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Dieses Dokument ist ein Auszug aus dem EUR-Lex-Portal.

Dokument 62016CJ0046

    Urteil des Gerichtshofs (Fünfte Kammer) vom 9. November 2017.
    Valsts ieņēmumu dienests gegen "LS Customs Services", SIA.
    Vorabentscheidungsersuchen der Augstākā tiesa.
    Vorlage zur Vorabentscheidung – Zollunion – Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 – Zollkodex der Gemeinschaften – Nichtgemeinschaftswaren – Externes gemeinschaftliches Versandverfahren – Einfuhrabgabenpflichtige Waren, die der zollamtlichen Überwachung entzogen werden – Ermittlung des Zollwerts – Art. 29 Abs. 1 – Voraussetzungen für die Anwendung der Transaktionswertmethode – Art. 30 und 31 – Wahl der Methode der Zollwertermittlung – Verpflichtung der Zollbehörden, die Wahl einer bestimmten Methode zu begründen.
    Rechtssache C-46/16.

    Sammlung der Rechtsprechung – allgemein

    ECLI-Identifikator: ECLI:EU:C:2017:839

    URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

    9. November 2017 ( *1 )

    „Vorlage zur Vorabentscheidung – Zollunion – Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 – Zollkodex der Gemeinschaften – Nichtgemeinschaftswaren – Externes gemeinschaftliches Versandverfahren – Einfuhrabgabenpflichtige Waren, die der zollamtlichen Überwachung entzogen werden – Ermittlung des Zollwerts – Art. 29 Abs. 1 – Voraussetzungen für die Anwendung der Transaktionswertmethode – Art. 30 und 31 – Wahl der Methode der Zollwertermittlung – Verpflichtung der Zollbehörden, die Wahl einer bestimmten Methode zu begründen“

    In der Rechtssache C‑46/16

    betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Augstākā tiesa (Oberster Gerichtshof, Lettland) mit Entscheidung vom 21. Januar 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 27. Januar 2016, in dem Verfahren

    Valsts ieņēmumu dienests

    gegen

    „LS Customs Services“ SIA

    erlässt

    DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

    unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça, der Richter E. Levits und A. Borg Barthet (Berichterstatter), der Richterin M. Berger und des Richters F. Biltgen,

    Generalanwältin: J. Kokott,

    Kanzler: A. Calot Escobar,

    aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

    unter Berücksichtigung der Erklärungen

    der „LS Customs Services“ SIA, vertreten durch D. Plotovs als Bevollmächtigten,

    der lettischen Regierung, vertreten durch I. Kucina, A. Bogdanova und I. Kalniņš als Bevollmächtigte,

    der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Sauka und L. Grønfeldt als Bevollmächtigte,

    nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 30. März 2017

    folgendes

    Urteil

    1

    Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 29 Abs. 1 sowie der Art. 30 und 31 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. 1992, L 302, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 955/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 1999 (ABl. 1999, L 119, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Zollkodex).

    2

    Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der „LS Customs Services“ SIA (im Folgenden: LSCS) und dem Valsts ieņēmumu dienests (nationale Abgabenbehörde, Lettland) über die zur Ermittlung des Zollwerts von Waren, die während des Versandverfahrens im Zollgebiet der Europäischen Union der zollamtlichen Überwachung entzogen wurden, anzuwendende Methode.

    Rechtlicher Rahmen

    Zollkodex

    3

    Art. 6 Abs. 3 des Zollkodex sieht vor:

    „Schriftliche Entscheidungen, mit denen Anträge abgelehnt werden oder die für die Personen, an die sie gerichtet sind, nachteilige Folgen haben, sind zu begründen. Sie müssen eine Belehrung über die Möglichkeit enthalten, einen Rechtsbehelf nach Artikel 243 einzulegen.“

    4

    Art. 14 des Zollkodex bestimmt:

    „Zur Anwendung des Zollrechts haben alle Personen, die unmittelbar oder mittelbar an Vorgängen im Rahmen des Warenverkehrs beteiligt sind, den Zollbehörden auf deren Verlangen innerhalb der von diesen gegebenenfalls festgesetzten Fristen alle Unterlagen und Angaben, unabhängig davon, auf welchem Träger sie sich befinden, zur Verfügung zu stellen und jede erforderliche Unterstützung zu gewähren.“

    5

    Art. 29 Abs. 1 des Zollkodex lautet:

    „Der Zollwert eingeführter Waren ist der Transaktionswert, das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, gegebenenfalls nach Berichtigung gemäß den Artikeln 32 und 33 und unter der Voraussetzung, dass

    a)

    keine Einschränkungen bezüglich der Verwendung und des Gebrauchs der Waren durch den Käufer bestehen, ausgenommen solche, die

    durch das Gesetz oder von den Behörden in der Gemeinschaft auferlegt oder gefordert werden;

    das Gebiet abgrenzen, innerhalb dessen die Waren weiterverkauft werden können;

    sich auf den Wert der Waren nicht wesentlich auswirken;

    b)

    hinsichtlich des Kaufgeschäfts oder des Preises weder Bedingungen vorliegen noch Leistungen zu erbringen sind, deren Wert im Hinblick auf die zu bewertenden Waren nicht bestimmt werden kann;

    c)

    kein Teil des Erlöses aus späteren Weiterverkäufen, sonstigen Überlassungen oder Verwendungen der Waren durch den Käufer unmittelbar oder mittelbar dem Verkäufer zugutekommt, wenn nicht eine angemessene Berichtigung gemäß Artikel 32 erfolgen kann;

    d)

    der Käufer und der Verkäufer nicht miteinander verbunden sind oder, wenn sie miteinander verbunden sind, der Transaktionswert gemäß Absatz 2 für Zollzwecke anerkannt werden kann.“

