Wählen Sie die experimentellen Funktionen, die Sie testen möchten.

Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 62001TJ0176

    Urteil des Gerichts erster Instanz (Vierte erweiterte Kammer) vom 18. November 2004.
    Ferriere Nord SpA gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften.
    Staatliche Beihilfen - Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen - Stahlunternehmen - Unter den EG-Vertrag fallende Erzeugnisse - Genehmigte Beihilferegelung - Neue Beihilfe - Eröffnung des förmlichen Verfahrens - Fristen - Verteidigungsrechte - Berechtigtes Vertrauen - Begründung - Zeitliche Geltung der Gemeinschaftsrahmen - Ökologische Zielsetzung der Investition.
    Rechtssache T-176/01.

    Sammlung der Rechtsprechung 2004 II-03931

    ECLI-Identifikator: ECLI:EU:T:2004:336

    Arrêt du Tribunal

    Rechtssache T‑176/01

    Ferriere Nord SpA

    gegen

    Kommission der Europäischen Gemeinschaften

    „Staatliche Beihilfen – Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen – Stahlunternehmen – Unter den EG-Vertrag fallende Erzeugnisse – Genehmigte Beihilferegelung – Neue Beihilfe – Eröffnung des förmlichen Verfahrens – Fristen – Verteidigungsrechte – Berechtigtes Vertrauen – Begründung – Zeitliche Geltung der Gemeinschaftsrahmen – Ökologische Zielsetzung der Investition“

    Urteil des Gerichts (Vierte erweiterte Kammer) vom 18. November 2004  

    Leitsätze des Urteils

    1.     Staatliche Beihilfen – Von der Kommission genehmigte allgemeine Beihilferegelung – Einzelbeihilfe, die als in den Rahmen der Genehmigung fallend dargestellt wird – Prüfung durch die Kommission – Prüfung in erster Linie im Hinblick auf die Genehmigungsentscheidung und hilfsweise im Hinblick auf den Vertrag – Beihilfe, die eine strikte und voraussehbare Anwendung der in der Genehmigungsentscheidung festgelegten Bedingungen darstellt – Unter die bestehende Beihilferegelung fallende Beihilfe

    (Artikel 87 EG und 88 EG)

    2.     EGKS – Beihilfen für die Eisen- und Stahlindustrie – Beihilfevorhaben – Prüfung durch die Kommission – Festlegung einer Frist für die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens in Artikel 6 Absatz 6 der allgemeinen Entscheidung Nr. 2496/96 – Umfang

    (Allgemeine Entscheidung Nr. 2496/96, Artikel 6 Absatz 6)

    3.     Staatliche Beihilfen – Verwaltungsverfahren – Recht der Beteiligten, sich zu äußern – Änderung des geltenden Gemeinschaftsrahmens während des Verfahrens – Pflicht der Kommission bei Anwendung neuer Grundsätze

    (Artikel 88 Absatz 2 EG)

    4.     Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Prüfung durch die Kommission – Beachtung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes – Pflicht der Kommission, sich in ihrer Endentscheidung an den durch die Ausführungen in ihrer Entscheidung über die Eröffnung des Prüfverfahrens abgesteckten Rahmen zu halten

    5.     Staatliche Beihilfen – Verwaltungsverfahren – Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt – Dem Geber und dem potenziellen Empfänger obliegende Beweislast

    (Artikel 88 Absatz 2 EG)

    6.     Staatliche Beihilfen – Verwaltungsverfahren – Geplante Beihilfe für die Investition eines Stahlunternehmens, das Erzeugnisse herstellt, die unter den EGKS-Vertrag fallen, und solche, die nicht darunter fallen – Vorhaben, das zweimal nacheinander angemeldet worden ist, einmal nach dem EGKS-Vertrag, einmal nach dem EG-Vertrag – Ermittlung der ihrer Entscheidung zugrunde zu legenden Rechtsgrundlage durch die Kommission – Zulässigkeit im Hinblick auf den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung

    7.     Staatliche Beihilfen – Verbot – Ausnahmen – Umweltschutz – Ermessen der Kommission – Befugnis zum Erlass von Beihilferahmen – Verbindliche Wirkung – Gerichtliche Nachprüfung

    (Artikel 6 EG und 87 EG)

    8.     Staatliche Beihilfen – Beihilfevorhaben – Prüfung durch die Kommission – Neuer Gemeinschaftsrahmen – Sofortige Anwendung – Anwendung auf Beihilfevorhaben, die vor seiner Veröffentlichung angemeldet worden sind und noch geprüft werden

    9.     Staatliche Beihilfen – Verbot – Ausnahmen – Umweltschutz – Gemeinschaftsrahmen – Förderfähigkeit einer Investition im Rahmen einer Umweltschutzbeihilfe – Kriterium – Zweck – Ökologische Verbesserung

    1.     Die Kommission kann eine ihr mitgeteilte individuelle Beihilfe, die angeblich aufgrund einer zuvor genehmigten Regelung gewährt wurde, nicht ohne weiteres am EG-Vertrag messen. Sie hat – bevor sie ein Verfahren eröffnet – zu prüfen, ob die Beihilfe durch die allgemeine Regelung gedeckt ist und die in der Entscheidung über die Genehmigung dieser Regelung aufgestellten Bedingungen erfüllt. Würde die Kommission nicht so vorgehen, könnte sie bei der Prüfung jeder individuellen Beihilfe ihre Entscheidung über die Genehmigung der Beihilferegelung, der bereits eine Prüfung anhand des Artikels 87 EG vorausgehen musste, rückgängig machen und damit die Beachtung der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes gefährden. Eine Beihilfe, die eine strikte und vorhersehbare Anwendung der Bedingungen darstellt, die in der Entscheidung über die Genehmigung der allgemeinen Regelung festgelegt sind, ist daher als bestehende Beihilfe anzusehen, die weder der Kommission mitzuteilen noch anhand des Artikels 87 EG zu prüfen ist.

    (vgl. Randnr. 51)

    2.     Artikel 6 Absatz 6 der allgemeinen Entscheidung Nr. 2496/96 zur Einführung gemeinschaftlicher Vorschriften über Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie nennt eine Frist von zwei Monaten, nach deren Ablauf – falls kein förmliches Verfahren eröffnet worden ist – die geplanten Maßnahmen durchgeführt werden dürfen, wenn der Mitgliedstaat zuvor die Kommission von seiner diesbezüglichen Absicht unterrichtet hat. Diese Bestimmung setzt der Kommission keine bei Meidung der Nichtigkeit einzuhaltende Frist, sondern fordert sie gemäß dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung auf, mit der gebotenen Eile zu handeln, und ermöglicht es dem betreffenden Mitgliedstaat, die Beihilfemaßnahmen nach Ablauf einer Frist von zwei Monaten durchzuführen, sofern er dies der Kommission zuvor mitgeteilt hat.

    (vgl. Randnr. 62)

    3.     Wendet die Kommission bei der Prüfung der Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt einen Gemeinschaftsrahmen an, der denjenigen ersetzt, der galt, als sich die Beteiligten nach Artikel 88 Absatz 2 EG äußerten, so muss sie diese, wenn sie ihre Entscheidung auf die neuen Grundsätze stützen will, auffordern, sich dazu zu äußern, da sie andernfalls deren Verfahrensrechte missachten würde.

    (vgl. Randnr. 75)

    4.     Der Grundsatz des Vertrauensschutzes besagt, dass die Kommission bei der Durchführung eines beihilferechtlichen Prüfverfahrens das berechtigte Vertrauen berücksichtigen muss, das die Ausführungen in der Entscheidung über die Eröffnung des Prüfverfahrens erwecken konnten, und folglich die abschließende Entscheidung nicht auf das Fehlen von Unterlagen stützen darf, deren Vorlage die Beteiligten in Anbetracht dieser Ausführungen nicht für erforderlich halten mussten.

    (vgl. Randnr. 88)

    5.     Zwar muss die Kommission ihre Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beihilfe klar zum Ausdruck bringen, wenn sie ein förmliches Verfahren eröffnet, um es dem Mitgliedstaat und den Beteiligten zu ermöglichen, sich umfassend dazu zu äußern, doch obliegt es dem Mitgliedstaat und dem potenziellen Beihilfeempfänger, ihre Argumente zum Beweis dafür vorzutragen, dass das Beihilfevorhaben den in Anwendung des EG-Vertrags vorgesehenen Ausnahmen entspricht, da das förmliche Verfahren gerade dazu dient, die Kommission über alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte zu unterrichten.

    (vgl. Randnrn. 93-94)

    6.     Bei einer beabsichtigten Beihilfe für ein Stahlunternehmen, das sowohl Erzeugnisse herstellt, die unter den EGKS-Vertrag fallen, als auch solche, die unter den EG-Vertrag fallen, und insoweit keine getrennten Bücher führt, können der Kommission keine einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung darstellenden Verfahrensfehler zur Last gelegt werden, wenn sie die ihrer Entscheidung zugrunde zu legende Rechtsgrundlage ermittelt, weil die Zuordnung der zu fördernden Investition zum EGKS-Vertrag bzw. EG-Vertrag nicht von vornherein feststand, ihr das Vorhaben auf der Grundlage des einen und des anderen Vertrages zweimal notifiziert wurde und sie sich jedenfalls versichern musste, dass die Beihilfe nicht anderen Tätigkeiten zugute kommt als denen, für die sie gewährt worden ist.

    (vgl. Randnrn. 99-101)

    7.     Die Vereinbarkeit eines umweltschutzbezogenen Beihilfevorhabens mit dem Gemeinsamen Markt ist nach Artikel 6 EG in Verbindung mit Artikel 87 EG und den Gemeinschaftsrahmen zu beurteilen, die die Kommission insoweit zuvor erlassen hat. Die Kommission ist nämlich durch die von ihr erlassenen Gemeinschaftsrahmen und Mitteilungen im Bereich der Kontrolle der staatlichen Beihilfen gebunden, soweit sie nicht von den Vorschriften des EG-Vertrags abweichen und soweit sie von den Mitgliedstaaten akzeptiert werden. Die Beteiligten können sich daher darauf berufen, und das Gericht prüft, ob die Kommission die von ihr selbst aufgestellten Regeln beachtet hat.

    (vgl. Randnr. 134)

    8.     Ergibt sich aus einem neuen Gemeinschaftsbeihilferahmen, dass dieser ab seiner Veröffentlichung gilt und dass die Kommission die Vorschriften auf alle – auch vor der Veröffentlichung – angemeldeten Beihilfevorhaben anzuwenden hat, muss sie ihn bei ihrer Entscheidung über ein Beihilfevorhaben anwenden, das Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen förmlichen Prüfverfahrens ist. Diese unmittelbare Geltung geht auf die Bestimmungen des Artikels 254 Absatz 2 EG über das Inkrafttreten der Verordnungen und der Richtlinien des Rates und der Kommission zurück und wahrt den Grundsatz des Vertrauensschutzes, der, wie der Grundsatz der Rechtssicherheit, eine bereits entstandene Lage betrifft, nicht aber eine vorläufige Lage, wie die, in der ein Mitgliedstaat eine beabsichtigte neue Beihilfe bei der Kommission angemeldet hat und auf das Ergebnis dieser Prüfung wartet.

    (vgl. Randnrn. 137-139)

    9.     Die Anwendung der Gemeinschaftsbestimmungen über staatliche Umweltschutzbeihilfen hängt vom Zweck der Investition ab, für die eine Beihilfe beantragt wird. So erwähnt der Gemeinschaftsrahmen von 2001, der insoweit mit dem Gemeinschaftsrahmen von 1994 identisch ist, Investitionen, die auf die Verringerung oder die Beseitigung von Verschmutzung und Schadstoffen oder zum Schutz der Umwelt auf die Anpassung von Produktionsverfahren abzielen, wobei klargestellt wird, dass ausschließlich die zur Verwirklichung der Umweltschutzziele erforderlichen Investitionsmehrkosten beihilfefähig sind. Eine Investition, der auch wirtschaftliche Erwägungen zugrunde liegen, kann mit einer Umweltschutzbeihilfe gefördert werden, wenn diese Erwägungen allein nicht ausreichen, um die Investition in der gewählten Form zu rechtfertigen.

    Aus der Systematik des Gemeinschaftsrahmens von 2001, der insofern dem Gemeinschaftsrahmen von 1994 entspricht, ergibt sich nämlich, dass nicht jede Investition, die eine Anlage an – verbindliche oder unverbindliche, nationale oder gemeinschaftliche – Normen anpasst, solche Normen überschreitet oder in Ermangelung jeglicher Normen durchgeführt wird, beihilfefähig ist, sondern nur die Investition, deren eigentlicher Zweck diese ökologische Verbesserung ist. Unbeachtlich ist folglich, dass die Investition aus Sicht des Umweltschutzes oder sogar der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer Verbesserungen mit sich bringt. Zwar kann ein Vorhaben gleichzeitig ein die Verbesserung der wirtschaftlichen Produktivität und ein den Schutz der Umwelt betreffendes Ziel verfolgen, aber dieses zweite Ziel kann nicht aus der bloßen Feststellung abgeleitet werden, dass die neue Anlage umweltfreundlicher ist als die alte, weil dies ein bloßer Nebeneffekt der wirtschaftlich ausgerichteten Änderung der Technologie oder der Erneuerung abgenutzter Anlagen sein kann. Um in einem solchen Fall ein teilweise umweltschutzbezogenes Ziel der geförderten Investition annehmen zu können, ist nachzuweisen, dass die gleiche wirtschaftliche Leistung mit einer preisgünstigeren, aber weniger umweltfreundlichen Anlage hätte erreicht werden können.

    Es kommt daher nicht darauf an, ob die Investition zu ökologischen Verbesserungen führt oder bestehende Umweltnormen überschreitet, sondern in erster Linie darauf, ob sie im Hinblick auf solche Verbesserungen erfolgt ist.

