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Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 62021CJ0565

    Urteil des Gerichtshofs (Vierte Kammer) vom 16. März 2023.
    Caixabank SA gegen X.
    Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal Supremo.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 93/13/EWG – Art. 3, 4 und 5 – Verbraucherverträge – Hypothekendarlehen – Missbräuchliche Klauseln – Klausel über die Provision für die Bereitstellung des Darlehens – Klage auf Nichtigerklärung dieser Klausel und Rückzahlung des insoweit gezahlten Betrags – Klarheit und Verständlichkeit der Klauseln – Vorliegen spezifischer nationaler Rechtsvorschriften.
    Rechtssache C-565/21.

    ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2023:212

     URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

    16. März 2023 ( *1 )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Verbraucherschutz – Richtlinie 93/13/EWG – Art. 3, 4 und 5 – Verbraucherverträge – Hypothekendarlehen – Missbräuchliche Klauseln – Klausel über die Provision für die Bereitstellung des Darlehens – Klage auf Nichtigerklärung dieser Klausel und Rückzahlung des insoweit gezahlten Betrags – Klarheit und Verständlichkeit der Klauseln – Vorliegen spezifischer nationaler Rechtsvorschriften“

    In der Rechtssache C‑565/21

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) mit Entscheidung vom 10. September 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 14. September 2021, in dem Verfahren

    Caixabank SA

    gegen

    X

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos, der Richterin L. S. Rossi, der Richter J.‑C. Bonichot und S. Rodin (Berichterstatter) sowie der Richterin O. Spineanu-Matei,

    Generalanwältin: J. Kokott,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    der Caixabank SA, vertreten durch J. Gutiérrez de Cabiedes Hidalgo de Caviedes, Abogado,

    der spanischen Regierung, vertreten durch A. Gavela Llopis und M. J. Ruiz Sánchez als Bevollmächtigte,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Baquero Cruz und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,

    aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

    folgendes

    Urteil

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 3 bis 5 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29).

    2

    Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Caixabank SA (im Folgenden: Bank) und X (im Folgenden: Verbraucher) über eine Klausel in einem hypothekarisch gesicherten Kreditvertrag, die eine Provision für die Bereitstellung des Darlehens vorsieht und missbräuchlich sein soll.

    Rechtlicher Rahmen

    Unionsrecht

    3

    Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 bestimmt:

    „Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.“

    4

    Art. 4 dieser Richtlinie lautet:

    „(1)   Die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel wird unbeschadet des Artikels 7 unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrages sind, aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt.

    (2)   Die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Klauseln betrifft weder den Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind.“

    5

    Art. 5 der Richtlinie sieht vor:

    „Sind alle dem Verbraucher in Verträgen unterbreiteten Klauseln oder einige dieser Klauseln schriftlich niedergelegt, so müssen sie stets klar und verständlich abgefasst sein. Bei Zweifeln über die Bedeutung einer Klausel gilt die für den Verbraucher günstigste Auslegung. Diese Auslegungsregel gilt nicht im Rahmen der in Artikel 7 Absatz 2 vorgesehenen Verfahren.“

    6

    Anhang II Teil B Abschnitt 4 der Richtlinie 2014/17/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 (ABl. 2014, L 60, S. 34) bestimmt in Abs. 3 Satz 1:

    „In der Rubrik ‚sonstige Komponenten des effektiven Jahreszinses‘ sind alle sonstigen im effektiven Jahreszins enthaltenen Kosten aufzuführen, einschließlich einmaliger Kosten – etwa Verwaltungsgebühren – sowie regelmäßige Kosten wie jährliche Verwaltungsgebühren.“

    Spanisches Recht

    7

    In Anhang II Abs. 4 („Provisionen“) des Orden del Ministerio de la Presidencia, sobre transparencia de las condiciones financieras de los préstamos hipotecarios (Verordnung des Ministeriums der Präsidentschaft zur Transparenz bei finanziellen Bedingungen von Hypothekendarlehen) vom 5. Mai 1994 (BOE Nr. 112 vom 11. Mai 1994, S. 14444) heißt es:

    „1. Bereitstellungsprovision – Alle Kosten der Prüfung des Darlehens, der Gewährung oder Bearbeitung des Hypothekendarlehens oder andere ähnliche Kosten, die mit der Tätigkeit des Darlehensgebers anlässlich der Gewährung des Darlehens verbunden sind, müssen zwingend in eine einheitliche Provision einbezogen werden, die als Bereitstellungsprovision bezeichnet wird und nur einmal zu zahlen ist. Ihre Höhe sowie Form und Zeitpunkt ihrer Zahlung sind in der Klausel anzugeben.

    2. Sonstige Provisionen und später anfallende Kosten – Neben der ‚Bereitstellungsprovision‘ können zulasten des Darlehensnehmers nur vereinbart werden:

    c)

    Provisionen, die der Bank von Spanien ordnungsgemäß nach der Verordnung vom 12. Dezember 1989 und ihrer Durchführungsbestimmungen mitgeteilt worden sind und für die Erbringung einer speziellen Dienstleistung, die nicht die gewöhnliche Verwaltung des Darlehens ist, durch den Darlehensgeber anfallen. …“

    Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    8

    Am 21. September 2005 schloss der Verbraucher mit der Bank einen Vertrag über einen hypothekarisch gesicherten Kredit in Höhe von 130 000 Euro, der die Zahlung von 845 Euro als Provision für die Bereitstellung des Kredits vorsah.

    9

    Am 24. April 2018 erhob der Verbraucher eine Klage gegen die Bank. Er beantragte, die Nichtigkeit der Bereitstellungsprovisionsklausel festzustellen, und forderte die Rückzahlung des gezahlten Betrags. Der Juzgado de Primera Instancia (Gericht erster Instanz, Spanien) gab der Klage statt, erklärte die Klausel für nichtig und gab der Bank auf, den gezahlten Betrag an den Verbraucher zurückzuzahlen.