    6

    Art. 30 des Zollkodex sieht vor:

    „(1)   Kann der Zollwert nicht nach Artikel 29 ermittelt werden, so ist er in der Reihenfolge des Absatzes 2 Buchstaben a) bis d) zu ermitteln, und zwar nach dem jeweils ersten zutreffenden Buchstaben mit der Maßgabe, dass die Inanspruchnahme der Buchstaben c) und d) auf Antrag des Anmelders in umgekehrter Reihenfolge erfolgt; nur wenn der Zollwert nicht nach einem bestimmten Buchstaben ermittelt werden kann, darf der nächste Buchstabe in der in diesem Absatz festgelegten Reihenfolge herangezogen werden.

    (2)   Der nach diesem Artikel ermittelte Zollwert ist einer der folgenden Werte:

    a)

    der Transaktionswert gleicher Waren, die zur Ausfuhr in die Gemeinschaft verkauft und zu demselben oder annähernd demselben Zeitpunkt wie die zu bewertenden Waren ausgeführt wurden;

    b)

    der Transaktionswert gleichartiger Waren, die zur Ausfuhr in die Gemeinschaft verkauft und zu demselben oder annähernd zu demselben Zeitpunkt wie die zu bewertenden Waren ausgeführt wurden;

    c)

    der Wert auf der Grundlage des Preises je Einheit, zu dem die eingeführten Waren oder eingeführte gleiche oder gleichartige Waren in der größten Menge insgesamt in der Gemeinschaft an Personen verkauft werden, die mit den Verkäufern nicht verbunden sind;

    d)

    der errechnete Wert, bestehend aus der Summe folgender Elemente:

    Kosten oder Wert des Materials, der Herstellung sowie sonstiger Be- oder Verarbeitungen, die bei der Erzeugung der eingeführten Waren anfallen;

    Betrag für Gewinn und Gemeinkosten, der dem Betrag entspricht, der üblicherweise von Herstellern im Ausfuhrland bei Verkäufen von Waren der gleichen Art oder Beschaffenheit wie die zu bewertenden Waren zur Ausfuhr in die Gemeinschaft angesetzt wird;

    Kosten oder Wert aller anderen Aufwendungen nach Artikel 32 Absatz 1 Buchstabe e).

    …“

    7

    Art. 31 des Zollkodex bestimmt:

    „(1)   Kann der Zollwert der eingeführten Waren nicht nach den Artikeln 29 und 30 ermittelt werden, so ist er auf der Grundlage von in der Gemeinschaft verfügbaren Daten durch zweckmäßige Methoden zu ermitteln, die übereinstimmen mit den Leitlinien und allgemeinen Regeln

    des Übereinkommens zur Durchführung des Artikels VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994,

    des Artikels VII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens von 1994 sowie

    der Vorschriften dieses Kapitels.

    (2)   Der nach Absatz 1 ermittelte Zollwert darf nicht zur Grundlage haben:

    a)

    den Verkaufspreis in der Gemeinschaft von Waren, die in der Gemeinschaft hergestellt worden sind;

    b)

    ein Verfahren, nach dem jeweils der höhere von zwei Alternativwerten für die Zollbewertung heranzuziehen ist;

    c)

    den Inlandsmarktpreis von Waren im Ausfuhrland;

    d)

    andere Herstellungskosten als jene, die bei dem errechneten Wert für gleiche oder gleichartige Waren nach Artikel 30 Absatz 2 Buchstabe d) ermittelt worden sind;

    e)

    Preise zur Ausfuhr in ein Land, das nicht zum Zollgebiet der Gemeinschaft gehört;

    f)

    Mindestzollwerte;

    g)

    willkürliche oder fiktive Werte.“

    8

    Art. 91 Abs. 1 des Zollkodex lautet:

    „Im externen Versandverfahren können folgende Waren zwischen zwei innerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft gelegenen Orten befördert werden:

    a)

    Nichtgemeinschaftswaren, ohne dass diese Waren Einfuhrabgaben, anderen Abgaben oder handelspolitischen Maßnahmen unterliegen;

    …“

    9

    Art. 96 des Zollkodex sieht vor:

    „(1)   Der Hauptverpflichtete ist der Inhaber des externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens. Er hat

    a)

    die Waren innerhalb der vorgeschriebenen Frist unter Beachtung der von den Zollbehörden zur Nämlichkeitssicherung getroffenen Maßnahmen unverändert der Bestimmungszollstelle zu gestellen;

    b)

    die Vorschriften über das gemeinschaftliche Versandverfahren einzuhalten.

