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Dokument 62003TO0264(01)
Order of the Court of First Instance (Third Chamber) of 25 May 2004. # Jürgen Schmoldt and Others v Commission of the European Communities. # Action for annulment - Procedural time-limit - Natural or legal persons - Acts of individual concern to them - Decision - Thermal insulation standards - Inadmissibility. # Case T-264/03.
Beschluss des Gerichts Erster Instanz (Dritte Kammer) vom 25. Mai 2004. Jürgen Schmoldt und andere gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Nichtigkeitsklage - Klagefrist - Natürliche oder juristische Personen - Handlungen, die sie individuell betreffen - Entscheidung - Wärmedämmnormen - Unzulässigkeit. Rechtssache T-264/03.
Beschluss des Gerichts Erster Instanz (Dritte Kammer) vom 25. Mai 2004. Jürgen Schmoldt und andere gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften. Nichtigkeitsklage - Klagefrist - Natürliche oder juristische Personen - Handlungen, die sie individuell betreffen - Entscheidung - Wärmedämmnormen - Unzulässigkeit. Rechtssache T-264/03.
„Nichtigkeitsklage – Klagefrist – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie individuell betreffen – Entscheidung – Wärmedämmnormen – Unzulässigkeit“
Beschluss des Gerichts (Dritte Kammer) vom 25. Mai 2004
Leitsätze des Beschlusses
1. Nichtigkeitsklage – Befugnisse des Gemeinschaftsrichters – Antrag, einem Organ eine Anweisung zu erteilen – Unzulässigkeit
(EG-Satzung des Gerichtshofes, Artikel 21 Absatz 1 und 53 Absatz 1; Verfahrensordnung des Gerichts, Artikel 44 § 1 Buchstabe
c)
3. Nichtigkeitsklage – Fristen – Beginn – Zeitpunkt der Erlangung der Kenntnis von der Handlung – Subsidiarität – Veröffentlichung,
die einer ständigen Praxis des Organs entspricht – Keine unverzichtbare Voraussetzung dafür, dass der Zeitpunkt der Veröffentlichung
als Beginn der Frist gilt
(Artikel 230 Absatz 5 EG)
4. Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Entscheidung
über die Veröffentlichung der Fundstelle der Normen für Wärmedämmstoffe – Klage des Vorsitzenden eines Ausschusses – Unzulässigkeit
(Artikel 230 Absatz 4 EG; Richtlinie 89/106 des Rates, Artikel 5 Absatz 1; Entscheidung 2003/312 der Kommission)
5. Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Entscheidung
über die Veröffentlichung der Fundstelle der Normen für Wärmedämmstoffe – Keine Verpflichtung aufgrund einer höherrangigen
Rechtsnorm zur Berücksichtigung der besonderen Situation des Klägers – Unzulässigkeit
6. Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Klage
einer Vereinigung – Angebliche Verhandlungsführerschaft der Vereinigung oder eines ihrer Mitglieder – Unzulässigkeit
7. Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Offensichtliche
Rechtswidrigkeit des angefochtenen Rechtsakts – Unerheblichkeit für die Beurteilung der individuellen Betroffenheit – Unzulässigkeit
(Artikel 220 EG und 230 Absatz 2 und 4 EG)
8. Nichtigkeitsklage – Natürliche oder juristische Personen – Handlungen, die sie unmittelbar und individuell betreffen – Auslegung
contra legem der Voraussetzung, dass eine individuelle Betroffenheit vorliegen muss – Unzulässigkeit
(Artikel 230 Absatz 4 EG)
1. Der Gemeinschaftsrichter ist nicht befugt, den Organen im Rahmen seiner Rechtmäßigkeitskontrolle Anweisungen zu erteilen.
Nach Artikel 233 EG ist es Sache des Organs, das den für nichtig erklärten Rechtsakt erlassen hat, die zur Durchführung des
Nichtigkeitsurteils erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.
(vgl. Randnr. 42)
2. Mit dem abstrakten Hinweis, dass der beanstandeten Mitteilung die „Rechtsgrundlage und die Begründung“ fehle, wird nicht erläutert,
worin der Klagegrund besteht, auf den die Klage gestützt wird, dieser Hinweis genügt weder den Anforderungen des Artikels
21 Absatz 1 der Satzung des Gerichtshofes, der nach Artikel 53 Absatz 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar
ist, noch denen des Artikels 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichts, wonach die Klageschrift eine kurze Darstellung
der Klagegründe enthalten muss.
(vgl. Randnr. 43)
3. Nach dem Wortlaut von Artikel 230 Absatz 5 EG kommt der Zeitpunkt, zu dem der Kläger von der Handlung Kenntnis erlangt hat,
als Beginn der Klagefrist nur subsidiär neben dem Zeitpunkt der Bekanntgabe oder der Mitteilung in Betracht.
Zwar haben der Gerichtshof und das Gericht die Tatsache, dass die Veröffentlichung des Rechtsakts, auch wenn sie keine Voraussetzung
für seine Anwendbarkeit war, einer ständigen Praxis des betreffenden Organs entsprach, berücksichtigt und aufgrund dessen
festgestellt, dass die Klagefrist mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung begann, doch lässt sich dem nicht entnehmen, dass
eine solche Praxis eine unverzichtbare Voraussetzung dafür ist, dass die Veröffentlichung eines Rechtsakts den Beginn der
Klagefrist darstellt. Vielmehr genügt die Veröffentlichung des angefochtenen Rechtsakts, was durch eine beständige einschlägige
Praxis nur noch untermauert wird.
(vgl. Randnrn. 52, 58-59)
4. Der allgemeine Charakter der Entscheidung 2003/312 über die Veröffentlichung der Fundstelle der Normen für Wärmedämmstoffe,
Geotextilien, ortsfeste Löschanlagen und Gips-Wandbauplatten entsprechend der Richtlinie 89/106, der sich aus ihrer Rechtsnatur
und ihrer Tragweite ergibt, schließt es als solcher noch nicht aus, dass ein Einzelner eine Nichtigkeitsklage gegen sie erheben
kann. Ein Rechtsakt von allgemeiner Geltung kann aber natürliche oder juristische Personen nur dann individuell betreffen,
wenn er diese wegen bestimmter besonderer Eigenschaften oder aufgrund von Umständen betrifft, die sie aus dem Kreis aller
übrigen Personen herausheben und sie in ähnlicher Weise individualisieren wie einen Adressaten.
Die Tatsache, dass sich eine Person in irgendeiner Weise an dem Verfahren beteiligt, das zum Erlass einer Gemeinschaftshandlung
führt, ist jedoch nur dann geeignet, diese Person hinsichtlich der fraglichen Handlung zu individualisieren, wenn die anwendbare
Gemeinschaftsregelung bestimmte Verfahrensgarantien für sie vorsieht. Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 zur Angleichung
der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Bauprodukte in der geänderten Fassung sieht Garantien zugunsten
des Europäischen Komitees für Normung und des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen, nicht aber zugunsten bestimmter Mitglieder
oder des Vorsitzenden dieser Gremien persönlich vor. Doch selbst wenn sich der Kläger für seine Person auf solche Verfahrensgarantien
berufen könnte, kann die angebliche Schädigung seines Rufes durch den Verstoß gegen diese Garantien ihn insoweit nicht im
Sinn von Artikel 230 Absatz 4 EG individualisieren. Die Garantien nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 dienen nämlich
nicht dem Schutz des Rufes der Mitglieder der in dieser Bestimmung genannten Ausschüsse, auch wenn es sich um den Vorsitzenden
handelt, sondern sehen nur die Abgabe einer Stellungnahme vor, wenn die Kommission oder ein Mitgliedstaat die Rücknahme einer
harmonisierten Norm beantragt.
(vgl. Randnrn. 95-96, 100-101, 103)
5. Zwar haben der Gerichtshof und das Gericht Nichtigkeitsklagen gegen einen Rechtsakt von allgemeiner Geltung für zulässig erklärt,
wenn eine höherrangige Rechtsnorm dem Urheber des Rechtsakts die Berücksichtigung der besonderen Situation des Klägers vorschreibt,
wobei in bestimmten Fällen von einem Kläger geschlossene Verträge, die von dem streitigen Rechtsakt berührt werden, für eine
solche besondere Situation kennzeichnend sein können. Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 zur Angleichung der Rechts-
und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Bauprodukte in der geänderten Fassung verpflichtet die Kommission aber
nicht, die besondere Situation der Kläger oder die des Mitgliedstaats, der gegen eine harmonisierte Norm Einspruch erhoben
hat, zu berücksichtigen, sondern legt nur das anwendbare Verfahren für den Fall fest, dass ein solcher Einspruch erhoben wird.
(vgl. Randnrn. 116-117)
6. Das Vorliegen besonderer Umstände, wie die Rolle, die eine Vereinigung in einem Verfahren gespielt hat, das zum Erlass einer
Maßnahme im Sinne von Artikel 230 EG geführt hat, kann die Zulässigkeit einer von einer Vereinigung erhobenen Klage begründen,
deren Mitglieder von der streitigen Maßnahme nicht unmittelbar und individuell betroffen sind, insbesondere dann, wenn die
Stellung der Vereinigung als Verhandlungsführerin durch diese Maßnahme berührt ist.
Die Richtlinie 89/106 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Bauprodukte in der
geänderten Fassung schreibt keineswegs vor, dass die Kommission vor Erlass einer Entscheidung nach Artikel 5 Absatz 1 dieser
Richtlinie ein Verfahren einhält, in dem nationale Vereinigungen wie der Kläger etwaige Rechte oder zumindest einen Anspruch
auf rechtliches Gehör geltend machen könnte. Diese Schlussfolgerung wird auch nicht in Frage gestellt durch die Funktion als
Verhandlungs- oder Gesprächspartner, die ein anderer Kläger als Mitglied der vorgenannten klagenden Vereinigung durch seine
Beteiligung an dem Verfahren angeblich innegehabt hat. Dieser Umstand, selbst wenn er bewiesen wäre, beweist keineswegs, dass
der Kläger als Vereinigung ein eigenes Interesse an der Erhebung einer Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 Absatz 4 EG hat.
Die Zulässigkeit der Klage der betroffenen Vereinigungen beruht nämlich auf deren Eigenschaft als Verhandlungsführerin und
nicht auf der individuellen Funktion eines ihrer Mitglieder.
(vgl. Randnrn. 131, 134, 140-141)
7. Die Prüfung der Begründetheit der Klage hat keinen Einfluss auf die Beurteilung der individuellen Betroffenheit der Kläger,
da die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person und die Rechtmäßigkeitskontrolle hinsichtlich
der Begründetheit des mit einer solchen Klage angefochtenen Rechtsakts unterschiedliche Prüfungen nach Artikel 230 Absatz
4 EG und nach Artikel 230 Absatz 2 EG verlangen.
Im Übrigen könnte eine etwaige offenkundige Rechtswidrigkeit des angefochtenen Rechtsakts, selbst wenn sie bewiesen wäre,
nicht mit der Begründung, dass das Gericht nach Artikel 220 EG die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung des
Vertrages sicherstellt, eine Änderung des durch den Vertrag errichteten Rechtsschutz- und Verfahrenssystems im Wege der richterlichen
Auslegung rechtfertigen. Ein solcher Umstand könnte es in keinem Fall erlauben, die Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder
juristischen Person, die nicht die Voraussetzungen des Artikels 230 Absatz 4 EG erfüllt, für zulässig zu erklären.