    10

    Die Bank legte bei der Audiencia Provincial de Palma de Mallorca (Provinzgericht Palma de Mallorca, Spanien) Berufung ein, die mit der Begründung zurückgewiesen wurde, dass die Bank nicht nachgewiesen habe, dass für die Provision tatsächlich eine Dienstleistung erbracht worden sei. Daraufhin hat die Bank Kassationsbeschwerde beim Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien), dem vorlegenden Gericht, eingelegt.

    11

    Das vorlegende Gericht ist der Ansicht, dass die Antwort des Gerichtshofs im Urteil vom 16. Juli 2020, Caixabank und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (C‑224/19 und C‑259/19, EU:C:2020:578), auf die diesem zur Bereitstellungsprovision für Hypothekendarlehen und ‑kredite gestellten Fragen sowie dessen einschlägige Rechtsprechung dadurch bedingt seien, dass die vorlegenden Gerichte die nationale Regelung und Rechtsprechung verzerrt dargestellt hätten. Dies habe dazu geführt, dass zahlreiche spanische Gerichte dieses Urteil des Gerichtshofs dahin auslegten, dass damit die Rechtsprechung des vorlegenden Gerichts zur Bereitstellungsprovision für unionsrechtswidrig erklärt werde.

    12

    Unter diesen Umständen hat das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

    1.

    Verstößt eine nationale Rechtsprechung gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 4 und Art. 5 der Richtlinie 93/13, wenn diese Rechtsprechung – in Anbetracht der spezifischen Regelung der Bereitstellungsprovision in den nationalen Rechtsvorschriften, wonach diese Provision ein einmalig und in der Regel bei Vertragsschluss zu zahlendes Entgelt für Leistungen im Zusammenhang mit der Prüfung, der Gewährung oder der Bearbeitung des Hypothekendarlehens oder ‑kredits oder für ähnliche Leistungen darstellt, die mit der Tätigkeit des Darlehensgebers anlässlich der Gewährung des Darlehens oder des Kredits verbunden sind – davon ausgeht, dass eine Klausel wesentlicher Bestandteil des Vertrags ist, mit der eine solche Provision festgesetzt wird, da sie einen Hauptteil des Preises ausmacht, und nicht auf Missbräuchlichkeit geprüft werden kann, sofern sie in dem von der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union festgelegten weiteren Sinne klar und verständlich abgefasst ist?

    2.

    Verstößt eine nationale Rechtsprechung gegen Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13, wenn diese Rechtsprechung bei der Beurteilung der Klarheit und Verständlichkeit einer Klausel, die einen wesentlichen Bestandteil eines Hypothekendarlehens- oder Hypothekenkreditvertrags regelt, Faktoren wie die allgemeine Bekanntheit einer solchen Klausel bei den Verbrauchern, die Angaben, zu denen das Finanzinstitut nach den Vorschriften über standardisierte Informationsblätter dem potenziellen Darlehensnehmer gegenüber verpflichtet ist, die Werbung der Banken, die besondere Aufmerksamkeit, die ein Durchschnittsverbraucher diesem Preisbestandteil schenkt, weil er beim Darlehensvertragsschluss vollständig zu entrichten ist und einen wesentlichen Teil des von ihm bei der Aufnahme des Darlehens zu leistenden finanziellen Aufwands ausmacht, sowie den Umstand berücksichtigt, dass die Klausel aufgrund ihres Wortlauts, ihrer Positionierung und ihres Aufbaus als ein wesentlicher Vertragsbestandteil erkennbar ist?

    3.

    Verstößt eine nationale Rechtsprechung gegen Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13, wenn diese Rechtsprechung davon ausgeht, dass eine Vertragsklausel wie die im Ausgangsverfahren streitige, die sich auf die Bereitstellungsprovision eines Darlehens- oder Kreditvertrags bezieht, die die Vergütung der Leistungen im Zusammenhang mit der Prüfung, der Erstellung und der individuellen Bearbeitung eines Darlehens- oder Kreditantrags als Voraussetzungen der Darlehens- bzw. Kreditgewährung (Prüfung der Durchführbarkeit des Darlehens, der Zahlungsfähigkeit des Schuldners, der Belastungen des Vermögensgegenstands, zu dessen Lasten die Hypothek bestellt wird, usw.) bezweckt und die in den nationalen Rechtsvorschriften als Entgelt für die mit der Darlehens- oder Kreditgewährung verbundenen Tätigkeiten ausdrücklich vorgesehen ist, nicht entgegen dem Gebot von Treu und Glauben und zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht?

    Zu den Vorlagefragen

    Zur ersten Frage

    13

    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich die erste Frage insoweit, als aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervorgeht, dass das vorlegende Gericht mit dieser Frage wissen möchte, ob bei der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Klausel davon ausgegangen werden kann, dass sie nicht dem in Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 vorgesehenen Mechanismus der Kontrolle missbräuchlicher Klauseln unterliegt, weil eine Bereitstellungsprovision einen Hauptteil des Preises und damit einen wesentlichen Bestandteil des Vertrags bildet, trotz der Bezugnahme auf die Art. 3 bis 5 der Richtlinie nur auf die Auslegung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie bezieht.