    (2)   Unbeschadet der Pflichten des Hauptverpflichteten nach Absatz 1 ist ein Warenführer oder Warenempfänger, der die Waren annimmt und weiß, dass sie dem gemeinschaftlichen Versandverfahren unterliegen, auch verpflichtet, sie innerhalb der vorgeschriebenen Frist unter Beachtung der von den Zollbehörden zur Nämlichkeitssicherung getroffenen Maßnahmen unverändert der Bestimmungszollstelle zu gestellen.“

    10

    In Art. 192 Abs. 1 des Zollkodex heißt es:

    „Ist die Sicherheitsleistung nach dem Zollrecht zwingend vorgeschrieben, so setzen die Zollbehörden diese Sicherheit vorbehaltlich im Ausschussverfahren festgelegter Sonderbestimmungen für das Versandverfahren in einer Höhe fest, die Folgendem entspricht:

    dem genauen Betrag der zu sichernden Zollschuld oder Zollschulden, wenn dieser Betrag zum Zeitpunkt, in dem die Sicherheit verlangt wird, zweifelsfrei ermittelt werden kann;

    sonst dem von den Zollbehörden geschätzten höchstmöglichen Betrag der Zollschuld oder Zollschulden, die in anderen Fällen entstanden ist (sind) oder entstehen kann (können).

    …“

    11

    Art. 203 Abs. 1 und 3 des Zollkodex sieht vor:

    „(1)   Eine Einfuhrzollschuld entsteht,

    wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird.

    (3)   Zollschuldner sind:

    die Person, welche die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen hat;

    die Personen, die an dieser Entziehung beteiligt waren, obwohl sie wussten oder billigerweise hätten wissen müssen, dass sie die Ware der zollamtlichen Überwachung entziehen;

    die Personen, welche die betreffende Ware erworben oder im Besitz gehabt haben, obwohl sie im Zeitpunkt des Erwerbs oder Erhalts der Ware wussten oder billigerweise hätten wissen müssen, dass diese der zollamtlichen Überwachung entzogen worden war;

    gegebenenfalls die Person, welche die Verpflichtungen einzuhalten hatte, die sich aus der vorübergehenden Verwahrung einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware oder aus der Inanspruchnahme des betreffenden Zollverfahrens ergeben.“

    12

    Art. 221 Abs. 1 des Zollkodex bestimmt:

    „Der Abgabenbetrag ist dem Zollschuldner in geeigneter Form mitzuteilen, sobald der Betrag buchmäßig erfasst worden ist.“

    Durchführungsverordnung

    13

    Art. 147 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 (ABl. 1993, L 253, S. 1, und Berichtigung ABl. 1994, L 268, S. 32) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1762/95 der Kommission vom 19. Juli 1995 (ABl. 1995, L 171, S. 8) geänderten Fassung (im Folgenden: Durchführungsverordnung) sieht vor:

    „Für die Anwendung des Artikels 29 des Zollkodex wird die Tatsache, dass Waren, die Gegenstand eines Verkaufs sind, zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr in der Gemeinschaft angemeldet werden, als ausreichendes Indiz dafür angesehen, dass sie zum Zweck der Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft verkauft wurden. Dies gilt bei aufeinanderfolgenden Verkäufen vor der Bewertung im Hinblick auf den letzten Verkauf, der zur Verbringung der Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft geführt hat, oder sofern es sich um einen Verkauf im Zollgebiet der Gemeinschaft vor der Überführung der Waren in den zollrechtlich freien Verkehr handelt.

    Bei der Anmeldung eines Preises aus einem Verkauf, der dem letzten Verkauf, der zur Verbringung der Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft geführt hat, vorausgeht, ist den Zollbehörden nachzuweisen, dass dieser Verkauf von Waren mit Bestimmung für das genannte Gebiet abgeschlossen wurde.

    …“

    14

    Art. 150 der Durchführungsverordnung bestimmt:

    „(1)   Zur Ermittlung des Zollwerts im Sinne des Artikels 30 Absatz 2 Buchstabe a) des Zollkodex (Transaktionswert gleicher Waren) ist der Transaktionswert gleicher Waren aus einem Kaufgeschäft auf der gleichen Handelsstufe und über im Wesentlichen gleiche Mengen wie die zu bewertenden Waren heranzuziehen. Kann ein solches Kaufgeschäft nicht festgestellt werden, so ist der Transaktionswert gleicher Waren heranzuziehen, die auf einer anderen Handelsstufe und/oder auch in abweichenden Mengen verkauft worden sind; dieser Transaktionswert ist hinsichtlich der Unterschiede in Bezug auf die Handelsstufe und/oder auch die Menge zu berichtigen, sofern diese Berichtigungen auf der Grundlage vorgelegter Nachweise vorgenommen werden können, welche die Richtigkeit und Genauigkeit der Berichtigung klar darlegen, unabhängig davon, ob diese zu einer Erhöhung oder Verminderung des Wertes führt.

    (4)   Bei Anwendung dieses Artikels wird ein Transaktionswert von Waren, die von einer anderen Person hergestellt worden sind, nur in Betracht gezogen, wenn kein Transaktionswert nach Absatz 1 für gleiche Waren festgestellt werden kann, die von derselben Person hergestellt worden sind, die auch die zu bewertenden Waren hergestellt hat.

    …“

    15

    In Art. 151 der Durchführungsverordnung heißt es:

    „(1)   Zur Ermittlung des Zollwerts im Sinne des Artikels 30 Absatz 2 Buchstabe b) des Zollkodex (Transaktionswert gleichartiger Waren) ist der Transaktionswert gleichartiger Waren aus einem Kaufgeschäft auf der gleichen Handelsstufe und über im Wesentlichen gleiche Mengen wie die zu bewertenden Waren heranzuziehen. Kann ein solches Kaufgeschäft nicht festgestellt werden, so ist der Transaktionswert gleichartiger Waren heranzuziehen, die auf einer anderen Handelsstufe und/oder auch in abweichenden Mengen verkauft worden sind; dieser Transaktionswert ist hinsichtlich der Unterschiede in Bezug auf die Handelsstufe und/oder auch die Menge zu berichtigen, sofern diese Berichtigungen auf der Grundlage vorgelegter Nachweise vorgenommen werden können, welche die Richtigkeit und Genauigkeit der Berichtigung klar darlegen, unabhängig davon, ob diese zu einer Erhöhung oder Verminderung des Wertes führt.