(vgl. Randnrn. 148-149)
8. Die Voraussetzung des individuellen Interesses gemäß Artikel 230 Absatz 4 EG ist zwar im Licht des Grundsatzes des effektiven
gerichtlichen Rechtsschutzes unter Berücksichtigung der verschiedenen Umstände, die einen Kläger individualisieren können,
auszulegen, doch kann diese Auslegung nicht zum Wegfall dieser im Vertrag ausdrücklich vorgesehenen Voraussetzung führen,
ohne dass die den Gemeinschaftsgerichten durch den Vertrag verliehenen Befugnisse überschritten würden. Das etwaige Fehlen
eines Rechtsbehelfs, selbst wenn es bewiesen wäre, kann daher keine Änderung des durch den Vertrag errichteten Systems von
Rechtsbehelfen und Verfahren im Wege der richterlichen Auslegung rechtfertigen. In keinem Fall erlaubt es dieses Fehlen, die
Klage einer natürlichen oder juristischen Person, die nicht die Voraussetzungen des Artikels 230 Absatz 4 EG erfüllt, für
zulässig zu erklären.
(vgl. Randnrn. 156-157)
BESCHLUSS DES GERICHTS (Dritte Kammer) 25. Mai 2004(1)
In der Rechtssache T-264/03
Jürgen Schmoldt, wohnhaft in Dallgow-Döberitz (Deutschland),Kaefer Isoliertechnik GmbH & Co. KG mit Sitz in Bremen (Deutschland),Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. mit Sitz in Berlin (Deutschland),Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H.-P. Schneider,
Kläger,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Wiedner als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt A. Böhlke, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung des Artikels 1 in Verbindung mit der Tabelle 1 des Anhangs der Entscheidung 2003/312/EG der Kommission
vom 9. April 2003 über die Veröffentlichung der Fundstelle der Normen für Wärmedämmstoffe, Geotextilien, ortsfeste Löschanlagen
und Gips-Wandbauplatten entsprechend der Richtlinie 89/106/EWG des Rates (ABl. L 114, S. 50)
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi sowie der Richter M. Jaeger und F. Dehousse,
Kanzler: H. Jung,
folgenden
Beschluss
Rechtlicher Rahmen
1
Die Richtlinie 89/106/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten
über Bauprodukte (ABl. 1989, L 40, S. 12) in der Fassung der Richtlinie 93/68/EWG des Rates vom 22. Juli 1993 zur Änderung
der Richtlinien 87/404/EWG (einfache Druckbehälter), 88/378/EWG (Sicherheit von Spielzeug), 89/106/EWG (Bauprodukte), 89/336/EWG
(elektromagnetische Verträglichkeit), 89/392/EWG (Maschinen), 89/686/EWG (persönliche Schutzausrüstungen), 90/384/EWG (nichtselbsttätige
Waagen), 90/385/EWG (aktive implantierbare medizinische Geräte), 90/396/EWG (Gasverbrauchseinrichtungen), 91/263/EWG (Telekommunikationsendeinrichtungen),
92/42/EWG (mit flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen beschickte neue Warmwasserheizkessel) und 73/23/EWG (elektrische Betriebsmittel
zur Verwendung innerhalb bestimmter Spannungsgrenzen) (ABl. L 220, S. 1) soll insbesondere Hemmnisse des freien Verkehrs von
Bauprodukten beseitigen.
2
Gemäß Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 89/106 ist unter „Bauprodukt“ im Sinne dieser Richtlinie „jedes Produkt zu verstehen,
das hergestellt wird, um dauerhaft in Bauwerke des Hoch- oder Tiefbaus eingebaut zu werden“.
3
Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 sieht vor, dass Bauprodukte nur in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn sie brauchbar
sind, d. h. solche Merkmale aufweisen, dass das Bauwerk, für das sie durch Einbau, Zusammenfügung, Anbringung oder Installierung
verwendet werden sollen, bei ordnungsgemäßer Planung und Bauausführung bestimmte wesentliche Anforderungen erfüllen kann,
wenn und wo für bestimmte Bauwerke Regelungen gelten, die entsprechende Anforderungen enthalten.
4
Diese wesentlichen Anforderungen sind laut Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 in Form von einzelnen Vorgaben in deren
Anhang 1 aufgeführt und betreffen bestimmte Merkmale von Bauwerken im Bereich der mechanischen Festigkeit und Standsicherheit,
des Brandschutzes, der Hygiene, der Gesundheit und des Umweltschutzes, der Nutzungssicherheit, des Schallschutzes, der Energieeinsparung
und des Wärmeschutzes.
5
Im Übrigen sieht die Richtlinie 89/106 die Erstellung gemeinschaftlicher „technischer Spezifikationen“ vor. So können nach
Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Richtlinie das Europäische Komitee für Normung (nachstehend: CEN) und das Europäische
Komitee für elektrische Normung „Normen“ und „technische Zulassungen“ für Bauprodukte festlegen. Diese Normen und technischen
Vorschriften werden gemeinsam als „harmonisierte Normen“ bezeichnet.
6
Das CEN/TC 88 ist der Zweig des CEN, der für den Bereich der Wärmeschutzprodukte zuständig ist.
7
Die harmonisierten Normen werden auf der Grundlage von Mandaten der Kommission gemäß der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften
(ABl. L 204, S. 37) und Stellungnahmen des in Artikel 19 der Richtlinie 89/106 genannten Ständigen Ausschusses für das Bauwesen
erstellt.
8
Nach Erstellung der harmonisierten Normen durch die europäischen Normenorganisationen gemäß Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie
89/106 veröffentlicht die Kommission die Normen durch Angabe der Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Union.
9
Für Produkte, die mit den nationalen Normen, die die harmonisierten Normen umsetzen, übereinstimmen, gilt die Vermutung der
Konformität mit den wesentlichen Anforderungen. So ist gemäß Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie Nr. 89/106 von der Brauchbarkeit
von Bauprodukten auszugehen, wenn sie so beschaffen sind, dass die Bauwerke, für die sie verwendet werden, bei ordnungsgemäßer
Planung und Bauausführung den wesentlichen Anforderungen entsprechen, und die CE-Kennzeichnung tragen. Die CE-Kennzeichnung
besagt insbesondere, dass die Bauprodukte mit den entsprechenden nationalen Normen übereinstimmen, in die die harmonisierten
Normen umgesetzt worden sind und deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind.
10
Schließlich kann gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 ein Mitgliedstaat gegen harmonisierte Normen Einspruch erheben,
wenn er der Auffassung ist, dass sie den wesentlichen Anforderungen nicht genügen. In einem solchen Fall befasst der betreffende
Mitgliedstaat unter Angabe der Gründe für seinen Einspruch den Ständigen Ausschuss für das Bauwesen. Dieser Ausschuss nimmt
hierzu umgehend Stellung; unter Berücksichtigung dieser Stellungnahme und nach Anhörung des mit der Richtlinie 98/34 eingesetzten
Ständigen Ausschusses teilt die Kommission den Mitgliedstaaten mit, ob die betreffenden Normen aus dem Amtsblatt der Europäischen Union gestrichen werden müssen.
Sachverhalt
11
Am 23. Mai 2001 legte das CEN zehn Normen für Wärmeschutzprodukte mit den Nummern EN 13162:2001 bis EN 13171:2001 fest (nachstehend:
beanstandete Normen).
12
Am 15. Dezember 2001 wurden die beanstandeten Normen durch eine Mitteilung der Kommission im Rahmen der Durchführung der Richtlinie
89/106 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. C 358, S. 9) veröffentlicht. Diese Mitteilung sah für die beanstandeten Normen vor, dass sie vom 1. März 2002 an als
harmonisierte Normen anwendbar sein sollten. Daneben sah sie jedoch bis zum 1. März 2003 auch eine Periode der „Koexistenz
der harmonisierten Normen und der nationalen technischen Spezifikationen“ vor.
13
Ferner heißt es in Fußnote 2 dieser Mitteilung, dass zum einen nach dieser Periode der Koexistenz die Konformitätsvermutung
auf die harmonisierten Normen gegründet werden müsse und dass zum anderen das Datum des Endes dieser Periode dasselbe wie
das Datum der Aufhebung der entgegenstehenden nationalen technischen Spezifikationen sei.
14
Mit Schreiben vom 9. August 2002 erhob die Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 u. a.
gegen die beanstandeten Normen Einspruch. Sie machte insbesondere geltend, diese Normen könnten nicht die Vermutung begründen,
dass die Bauwerke, in die die Produkte eingebaut würden, den wesentlichen Anforderungen vollauf genügten.
15
In einem Bericht vom 22. November 2002 wies eine Ad-hoc-Gruppe des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen darauf hin, dass
sie u. a. die beanstandeten Normen geprüft und Empfehlungen ausgesprochen habe. Sie führte aus, dass die beanstandeten Normen
wahrscheinlich verbesserungsfähig seien, dass es aber keinen Grund gebe, ihre Anwendung für Zwecke der CE-Kennzeichnung auszusetzen.
16
Am 28. und 29. Januar 2003 trat der mit der Richtlinie 98/34 eingesetzte Ausschuss zusammen und gab zu dem Entwurf einer Entscheidung
der Kommission über die Zurückweisung des Einspruchs der Bundesrepublik Deutschland eine positive Stellungnahme ab.
17
Am 9. April 2003 erließ die Kommission die Entscheidung 2003/312/EG über die Veröffentlichung der Fundstelle der Normen für
Wärmedämmstoffe, Geotextilien, ortsfeste Löschanlagen und Gips-Wandbauplatten entsprechend der Richtlinie 89/106 (ABI. L 114,
S. 50), mit der sie den von der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 erhobenen Einspruch
zurückwies (nachstehend: angefochtene Entscheidung).
18
In der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission u. a. fest, dass die Informationen, die im Zuge der Konsultationen
mit dem CEN und den nationalen Behörden innerhalb des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen und des mit der Richtlinie 98/34
eingesetzten Ausschusses gewonnen worden seien, keine Beweise für das von der Bundesrepublik Deutschland behauptete Risiko
erbracht hätten. In Artikel 1 der streitigen Entscheidung verfügte die Kommission daher, dass die in Tabelle 1 des Anhangs
aufgeführten beanstandeten Normen nicht aus dem im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Verzeichnis der Normen gestrichen werden.
19
Am 8. Mai 2003 wurde die angefochtene Entscheidung im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
20
Zu einem in den Akten nicht genannten Zeitpunkt beantragte die Bundesrepublik Deutschland beim Ständigen Ausschuss für das
Bauwesen eine Verlängerung der Periode der Koexistenz der beanstandeten und der nationalen Normen bis zum 31. Dezember 2003.
21
Am 13. und 14. Mai 2003 wurde in der 57. Sitzung des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen dieser Antrag auf Verlängerung
abgelehnt. Es wurde jedoch eine rückwirkende Verlängerung der Koexistenzperiode für die beanstandeten und die nationalen Normen
bis zum 13. Mai 2003 beschlossen.
22
Am 22. Mai 2003 wurden die beanstandeten Normen durch eine Mitteilung der Kommission im Rahmen der Durchführung der Richtlinie
89/106 mit einem neuen Enddatum der Koexistenzperiode für die beanstandeten und die nationalen Normen erneut im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. C 120, S. 17) veröffentlicht.
Verfahren und Anträge der Parteien
23
J. Schmoldt (im Folgenden: erster Kläger), die Käfer Isoliertechnik GmbH & Co. KG (im Folgenden: zweite Klägerin) und der
Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V. (im Folgenden: dritter Kläger) haben mit Klageschrift, die am 28. Juli 2003 bei
der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung erhoben.
Der erste Kläger ist Vorsitzender des Ausschusses CEN/TC 88, Mitglied der Ad-hoc-Gruppe des Ständigen Ausschusses für das
Bauwesen und Geschäftsführer des dritten Klägers. Die zweite Klägerin ist ein deutsches Unternehmen, das Wärmedämmstoffe verwendet
und Mitglied des dritten Klägers ist. Der dritte Kläger ist ein Verband, der die Interessen der Bauindustrie in Deutschland
vertritt.
