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Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 62017CJ0670

Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 27. Februar 2019.
Hellenische Republik gegen Europäische Kommission.
Rechtsmittel – Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) – Abteilung Ausrichtung – Kürzung der finanziellen Beteiligung – Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 – Operationelles Programm – Finanzkorrekturen – Art. 39 – Rechtsgrundlage – Übergangsvorschriften.
Rechtssache C-670/17 P.

Sammlung der Rechtsprechung – allgemein – Abschnitt „Informationen über nicht veröffentlichte Entscheidungen“

ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2019:145

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

27. Februar 2019 ( *1 )

„Rechtsmittel – Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) – Abteilung Ausrichtung – Kürzung der finanziellen Beteiligung – Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 – Operationelles Programm – Finanzkorrekturen – Art. 39 – Rechtsgrundlage – Übergangsvorschriften“

In der Rechtssache C‑670/17 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 28. November 2017,

Hellenische Republik, vertreten durch G. Kanellopoulos, A. Vasilopoulou und I. Pachi als Bevollmächtigte,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch D. Triantafyllou und J. Aquilina als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.‑C. Bonichot, der Richterin C. Toader sowie der Richter A. Rosas, L. Bay Larsen und M. Safjan (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. November 2018

folgendes

Urteil

1

Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Hellenische Republik die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 19. September 2017, Griechenland/Kommission (T‑327/15, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2017:631), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Durchführungsbeschlusses C(2015) 1936 final der Kommission vom 25. März 2015 über die Anwendung finanzieller Berichtigungen auf die Beteiligung des EAGFL, Abteilung Ausrichtung, am operationellen Programm CCI Nr. 2000GR061PO021 (Griechenland – Ziel 1 – Wiederaufbau des ländlichen Raums) (im Folgenden: streitiger Beschluss) abgewiesen hat.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung (EG) Nr. 1260/1999

2

Die Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds (ABl. 1999, L 161, S. 1) sieht in ihrem Art. 39 („Finanzkorrekturen“) vor:

„(1)   Es obliegt in erster Linie den Mitgliedstaaten, bei Unregelmäßigkeiten Nachforschungen anzustellen, bei nachgewiesenen erheblichen Veränderungen der Art oder der Durchführungs- und Kontrollbedingungen einer Intervention tätig zu werden und die erforderlichen Finanzkorrekturen vorzunehmen.

Der Mitgliedstaat nimmt die in Bezug auf die individuelle oder systematische Unregelmäßigkeit erforderlichen Finanzkorrekturen vor. Die von dem Mitgliedstaat vorgenommenen Korrekturen bestehen in der Streichung oder Kürzung der Gemeinschaftsbeteiligung. Der Mitgliedstaat kann die auf diese Weise freigesetzten Mittel unter Einhaltung der aufgrund von Artikel 53 Absatz 2 festzulegenden Bestimmungen für die betreffende Intervention wiederverwenden.

(2)   Wenn die Kommission nach Abschluss der erforderlichen Überprüfungen feststellt, dass

a)

ein Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen gemäß Absatz 1 nicht nachgekommen ist oder

b)

eine Intervention insgesamt oder zum Teil die Beteiligung der Fonds weder ganz noch teilweise rechtfertigt oder

c)

bei den Verwaltungs- und Kontrollsystemen beträchtliche Mängel vorliegen, die zu systematischen Unregelmäßigkeiten führen könnten,

so setzt die Kommission die ausstehenden Zwischenzahlungen aus und fordert den Mitgliedstaat unter Angabe ihrer Gründe auf, sich innerhalb einer bestimmten Frist zu äußern und gegebenenfalls alle erforderlichen Korrekturen vorzunehmen.

Erhebt der Mitgliedstaat Einwände gegen die Bemerkungen der Kommission, so wird er von der Kommission zu einer Anhörung eingeladen, bei der beide Seiten in Zusammenarbeit auf der Grundlage der Partnerschaft bemüht sind, zu einer Einigung über die Bemerkungen und die daraus zu ziehenden Schlüsse zu gelangen.

(3)   Kommt nach Ablauf des von der Kommission festgelegten Zeitraums keine Einigung zustande und hat der Mitgliedstaat bis dahin keine Korrekturen vorgenommen, so kann die Kommission unter Berücksichtigung etwaiger Bemerkungen des Mitgliedstaats innerhalb von drei Monaten beschließen,

a)

die Vorauszahlung gemäß Artikel 32 Absatz 2 zu kürzen oder

b)

die erforderlichen Finanzkorrekturen vorzunehmen und die Fondsbeteiligung für die betreffende Intervention ganz oder teilweise zu streichen.

Die Kommission setzt den Betrag einer Korrektur unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und unter Berücksichtigung der Art der Unregelmäßigkeit oder der Änderung sowie des Umfangs und der finanziellen Auswirkungen der festgestellten Mängel der Verwaltungs- oder Kontrollsysteme der Mitgliedstaaten fest.

Wurde bis zum Ablauf der hierfür vorgesehenen Frist kein Beschluss über ein Vorgehen gemäß Buchstabe a) oder Buchstabe b) gefasst, so wird die Aussetzung der Zwischenzahlungen unverzüglich aufgehoben.

(4)   Zu Unrecht gezahlte Beträge sind an die Kommission zurückzuzahlen; auf diese Beträge werden Verzugszinsen erhoben.