    (vgl. Randnrn. 147-152)




    URTEIL DES GERICHTS (Vierte erweiterte Kammer)
    18. November 2004(1)

    „Staatliche Beihilfen – Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen – Stahlunternehmen – Unter den EG-Vertrag fallende Erzeugnisse – Genehmigte Beihilferegelung – Neue Beihilfe – Eröffnung des förmlichen Verfahrens – Fristen – Verteidigungsrechte – Berechtigtes Vertrauen – Begründung – Zeitliche Geltung der Gemeinschaftsrahmen – Ökologische Zielsetzung der Investition“

    In der Rechtssache T-176/01

    Ferriere Nord SpA mit Sitz in Osoppo (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte W. Viscardini Donà und G. Donà,

    Klägerin,

    unterstützt durchItalienische Republik, zunächst vertreten durch U. Leanza als Bevollmächtigten, sodann durch I. Braguglia und M. Fiorilli, avvocati dello Stato, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

    Streithelferin,

    gegen

    Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Kreuschitz und V. Di Bucci als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

    Beklagte,

    wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 2001/829/EG, EGKS der Kommission vom 28. März 2001 über die staatliche Beihilfe, die Italien zugunsten von Ferriere Nord SpA gewähren will (ABl. L 310, S. 22), und Ersatz des der Klägerin durch den Erlass der Entscheidung angeblich entstandenen Schadens

    erlässt

    DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
    DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Vierte erweiterte Kammer)



    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten H. Legal, der Richterin V. Tiili sowie der Richter A. W. H. Meij, M. Vilaras und N. J. Forwood,

    Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,

    folgendes



    Urteil




    Rechtlicher Rahmen

    1
    Nach Artikel 87 EG sind staatliche Beihilfen, soweit im EG-Vertrag nichts anderes bestimmt ist, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und sich als wettbewerbswidrig erweisen, indem sie bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige begünstigen.

    2
    Artikel 88 EG regelt die Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten bei der Prüfung von bestehenden und neuen Beihilferegelungen. Er ermächtigt die Kommission, bei Beihilfen, die mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind, tätig zu werden, und legt die Befugnisse des Rates fest.

    3
    Nach Artikel 174 EG bezweckt die Umweltpolitik der Gemeinschaft u. a. die Erhaltung und den Schutz der Umwelt sowie die Verbesserung ihrer Qualität und den Schutz der menschlichen Gesundheit.

    4
    Artikel 7 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88] des EG-Vertrags (ABl. L 83, S. 1), der die Entscheidungen der Kommission über den Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens betrifft, bestimmt:

    „(6) ... Die Kommission bemüht sich darum, eine Entscheidung möglichst innerhalb von 18 Monaten nach Eröffnung des Prüfverfahrens zu erlassen. Diese Frist kann von der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat einvernehmlich verlängert werden.“

    5
    Artikel 6 der Entscheidung Nr. 2496/96/EGKS der Kommission vom 18. Dezember 1996 zur Einführung gemeinschaftlicher Vorschriften über Beihilfen an die Eisen- und Stahlindustrie (ABl. L 338, S. 42), der bis zum 22. Juli 2002 galt, sah zum Verfahren vor:

    „(1) Die Kommission ist von allen Vorhaben zur Gewährung oder Umgestaltung von Beihilfen gemäß den Artikeln 2 bis 5 so rechtzeitig zu unterrichten, dass sie sich dazu äußern kann. Ebenso ist sie über alle Vorhaben zu unterrichten, bei denen der Stahlindustrie Beihilfen in Anwendung von Beihilferegelungen gewährt werden sollen, zu denen sie bereits aufgrund des EG-Vertrags eine Entscheidung erlassen hat.

    (2) Die Kommission ist von allen Finanzierungsmaßnahmen in Form von Beteiligungen, Kapitalausstattungen, Darlehensbürgschaften, Entschädigungsleistungen oder gleichwertigen Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten, nachgeordnete Gebietskörperschaften oder sonstige Organe unter Einsatz öffentlicher Mittel zugunsten von Stahlunternehmen vorzunehmen beabsichtigen, so rechtzeitig – spätestens bis zum 31. Dezember 2001 – zu unterrichten, dass sie sich dazu äußern kann.

    (5) Ist die Kommission der Auffassung, dass eine bestimmte Finanzmaßnahme eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 1 sein könnte oder bezweifelt sie, dass eine bestimmte Beihilfe mit dieser Entscheidung vereinbar ist, so unterrichtet sie den betreffenden Mitgliedstaat und gibt den betroffenen Dritten sowie den übrigen Mitgliedstaaten Gelegenheit, sich zu äußern. Stellt die Kommission, nach Eingang der Stellungnahmen und nachdem sie dem betreffenden Mitgliedstaat Gelegenheit zur Äußerung hierzu gegeben hat, fest, dass es sich in dem gegebenen Fall um eine Beihilfe handelt, die mit den Bestimmungen der vorliegenden Entscheidung nicht vereinbar ist, so erlässt sie spätestens drei Monate nach Eingang der zur Beurteilung der betreffenden Beihilfe erforderlichen Auskünfte eine Entscheidung. Kommt ein Mitgliedstaat der Entscheidung nicht nach, gilt Artikel 88 EGKS-Vertrag.

    (6) Sind nach dem Tag des Eingangs der Anmeldung des betreffenden Vorhabens zwei Monate vergangen, ohne dass die Kommission das in Absatz 5 genannte Verfahren eröffnet oder in anderer Weise hierzu Stellung genommen hat, dürfen die geplanten Maßnahmen durchgeführt werden, wenn der Mitgliedstaat zuvor die Kommission von seiner diesbezüglichen Absicht unterrichtet hat. ...“

    6
    Der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen (ABl. 1994, C 72, S. 3, im Folgenden: Gemeinschaftsrahmen von 1994), dessen Geltungsdauer am 31. Dezember 1999 endete, dann zweimal, bis zum 30. Juni 2000 (ABl. 2000, C 14, S. 8) und 31. Dezember 2000 (ABl. 2000, C 184, S. 25), verlängert wurde, galt in allen dem EG‑Vertrag unterliegenden Sektoren, einschließlich der Sektoren, für die besondere Gemeinschaftsvorschriften über staatliche Beihilfen gelten (Ziffer 2). Ziffer 3 enthielt die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Vertragsvorschriften über staatliche Beihilfen auf u. a. Investitionsbeihilfen:

    „3.2.1. Investitionsbeihilfen für Grundstücke (die zur Verwirklichung von Umweltzielen unbedingt erforderlich sind), Gebäude, Anlagen und Ausrüstungsgüter können innerhalb der Grenzen des Gemeinschaftsrahmens genehmigt werden, wenn sie auf die Verringerung bzw. Beseitigung von Verschmutzung und Schadstoffen oder die entsprechende Anpassung von Produktionsverfahren und Produkten abzielen. Beihilfefähig sind ausschließlich die zur Verwirklichung der Umweltziele erforderlichen Mehrkosten. Allgemeine Investitionskosten, die nicht dem Umweltschutz zugerechnet werden können, sind auszuschließen. Daher sind Investitionsgrundkosten für Neu- oder Ersatzanlagen nicht beihilfefähig, wenn sie ausschließlich der Schaffung oder Ersetzung von Produktionskapazitäten dienen, ohne den Umweltschutz zu verbessern. ... Beihilfen, die angeblich Umweltzwecken dienen, in Wirklichkeit aber allgemeine Investitionen fördern, sind von diesem Gemeinschaftsrahmen grundsätzlich auszuschließen. …“

    7
    Ziffer 3 des Gemeinschaftsrahmens von 1994 sah außerdem besondere Voraussetzungen für die Genehmigung von Beihilfen vor, die den Unternehmen bei der Anpassung an neue verbindliche Umweltnormen helfen oder einen Anreiz für die Unternehmen bieten sollten, die verbindlichen Umweltnormen zu übertreffen, sowie die Voraussetzungen für die Gewährung von Beihilfen bei Fehlen verbindlicher Umweltnormen.

    8
    Der Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen (ABl. 2001, C 37, S. 3, im Folgenden: Gemeinschaftsrahmen von 2001), der den Gemeinschaftsrahmen von 1994 ersetzt hat, gilt nach Randziffer 7 für Beihilfen zur Gewährleistung des Umweltschutzes in allen dem EG-Vertrag unterliegenden Sektoren, einschließlich der Sektoren, für die im Bereich der staatlichen Beihilfen besondere Vorschriften gelten.

    9
    Was die Bezugnahme auf Umweltnormen betrifft, so wird in den Randziffern 20 und 21 des Gemeinschaftsrahmens von 2001 ausgeführt, dass die langfristige Berücksichtigung der Umwelterfordernisse Preiswahrheit und -klarheit sowie die völlige Internalisierung der Umweltschutzkosten voraussetzt und die Kommission daher der Ansicht ist, dass die Gewährung von Beihilfen bei Investitionen, die lediglich darauf abzielen, die bestehenden oder neuen technischen Gemeinschaftsnormen zu erfüllen, nicht mehr gerechtfertigt ist, außer bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), damit diese neue Gemeinschaftsnormen anwenden können, und dass die Beihilfengewährung auch nützlich sein kann, um einen Anreiz für die Unternehmen zu bieten, einen höheren Umweltschutz als den aufgrund der Gemeinschaftsnormen geforderten zu verwirklichen.

    10
    Zu den beihilfefähigen Investitionen heißt es in Randziffer 36 (erster Absatz) des Gemeinschaftsrahmens von 2001:

    „Bei den beihilfefähigen Investitionen handelt es sich um Investitionen in Grundstücke, wenn diese für die Erfüllung der Umweltschutzziele unbedingt notwendig sind, in Gebäude, Anlagen und Ausrüstungsgüter, wenn diese auf die Verringerung bzw. Beseitigung von Verschmutzung und Schadstoffen oder zum Schutz der Umwelt auf die Anpassung von Produktionsverfahren abzielen.“

    11
    Zu den beihilfefähigen Kosten wird in den ersten drei Absätzen der Randziffer 37 im Einzelnen ausgeführt:

    „Beihilfefähig sind ausschließlich die zur Verwirklichung der Umweltschutzziele erforderlichen Investitionsmehrkosten.

    Dies bedeutet:

    Sind die Kosten für Umweltschutzinvestitionen nicht ohne weiteres von den Gesamtkosten zu trennen, wird die Kommission objektive und transparente Berechnungsmethoden berücksichtigen, zum Beispiel die Kosten einer Investition, die technisch vergleichbar ist, die aber nicht den gleichen Umweltschutzgrad ermöglicht.

    Auf alle Fälle sind in die beihilfefähigen Kosten nicht die Vorteile einzubeziehen, die sich aus einer etwaigen Kapazitätssteigerung, aus Kosteneinsparungen in den ersten fünf Jahren der Lebensdauer der Investition und der Nebenprodukte in diesen fünf Jahren ergeben.“

    12
    Der Gemeinschaftsrahmen von 2001 sieht vor, dass er ab seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften gilt (Randziffer 81), die am 3. Februar 2001 erfolgt ist. Ferner heißt es in Randziffer 82:

    „Die Kommission wendet die Vorschriften dieses Gemeinschaftsrahmens auf alle angemeldeten Beihilfevorhaben an, über die sie nach der Veröffentlichung des Gemeinschaftsrahmens im Amtsblatt zu entscheiden hat, auch wenn diese Vorhaben vor der Veröffentlichung angemeldet wurden. …“


    Vorgeschichte des Rechtsstreits

    13
    Die Autonome Region Friaul-Julisch Venetien erließ 1978 Maßnahmen zur Förderung von Umweltschutzinitiativen von Industrieunternehmen. Die fragliche Regelung, die sich aus Artikel 15 Absatz 1 des Regionalgesetzes Nr. 47 vom 3. Juni 1978 ergibt, wurde durch Artikel 7 des Regionalgesetzes Nr. 23 vom 8. April 1982, dann durch Artikel 34 des Regionalgesetzes Nr. 2 vom 20. Januar 1992 geändert. Sie wurde von der Kommission (mit Schreiben SG [92] D/18803 vom 22. Dezember 1992) genehmigt und mit Regionalgesetz Nr. 3 vom 3. Februar 1993 endgültig erlassen. Artikel 15 Absatz 1 des Regionalgesetzes Nr. 47 vom 3. Juni 1978, zuletzt geändert durch das Regionalgesetz Nr. 3 vom 3. Februar 1993, sieht vor:

    „Die Regionalverwaltung kann Industrieunternehmen, die seit mindestens zwei Jahren tätig sind und Produktionsprozesse oder ‑anlagen in Betrieb nehmen oder umgestalten wollen, um die Menge oder Gefährlichkeit der erzeugten Abwässer, Abfälle und Emissionen oder die Lärmbelästigung zu verringern oder die Qualität der Arbeitsbedingungen entsprechend den in den einschlägigen Rechtsvorschriften festgelegten neuen Standards zu verbessern, Beihilfen bis zu einer Höhe von 20 % der beihilfefähigen Kosten (Bruttosubventionsäquivalent) gewähren.“

    14
    1998 bewilligte die Autonome Region Friaul-Julisch Venetien neue Mittel für die 1992 von der Kommission genehmigte Beihilferegelung. Artikel 27 Buchstabe c Nummer 16 des Regionalgesetzes Nr. 3 vom 12. Februar 1998 über die Refinanzierung des Regionalgesetzes Nr. 2 vom 20. Januar 1992 sah Haushaltsmittel in Höhe von 4 500 Millionen ITL jährlich für den Zeitraum 1998–2000 vor. Diese Refinanzierungsmaßnahme wurde mit Entscheidung SG (98) D/7785 der Kommission vom 18. September 1998 genehmigt.

    15
    Die Ferriere Nord SpA (im Folgenden: Ferriere) ist ein in den Bereichen Stahl, Mechanik und Metallurgie tätiges Industrieunternehmen mit Sitz in Osoppo in der Autonomen Region Friaul-Julisch Venetien. Sie stellt Stahlerzeugnisse her, die zum Teil unter den EGKS-Vertrag und zum Teil unter den EG-Vertrag fallen. Das Unternehmen, das einer der größten Baustahlgewebehersteller in Europa ist, erzielte 1999 einen Umsatz von 210 800 000 Euro, davon 84 % in Italien, 11 % in der Europäischen Union und 5 % in der übrigen Welt.

    16
    Ferriere beantragte mit Schreiben vom 26. März 1997 bei der Autonomen Region Friaul-Julisch Venetien einen Zuschuss nach Artikel 15 des Regionalgesetzes Nr. 47 vom 3. Juni 1978 in der geänderten Fassung für eine neue, technologisch innovative Anlage zur Herstellung von Baustahlgewebe, mit der die Schadstoff- und Lärmemissionen verringert und die Arbeitsbedingungen verbessert werden konnten. Die Gesamtinvestition belief sich auf 20 Milliarden ITL.

    17
    Mit Regionaldekret vom 8. Oktober 1998 beschloss die Autonome Region Friaul-Julisch Venetien, Ferriere einen Zuschuss in Höhe von 15 % der beihilfefähigen Kosten, d. h. 1 650 000 000 ITL (852 154 Euro), zu gewähren.

    18
    Mit Schreiben vom 18. Februar 1999, bei der Generaldirektion „Wettbewerb“ der Kommission eingegangen am 25. Februar 1999, teilten die italienischen Behörden der Kommission im Rahmen des in Artikel 6 Absätze 1 und 2 der Entscheidung Nr. 2496/96 vorgesehenen Verfahrens der systematischen Anmeldung beabsichtigter Finanzierungsmaßnahmen zugunsten von Stahlunternehmen unter Einsatz öffentlicher Mittel ihre Absicht mit, dem Stahlunternehmen Ferriere gemäß dem Regionalgesetz Nr. 47 vom 3. Juni 1978 in der geänderten Fassung staatliche Umweltschutzbeihilfen zu gewähren.