    14

    Das vorlegende Gericht möchte mit seiner ersten Frage also klären, ob Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Rechtsprechung entgegensteht, die in Anbetracht einer nationalen Regelung, nach der mit der Bereitstellungsprovision die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Prüfung, Gewährung oder Bearbeitung des Hypothekendarlehens oder ‑kredits oder andere ähnliche Dienstleistungen vergütet werden, davon ausgeht, dass die Klausel, die eine solche Provision vorsieht, zum „Hauptgegenstand des Vertrags“ im Sinne dieser Bestimmung gehört, weil diese Provision einen Hauptteil des Preises bildet.

    15

    Nach dieser Bestimmung betrifft die Beurteilung der Missbräuchlichkeit der Klauseln weder den Hauptgegenstand des Vertrags noch die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind.

    16

    Folglich könnte die Kontrolle der Missbräuchlichkeit der Bereitstellungsprovisionsklausel im Ausgangsrechtsstreit nur dann nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie begrenzt werden, wenn diese Klausel in eine der beiden in der vorstehenden Randnummer genannten Kategorien fällt. Im vorliegenden Fall ersucht das vorlegende Gericht den Gerichtshof um Klärung der Tragweite der ersten Kategorie, die den „Hauptgegenstand des Vertrags“ betrifft.

    17

    Insoweit hat der Gerichtshof entschieden, dass unter den Begriff „Hauptgegenstand des Vertrags“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 diejenigen Klauseln zu fassen sind, die die Hauptleistungen des Vertrags festlegen und ihn als solche charakterisieren. Nicht darunter fallen hingegen Klauseln, die gegenüber denen, die das Wesen des Vertragsverhältnisses selbst definieren, akzessorisch sind (Urteile vom 20. September 2017, Andriciuc u. a., C‑186/16, EU:C:2017:703, Rn. 35 und 36, sowie vom 3. Oktober 2019, Kiss und CIB Bank, C‑621/17, EU:C:2019:820, Rn. 32).

    18

    Im Rahmen eines Kreditvertrags verpflichtet sich der Kreditgeber in erster Linie, dem Kreditnehmer einen bestimmten Geldbetrag zur Verfügung zu stellen, während sich der Kreditnehmer in erster Linie verpflichtet, den Betrag – im Allgemeinen zuzüglich Zinsen – zu den vorgesehenen Fälligkeitsterminen zurückzuzahlen (Urteil vom 10. Juni 2021, BNP Paribas Personal Finance, C‑776/19 bis C‑782/19, EU:C:2021:470, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    19

    Im Urteil vom 16. Juli 2020, Caixabank und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (C‑224/19 und C‑259/19, EU:C:2020:578, Rn. 64), hat der Gerichtshof entschieden, dass eine Bereitstellungsprovision nicht allein deshalb als eine Hauptleistung eines Hypothekendarlehensvertrags angesehen werden kann, weil sie in dessen Gesamtkosten enthalten ist.

    20

    Im vorliegenden Fall weist das vorlegende Gericht im Vorabentscheidungsersuchen auf das Urteil 44/2019 vom 23. Januar 2019 hin, in dem es entschieden habe, dass die Bereitstellungsprovision zusammen mit den Vergütungszinsen den Preis des Hypothekendarlehens- oder Hypothekenkreditvertrags darstelle und damit zum „Hauptgegenstand des Vertrags“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 gehöre. Diese Feststellung sei insbesondere in Anbetracht der einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften getroffen worden, nach denen die Bereitstellungsprovision als Vergütung für die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Prüfung, Gewährung oder Bearbeitung des Darlehens oder Kredits oder andere ähnliche Dienstleistungen, die aber immer im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Darlehensgebers stünden, definiert sei.

    21

    Insoweit ist daran zu erinnern, dass Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 eine Ausnahme von dem im Rahmen des mit dieser Richtlinie geschaffenen Systems des Verbraucherschutzes vorgesehenen Verfahren zur Inhaltskontrolle missbräuchlicher Klauseln begründet und daher eng auszulegen ist (Urteil vom 12. Januar 2023, D. V. [Rechtsanwaltsvergütung – Abrechnung nach dem Zeitaufwand], C‑395/21, EU:C:2023:14, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    22

    Aus den Erläuterungen des vorlegenden Gerichts und dem Wortlaut der ersten Frage ergibt sich, dass die Bereitstellungsprovision die Vergütung für die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Prüfung, Gewährung oder Bearbeitung des Darlehens oder Kredits oder andere ähnliche Dienstleistungen umfasst, die mit der Tätigkeit des Darlehensgebers anlässlich der Gewährung des Darlehens oder Kredits verbunden sind.

    23

    In Anbetracht des Gebots, Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 eng auszulegen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Pflicht, solche Dienstleistungen zu vergüten, zu den sich aus einem Kreditvertrag ergebenden Hauptpflichten im Sinne der in Rn. 18 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung gehört, nämlich zum einen der Zurverfügungstellung eines Geldbetrags durch den Kreditgeber und zum anderen der Rückzahlung dieses Betrags – im Allgemeinen zuzüglich Zinsen – zu den vorgesehenen Fälligkeitsterminen. Denn es widerspräche diesem Gebot der engen Auslegung, wenn in den Begriff „Hauptgegenstand des Vertrags“ alle Leistungen einbezogen würden, die lediglich mit dem Hauptgegenstand selbst zusammenhängen und daher im Sinne der in Rn. 17 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung akzessorisch sind.

    24

    Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Rechtsprechung entgegensteht, die in Anbetracht einer nationalen Regelung, nach der mit der Bereitstellungsprovision die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Prüfung, Gewährung oder Bearbeitung des Hypothekendarlehens oder ‑kredits oder andere ähnliche Dienstleistungen vergütet werden, davon ausgeht, dass die Klausel, die eine solche Provision festlegt, zum „Hauptgegenstand des Vertrags“ im Sinne dieser Bestimmung gehört, weil diese Provision einen Hauptteil des Preises bildet.