(5)   Dieser Artikel findet unbeschadet des Artikels 32 Anwendung.“

Verordnung (EG) Nr. 1290/2005

3

Die Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. 2005, L 209, S. 1) sieht in ihrem Art. 40 („Ausgaben des [Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL)], Abteilung Ausrichtung“) vor:

„(1)   Die Mittelbindungen für die Finanzierung der Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum durch den EAGFL, Abteilung Ausrichtung, die aufgrund einer zwischen dem 1. Januar 2000 und dem 31. Dezember 2006 ergangenen Entscheidung der Kommission vorgenommen wurden und für die die zum Abschluss der Interventionen erforderlichen Unterlagen der Kommission nicht spätestens bei Ablauf der Frist für die Übermittlung des Abschlussberichts übermittelt worden sind, werden von der Kommission spätestens am 31. Dezember 2010 automatisch aufgehoben, wobei die rechtsgrundlos gezahlten Beträge von den Mitgliedstaaten zurückzuzahlen sind. Die für den Abschluss der Interventionen erforderlichen Unterlagen sind die Ausgabenerklärung für die Zahlung des Restbetrags, der abschließende Durchführungsbericht und die Erklärung nach Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe f der [Verordnung Nr. 1260/1999].

(2)   Von der Berechnung des Betrags der nach Absatz 1 automatisch aufgehobenen Mittelbindungen ausgeschlossen sind die Beträge, die Maßnahmen oder Programmen entsprechen, die Gegenstand eines Gerichtsverfahrens oder einer Verwaltungsbeschwerde sind, die nach dem einzelstaatlichen Recht aufschiebende Wirkung haben.“

Verordnung (EG) Nr. 1083/2006

4

Art. 1 („Gegenstand“) der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 1260/1999 (ABl. 2006, L 210, S. 25) bestimmt in Abs. 1:

„Diese Verordnung enthält die allgemeinen Bestimmungen für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), den Europäischen Sozialfonds (ESF) (nachstehend ‚die Strukturfonds‘ genannt) und den Kohäsionsfonds, unbeschadet der besonderen Bestimmungen, die in [der Verordnung (EG) Nr. 1080/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1783/1999 (ABl. 2006, L 210, S. 1), der Verordnung (EG) Nr. 1081/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 über den Europäischen Sozialfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1784/1999 (ABl. 2006, L 210, S. 12) und der Verordnung (EG) Nr. 1084/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 zur Errichtung des Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1164/94 (ABl. 2006, L 210, S. 79)] enthalten sind.“

5

Art. 105 („Übergangsvorschriften“) der Verordnung Nr. 1083/2006 lautet:

„(1)   Diese Verordnung berührt weder die Fortsetzung noch die Änderung, einschließlich der vollständigen oder teilweisen Aufhebung, einer durch die Strukturfonds kofinanzierten Intervention oder eines durch den Kohäsionsfonds kofinanzierten Projekts, die von der Kommission auf der Grundlage [der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 des Rates vom 24. Juni 1988 über Aufgaben und Effizienz der Strukturfonds und über die Koordinierung ihrer Interventionen untereinander sowie mit denen der Europäischen Entwicklungsbank und der anderen vorhandenen Finanzinstrumente (ABl. 1988, L 185, S. 9), der Verordnung (EWG) Nr. 4253/88 des Rates vom 19. Dezember 1988 zur Durchführung der Verordnung Nr. 2052/88 hinsichtlich der Koordinierung der Interventionen der verschiedenen Strukturfonds einerseits und zwischen diesen und den Interventionen der Europäischen Investitionsbank und der sonstigen vorhandenen Finanzinstrumente andererseits (ABl. 1988, L 374, S. 1), der Verordnung (EG) Nr. 1164/94 des Rates vom 16. Mai 1994 zur Errichtung des Kohäsionsfonds (ABl. 1994, L 130, S. 1) und der Verordnung Nr. 1260/1999] sowie jeder sonstigen für diese Interventionen am 31. Dezember 2006 geltenden Rechtsvorschrift genehmigt worden sind und für die dementsprechend bis zu dem Abschluss [der] betreffenden Förderung oder Projekte die genannten Rechtsvorschriften gelten.

(2)   Bei Entscheidungen über operationelle Programme berücksichtigt die Kommission alle durch die Strukturfonds kofinanzierten Interventionen oder alle durch den Kohäsionsfonds kofinanzierten Projekte, die vom Rat oder von der Kommission vor Inkrafttreten dieser Verordnung genehmigt wurden und sich in dem von den operationellen Programmen erfassten Zeitraum finanziell auswirken.

(3)   Abweichend von Artikel 31 Absatz 2, Artikel 32 Absatz 4 und Artikel 37 Absatz 1 der [Verordnung Nr. 1260/1999] werden die Teile der Mittelbindungen für die aus dem EFRE oder dem ESF kofinanzierten Interventionen, die die Kommission zwischen dem 1. Januar 2000 und dem 31. Dezember 2006 genehmigt hat und für die die bescheinigte Erklärung über die tatsächlich getätigten Ausgaben, der abschließende Durchführungsbericht und die Erklärung nach Artikel 38 Absatz 1 Buchstabe f der genannten Verordnung nicht innerhalb von 15 Monaten nach Ablauf der in der Entscheidung über eine Beteiligung der Fonds festgelegten Frist für die Zuschussfähigkeit der Ausgaben bei der Kommission eingegangen sind, spätestens sechs Monate nach Ablauf dieser Frist automatisch aufgehoben, und die rechtsgrundlos gezahlten Beträge sind zurückzuzahlen.