    19
    Die Anmeldung betraf Beihilfen für Investitionen in Stranggießanlagen und eine neue Walzanlage für Baustahlgewebe. Die italienischen Behörden setzten die Auszahlung der Beihilfe für die Walzanlage aus, um die Schwierigkeiten zu vermeiden, die eine mögliche Erstattung im Fall einer Entscheidung der Gemeinschaft, mit der die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt wird, aufwerfen würde.

    20
    Mit Schreiben vom 3. Juni 1999 setzte die Kommission die Italienische Republik von ihrem Beschluss in Kenntnis, in Bezug auf die Beihilfe C 35/99 – Italien – Ferriere Nord das in Artikel 6 Absatz 5 der Entscheidung Nr. 2496/96 vorgesehene Verfahren zu eröffnen (ABl. 1999, C 288, S. 39).

    21
    Die italienischen Behörden teilten der Kommission mit Schreiben der Autonomen Region Friaul-Julisch Venetien an die Ständige Vertretung Italiens bei der Europäischen Union vom 3. August 1999 mit, dass die Investition für die Walzanlage in den Anwendungsbereich des EG-Vertrags falle, da das damit hergestellte Baustahlgewebe kein EGKS-Erzeugnis sei, dass sie den Zielen des Gesundheits- und des Umweltschutzes entspreche und dass die Maßnahme von Ziffer 3.2.1 des Gemeinschaftsrahmens von 1994 erfasst werde.

    22
    Ferriere und die European Independent Steelworks Association (EISA) machten mit Schreiben vom 5. bzw. 4. November 1999 ebenfalls geltend, dass der einschlägige rechtliche Rahmen für die Prüfung der Beihilfemaßnahmen der EG-Vertrag sei.

    23
    Mit Schreiben vom 25. Juli 2000 teilten die italienischen Behörden der Kommission mit, dass sie auf Antrag von Ferriere den Teil der Anmeldung zurückzögen, der sich auf die EGKS-Investition in Stranggießanlagen beziehe; sie bestätigten den die Investition in die Walzanlage betreffenden Teil der Anmeldung, der sich auf Nicht-EGKS-Stahlerzeugnisse beziehe, und ersuchten die Kommission, nach Artikel 88 Absatz 3 EG über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt zu entscheiden.

    24
    Mit Schreiben vom 14. August 2000 setzte die Kommission die Italienische Republik von ihrem Beschluss in Kenntnis, in Bezug auf die Beihilfe C 45/00 – Italien – Ferriere Nord SpA für Investitionen in eine neue Walzanlage für Baustahlgewebe das Verfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG einzuleiten (ABl. 2000, C 315, S. 4). In dieser Entscheidung führte die Kommission u. a. aus, dass Ferriere, da sie ein Unternehmen sei, das keine getrennten Bücher für seine Tätigkeiten, je nachdem ob sie unter den EGKS- oder den EG-Vertrag fielen, führe, sicherstellen müsse, dass die Beihilfe nicht den EGKS-Tätigkeiten zugute komme.

    25
    Ferriere nahm mit Schreiben vom 13. November 2000 Stellung, in dem sie unter Hinweis auf die Trennung ihrer EGKS‑ von ihren EG-Tätigkeiten und die Bedeutung des Umweltziels ihrer Investition ausführte, dass die Beihilfe nach der 1992 genehmigten Regelung gewährt worden sei und im Einklang mit Ziffer 3.2.1 des Gemeinschaftsrahmens von 1994 stehe.

    26
    Mit Schreiben vom 4. Dezember 2000 an die Kommission erklärte die UK Iron and Steel Association, dass die Beihilfe anhand der EGKS-Bestimmungen zu prüfen sei und dass die geplante Investition eindeutig wirtschaftlichen Zielen diene.

    27
    In einem Schreiben vom 15. Januar 2001 machte die italienische Regierung erneut geltend, dass die Beihilfe auf der Grundlage des EG-Vertrags zu würdigen sei.

    28
    Die Kommission erließ am 28. März 2001 die Entscheidung 2001/829/EG, EGKS über die staatliche Beihilfe, die Italien zugunsten von Ferriere Nord SpA gewähren will (ABl. L 310, S. 22, im Folgenden: angefochtene Entscheidung).

    29
    Die Kommission führt in der angefochtenen Entscheidung aus, dass das Baustahlgewebe, das in einer vom Unternehmen abgetrennten Einheit mit Hilfe der Walzanlage hergestellt werde, kein EGKS-Erzeugnis sei und die Beihilfe daher nach den Bestimmungen des EG-Vertrags beurteilt werden müsse. Der geplante Zuschuss stelle eine staatliche Beihilfe dar.

    30
    Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die Investition, die die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens verbessern und eine alte Anlage ersetzen solle, in erster Linie wirtschaftliche Gründe habe, dass sie auf jeden Fall erfolgt wäre und die Gewährung einer Umweltschutzbeihilfe daher nicht rechtfertige. Ihre positiven Auswirkungen auf den Umweltschutz und die Arbeitsbedingungen seien die zwangsläufigen Folgen einer neuen Anlage. In Ermangelung verbindlicher Umweltnormen, die zum Bau der neuen Walzanlage verpflichteten, könne die Beihilfe nicht als eine Einzelfallanwendung einer bereits genehmigten Regelung angesehen werden. Aber selbst wenn man annehme, dass der Umweltschutz das Hauptziel gewesen sei, könne der den Umweltschutz betreffende Kostenanteil nicht von den Gesamtkosten der Investition getrennt werden, wie dies der Gemeinschaftsrahmen von 2001 verlange.

    31
    Die Kommission erklärt demnach, dass die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei und nicht gewährt werden dürfe. Sie gibt der Italienischen Republik auf, dieser Entscheidung nachzukommen. Sie schließt das Verfahren im Zusammenhang mit der Beihilfe C 35/99 – Italien – Ferriere Nord (siehe oben, Randnr. 20) ab.


    Verfahren

    32
    Ferriere hat mit Klageschrift, die am 31. Juli 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, auf der Grundlage der Artikel 230 Absatz 4 EG, 235 EG und 288 Absatz 2 EG die vorliegende Klage erhoben.

    33
    Die Italienische Republik hat am 22. November 2001 beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 14. Januar 2002 hat der Präsident der Ersten erweiterten Kammer diesem Antrag stattgegeben.

    34
    Durch Entscheidung des Gerichts vom 2. Juli 2003 (ABl. C 184, S. 32) ist der Berichterstatter für den Zeitraum vom 1. Oktober 2003 bis zum 31. August 2004 der Vierten erweiterten Kammer zugeteilt worden, an die die Rechtssache demzufolge verwiesen worden ist.

    35
    Mit am 28. Oktober 2003 zugestellter prozessleitender Maßnahme hat das Gericht die Kommission und die Italienische Republik aufgefordert, die Gesetzgebungs- und Verwaltungsunterlagen in Bezug auf die 1992 genehmigte Beihilferegelung vorzulegen und anzugeben, ob später Änderungen vorgenommen worden seien. Die Klägerin ist aufgefordert worden, anzugeben, welche Gesichtspunkte es ihrer Meinung nach erlaubten, die den Umweltschutz betreffenden Investitionskosten abzutrennen.

    36
    Mit Schreiben vom 26. November 2003 haben die Beteiligten auf die Ersuchen des Gerichts geantwortet.

    37
    Die Beteiligten haben in der Sitzung vom 15. Januar 2004 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.


    Anträge der Beteiligten

    38
    Ferriere beantragt,

    die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;

    die Kommission zum Ersatz des Schadens zu verurteilen, der ihr durch diese Entscheidung entstanden ist, zuzüglich Zinsen zum in Italien geltenden gesetzlichen Zinssatz und eines Betrages zum Inflationsausgleich, die auf der Grundlage des Beihilfebetrags jeweils ab dem 26. April 1999 zu berechnen seien;

    der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

    39
    Die Italienische Republik beantragt, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären.

    40
    Die Kommission beantragt,

    die Klage abzuweisen;

    der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.


    Zur Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung

    41
    Zur Begründung ihrer Klage macht Ferriere verfahrens- und materiell‑rechtliche Klagegründe geltend.

    Zum Verfahren

    42
    Die Klägerin führt sechs verfahrensrechtliche Klagegründe an, mit denen sie geltend macht, dass die Kommission nicht berechtigt gewesen sei, das förmliche Beihilfeprüfverfahren zu eröffnen, dass sie die Verfahrensfristen nicht eingehalten habe und dass sie die Verteidigungsrechte, den Grundsatz des Vertrauensschutzes, den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und ihre Pflicht, die Entscheidung zu begründen, verletzt habe.

    Zum ersten verfahrensrechtlichen Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, dass die Kommission nicht berechtigt gewesen sei, das förmliche Beihilfeprüfverfahren zu eröffnen

    – Vorbringen der Beteiligten

    43
    Ferriere trägt vor, die Kommission habe das erste Mal am 3. Juni 1999 und das zweite Mal am 14. August 2000 zu Unrecht das förmliche Verfahren eröffnet, da die streitige Beihilfe eine Maßnahme zur Durchführung der genehmigten Regelung darstelle. Die Kommission hätte den versehentlich angemeldeten Vorgang abschließen müssen, nachdem sie seine Übereinstimmung mit der genehmigten Regelung festgestellt hätte. Die Eröffnung des förmlichen Verfahrens unter den Umständen des vorliegenden Falles stelle somit einen Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit dar.

    44
    Die Italienische Republik, die einen Ermessensmissbrauch geltend macht, trägt vor, die Kommission hätte sich darauf beschränken müssen, die Anmeldung zur Kenntnis zu nehmen, und hätte sie nicht als eine Einzelbeihilfe prüfen dürfen.

    45
    Die Kommission führt aus, sie habe das förmliche Prüfverfahren zu Recht eröffnet. Sie macht zum einen geltend, dass die italienischen Behörden die Beihilfe auf Ersuchen der Autonomen Region Friaul-Julisch Venetien angemeldet hätten, weil sie der Ansicht gewesen seien, die Beihilfe sei nicht durch die genehmigte Regelung gedeckt, dass die italienische Regierung sie mit ihrer zweiten Anmeldung vom 25. Juli 2000 um ihre Stellungnahme zu einer neuen Beihilfe im Sinne des Artikels 88 Absatz 3 EG gebeten habe und dass für weitere Untersuchungen kein Anlass bestanden habe, da nicht vorgetragen worden sei, dass die Beihilfe durch die genehmigte Regelung gedeckt sei. Zum anderen hätten die italienischen Behörden bei der Anmeldung der Beihilfe angegeben, dass, anders als nach der genehmigten Regelung erforderlich, keine verbindlichen Normen bestünden. Sie habe das Beihilfevorhaben, nachdem sie nach Überprüfung festgestellt habe, dass es nicht unter eine bestehende Regelung falle, anhand der geltenden Rechtsvorschriften geprüft.

    – Würdigung durch das Gericht

    46
    Den italienischen Behörden wurden am 3. Juni 1999 und 14. August 2000 zwei Beschlüsse über die Einleitung des förmlichen Verfahrens mitgeteilt.

    47
    Aus dem oben in Randnummer 13 erwähnten Schreiben der Kommission vom 22. Dezember 1992, mit dem die von der Autonomen Region Friaul-Julisch Venetien geplante Beihilferegelung zugunsten des Umweltschutzes genehmigt wurde, ergibt sich, dass die Kommission auf der Grundlage der Bestimmungen des EG-Vertrags entschieden hatte, nach denen ihr diese Regelung am 23. Januar 1992 von den italienischen Behörden notifiziert worden war, und nicht auf der Grundlage des EGKS-Vertrags.

    48
    Zudem meldeten die italienischen Behörden am 18. Februar 1999 gemäß den Vorgaben des Artikels 6 Absatz 1 der Entscheidung Nr. 2496/96, wonach die Kommission über Beihilfevorhaben zu informieren ist, über die sie bereits auf der Grundlage des EG-Vertrags entschieden hat, die Umweltschutzbeihilfe an, die sie der Klägerin zu gewähren beabsichtigten. Die Angabe in dieser Anmeldung, dass die Beihilfe nach dem Regionalgesetz Nr. 47 vom 3. Juni 1978 in der durch das Regionalgesetz Nr. 2 vom 2. Januar 1992 geänderten Fassung – „der Kommission damals angemeldet und positiv verbeschieden“ – gewährt worden sei, ist unerheblich, da die Genehmigung im Rahmen des EG-Vertrags erteilt worden war und die genannten Bestimmungen der Entscheidung Nr. 2496/96 den Mitgliedstaat in einem solchen Fall verpflichteten, ein in den Anwendungsbereich des EGKS-Vertrags fallendes Beihilfevorhaben zu notifizieren.

    49
    Da die Kommission Zweifel an der Vereinbarkeit dieses Vorhabens mit der Entscheidung Nr. 2496/96 hatte, war sie berechtigt, nach Artikel 6 Absatz 5 dieser Entscheidung, oben in Randnummer 5 zitiert, das förmliche Verfahren zu eröffnen, wie sie dies am 3. Juni 1999 getan hat.

    50
    Die Ansicht von Ferriere, die Kommission habe das erste förmliche Verfahren zu Unrecht eröffnet, ist daher nicht haltbar.

    51
    Was die Eröffnung des zweiten förmlichen Verfahrens angeht, so ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission eine ihr mitgeteilte individuelle Beihilfe, die angeblich aufgrund einer zuvor genehmigten Regelung gewährt wurde, nicht ohne weiteres am EG-Vertrag messen kann. Sie hat – bevor sie ein Verfahren eröffnet – zu prüfen, ob die Beihilfe durch die allgemeine Regelung gedeckt ist und die in der Entscheidung über die Genehmigung dieser Regelung aufgestellten Bedingungen erfüllt. Würde die Kommission nicht so vorgehen, könnte sie bei der Prüfung jeder individuellen Beihilfe ihre Entscheidung über die Genehmigung der Beihilferegelung, der bereits eine Prüfung anhand des Artikels 87 EG vorausgehen musste, rückgängig machen und damit die Beachtung der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes gefährden. Eine Beihilfe, die eine strikte und vorhersehbare Anwendung der Bedingungen darstellt, die in der Entscheidung über die Genehmigung der allgemeinen Regelung festgelegt sind, ist daher als bestehende Beihilfe anzusehen, die weder der Kommission mitzuteilen noch anhand des Artikels 87 EG zu prüfen ist (Urteil des Gerichtshofes vom 16. Mai 2002 in der Rechtssache C‑321/99 P, ARAP u. a./Kommission, Slg. 2002, I‑4287, Randnr. 83 und die zitierte Rechtsprechung).