24
Mit besonderem Schriftsatz, der am gleichen Tag bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger außerdem beantragt,
die Kommission im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Koexistenzperiode für die nationalen und die beanstandeten
Normen bis zur Entscheidung des Gerichts zu verlängern.
25
Mit Schriftsatz, der am 27. August 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission eine Einrede der
Unzulässigkeit gemäß Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung des Gerichts erhoben. Die Kläger haben am 20. Oktober 2003 ihre
Stellungnahme hierzu eingereicht.
26
Mit Schriftsatz, der am 25. November 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Fachvereinigung Mineralfaserindustrie
e.V. beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Beklagten zugelassen zu werden.
27
Mit Beschluss vom 28. November 2003 hat der Präsident des Gerichts den Antrag der Kläger auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
zurückgewiesen (Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 28. November 2003 in der Rechtssache T-264/03 R, Schmoldt u. a./Kommission,
Slg. 2003, II-0000).
28
Die Kläger beantragen,
–
Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung in Verbindung mit Tabelle 1 des Anhangs dieser Entscheidung mit der Folge für nichtig
zu erklären, dass die Mitteilung vom 15. Dezember 2001 und die Mitteilung vom 22. Mai 2003 aus dem Amtsblatt der Europäischen Union zu streichen sind;
–
der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
29
Aufgrund ihrer Einrede der Unzulässigkeit beantragt die Kommission,
–
die Klage als unzulässig abzuweisen,
–
den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
30
Nach Artikel 114 § 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht auf Antrag einer Partei über die Unzulässigkeit vorab entscheiden.
Nach § 3 dieses Artikels wird über den Antrag mündlich verhandelt, sofern das Gericht nichts anderes bestimmt. Im vorliegenden
Fall hält sich das Gericht nach Prüfung der Akten für hinreichend unterrichtet, um über den Antrag der Kommission ohne mündliche
Verhandlung zu entscheiden.
31
Die Kommission macht mit ihrer Einrede der Unzulässigkeit zum einen die verspätete Erhebung der Klage und zum anderen die
fehlende individuelle Betroffenheit der Kläger im Sinne von Artikel 230 Absatz 4 EG geltend.
32
Vorab ist jedoch der Streitgegenstand zu bestimmen, über den die Meinungen der Parteien auseinandergehen.
Streitgegenstand Vorbringen der Parteien
33
Die Kommission macht geltend, der Streitgegenstand könne nicht auf die Mitteilungen vom 15. Dezember 2001 und 22. Mai 2003
erweitert werden, da deren Streichung die zwingende mittelbare Folge der Klage und nicht deren Gegenstand sei, der nur den
Antrag auf Nichtigerklärung des Artikels 1 der angefochtenen Entscheidung betreffe.
34
Für die Kläger ist das Ziel der vorliegenden Klage die Streichung der am 15. Dezember 2001 veröffentlichten beanstandeten
Normen einschließlich der Streichung der Mitteilung vom 22. Mai 2003, mit der die Kommission als Ende der Koexistenz der nationalen
und der gemeinschaftlichen Normen den 13. Mai 2003 festgelegt habe.
35
Streitgegenstand sei zunächst Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung in Verbindung mit Tabelle 1 des Anhangs dieser Entscheidung,
mit der die Kommission unter Zurückweisung des von der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie
89/106 erhobenen Einspruchs festgestellt habe, dass die beanstandeten Normen nicht aus dem im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Verzeichnis der Normen gestrichen würden.
36
Die Kläger machen jedoch geltend, dass die Kommission daraufhin die beanstandeten Normen in einer Mitteilung vom 22. Mai 2003
erneut veröffentlicht und auf diese Weise deren erstmalige Veröffentlichung am 15. Dezember 2001 gegenstandslos gemacht habe.
37
Die Erwähnung der Mitteilung vom 15. Dezember 2001 in der Klageschrift sei aus Gründen der Klarstellung erfolgt. Wenn nämlich
beantragt worden wäre, dass bei einem Erfolg der Klage mit der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung nur die Normen
in der Mitteilung vom 22. Mai 2003 aus dem Amtsblatt zu streichen seien, hätte man sich auf den Standpunkt stellen können,
dass damit die Mitteilung vom 15. Dezember 2001 nicht erfasst sei und die darin enthaltenen Normen weiterhin rechtswirksam
seien.
38
Die Mitteilung vom 22. Mai 2003 sei nicht nur eine Rechtsfolge der angefochtenen Entscheidung, sondern sei auch als weiterer
Vollzug der nach Artikel 7 Absatz 3 der Richtlinie 89/106 gebotenen Veröffentlichung anzusehen.
Würdigung durch das Gericht
39
Die Kommission hat laut Artikel 1 der angefochtenen Entscheidung entschieden, dass die beanstandeten Normen, die in Tabelle
1 des Anhangs dieser Entscheidung aufgeführt sind, nicht aus dem Verzeichnis der Normen zu streichen sind, das in der Mitteilung
vom 15. Dezember 2001 veröffentlicht worden ist.
40
Das in der Mitteilung vom 22. Mai 2003 veröffentlichte Verzeichnis der beanstandeten Normen ist – abgesehen von der Änderung
des Zeitpunkts für das Ende der Koexistenzperiode für diese und die nationalen Normen – mit den Verzeichnissen identisch,
die im Anhang der angefochtenen Entscheidung und in der Mitteilung vom 15. Dezember 2001 veröffentlicht worden sind.
41
Soweit die Kläger die Nichtigerklärung der Mitteilung vom 22. Mai 2003 beantragen, weil die beanstandeten Normen erneut veröffentlicht
worden seien, fällt ihre Klage mit ihrem Antrag auf Nichtigerklärung des Artikels 1 der streitigen Entscheidung zusammen und
ist daher in diesem Rahmen zu prüfen.
42
Soweit die Kläger jedoch für den Fall der Nichtigerklärung des Artikels 1 der angefochtenen Entscheidung die Streichung der
Mitteilungen vom 15. Dezember 2001 und 22. Mai 2003 aus dem Amtsblatt der Europäischen Union beantragen, ist dieser Antrag als unzulässig abzuweisen. Nach der Rechtsprechung ist der Gemeinschaftsrichter nicht befugt,
den Organen im Rahmen seiner Rechtmäßigkeitskontrolle Anweisungen zu erteilen. Nach Artikel 233 EG ist es Sache des Organs,
das den für nichtig erklärten Rechtsakt erlassen hat, die zur Durchführung des Urteils erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen
(u. a. Urteil des Gerichtshofes vom 22. Januar 2004 in der Rechtssache C-353/01 P, Mattila/Rat und Kommission, noch nicht
in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 15, und Beschluss des Gerichts vom 15. Oktober 2003 in der Rechtssache T-372/02,
Internationaler Hilfsfonds/Kommission, Slg. 2003, II-0000, Randnrn. 48 und 49).
43
Soweit die Kläger die Änderung des Zeitpunkts für den Ablauf der Koexistenzperiode für die beanstandeten und die nationalen
Normen, die von der Mitteilung vom 22. Mai 2003 erfasst sind, anfechten, ist festzustellen, dass die Klageschrift lediglich
den Hinweis enthält, dass dieser Mitteilung die „Rechtsgrundlage und die Begründung“ fehle. Ein solcher abstrakter Vortrag,
der nicht erläutert, worin der Klagegrund besteht, auf den die Klage gestützt wird, genügt weder den Anforderungen des Artikels
21 Absatz 1 der Satzung des Gerichtshofes, der nach Artikel 53 Absatz 1 dieser Satzung auf das Verfahren vor dem Gericht anwendbar
ist, noch denen des Artikels 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung des Gerichts, wonach die Klageschrift eine kurze Darstellung
der Klagegründe enthalten muss (Urteile des Gerichts vom 5. März 2003 in der Rechtssache T-293/01, Ineichen/Kommission, Slg.
2003, II-0000, Randnr. 84, und vom 17. Juni 2003 in der Rechtssache T-385/2000, Seiller/EIB, Slg. 2003, II‑0000, Randnr. 40).
Daher ist die Klage auch insoweit unzulässig.
44
Folglich ist die vorliegende Klage nur insoweit zu prüfen, als die Kläger die Nichtigerklärung des Artikels 1 der angefochtenen
Entscheidung begehren.
Zur verspäteten Klageerhebung Vorbringen der Parteien
45
Nach Ansicht der Kommission kommt nach der Rechtsprechung der Zeitpunkt, zu dem der Kläger von der Handlung Kenntnis erlangt
hat, als Beginn der Klagefrist nur subsidiär neben dem Zeitpunkt der Bekanntgabe oder der Mitteilung in Betracht (Urteil des
Gerichtshofes vom 10. März 1998 in der Rechtssache C-122/95, Deutschland/Rat, Slg. 1998, I-973, Randnr. 35). Dies gelte insbesondere
dann, wenn die Veröffentlichung einer Handlung auf ständiger Übung beruhe, da der Kläger in diesem Fall davon ausgehen dürfe,
dass es zur Veröffentlichung kommen werde (Urteil Deutschland/Rat, Randnr. 37).
46
In der vorliegenden Rechtssache habe der Zeitpunkt der Kenntniserlangung von der streitigen Entscheidung keine solche subsidiäre
Bedeutung, da deren Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union nicht vorgeschrieben gewesen sei. Der förmliche Beginn der Frist für die Erhebung der Klage gegen diese Entscheidung falle
also auf den Tag, an dem die Kläger von ihr Kenntnis erlangt hätten, und nicht auf den Tag ihrer Veröffentlichung. Daher sei
eine Anwendung von Artikel 102 § 1 der Verfahrensordnung ausgeschlossen, wonach die Frist für die Erhebung einer Klage gegen
eine Handlung eines Organs vom Ablauf des vierzehnten Tages nach der Veröffentlichung der Handlung im Amtsblatt der Europäischen Union an zu berechnen sei, wenn eine solche Frist mit der Veröffentlichung der Handlung beginne.
47
Da die vom 9. April 2003 datierende streitige Entscheidung am 8. Mai 2003 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sei, hätten die Kläger spätestens an diesem Tag von ihr Kenntnis erlangt. Folglich sei die am 28. Juli
2003 eingereichte Klage auch unter Berücksichtigung der in der Verfahrensordnung vorgesehenen Entferungsfrist um zehn Tage
zu spät eingereicht worden.
48
Die Kläger bestreiten, dass ihre Klage verspätet sei.
49
Sie tragen dazu vor, dass die Kommission ihnen die angefochtene Entscheidung unstreitig nicht mitgeteilt habe. Sie hätten
von dieser Entscheidung erst durch ihre Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union am 8. Mai 2003 Kenntnis erhalten. Da ihre Klage am 28. Juli 2003 eingereicht worden sei, sei die mit Ablauf des vierzehnten
Tages nach der Veröffentlichung beginnende Frist von zwei Monaten gemäß Artikel 102 § 1 der Verfahrensordnung unter Hinzurechnung
der Entfernungsfrist von zehn Tagen eingehalten worden.
50
Eine tatsächlich erfolgte Veröffentlichung von Maßnahmen oder Entscheidungen der Gemeinschaftsorgane, die diese Fristen des
Artikels 102 § 1 der Verfahrensordnung nicht auslöse, gebe es nicht.
Würdigung durch das Gericht
51
Nach Artikel 230 Absatz 5 EG sind die in diesem Artikel vorgesehenen Klagen binnen zwei Monaten zu erheben, wobei die Frist
je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe der betreffenden Handlung, ihrer Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung
dessen von dem Zeitpunkt an, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis erlangt hat, läuft.