Beträge, die Vorhaben oder Programme betreffen, die aufgrund von Gerichtsverfahren oder Verwaltungsbeschwerden mit aufschiebender Wirkung ausgesetzt wurden, werden bei der Berechnung des Betrags der automatisch aufzuhebenden Mittelbindungen nicht berücksichtigt.“

6

Art. 107 („Aufhebung“) der Verordnung Nr. 1083/2006 sieht vor:

„Unbeschadet des Artikels 105 Absatz 1 dieser Verordnung wird die [Verordnung Nr. 1260/1999] mit Wirkung vom 1. Januar 2007 aufgehoben.

Bezugnahmen auf die aufgehobene Verordnung gelten als Bezugnahmen auf die vorliegende Verordnung.“

Verordnung (EU) Nr. 1303/2013

7

Die Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 1083/2006 (ABl. 2013, L 347, S. 320) sieht in ihrem Art. 152 („Übergangsbestimmungen“) vor:

„(1)   Diese Verordnung berührt weder die Fortsetzung noch die Änderung, einschließlich der vollständigen oder teilweisen Einstellung, der Unterstützung, die von der Kommission auf der Grundlage der [Verordnung Nr. 1083/2006] oder einer anderen Rechtsvorschrift, die am 31. Dezember 2013 für diese Unterstützung galt, genehmigt wurde. Jene Verordnung bzw. derartige andere Rechtsvorschriften finden daher bis zur Beendigung der Unterstützung oder der betreffenden Vorhaben nach dem 31. Dezember 2013 weiterhin Anwendung. Im Sinne dieses Absatzes umfasst ‚Unterstützung‘ operationelle Programme und Großprojekte.

(2)   Anträge auf Unterstützung, die gemäß der [Verordnung Nr. 1083/2006] gestellt oder genehmigt wurden, bleiben gültig.

(3)   Macht ein Mitgliedstaat von der Option nach Artikel 123 Absatz 3 Gebrauch, so kann er bei der Kommission beantragen, dass abweichend von Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe b der [Verordnung Nr. 1083/2006] die Verwaltungsbehörde die Funktionen der Bescheinigungsbehörde für die entsprechenden operationellen Programme wahrnimmt, die auf der Grundlage der [Verordnung Nr. 1083/2006] durchgeführt werden. Dem Antrag ist eine Bewertung durch die Prüfbehörde beizufügen. Gelangt die Kommission auf der Grundlage der Informationen, die ihr von der Prüfbehörde übermittelt wurden und die sich aus ihren eigenen Prüfungen ergeben, zu der Einschätzung, dass die Verwaltungs- und Kontrollsysteme dieser operationellen Programme wirksam funktionieren und dies nicht dadurch beeinträchtigt wird, dass die Verwaltungsbehörde die Funktionen der Bescheinigungsbehörde wahrnimmt, so unterrichtet sie den Mitgliedstaat binnen zwei Monaten nach Erhalt des Antrags über ihre Zustimmung.“

Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

8

Die in den Rn. 1 bis 15 des angefochtenen Urteils dargestellte Vorgeschichte des Rechtsstreits kann für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens wie folgt zusammengefasst werden.

9

Mit Schreiben vom 31. März 2011 reichten die griechischen Behörden bei der Kommission im Einklang mit Art. 38 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 1260/1999 einen Abschlussvermerk für das operationelle Programm CCI Nr. 2000GR061PO021 (Griechenland – Ziel 1 – Wiederaufbau des ländlichen Raums) (im Folgenden: in Rede stehendes operationelles Programm) für den Zeitraum von 2000 bis 2006 ein. Diesem Vermerk, der darauf abzielt, dass die Hellenische Republik die Finanzierung der Europäischen Union erhält, war u. a. der in Art. 37 dieser Verordnung genannte Schlussbericht über das in Rede stehende operationelle Programm beigefügt.

10

Mit Schreiben vom 2. August 2011 ersuchte die Kommission die griechischen Behörden, ihr binnen zehn Tagen zusätzliche Informationen über den Abschlussvermerk des in Rede stehenden operationellen Programms vorzulegen, und teilte ihnen mit, dass sie im Anschluss an die materielle Bewertung dieses Vermerks das in Art. 39 der Verordnung Nr. 1260/1999 vorgesehene Verfahren einleiten könnte. Die Behörden legten die angeforderten Informationen mit Schreiben vom 5. August 2011 vor.

11

Mit Schreiben vom 24. Mai 2012 teilte die Kommission den griechischen Behörden mit, dass der Schlussbericht über das in Rede stehende operationelle Programm angenommen worden sei.