    52
    Als die italienischen Behörden im vorliegenden Fall am 25. Juni 2000, wie oben in Randnummer 23 ausgeführt, einen Teil der ersten Anmeldung zurückzogen und den die Beihilfe für die Walzanlage betreffenden Teil bestätigten, ersuchten sie die Kommission ausdrücklich, zur Vereinbarkeit des Beihilfevorhabens mit dem Gemeinsamen Markt nach Artikel 88 Absatz 3 EG, der neue Beihilfen betrifft, und nicht im Rahmen der ständigen Zusammenarbeit der Kommission mit den Mitgliedstaaten nach Artikel 88 Absatz 1 EG, bei dem es um bestehende Beihilfen geht, Stellung zu nehmen.

    53
    Außerdem nahm zwar das Schreiben der Autonomen Region Friaul-Julisch Venetien vom 15. Februar 1999, das der Anmeldung vom 18. Februar 1999 beigefügt war und für deren aufrechterhaltenen Teil relevant blieb, auf die genehmigte Regelung Bezug, doch die italienischen Behörden trugen nicht vor, dass die Beihilfe für die Investition von Ferriere eine Maßnahme zur Durchführung dieser Regelung darstelle. Zudem ist vorsorglich darauf hinzuweisen, dass, während die in Randnummer 13 oben zitierte genehmigte Regelung Investitionen betrifft, die zu Verbesserungen im Hinblick auf den Umweltschutz oder die Arbeitsbedingungen „entsprechend den in den einschlägigen Rechtsvorschriften festgelegten neuen Standards“ führen, in oben genanntem Schreiben klargestellt wurde, dass Ferriere keinen verbindlichen Normen oder anderen rechtlichen Verpflichtungen unterliege, was prima facie Zweifel an der Übereinstimmung des angemeldeten Vorhabens mit der genehmigten Regelung zuließ.

    54
    Angesichts der Mehrdeutigkeit des Schreibens vom 15. Februar 1999 und des Umstands, dass die italienischen Behörden bei ihrer zweiten Anmeldung nicht vortrugen, dass die Ferriere gewährte Beihilfe eine Maßnahme zur Durchführung der genehmigten Regelung darstelle, obwohl sie das streitige Beihilfevorhaben der Kommission zweimal vorlegten, wobei sie es das zweite Mal nach Artikel 88 Absatz 3 EG als eine neue Beihilfe anmeldeten und die Kommission in ihrem Schreiben vom 25. Juli 2000 ausdrücklich ersuchten, über deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt zu entscheiden, ist nicht ersichtlich, dass die Kommission rechtswidrig gehandelt hat, als sie das förmliche Verfahren ein zweites Mal eröffnet hat.

    55
    Der Hinweis von Ferriere und der Italienischen Republik auf die vom Gerichtshof entschiedenen Rechtssachen „Italgrani“ und „Tirrenia“ (Urteile des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C‑47/91, Italien/Kommission, „Italgrani“, Slg. 1994, I‑4635, und vom 9. Oktober 2001 in der Rechtssache C‑400/99, Italien/Kommission, „Tirrenia“, Slg. 2001, I‑7303) ist nicht einschlägig. In diesen Rechtssachen hatte die Kommission das förmliche Verfahren aufgrund von Beschwerden eingeleitet, und die italienische Regierung machte geltend, dass die den betroffenen Unternehmen gewährten Beihilfen im Fall von Italgrani von einer genehmigten Regelung und im Fall von Tirrenia von einem Vertrag über die Erbringung öffentlicher Versorgungsleistungen gedeckt seien, so dass es sich um bestehende Beihilfen handele (Urteile Italgrani, Randnrn. 6 und 12, und Tirrenia, Randnrn. 8, 24 und 25). Der Gerichtshof hat im Urteil Italgrani ausgeführt, dass eine Infragestellung der „individuellen Beihilfen, die der Entscheidung über die Genehmigung der Beihilferegelung in vollem Umfang entsprechen“, durch die Kommission die Einhaltung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit gefährden würde (Urteil Italgrani, Randnr. 24).

    56
    Die Erwägungen des Gerichtshofes sind auf den vorliegenden Fall, der eine der Kommission nach Artikel 88 Absatz 3 EG als neue Beihilfe angemeldete Einzelbeihilfe betrifft, nicht übertragbar.

    57
    Nach alledem kann Ferriere weder eine rechtswidrige Eröffnung des förmlichen Verfahrens noch einen Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit geltend machen. Der erste Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

    Zum zweiten verfahrensrechtlichen Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, dass die Kommission die Verfahrensfristen nicht eingehalten habe

    – Vorbringen der Beteiligten

    58
    Ferriere macht geltend, dass die Kommission die im Beihilferecht vorgesehenen Verfahrensfristen in zweifacher Hinsicht überschritten habe. Zum einen habe sie das förmliche Verfahren am 3. Juni 1999, d. h. über drei Monate nach der Anmeldung, eröffnet, obwohl sie nach den Bestimmungen und der Rechtsprechung innerhalb von zwei Monaten nach der Beihilfenanmeldung hätte entscheiden müssen. Zum anderen habe die Kommission die Frist von 18 Monaten nicht eingehalten, die ihr in Artikel 7 Absatz 6 der Verordnung Nr. 659/99 für ihre Entscheidung nach Einleitung eines förmlichen Verfahrens gesetzt werde, da die angefochtene Entscheidung erst nach 20 Monaten erlassen worden sei. Die Frist von 18 Monaten sei zwar nicht zwingend, könne aber von der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat nur einvernehmlich verlängert werden.

    59
    Die Italienische Republik trägt vor, dass der verspätete Erlass der angefochtenen Entscheidung einen Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 6 der Verordnung Nr. 659/1999 darstelle und dass sie keine Verlängerung der Frist für den Abschluss des förmlichen Verfahrens gewährt habe. Die Kommission habe den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verletzt, als sie in Artikel 3 der angefochtenen Entscheidung das aufgrund der Anmeldung vom 18. Februar 1999 nach dem EGKS-Vertrag eröffnete Verfahren für abgeschlossen erklärt habe.

    60
    Die Kommission führt aus, dass der Klagegrund der überlangen Verfahrensdauer nicht begründet sei. In Bezug auf die Eröffnung des förmlichen Verfahrens weist sie darauf hin, dass die ursprüngliche Anmeldung auf der Grundlage von Vorschriften erfolgt sei, die sich als nicht einschlägig erwiesen hätten, so dass sie nicht in der normalerweise geltenden Frist von zwei Monaten habe reagieren müssen, und dass ihr die italienischen Behörden nicht mitgeteilt hätten, dass sie die Beihilfe zu gewähren beabsichtigten. Hinsichtlich der Dauer des förmlichen Prüfverfahrens macht die Kommission geltend, dass die in Artikel 7 Absatz 6 der Verordnung Nr. 659/1999 vorgesehene Frist von 18 Monaten nicht zwingend sei. Da die angefochtene Entscheidung vom 28. März 2001 außerdem auf dem zweiten Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Verfahrens vom 14. August 2000 beruhe, habe das Verfahren tatsächlich nur siebeneinhalb Monate gedauert.

    – Würdigung durch das Gericht

    61
    Zum ersten Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Verfahrens ist zu bemerken, dass die einschlägige Bestimmung, da es sich um eine Anmeldung im Rahmen des EGKS-Vertrags handelte, Artikel 6 Absatz 6 der Entscheidung Nr. 2496/96 ist und nicht, wie die Beteiligten zu Unrecht meinen, Artikel 4 Absatz 5 der Verordnung Nr. 659/1999, der auf die zweite Anmeldung anwendbar ist.

    62
    Artikel 6 Absatz 6 der Entscheidung Nr. 2496/96 nennt eine Frist von zwei Monaten, nach deren Ablauf – falls kein förmliches Verfahren eröffnet worden ist – die geplanten Maßnahmen durchgeführt werden dürfen, wenn der Mitgliedstaat zuvor die Kommission von seiner diesbezüglichen Absicht unterrichtet hat. Diese Bestimmung setzt der Kommission keine bei Meidung der Nichtigkeit einzuhaltende Frist, sondern fordert sie gemäß dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung auf, mit der gebotenen Eile zu handeln, und ermöglicht es dem betreffenden Mitgliedstaat, die Beihilfemaßnahmen nach Ablauf einer Frist von zwei Monaten durchzuführen, sofern er dies der Kommission zuvor mitgeteilt hat (Urteile des Gerichtshofes in der Rechtssache 120/73 vom 11. Dezember 1973, Lorenz, Slg. 1973, 1471, Randnr. 6, und vom 20. März 1984 in der Rechtssache 84/82, Deutschland/Kommission, Slg. 1984, 1451, Randnr. 11).

    63
    Die italienischen Behörden haben die Kommission jedoch nicht von ihrer Absicht, die fragliche Beihilfe auszuzahlen, in Kenntnis gesetzt. Die Streithelferin kann sich nicht darauf berufen, sie habe der Kommission keine „Fristverlängerung“ gewährt, da eine solche Vorgehensweise in Artikel 6 Absatz 6 der Entscheidung Nr. 2496/96 nicht vorgesehen ist. Außerdem hat die Kommission, die die Anmeldung am 25. Februar 1999 erhalten hatte, das förmliche Verfahren zwar erst am 3. Juni 1999, d. h. drei Monate und neun Tage später, eröffnet; dieser Zeitraum, in dem sich die italienischen Behörden nicht nach den in der genannten Bestimmung vorgesehenen Modalitäten gegenüber der Kommission äußerten, erscheint jedoch unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht übermäßig lang. Jedenfalls ergibt sich aus Artikel 6 Absatz 6 der Entscheidung Nr. 2496/96 nicht, dass ein mehr als zwei Monate nach der Anmeldung eröffnetes formelles Verfahren deshalb nichtig wäre.

    64
    Der Ansicht von Ferriere, die angefochtene Entscheidung sei wegen verspäteter Einleitung des förmlichen Verfahrens rechtswidrig, ist daher nicht zu folgen.

    65
    Was den Zeitraum bis zum Erlass der angefochtenen Entscheidung durch die Kommission angeht, so bestimmt der auf die fragliche Beihilfemaßnahme anwendbare Artikel 7 Absatz 6 der Verordnung Nr. 659/1999, oben in Randnummer 4 zitiert, dass sich die Kommission darum bemühen muss, möglichst innerhalb von 18 Monaten nach Eröffnung des Prüfverfahrens eine Entscheidung zu erlassen; diese Frist kann von der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat einvernehmlich verlängert werden.

    66
    Im vorliegenden Fall gilt diese Frist für das Verfahren, das auf die zweite, nach dem EG-Vertrag vorgenommene Anmeldung folgte, nicht aber, wie die Klägerin vorträgt, für das Verfahren, das auf die erste, nach dem EGKS-Vertrag vorgenommene Anmeldung folgte.

    67
    Die angefochtene Entscheidung bezieht sich zwar auf beide Verträge, erwähnt die erste, am 25. Februar 1999 nach dem EGKS-Vertrag vorgenommene Anmeldung und erklärt in ihrem Artikel 3 das infolge dieser Anmeldung eröffnete Verfahren für abgeschlossen. Aber diese erste Anmeldung war in Bezug auf die darin genannten EGKS-Beihilfevorhaben durch die zweite Anmeldung zurückgezogen worden. Diese zweite Anmeldung ersetzte die erste und bestätigte die Befassung der Kommission mit dem nunmehr dem EG-Vertrag zugeordneten streitigen Beihilfevorhaben. In diesem Zusammenhang haben die italienischen Behörden in der mündlichen Verhandlung die Schwierigkeiten erläutert, die mit Maßnahmen zugunsten von Stahlunternehmen wie der Klägerin, die den Anwendungsbereich beider Verträge berührten, verbunden seien. Im Übrigen wäre der nach der ersten Eröffnung des förmlichen Verfahrens am 3. Juni 1999 vergangene Zeitraum anhand der Entscheidung Nr. 2496/96 zu beurteilen. Diese legt aber keine Frist fest, innerhalb deren nach Eröffnung eines förmlichen Verfahrens eine Entscheidung zu erlassen ist.

    68
    Folglich ist auf die Verfahrensdauer ab der Eröffnung des förmlichen Verfahrens am 14. August 2000, die auf die zweite, auf dem EG-Vertrag beruhende Anmeldung des Beihilfevorhabens folgte, abzustellen, und zwar vor dem Hintergrund der Verordnung Nr. 659/1999.

    69
    Da die Kommission die angefochtene Entscheidung am 28. März 2001, d. h. sieben Monate und 14 Tage nach Eröffnung des förmlichen Verfahrens, erließ, ist die oben in Randnummer 65 genannte Frist von 18 Monaten, die eine verlängerbare Ordnungsfrist ist, eingehalten worden. Der Ansicht der Klägerin, die Kommission habe die für den Erlass der angefochtenen Entscheidung vorgesehenen Fristen überschritten, ist daher nicht zu folgen. Doch selbst wenn man auf das Datum der ersten Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Verfahrens, den 3. Juni 1999, abstellte, läge die Verfahrensdauer bei knapp 22 Monaten, was keine unangemessene Überschreitung der oben genannten Ordnungsfrist von 18 Monaten darstellt (Urteil des Gerichts vom 27. November 2003 in der Rechtssache T‑190/00, Regione Siciliana/Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 139).

    70
    Auch hat die Kommission unter den Umständen des vorliegenden Falles, die durch die Dualität der Tätigkeiten des Unternehmens und die Einheitlichkeit seines Rechnungswesens, die Übermittlung zweier aufeinander folgender Anmeldungen, zunächst nach dem EGKS-Vertrag, dann nach dem EG-Vertrag, und die Verpflichtung der Kommission zur Überprüfung der Art der geförderten Tätigkeit – EGKS oder EG – gekennzeichnet sind, ihre Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit mit der Italienischen Republik nicht verletzt. Artikel 3 der angefochtenen Entscheidung, in dem das Verfahren, das aufgrund der nach dem EGKS-Vertrag erfolgten Anmeldung eröffnet worden war, für abgeschlossen erklärt wird, zieht in diesem Zusammenhang lediglich den notwendigen förmlichen Schlussstrich unter das am 3. Juni 1999 eingeleitete Verfahren.