    (3)   Wird nach diesem Artikel mehr als ein Transaktionswert gleichartiger Waren festgestellt, so ist der niedrigste dieser Werte zur Ermittlung des Zollwerts der eingeführten Waren heranzuziehen.

    (5)   Der Transaktionswert eingeführter gleichartiger Waren im Sinne dieses Artikels ist ein Zollwert, der bereits nach Artikel 29 des Zollkodex anerkannt worden ist und die Berichtigungen nach Absatz 1 und Absatz 2 enthält.“

    16

    Art. 153 Abs. 1 der Durchführungsverordnung sieht vor:

    „Zur Ermittlung des Zollwerts im Sinne des Artikels 30 Absatz 2 Buchstabe d) des Zollkodex (ermittelter Zollwert) darf keine Zollbehörde von einer nicht in der Gemeinschaft ansässigen Person verlangen oder sie dazu verpflichten, Buchhaltungskonten oder andere Unterlagen zur Ermittlung dieses Wertes zur Überprüfung vorzulegen oder zugänglich zu machen. Angaben, die vom Hersteller der Waren zur Ermittlung des Zollwerts nach diesem Artikel gemacht werden, können jedoch von den Behörden eines Mitgliedstaats mit Zustimmung des Herstellers in einem Land, das nicht Mitgliedstaat der Gemeinschaft ist, überprüft werden, sofern diese Behörden die Regierung des betreffenden Landes rechtzeitig vorher benachrichtigen und diese keine Einwendungen gegen das Prüfungsverfahren erhebt.“

    Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

    17

    Am 2. Juni 2011 reichte LSCS als Hauptverpflichtete bei einer Zollstelle in Lettland eine zollrechtliche Versandanmeldung für die Beförderung von aus China stammenden Waren über das Gebiet der Europäischen Union nach Russland ein.

    18

    Da keine Nachweise für die Beendigung des Versandverfahrens vorlagen, verpflichtete die nationale Abgabenbehörde LSCS mit ursprünglicher Entscheidung vom 12. September 2011 und endgültiger Entscheidung vom 8. November 2011 (im Folgenden: streitige Entscheidung) zur Zahlung von Zöllen, Antidumpingzöllen und Mehrwertsteuer auf die betroffenen Waren.

    19

    Zur Berechnung des Zollwerts dieser Waren wandte die Abgabenbehörde die Bewertungsmethode nach Art. 31 des Zollkodex an, indem sie sich auf die in der Union verfügbaren Daten stützte.

    20

    Die nationale Abgabenbehörde ging nämlich davon aus, dass diese Waren zur Ausfuhr nach Russland verkauft worden seien und dass folglich Art. 29 des Zollkodex nicht anwendbar sei. Sie war außerdem der Ansicht, dass sie über keine Informationen verfüge, die es ihr ermöglicht hätten, die in Art. 30 Abs. 2 Buchst. a bis d des Zollkodex vorgesehenen Bewertungsmethoden anzuwenden.

    21

    LSCS erhob Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung bei der Administratīvā rajona tiesa (Bezirksverwaltungsgericht, Lettland), die am 23. August 2012 entschied, dass diese Entscheidung nicht hinreichend begründet sei.

    22

    Die Administratīvā apgabaltiesa (Regionales Verwaltungsgericht, Lettland), die mit der Berufung befasst war, bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz mit Urteil vom 10. Juni 2014. Sie stellte insbesondere fest, dass in der ursprünglichen Entscheidung vom 12. September 2011 und in der streitigen Entscheidung weder angegeben sei, auf der Grundlage welcher Informationen der Zollwert berechnet worden sei, noch der Grund genannt sei, aus dem es unmöglich gewesen sei, die Informationen zu erlangen, die die Anwendung einer anderen Methode als der in Art. 31 des Zollkodex vorgesehenen ermöglicht hätten, was LSCS daran gehindert habe, ihre Rechte im Rahmen der Rechtsbehelfe, die sie bei der Verwaltung und vor Gericht eingelegt habe, in vollem Umfang geltend zu machen.

    23

    Gegen dieses Urteil erhob die nationale Abgabenbehörde Kassationsbeschwerde bei der Augstākā tiesa (Oberster Gerichtshof, Lettland), die der Auffassung ist, dass die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits von der Auslegung des Unionsrechts abhängt.

    24

    Unter diesen Umständen hat die Augstākā tiesa (Oberster Gerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1.

    Ist Art. 29 Abs. 1 des Zollkodex dahin auszulegen, dass die dort vorgesehene Methode auch dann anzuwenden ist, wenn die Waren eingeführt und im Zollgebiet der Gemeinschaft in den zollrechtlich freien Verkehr überführt wurden, weil sie während des Versandverfahrens der zollamtlichen Überwachung entzogen wurden, wobei sie Einfuhrabgaben unterliegen und nicht zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft, sondern zur Ausfuhr außerhalb der Gemeinschaft verkauft wurden?

    2.