12

Am 3. Januar 2013 forderte die Kommission die griechischen Behörden auf, binnen zwei Monaten anzugeben, ob sie der Anwendung einer Finanzkorrektur mit einem Gesamtbetrag von 94465089,65 Euro zustimmten, was der Differenz zwischen dem Betrag der im Rahmen des EAGFL vorgenommenen Zahlungen und dem Betrag der im Rahmen dieses Fonds für das in Rede stehende operationelle Programm geschuldeten Beteiligung entspreche. Sie fügte hinzu, falls innerhalb dieser Frist keine Zustimmung erteilt werde, werde sie mit ihrer Prüfung der Förderfähigkeit der von den griechischen Behörden getätigten Ausgaben fortfahren und könnte Finanzkorrekturen vorschreiben, deren Höhe sich nach Maßgabe sämtlicher Angaben dieser Behörden, ohne Berücksichtigung der von den griechischen Behörden bereits beschlossenen Korrekturen, auf 211582686,65 Euro belaufen könnte.

13

Mit Schreiben vom 5. März 2013 teilten die griechischen Behörden der Kommission mit, dass sie mit den vorstehend genannten Beträgen nicht einverstanden seien, da sie bereits Kontrollmaßnahmen und angemessene Abhilfemaßnahmen durchgeführt hätten, so dass alle weiteren Finanzkorrekturen zur Auferlegung einer doppelten Korrektur führen würden. Ferner betrage der Gesamtbetrag der Finanzkorrekturen, die sie auf das ganze in Rede stehende operationelle Programm angewandt hätten, 143206588,48 Euro, was einer Finanzierung durch die Union in Höhe von 108308798,38 Euro entspreche.

14

Mit Schreiben vom 8. März 2013 bekräftigten die griechischen Behörden, dass sie in allen Bereichen, in denen Unregelmäßigkeiten festgestellt worden seien, angemessene Abhilfemaßnahmen durchgeführt hätten.

15

Am 17. Juli 2013 forderte die Kommission nach der Überprüfung der im Rahmen des EAGFL für das in Rede stehende operationelle Programm geschuldeten Beteiligung die griechischen Behörden auf, binnen zwei Monaten anzugeben, ob sie der Anwendung einer Finanzkorrektur in Höhe von insgesamt 30472624,09 Euro zustimmten, was der Differenz zwischen den im Rahmen des EAGFL gezahlten Beträgen und der Höhe dieser Beteiligung entspreche. Sie wies ferner darauf hin, dass sie, sollten die griechischen Behörden nicht innerhalb dieser Frist zustimmen, mit ihrer Prüfung der Förderfähigkeit der von diesen Behörden getätigten Aufgaben fortfahren werde und Finanzkorrekturen anwenden könnte, deren Höhe sich nach Maßgabe sämtlicher von diesen Behörden mitgeteilten Angaben, ohne Berücksichtigung der von ihnen bereits beschlossenen Korrekturen, auf 116487848,75 Euro belaufen könnte.

16

Mit Schreiben vom 19. September 2013 zogen die griechischen Behörden diese Beträge erneut in Zweifel. Sie legten der Kommission darüber hinaus am 13. und 14. Januar 2014 die von ihr am 13. September 2013 angeforderten zusätzlichen Informationen vor.

17

Am 27. Mai 2014 fand in den Dienststellen der Kommission eine Anhörung statt, und am 20. Juni 2014 legten die griechischen Behörden ergänzende Informationen vor.

18

Mit Schreiben vom 11. Juli 2014 übermittelte die Kommission den griechischen Behörden das Protokoll der Anhörung vom 27. Mai 2014 und ersuchte sie, binnen zwei Monaten neue zusätzliche Informationen vorzulegen. Am 5. September 2014 verlängerte sie diese Frist. Die griechischen Behörden legten die angeforderten Informationen am 26. September 2014 vor.

19

Mit Schreiben vom 13. Februar 2015 übermittelte die Kommission den griechischen Behörden ihre endgültige Auffassung zu den finanziellen Folgen, die aus der Prüfung der von ihnen vorgelegten Dokumente zu ziehen seien. Danach sei ein Betrag von 72105592,41 Euro von der Finanzierung durch die Union im Rahmen des EAGFL auszuschließen.

20

Mit dem streitigen Beschluss schloss die Kommission bestimmte von der Hellenischen Republik im Rahmen des EAGFL, Abteilung Ausrichtung, im Zeitraum von 2000 bis 2006 getätigte Ausgaben in Höhe eines Betrags von 72105592,41 Euro von der Finanzierung aus.

Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

21

Mit Klageschrift, die am 2. Juni 2015 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Hellenische Republik eine Nichtigkeitsklage gegen den streitigen Beschluss, die sie auf vier Klagegründe stützte, und zwar erstens das Fehlen einer Rechtsgrundlage für den streitigen Beschluss, zweitens dessen nicht fristgerechten Erlass durch die Kommission sowie die Verletzung wesentlicher Formvorschriften, des Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Verteidigungsrechte, drittens einen Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und viertens einen Verstoß gegen den Grundsatz ne bis in idem und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

22

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht diese Klagegründe zurückgewiesen und die Klage der Hellenischen Republik daher in vollem Umfang abgewiesen.