    Zur zweiten Frage

    25

    Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Rechtsprechung entgegensteht, die bei der Beurteilung der Klarheit und Verständlichkeit einer Klausel, die einen wesentlichen Bestandteil des Hypothekendarlehens- oder Hypothekenkreditvertrags regelt, Faktoren wie die allgemeine Bekanntheit einer solchen Klausel bei den Verbrauchern, die Angaben, zu denen das Finanzinstitut nach den Vorschriften über standardisierte Informationsblätter dem potenziellen Darlehensnehmer gegenüber verpflichtet ist, die Werbung der Banken, die besondere Aufmerksamkeit, die ein Durchschnittsverbraucher dieser Klausel schenkt, sowie den Umstand berücksichtigt, dass die Klausel aufgrund ihres Wortlauts, ihrer Positionierung und ihres Aufbaus als ein wesentlicher Vertragsbestandteil erkennbar ist.

    26

    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass diese zweite Frage die Beurteilung der Klarheit und Verständlichkeit – im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 – einer Bereitstellungsprovisionsklausel wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden betrifft. Aus der Antwort auf die erste Frage ergibt sich jedoch, dass eine solche Klausel nicht zum „Hauptgegenstand des Vertrags“ im Sinne dieser Bestimmung gehört.

    27

    In Anbetracht dieser Antwort ist der letzte vom vorlegenden Gericht in der zweiten Frage angeführte Faktor dahin zu verstehen, dass er sich darauf bezieht, dass die Bereitstellungsprovisionsklausel aufgrund ihres Wortlauts, ihrer Positionierung und ihres Aufbaus als ein „wichtiger“ Bestandteil des Hypothekendarlehens- oder Hypothekenkreditvertrags erkennbar ist, da die Einstufung als „wesentlicher“ Bestandteil den Bestandteilen vorbehalten ist, die unter den „Hauptgegenstand des Vertrags“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 fallen, wie sich aus der in Rn. 17 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ergibt.

    28

    Allerdings findet sich das gleiche Transparenzerfordernis wie das in Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 enthaltene auch in Art. 5 der Richtlinie, der vorsieht, dass schriftlich niedergelegte Vertragsklauseln „stets“ klar und verständlich abgefasst sein müssen. Wie vom Gerichtshof bereits entschieden, hat das in der erstgenannten Vorschrift enthaltene Transparenzgebot dieselbe Tragweite wie das in der zweitgenannten (Urteil vom 3. Oktober 2019, Kiss und CIB Bank, C‑621/17, EU:C:2019:820, Rn. 36 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    29

    Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, ist daher davon auszugehen, dass es mit seiner zweiten Frage wissen möchte, ob Art. 5 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass bei der Beurteilung der Klarheit und Verständlichkeit einer Klausel eines Hypothekendarlehens- oder Hypothekenkreditvertrags, die die Vereinnahmung einer Bereitstellungsprovision vorsieht, Faktoren maßgeblich sind wie die allgemeine Bekanntheit einer solchen Klausel bei den Verbrauchern, die Angaben, zu denen das Finanzinstitut nach den Vorschriften über standardisierte Informationsblätter dem potenziellen Darlehensnehmer gegenüber verpflichtet ist, die Werbung der Banken, die besondere Aufmerksamkeit, die ein Durchschnittsverbraucher dieser Klausel schenkt, da sie die vollständige Zahlung eines erheblichen Betrags bei Gewährung des Darlehens oder Kredits vorsieht, sowie der Umstand, dass die Klausel aufgrund ihres Wortlauts, ihrer Positionierung und ihres Aufbaus als ein wichtiger Vertragsbestandteil erkennbar ist.

    30

    Der Gerichtshof hat entschieden, dass das in Art. 5 der Richtlinie 93/13 enthaltene Transparenzgebot nicht auf die bloße Verständlichkeit dieser Klauseln in formaler und grammatikalischer Hinsicht beschränkt werden kann. Vielmehr ist, da das durch diese Richtlinie eingeführte Schutzsystem auf dem Gedanken beruht, dass sich der Verbraucher gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer Position der Unterlegenheit befindet, weil er u. a. einen geringeren Informationsstand besitzt, das in der Richtlinie festgelegte Erfordernis der klaren und verständlichen Abfassung der Vertragsklauseln und damit der Transparenz umfassend zu verstehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2020, Caixabank und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, C‑224/19 und C‑259/19, EU:C:2020:578, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    31

    Somit ist dieses Erfordernis dahin zu verstehen, dass die betreffende Klausel für den Verbraucher nicht nur in grammatikalischer Hinsicht nachvollziehbar sein muss, sondern dass der Vertrag auch die konkrete Funktionsweise des Verfahrens, auf das diese Klausel Bezug nimmt, und gegebenenfalls das Verhältnis zwischen diesem Verfahren und dem durch andere Klauseln vorgeschriebenen Verfahren in transparenter Weise darstellen muss, damit der Verbraucher in der Lage ist, die sich für ihn daraus ergebenden wirtschaftlichen Folgen auf der Grundlage genauer und nachvollziehbarer Kriterien einzuschätzen (Urteil vom 16. Juli 2020, Caixabank und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, C‑224/19 und C‑259/19, EU:C:2020:578, Rn. 67 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    32

    Zwar ergibt sich aus dieser Rechtsprechung nicht, dass der Darlehensgeber verpflichtet wäre, in dem betreffenden Vertrag ausführliche Angaben zur Art aller Dienstleistungen zu machen, die als Gegenleistung für ein in einer oder mehreren Vertragsklauseln vorgesehenes Entgelt erbracht werden. Im Hinblick auf den Schutz, den die Richtlinie 93/13 dem Verbraucher deshalb gewähren soll, weil er sich gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet und einen geringeren Informationsstand besitzt, ist es jedoch wichtig, dass die Art der tatsächlich erbrachten Dienstleistungen anhand des Vertrags als Ganzes angemessen verstanden oder daraus abgeleitet werden kann. Darüber hinaus muss der Verbraucher in der Lage sein, zu überprüfen, dass sich diese verschiedenen Entgelte oder damit vergüteten Dienstleistungen nicht überschneiden (Urteil vom 3. Oktober 2019, Kiss und CIB Bank, C‑621/17, EU:C:2019:820, Rn. 43).