    Ist der Ausdruck „in der Reihenfolge“ in Art. 30 Abs. 1 des Zollkodex in Verbindung mit dem in Art. 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Recht auf eine gute Verwaltung und in Verbindung mit dem Grundsatz der Begründung von Verwaltungsakten dahin auszulegen, dass die Zollverwaltung verpflichtet ist, in jedem Verwaltungsakt darzulegen, weshalb unter den konkreten Umständen nicht die in den Art. 29 und 30 des Zollkodex geregelten Methoden zur Ermittlung des Zollwerts der Waren herangezogen werden können, bevor sie zu dem Schluss gelangen kann, dass die in Art. 31 vorgesehene Methode anzuwenden ist?

    3.

    Reicht, um die Methode des Art. 30 Abs. 2 Buchst. a des Zollkodex unangewendet lassen zu können, die Angabe der Zollverwaltung aus, nicht über die geeigneten Daten zu verfügen, oder ist die Zollverwaltung verpflichtet, Daten beim Hersteller zu ermitteln?

    4.

    Muss die Zollverwaltung begründen, weshalb die in Art. 30 Abs. 2 Buchst. c und d des Zollkodex geregelten Methoden nicht anzuwenden sind, wenn sie den Preis gleichartiger Waren auf der Grundlage des Art. 151 Abs. 3 der Durchführungsverordnung ermittelt?

    5.

    Muss die Entscheidung der Zollverwaltung eine ausführliche Begründung enthalten, aus der sich ergibt, welche Daten im Sinne von Art. 31 des Zollkodex in der Gemeinschaft verfügbar sind, oder kann sie diese Begründung später bei Gericht nachholen, indem sie detailliertere Nachweise vorlegt?

    Zu den Vorlagefragen

    Zur ersten Frage

    25

    Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 29 des Zollkodex dahin auszulegen ist, dass die in dieser Vorschrift vorgesehene Methode der Zollwertermittlung in Bezug auf Waren anwendbar ist, die zur Ausfuhr in einen Drittstaat verkauft wurden und der zollamtlichen Überwachung entzogen wurden, während sie sich im externen Versandverfahren befanden.

    26

    Diese Vorschrift sieht vor, dass „[d]er Zollwert eingeführter Waren … der Transaktionswert [ist], das heißt der für die Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis“.

    27

    Dem Wortlaut dieser Vorschrift, insbesondere dem Ausdruck „Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft“ ist zu entnehmen, dass der Transaktionswert einem Preis zur Ausfuhr in die Union entsprechen muss. Es muss somit im Zeitpunkt des Verkaufs feststehen, dass die Waren aus einem Drittland in das Zollgebiet der Union verbracht werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Juni 1990, Unifert, C‑11/89, EU:C:1990:237, Rn. 11, und vom 28. Februar 2008, Carboni e derivati, C‑263/06, EU:C:2008:128, Rn. 28).

    28

    Diese Auslegung wird durch Art. 147 Abs. 1 Unterabs. 2 der Durchführungsverordnung bestätigt, der sich auf aufeinanderfolgende Verkäufe bezieht und aus dem hervorgeht, dass nur ein Preis einer für das Gebiet der Union bestimmten Ware für die Zollwertbestimmung nach Art. 29 des Zollkodex herangezogen werden darf.

    29

    Außerdem widerspräche es dem Ziel der Zollwertregelung der Union, einen Verkaufspreis zur Ausfuhr in einen Drittstaat als Transaktionswert im Sinne von Art. 29 des Zollkodex anzuerkennen.

    30

    Der Zollwert muss nämlich den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert einer eingeführten Ware widerspiegeln (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Dezember 2013, Christodoulou u. a., C‑116/12, EU:C:2013:825, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

    31

    Wie die Generalanwältin in Nr. 46 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, entspricht aber der Preis einer Ware in einer bestimmten Zollzone der Marktsituation in dieser Zone. Folglich entspricht ein Preis für die Ausfuhr einer Ware in einen Drittstaat nicht zwingend dem Preis, der für die Ausfuhr derselben Ware in das Zollgebiet der Union festgesetzt worden wäre.

    32

    Aus eben diesem Grund sieht Art. 31 Abs. 2 Buchst. c und e des Zollkodex vor, dass der nach Art. 31 des Zollkodex ermittelte Zollwert seine Grundlage weder im Inlandsmarktpreis von Waren im Ausfuhrland noch im Preis zur Ausfuhr in ein Land, das nicht zum Zollgebiet der Union gehört, haben darf.

    33

    Unter diesen Umständen würde ein Preis entsprechend dem Verkauf von Waren, die für ein Drittland bestimmt sind, nicht den tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der Ware widerspiegeln, wenn diese Waren während des Versandverfahrens im Zollgebiet der Union der zollamtlichen Überwachung entzogen werden.

    34

    Außerdem kann der Hauptverpflichtete unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens kein schützenswertes Vertrauen darauf geltend machen, dass der Betrag der Zollschuld dem Betrag der Sicherheit entspricht, die bei der Überführung der Waren ins externe Versandverfahren geleistet wurde.

    35

    Insoweit ist nämlich darauf hinzuweisen, dass sich nur ein Wirtschaftsteilnehmer, bei dem eine nationale Behörde aufgrund klarer, unbedingter und übereinstimmender, aus befugten und zuverlässigen Quellen stammender Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat, auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. Dezember 2015, Veloserviss, C‑427/14, EU:C:2015:803, Rn. 39, und vom 14. Juni 2016, Marchiani/Parlament, C‑566/14 P, EU:C:2016:437, Rn. 77).