52
Nach der Rechtsprechung kommt bereits nach dem Wortlaut dieser Bestimmung der Zeitpunkt, zu dem der Kläger von der angefochtenen
Handlung Kenntnis erlangt hat, als Beginn der Klagefrist nur subsidiär neben dem Zeitpunkt der Bekanntgabe oder der Mitteilung
in Betracht (in Randnr. 45 zitiertes Urteil Deutschland/Rat, Randnr. 35, und Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 2000 in
der Rechtssache T-296/97, Alitalia/Kommission, Slg. 2000, II-3871, Randnr. 61).
53
Im vorliegenden Fall ist die Entscheidung im Amtsblatt der Europäischen Union vom 8. Mai 2003 veröffentlicht worden, so dass die Klagefrist für die Kläger von diesem Zeitpunkt und nicht von dem Zeitpunkt
an zu laufen begonnen hat, zu dem sie von ihr Kenntnis erlangt haben.
54
Nach Artikel 102 § 1 der Verfahrensordnung ist die Frist, wenn sie mit der Veröffentlichung der angefochtenen Maßnahme beginnt,
vom Ablauf des vierzehnten Tages nach der Veröffentlichung der Maßnahme im Amtsblatt der Europäischen Union an zu berechnen.
55
Entgegen der Ansicht der Kommission kann diese zusätzliche Frist nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, dass die
Veröffentlichung der streitigen Entscheidung nicht vorgeschrieben und keine ständige Praxis des Organs gewesen sei, so dass
der Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht als solcher, sondern nur als Zeitpunkt der Kenntniserlangung von dieser Entscheidung
in Betracht gezogen werden könne.
56
Aus dem Urteil Deutschland/Rat (zitiert in Randnr. 45) ergibt sich nämlich, dass der Zeitpunkt, zu dem der Kläger Kenntnis
von der Handlung erlangt, als Beginn der Klagefrist nur subsidiär gegenüber dem Zeitpunkt der Veröffentlichung in Betracht
kommt. Infolgedessen scheidet, wenn die angefochtene Entscheidung tatsächlich im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden ist, aufgrund dieses Umstands der Zeitpunkt der Kenntniserlangung aus und muss daher außer Betracht
bleiben.
57
Da die Klagefrist gemäß Artikel 230 EG zur Gewährleistung der Klarheit und Sicherheit der Rechtsverhältnisse und zur Vermeidung
jeder Diskriminierung oder willkürlichen Behandlung bei der Gewährung von Rechtsschutz eingeführt worden ist (Urteile des
Gerichtshofes vom 15. Januar 1987 in der Rechtssache 152/85, Misset/Rat, Slg. 1987, 223, Randnr. 11, und vom 23. Januar 1997
in der Rechtssache C-246/95, Coen, Slg. 1997, I-403, Randnr. 21, sowie Urteil des Gerichts vom 18. September 1997 in den Rechtssachen
T-121/96 und T-151/96, Mutual Aid Administration Services/Kommission, Slg. 1997, II-1355, Randnr. 38), kann die Bestimmung
des Beginns dieser Frist nicht davon abhängen, ob es eine ständige Praxis des betreffenden Organs in diesem Bereich gibt.
58
Zwar haben der Gerichtshof und das Gericht in ihrer Rechtsprechung die Tatsache, dass die Veröffentlichung des Rechtsakts,
auch wenn sie keine Voraussetzung für seine Anwendbarkeit war, einer ständigen Praxis des betreffenden Organs entsprach, berücksichtigt
und aufgrund dessen festgestellt, dass die Klagefrist mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung begann, weil der Kläger in einem
solchen Fall mit der Veröffentlichung dieses Rechtsakts rechnen durfte (in Randnr. 45 zitiertes Urteil Deutschland/Rat, Randnrn.
36 bis 38, und in Randnr. 52 zitiertes Urteil Alitalia/Kommission, Randnr. 62).
59
Dem lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass eine solche Praxis eine unverzichtbare Voraussetzung dafür ist, dass die Veröffentlichung
eines Rechtsakts den Beginn der Klagefrist darstellt. Diese Rechtsprechung zeigt vielmehr, dass die Veröffentlichung des angefochtenen
Rechtsakts insoweit genügt, da eine beständige einschlägige Praxis diese Feststellung nur noch untermauert (in diesem Sinn
Urteile des Gerichts vom 15. September 1998 in der Rechtssache T-11/95, BP Chemicals/Kommission, Slg. 1998, II-3235, Randnr. 49,
vom 6. Oktober 1999 in der Rechtssache T-123/97, Salomon/Kommission, Slg. 1999, II-2925, Randnr. 43, und vom 27. November
2003 in der Rechtssache T-190/00, Regione Siciliana/Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnrn.
30 und 31). Im Übrigen dürfen die Bestimmungen des Vertrages über das Klagerecht des Einzelnen nicht restriktiv interpretiert
werden (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62, Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 211, 237).
60
Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Zusatzfrist von vierzehn Tagen gemäß Artikel 102 § 1 der Verfahrensordnung nach
dem Wortlaut der Bestimmung dann anwendbar ist, wenn „eine Frist für die Erhebung einer Klage gegen eine Maßnahme eines Organs
mit der Veröffentlichung der Maßnahme [beginnt]“, und nicht nur dann, wenn die Veröffentlichung für die Anwendbarkeit des
Rechtsakts vorgeschrieben ist oder einer ständigen Praxis des betreffenden Organs entspricht.
61
Infolgedessen kann sich die Kommission im vorliegenden Fall nicht mit Erfolg auf die Unanwendbarkeit des Artikels 102 § 1
der Verfahrensordnung berufen.
62
Demnach ist festzustellen, dass die von der Kommission wegen angeblicher Verspätung der Klageerhebung erhobene Einrede der
Unzulässigkeit zurückzuweisen ist, da die vorliegende Klage, die am 28. Juli 2003 eingegangen ist, unter Einbeziehung der
Frist von vierzehn Tagen und der pauschalen Entfernungsfrist von zehn Tagen gemäß Artikel 102 § 1 bzw. § 2 der Verfahrensordnung
innerhalb der Frist von zwei Monaten von der Veröffentlichung der Entscheidung im Amtsblatt der Europäischen Union am 8. Mai 2003 an erhoben worden ist.
Zur individuellen Betroffenheit der Kläger Vorbringen der Parteien
63
Die Kommission macht geltend, die Kläger seien von der angefochtenen Entscheidung nicht individuell betroffen.
64
Sie führt dazu im Wesentlichen aus, dass der erste Kläger seine Klage nicht als offizieller Vertreter des CEN/TC 88, sondern
nur in seinem eigenen Namen eingereicht habe. Die zweite Klägerin sei zwar von der angefochtenen Entscheidung in erheblichem
Maße, aber keineswegs individuell betroffen. Der dritte Kläger könne seine Klagebefugnis weder aus der Klagebefugnis der zweiten
Klägerin, die selbst von der angefochtenen Entscheidung nicht individuell betroffen sei, noch aus seiner bloßen Beteiligung
an der Vorbereitung des Antrags der Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 herleiten.
65
Die Kläger sind der Ansicht, dass sie von der angefochtenen Entscheidung individuell betroffen seien.
66
Die Kläger machen erstens geltend, dass die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit rechtsmissbräuchlich sei,
da die Klage offensichtlich begründet sei.
67
Sie verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass nach dem Inkrafttreten des Vertrages von Nizza am 1. Februar 2003 der Grundsatz
der Rechtsstaatlichkeit ausdrückliche Grundlage der Europäischen Union geworden sei (Artikel 6 EU). Im Übrigen gewähre die
am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierte Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364, S. 1) jeder Person das
Recht, dass ihre Angelegenheiten von den Organen und Einrichtungen der Union unparteiisch, gerecht und innerhalb angemessener
Frist behandelt würden (Artikel 41); jede Person, deren durch das Unionsrecht garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt
worden seien, könne bei Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einlegen (Artikel 47).
68
Vornehmste Aufgabe auch des Gerichts nach Artikel 220 EG sei es, das Recht bei der Auslegung und Anwendung des EG-Vertrags
zu wahren.
69
Mit der angefochtenen Entscheidung verlange die Kommission in grob verfahrens- und formfehlerhafter Weise den Vollzug europäischer
Normen, die wegen der Vielzahl ihrer Fehler, inneren Widersprüche und Lücken eine einheitliche Anwendung innerhalb der Europäischen
Union unmöglich machten.
70
Zweitens machen die Kläger geltend, dass sie mangels jeder – auch nur theoretischen – Möglichkeit einer anderweitigen richterlichen
Überprüfung der angegriffenen Gemeinschaftshandlung von allgemeiner Geltung ihren Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz
nur im Rahmen einer Individualklage nach Artikel 230 Absatz 4 EG durchsetzen könnten und daher als individuell betroffen angesehen
werden müssten.
71
Sie könnten die angefochtene Entscheidung nur vor dem Gericht angreifen, da eine Klage vor den nationalen Gerichten im vorliegenden
Fall nicht möglich sei.
72
Wenn eine natürliche oder juristische Person durch eine Gemeinschaftshandlung von allgemeiner Geltung unmittelbar betroffen
werde und jede andere Form eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes gegen diese Maßnahme außerhalb von Artikel 230 Absatz
4 EG objektiv unmöglich sei, weil das Gemeinschaftsrecht keine entsprechenden Rechtsbehelfe oder Verfahren vorsehe und die
betreffende Maßnahme schon ihrer Natur nach in den Mitgliedstaaten nicht justiziabel sei und auch durch entsprechende Änderungen
der nationalen Verfahrensordnungen nicht rechtsbehelfsfähig gemacht werden könne, dürfe in diesen höchst seltenen Fällen nach
dem Urteil des Gerichtshofes vom 25. Juli 2002 in der Rechtssache C-50/00 P (Unión de Pequeños Agricultores/Rat, Slg. 2002,
I-6677) eine Individualklage nicht wegen fehlender individueller Betroffenheit des Klägers für unzulässig erklärt werden.
In diesem Sinne individuell betroffen sei daher jeder, der geltend machen könne, durch eine Gemeinschaftshandlung unmittelbar
in seinen Rechten oder rechtlich geschützten Interessen berührt zu werden, wenn ihm nach der Eigenart der Maßnahmen dagegen
ein anderweitiger Rechtsbehelf nicht zur Verfügung stehe und auch nicht durch Auslegung oder Änderung des nationalen Rechts
geschaffen werden könnte.
73
Die Zulässigkeit solcher Klagen vor dem Gericht würde nicht zum Wegfall der Voraussetzung der individuellen Betroffenheit
des Klägers führen, sondern sie im Gegenteil erst sinnvoll und sachgerecht erscheinen lassen. Die Zulässigkeit sei nämlich
gerade in den Fällen von Bedeutung, in denen eine natürliche oder juristische Person, die von einer Gemeinschaftsmaßnahme
unmittelbar betroffen sei, aus objektiv unveränderbaren und weder von ihr noch von dem betreffenden Mitgliedstaat, noch von
dessen Gerichten zu beeinflussenden Gründen sonst keinerlei gerichtlichen Rechtsschutz erlangen könne.
74
Nur diese Entscheidung könne einen effektiven justizförmigen Rechtsschutz auf europäischer Ebene und ein vollständiges System
von Rechtsbehelfen und Verfahren zur Gewährleistung der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Handlungen der Gemeinschaftsorgane
sicherstellen, wie der Gerichtshof in den Randnummern 39 und 40 des Urteils Unión de Pequeños Agricultores/Rat (zitiert in
Randnr. 72) festgestellt habe.
75
Drittens ist nach Ansicht der Kläger jeder von ihnen von der streitigen Entscheidung individuell betroffen.
76
Was den ersten Kläger betreffe, so sei er als Vorsitzender des CEN/TC 88 nicht gebeten worden, am Erlass der angefochtenen
Entscheidung im Rahmen der Ad-hoc-Gruppe des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen zur Prüfung der beanstandeten Normen mitzuwirken,
und seine Beteiligung an dem Bericht dieser Gruppe sei nur vorgetäuscht worden.