    71
    Nach alledem kann Ferriere nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Kommission die Verfahrensfristen missachtet habe. Der zweite Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

    Zum dritten verfahrensrechtlichen Klagegrund, mit dem eine Verletzung der Verteidigungsrechte gerügt wird

    – Vorbringen der Beteiligten

    72
    Ferriere trägt vor, die Kommission habe bei der Anwendung der aufeinander folgenden Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen die Verteidigungsrechte verletzt. Sie habe das förmliche Verfahren nämlich unter der Geltung des Gemeinschaftsrahmens von 1994 eingeleitet, die angefochtene Entscheidung aber auf der Grundlage des Gemeinschaftsrahmens von 2001 erlassen, ohne die Italienische Republik und die Beteiligten aufgefordert zu haben, zum neuen Gemeinschaftsrahmen Stellung zu nehmen.

    73
    Die Kommission macht geltend, dass im Verfahren der Prüfung staatlicher Beihilfen nur den Mitgliedstaaten als Adressaten der Entscheidungen Verteidigungsrechte zustünden. Die Klägerin sei über die Eröffnung der förmlichen Prüfverfahren informiert worden, sie habe zwei Stellungnahmen eingereicht, die berücksichtigt worden seien, und habe nach der Veröffentlichung des Gemeinschaftsrahmens von 2001 erneut Stellung nehmen können. Überdies seien die Beurteilungskriterien im neuen Gemeinschaftsrahmen im Wesentlichen unverändert geblieben.

    – Würdigung durch das Gericht

    74
    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der von Ferriere geltend gemachte Klagegrund nicht im Hinblick auf die Verteidigungsrechte zu prüfen ist, die in Beihilfesachen nur den Mitgliedstaaten zustehen, sondern im Hinblick auf das Recht der „Beteiligten“ nach Artikel 88 Absatz 2 EG, sich im Rahmen der dort erwähnten Prüfungsphase zu äußern (Urteil des Gerichts vom 6. März 2003 in den Rechtssachen T‑228/99 und T‑233/99, Westdeutsche Landesbank Girozentrale und Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, Slg. 2003, II-435, Randnrn. 122 bis 125).

    75
    Als der Gemeinschaftsrahmen von 2001 veröffentlicht wurde, hatten sich die Beteiligten bereits auf der Grundlage des Gemeinschaftsrahmens von 1994 geäußert. Aus dem Gemeinschaftsrahmen von 2001, insbesondere aus seiner Einleitung, ergibt sich, dass er den Gemeinschaftsrahmen von 1994 fortführt und den neuen Ansatz der Kommission unter Berücksichtigung der nationalen und internationalen Entwicklungen bei den Umweltschutzkonzepten, im Umweltrecht und in der Umweltpolitik definiert. Hätte die Kommission, wie von ihr angenommen, beim Erlass der angefochtenen Entscheidung den neuen Gemeinschaftsrahmen anwenden dürfen (diese Frage wird in den Randnrn. 134 bis 140 erörtert), hätte sie ihre Entscheidung nur dann auf die mit dem Gemeinschaftsrahmen von 2001 eingeführten neuen Grundsätze stützen dürfen, wenn sie die Beteiligten aufgefordert hätte, sich dazu zu äußern, da sie andernfalls deren Verfahrensrechte missachtet hätte.

    76
    Aus der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Kommission die Beihilfe aus zwei Gründen für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt hat: erstens, weil die Investition hauptsächlich aus wirtschaftlichen Erwägungen erfolgt sei (Begründungserwägung 31) und die ökologischen Vorteile Nebenwirkung dieser Investition seien (Begründungserwägung 33), und zweitens, weil die Investitionsmehrkosten für den Umweltschutz nicht abgetrennt werden könnten (Begründungserwägung 32).

    77
    Die in den beiden Gemeinschaftsrahmen aufgestellten Grundsätze sind hinsichtlich dieser Gründe im Wesentlichen gleichlautend, worauf die Kommission in der Begründungserwägung 31 (Fußnote 3) der angefochtenen Entscheidung hingewiesen hat. Der Gemeinschaftsrahmen von 2001 sieht wie der von 1994 vor, dass die Investitionen, die dem Umweltschutz dienen, beihilfefähig sind (Ziffer 3.2.1 des Gemeinschaftsrahmens von 1994 und Randziffer 36 des Gemeinschaftsrahmens von 2001, zitiert oben in den Randnrn. 6 und 10), wobei der Gemeinschaftsrahmen von 1994 die Gewährung von Beihilfen, die angeblich Umweltzwecken dienen, in Wirklichkeit aber allgemeine Investitionen fördern, ausdrücklich ausschließt. Die beiden Gemeinschaftsrahmen enthalten zudem die gleiche Methode zur Berechnung der beihilfefähigen Kosten (Ziffer 3.2.1 des Gemeinschaftsrahmens von 1994 und Randziffer 37, zitiert oben in Randnr. 11, des Gemeinschaftsrahmens von 2001).

    78
    Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, dass die Streichung bestimmter Hinweise im Gemeinschaftsrahmen von 2001 nicht folgenlos sei, insbesondere was die neuen Anlagen betreffe, für die nach der Regelung von 1994 Beihilfen hätten gewährt werden dürfen, wenn diese Anlagen positive Auswirkungen auf die Umwelt hätten. In ihren Schriftsätzen trägt Ferriere in diesem Zusammenhang vor, dass aus dem Umstand, dass der Gemeinschaftsrahmen von 1994 in Ziffer 3.2.1 Investitionsgrundkosten für Neu- oder Ersatzanlagen, die ausschließlich der Schaffung oder Ersetzung von Produktionskapazitäten dienten, ohne den Umweltschutz zu verbessern, ausschließe, der Umkehrschluss zu ziehen sei, dass eine Beihilfe für eine neue Anlage gewährt werden könne, wenn diese sich positiv auf den Umweltschutz auswirke.

    79
    Die Erklärungen der Klägerin betreffen jedoch in Wirklichkeit die Bestimmung der „beihilfefähigen Kosten“ nach Ziffer 3.2.1 des Gemeinschaftsrahmens von 1994, die „ausschließlich die zur Verwirklichung der Umweltziele erforderlichen Mehrkosten“ sind. Der oben in Randnummer 6 zitierte Gemeinschaftsrahmen stellte klar, dass „Investitionsgrundkosten für Neu- oder Ersatzanlagen [daher] nicht beihilfefähig [sind], wenn sie ausschließlich der Schaffung oder Ersetzung von Produktionskapazitäten dienen, ohne den Umweltschutz zu verbessern“. Demnach kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gemeinschaftsrahmen von 2001 die frühere Regelung abändert. Denn unabhängig davon, ob die Investition eine neue oder eine alte Anlage betrifft, sind nur die zur Verwirklichung der Umweltziele erforderlichen Mehrkosten beihilfefähig. Auch wenn der Gemeinschaftsrahmen von 2001 nicht den gleichen Hinweis wie derjenige von 1994 enthält, so bleibt diese Voraussetzung für die Beihilfefähigkeit doch bestehen.

    80
    Die Kommission hat dem neuen Gemeinschaftsrahmen folglich keine Beurteilungsgrundsätze und -kriterien entnommen, die ihre Würdigung der angemeldeten Beihilfe geändert hätten. Eine erneute Konsultation der Beteiligten war daher nicht erforderlich. Die Klägerin konnte, wie in den Begründungserwägungen 13 bis 16 der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben, zu den in beiden Gemeinschaftsrahmen im Wesentlichen gleichen Beurteilungsgrundsätzen und ‑kriterien, aufgrund deren die Kommission die Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt hat, Stellung nehmen.

    81
    Die Kommission hat ihre Entscheidung somit nicht auf Gründe gestützt, zu denen sich die Klägerin nicht hat äußern können, und folglich nicht gegen Artikel 88 Absatz 2 EG verstoßen.

    82
    Ferriere kann demnach nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Verteidigungsrechte, hier als die den „Beteiligten“ durch Artikel 88 Absatz 2 EG eingeräumten Verfahrensrechte verstanden, verletzt worden seien. Der dritte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

    Zum vierten verfahrensrechtlichen Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes gerügt wird

    – Vorbringen der Beteiligten

    83
    Ferriere trägt vor, die Kommission habe den Schutz verkannt, der aus einem berechtigten Vertrauen in Bezug auf das Verfahren erwachse. Da die Kommission nämlich weder von den italienischen Behörden noch von der Klägerin jemals verlangt habe, Belege für die ökologische Zielsetzung der Investition vorzulegen, sei sie nicht berechtigt gewesen, in ihrer Entscheidung festzustellen, dass ihr hierzu keine Unterlagen vorgelegt worden seien.

    84
    Die Italienische Republik macht geltend, der von der Kommission in deren Entscheidung erhobene Vorwurf, dass die ökologische Zielsetzung der Investition nicht belegt worden sei, verkenne die Beweislastregeln, da es sich um ein Verfahren der Überprüfung der Vereinbarkeit mit dem Vertrag und nicht um ein Genehmigungsverfahren handele und die Beweislast somit der Kommission obliege.

    85
    Die Kommission trägt vor, dass sie nicht gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoßen habe und dass die italienische Regierung und das Unternehmen in den Beschlüssen über die Eröffnung des förmlichen Verfahrens unmissverständlich aufgefordert worden seien, Belege für die ökologische Zielsetzung der Investition vorzulegen.

    – Würdigung durch das Gericht

    86
    Der Klagegrund besteht aus zwei Teilen, von denen der eine die Unterlagen betrifft, die die Kommission von den Beteiligten hätte verlangen müssen, und der andere die Beweislastregelung.

    87
    Ferriere wirft der Kommission erstens vor, weder von ihr noch von der italienischen Regierung Unterlagen über die ökologische Zielsetzung der Investition verlangt und später in der Entscheidung festgestellt zu haben, dass keine entsprechenden Dokumente vorgelegt worden seien (Begründungserwägung 30).

    88
    Der Grundsatz des Vertrauensschutzes, auf den sich die Klägerin beruft, besagt, dass die Kommission bei der Durchführung eines beihilferechtlichen Prüfverfahrens das berechtigte Vertrauen berücksichtigen muss, das die Ausführungen in der Entscheidung über die Eröffnung des Prüfverfahrens erwecken konnten (Urteil des Gerichts vom 5. Juni 2001 in der Rechtssache T‑6/99, ESF Elbe-Stahlwerke Feralpi/Kommission, Slg. 2001, II‑1523, Randnr. 126), und folglich die abschließende Entscheidung nicht auf das Fehlen von Unterlagen stützen darf, deren Vorlage die Beteiligten in Anbetracht dieser Ausführungen nicht für erforderlich halten mussten.

    89
    Aus dem oben in Randnummer 20 erwähnten Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Verfahrens vom 3. Juni 1999 geht hervor, dass die Kommission bezweifelte, dass mit der Investition in erster Linie Umweltschutzziele verfolgt würden, dass sie in diesem Stadium der Ansicht war, dass entsprechende Auswirkungen sehr beschränkt wären, und dass die mutmaßlichen umweltschutzfreundlichen Aspekte eher dem Schutz der Arbeitnehmer zuzurechnen seien und somit weder in den Anwendungsbereich des Stahlbeihilfekodex noch des Gemeinschaftsrahmens von 1994 fielen. Die Kommission erinnerte auch daran, dass aufgrund des Alters der Anlagen aus wirtschaftlichen Gründen getätigte Investitionen nicht beihilfefähig seien.

    90
    In ihrem oben in Randnummer 24 erwähnten Beschluss über die Eröffnung des förmlichen Verfahrens vom 14. August 2000 machte die Kommission Ausführungen zu ihrer ersten Einschätzung der Investition aus Sicht des Umweltschutzes. Die italienischen Behörden hätten nicht nachgewiesen, dass das Hauptziel der Walzanlage der Umweltschutz oder die Verbesserung der Arbeitsbedingungen seien; es habe vielmehr den Anschein, dass dieses darin bestehe, die Produktionskapazitäten von Ferriere durch eine hoch effiziente Anlage zu ersetzen oder zu erhöhen. Die Kommission stellte abschließend fest, dass die Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen oder die Umwelt in diesem Stadium ihrer Prüfung lediglich Nebenfolgen der Investition zu sein schienen.

    91
    Diese wiederholten Ausführungen waren so klar und genau, dass die italienischen Behörden und die Klägerin sich aufgefordert fühlen konnten, alle einschlägigen Unterlagen vorzulegen, die die in erster Linie ökologische Zielsetzung der Investition zu belegen geeignet waren. Die Rüge von Ferriere, das berechtigte Vertrauen in Bezug auf das Verfahren sei verletzt worden, kann somit nicht durchgreifen.

    92
    Ferriere macht zweitens geltend, dass die Kommission ihre Entscheidung auf Vermutungen gestützt und trotz einer entsprechenden Verpflichtung keine konkreten Überprüfungen vorgenommen habe. Die Italienische Republik fügt hinzu, dass der Nachweis der nichtökologischen Zielsetzung der Investition von der Kommission zu erbringen sei und die Entscheidung die Beweislast umkehre.

    93
    Beschließt die Kommission, das förmliche Verfahren zu eröffnen, so obliegt es dem Mitgliedstaat und dem potenziellen Beihilfeempfänger, ihre Argumente zum Beweis dafür vorzutragen, dass das Beihilfevorhaben den in Anwendung des EG-Vertrags vorgesehenen Ausnahmen entspricht, da das förmliche Verfahren gerade dazu dient, die Kommission über alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte zu unterrichten (in diesem Sinne Urteil Deutschland/Kommission vom 20. März 1984, Randnr. 13).

    94
    Die Kommission muss ihre Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beihilfe zwar klar zum Ausdruck bringen, wenn sie ein förmliches Verfahren eröffnet, um es dem Mitgliedstaat und den Beteiligten zu ermöglichen, sich umfassend dazu zu äußern, doch ändert dies nichts daran, dass es Sache desjenigen ist, der die Beihilfe beantragt hat, diese Zweifel auszuräumen und nachzuweisen, dass seine Investition die Voraussetzung für die Gewährung der Beihilfe erfüllt (in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 22. März 2001 in der Rechtssache C‑17/99, Frankreich/Kommission, Slg. 2001, I‑2481, Randnrn. 41 und 45 bis 49). Es obliegt daher der Italienischen Republik und Ferriere, nachzuweisen, dass für die in Rede stehende Investition eine Umweltschutzbeihilfe gewährt werden durfte und insbesondere dass sie die gemäß den nacheinander geltenden Gemeinschaftsrahmen erforderliche ökologische Zielsetzung aufwies (in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 14. September 1994 in den Rechtssachen C‑278/92 bis C‑280/92, Spanien/Kommission, Slg. 1994, I‑4103, Randnr. 49, und vom 19. September 2002 in der Rechtssache C‑113/00, Spanien/Kommission, Slg. 2002, I‑7601, Randnr. 70).