    36

    Wie die Generalanwältin in den Nrn. 60 bis 64 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, kann die Billigung der Höhe der Sicherheitsleistung durch die Zollbehörden aber, da sie in keiner Weise die Höhe der zukünftigen Zollschuld präjudiziert, solchen Zusicherungen nicht gleichgestellt werden.

    37

    Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 29 Abs. 1 des Zollkodex dahin auszulegen ist, dass die in dieser Vorschrift vorgesehene Methode der Zollwertermittlung nicht in Bezug auf Waren anwendbar ist, die nicht zur Ausfuhr in die Union verkauft wurden.

    Zur zweiten und zur fünften Frage

    38

    Mit seiner zweiten und seiner fünften Frage, die zusammen zu beantworten sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 31 des Zollkodex dahin auszulegen ist, dass die Zollbehörden verpflichtet sind, in ihrer Entscheidung über die Festsetzung der Höhe der geschuldeten Einfuhrabgaben sowohl die Gründe anzugeben, die sie dazu veranlasst haben, die in den Art. 29 und 30 des Zollkodex vorgesehenen Methoden der Zollwertermittlung auszuschließen, bevor sie die Feststellung treffen dürfen, dass die in Art. 31 des Zollkodex vorgesehene Methode anzuwenden ist, als auch die in der Union verfügbaren Daten, auf deren Grundlage sie den Zollwert der betreffenden Waren berechnet haben.

    39

    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Recht auf eine gute Verwaltung insoweit, als es einen allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts widerspiegelt, Anforderungen mit sich bringt, die die Mitgliedstaaten beachten müssen, wenn sie Unionsrecht ausführen (vgl. entsprechend Urteil vom 8. Mai 2014, N., C‑604/12, EU:C:2014:302, Rn. 49 und 50).

    40

    Von diesen Anforderungen kommt der Pflicht zur Begründung der von den nationalen Behörden erlassenen Entscheidungen ganz besondere Bedeutung zu, da sie deren Adressaten in die Lage versetzt, seine Rechte unter den bestmöglichen Voraussetzungen geltend zu machen und in Kenntnis aller Umstände zu entscheiden, ob es von Nutzen ist, mit einer Klage gegen die Entscheidungen vorzugehen. Sie ist außerdem notwendig, um den Gerichten die Kontrolle der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen zu ermöglichen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Oktober 1987, Heylens u. a., 222/86, EU:C:1987:442, Rn. 15).

    41

    Was insbesondere die Entscheidungen der Zollbehörden betrifft, wird in Art. 6 Abs. 3 des Zollkodex auf die Begründungspflicht hingewiesen, die diesen Behörden obliegt, wenn sie schriftliche Entscheidungen erlassen, die für die Personen, an die sie gerichtet sind, nachteilige Folgen haben.

    42

    Zudem muss die Mitteilung des Abgabenbetrags gemäß Art. 221 Abs. 1 des Zollkodex eine angemessene Information des Zollschuldners gewährleisten und es diesem ermöglichen, seine Rechte in voller Kenntnis der Sachlage wahrzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. Februar 2006, Molenbergnatie, C‑201/04, EU:C:2006:136, Rn. 54).

    43

    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die in den Art. 29 bis 31 des Zollkodex vorgesehenen Methoden der Zollwertermittlung nach ständiger Rechtsprechung im Verhältnis der Subsidiarität zueinander stehen. Denn erst wenn der Zollwert nicht durch Anwendung einer bestimmten Methode ermittelt werden kann, ist die Methode heranzuziehen, die in der festgelegten Reihenfolge dieser Vorschriften unmittelbar nach ihr kommt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Dezember 2013, Christodoulou u. a., C‑116/12, EU:C:2013:825, Rn. 43).

    44

    Unter diesen Umständen muss die Begründungspflicht, die den Zollbehörden bei der Ausführung dieser Vorschriften obliegt, es zum einen ermöglichen, dass die Gründe klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht werden, die diese Behörden dazu veranlasst haben, eine oder mehrere Methoden der Zollwertermittlung auszuschließen.

    45

    Zum anderen bedeutet diese Pflicht, dass diese Behörden in ihrer Entscheidung über die Festsetzung der Höhe der geschuldeten Einfuhrabgaben die Daten darlegen müssen, die der Berechnung des Zollwerts der Waren zugrunde lagen, sowohl um den Adressaten der Entscheidung in die Lage zu versetzen, seine Rechte unter den bestmöglichen Voraussetzungen geltend zu machen und in Kenntnis aller Umstände zu entscheiden, ob es von Nutzen ist, eine Klage gegen die Behörde zu erheben, als auch um den Gerichten die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu ermöglichen.

    46

    Zu ergänzen ist, dass es, wie auch die Generalanwältin in Nr. 85 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, den Mitgliedstaaten obliegt, vorbehaltlich der Beachtung der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität in Ausübung ihrer Verfahrensautonomie die Folgen eines Verstoßes der Zollbehörden gegen ihre Begründungspflicht zu regeln und festzulegen, ob und inwieweit es möglich ist, einen solchen Verstoß im Lauf des Gerichtsverfahrens zu heilen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 2008, Kommission/Irland, C‑215/06, EU:C:2008:380, Rn. 57).