23

Speziell zum ersten Teil des ersten Klagegrundes – Fehlen einer Rechtsgrundlage des streitigen Beschlusses, da Art. 39 der Verordnung Nr. 1260/1999 vor dem Erlass dieses Beschlusses aufgehoben worden sei – hat das Gericht in den Rn. 23 bis 34 des angefochtenen Urteils insbesondere ausgeführt:

„23   Die Verordnung Nr. 1260/1999 wurde nach Art. 107 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006 mit Wirkung vom 1. Januar 2007 aufgehoben. Die Verordnung Nr. 1083/2006 gilt nach ihrem Art. 1 Abs. 1 für den [EFRE], den [ESF] und den Kohäsionsfonds. Wie sich aus ihrem sechsten Erwägungsgrund ergibt, sollten die verschiedenen Förderinstrumente für die Entwicklung des ländlichen Raums, namentlich der [Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)], der den EAGFL, Abteilung Ausrichtung, ersetzte, und für den Fischereisektor namentlich der Europäische Fischereifonds, jedoch in die Instrumente der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Gemeinsamen Fischereipolitik einbezogen und mit denen der Kohäsionspolitik koordiniert werden. Insoweit wurden durch die Verordnung Nr. 1290/2005, wie sich aus ihrem ersten Erwägungsgrund und ihrem Art. 1 ergibt, zwei Europäische Agrarfonds eingerichtet, der Europäische Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) zur Finanzierung der Marktmaßnahmen und anderer Maßnahmen und der ELER zur Finanzierung der Entwicklungsprogramme für den ländlichen Raum.

24   In Abs. 1 von Art. 105 (‚Übergangsvorschriften‘) der Verordnung Nr. 1083/2006 heißt es jedoch: ‚Diese Verordnung berührt weder die Fortsetzung noch die Änderung, einschließlich der vollständigen oder teilweisen Aufhebung, einer durch die Strukturfonds kofinanzierten Intervention oder eines durch den Kohäsionsfonds kofinanzierten Projekts, die von der Kommission auf der Grundlage [u. a. der Verordnung Nr. 1260/1999] sowie jeder sonstigen für diese Interventionen am 31. Dezember 2006 geltenden Rechtsvorschrift genehmigt worden sind und für die dementsprechend bis zu dem Abschluss [der] betreffenden Förderung oder Projekte die genannten Rechtsvorschriften gelten.‘

25   Darüber hinaus lautet Art. 105 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1083/2006: ‚Bei Entscheidungen über operationelle Programme berücksichtigt die Kommission alle durch die Strukturfonds kofinanzierten Interventionen oder alle durch den Kohäsionsfonds kofinanzierten Projekte, die vom Rat oder von der Kommission vor Inkrafttreten dieser Verordnung genehmigt wurden und sich in dem von den operationellen Programmen erfassten Zeitraum finanziell auswirken.‘

26   Daraus ergibt sich, dass Art. 105 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1083/2006 bezweckt, die Übergangsregelung für Strukturfonds festzulegen, die auf der Grundlage einer bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Unionsregelung genehmigt wurden, über diesen Zeitpunkt hinaus fortbestehen und zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossen werden (Urteil vom 21. September 2016, Kommission/Spanien, C‑140/15 P, EU:C:2016:708, Rn. 94).

27   Mit anderen Worten wurde die Verordnung Nr. 1260/1999 durch die Verordnung Nr. 1083/2006 aufgehoben, ist aber nach deren Art. 105 Abs. 1 und Art. 107 Abs. 1 weiterhin auf die früheren operationellen Programme anwendbar (Urteil vom 22. September 2011, Spanien/Kommission, T‑67/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2011:518, Rn. 6).

28   Die Übergangsregelung in Art. 105 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1083/2006 betrifft die auf die früheren operationellen Programme anwendbaren materiellen Vorschriften, wie sich im Übrigen aus der Verwendung der Worte ‚Intervention‘ und ‚Projekt‘ in diesem Artikel sowie aus dem Inhalt seiner Abs. 2 und 3 ergibt. Dagegen betrifft sie nach dem Grundsatz, dass Verfahrensvorschriften unmittelbar anwendbar sind, Vorschriften prozessualer Natur nicht (Urteil vom 21. September 2016, Kommission/Spanien, C‑140/15 P, EU:C:2016:708, Rn. 92 und 95).

34   Daraus folgt, dass nach Art. 105 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006 die materiellen Vorschriften in Art. 39 der Verordnung Nr. 1260/1999 in Kraft blieben, d. h. die Vorschriften über die jeweilige Rolle und die gegenseitigen Rechte und Pflichten des Mitgliedstaats und der Kommission im Rahmen des bei der Feststellung einer Unregelmäßigkeit im Rahmen der Finanzkontrolle der Interventionen des EAGFL anzuwendenden Verfahrens.“

Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

24

Die Hellenische Republik beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben,

den streitigen Beschluss im Einklang mit den Anträgen im ersten Rechtszug für nichtig zu erklären und

der Kommission die Kosten sowohl des erstinstanzlichen Verfahrens als auch des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen.

25

Die Kommission beantragt,

das Rechtsmittel zurückzuweisen und

der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

Zum Rechtsmittel

26

Die Hellenische Republik stützt ihr Rechtsmittel auf fünf Gründe. Sie rügt erstens eine fehlerhafte Auslegung und Anwendung der Übergangsvorschriften der Verordnungen Nrn. 1083/2006 und 1303/2013 in Verbindung mit den Bestimmungen der Verordnung Nr. 1290/2005, einen Rechtsfehler sowie eine unzureichende und fehlerhafte Begründung des angefochtenen Urteils, zweitens eine fehlerhafte Auslegung und Anwendung von Art. 39 der Verordnung Nr. 1260/1999 sowie eine widersprüchliche und unzureichende Begründung des angefochtenen Urteils, drittens eine fehlerhafte Auslegung und Anwendung der Art. 144 und 145 der Verordnung Nr. 1303/2013 sowie eine widersprüchliche und unzureichende Begründung des angefochtenen Urteils, viertens eine fehlerhafte Auslegung und Anwendung der Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes und fünftens eine unzureichende Begründung der Zurückweisung der Rügen bezüglich der Unverhältnismäßigkeit der angewandten finanziellen Berichtigung durch das Gericht.