77
Diese Ad-hoc-Gruppe habe sich mit dem auf Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 gestützten Einspruch Deutschlands fachlich
befassen sollen, habe aber tatsächlich nie getagt. Gleichwohl habe die Kommission einen Bericht der Gruppe zu dieser Frage
vorgelegt und dabei wahrheitswidrig eine Zustimmung des tatsächlich nicht befassten CEN/TC 88 vorgespiegelt.
78
Wenn das CEN/TC 88 ordnungsgemäß am Bericht der Ad-hoc-Gruppe des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen beteiligt worden
wäre, wäre der erste Kläger als Vorsitzender des CEN/TC 88 unmittelbarer Verfahrensbeteiligter gewesen. Im Übrigen sei dieser
Kläger als Mitglied der Ad-hoc-Gruppe benannt und deren einziges Mitglied gewesen, das über etwaige Positionen des CEN/TC 88
hätte verbindlich Auskunft geben können.
79
Der erste Kläger sei daher zur Erhebung einer Klage gegen die streitige Entscheidung befugt, da er nicht nur in seinen prozessualen
Rechten, sondern auch in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt worden sei, weil durch die angebliche Konsultation des CEN/TC 88
sein Ruf als international anerkannter Experte in Angelegenheiten der Normung von Wärmedämmstoffen geschädigt worden sei.
80
Außerdem sei der erste Kläger Geschäftsführer der Bundesfachabteilung „Wärme‑, Kälte‑, Schall‑ und Brandschutz“ des dritten
Klägers.
81
Was sodann die zweite Klägerin angehe, so habe die angefochtene Entscheidung für sie als bedeutende Verwenderin von Wärmedämmstoffen,
die in Deutschland das größte und europaweit das zweitgrößte isolierausführende Bauunternehmen sei, erhebliche Auswirkungen
auf die laufenden Verträge und berücksichtige nicht ihre besonderen Rechtspflichten. Sie befinde sich nämlich in einem Normenkonflikt
zwischen dem deutschen Recht und dem Gemeinschaftsrecht. Zudem setze sie sich Gewährleistungsansprüchen ihrer Kunden aus.
Dadurch sei sie gegenüber ihren Mitbewerbern aus anderen Mitgliedstaaten erheblich benachteiligt. Zudem seien insbesondere
die Baustoffverwender, die für eine mangelfreie Leistung verantwortlich seien, aufgrund von Artikel 95 Absatz 3 EG verpflichtet,
für ein hohes Schutzniveau in den Bereichen Verbraucher- und Umweltschutz zu sorgen.
82
Im Übrigen sei die zweite Klägerin als Mitglied der Bundesfachabteilung „Wärme-, Kälte-, Schall- und Brandschutz“ des dritten
Klägers maßgeblich am Beschluss des deutschen Vorbereitenden Ausschusses für EG-Harmonisierung, gegen die beanstandeten Normen
Einspruch gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 zu erheben, beteiligt gewesen.
83
Was schließlich den dritten Kläger betreffe, so sei er Mitglied nationaler Normungsausschüsse und dadurch unmittelbar an den
Arbeiten des CEN/TC 88 beteiligt; darüber hinaus sei er Mitglied des Vorbereitenden Ausschusses für EG-Harmonisierung, in
dem das zuständige Bundesministerium seine Position im Ständigen Ausschuss für das Bauwesen auf nationaler Ebene abstimme.
84
Durch die angefochtene Entscheidung verliere der dritte Kläger die Möglichkeit, im Interesse der von ihm vertretenen Unternehmen
für eine neue Fassung oder zumindest eine Verbesserung der Gemeinschaftsnormen für Wärmedämmstoffe einzutreten. Im Übrigen
ergebe sich die individuelle Betroffenheit selbst dann, wenn die Klagebefugnis ihm nicht von den von ihm vertretenen Unternehmen
vermittelt werden sollte, daraus, dass er über einen seiner Geschäftsführer, den ersten Kläger, an dem Verfahren zum Erlass
der angefochtenen Entscheidung unmittelbar beteiligt gewesen sei. Der erste Kläger, der dem CEN/TC 88 vorsitze, habe in einem
Schreiben vom 28. November 2002 an die Kommission erklärt, dass er nicht nur als Mitglied der Ad-hoc-Gruppe des Ständigen
Ausschusses für das Bauwesen um eine ordnungsgemäße Beteiligung dieses Gremiums bitte, sondern auch als Geschäftsführer der
Bundesfachabteilung „Wärme-, Kälte-, Schall- und Brandschutz“ des dritten Klägers. Wenn der erste Kläger in seiner Doppelrolle
als Mitglied der Ad-hoc-Gruppe und als Geschäftsführer des dritten Klägers nicht nur Verhandlungen und Gespräche mit der Kommission
geführt habe, sondern von ihr sogar an einem besonderen förmlichen Verfahren persönlich hätte beteiligt werden müssen, müsse
der dritte Kläger als ein Verband angesehen werden, der unmittelbar und individuell betroffen sei.
85
Aus diesen Gründen sind die Kläger der Ansicht, dass sie zur Erhebung der Klage befugt seien.
Würdigung durch das Gericht
86
Nach Artikel 230 Absatz 4 EG kann „[j]ede natürliche oder juristische Person ... gegen die an sie ergangenen Entscheidungen
sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete
Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen“.
87
Nach ständiger Rechtsprechung liegt das Kriterium für die Unterscheidung zwischen einer Verordnung und einer Entscheidung
darin, ob die betreffende Handlung allgemeine Geltung hat (Beschlüsse des Gerichtshofes vom 23. November 1995 in der Rechtssache
C-10/95 P, Asocarne/Rat, Slg. 1995, I-4149, Randnr. 28, und vom 24. April 1996 in der Rechtssache C-87/95 P, CNPAAP/Rat, Slg.
1996, I-2003, Randnr. 33, sowie Beschlüsse des Gerichts vom 26. März 1999 in der Rechtssache T-114/96, Biscuiterie-confiserie
LOR und Confiserie du Tech/Kommission, Slg. 1999, II-913, Randnr. 26, und vom 6. Mai 2003 in der Rechtssache T-45/02, DOW
AgroSciences/Parlament und Rat, Slg. 2003, II-0000, Randnr. 31).
88
Eine Handlung hat allgemeine Geltung, wenn sie für objektiv bestimmte Situationen gilt und Rechtswirkungen gegenüber allgemein
und abstrakt umschriebenen Personengruppen erzeugt (Urteil des Gerichts vom 10. Juli 1996 in der Rechtssache T-482/93, Weber/Kommission,
Slg. 1996, II-609, Randnr. 55, und die dort angeführte Rechtsprechung).
89
Nach ständiger Rechtsprechung ändert die Tatsache, dass die Identität der Wirtschaftsteilnehmer, auf die diese Handlungen
angewandt werden, der Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses der Handlungen bekannt war, nichts am Rechtssatzcharakter der
Handlungen, wenn feststeht, dass diese aufgrund einer objektiven Rechts- oder Sachlage angewandt werden, die in der Handlung
gemäß ihrer Zielrichtung festgelegt ist (Urteil des Gerichtshofes vom 18. Mai 1994 in der Rechtssache C-309/89, Codorniu/Rat,
Slg. 1994, I-1853, Randnr. 18, Urteil des Gerichts vom 14. September 1995 in den Rechtssachen T-480/93 und T-483/93, Antillean
Rice Mills u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2305, Randnr. 65, und Beschluss des Gerichts vom 30. April 2003 in der Rechtssache
T-154/02, Villiger Söhne/Rat, Slg. 2003, II-0000, Randnr. 49).
90
Vorliegend ist die angefochtene Entscheidung an die Mitgliedstaaten gerichtet, und es wird mit ihr der Antrag eines Mitgliedstaats
abgelehnt, bestimmte gemäß der Richtlinie 89/106 festgelegte harmonisierte Normen aus dem im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Verzeichnis der Normen zu streichen.
91
Nach Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 89/106 bilden jedoch insbesondere die nationalen Normen, in die die harmonisierten
Normen umgesetzt worden sind und deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, die Grundlage dafür, dass Bauprodukte als brauchbar anzusehen sind und damit in der Europäischen
Union in Verkehr gebracht werden können.
92
Die gemäß der Richtlinie 89/106 festgelegten harmonisierten Normen dienen also zur Definition der Merkmale der Produkte, die
die Wirtschaftsteilnehmer vermarkten oder kaufen können. Sie erzeugen daher Wirkungen insbesondere gegenüber allen Herstellern
und Verwendern von Bauprodukten in der Europäischen Union.
93
Folglich gilt die angefochtene Entscheidung, durch die die Aufhebung von harmonisierten Normen abgelehnt wird, selbst für
objektiv bestimmte Situationen und erzeugt Rechtswirkungen gegenüber allgemein und abstrakt umschriebenen Personengruppen,
nämlich gegenüber allen Herstellern und Verwendern von Bauprodukten in der Europäischen Union.
94
Daher hat die angefochtene Entscheidung aufgrund ihrer Rechtsnatur und ihrer Tragweite allgemeinen Charakter.
95
Der allgemeine Charakter der angefochtenen Entscheidung, der sich aus ihrer Rechtsnatur und ihrer Tragweite ergibt, schließt
es jedoch als solcher noch nicht aus, dass ein Einzelner eine Nichtigkeitsklage gegen sie erheben kann (Urteil des Gerichtshofes
vom 16. Mai 1991 in der Rechtssache C-358/89, Extramet Industrie/Rat, Slg. 1991, I-2501, Randnr. 13, in Randnr. 89 zitiertes
Urteil Codorniu/Rat, Randnr. 19, und in Randnr. 89 zitiertes Urteil Antillean Rice Mills u. a./Kommission, Randnr. 66, sowie
Beschluss des Gerichts vom 21. März 2003 in der Rechtssache T-167/02, Établissements Toulorge/Parlament und Rat, Slg. 2003,
II-0000, Randnr. 26, und in Randnr. 89 zitierter Beschluss Villiger Söhne/Rat, Randnr. 40).
96
Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Rechtsakt von allgemeiner Geltung natürliche oder juristische Personen nur dann individuell
betreffen, wenn er diese wegen bestimmter besonderer Eigenschaften oder aufgrund von Umständen betrifft, die sie aus dem Kreis
aller übrigen Personen herausheben und sie in ähnlicher Weise individualisieren wie einen Adressaten (in Randnr. 72 zitiertes
Urteil Union de Pequeños Agricultores/Rat, Randnr. 36, und Urteil des Gerichtshofes vom 10. April 1003 in der Rechtssache
C-142/00 P, Kommission/Nederlandse Antillen, Slg. 2003, I-3483, Randnr. 65, Beschluss des Gerichtshofes vom 12. Dezember 2003
in der Rechtssache C-258/02 P, Bactria/Kommission, Slg. 2003, II-0000, Randnr. 34, in Randnr. 89 zitierter Beschluss Villiger
Söhne/Rat, Randnr. 44, und Urteil des Gerichts vom 21. Oktober 2003 in der Rechtssache T-392/02, Solvay Pharmaceuticals/Rat,
Slg. 2003, II-0000, Randnr. 78).
97
Somit ist zu prüfen, ob im vorliegenden Fall die Kläger von der streitigen Entscheidung wegen bestimmter besonderer Eigenschaften
oder aufgrund von Umständen betroffen sind, die sie aus dem Kreis aller übrigen Personen herausheben.
Zur Zulässigkeit der Klage des ersten Klägers
98
Um darzutun, dass der erste Kläger von der streitigen Entscheidung individuell betroffen ist, verweisen die Kläger auf seine
Funktion als Vorsitzender des CEN/TC 88 sowie darauf, dass er der Ad-hoc-Gruppe des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen
hätte angehören müssen.