    95
    Aus den Akten und insbesondere aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass die Kommission, die ihre Zweifel an der Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt geäußert und die Stellungnahmen Dritter und der Italienischen Republik zum fraglichen Vorhaben eingeholt hat, die ihr obliegende eingehende und fundierte Analyse der ihr zur Würdigung unterbreiteten Gesichtspunkte in den Begründungserwägungen 23 bis 36 ihrer Entscheidung vorgenommen hat.

    96
    Nach alledem ist der Ansicht von Ferriere, die Kommission habe im Lauf des Verfahrens den Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzt, nicht zu folgen. Der vierte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

    Zum fünften verfahrensrechtlichen Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung gerügt wird

    – Vorbringen der Beteiligten

    97
    Ferriere trägt vor, die Kommission habe gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, indem sie sich bei der Ermittlung der einschlägigen Rechtsgrundlage – EGKS-Vertrag, dann EG-Vertrag – geirrt und ein förmliches Verfahren eröffnet habe, obwohl es sich um eine Maßnahme zur Durchführung einer genehmigten Regelung gehandelt habe.

    98
    Die Kommission macht geltend, dass sie nicht gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen habe. Da zwei Anmeldungen erfolgt seien, zunächst eine auf der Grundlage des EGKS-Vertrags, dann eine auf der Grundlage des EG-Vertrags, und es sich um ein Stahlunternehmen handele, das keine getrennten Bücher führe, habe sie die Beihilfe an beiden Verträgen messen müssen.

    – Würdigung durch das Gericht

    99
    Aus den Akten ergibt sich, dass Ferriere ein Stahlunternehmen ist, das Erzeugnisse herstellt, die zum Teil unter den EGKS-Vertrag und zum Teil unter den EG-Vertrag fallen, dass die italienischen Behörden die fragliche Beihilfe zunächst nach dem EGKS-Vertrag anmeldeten, dass die Italienische Republik und Ferriere später im Lauf des Verfahrens ausführten, dass das Baustahlgewebe, für dessen Herstellung die Investition in die Walzanlage vorgesehen war, kein EGKS-Erzeugnis, sondern ein EG-Erzeugnis sei, und dass eine neue Anmeldung nach dem EG-Vertrag erfolgte. Die Streithelferin hat in der mündlichen Verhandlung insoweit erläutert, dass es bei Unternehmen, die im Geltungsbereich beider Verträge tätig seien, schwierig sei, die maßgebliche Rechtsgrundlage zu bestimmen.

    100
    Im Fall eines Stahlunternehmens wie Ferriere, das keine getrennten Bücher führt, hat die Kommission zu Recht überprüft, ob die streitige Beihilfe nicht zugunsten der EGKS-Tätigkeiten zweckentfremdet wird (Urteil ESF Elbe-Stahlwerke Feralpi/Kommission, Randnrn. 74 und 125).

    101
    Unter diesen Umständen können der Kommission keine Verfahrensfehler zur Last gelegt werden, weil die Zuordnung der Investition zum EGKS-Vertrag bzw. EG-Vertrag nicht von vornherein feststand, sie nacheinander auf der Grundlage beider Verträge mit der Sache befasst wurde und sie sich jedenfalls versichern musste, dass die Beihilfe nicht anderen Tätigkeiten zugute kommt als denen, für die sie gewährt worden ist. Die Ermittlung der ihrer Entscheidung zugrunde zu legenden Rechtsgrundlage durch die Kommission kann offenkundig nicht gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen.

    102
    Rein verfahrensrechtlich gesehen verstößt die Eröffnung zweier förmlicher Verfahren im vorliegenden Fall überdies nicht gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, da diese beiden Verfahren, wie im Zusammenhang mit dem ersten Klagegrund ausgeführt (oben, Randnrn. 50, 54 und 57), aufgrund der Anmeldungen durch die italienischen Behörden rechtmäßig eröffnet worden waren. Das Argument von Ferriere, die Eröffnung eines förmlichen Verfahrens, obwohl es um eine Maßnahme zur Durchführung einer genehmigten Regelung gehe, verstoße gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, gehört zu der materiell‑rechtlichen Frage, ob die Beihilfemaßnahme, wie die Klägerin vorträgt, eine solche Maßnahme darstellte, und wird im Rahmen des ersten materiell‑rechtlichen Klagegrundes geprüft (unten, Randnrn. 116 bis 128).

    103
    Nach alledem kann Ferriere nicht mit Erfolg geltend machen, dass die Kommission gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen habe. Der fünfte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

    Zum sechsten verfahrensrechtlichen Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt wird

    – Vorbringen der Beteiligten

    104
    Ferriere trägt vor, die Kommission habe ihre Entscheidung nicht hinreichend begründet, da sie in deren Begründungserwägung 30 (Fußnote 1) lediglich festgestellt habe, dass es keine vorgeschriebenen spezifischen Grenzwerte für diesen Anlagetyp gebe.

    105
    Die Kommission führt aus, sie habe keine anderen Gründe anführen können als das von ihr festgestellte Fehlen von Normen.

    – Würdigung durch das Gericht

    106
    Nach ständiger Rechtsprechung handelt es sich bei der Begründungspflicht nach Artikel 253 EG um ein wesentliches Formerfordernis, das von der sachlichen Richtigkeit der Begründung zu unterscheiden ist, die zur materiellen Rechtmäßigkeit des streitigen Rechtsakts gehört. Die Begründung muss der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Artikels 253 EG genügt, ist nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteile vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C‑350/88, Delacre u. a./Kommission, Slg. 1990, I‑395, Randnrn. 15 und 16, und vom 19. September 2002 in der Rechtssache C‑114/00, Spanien/Kommission, Slg. 2002, I‑7657, Randnrn. 62 und 63).

    107
    In Anbetracht dieser Rechtsprechung hat die Kommission im vorliegenden Fall nicht gegen die Verpflichtung verstoßen, die angefochtene Entscheidung hinreichend zu begründen.

    108
    Die angefochtene Entscheidung zitiert nämlich in der ersten Begründungserwägung (Fußnote 3) Artikel 15 Absatz 1 des Regionalgesetzes Nr. 47 vom 3. Juni 1978 in der geänderten Fassung, oben in Randnummer 13 zitiert, wonach Industrieunternehmen, die ihre Verfahren oder Anlagen an neue durch die einschlägigen Rechtsvorschriften für die Branche festgelegte Standards anpassen wollen, Investitionsbeihilfen gewährt werden können. Die angefochtene Entscheidung gibt in der Begründungserwägung 14 die Erklärungen der Klägerin wieder, wonach verbindliche Grenzwerte bestünden, die ihre Anlage einhalte, und führt in der Begründungserwägung 30 (Fußnote 1) aus, dass es im Gegensatz zu dem, was das Unternehmen behauptet habe, keine vorgeschriebenen spezifischen Grenzwerte für diesen Anlagetyp gebe. Die sich auf das Fehlen verbindlicher Normen für die Anlage von Ferriere stützende Begründung wird in einem rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhang so klar dargelegt, dass die Klägerin sie verstehen konnte.

    109
    Ferriere kann somit nicht mit Erfolg geltend machen, dass die angefochtene Entscheidung mit einem Begründungsmangel behaftet sei. Der sechste Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

    110
    Nach alledem sind die sechs verfahrensrechtlichen Klagegründe in vollem Umfang zurückzuweisen.

    Zum materiellen Recht

    111
    Ferriere stützt ihre Klage auf drei materiell‑rechtliche Klagegründe. Erstens stelle ihre Investition eine Maßnahme zur Durchführung einer genehmigten Regelung und keine neue Beihilfe dar, zweitens hätte die angefochtene Entscheidung auf der Grundlage des Gemeinschaftsrahmens von 1994 und nicht desjenigen von 2001 ergehen müssen, und drittens weise ihre Investition eine ökologische Zielsetzung auf und dürfe daher mit einer Umweltschutzbeihilfe gefördert werden.

    Zum ersten materiell‑rechtlichen Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, dass die Investition von Ferriere eine Maßnahme zur Durchführung einer genehmigten Regelung und keine neue Beihilfe darstellt

    – Vorbringen der Beteiligten

    112
    Ferriere trägt vor, dass ihre Investition im Rahmen der von der Kommission 1992 genehmigten regionalen Regelung erfolge und nur eine bloße Durchführungsmaßnahme darstelle, so dass die Kommission mit der angefochtenen Entscheidung gegen ihre eigene Genehmigungsentscheidung verstoßen habe.

    113
    Die Kommission habe die 1992 genehmigte Beihilferegelung falsch ausgelegt, da die Anpassung an die durch die „Rechtsvorschriften festgelegten Standards“ nicht die Anpassung an „verbindliche Umweltnormen“ bedeute, sondern als Anpassung an bloße Richtnormen und damit unverbindliche Normen zu verstehen sei. Diese Auslegung entspreche dem Konzept der Gemeinschaftsrahmen von 1994 und 2001, die diesen Anreizcharakter der Beihilfe aufnähmen. Außerdem sehe der Gemeinschaftsrahmen von 2001 vor, dass Beihilfen für Investitionen, die bei Fehlen verbindlicher Normen durchgeführt würden, genehmigungsfähig seien. Darüber hinaus gebe es in nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften Umweltnormen für Schadstoffemissionen und Lärmbelästigung und Normen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die bei der Errichtung der neuen Anlage der Klägerin berücksichtigt worden seien.

    114
    Die Italienische Republik führt aus, dass die streitige Beihilfe unter die 1992 genehmigte Regelung falle. Die Kommission habe zudem 1998 die Refinanzierung mit Worten genehmigt, die, wie dies auch aus den Gemeinschaftsrahmen von 1994 und 2001 hervorgehe, zeigten, dass die Gewährung von Beihilfen nicht vom Bestehen verbindlicher Normen abhänge. Die Kommission habe die genehmigte Regelung daher falsch ausgelegt.

    115
    Die Kommission macht geltend, dass die streitige Beihilfe der 1992 genehmigten Regelung nicht entspreche. Danach sei eine Investition nur beihilfefähig, wenn sie der Anpassung an neue einschlägige Standards diene. Die früheren Anlagen von Ferriere hätten aber den bestehenden Normen entsprochen, und die neue Anlage stehe nicht im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten neuer Normen. Die von der Klägerin angeführten Normen seien weder neu noch verbindlich oder aber erstmals vor dem Gericht geltend gemacht worden. Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Maßnahmen innerhalb der Fabrikanlagen zur Verbesserung der Sicherheit oder der Hygiene gehörten nicht zum Umweltschutz.

    – Würdigung durch das Gericht

    116
    Die Frage, ob die streitige Beihilfe eine Maßnahme zur Durchführung der 1992 genehmigten Regelung oder eine neue Beihilfe darstellt, hängt von der Auslegung der oben in Randnummer 13 zitierten Bestimmung, mit der diese Regelung eingeführt wird, ab, wonach Investitionen, die Verbesserungen im Hinblick auf die Umwelt oder die Arbeitsbedingungen bezwecken, und zwar „entsprechend den in den einschlägigen Rechtsvorschriften festgelegten neuen Standards“, beihilfefähig sind.

    117
    Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, dass im Tätigkeitsbereich des Unternehmens, das die Beihilfe erhalten will, Normen gelten müssen, dass sie neu eingeführt worden sein müssen und dass die Investition nur dann beihilfefähig ist, wenn sie der Anpassung der Anlage an diese Normen dient.

    118
    Diese Auslegung wird durch die Umstände bestätigt, unter denen die Voraussetzung der Anpassung an neue Normen im Lauf des Verfahrens der Prüfung der geplanten Beihilferegelung eingeführt wurde. In einem ersten Schreiben an die Ständige Vertretung Italiens vom 21. Mai 1992 hatte die Kommission gefragt, ob die Gewährung der Beihilfe nach der geplanten Bestimmung von der Anpassung an neue gesetzliche Standards abhänge. In einem zweiten Schreiben vom 9. September 1992 hatte sie unzweideutig ausgeführt, dass „die Beihilfe bezwecken müsse, die Anpassung der Unternehmen an neue Verpflichtungen zu erleichtern, die ihnen von den staatlichen Behörden zur Verringerung der Verschmutzung auferlegt worden sind“.

    119
    Diese Bestimmung wurde, insbesondere in Bezug auf die Voraussetzung der Anpassung an neue Normen, nicht geändert, als die Kommission mit Schreiben vom 18. September 1998 ihre Zustimmung zur Refinanzierung der 1992 genehmigten Regelung gab. Die Zusammenfassung der genehmigten Regelung in diesem Schreiben kann nicht als eine Änderung dieser Regelung ausgelegt werden. Im Übrigen haben die Italienische Republik und die Kommission in ihren oben in Randnummer 36 erwähnten Antworten auf die Fragen des Gerichts angegeben, dass das 1998 eingeleitete Verfahren lediglich die Refinanzierung der bestehenden Regelung betroffen und sich nicht auf deren Inhalt oder Bedeutung ausgewirkt habe.

    120
    Im Beihilfeantrag, den Ferriere am 26. März 1997 bei der Autonomen Region Friaul-Julisch Venetien stellte, wurde jedoch keine neue Norm erwähnt, deren Einhaltung die Anlage bezweckte. Ferner heißt es im Schreiben der Region vom 15. Februar 1999, das der oben in den Randnummern 53 und 54 erwähnten Anmeldung durch die italienischen Behörden vom 18. Februar 1999 beigefügt war, ausdrücklich, dass keine verbindlichen Normen oder andere rechtliche Verpflichtungen bestünden, denen das Unternehmen unterliege, und dass die zur Verbesserung der Ergebnisse aus Sicht des Umweltschutzes vorgenommene Investition über die Gemeinschaftsnormen hinausgehe. Darüber hinaus haben die italienischen Behörden, wie oben in den Randnummern 53 und 54 ausgeführt, bei der zweiten Anmeldung nicht geltend gemacht, dass die Ferriere gewährte Beihilfe eine Maßnahme zur Durchführung der genehmigten Regelung darstelle.

    121
    Zwar hat sich Ferriere im Verwaltungsverfahren in ihrem oben in Randnummer 25 erwähnten Schreiben vom 13. November 2000 ohne Angabe der Rechtsgrundlage auf vom geltenden Recht vorgeschriebene „Grenzwerte“ bezogen und ausgeführt, dass diese außerdem die Leitlinien der Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (ABl. L 257, S. 26) einhielten, die mit dem Gesetzesdekret Nr. 372 vom 4. August 1999, d. h. nach Einreichung ihres Beihilfeantrags und der Anmeldung vom Februar 1999, in innerstaatliches Recht umgesetzt worden sei. Diese Regelungen, die selbst keine bezifferten Werte enthalten, sprechen jedoch lediglich Empfehlungen für die Erteilung von Genehmigungen für Industrieanlagen aus, die mit dem hier vorliegenden Beihilfefall nichts zu tun haben.