    33

    Nach ständiger Rechtsprechung hat das vorlegende Gericht die Klarheit und Verständlichkeit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Klausel anhand aller einschlägigen Tatsachen – wozu auch die Werbung und die Informationen zählen, die der Darlehensgeber im Rahmen der Aushandlung eines Darlehensvertrags bereitstellt – und unter Berücksichtigung des Aufmerksamkeitsgrads zu prüfen, der von einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher erwartet werden kann (Urteil vom 16. Juli 2020, Caixabank und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, C‑224/19 und C‑259/19, EU:C:2020:578, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    34

    In Rn. 69 des Urteils vom 16. Juli 2020, Caixabank und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (C‑224/19 und C‑259/19, EU:C:2020:578), hat der Gerichtshof entschieden, dass das Transparenzgebot, das sich sowohl aus Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 als auch aus deren Art. 5 ergibt, einer nationalen Rechtsprechung entgegensteht, nach der eine Vertragsklausel an und für sich als transparent gilt, ohne dass es einer Prüfung wie der in den Rn. 31 bis 33 des vorliegenden Urteils beschriebenen durch das zuständige Gericht bedarf.

    35

    Insoweit hat der Gerichtshof in Rn. 70 des Urteils vom 16. Juli 2020, Caixabank und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (C‑224/19 und C‑259/19, EU:C:2020:578), ausgeführt, dass das nationale Gericht zu prüfen hat, ob das Finanzinstitut dem Verbraucher ausreichende Informationen mitgeteilt hat, damit er Kenntnis von dem Inhalt und der Funktionsweise der ihm die Zahlung einer Bereitstellungsprovision auferlegenden Klausel sowie ihrer Rolle in dem Darlehensvertrag erhält. Dadurch wird der Verbraucher Zugang zu den Gründen bekommen, die das Entgelt rechtfertigen, das dieser Provision entspricht (vgl. entsprechend Urteil vom 26. Februar 2015, Matei, C‑143/13, EU:C:2015:127, Rn. 77), so dass er den Umfang seiner Verpflichtung und insbesondere die Gesamtkosten des Vertrags einschätzen kann.

    36

    In seinem Vorabentscheidungsersuchen hat das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) darauf hingewiesen, dass sich – anders als das vorlegende Gericht in den Rechtssachen Caixabank und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (C‑224/19 und C‑259/19) ausgeführt habe – seiner Rechtsprechung keineswegs entnehmen lasse, dass bei einer Vertragsklausel wie der im Ausgangsrechtsstreit fraglichen, die eine Bereitstellungsprovision vorsehe, davon auszugehen sei, dass sie in Anbetracht insbesondere der in der einschlägigen nationalen Regelung festgelegten Verpflichtungen „automatisch“ dem sich sowohl aus Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 als auch aus deren Art. 5 ergebenden Transparenzgebot genüge. In diesem Zusammenhang befragt es den Gerichtshof zur Möglichkeit, die in der zweiten Frage angeführten Faktoren bei der Beurteilung der Klarheit und Verständlichkeit einer solchen Klausel zu berücksichtigen.

    37

    Im Rahmen des Verfahrens nach Art. 267 AEUV, das auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, fällt jede Beurteilung des Sachverhalts und des nationalen Rechts in die Zuständigkeit des vorlegenden Gerichts (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. September 2019, Lovasné Tóth, C‑34/18, EU:C:2019:764, Rn. 42). Außerdem hat der Gerichtshof wiederholt festgestellt, dass er nicht befugt ist, im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens darüber zu entscheiden, wie nationale Vorschriften auszulegen sind oder ob ihre Auslegung durch das vorlegende Gericht richtig ist; diese Auslegung fällt nämlich in die ausschließliche Zuständigkeit der nationalen Gerichte (Urteil vom 25. November 2020, Sociálna poisťovňa, C‑799/19, EU:C:2020:960, Rn. 45).

    38

    Folglich ist die zweite Frage auf der Grundlage der Angaben des vorlegenden Gerichts zu beantworten, aus denen hervorgeht, dass bei einer Vertragsklausel wie der im Ausgangsrechtsstreit fraglichen, die eine Bereitstellungsprovision vorsieht, nach der einschlägigen nationalen Rechtsprechung nicht davon ausgegangen wird, dass sie automatisch dem Transparenzgebot des Art. 5 der Richtlinie 93/13 genügt.

    39

    Was die Beurteilung der Klarheit und Verständlichkeit einer solchen Klausel betrifft, ergibt sich aus der in den Rn. 31 bis 33 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung, dass das zuständige Gericht anhand aller einschlägigen Tatsachen überprüfen muss, dass der Darlehensnehmer in die Lage versetzt wurde, die sich für ihn daraus ergebenden wirtschaftlichen Folgen einzuschätzen, die Art der Dienstleistungen, die als Gegenleistung für ein in der Klausel vorgesehenes Entgelt erbracht werden, zu verstehen und zu überprüfen, dass sich die verschiedenen, im Vertrag vorgesehenen Entgelte oder damit vergüteten Dienstleistungen nicht überschneiden.

