T‑254/00

    –  Rechtssache T‑270/00

    –  Rechtssache T‑277/00

    Vorbringen der Kommission

    b)  Würdigung durch das Gericht

    Kosten


    * Verfahrenssprache: Italienisch.

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