    122
    In ihrer Klageschrift hat sich Ferriere auch auf die Richtlinie 86/188/EWG des Rates vom 12. Mai 1986 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Lärm am Arbeitsplatz (ABl. L 137, S. 28), in Italien umgesetzt mit Gesetzesdekret Nr. 277 vom 15. August 1991, bezogen und in einer Fußnote auf verschiedene gemeinschaftliche und nationale Rechtsakte hingewiesen, die Grenzwerte aufstellten, die durch ihre Investition eingehalten würden. Die Klägerin zitiert im Gemeinschaftsrecht die Richtlinie 91/689/EWG des Rates vom 12. Dezember 1991 über gefährliche Abfälle (ABl. L 377, S. 20), geändert durch die Richtlinie 94/31/EG des Rates vom 27. Juni 1994 (ABl. L 168, S. 28) und in Italien umgesetzt mit Gesetzesdekret Nr. 22 vom 5. Februar 1997. Sie erwähnt auch innerstaatliche Rechtsakte, nämlich das Dekret des Präsidenten der Republik Nr. 203 vom 24. Mai 1988 über Rauch- und Staubemissionen in die Atmosphäre, das Gesetz Nr. 447 vom 26. Oktober 1995 über Lärmemissionen außerhalb von Industrieanlagen und eine seiner Durchführungsverordnungen, das Durchführungsdekret des Präsidenten des Ministerrates Nr. 675900 vom 14. November 1997.

    123
    Aber unabhängig davon, dass die meisten dieser Vorgaben am 26. März 1997, als die Beihilfe beantragt wurde, nicht neu waren, hat Ferriere weder im Verwaltungsverfahren noch im Verfahren vor dem Gericht die Normen benannt, die in diesen Vorschriften vorgesehen sein sollen und an die die Industrieanlage mit Hilfe ihrer Investition hätte angepasst werden sollen. Da diese Angaben nicht übermittelt wurden und somit bei der Erarbeitung der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt werden konnten, können sie nicht gegen deren Rechtmäßigkeit ins Feld geführt werden (Urteil des Gerichtshofes vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache 234/84, Belgien/Kommission, Slg. 1986, 263, Randnrn. 11 und 16). Was die Hinweise auf die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften angeht, so bezweckt zum einen die Richtlinie 86/188 die Information, den Schutz und die medizinische Überwachung von Arbeitnehmern, die an ihrem Arbeitsplatz bestimmten Geräuschpegeln ausgesetzt sind, enthält aber keine von den Unternehmen einzuhaltenden Normen. Zum anderen geht aus den Akten nicht hervor, dass Ferriere gefährliche Abfälle wie die in der Richtlinie 91/689 genannten erzeugt und infolgedessen von deren Bestimmungen betroffen ist.

    124
    Ferriere war somit weder im Verwaltungsverfahren noch im Verfahren vor dem Gericht in der Lage, anzugeben, welchen neuen in ihrer Branche geltenden Normen ihre Investition entsprechen sollte. Die Ausführungen zu Vorschriften des Gemeinschaftsrechts oder des nationalen Rechts, die entweder nicht neu waren oder keinen Zusammenhang mit der Gewährung der streitigen Beihilfe aufweisen, sind zum Teil unzulässig, da sie erstmals vor dem Gericht gemacht wurden, und zum Teil unbegründet, da sie in keinem Zusammenhang mit dieser Investition stehen. Ferriere hat daher den Zusammenhang zwischen ihrer Investition und neuen Normen für ihre Branche nicht nachgewiesen.

    125
    Es braucht folglich weder geprüft zu werden, ob die in der genehmigten Regelung genannten Standards als zwingende Normen oder Richtnormen zu verstehen sind, noch braucht untersucht zu werden, ob jede nach der in den siebziger Jahren erfolgten Inbetriebnahme der zu ersetzenden Anlage eingeführte Norm, wie Ferriere geltend macht, als neue Norm zu qualifizieren ist, da die Klägerin keine Norm angegeben hat, an die sie ihre Anlage hätte anpassen wollen. Auch das Argument, die Gemeinschaftsrahmen von 1994 und 2001 ermöglichten es, Beihilfen zum Zweck des Anreizes auch dann zu gewähren, wenn keine verbindlichen Normen vorhanden seien oder die Investition über einzuhaltende Normen hinausgehe, ist hier irrelevant, weil die Bestimmung, mit der die genehmigte Regelung eingeführt wird, vorsieht, dass die Investition nur dann beihilfefähig ist, wenn sie die Anpassung der Anlage an neue einschlägige Standards bezweckt.

    126
    Nach alledem ist die Kommission zu Recht zu der Ansicht gelangt, dass die streitige Beihilfe nicht als eine Maßnahme zur Durchführung der genehmigten Regelung anzusehen ist, sondern als eine neue Beihilfe.

    127
    Ebenso wenig ist dem oben in Randnummer 102 wiedergegebenen Vorbringen von Ferriere zu folgen, die Kommission habe gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, indem sie ein förmliches Verfahren im Hinblick auf eine Maßnahme zur Durchführung einer genehmigten Regelung eröffnet habe.

    128
    Der erste materiell‑rechtliche Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

    Zum zweiten materiell‑rechtlichen Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, die angefochtene Entscheidung hätte auf der Grundlage des Gemeinschaftsrahmens von 1994 und nicht desjenigen von 2001 ergehen müssen

    – Vorbringen der Beteiligten

    129
    Ferriere macht geltend, dass ihre Investition am Gemeinschaftsrahmen von 1994 hätte gemessen werden müssen. Die angefochtene Entscheidung sei auf eine unzutreffende Rechtsgrundlage gestützt. Die Beihilfe hätte nach den Kriterien des Gemeinschaftsrahmens von 1994 und nicht nach denen des Gemeinschaftsrahmens von 2001 beurteilt werden müssen. Die Kommission habe damit auch den Grundsatz des Vertrauensschutzes verletzt.

    130
    Die Klägerin beruft sich auf die Rechtswidrigkeit der Randziffer 82 des Gemeinschaftsrahmens von 2001 (zitiert oben, Randnr. 12) in der Auslegung durch die Kommission. Der neue Gemeinschaftsrahmen könne auf die bereits angemeldete Beihilfe nur dann angewandt werden, wenn noch kein entsprechendes förmliches Verfahren eingeleitet worden sei.

    131
    Die Italienische Republik macht geltend, dass die Beihilfe am Gemeinschaftsrahmen von 1994 zu messen sei, der zum Zeitpunkt ihrer Gewährung, dem 8. Oktober 1998, gegolten habe, und nicht an dem zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung geltenden Recht.

    132
    Die Kommission trägt vor, dass das Beihilfevorhaben nach dem Gemeinschaftsrahmen von 2001 mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sei und auch nach dem Gemeinschaftsrahmen von 1994 nicht hätte genehmigt werden können.

    133
    Die Beklagte führt ferner aus, dass der Einwand der Rechtswidrigkeit der Randziffer 82 des Gemeinschaftsrahmens von 2001 in der Klageschrift nicht erhoben worden und deshalb nach Artikel 48 Absatz 2 der Verfahrensordnung des Gerichts unzulässig sei. Zudem sehe die Randziffer 82 lediglich die sofortige Anwendung der neuen Regelung nach den allgemeinen Grundsätzen über das intertemporale Recht vor, was keinesfalls gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verstoße.

    – Würdigung durch das Gericht

    134
    Die Vereinbarkeit eines umweltschutzbezogenen Beihilfevorhabens mit dem Gemeinsamen Markt ist nach Artikel 6 EG in Verbindung mit Artikel 87 EG und den Gemeinschaftsrahmen zu beurteilen, die die Kommission insoweit zuvor erlassen hat. Die Kommission ist nämlich durch die von ihr erlassenen Gemeinschaftsrahmen und Mitteilungen im Bereich der Kontrolle der staatlichen Beihilfen gebunden, soweit sie nicht von den Vorschriften des EG-Vertrags abweichen und soweit sie von den Mitgliedstaaten akzeptiert werden (Urteil des Gerichtshofes vom 26. September 2002 in der Rechtssache C‑351/98, Spanien/Kommission, Slg. 2002, I‑8031, Randnr. 53). Die Beteiligten können sich daher darauf berufen, und das Gericht prüft, ob die Kommission die von ihr selbst aufgestellten Regeln beachtet hat (Urteil des Gerichts vom 30. Januar 2002 in der Rechtssache T‑35/99, Keller und Keller Meccanica/Kommission, Slg. 2002, II‑261, Randnrn. 74 und 77).

    135
    Im vorliegenden Fall ist zunächst zu bestimmen, welchen Gemeinschaftsrahmen für staatliche Umweltschutzbeihilfen die Kommission beim Erlass ihrer Entscheidung anzuwenden hatte.

    136
    Der in der Erwiderung ausdrücklich erhobene Einwand der Rechtswidrigkeit ist entgegen dem Vorbringen der Kommission zulässig, weil in den Nummern 12 bis 18 der Erwiderung lediglich ein in Nummer 54 der Klageschrift implizit erhobener Klagegrund erweitert wird (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 17. Juli 1998 in der Rechtssache T‑118/96, Thai Bicycle/Rat, Slg. 1998,  II‑2991, Randnr. 142).

    137
    Aus den Randziffern 81 und 82 des Gemeinschaftsrahmens von 2001 (oben, Randnr. 12) ergibt sich, dass dieser ab seiner Veröffentlichung gilt, die am 3. Februar 2001 erfolgt ist, und dass die Kommission die Vorschriften auf alle – auch vor der Veröffentlichung – angemeldeten Beihilfevorhaben anwenden musste. Anders als die Klägerin meint, steht die unmittelbare Anwendbarkeit des neuen Gemeinschaftsrahmens nicht unter einem Vorbehalt und schließt daher einen Fall wie den hier vorliegenden, in dem ein förmliches Verfahren eröffnet worden ist, nicht aus.

    138
    Zum einen beruhen die Hinweise in den Randziffern 81 und 82, die auf die Bestimmungen des Artikels 254 Absatz 2 EG über das Inkrafttreten der Verordnungen und der Richtlinien des Rates und der Kommission zurückgehen, auf dem Grundsatz, dass die Rechtsakte der Organe unmittelbar gelten (Urteile des Gerichtshofes vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache 270/84, Licata/WSA, Slg. 1986, 2305, Randnr. 31, und vom 2. Oktober 1997 in der Rechtssache C‑122/96, Saldanha und MTS, Slg. 1997, I‑5325, Randnrn. 12 bis 14).

    139
    Zum anderen kann der Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht geltend gemacht werden, da dieser – wie der Grundsatz der Rechtssicherheit – nur vor dem Inkrafttreten der neuen Bestimmungen entstandene Sachverhalte betrifft (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juli 1993 in der Rechtssache C‑34/92, Grusa Fleisch, Slg. 1993, I‑4147, Randnr. 22). Ferriere befindet sich jedoch nicht in einer solchen Lage, sondern in der vorläufigen Lage, in der ein Mitgliedstaat eine geplante neue Beihilfe bei der Kommission angemeldet und diese gebeten hat, die Vereinbarkeit der Beihilfe mit den Gemeinschaftsregeln zu prüfen, da ihre Gewährung vom Ergebnis dieser Prüfung abhängt. Ohnehin konnte im Übrigen das berechtigte Vertrauen der Klägerin nicht verletzt sein, da die beiden Gemeinschaftsrahmen, wie bereits ausgeführt (oben, Randnr. 77), im Wesentlichen identisch waren.

    140
    Die angefochtene Entscheidung ist daher unter Anwendung des am 3. Februar 2001 in Kraft getretenen Gemeinschaftsrahmens von 2001 rechtmäßig ergangen.

    Zum dritten materiell‑rechtlichen Klagegrund, mit dem geltend gemacht wird, dass die Investition von Ferriere eine ökologische Zielsetzung aufweise und daher mit einer Umweltschutzbeihilfe gefördert werden dürfe

    – Vorbringen der Beteiligten

    141
    Ferriere trägt vor, dass ihre Investition mit einer Umweltschutzbeihilfe habe gefördert werden dürfen. Sie habe nämlich den in Artikel 174 EG genannten Zielen der gemeinschaftlichen Umweltpolitik und den Vorgaben der Richtlinien und Empfehlungen der Gemeinschaft entsprochen. Die Investition führe insbesondere zu Verbesserungen hinsichtlich der Luftverschmutzung, der Beseitigung gefährlicher Abfälle, der Lärmbelästigung und der Arbeitsbedingungen, wobei die beiden letztgenannten Aspekte in der Bestimmung, mit der die genehmigte Regelung eingeführt worden sei, ausdrücklich genannt seien.

    142
    Auch könnten die auf den Umweltschutz entfallenden Kosten von den Gesamtkosten getrennt werden; die Region habe sie auf 11 Milliarden ITL – bei einer Investition von 20 Milliarden – geschätzt.

    143
    Die Kommission habe die ökologische Zielsetzung des Vorhabens verkannt und willkürlich angenommen, dass die wirtschaftliche Zielsetzung überwiege, obwohl das neue Verfahren gerade bezweckt habe, die Herstellung umweltfreundlich zu machen. Zwar sei eine neue Anlage zwangsläufig wirtschaftlich leistungsfähiger als eine alte; die alte Walzanlage sei jedoch funktionell und technologisch völlig zufrieden stellend gewesen und sei durch eine innovative Anlage ersetzt worden, um die ökologischen Nachteile des alten Verfahrens zu beseitigen.

    144
    Die Italienische Republik macht geltend, dass der fraglichen Investition in erster Linie ökologische Erwägungen zugrunde lägen.

    145
    Die Kommission trägt vor, die Beihilfe sei im vorliegenden Fall nicht gerechtfertigt, da die Investition aus Gründen, die nichts mit dem Umweltschutz zu tun hätten, ohnehin getätigt worden wäre, wobei die Verringerung der Belästigungen und der Verschmutzungen die zwangsläufige und natürliche Folge einer unumgänglichen überwiegend wirtschaftlichen und technologischen Wahl sei. Außerdem sei es nicht möglich, die umweltbezogenen Mehrkosten abzutrennen. Die erstmals mit der Erwiderung vorgelegten Unterlagen berührten die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht, die unter Berücksichtigung der der Kommission im Verwaltungsverfahren zur Kenntnis gebrachten Gesichtspunkte ergangen sei.

    – Würdigung durch das Gericht

    146
    Die Kommission hat die Beihilfe aus den oben in Randnummer 30 genannten Gründen für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt, weil die Investition, die der Ersetzung einer alten durch eine innovative Anlage gedient habe, nicht auf ökologischen, sondern wirtschaftlichen und industriellen Erwägungen beruht habe, was der Gewährung einer Umweltschutzbeihilfe entgegenstehe. Ferner ergäben sich die Vorteile für den Umweltschutz notwendig aus dem Verfahren, so dass der auf den Umweltschutz bezogene Kostenanteil nicht von den Gesamtinvestitionskosten getrennt werden könne (Begründungserwägungen 29 und 31 bis 33 der Entscheidung).