    40

    Im Rahmen dieser Beurteilung sind insbesondere der Wortlaut der geprüften Klausel, die Informationen, die das Finanzinstitut dem Darlehensnehmer erteilt hat, einschließlich der Informationen, die es nach der einschlägigen nationalen Regelung zu erteilen hat, und die Werbung des Finanzinstituts für die Art des geschlossenen Vertrags zu berücksichtigen, wobei gemäß der in Rn. 33 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung auf den Aufmerksamkeitsgrad abzustellen ist, der von einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher erwartet werden kann.

    41

    Insoweit ist zu den in der zweiten Frage genannten Faktoren erstens festzustellen, dass die allgemeine Bekanntheit einer Bereitstellungsprovisionsklausel bei den Verbrauchern in keinem Bezug zu der Art und Weise steht, in der eine solche Klausel in einem bestimmten Vertrag wie dem des Ausgangsrechtsstreits abgefasst ist. Folglich ist die Bekanntheit einer solchen Klausel kein Gesichtspunkt, der bei der Beurteilung der Klarheit und Verständlichkeit der Klausel berücksichtigt werden könnte.

    42

    Zweitens sind die Informationen, die das Finanzinstitut dem potenziellen Darlehensnehmer nach den nationalen Rechtsvorschriften geben muss, relevante Gesichtspunkte für die Beurteilung der Klarheit und Verständlichkeit, wie allgemein die Informationen, die das Finanzinstitut dem Darlehensnehmer im Rahmen der Aushandlung eines Vertrags über die Vertragsbedingungen und die Folgen des Vertragsschlusses erteilt hat. Denn diese Informationen sind für den Verbraucher von grundlegender Bedeutung, da er insbesondere auf ihrer Grundlage entscheidet, ob er sich gegenüber dem Gewerbetreibenden vertraglich binden möchte, indem er sich den von diesem vorformulierten Bedingungen unterwirft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. April 2014, Kásler und Káslerné Rábai, C‑26/13, EU:C:2014:282, Rn. 70).

    43

    Drittens ist auch die Werbung eines Finanzinstituts für die Art des geschlossenen Vertrags als Informationen, die der Darlehensgeber im Rahmen der Aushandlung des Vertrags bereitstellt, zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. April 2014, Kásler und Káslerné Rábai, C‑26/13, EU:C:2014:282, Rn. 74, und vom 3. Oktober 2019, Kiss und CIB Bank, C‑621/17, EU:C:2019:820, Rn. 44).

    44

    Viertens kann bei der Beurteilung der Klarheit und Verständlichkeit einer Bereitstellungsprovisionsklausel die besondere Aufmerksamkeit, die der Durchschnittsverbraucher einer solchen Klausel schenkt, berücksichtigt werden, da diese die vollständige Zahlung eines erheblichen Betrags bei Gewährung des Darlehens oder Kredits vorsieht. Nach der in Rn. 33 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung ist bei dieser Beurteilung nämlich auf den Aufmerksamkeitsgrad abzustellen, der von einem normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher erwartet werden kann.

    45

    Was schließlich fünftens das Merkmal betrifft, dass eine Klausel aufgrund ihres Wortlauts, ihrer Positionierung und ihres Aufbaus als ein wesentlicher Vertragsbestandteil erkennbar sein soll, ist festzustellen, dass dieses Merkmal in Anbetracht der Antwort auf die erste Frage, aus der sich ergibt, dass eine Klausel wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende grundsätzlich kein wesentlicher Bestandteil eines Hypothekendarlehensvertrags ist, einer unzutreffenden Annahme entspricht, so dass es sich nicht um einen im Ausgangsverfahren relevanten Gesichtspunkt handeln kann.

    46

    Dagegen lassen die Positionierung und der Aufbau der fraglichen Klausel erkennen, ob diese ein wichtiger Bestandteil des Vertrags ist. Sie können es dem Darlehensnehmer nämlich ermöglichen, die wirtschaftlichen Folgen zu beurteilen, die sich für ihn aus dieser Klausel ergeben.

    47

    Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 5 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass das zuständige Gericht bei der Beurteilung der Klarheit und Verständlichkeit einer Vertragsklausel, die die Zahlung einer Bereitstellungsprovision durch den Darlehensnehmer vorsieht, anhand aller einschlägigen Tatsachen überprüfen muss, dass dieser in die Lage versetzt wurde, die sich für ihn daraus ergebenden wirtschaftlichen Folgen einzuschätzen, die Art der Dienstleistungen, die als Gegenleistung für ein in der Klausel vorgesehenes Entgelt erbracht werden, zu verstehen und zu überprüfen, dass sich die verschiedenen, im Vertrag vorgesehenen Entgelte oder damit vergüteten Dienstleistungen nicht überschneiden.

    Zur dritten Frage

    48

    Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Rechtsprechung entgegensteht, die davon ausgeht, dass eine Vertragsklausel, die im Einklang mit der einschlägigen nationalen Regelung die Zahlung einer Bereitstellungsprovision durch den Darlehensnehmer vorsieht, mit der die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Prüfung, Erstellung und individuellen Bearbeitung eines Hypothekendarlehens- oder Hypothekenkreditantrags vergütet werden sollen, kein erhebliches Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner zum Nachteil des Verbrauchers verursacht.