99
Dazu ist vorab festzustellen, dass der Generalsekretär des CEN der Kommission in einem Schreiben vom 11. August 2003 mitteilte,
dass der erste Kläger nicht befugt sei, dieses Gremium im Rahmen der Klage zu vertreten, was von keinem der Kläger bestritten
worden ist. Somit hat der erste Kläger diese Klage nur für seine Person erhoben, und es ist allein aufgrund der in seiner
Person liegenden Eigenschaften zu prüfen, ob er hinsichtlich der streitigen Entscheidung klagebefugt ist, ohne dass im Übrigen
zu entscheiden wäre, ob der CEN eventuell zur Erhebung einer Klage befugt ist.
100
Die Tatsache, dass sich eine Person in irgendeiner Weise an dem Verfahren beteiligt, das zum Erlass einer Gemeinschaftshandlung
führt, ist aber nur dann geeignet, diese Person hinsichtlich der fraglichen Handlung zu individualisieren, wenn die anwendbare
Gemeinschaftsregelung bestimmte Verfahrensgarantien für sie vorsieht (Beschlüsse des Gerichts vom 3. Juni 1997 in der Rechtssache
T-60/96, Merck u. a./Kommission, Slg. 1997, II-849, Randnr. 73, vom 15. September 1998 in der Rechtssache T-109/97, Molkerei
Großbraunshain und Bene Nahrungsmittel/Kommission, Slg. 1998, II-3533, Randnrn. 67 und 68, und vom 29. April 2002 in der Rechtssache
T-339/00, Bactria/Kommission, Slg. 2002, II-2287, Randnr. 51, und Urteil des Gerichts vom 7. Februar 2001 in den Rechtssachen
T-38/99 bis T-50/99, Sociedade Agrícola dos Arinhos u. a./Kommission, Slg. 2001, II-585, Randnr. 46).
101
Im vorliegenden Fall sieht Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 Garantien zugunsten des CEN und des Ständigen Ausschusses
für das Bauwesen und nicht zugunsten bestimmter Mitglieder oder des Vorsitzenden dieser Gremien persönlich vor.
102
Folglich kann sich der erste Kläger, ohne dass zu entscheiden wäre, ob die Garantien nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie
89/106 die von ihnen erfassten Personen individualisieren, für seine Person weder auf eine Verfahrensgarantie noch auf irgendeine
Bestimmung der Richtlinie 89/106 stützen, deren Verletzung ihn in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des CEN/TC 88 zum Zeitpunkt
des Erlasses der angefochtenen Entscheidung oder als Mitglied der Ad-hoc-Gruppe des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen
individualisieren könnte.
103
Aber selbst wenn sich der erste Kläger für seine Person auf solche Verfahrensgarantien berufen könnte, kann die angebliche
Schädigung seines Rufes durch den Verstoß gegen diese Garantien ihn nicht als solche im Sinne von Artikel 230 Absatz 4 EG
individualisieren. Die Garantien nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 dienen nämlich nicht dem Schutz des Rufes der
Mitglieder der in dieser Bestimmung genannten Ausschüsse, auch wenn es sich um den Vorsitzenden handelt, sondern sehen nur
die Abgabe einer Stellungnahme vor, wenn die Kommission oder ein Mitgliedstaat die Rücknahme einer harmonisierten Norm beantragt.
104
Somit ist festzustellen, dass der erste Kläger für seine Person weder als Vorsitzender des CEN/TC 88 noch als Mitglied der
Ad-hoc-Gruppe des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen klagebefugt ist.
105
Zweitens berufen sich die Kläger zum Nachweis der individuellen Betroffenheit des ersten Klägers auf dessen Eigenschaft als
Geschäftsführer des dritten Klägers.
106
Da sich jedoch diese Klagebefugnis, unterstellt, sie wäre erwiesen, von der des dritten Klägers ableitet, könnte der erste
Kläger nur dann, wenn der dritte Kläger selbst von der streitigen Entscheidung individuell betroffen wäre, eventuell geltend
machen, dass auch er von der Entscheidung individuell betroffen sei. Daher ist diese Frage im Rahmen der Klagebefugnis des
dritten Klägers zu prüfen.
107
Folglich ist – vorbehaltlich der Prüfung der Klagebefugnis des dritten Klägers – festzustellen, dass der erste Kläger von
der streitigen Entscheidung nicht individuell im Sinne von Artikel 230 Absatz 4 EG betroffen ist.
Zur Zulässigkeit der Klage der zweiten Klägerin
108
Die Kläger machen erstens geltend, dass die zweite Klägerin von der angefochtenen Entscheidung aufgrund ihrer Stellung als
bedeutende Verwenderin von Baustoffen und als Deutschlands größtes und europaweit zweitgrößtes isolierausführendes Unternehmen
individuell betroffen sei.
109
Dazu ist festzustellen, dass durch die angefochtene Entscheidung die Rücknahme der beanstandeten harmonisierten Normen, die
gemäß der Richtlinie 89/106 erlassen worden waren, abgelehnt wurde. Diese harmonisierten Normen, die die Merkmale der Bauprodukte
festlegen sollen, gelten für alle Hersteller und Verwender solcher Produkte in der Europäischen Union.
110
Somit ist die zweite Klägerin von der angefochtenen Entscheidung nur in ihrer objektiven Eigenschaft als Wirtschaftsteilnehmerin
betroffen, die die genannten Erzeugnisse herstellt, und zwar in gleicher Weise wie alle anderen Wirtschaftsteilnehmer, die
sich in der gleichen Lage befinden. Aus dieser Eigenschaft der zweiten Klägerin allein ergibt sich nach der Rechtsprechung
nicht, dass sie von der streitigen Entscheidung individuell betroffen wäre (Urteile des Gerichtshofes vom 17. Januar 1985
in der Rechtssache 11/82, Piraiki-Patraiki u. a./Kommission, Slg. 1985, 207, Randnr. 14, und vom 22. November 2001 in der
Rechtssache C-451/98, Antillean Rice Mills/Rat, Slg. 2001, I-8949, Randnr. 51, und in Randnr. 89 zitierter Beschluss Villiger
Söhne/Rat, Randnr. 47).
111
Was die Bemerkung betrifft, die zweite Klägerin sei eine bedeutende Verwenderin der entsprechenden Produkte auf dem betreffenden
Markt, so kann nach der Rechtsprechung der Umstand, dass sich eine Handlung von allgemeiner Geltung auf die verschiedenen
Normadressaten im konkreten Fall unterschiedlich auswirken kann, diese nicht aus dem Kreis aller übrigen betroffenen Wirtschaftsteilnehmer
herausheben, sofern die Anwendung der Handlung aufgrund einer objektiv bestimmten Situation erfolgt (u. a. Urteil des Gerichts
vom 22. Februar 2000 in der Rechtssache T-138/98, ACAV u. a./Rat, Slg. 2000, II-341, Randnr. 66, sowie die dort angeführte
Rechtsprechung, und in Randnr. 95 zitierter Beschluss Établissements Toulorge/Parlament und Rat, Randnr. 63). Im vorliegenden
Fall ist die zweite Klägerin aufgrund ihrer objektiven Stellung als Verwenderin von Bauprodukten von der angefochtenen Entscheidung
betroffen.
112
Ebenso wenig wird die zweite Klägerin dadurch individualisiert, dass sie zu den 62 deutschen Unternehmen der Bauindustrie
gehört, die Wärmedämmstoffe verwenden und auf nationaler Ebene in der Bundesfachabteilung „Wärme‑, Kälte‑, Schall‑ und Brandschutz“
zusammengeschlossen sind. Nach der oben in Randnummer 89 angeführten ständigen Rechtsprechung folgt nämlich daraus, dass die
Personen, auf die eine Maßnahme anwendbar ist, nach Zahl oder sogar Identität mehr oder weniger genau bestimmbar sind, keineswegs,
dass sie als von der Maßnahme individuell betroffen anzusehen wären, wenn feststeht, dass wie im vorliegenden Fall diese Anwendung
aufgrund einer in der Maßnahme bestimmten objektiven rechtlichen oder tatsächlichen Situation erfolgt. Im Übrigen richten
sich die beanstandeten Normen, wie die Kläger selbst vorgetragen haben, nicht nur an die Baustoffverwender, sondern auch an
die Mitgliedstaaten, die Hersteller von Bauprodukten und die Überwachungsstellen.
113
Zu der Bemerkung, dass die zweite Klägerin durch die streitige Entscheidung gegenüber ihren Mitbewerbern aus anderen Mitgliedstaaten
insbesondere wegen des Risikos von Gewährleistungsansprüchen ihrer Kunden und sogar ihrer strafrechtlichen Verantwortlichkeit
benachteiligt werde, ist festzustellen, dass dieses angebliche Risiko, selbst wenn seine Unvermeidbarkeit, die auf den ersten
Blick wenig wahrscheinlich ist, feststünde, diese Klägerin keineswegs im Sinne von Artikel 230 Absatz 4 EG individualisieren
kann, da sich alle ihre zahlreichen Wettbewerber in Deutschland in der gleichen Lage befinden.
114
Ebenso ist der geltend gemachte Umstand, dass nach Artikel 95 Absatz 3 EG insbesondere die Baustoffverwender, die für eine
ordnungsgemäße Ausführung der Arbeiten verantwortlich seien, die Aufgabe hätten, im Bereich des Umwelt- und Verbraucherschutzes
für ein hohes Schutzniveau zu sorgen, keineswegs dazu angetan, die zweite Klägerin zu individualisieren, da sie sich, selbst
wenn eine solche Verpflichtung bestünde, insoweit in der gleichen Lage wie alle ihre Wettbewerber in Deutschland und in den
anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union befände.
115
Was schließlich die Bemerkung angeht, die angefochtene Entscheidung greife erheblich in die laufenden Verträge der zweiten
Klägerin ein, so ist nicht nur festzustellen, dass für diesen Umstand kein Beweis erbracht worden ist und er daher nicht als
bewiesen angesehen werden kann, sondern auch, dass er keine tatsächliche Situation darstellt, die diese Klägerin aus dem Kreis
der übrigen Baustoffverwender, die ebenfalls in solche laufende Verträge eingebunden sind, heraushebt.
116
Zwar haben der Gerichtshof und das Gericht Nichtigkeitsklagen gegen einen Rechtsakt von allgemeiner Geltung für zulässig erklärt,
wenn eine höherrangige Rechtsnorm dem Urheber des Rechtsakts die Berücksichtigung der besonderen Situation des Klägers vorschreibt,
wobei in bestimmten Fällen von einem Kläger geschlossene Verträge, die von dem streitigen Rechtsakt berührt werden, für eine
solche besondere Situation kennzeichnend sein können (in Randnr. 96 zitiertes Urteil Kommission/Nederlandse Antillen, Randnrn.
72 und 75, und in Randnr. 89 zitiertes Urteil Antillean Rice Mills u. a./Kommission, Randnrn. 67 und 74).
117
Der vorliegende Fall unterscheidet sich jedoch von den Fällen, die zu den genannten Urteilen geführt haben, da es hier keine
entsprechende Verpflichtung aufgrund einer höherrangigen Rechtsnorm gibt (in Randnr. 100 zitiertes Urteil Sociedade Agrícola
dos Arinhos u. a./Kommission, Randnr. 51). Entgegen der Ansicht der Kläger verpflichtet Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie
89/106 die Kommission nicht, ihre besondere Situation oder die des Mitgliedstaats, der gegen eine harmonisierte Norm Einspruch
erhoben hat, zu berücksichtigen, sondern legt nur das anwendbare Verfahren für den Fall fest, dass ein solcher Einspruch erhoben
wird.