    147
    Die Anwendung der Gemeinschaftsbestimmungen über staatliche Umweltschutzbeihilfen hängt vom Zweck der Investition ab, für die eine Beihilfe beantragt wird. So erwähnt der Gemeinschaftsrahmen von 2001 (Randziffern 36 und 37, zitiert oben in den Randnrn. 10 und 11), der insoweit mit dem Gemeinschaftsrahmen von 1994 (Ziffer 3.2.1, zitiert oben in Randnr. 6) identisch ist, Investitionen, die auf die Verringerung oder die Beseitigung von Verschmutzung und Schadstoffen oder zum Schutz der Umwelt auf die Anpassung von Produktionsverfahren abzielen, wobei klargestellt wird, dass ausschließlich die zur Verwirklichung der Umweltschutzziele erforderlichen Investitionsmehrkosten beihilfefähig sind. Eine Investition, der auch wirtschaftliche Erwägungen zugrunde liegen, kann mit einer Umweltschutzbeihilfe gefördert werden, wenn diese Erwägungen allein nicht ausreichen, um die Investition in der gewählten Form zu rechtfertigen.

    148
    Aus der Systematik des Gemeinschaftsrahmens von 2001, der insofern dem Gemeinschaftsrahmen von 1994 entspricht, ergibt sich nämlich, dass nicht jede Investition, die eine Anlage an – verbindliche oder unverbindliche, nationale oder gemeinschaftliche – Normen anpasst, solche Normen überschreitet oder in Ermangelung jeglicher Normen durchgeführt wird, beihilfefähig ist, sondern nur die Investition, deren eigentlicher Zweck diese ökologische Verbesserung ist.

    149
    Die Kommission konnte das Vorhaben daher für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklären, da es diese Voraussetzung nicht erfüllte.

    150
    Unbeachtlich sind folglich das Vorbringen der Klägerin, ihre Investition bringe aus Sicht des Umweltschutzes Verbesserungen mit sich, und der Umstand, dass die angefochtene Entscheidung die Vorteile der Investition aus Sicht des Umweltschutzes oder der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer anerkennt.

    151
    Zwar kann ein Vorhaben gleichzeitig ein die Verbesserung der wirtschaftlichen Produktivität und ein den Schutz der Umwelt betreffendes Ziel verfolgen, aber dieses zweite Ziel kann nicht aus der bloßen Feststellung abgeleitet werden, dass die neue Anlage umweltfreundlicher ist als die alte, weil dies ein bloßer Nebeneffekt der wirtschaftlich ausgerichteten Änderung der Technologie oder der Erneuerung abgenutzter Anlagen sein kann. Um in einem solchen Fall ein teilweise umweltschutzbezogenes Ziel der geförderten Investition annehmen zu können, ist nachzuweisen, dass die gleiche wirtschaftliche Leistung mit einer preisgünstigeren, aber weniger umweltfreundlichen Anlage hätte erreicht werden können.

    152
    Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt daher nicht von der Frage ab, ob die Investition zu ökologischen Verbesserungen führt oder bestehende Umweltnormen überschreitet, sondern in erster Linie davon, ob sie im Hinblick auf solche Verbesserungen erfolgt ist.

    153
    Hierzu trägt die Klägerin vor, der Zweck des neuen Verfahrens sei gewesen, die Herstellung umweltfreundlich zu machen, was in den Anlagen B und C ihres Beihilfeantrags vom 26. März 1997 ausführlich dargestellt werde. Diese Unterlagen bestätigten den technologischen Fortschritt, den das neue vollautomatisierte Verfahren zur Herstellung von Baustahlgewebe, mit dem der Anlagenlärm verringert und die Staubemissionen beseitigt würden, darstelle. Sie bestätigten somit den Nutzen einer solchen Investition aus wirtschaftlicher und industrieller Sicht, der die Entscheidung, die Investition zu tätigen, hinreichend rechtfertige.

    154
    Ferriere macht außerdem geltend, dass die frühere Anlage noch völlig zufrieden stellend gearbeitet habe, als sie beschlossen habe, sie zu ersetzen, um sich mit innovativer Technik auszustatten, mit der die ökologischen Nachteile des alten Verfahrens hätten beseitigt werden können. Die erstmals mit der Erwiderung vorgelegten Unterlagen, die der Kommission im Verwaltungsverfahren also nicht übermittelt worden waren, können sich nicht auf die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung auswirken (Urteil Belgien/Kommission, Randnr. 16). Im Übrigen zeigen diese Unterlagen allenfalls, dass das Unternehmen in den Jahren 1993–1994 beabsichtigte, sich mit einer neuen innovativen Anlage auszurüsten. Ferner belegt der von der Kommission in der Begründungserwägung 29 der angefochtenen Entscheidung offenbar zugestandene Umstand, dass die Produktionskapazitäten durch die neue Walzanlage nicht erhöht würden, nicht die ökologische Zielsetzung der Investition.

    155
    Ferriere besaß demnach eine über 25 Jahre alte Anlage, die sie durch eine neue Anlage, die ein technologisch innovatives und der Umweltfreundlichkeit moderner Anlagen entsprechendes Verfahren verwendete, ersetzen wollte. Die Investition beruht folglich auf einer Entscheidung des Unternehmens, seinen Produktionsapparat zu modernisieren, und wäre in dieser Form ohnehin getätigt worden.

    156
    Die Kommission hat daher keinen Beurteilungsfehler begangen, als sie annahm, dass die ökologische Zielsetzung der Investition nicht nachgewiesen sei. Sie konnte zu Recht annehmen, dass die Vorteile der Investition für den Umweltschutz notwendige Folge der innovativen Anlage seien. Ihre Würdigung dieser Frage ist nicht willkürlich. Darüber hinaus enthält die Analyse der Vorteile der Investition im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen nicht den von der Klägerin gerügten Widerspruch in den Gründen, da Sicherheit und Hygiene betreffende Maßnahmen nach Ziffer 6 des Gemeinschaftsrahmens von 2001 nicht von diesem erfasst werden.

    157
    Zweitens wird in der angefochtenen Entscheidung nicht nur das Fehlen der ökologischen Zielsetzung der Investition festgestellt, sondern auch ausgeführt, dass die auf den Umweltschutz entfallenden Investitionskosten nicht von den Gesamtkosten der Maßnahmen getrennt werden könnten. Dieser Entscheidungsgrund ist nicht überflüssig, da aus den Mehrkosten des verwirklichten Vorhabens im Vergleich zu einem anderen hypothetischen Vorhaben, das die gleiche wirtschaftliche Leistung unter umweltschädlicheren Bedingungen erbracht hätte (oben, Randnr. 151), auf eine ökologische Zielsetzung der Investition geschlossen werden könnte.

    158
    Hierzu trägt Ferriere vor, dass der ökologische Aspekt ihrer Investition den Anteil an den Gesamtkosten der Investition ausmache, den die Autonome Region Friaul-Julisch Venetien als beihilfefähig anerkannt habe, nämlich 11 Milliarden ITL (5,68 Millionen Euro).

    159
    Vom Gericht mit der oben in Randnummer 35 erwähnten schriftlichen Frage aufgefordert, die Gesichtspunkte anzugeben, auf deren Grundlage die Investitionsmehrkosten für den Umweltschutz auf 11 Milliarden ITL der 20 Milliarden Investitionsgesamtkosten geschätzt werden könnten, hat sich Ferriere darauf beschränkt, auf die Einschätzung der Region zu verweisen.

    160
    Die zu den Akten gegebenen Schreiben von Ferriere an die Region vom 26. Mai und 26. Juni 1998, die eine genaue Aufschlüsselung des Mittelbedarfs der Investition und ihrer verschiedenen Bestandteile enthalten, beantworten die gestellte Frage nicht. Dem Gericht ist nicht weiter erläutert worden, nach welcher Methode die auf den Umweltschutz entfallenden Kosten der Investition mit 11 Milliarden ITL errechnet wurden. Es ist zwar verständlicherweise schwierig, in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem die ökologischen Vorteile verfahrensbedingt sind, diese Kosten abzutrennen, doch ist es nach den im Gemeinschaftsrahmen von 2001 aufgestellten Grundsätzen, die mit denen des Gemeinschaftsrahmens von 1994 vergleichbar sind, ausgeschlossen, dass die Gesamtkosten der Investition beihilfefähig sein können; vielmehr müssen danach die Mehrkosten für die Erreichung des den Umweltschutz betreffenden Zieles angegeben werden.

    161
    Hierzu haben jedoch weder die Klägerin noch die Italienische Republik Erklärungen abgegeben. Sie haben insbesondere nicht angegeben, wie die Autonome Region Friaul-Julisch Venetien auf den beihilfefähigen Betrag kam.

    162
    Die Kommission konnte folglich in der angefochtenen Entscheidung ohne Rechtsverstoß feststellen, dass es nicht möglich sei, die speziell dem Umweltschutz dienenden Investitionsausgaben abzutrennen.

    163
    Sie war daher zu Recht der Ansicht, dass die Investition von Ferriere nicht mit einer Umweltschutzbeihilfe gefördert werden konnte.

    164
    Nach alledem konnte die Kommission die Beihilfe ohne Rechtsverstoß für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklären. Ferriere und die Italienische Republik können daher nicht die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung verlangen. Der Antrag auf Nichtigerklärung dieser Entscheidung ist daher zurückzuweisen.


    Zum Antrag auf Ersatz des behaupteten Schadens

    Vorbringen der Beteiligten

    165
    Ferriere trägt vor, dass ihr aufgrund der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung, die die Unternehmerfreiheit und das Eigentumsrecht verletze, der Eröffnung des förmlichen Verfahrens und des Zeitablaufs bis zu seinem Abschluss ein Schaden entstanden sei. Da sie über die Beihilfe, die ihr die Region habe gewähren wollen, nicht habe verfügen können, habe sie Darlehen zur Finanzierung der Investition aufnehmen müssen und den verauslagten Betrag nicht für andere Zwecke verwenden können.

    166
    Die Klägerin verlangt eine Ausgleichszahlung für die Zeit, in der sie nicht über die Beihilfe habe verfügen können. Diese müsse einem Betrag entsprechen, der die gesetzlichen Zinsen und den Inflationsausgleich abdecke und ab dem 26. April 1999 berechnet werde, d. h. dem Tag, an dem die Frist von zwei Monaten ab Erhalt der Anmeldung am 25. Februar 1999 abgelaufen sei und bis zu dem die Kommission über die Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt hätte entscheiden müssen.

    167
    Die Kommission trägt vor, dass die Haftungsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. Nur die Grundrechte, die die Rechtssicherheit und das berechtigte Vertrauen schützten, könnten theoretisch in die Kategorie von Regeln fallen, für deren Verletzung die Organe hafteten. Außerdem liege im vorliegenden Fall jedenfalls keine schwere und offensichtliche Verletzung vor. Schließlich habe die Klägerin die Verletzung der Unternehmerfreiheit und des Eigentumsrechts nicht nachgewiesen.

    168
    Die Kommission trägt weiter vor, die behaupteten Schäden seien weder sicher noch bestimmbar, da die Unternehmen keinen Anspruch darauf hätten, Beihilfen – und erst recht nicht zu einem bestimmten Datum – zu erhalten. Selbst wenn die Beihilfe unter eine genehmigte Regelung gefallen wäre, wäre die verzögerte Auszahlung nicht der Kommission, sondern den italienischen Behörden anzulasten, da diese beschlossen hätten, die Beihilfe anzumelden und die Auszahlung auszusetzen. Der Forderung von Verzugszinsen auf den Schadensersatzbetrag fehle die Rechtsgrundlage. Was den Inflationsausgleich betreffe, so sei der Schaden nicht nachgewiesen.

    Würdigung durch das Gericht

    169
    Mit dem auf die Artikel 235 EG und 288 EG gestützten Schadensersatzantrag beruft sich Ferriere auf die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft für den Schaden, der ihr aufgrund der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung entstanden sei.

    170
    Nach ständiger Rechtsprechung ist eine außervertragliche Haftung der Gemeinschaft gegeben, wenn der Kläger die Rechtswidrigkeit des dem betreffenden Organ vorgeworfenen Verhaltens, das tatsächliche Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden beweist (Urteil des Gerichtshofes vom 29. September 1982 in der Rechtssache 26/81, Oleifici Mediterranei/EWG, Slg. 1982, 3057, Randnr. 16, und Urteil des Gerichts vom 28. November 2002 in der Rechtssache T‑40/01, Scan Office Design/Kommission, Slg. 2002, II‑5043, Randnr. 18). Liegt eine dieser Voraussetzungen nicht vor, ist die Klage insgesamt abzuweisen, ohne dass die übrigen Haftungsvoraussetzungen zu prüfen wären (Urteil des Gerichtshofes vom 15. September 1994 in der Rechtssache C‑146/91, KYDEP/Rat und Kommission, Slg. 1994, I‑4199, Randnrn. 19 und 81, und Urteil des Gerichts vom 20. Februar 2002 in der Rechtssache T‑170/00, Förde-Reederei/Rat und Kommission, Slg. 2002, II‑515, Randnr. 37).

    171
    Da die erste Voraussetzung für die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 288 Absatz 2 EG, die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Handlung, nicht erfüllt ist, ist der Schadensersatzantrag insgesamt zurückzuweisen, ohne dass die übrigen Haftungsvoraussetzungen, nämlich das tatsächliche Vorliegen eines Schadens und das Bestehen eines Kausalzusammenhangs zwischen diesem Verhalten und dem geltend gemachten Schaden, zu prüfen wären.

    172
    Aus alledem folgt, dass die Klage insgesamt abzuweisen ist.


    Kosten

    173
    Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Ferner sieht Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung vor, dass die Mitgliedstaaten ihre eigenen Kosten tragen, wenn sie dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind.

    174
    Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Kommission ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission aufzuerlegen.

    175
    Nach Artikel 87 § 4 der Verfahrensordnung trägt die Italienische Republik ihre eigenen Kosten.

    Aus diesen Gründen

    DAS GERICHT (Vierte erweiterte Kammer)

    für Recht erkannt und entschieden:

    1.
    Die Klage wird abgewiesen.

    2.
    Die Klägerin trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Kommission.

    3.
    Die Italienische Republik trägt ihre eigenen Kosten.

    Legal

    Tiili

    Meij

    Vilaras

    Forwood

    Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. November 2004.

    Der Kanzler

    Der Präsident

    H. Jung

    H. Legal


    1
    Verfahrenssprache: Italienisch.

    nach oben