Zum ersten Rechtsmittelgrund

Vorbringen der Parteien

27

Die Hellenische Republik rügt, dass das Gericht Art. 39 der Verordnung Nr. 1260/1999 als zutreffende Rechtsgrundlage des streitigen Beschlusses angesehen habe. Insoweit macht sie im Wesentlichen geltend, das Gericht sei in den Rn. 25 bis 28 und 34 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass die Ausnahme in Art. 105 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006 die operationellen Programme des EAGFL, Abteilung Ausrichtung, umfasse. Entgegen der Feststellung im angefochtenen Urteil sei die Übergangsregelung bezüglich der Strukturfonds im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006 ausschließlich Gegenstand von Art. 105 Abs. 1 und nicht von Art. 105 Abs. 2 der Verordnung. Das Gericht habe zu Unrecht in den Rn. 25 und 28 des angefochtenen Urteils Art. 105 Abs. 2 der Verordnung angeführt und ihn in den Rn. 26 und 27 seines Urteils angewandt, um daraus einen spezifischen Schluss für die operationellen Programme des EAGFL, Abteilung Ausrichtung, zu ziehen. Dieser Fonds, der Gegenstand der Verordnung Nr. 1290/2005 sei, falle nicht in den Geltungsbereich von Art. 105 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006. Die Ausnahme in deren Art. 107 sei ihrerseits eng auszulegen und betreffe nur Art. 105 Abs. 1 dieser Verordnung und nicht Art. 105 Abs. 2. Insoweit weiche Rn. 26 des angefochtenen Urteils, in der Art. 105 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1083/2006 erwähnt werde, von Rn. 94 des Urteils vom 21. September 2016, Kommission/Spanien (C‑140/15 P, EU:C:2016:708), ab, in der auf Art. 105 Abs. 1 der Verordnung Bezug genommen werde.

28

Da die in Art. 105 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1083/2006 vorgesehene Maßnahme, soweit es um die Ausgaben des EAGFL, Abteilung Ausrichtung, gehe, speziell in Art. 40 der Verordnung Nr. 1290/2005 aufgenommen worden sei, habe das Gericht in Rn. 28 des angefochtenen Urteils zu Unrecht einen Schluss auf der Grundlage von Art. 105 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1083/2006 gezogen.

29

Nachdem der Unionsgesetzgeber die speziellen die Agrarfonds betreffenden Fragen in der Verordnung Nr. 1290/2005 geregelt habe, habe er, wie sich aus der Überschrift der Verordnung Nr. 1083/2006 ergebe, die Verordnung Nr. 1260/1999 vollständig aufgehoben. Das Gericht habe daher in den Art. 23 und 34 des angefochtenen Urteils fälschlich einen gegenteiligen Schluss gezogen.

30

Die Kommission hält den ersten Rechtsmittelgrund für unbegründet.

31

Das Gericht habe zutreffend anerkannt, dass der EAGFL für den Programmzeitraum von 2000 bis 2006 zu den Strukturfonds gehört habe. Dies gelte folglich auch für die Abteilung Ausrichtung des EAGFL, die zur selben Familie wie die Strukturfonds gehöre. Die Verordnung Nr. 1083/2006 gelte jedoch nur für den EFRE, den ESF und den Kohäsionsfonds, während der ELER, der den EAGFL, Abteilung Ausrichtung, ersetzt habe, in die Finanzierungsmechanismen der gemeinsamen Landwirtschaftspolitik einbezogen worden sei.

32

Das Gericht habe daher zu Recht aus dem ausdrücklichen Wortlaut von Art. 105 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006 abgeleitet, dass die Verordnung Nr. 1260/1999 zwar durch die Verordnung Nr. 1083/2006 aufgehoben worden sei, aber gemäß deren Art. 105 Abs. 1 weiterhin für die früheren operationellen Programme gelte.

Würdigung durch den Gerichtshof

33

Im Rahmen des ersten Rechtsmittelgrundes macht die Hellenische Republik im Wesentlichen geltend, das Gericht habe zu Unrecht den Rückgriff auf Art. 39 der Verordnung Nr. 1260/1999 als Rechtsgrundlage des streitigen Beschlusses gebilligt.

34

Nach Art. 107 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006 wurde die Verordnung Nr. 1260/1999 mit Wirkung vom 1. Januar 2007 aufgehoben. Der streitige Beschluss durfte daher zum Zeitpunkt seines Erlasses nur dann noch auf Art. 39 der Verordnung Nr. 1260/1999 gestützt werden, wenn dessen Geltung durch spezielle Vorschriften verlängert worden war.