118
Daher können die auf die Existenz laufender Verträge gestützten Argumente der Kläger jedenfalls nicht für eine Individualisierung
der zweiten Klägerin herangezogen werden.
119
Infolgedessen ist die zweite Klägerin nicht als bedeutende Baustoffverwenderin von der angefochtenen Entscheidung individuell
betroffen.
120
Zweitens tragen die Kläger vor, die zweite Klägerin sei von der angefochtenen Entscheidung aufgrund ihrer maßgeblichen Rolle
als Mitglied der Bundesfachabteilung „Wärme‑, Kälte‑, Schall‑ und Brandschutz“ des dritten Klägers beim Zustandekommen des
Beschlusses der Bundesrepublik Deutschland, gegen die beanstandeten Normen Einspruch nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie
89/106 zu erheben, individuell betroffen.
121
Wie bereits oben in Randnummer 100 ausgeführt, ist die Tatsache, dass sich eine Person in irgendeiner Weise an dem Verfahren
zum Erlass einer Gemeinschaftshandlung beteiligt, nur dann geeignet, diese Person aufgrund der fraglichen Handlung zu individualisieren,
wenn die anwendbare Gemeinschaftsregelung bestimmte Verfahrensgarantien für sie vorsieht.
122
Im vorliegenden Fall schreibt die Richtlinie 89/106 keineswegs vor, dass die Kommission vor Erlass einer Entscheidung nach
Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 ein Verfahren einzuhalten hätte, in dem Unternehmen wie die zweite Klägerin oder
die für die Normung zuständigen nationalen Vereinigungen etwaige Rechte oder sogar einen Anspruch auf rechtliches Gehör geltend
machen könnten.
123
Wie bereits oben in Randnummer 101 festgestellt, sieht Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 Garantien nur zugunsten des
CEN und des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen und nicht zugunsten einzelner Unternehmen oder nationaler Vereinigungen
vor.
124
Daher kann die zweite Klägerin nicht in ihrer Eigenschaft als Mitglied der Bundesfachabteilung „Wärme‑, Kälte‑, Schall‑ und
Brandschutz“ des dritten Klägers als von der angefochtenen Entscheidung individuell betroffen angesehen werden.
125
Infolgedessen ist festzustellen, dass die zweite Klägerin von der angefochtenen Entscheidung nicht im Sinne von Artikel 230
Absatz 4 EG individuell betroffen ist.
Zur Zulässigkeit der Klage des dritten Klägers
126
Zur individuellen Betroffenheit des dritten Klägers tragen die Kläger vor, dieser vertrete die Bauindustrie in Deutschland
und seine Klagebefugnis hinsichtlich der streitigen Entscheidung ergebe sich zum einen aus der Klagebefugnis der zweiten Klägerin,
die eines seiner Mitglieder sei, und zum andern aus seiner Beteiligung – über den ersten Kläger – an dem Verfahren, das zum
Erlass der streitigen Entscheidung geführt habe.
127
Bezüglich der Klagebefugnis des dritten Klägers aufgrund seiner Befugnis, für seine Mitglieder aufzutreten, ist auf die ständige
Rechtsprechung zu verweisen, wonach eine Vereinigung, die zur Wahrnehmung kollektiver Interessen einer Gruppe von Personen
gegründet wurde, von einer Handlung, die die allgemeinen Interessen dieser Gruppe berührt, nicht im Sinne von Artikel 230
Absatz 4 EG individuell betroffen ist und daher keine Nichtigkeitsklage im Namen ihrer Mitglieder erheben kann, wenn diesen
als Einzelnen die Klageerhebung verwehrt ist (Urteil des Gerichtshofes vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-321/95 P, Greenpeace
u. a./Kommission, Slg. 1998, I-1651, Randnrn. 14 und 29, Urteil des Gerichts vom 6. Juli 1995 in den Rechtssachen T-447/93
bis T-449/93, AITEC u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1971, Randnr. 62, und Beschlüsse des Gerichts vom 24. Januar 2001 in den
Rechtssachen T-112/00 und T-122/00, Iberotam u. a./Kommission, Slg. 2001, II-97, Randnr. 74, und vom 14. Januar 2002 in der
Rechtssache T-84/01, Association contre l’heure d’été/Parlament und Rat, Slg. 2002, II-99, Randnr. 25).
128
Wie oben in Randnummer 125 festgestellt, gibt es keine Anhaltspunkte, die auf die Zulässigkeit der Klage der zweiten Klägerin
schließen lassen.
129
Im Übrigen haben die Kläger auch nichts vorgetragen, was dafür spräche, dass andere Mitglieder des dritten Klägers von der
angefochtenen Entscheidung individuell betroffen wären.
130
Somit ist festzustellen, dass der dritte Kläger nicht mit Erfolg geltend machen kann, dass er aufgrund der Tatsache, dass
seine Mitglieder selbst auf Nichtigerklärung dieser Entscheidung klagen könnten, von der angefochtenen Entscheidung individuell
betroffen sei.
131
Was zweitens die Beteiligung des dritten Klägers an der Ausarbeitung der angefochtenen Entscheidung angeht, so kann allerdings
das Vorliegen besonderer Umstände, wie die Rolle, die eine Vereinigung in einem Verfahren gespielt hat, das zum Erlass einer
Maßnahme im Sinne von Artikel 230 EG geführt hat, die Zulässigkeit einer von einer Vereinigung erhobenen Klage begründen,
deren Mitglieder von der streitigen Maßnahme nicht unmittelbar und individuell betroffen sind, insbesondere dann, wenn ihre
Stellung als Verhandlungsführerin durch diese Maßnahme berührt ist (in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 2. Februar
1988 in den Rechtssachen 67/85, 68/85 und 70/85, Van der Kooy u. a./Kommission, Slg. 1988, 219, Randnrn. 21 bis 24, und vom
24. März 1993 in der Rechtssache C-313/90, CIRFS u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1125, Randnrn. 28 bis 30).
132
Unter diesen Umständen kann nach der Rechtsprechung eine Vereinigung, die nicht Adressatin des angefochtenen Rechtsakts ist,
ein eigenes Interesse daran haben, eine Nichtigkeitsklage gegen den Rechtsakt zu erheben, auch wenn ihre Mitglieder dies nicht
individuell tun könnten (Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 1995 in den Rechtssachen T-481/93 und T-484/93, Exporteurs in
Levende Varkens u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2941, Randnr. 64, und in Randnr. 127 zitierte Beschlüsse Iberotam u. a./Kommission,
Randnr. 75, und Association contre l’heure d’été/Parlament und Rat, Randnr. 25).
133
Somit ist zu prüfen, ob die angeführte Beteiligung des dritten Klägers – über den ersten Kläger – an der Vorbereitung des
Einspruchs der Bundesrepublik Deutschland einen besonderen Umstand darstellt, der ihm als Unternehmensverband, der die Interessen
seiner Mitglieder vertritt, eine Klagebefugnis im Sinne der zitierten Rechtsprechung verleihen kann.
134
Insoweit ist, wie bereits oben in den Randnummern 122 und 123 ausgeführt, festzustellen, dass die Richtlinie 89/106 keineswegs
vorschreibt, dass die Kommission vor Erlass einer Entscheidung nach Artikel 5 Absatz 1 dieser Richtlinie ein Verfahren einhält,
in dem nationale Vereinigungen wie der dritte Kläger etwaige Rechte oder sogar einen Anspruch auf rechtliches Gehör geltend
machen könnten.
135
Somit kann sich der dritte Kläger nicht auf ein eigenes Interesse, das sich von dem seiner Mitglieder unterscheidet, zur Begründung
seiner Klagebefugnis berufen.
136
Hinzuzufügen ist, dass das Schreiben des dritten Klägers vom 28. November 2002 der Kommission über den ersten Kläger nur informationshalber
übermittelt worden war, da die Kommission im Verfahren nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 weder zur Konsultation
noch zur Anhörung des dritten Klägers verpflichtet war (in diesem Sinne Beschluss des Gerichts vom 9. August 1995 in der Rechtssache
T-585/93, Greenpeace u. a./Kommission, Slg. 1995, II-2205, Randnr. 63).
137
Im Übrigen können die Kläger nicht, wie sie es in ihren Schriftsätzen getan haben, behaupten, dass der Gerichtshof im Urteil
Van der Kooy u. a./Kommission (zitiert in Randnr. 131) die klagende Vereinigung bloß aufgrund ihrer Eigenschaft als Verhandlungspartnerin
einer Interessengruppe zugelassen habe, die als Vereinigung errichtet worden sei und gegenüber der Kommission schriftliche
Stellungnahmen abgegeben und mit ihr während des ganzen Verfahrens engen Kontakt gehalten habe. In diesem Urteil hat der Gerichtshof
nämlich – in Randnummer 23 – auch und vor allem hervorgehoben, dass die klagende Vereinigung zu den Unterzeichnern der Vereinbarung
über den Vorzugstarif gehörte, der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung aufgrund der Gemeinschaftsvorschriften
über staatliche Beihilfen beanstandet wurde, und dass die Vereinigung in dieser Eigenschaft verpflichtet war, neue Tarifverhandlungen
mit dem betreffenden Wirtschaftsteilnehmer aufzunehmen und eine neue Vereinbarung abzuschließen, um dieser Entscheidung nachzukommen.
Ein solcher Fall liegt hier nicht vor (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 11. Februar 1999 in der Rechtssache T-86/96,
Arbeitsgemeinschaft Deutscher Luftfahrt-Unternehmen und Hapag-Lloyd/Kommission, Slg. 1999, II-179, Randnr. 62).
138
Ebenso wenig lässt sich die Situation des dritten Klägers mit der der klagenden Vereinigung im Urteil CIRFS u. a./Kommission
(zitiert in Randnr. 131) vergleichen. Der dritte Kläger ist zwar, was nicht bestritten wird, Mitglied nationaler Normungsausschüsse
und insoweit an den Arbeiten des CEN/TC 88 beteiligt und außerdem Mitglied des deutschen Vorbereitenden Ausschusses für die
EG-Harmonisierung, in dem das zuständige Bundesministerium seine Position im Ständigen Ausschuss für das Bauwesen auf nationaler
Ebene abstimmt. Eine solche mittelbare Beteiligung einer nationalen Vereinigung am Gemeinschaftsverfahren zur Ausarbeitung
der harmonisierten Normen weist jedoch nur einen lockeren Zusammenhang mit dem Gegenstand der angefochtenen Entscheidung auf.
Sie ist daher nicht mit der Situation einer Vereinigung vergleichbar, in der sich die wichtigsten internationalen Hersteller
des betreffenden Wirtschaftszweigs zusammengeschlossen haben und die – wie im Urteil CIRFS u. a./Kommission (zitiert in Randnr. 131)
– eine klar definierte und eng mit dem Gegenstand der Entscheidung selbst zusammenhängende Verhandlungsposition innehat, wodurch
sie in eine tatsächliche Lage versetzt wird, die sie aus dem Kreis der übrigen Personen heraushebt (in diesem Sinne Urteil
des Gerichtshofes vom 22. Mai 2000 in der Rechtssache C-106/98 P, Comité d’entreprise de la Société française de production
u. a./Kommission, Slg. 2000, I-3659, Randnrn. 45 und 53, und in Randnr. 137 zitiertes Urteil Arbeitsgemeinschaft Deutscher
Luftfahrt-Unternehmen und Hapag Lloyd/Kommission, Randnr. 63). Jedenfalls haben die Kläger nichts vorgetragen, was geeignet
wäre, den dritten Kläger von den nationalen Vereinigungen anderer Mitgliedstaaten zu unterscheiden, die in gleicher Weise
am Gemeinschaftsverfahren zur Ausarbeitung harmonisierter Normen beteiligt waren (in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom
17. Juni 1998 in der Rechtssache T-135/96, UEAPME/Rat, Slg. 1998, II-2335, Randnr. 111).
139
Die Kläger berufen sich daher zu Unrecht darauf, dass der dritte Kläger im Verfahren nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie
89/106 gegenüber der Kommission die Stellung eines Verhandlungs- oder Gesprächspartners innegehabt habe, der von der angefochtenen
Entscheidung im Sinne der genannten Rechtsprechung betroffen sei.