    49

    Nach ständiger Rechtsprechung erstreckt sich die Zuständigkeit des Gerichtshofs auf die Auslegung des Begriffs „missbräuchliche Klausel“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 sowie auf die Kriterien, die das nationale Gericht bei der Prüfung einer Vertragsklausel anhand der Bestimmungen dieser Richtlinie anwenden darf oder muss, wobei es Sache des nationalen Gerichts ist, unter Berücksichtigung dieser Kriterien über die konkrete Bewertung einer bestimmten Vertragsklausel anhand der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Infolgedessen muss sich der Gerichtshof darauf beschränken, dem vorlegenden Gericht Hinweise an die Hand zu geben, die dieses bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit der betreffenden Klausel zu beachten hat (Urteil vom 16. Juli 2020, Caixabank und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, C‑224/19 und C‑259/19, EU:C:2020:578, Rn. 73).

    50

    Im Zusammenhang mit der Frage, ob dem Gebot von Treu und Glauben im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 genügt worden ist, muss das nationale Gericht in Anbetracht des 16. Erwägungsgrundes der Richtlinie prüfen, ob der Gewerbetreibende bei loyalem und billigem Verhalten gegenüber dem Verbraucher vernünftigerweise erwarten durfte, dass sich dieser nach individuellen Verhandlungen auf eine solche Klausel einlässt (Urteil vom 16. Juli 2020, Caixabank und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, C‑224/19 und C‑259/19, EU:C:2020:578, Rn. 74).

    51

    Die Prüfung der Frage, ob ein erhebliches Missverhältnis vorliegt, kann sich nicht auf eine quantitative wirtschaftliche Bewertung beschränken, die auf einem Vergleich zwischen dem Gesamtbetrag des vertragsgegenständlichen Rechtsgeschäfts und den dem Verbraucher durch die betreffende Klausel auferlegten Kosten beruht. Ein erhebliches Missverhältnis kann sich nämlich allein aus einer hinreichend schwerwiegenden Beeinträchtigung der rechtlichen Stellung ergeben, die der Verbraucher als Partei des betreffenden Vertrags nach den anwendbaren nationalen Rechtsvorschriften innehat, sei es in Gestalt einer inhaltlichen Beschränkung der Rechte, die er nach diesen Vorschriften aus dem Vertrag herleitet, oder einer Beeinträchtigung der Ausübung dieser Rechte oder der Auferlegung einer zusätzlichen, nach den nationalen Vorschriften nicht vorgesehenen Verpflichtung (Urteil vom 3. Oktober 2019, Kiss und CIB Bank, C‑621/17, EU:C:2019:820, Rn. 51).

    52

    Im Übrigen ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 93/13, dass die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel unter Berücksichtigung der Art der Güter oder der Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrags sind, aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrags oder eines anderen Vertrags, von dem die Klausel abhängt, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt wird (Urteil vom 16. Juli 2020, Caixabank und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria, C‑224/19 und C‑259/19, EU:C:2020:578, Rn. 76).

    53

    Das vorlegende Gericht und die Bank sind der Ansicht, dass die Rn. 78 und 79 des Urteils vom 16. Juli 2020, Caixabank und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (C‑224/19 und C‑259/19, EU:C:2020:578), dadurch beeinflusst worden seien, dass in dem Vorabentscheidungsersuchen in der Rechtssache C‑224/19 sowohl die spanische Regelung als auch die Rechtsprechung des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) falsch dargestellt worden seien, da das vorlegende Gericht in dieser Rechtssache es unterlassen habe, die Vorschrift zu beschreiben, die speziell die Bereitstellungsprovision regele und für diese Provision eine andere Regelung schaffe als für sonstige Bankprovisionen.

    54

    Außerdem führt das vorlegende Gericht in der Vorlageentscheidung aus, dass ein Spannungsverhältnis zwischen den Rn. 78 und 79 des Urteils vom 16. Juli 2020, Caixabank und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (C‑224/19 und C‑259/19, EU:C:2020:578), und Rn. 55 des Urteils vom 3. Oktober 2019, Kiss und CIB Bank (C‑621/17, EU:C:2019:820), bestehen könnte.

    55

    Insoweit ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof in Rn. 78 des Urteils vom 16. Juli 2020, Caixabank und Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (C‑224/19 und C‑259/19, EU:C:2020:578), festgestellt hat, dass nach den Angaben eines der vorlegenden Gerichte in diesen Rechtssachen gemäß dem Gesetz 2/2009 auf den Kunden abgewälzte Provisionen oder Kosten tatsächlich erbrachten Dienstleistungen oder entstandenen Kosten entsprechen müssen.

    56

    Auf der Grundlage dieser Angaben hat der Gerichtshof in Anwendung der in Rn. 51 des vorliegenden Urteils angeführten Grundsätze im Wesentlichen entschieden, dass eine Klausel, die dazu führen würde, dass der Gewerbetreibende von der Pflicht befreit wird, nachzuweisen, dass die in diesen nationalen Rechtsvorschriften aufgestellten Bedingungen in Bezug auf eine Bereitstellungsprovision erfüllt sind, -vorbehaltlich der Prüfung durch das zuständige Gericht anhand sämtlicher Klauseln des Vertrags – die Rechtsstellung des Verbrauchers, wie sie nach nationalem Recht vorgesehen ist, nachteilig berühren und infolgedessen ein erhebliches Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner zu seinem Nachteil verursachen könnte.

    57

    Die Beurteilung der Frage, ob hinsichtlich der Vereinnahmung einer Bereitstellungsprovision, die gemäß der einschlägigen nationalen Regelung die Aufgaben im Zusammenhang mit der Prüfung, Gewährung oder Bearbeitung eines Hypothekendarlehens oder ‑kredits abdecken soll, ein erhebliches Missverhältnis der Rechte und Pflichten der Vertragspartner vorliegt, hat das zuständige Gericht jedoch anhand aller Kriterien vorzunehmen, die in der in den Rn. 49 bis 52 des vorliegenden Urteils angeführten ständigen Rechtsprechung aufgestellt worden sind.