35

Hierzu führt das Gericht in Rn. 38 des angefochtenen Urteils aus, dass Art. 39 der Verordnung Nr. 1260/1999 in Bezug auf die operationellen Programme für den Zeitraum von 2000 bis 2006 aufgrund der Verordnung Nr. 1083/2006 bis zum 31. Dezember 2013 und dann erneut, ab dem 1. Januar 2014, aufgrund der Verordnung Nr. 1303/2013 aufrechterhalten worden sei.

36

Da die Verordnung Nr. 1083/2006, deren Art. 105 Abs. 1 die Verlängerung der Geltung der Verordnung Nr. 1260/1999 vorsah, nämlich ihrerseits mit Wirkung vom 1. Januar 2014 aufgehoben wurde, beruhte die Möglichkeit, den streitigen Beschluss auf Art. 39 der Verordnung Nr. 1260/1999 zu gründen, auf Art. 152 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1303/2013, der die Verlängerung der Geltung der Verordnung Nr. 1083/2006 vom Vorliegen einer Unterstützung abhängig machte, „die von der Kommission auf der Grundlage der [Verordnung Nr. 1083/2006] oder einer anderen Rechtsvorschrift, die am 31. Dezember 2013 für diese Unterstützung galt, genehmigt wurde“.

37

Art. 105 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006 sieht jedoch eine verlängerte Geltung der Verordnung Nr. 1260/1999 nur bei „einer durch die Strukturfonds kofinanzierten Intervention oder eines durch den Kohäsionsfonds kofinanzierten Projekts“ vor.

38

Insoweit ist festzustellen, dass der EAGFL, Abteilung Ausrichtung, weder zu den Strukturfonds gehört, bei denen es sich nach der Definition in Art. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006 um den EFRE und den ESF handelt, noch zu den Kohäsionsfonds.

39

Das Gericht hat gleichwohl die Anwendbarkeit von Art. 105 Abs. 1 dieser Verordnung auf die für den Zeitraum von 2000 bis 2006 vom EAGFL, Abteilung Ausrichtung, kofinanzierten operationellen Programme bejaht.

40

Die Anwendung von Art. 105 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006 auf die vom EAGFL, Abteilung Ausrichtung, für den Zeitraum von 2000 bis 2006 kofinanzierten Programme lässt sich jedoch weder dem Wortlaut dieser Bestimmung entnehmen noch dem Wortlaut von Art. 105 Abs. 2 der Verordnung oder dem Urteil vom 21. September 2016, Kommission/Spanien (C‑140/15 P, EU:C:2016:708).

41

Erstens können, wie der Generalanwalt in Nr. 36 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, die vom Gericht in den Rn. 25 und 26 des angefochtenen Urteils zu Art. 105 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1083/2006 angestellten Erwägungen weder die Definition der Strukturfonds in Art. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006 noch die daraus resultierende Beschränkung des Geltungsbereichs ihres Art. 105 Abs. 1 in Frage stellen.

42

Zweitens gilt Art. 105 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1083/2006 für die „Strukturfonds“ und den „Kohäsionsfonds“, ohne deren in Art. 1 dieser Verordnung enthaltene Definition zu ändern.

43

Drittens betraf das Urteil vom 21. September 2016, Kommission/Spanien (C‑140/15 P, EU:C:2016:708), ausschließlich den Kohäsionsfonds, der im Gegensatz zum EAGFL, Abteilung Ausrichtung, eindeutig unter Art. 105 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006 fiel.

44

Somit hat das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es die Anwendung von Art. 105 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006 auf die vom EAGFL, Abteilung Ausrichtung, kofinanzierten Programme erstreckt hat und infolgedessen zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Kommission den streitigen Beschluss für den Zeitraum von 2000 bis 2006 auf Art. 39 der Verordnung Nr. 1260/1999 stützen durfte.

45

Demnach ist der erste Rechtsmittelgrund begründet, so dass das angefochtene Urteil aufzuheben ist, ohne dass es einer Prüfung der übrigen Rechtsmittelgründe bedarf.

Zur Klage vor dem Gericht

46

Nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof im Fall der Aufhebung einer Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist.

47

Das ist hier der Fall. Folglich ist die Klage der Hellenischen Republik auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses zu prüfen.

Vorbringen der Parteien

48

Im Rahmen des ersten Teils ihres ersten Klagegrundes macht die Hellenische Republik im Wesentlichen geltend, Art. 105 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006 gelte für den Zeitraum von 2000 bis 2006 nicht für eine Finanzierung des EAGFL, Abteilung Ausrichtung. Da der streitige Beschluss daher nicht auf Art. 39 der Verordnung Nr. 1260/1999 habe gestützt werden dürfen, entbehre er der Rechtsgrundlage und sei folglich für nichtig zu erklären.

49

Die Kommission hält dem im Wesentlichen entgegen, Art. 105 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006 sehe ausdrücklich vor, dass die auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1260/1999 gebilligte Finanzierung – „einschließlich ihrer Aufhebung“ – „bis zu dem Abschluss [der] betreffenden Förderung oder Projekte“ nicht durch die Verordnung Nr. 1083/2006 berührt werde. Diese Bestimmung betreffe daher alle auf der Grundlage der Verordnung Nr. 1260/1999 gewährten Finanzierungen.