    47

    Nach alledem ist auf die zweite und die fünfte Frage zu antworten, dass Art. 31 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 3 des Zollkodex dahin auszulegen ist, dass die Zollbehörden verpflichtet sind, in ihrer Entscheidung über die Festsetzung der Höhe der geschuldeten Einfuhrabgaben sowohl die Gründe anzugeben, die sie dazu veranlasst haben, die in den Art. 29 und 30 des Zollkodex vorgesehenen Methoden zur Ermittlung des Zollwerts auszuschließen, bevor sie die Feststellung treffen dürfen, dass die in Art. 31 des Zollkodex vorgesehene Methode anzuwenden ist, als auch die Daten, auf deren Grundlage der Zollwert der Waren berechnet wurde; dies soll dem Betroffenen ermöglichen, die Richtigkeit der Entscheidung zu beurteilen und in Kenntnis aller Umstände zu entscheiden, ob es von Nutzen ist, eine Klage gegen die Behörde zu erheben. Es obliegt den Mitgliedstaaten, vorbehaltlich der Beachtung der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität in Ausübung ihrer Verfahrensautonomie die Folgen eines Verstoßes der Zollbehörden gegen ihre Begründungspflicht zu regeln und festzulegen, ob und inwieweit es möglich ist, einen solchen Verstoß im Lauf des Gerichtsverfahrens zu heilen.

    Zur dritten Frage

    48

    Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 30 Abs. 2 Buchst. a des Zollkodex dahin auszulegen ist, dass die zuständige Behörde verpflichtet ist, den Hersteller aufzufordern, ihr die für die Anwendung der in dieser Vorschrift vorgesehenen Methode der Zollwertermittlung erforderlichen Informationen zu geben, bevor sie die Anwendung dieser Methode ausschließen darf, oder dahin, dass es genügt, dass diese Behörde angibt, dass ihr diese Informationen nicht vorliegen.

    49

    Nach Art. 30 Abs. 2 Buchst. a des Zollkodex, wird der Zollwert auf der Grundlage des Transaktionswerts gleicher Waren ermittelt, die zur Ausfuhr in die Union verkauft und zu demselben oder annähernd demselben Zeitpunkt wie die zu bewertenden Waren ausgeführt wurden. Art. 150 Abs. 4 der Durchführungsverordnung stellt insoweit klar, dass bei Anwendung dieses Artikels ein Transaktionswert von Waren, die von einer anderen Person hergestellt worden sind, nur in Betracht gezogen wird, wenn kein Transaktionswert für gleiche Waren festgestellt werden kann, die von derselben Person hergestellt worden sind, die auch die zu bewertenden Waren hergestellt hat.

    50

    Die Anwendung der in Art. 30 Abs. 2 Buchst. a des Zollkodex festgelegten Methode erfordert somit als Erstes die Kenntnis des Transaktionswerts gleicher Waren, die von derselben Person hergestellt und zur mehr oder weniger gleichzeitigen Ausfuhr in die Union verkauft worden sind.

    51

    In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass Art. 30 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex gemäß Art. 30 Abs. 1 des Zollkodex nur dann zur Anwendung gelangen darf, wenn der Zollwert nicht nach Art. 30 Abs. 2 Buchst. a des Zollkodex ermittelt werden kann.

    52

    In Anbetracht dieses Verhältnisses der Subsidiarität, das zwischen den verschiedenen in Art. 30 Abs. 2 des Zollkodex vorgesehenen Methoden der Zollwertermittlung besteht, müssen die Zollbehörden die Anwendbarkeit einer der in dieser Vorschrift nacheinander vorgesehenen Methoden sorgfältig prüfen, bevor sie auf ihre Unanwendbarkeit schließen dürfen.

    53

    Zu diesem Zweck können diese Behörden nach Art. 14 des Zollkodex alle Personen, die unmittelbar oder mittelbar an den betreffenden Vorgängen beteiligt sind, auffordern, ihnen Informationen zu übermitteln.

    54

    Jedoch verpflichten weder der Zollkodex noch die Durchführungsverordnung die Zollbehörden, beim Hersteller der betreffenden Waren die Daten zu erheben, die zur Anwendung der in Art. 30 Abs. 2 Buchst. a des Zollkodex vorgesehenen, auf dem Transaktionswert gleicher Waren beruhenden Methode erforderlich sind.

    55

    Folglich ist es Sache dieser Behörden, anhand der Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung ihrer Sorgfaltspflicht, auf die in Rn. 52 des vorliegenden Urteils hingewiesen worden ist, zu beurteilen, ob es sachdienlich ist, unmittelbar beim Hersteller der betreffenden Waren die Daten zu erheben, die zur Anwendung der in Art. 30 Abs. 2 Buchst. a des Zollkodex vorgesehenen Methode der Zollwertermittlung erforderlich sind.

    56

    Hingegen sind die Zollbehörden in Anbetracht dieser Sorgfaltspflicht, die ihnen bei der Anwendung dieser Vorschrift obliegt, verpflichtet, sämtliche ihnen zur Verfügung stehenden Informationsquellen und Datenbanken zu konsultieren. Außerdem ist es angemessen, der betroffenen Person zu gestatten, diesen Behörden alle ihr gegebenenfalls zur Verfügung stehenden Informationen zu übermitteln, die zur Ermittlung des Zollwerts der Waren gemäß dieser Vorschrift beitragen können.