140
Diese Schlussfolgerung wird nicht in Frage gestellt durch die Funktion als Verhandlungs- oder Gesprächspartner, die der erste
Kläger angeblich innegehabt hat, weil er, Vorsitzender des CEN/TC 88, als Mitglied der Ad-hoc-Gruppe des Ständigen Ausschusses
für das Bauwesen und außerdem als Geschäftsführer des dritten Klägers an der Vorbereitung des Einspruchs der Bundesrepublik
Deutschland gemäß Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 beteiligt gewesen sei.
141
Dieser Umstand, selbst wenn er bewiesen wäre, beweist keineswegs, dass der dritte Kläger als Vereinigung ein eigenes Interesse
an der Erhebung einer Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 Absatz 4 EG hat. Entgegen der Ansicht der Kläger hat der Gerichtshof
in den oben in Randnummer 131 zitierten Urteilen Van der Kooy u. a./Kommission (Randnrn. 21 bis 24) und CIRFS u. a./Kommission
(Randnrn. 29 und 30) die Zulässigkeit der Klagen der betroffenen Vereinigungen aus deren Eigenschaft als Verhandlungsführerin
und nicht aus der individuellen Rolle eines ihrer Mitglieder hergeleitet.
142
Wie bereits oben in Randnummer 101 festgestellt, sieht Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 Garantien nur zugunsten des
CEN und des Ständigen Ausschusses für das Bauwesen und nicht zugunsten ihrer Mitglieder oder ihres Vorsitzenden persönlich
vor.
143
Infolgedessen kann der dritte Kläger nicht aufgrund seiner Beteiligung an der Vorbereitung des Einspruchs der Bundesrepublik
Deutschland nach Artikel 5 Absatz 1 der Richtlinie 89/106 als von der angefochtenen Entscheidung individuell betroffen angesehen
werden.
144
Somit ist festzustellen, dass der dritte Kläger nicht von der streitigen Entscheidung im Sinne von Artikel 230 Absatz 4 EG
individuell betroffen ist. Daraus folgt, dass auch der erste Kläger als Geschäftsführer des dritten Klägers nicht von dieser
Entscheidung individuell betroffen sein kann.
145
Nach alledem kann keiner der Kläger im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts als zur Erhebung
der vorliegenden Nichtigkeitsklage befugt angesehen werden.
146
Es ist jedoch noch zu prüfen, ob dieses Ergebnis, wie die Kläger geltend machen, nicht vielleicht durch eine offensichtliche
Begründetheit der Klage und das Erfordernis eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes in Frage gestellt wird.
147
Zur offensichtlichen Begründetheit der Klage tragen die Kläger im Wesentlichen vor, dass die Unzulässigkeitseinrede der Kommission
wegen der offenkundigen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung rechtsmissbräuchlich sei.
148
Dazu genügt die Feststellung, dass das Argument der offensichtlichen Begründetheit der vorliegenden Klage im Rahmen der Prüfung
der Zulässigkeit völlig irrelevant ist. Die Prüfung der Begründetheit der Klage hat nämlich keinen Einfluss auf die Beurteilung
der individuellen Betroffenheit der Kläger, da die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen
Person und die Rechtmäßigkeitskontrolle hinsichtlich der Begründetheit des mit einer solchen Klage angefochtenen Rechtsakts
unterschiedliche Prüfungen nach Artikel 230 Absatz 4 EG und nach Artikel 230 Absatz 2 EG verlangen (in diesem Sinne in Randnr. 100
zitierter Beschluss vom 29. April 2002 in der Rechtssache Bactria/Kommission, Randnr. 53).
149
Im Übrigen könnte eine etwaige offenkundige Rechtswidrigkeit des angefochtenen Rechtsakts, selbst wenn sie bewiesen wäre,
nicht mit der Begründung, dass das Gericht nach Artikel 220 EG die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung des
Vertrages sicherstellt, eine Änderung des durch den Vertrag errichteten Rechtsschutz- und Verfahrenssystems im Wege der richterlichen
Auslegung rechtfertigen. Ein solcher Umstand könnte es in keinem Fall erlauben, die Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder
juristischen Person, die nicht die Voraussetzungen des Artikels 230 Absatz 4 EG erfüllt, für zulässig zu erklären (in diesem
Sinne in Randnr. 72 zitiertes Urteil Unión de Pequeños Agricultores/Rat, Randnr. 44, in Randnr. 111 zitiertes Urteil ACAV
u. a./Rat, Randnr. 68, und in Randnr. 100 zitierter Beschluss vom 29. April 2002 in der Rechtssache Bactria/Kommission, Randnr. 54).
150
Daher sind die Argumente der Kläger, die sich auf die offensichtliche Begründetheit der Klage stützen, zurückzuweisen.
151
Was zweitens das Erfordernis eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes angeht, so ist auf das oben in Randnummer 72 zitierte
Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache Unión de Pequeños Agricultores/Rat (Randnr. 40) zu verweisen, wonach der EG-Vertrag
mit den Artikeln 230 und 241 einerseits und Artikel 234 andererseits ein vollständiges System von Rechtsbehelfen und Verfahren
geschaffen hat, das die Rechtmäßigkeitskontrolle der Handlungen der Organe gewährleisten soll, mit der der Gemeinschaftsrichter
betraut ist. In diesem System haben natürliche oder juristische Personen, die wegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen des Artikels
230 Absatz 4 EG Gemeinschaftshandlungen von allgemeiner Geltung nicht unmittelbar anfechten können, die Möglichkeit, je nach
den Umständen des Falles die Ungültigkeit solcher Handlungen entweder inzident nach Artikel 241 EG vor dem Gemeinschaftsrichter
oder aber vor den nationalen Gerichten geltend zu machen und diese Gerichte, die nicht selbst die Ungültigkeit dieser Handlungen
feststellen können, zu veranlassen, dem Gerichtshof insoweit Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.
152
Es ist also, wie der Gerichtshof ausgeführt hat, Sache der Mitgliedstaaten, ein vollständiges System von Rechtsbehelfen und
Verfahren vorzusehen, mit dem die Einhaltung des Rechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gewährleistet werden kann
(in Randnr. 72 zitiertes Urteil Unión de Pequeños Agricultores/Rat, Randnr. 41).
153
Entgegen der Ansicht der Kläger ergibt sich daraus jedoch keineswegs, dass der geltend gemachte Umstand, dass kein Rechtsbehelf
zu den nationalen Gerichten gegeben sei, berücksichtigt werden könnte, um eine Nichtigkeitsklage vor den Gemeinschaftsgerichten
für zulässig zu erklären.
154
Ganz im Gegenteil, der Gerichtshof hat in Randnummer 43 des Urteils Unión de Pequeños Agricultores/Rat (zitiert in Randnr. 72)
festgestellt, dass die Zulässigkeitsvorschriften des Artikels 230 EG nicht dahin ausgelegt werden können, dass eine Nichtigkeitsklage
für zulässig erklärt werden müsste, wenn nach einer konkreten Prüfung der nationalen Verfahrensvorschriften durch den Gemeinschaftsrichter
dargetan wäre, dass diese Vorschriften es dem Einzelnen nicht erlauben, eine Klage zu erheben, mit der er die Gültigkeit der
angefochtenen Gemeinschaftshandlung in Frage stellen kann.
155
Nach Ansicht des Gerichtshofes wäre eine direkte Nichtigkeitsklage vor dem Gemeinschaftsrichter auch dann nicht zulässig,
wenn nach einer konkreten Prüfung der nationalen Verfahrensvorschriften durch diesen Richter dargetan werden könnte, dass
diese Vorschriften es dem Einzelnen nicht erlauben, eine Klage zu erheben, mit der er die Gültigkeit der streitigen Gemeinschaftshandlung
in Frage stellen kann (in Randnr. 96 zitierter Beschluss vom 12. Dezember 2003 in der Rechtssache Bactria/Kommission, Randnr. 58).
Denn eine solche Regelung würde es in jedem Einzelfall erforderlich machen, dass der Gemeinschaftsrichter das nationale Verfahrensrecht
prüft und auslegt, was seine Zuständigkeit im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle der Gemeinschaftshandlungen überschreiten
würde (in Randnr. 72 zitiertes Urteil Unión de Pequeños Agricultores/Rat, Randnr. 43).
156
Jedenfalls hat der Gerichtshof klar zum Ausdruck gebracht (in Randnr. 72 zitiertes Urteil Unión de Pequeños Agricultores/Rat,
Randnr. 44), dass die Voraussetzung des individuellen Interesses gemäß Artikel 230 Absatz 4 EG zwar im Licht des Grundsatzes
des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes unter Berücksichtigung der verschiedenen Umstände, die einen Kläger individualisieren
können, auszulegen ist, dass diese Auslegung aber nicht zum Wegfall dieser im EG-Vertrag ausdrücklich vorgesehenen Voraussetzung
führen kann, ohne dass die den Gemeinschaftsgerichten durch den Vertrag verliehenen Befugnisse überschritten würden.
157
Das etwaige Fehlen eines Rechtsbehelfs, selbst wenn es bewiesen wäre, kann daher keine Änderung des durch den Vertrag errichteten
Systems von Rechtsbehelfen und Verfahren im Wege der richterlichen Auslegung rechtfertigen. In keinem Fall erlaubt es dieses
Fehlen, die Klage einer natürlichen oder juristischen Person, die nicht die Voraussetzungen des Artikels 230 Absatz 4 EG erfüllt,
für zulässig zu erklären (Beschluss des Gerichtshofes vom 1. Februar 2001 in der Rechtssache C-301/99 P, Area Cova u. a./Rat
und Kommission, Slg. 2001, I-1005, Randnr. 47, und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie in Randnr. 111 zitiertes Urteil
ACAV u. a./Rat, Randnr. 68, in Randnr. 100 zitierter Beschluss vom 29. April 2002 in der Rechtssache Bactria/Kommission, Randnr. 54,
und in Randnr. 89 zitierter Beschluss Villiger Söhne/Rat, Randnr. 61).
158
Die Kläger können sich daher nicht darauf berufen, dass, wenn die Nichtigkeitsklage für unzulässig erklärt würde, ihnen jede
Möglichkeit, ihre Rechte vor einem Gericht zu verteidigen, genommen wäre, wofür sie übrigens keinen Beweis erbracht haben.
159
Das Erfordernis eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes kann also nicht die Schlussfolgerung in Frage stellen, dass die
Klage als unzulässig abzuweisen ist, weil die Kläger von der angefochtenen Handlung nicht individuell betroffen sind.
160
Nach alledem ist die Klage als unzulässig abzuweisen, ohne dass geprüft werden müsste, ob die Kläger von der angefochtenen
Entscheidung unmittelbar betroffen sind.
161
Unter diesen Umständen braucht über den Streithilfeantrag der Fachvereinigung Mineralfaserindustrie nicht entschieden zu werden.
Kosten
162
Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da
die Kläger unterlegen sind, sind sie entsprechend dem Antrag der Kommission zur Tragung der Kosten dieses Verfahrens einschließlich
des Verfahrens der einstweiligen Anordnung in der Rechtssache T-264/03 R zu verurteilen.
Aus diesen Gründen
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
beschlossen:
1.
Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
2.
Die Kläger tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der Beklagten einschließlich der Kosten des Verfahrens der einstweiligen
Anordnung in der Rechtssache T-264/03 R.