50

Da sich diese Bestimmung auf die nach der Verordnung Nr. 1260/1999 geltende Regelung beziehe, müsse sie zwangsläufig alle Programme betreffen, die während der Geltungsdauer dieser Regelung gebilligt worden seien. Dabei müssten ihre Rechtsgrundlage und ihr rechtlicher Rahmen bis zu ihrem Abschluss unverändert bleiben. Daher hätte der EAGFL, Abteilung Ausrichtung, „sowohl aus systematischer als auch aus teleologischer Sicht“ in die Gruppe einbezogen werden müssen, zu der die Strukturfonds und die Kohäsionsfonds gehörten, damit er seinen ursprünglichen Rechtsrahmen behalte.

Würdigung durch den Gerichtshof

51

Einleitend ist festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Rechtsposition, die unter dem alten Recht entstanden und endgültig erworben worden ist, zwar grundsätzlich diesem Recht weiter unterliegt, doch kann der Gesetzgeber, u. a. durch Übergangsvorschriften, etwas anderes vorsehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 7. November 2013, Gemeinde Altrip u. a., C‑72/12, EU:C:2013:712, Rn. 22 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

52

Übergangsvorschriften sind jedoch eng auszulegen (Urteil vom 2. September 2010, Kirin Amgen, C‑66/09, EU:C:2010:484, Rn. 33).

53

Im vorliegenden Fall bezieht sich Art. 105 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006 nach seinem Wortlaut u. a. auf die Aufhebung einer durch die Strukturfonds kofinanzierten Intervention oder eines durch den Kohäsionsfonds kofinanzierten Projekts. Wie sich aus Rn. 38 des vorliegenden Urteils ergibt, gehört der EAGFL, Abteilung Ausrichtung, nicht zu diesen Fonds.

54

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit, dass eine Regelung es den Betroffenen ermöglicht, den Umfang der ihnen durch die betreffende Regelung auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen, insbesondere wenn finanzielle Konsequenzen drohen (Urteil vom 6. September 2018, Tschechische Republik/Kommission, C‑4/17 P, EU:C:2018:678, Rn. 58).

55

Das Vorbringen der Kommission, der Begriff „Strukturfonds“ in Art. 105 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006 sei nicht im Hinblick auf Art. 1 dieser Verordnung zu definieren, sondern auf der Grundlage der Bestimmungen der Verordnung Nr. 1260/1999, mit der Folge, dass dieser Begriff auch den EAGFL, Abteilung Ausrichtung, erfasse, würde aber darauf hinauslaufen, dass dem betreffenden Mitgliedstaat durch eine Finanzkorrektur finanzielle Konsequenzen auferlegt würden, die der Wortlaut der Verordnung Nr. 1083/2006 nicht vermuten lässt.

56

Da die autonomen Begriffe des Unionsrechts unter Berücksichtigung des Kontexts der Regelung, von der sie verwendet werden, und im Licht der mit ihr verfolgten Ziele ausgelegt werden müssen (Urteil vom 15. November 2018, BTA Baltic Insurance Company, C‑648/17, EU:C:2018:917, Rn. 31), ist nämlich davon auszugehen, dass mangels einer ausdrücklichen Bezugnahme in Art. 105 der Verordnung Nr. 1083/2006 darauf, dass die Definition der „Strukturfonds“ im Rahmen der Verordnung Nr. 1260/1999 umfassender ist als im Rahmen der Verordnung Nr. 1083/2006, der bloße Umstand, dass diese Bestimmung nach ihrer Überschrift „Übergangsvorschriften“ enthält, entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht dazu führt, dass die dort verwendeten Begriffe der ihnen in der Verordnung Nr. 1083/2006, zu der sie gehören, gegebenen Definition entzogen werden.

57

Aus alledem ist zu schließen, dass Art. 105 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1083/2006 nicht für eine Finanzierung des EAGFL, Abteilung Ausrichtung, für den Zeitraum von 2000 bis 2006 gilt. Da der streitige Beschluss somit nicht auf Art. 39 der Verordnung Nr. 1260/1999 gestützt werden konnte, entbehrt er der Rechtsgrundlage und ist deshalb für nichtig zu erklären, ohne dass der zweite Teil des ersten Klagegrundes oder die übrigen von der Hellenischen Republik vor dem Gericht geltend gemachten Klagegründe geprüft zu werden brauchen.

Kosten

58

Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet.

59

Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Hellenische Republik mit ihrem Rechtsmittel obsiegt hat und ihrer vor dem Gericht erhobenen Klage stattgegeben wird, ist die Kommission im Einklang mit den Anträgen der Hellenischen Republik zu verurteilen, neben ihren eigenen Kosten die der Hellenischen Republik durch das Verfahren im ersten Rechtszug und das Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten zu tragen.

 

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

 

1.

Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 19. September 2017, Griechenland/Kommission (T‑327/15, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:631), wird aufgehoben.

 

2.

Der Durchführungsbeschluss C(2015) 1936 final der Kommission vom 25. März 2015 über die Anwendung finanzieller Berichtigungen auf die Beteiligung des EAGFL, Abteilung Ausrichtung, am operationellen Programm CCI Nr. 2000GR061PO021 (Griechenland – Ziel 1 – Wiederaufbau des ländlichen Raums) wird für nichtig erklärt.

 

3.

Die Kommission trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten, die der Hellenischen Republik durch das Verfahren im ersten Rechtszug und das Rechtsmittelverfahren entstanden sind.

 

Unterschriften


( *1 ) Verfahrenssprache: Griechisch.

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