    58

    Im Zusammenhang mit Klauseln in Darlehensverträgen, die ebenfalls im nationalen Recht vorgesehene Provisionen betrafen, hat der Gerichtshof diese Kriterien in Rn. 55 des Urteils vom 3. Oktober 2019, Kiss und CIB Bank (C‑621/17, EU:C:2019:820), herangezogen und entschieden, dass, sofern sich die hierfür erbrachten Dienstleistungen vernünftigerweise den im Rahmen der Bearbeitung oder der Bereitstellung des Darlehens erbrachten Leistungen zurechnen lassen und die dem Verbraucher hierfür auferlegten Beträge nicht im Verhältnis zum Darlehensbetrag übermäßig hoch sind, – vorbehaltlich einer Überprüfung durch das zuständige Gericht – nicht ersichtlich ist, dass sich diese Klauseln nachteilig auf die Rechtsstellung des Verbrauchers auswirken, wie sie nach nationalem Recht vorgesehen ist.

    59

    Aus den gleichen Gründen ist bei einer Vertragsklausel, die im nationalen Recht geregelt ist und eine Bereitstellungsprovision vorsieht, mit der die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Prüfung, Erstellung und individuellen Bearbeitung eines Hypothekendarlehens- oder Hypothekenkreditantrags vergütet werden sollen, die für die Erlangung eines solchen Darlehens oder Kredits erforderlich sind, – vorbehaltlich einer Überprüfung durch das zuständige Gericht – nicht ersichtlich, dass sie sich nachteilig auf die nach nationalem Recht vorgesehene Rechtsstellung des Verbrauchers auswirken könnte, sofern sich die hierfür erbrachten Dienstleistungen vernünftigerweise den vorstehend beschriebenen Leistungen zurechnen lassen und der vom Verbraucher als Bereitstellungsprovision geforderte Betrag nicht im Verhältnis zum Darlehensbetrag übermäßig hoch ist.

    60

    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass eine nationale Rechtsprechung, nach der eine Bereitstellungsprovisionsklausel allein deshalb auf keinen Fall als missbräuchlich angesehen werden kann, weil sie in der nationalen Regelung vorgesehene Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Tätigkeit des darlehensgebenden Instituts anlässlich der Gewährung des Darlehens zum Gegenstand hat, gegen Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 verstoßen würde. Denn eine solche Rechtsprechung würde die Befugnisse der nationalen Gerichte, die betreffenden Klauseln gemäß dieser Bestimmung – auch von Amts wegen – auf ihre Missbräuchlichkeit hin zu überprüfen, einschränken und damit nicht die volle Wirksamkeit der in dieser Richtlinie vorgesehenen Normen gewährleisten.

    61

    Nach alledem ist Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Rechtsprechung, die davon ausgeht, dass eine Vertragsklausel, die im Einklang mit der einschlägigen nationalen Regelung die Zahlung einer Bereitstellungsprovision durch den Darlehensnehmer vorsieht, mit der die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Prüfung, Erstellung und individuellen Bearbeitung eines Hypothekendarlehens- oder Hypothekenkreditantrags vergütet werden sollen, gegebenenfalls kein erhebliches Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner zum Nachteil des Verbrauchers verursacht, dann nicht entgegensteht, wenn die Frage, ob ein solches Missverhältnis vorliegt, Gegenstand einer wirksamen Kontrolle durch das zuständige Gericht anhand der sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Kriterien ist.

    Kosten

    62

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren Teil des beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahrens; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

     

    1.

    Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen

    ist dahin auszulegen, dass

    er einer nationalen Rechtsprechung entgegensteht, die in Anbetracht einer nationalen Regelung, nach der mit der Bereitstellungsprovision die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Prüfung, Gewährung oder Bearbeitung des Hypothekendarlehens oder ‑kredits oder andere ähnliche Dienstleistungen vergütet werden, davon ausgeht, dass die Klausel, die eine solche Provision vorsieht, zum „Hauptgegenstand des Vertrags“ im Sinne dieser Bestimmung“ gehört, weil diese Provision einen Hauptteil des Preises bildet.

     

    2.

    Art. 5 der Richtlinie 93/13

    ist dahin auszulegen, dass

    das zuständige Gericht bei der Beurteilung der Klarheit und Verständlichkeit einer Vertragsklausel, die die Zahlung einer Bereitstellungsprovision durch den Darlehensnehmer vorsieht, anhand aller einschlägigen Tatsachen überprüfen muss, dass dieser in die Lage versetzt wurde, die sich für ihn daraus ergebenden wirtschaftlichen Folgen einzuschätzen, die Art der Dienstleistungen, die als Gegenleistung für ein in der Klausel vorgesehenes Entgelt erbracht werden, zu verstehen und zu überprüfen, dass sich die verschiedenen, im Vertrag vorgesehenen Entgelte oder damit vergüteten Dienstleistungen nicht überschneiden.

     

    3.

    Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13

    ist dahin auszulegen, dass

    er einer nationalen Rechtsprechung, die davon ausgeht, dass eine Vertragsklausel, die im Einklang mit der einschlägigen nationalen Regelung die Zahlung einer Bereitstellungsprovision durch den Darlehensnehmer vorsieht, mit der die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Prüfung, Erstellung und individuellen Bearbeitung eines Hypothekendarlehens- oder Hypothekenkreditantrags vergütet werden sollen, gegebenenfalls kein erhebliches Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner zum Nachteil des Verbrauchers verursacht, dann nicht entgegensteht, wenn die Frage, ob ein solches Missverhältnis vorliegt, Gegenstand einer wirksamen Kontrolle durch das zuständige Gericht anhand der sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebenden Kriterien ist.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Spanisch.

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