    57

    Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten, dass Art. 30 Abs. 2 Buchst. a des Zollkodex dahin auszulegen ist, dass die zuständige Behörde nicht verpflichtet ist, den Hersteller aufzufordern, ihr die für die Anwendung der in dieser Vorschrift vorgesehenen Methode der Zollwertermittlung erforderlichen Informationen zu geben, bevor sie die Anwendung dieser Methode ausschließen darf. Jedoch ist die Behörde verpflichtet, sämtliche ihr zur Verfügung stehenden Informationsquellen und Datenbanken zu konsultieren. Außerdem muss sie den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern gestatten, ihr alle Informationen zu übermitteln, die zur Ermittlung des Zollwerts der Waren gemäß dieser Vorschrift beitragen können.

    Zur vierten Frage

    58

    Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 30 Abs. 2 des Zollkodex dahin auszulegen ist, dass die Zollbehörden verpflichtet sind, zu begründen, weshalb die in Art. 30 Abs. 2 Buchst. c und d des Zollkodex vorgesehenen Methoden in dem Fall nicht anzuwenden sind, dass sie den Zollwert der Waren anhand des Transaktionswerts gleichartiger Waren gemäß Art. 151 Abs. 3 der Durchführungsverordnung ermitteln.

    59

    Hierzu ist festzustellen, dass Art. 151 Abs. 3 der Durchführungsverordnung, wie aus Art. 151 Abs. 1 der Durchführungsverordnung hervorgeht, eine Durchführungsbestimmung zu Art. 30 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex ist.

    60

    In Anbetracht des Verhältnisses der Subsidiarität, das zwischen den verschiedenen in den Art. 29 bis 31 des Zollkodex vorgesehenen Methoden der Zollwertermittlung besteht und auf das in Rn. 43 des vorliegenden Urteils hingewiesen worden ist, müssen die Zollbehörden nicht begründen, weshalb die Methoden, die nach der von ihnen angewandten Methode angeführt sind, nicht anzuwenden sind.

    61

    Somit muss die Zollbehörde eines Mitgliedstaats, wenn sie den Zollwert der betreffenden Waren gemäß Art. 30 Abs. 2 Buchst. b des Zollkodex ermitteln kann, die in Art. 30 Abs. 2 Buchst. c und d des Zollkodex vorgesehenen Methoden nicht berücksichtigen.

    62

    Nach alledem ist auf die vierte Frage zu antworten, dass Art. 30 Abs. 2 des Zollkodex dahin auszulegen ist, dass die Zollbehörden nicht verpflichtet sind, zu begründen, weshalb die in Art. 30 Abs. 2 Buchst. c und d des Zollkodex vorgesehenen Methoden in dem Fall nicht anzuwenden sind, dass sie den Zollwert der Waren anhand des Transaktionswerts gleichartiger Waren gemäß Art. 151 Abs. 3 der Durchführungsverordnung ermitteln.

    Kosten

    63

    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

     

    Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

     

    1.

    Art. 29 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 955/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 1999 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die in dieser Vorschrift vorgesehene Methode der Zollwertermittlung nicht in Bezug auf Waren anwendbar ist, die nicht zur Ausfuhr in die Europäische Union verkauft wurden.

     

    2.

    Art. 31 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 955/1999 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Zollbehörden verpflichtet sind, in ihrer Entscheidung über die Festsetzung der Höhe der geschuldeten Einfuhrabgaben sowohl die Gründe anzugeben, die sie dazu veranlasst haben, die in den Art. 29 und 30 der Verordnung Nr. 2913/92 in der geänderten Fassung vorgesehenen Methoden der Zollwertermittlung auszuschließen, bevor sie die Feststellung treffen dürfen, dass die in Art. 31 der Verordnung vorgesehene Methode anzuwenden ist, als auch die Daten, auf deren Grundlage der Zollwert der Waren berechnet wurde; dies soll dem Betroffenen ermöglichen, die Richtigkeit der Entscheidung zu beurteilen und in Kenntnis aller Umstände zu entscheiden, ob es von Nutzen ist, eine Klage gegen die Behörde zu erheben. Es obliegt den Mitgliedstaaten, vorbehaltlich der Beachtung der Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität in Ausübung ihrer Verfahrensautonomie die Folgen eines Verstoßes der Zollbehörden gegen ihre Begründungspflicht zu regeln und festzulegen, ob und inwieweit es möglich ist, einen solchen Verstoß im Lauf des Gerichtsverfahrens zu heilen.

     

    3.

    Art. 30 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 955/1999 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die zuständige Behörde nicht verpflichtet ist, den Hersteller aufzufordern, ihr die für die Anwendung der in dieser Vorschrift vorgesehenen Methode der Zollwertermittlung erforderlichen Informationen zu geben, bevor sie die Anwendung dieser Methode ausschließen darf. Jedoch ist die Behörde verpflichtet, sämtliche ihr zur Verfügung stehenden Informationsquellen und Datenbanken zu konsultieren. Außerdem muss sie den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern gestatten, ihr alle Informationen zu übermitteln, die zur Ermittlung des Zollwerts der Waren gemäß dieser Vorschrift beitragen können.

     

    4.

    Art. 30 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 955/1999 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Zollbehörden nicht verpflichtet sind, zu begründen, weshalb die in Art. 30 Abs. 2 Buchst. c und d der Verordnung Nr. 2913/92 in der geänderten Fassung vorgesehenen Methoden in dem Fall nicht anzuwenden sind, dass sie den Zollwert der Waren anhand des Transaktionswerts gleichartiger Waren gemäß Art. 151 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1762/95 der Kommission vom 19. Juli 1995 geänderten Fassung ermitteln.

     

    Unterschriften


    ( *1 ) Verfahrenssprache: Lettisch.

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